Titel:
Widerruf einer Waffenbesitzkarte und einer Waffenhandelserlaubnis
Normenketten:
VwGO § 146 Abs. 4
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Abs. 2 Nr. 5, § 21 Abs. 1, § 36 Abs. 3, § 39 Abs. 1, § 45 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 WaffG vor, so ist die betreffende Person zwingend als unzuverlässig einzustufen. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die mit der Waffenhandelserlaubnis einhergehende Berechtigung, Waffen oder Munition in Verkehr zu bringen, birgt besondere Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Waffenrecht, Erfolglose Beschwerde, Widerruf einer Waffenbesitzkarte, Widerruf einer Waffenhandelserlaubnis, Unzuverlässigkeit, aufschiebende Wirkung, Sicherheit und Ordnung, Waffenbesitzkarte, Waffenhandelserlaubnis, Zuverlässigkeit
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 28.01.2020 – M 7 S 18.6125
Fundstelle:
BeckRS 2020, 9574
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
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Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. November 2018, der den Widerruf einer Waffenbesitzkarte und einer Waffenhandelserlaubnis und dazu ergangene Nebenentscheidungen zum Gegenstand hat.
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Das Verwaltungsgericht München hat den entsprechenden Eilantrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 28. Januar 2020 abgelehnt. Die Antragstellerin sei aufgrund § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG waffenrechtlich unzuverlässig, und zwar sowohl in Bezug auf ihre Waffenhandelserlaubnis als auch bzgl. der Waffenbesitzkarte. Zudem sei sie unzuverlässig nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG.
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Hiergegen richtet sich die am 17. Februar 2020 eingelegte Beschwerde. Die Antragstellerin hat beantragt,
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die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. November 2018 wiederherzustellen.
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Die Antragstellerin lässt vortragen, die Abwägung der Behörde und des Gerichts bei der Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehbarkeit würde fehl gehen. Das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung würde überwiegen. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip sei nicht gewahrt. Die Antragstellerin habe stets mit der Behörde kommuniziert. Der Verstoß gegen die Ordnungsvorschriften der §§ 36 Abs. 3 und 39 Abs. 1 Satz 1 WaffG würde eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 21 WaffG darstellen und als Rechtsfolge eine Geldbuße nach § 53 Abs. 2 WaffG auslösen. Im Fahrerlaubnisrecht gebe man dem Empfänger eines Bußgeldbescheids die Möglichkeit, sein Verhalten zu ändern. Es sei kein Bußgeldbescheid ergangen. Die Behörde habe keine milderen Mittel wie etwa eine temporäre Gewerbeuntersagung oder ein Zwangsgeld ins Auge gefasst. Es liege keine Dringlichkeit vor. Die Antragsgegnerin habe über acht Monate mit der Antragsgegnerin korrespondiert. Dies zeige, dass die Sache nicht dringlich sei. Der Antragstellerin entstünden berufliche Nachteile. Der Geschäftsbetrieb der Antragstellerin bestehe seit Jahrzehnten. Bis zum März 2018 habe die Antragsgegnerin keine Veranlassung gesehen, den Geschäftsbetrieb zu beanstanden oder in irgendeiner Art und Weise zu beschränken. Worin die neue Dringlichkeit (ab dem 12. November 2018) für den Sofortvollzug liegen solle, werde nicht dargelegt. Die Antragstellerin erleide Nachteile durch die Abwesenheit vom aktiven Gebrauchtwaffenmarkt. Die plötzliche Abwesenheit einer renommierten Händlerin auf den einschlägigen Internetplattformen sei am Markt auffällig und rufschädigend. Es bestünden erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Widerrufsverfügung vom 12. November 2018.
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Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
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Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben. Der Senat verweist insoweit auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses und sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
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Ergänzend ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen Folgendes auszuführen:
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1. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die Prognose des Verwaltungsgerichts ernstlich in Frage zu stellen, die Antragstellerin besitze aufgrund von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nicht mehr die waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Wie das Verwaltungsgericht ausführt, hat die Antragstellerin über Monate hinweg mehrfach und erheblich bzw. gröblich gegen ihre Pflichten aus § 36 Abs. 3 WaffG und vor allem § 39 Abs. 1 WaffG verstoßen. Das Verwaltungsgericht kommt in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG unzuverlässig ist (BA S. 13 f.). Insoweit handelt es sich um einen Fall der obligatorischen Unzuverlässigkeit. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 WaffG vor, so ist die betreffende Person zwingend als unzuverlässig einzustufen (Gade/Gade, 2. Aufl. 2018, WaffG § 5 Rn. 2). Somit waren die waffenrechtlichen Erlaubnisse, vorliegend also die Waffenbesitzkarte (§ 10 Abs. 1 WaffG) und die Waffenhandelserlaubnis (§ 21 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 WaffG), nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG zu widerrufen. Es sind nachträglich Tatsachen eingetreten, die zur Versagung hätten führen müssen (§§ 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, § 21 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG). Zudem ist die Antragstellerin, wie das Verwaltungsgericht ausführt, auch nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG unzuverlässig. Insoweit handelt es sich um die sog. Regelunzuverlässigkeit. Ein atypischer Einzelfall, der eine Regelausnahme rechtfertigen würde, ist hier nicht ersichtlich. Die gezogene Parallele zum Fahrerlaubnisrecht geht fehl, da es sich hier um unterschiedliche Rechtsgebiete mit unterschiedlichen Regelungen handelt. Soweit die Antragstellerin vortragen lässt, sie erleide nun berufliche Nachteile durch die Abwesenheit vom aktiven Gebrauchtwaffenmarkt, kann dies nicht dazu führen, dass die der Antragstellerin vorgeworfenen Pflichtverstöße im Ergebnis weniger streng zu bewerten sind. Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt (BA S. 15). Die mit der Waffenhandelserlaubnis einhergehende Berechtigung, Waffen oder Munition in Verkehr zu bringen, birgt besondere Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (BayVGH, B.v. 8.1.2016- 21 CS 15.2466 - juris Rn. 22). Das Beschwerdevorbringen setzt sich mit dieser Argumentation nicht auseinander und geht insbesondere auf die der Antragstellerin vorgeworfenen Pflichtverstöße, die nachhaltig und erheblich sind, in keiner Weise ein.
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Da der im Bescheid vom 12. November 2018 enthaltene Widerruf der Waffenbesitzkarte und der Waffenhandelserlaubnis rechtmäßig ist, ist nicht ersichtlich, warum die Interessenabwägung im Eilverfahren hier zugunsten der Antragstellerin ausfallen sollte. Dass Antragstellerin und Antragsgegnerin im Jahr 2018 über mehrere Monate kommuniziert haben, bevor der streitgegenständliche Bescheid erging, hat mit der Rechtmäßigkeit des Widerrufs und der Interessenabwägung im Eilverfahren unmittelbar nichts zu tun. Im Übrigen ist hier auch kein Sachverhalt erkennbar, aufgrund dessen die Antragstellerin nicht mehr mit einem sofort vollziehbaren Widerruf hätte rechnen müssen.
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nrn. 1.5, 50.2 und 50.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 (abgedr. in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Anhang).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).