Inhalt

VG Augsburg, Beschluss v. 16.03.2021 – Au 8 K 21.202
Titel:

Rechtswegzuständigkeit für Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer aufgrund richterlicher Anordnung durchgeführten polizeilichen Observation

Normenketten:
GVG § 17a Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 1
BayPAG Art. 92 Abs. 1, Abs. 2
Leitsätze:
1. Eine polizeiliche Maßnahme, die auf Grundlage einer richterlichen Anordnung des Amtsgerichts durchgeführt wird, kann ausschließlich mit der Beschwerde gegen den zugrunde liegenden Beschluss angegriffen werden. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dieses Rechtsmittel fällt in die Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichte. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschluss des Amtsgerichts über Maßnahmen der längerfristigen Observation, Abdrängende Sonderzuweisung, Unzulässiger Rechtsweg, Verweisung an das zuständige Gericht, Richtervorbehalt, Observationsbeschluss des Amtsgerichts, abdrängende Sonderzuweisung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 10771

Tenor

I. Der beschrittene Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.
II. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Amtsgericht * verwiesen.

Gründe

I.
1
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass die ihm gegenüber durch das Amtsgericht * angeordnete längerfristige Observation rechtswidrig war.
2
Das Amtsgericht * ordnete mit Beschluss vom 18. März 2020, Gz. * an, dass gem. Art. 36 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2a, Abs. 2 i.V.m. Art. 47 Abs. 1 Nr. 2 PAG für den Zeitraum vom 3. April 2020 bis 24. April 2020 die längerfristige Observation des Betroffenen sowie der verdeckte Einsatz technischer Mittel, insbesondere eines unbemannten Luftfahrtsystems im Sinne des Art. 47 PAG, gestattet wird.
3
Der Kläger ließ am 4. Februar 2021 Klage erheben und beantragt,
4
Es wird festgestellt, dass die Anordnung einer längerfristigen Observation des Klägers vom 3. April 2020 bis 24. April 2020 mit Beschluss des Amtsgerichts * vom 18. März 2020 rechtswidrig war.
5
Gleichzeitig hat der Kläger für das Klageverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie Anwaltsbeiordnung unter Vorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt, über die noch nicht entschieden ist.
6
Mit Schreiben vom 8. Februar 2021 hat das Gericht unter Hinweis auf Art. 92 Abs. 1 PAG die Beteiligten zu einer beabsichtigten Rechtswegverweisung angehört. Binnen der gesetzten Frist bis 26. Februar 2021 hat sich der Beklagte dahingehend geäußert, dass mit Art. 92 Abs. 1 PAG eine abdrängende Sonderzuweisung bestehe. Der Kläger ließ die Verweisung an das Amtsgericht * beantragen.
II.
7
Für das geltend gemachte Rechtsschutzbegehren ist der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet (§ 40 Abs. 1 VwGO). Infolgedessen ist der Rechtsstreit von Amts wegen ohne mündliche Verhandlung an das zur Entscheidung sachlich und örtlich zuständige Gericht des einschlägigen Rechtswegs zu verweisen (§ 17a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 GVG), hier das Amtsgericht *.
8
Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlichrechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden (§ 40 Abs. 1 VwGO).
9
Der von dem Kläger für sein mit der Klage vom 4. Februar 2021 verfolgtes Begehren beschrittene Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig, weil für die streitbefangenen polizeilichen Maßnahmen wegen des Richtervorbehaltes in Art. 36 Abs. 4 Satz 1 PAG sowie Art. 47 Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 PAG über die abdrängende Sonderzuweisung in Art. 92 Abs. 1 Satz 1 PAG ein Beschluss des zuständigen Amtsgerichts * ergangen ist (Art. 92 Abs. 1 Satz 1 PAG i.V.m. § 23a GVG, Art. 92 Abs. 2 Satz 1 PAG). Soweit der Kläger die Rechtmäßigkeit der insoweit angeordneten Maßnahmen überprüfen lassen will, steht ihm das Rechtsmittel der Beschwerde offen (Art. 92 Abs. 1 Satz 1 PAG i.V.m. § 58 ff. FamFG). Diese Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird (Art. 92 Abs. 1 Satz 1 PAG i.V.m. § 64 Abs. 1 FamFG). Es besteht daher eine abdrängende Sonderzuweisung zur ordentlichen Gerichtsbarkeit, hier konkret zum Amtsgericht *.