Titel:
Widerruf der Waffenbesitzkarte einer der sog. "Reichsbürgerbewegung" zugehörigen Person
Normenkette:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 10, § 45 Abs. 2 S. 1, § 46
Leitsätze:
1. Maßgeblich für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht gegeben ist, ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, besitzen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit iSv § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Umstand allein, dass sich eine Person in bestimmten, ihr opportun erscheinenden Situationen in Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben verhält, begründet keine waffenrechtliche Zuverlässigkeit, wenn sie ihre Bindung an die Rechtsordnung durch Wort und Tat unter Vorbehalt stellt und auf diese Weise Zweifel weckt, ob sie waffenrechtliche Vorschriften auch dann noch einhält, wenn sie ihr nicht (mehr) opportun erscheinen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf der Waffenbesitzkarte, Waffenrechtliche (Un-)Zuverlässigkeit, „Reichsbürgerbewegung“, Widerruf, Waffenbesitzkarte, Jagdschein, waffenrechtliche Erlaubnis, Reichsbürgerbewegung, waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, freiheitliche demokratische Grundordnung, Reichsbürger, waffenrechtliche Zuverlässigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2020, 8638
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte Nr. … sowie die hierzu ergangenen Folgemaßnahmen mit Bescheid des Landratsamts R. (im Folgenden: Landratsamt) vom 26. April 2018.
2
Am 24. März 2016 stellte der Kläger beim Landratsamt einen Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises. Dabei gab der Kläger bei Nr. I (Personalien des Antragstellers) unter dem Punkt „Wohnhaft in (Straße, Hausnummer, PLZ, Wohnort)“ die Postleitzahl nicht an. Des Weiteren vermerkte er unter dem Punkt „Neben der deutschen Staatsangehörigkeit - Rechtsstellung als Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit - besitze ich“ „die Staatsangehörigkeit im Königreich Bayern. Diese habe ich am 25.01.1945 durch Geburt/Abstammung gemäß RuStAG Stand 1913 § 4 Abs. 1 erworben“. Bei Nr. II (Angaben zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit) trug der Kläger sowohl unter den Angaben zu „Rechtsstellung als Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit - durch Geburt oder Legitimation; Angaben zu den Personen, von denen die deutsche Staatsangehörigkeit - Rechtsstellung als Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit abgeleitet wird“ als auch unter den Angaben zu „Eltern der Person, von der die deutsche Staatsangehörigkeit oder Rechtsstellung abgeleitet wird“ jeweils unter dem Punkt „Staatsangehörigkeit erworben durch“ „Abstammung gem. RuStAG Stand 1913 § 4 Abs. 1 seit Geburt“ ein.
3
Mit Schreiben vom 25. November 2016 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, dass es darüber in Kenntnis gesetzt worden sei, dass er einen Staatsangehörigkeitsausweis nach §§ 1, 3, 4 Abs. 1 Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz beantragt habe. Dieses Handeln lasse die Annahme zu, dass er der sog. „Reichsbürgerbewegung“ angehöre. Reichsbürger würden die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat verneinen und die darin bestehende Rechtsordnung offensiv ablehnen. Die Weigerung, die staatliche Rechtsordnung als solche bzw. Handlungen staatlicher Organe anzuerkennen, werde als aktives und zielgerichtetes Vorgehen gegen die verfassungsmäßige Ordnung bewertet und habe die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG zur Folge. Weiterhin werde seitens der Behörde befürchtet, dass durch die Ablehnung der geltenden Rechtsordnung mit Waffen oder Munition nicht vorschriftsmäßig umgegangen werde.
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Daraufhin erklärte der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2016, dass der Kläger den Staatsangehörigkeitsausweis beantragt habe, da er in Erfahrung gebracht habe, dass alleine der Personalausweis sowie auch der Reisepass nicht zum Nachweis der Staatsangehörigkeit ausreichen würden. Daraufhin habe er sich mit der zuständigen Sachbearbeiterin des Landratsamtes in Verbindung gesetzt. Diese habe sich überrascht gezeigt, dass der Kläger noch keinen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt habe, da dieser über 26 Jahre als Berufsschullehrer im öffentlichen Dienst gestanden habe. Der Kläger sei bestürzt, dass er durch die Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises offensichtlich in die Nähe des sog. „Reichsbürgertums“ gedrängt worden sei. Der Kläger versichere, dass er die Bundesrepublik Deutschland als Staat sowie auch die bestehende Rechtsordnung anerkenne und aktiv unterstütze. Der Kläger sei ehrenamtlich in verschiedenen Vereinen tätig und habe über Jahre hinweg als Vorstand des Veteranenvereins … … … eine verantwortungsvolle Position inne gehabt. Er sei aufgrund seines dortigen Engagements zum Ehrenvorsitzenden ernannt worden. Der Kläger betone, dass er mit der sog. „Reichsbürgerbewegung“ überhaupt nichts zu tun habe und die verfassungsmäßige Ordnung mittrage und aktiv unterstütze.
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Mit Ermittlungsbericht vom 13. April 2017 teilte das Polizeipräsidium Oberbayern ..., SG E 3 - Staatsschutz - (im Folgenden: PP Oberbayern ...) mit, dass unter Berücksichtigung der derzeit geltenden Definition „Reichsbürger“ nach polizeilicher Einschätzung beim Kläger eine Zugehörigkeit zur Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ bzw. Staatsleugnung oder Selbstverwaltung erkennbar sei.
6
Das Landratsamt erklärte sodann mit Schreiben vom 26. April 2017 gegenüber dem Klägerbevollmächtigten, dass aufgrund der Ermittlungen des PP Oberbayern ... seitens des Landratsamts angenommen werde, dass der Kläger der sog. „Reichsbürgerbewegung“ angehöre. Es werde daher beabsichtigt, die waffenrechtliche Erlaubnis des Klägers zu widerrufen.
7
Daraufhin erwiderte der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 11. Mai 2017, dem Kläger sei ein Rätsel, wie die Ermittlungen des PP Oberbayern ... zu dem Ergebnis kommen könnten, dass beim ihm eine Zugehörigkeit zur Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ bzw. Staatsleugnung oder Selbstverwaltung erkennbar sei. Insbesondere eine Zugehörigkeit zum sog. „Reichsbürgertum“ zu vermuten, weil der Kläger keine Quellen angegeben habe, sei absurd und entspreche nicht den rechtsstaatlichen Bestimmungen des Grundgesetzes. Der Kläger habe bei den Reservisten erfahren, dass die bundesdeutschen Ausweispapiere kein hinreichender Nachweis für die deutsche Staatsangehörigkeit seien. Dies habe er dann insbesondere durch einen Ausdruck über Wikipedia „deutsche Staatsangehörigkeit“ in Erfahrung gebracht. Der Kläger habe sich zunächst bei der Gemeinde erkundigt und von dort die Antwort bekommen, dass ein Staatsangehörigkeitsausweis nicht von der Gemeinde, sondern vom Landratsamt erstellt werde. Danach habe der Kläger mit dem Landratsamt Kontakt aufgenommen, um nachzufragen, welche Unterlagen er zum Nachweis seiner Staatsangehörigkeit vorlegen müsse. Dort habe er die Antwort bekommen, dass er dies über seinen Vater respektive Großvater machen könne. Diesbezüglich habe der Kläger die Gelegenheit genutzt, um nach seinen Wurzeln zu forschen. Dabei sei er der irrigen Meinung gewesen, dass er den Nachweis über seinen Großvater führen müsse, der vor 1913 geboren worden sei, sodass es zu der Angabe „im Königreich Bayern seit Geburt unter Abstammung nach RuStAG, Stand 1913, § 4 Abs. 1 gekommen sei. Hierbei habe der Kläger keinesfalls zum Ausdruck bringen wollen, dass er ein Bürger des Königsreichs Bayern sei. Vielmehr habe er lediglich darauf hinweisen wollen, dass sein Großvater vor 1913 im Königreich Bayern geboren worden sei. Der Kläger sei dann mit dem ausgefüllten Antrag ins Landratsamt gegangen und habe dort den Antrag durchsehen lassen sowie gefragt, ob das so seine Richtigkeit habe. Dies sei ihm ausdrücklich bestätigt worden. Dem Kläger sei sogar zusätzlich mitgeteilt worden, dass verwunderlich sei, dass er nicht schon längst einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt habe, da er doch schon lange Berufsschullehrer sei und die Vorlage eines Staatsangehörigkeitsausweises wohl eine Einstellungsvoraussetzung sei. Der Kläger lege Wert darauf klarzustellen, dass er auf dem Boden des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland stehe und keineswegs die „Reichsbürgerbewegung“ unterstütze oder ihrer Ideologie anhänge.
8
Am 20. Juni 2017 sprach der Kläger zusammen mit seinem Bevollmächtigten beim Landratsamt vor. Laut Aktenvermerk habe der Kläger dabei mitgeteilt, dass er den Staatsangehörigkeitsausweis beantragt habe, weil am Stammtisch der Reservisten darüber gesprochen worden sei. Er habe diesen aus keinem speziellen Grund benötigt. Bei der Befüllung des Antrags habe er sich keine Gedanken gemacht, sondern bei Herrn E. abgeschrieben. Der Kläger habe nicht angeben können, warum er den Staatsangehörigkeitsausweis nach „RuStAG“ beantragt bzw. warum er als weitere Staatsangehörigkeit „Königreich Bayern“ angegeben habe. Er habe sich darüber keine Gedanken gemacht. Der Kläger habe zudem kurz „Ahnenforschung“ erwähnt. Der Klägerbevollmächtigte habe angegeben, dass der Kläger sich bisher nichts habe zu Schulden kommen lassen und immer seine Steuern zahle. Dieser habe einen gültigen Personalausweis. Außerdem wäre der Besitz eines Personalausweises nicht ein Nachweis über die Staatsangehörigkeit. Der Vorwurf, dass der Kläger und seine Söhne den „Reichsbürgern“ zugehörig seien, habe den Betroffenen sehr zugesetzt. Es sei dem Klägerbevollmächtigten mitgeteilt worden, dass vom PP Oberbayern ... bei beiden Söhnen keine Zugehörigkeit zur sog. „Reichsbürgerbewegung“ festgestellt worden sei. Abschließend werde festgestellt, dass sich der Kläger bei dem Gespräch nicht glaubhaft bzw. nachdrücklich von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ distanziert habe. Seine angegebene Gedankenlosigkeit zur Antragstellung bzw. -befüllung habe nicht überzeugt.
9
Am 12. März 2018 stellte der Kläger einen Antrag auf Nachtrag einer Waffenbesitzkarte nach dem Erwerb von Schusswaffen auf Grund eines Jagdscheines.
10
Mit Bescheid vom 26. April 2018 - zugestellt am 28. April 2018 - widerrief das Landratsamt die dem Kläger erteilten Waffenbesitzkarte Nr. … sowie die damit erteilte Erlaubnis zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die eingetragenen Waffen und Munition (Nr. 1.1). Der Antrag auf Nachtragung einer Selbstladebüchse, Hersteller Valmet Petra, Herst. Nr. …, Kal. 308 in die Waffenbesitzkarte wurde versagt (Nr. 1.2). Der Kläger wurde verpflichtet, die Waffenbesitzkarte Nr. … binnen einer Frist von einem Monat nach Bekanntgabe dieses Bescheides dem Landratsamt zurückzugeben bzw. zurückzusenden (Nr. 1.3). Der Kläger wurde verpflichtet, die in der Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen und Munition binnen eines Monats ab Bekanntgabe des Bescheids einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen sowie Nachweise der Überlassung oder Unbrauchbarmachung dem Landratsamt unverzüglich, spätestens jedoch binnen einer Frist von einem Monat nach Bekanntgabe dieses Bescheides, vorzulegen (Nr. 1.4). Nach fruchtlosem Ablauf der Frist in Nr. 1.4 würden die Waffen und die Munition durch das Landratsamt sichergestellt, eingezogen und verwertet oder vernichtet (Nr. 1.5). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1.3, 1.4 und 1.5 wurde angeordnet (Nr. 2). Für den Fall, dass die in Nr. 1.1 genannte Erlaubnis nicht fristgemäß im Landratsamt zurückgegeben bzw. zurückgesandt werde, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- EUR fällig (Nr. 3). Dem Kläger wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt und es wurden Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 82,76 EUR festgesetzt (Nr. 4).
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Zur Begründung wurde ausgeführt, die waffenrechtliche Erlaubnis sei nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG zu widerrufen, da der Kläger nicht die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitze. Aufgrund des Ermittlungsberichts des PP Oberbayern ... sei eine Zugehörigkeit des Klägers zur Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ bzw. Staatsleugnung oder Selbstverwaltung erkennbar. Eine glaubhafte und nachdrückliche Bekundung zur Distanzierung von der Ideologie der sog. „Reichsbürger“ sei seitens des Klägers nicht erfolgt. Der Kläger besitze aufgrund der Zugehörigkeit zur sog. „Reichsbürgerbewegung“ bzw. Staatsleugnung oder Selbstverwaltung nicht (mehr) die waffenrechtlich erforderliche Zuverlässigkeit. Wer der Ideologie der „Reichsbürgerbewegung“ folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiere lasse befürchten, dass er den Umgang mit Waffen, ebenso wie die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zur Gewährleistung, dass andere Personen keinen Zugriff haben können sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen nicht als für sich verbindlich anerkennen werde. Durch die Infragestellung der geltenden Rechtsordnung könne davon ausgegangen werden, dass der Kläger die Gesetze und Verordnungen der Bundesrepublik Deutschland nicht beachte. Wer aber Bundes- und Landesgesetze generell nicht als für sich verbindlich anerkenne und sich deshalb nicht verpflichtet sehe, die darin enthaltenen, dem Schutz der Allgemeinheit dienenden Vorschriften im Einzelnen jederzeit zu beachten, gebe Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes, die heute anders als noch in preußischer Zeit ausgestaltet seien, nicht strikt befolgen werde. Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein solle, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdiene, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werde, müsse dem Kläger, der die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansehe, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden. Der Antrag auf Nachtragung der Selbstladebüchse Hersteller Valmet Petra, Herst. Nr. …, Kal. 308 zu versagen gewesen, da entsprechend den vorigen Ausführungen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze. Der Widerruf habe zur Folge, dass die Waffenbesitzkarten gemäß § 46 Abs. 1 WaffG an das Landratsamt zurückzugeben seien. Die Anordnung in Nr. 1.4 beruhe auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG und die in Nr. 1.5 auf § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG.
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Gegen diesen Bescheid hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 24. Mai 2018 Klage erheben lassen.
13
Zur Begründung wird das bisherige Vorbringen wiederholt. Ergänzend hierzu wird vorgetragen, dass beim Kläger eine Zugehörigkeit zur Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ bzw. Staatsleugnung oder Selbstverwaltung nicht erkennbar sei. Das Landratsamt greife aus dem Katalog der typischen Verhaltensweisen von sog. „Reichsbürgern“ lediglich die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises heraus und ziehe allein daraus schon den Schluss der Zugehörigkeit zur „Reichsbürgerbewegung“. Zudem sei zur Zeit der Antragsstellung durch die Presse gegangen und später dann auch durch den Eintrag bei Wikipedia bestätigt worden, dass der deutsche Personalausweis sowie Reisepass allenfalls zur widerlegbaren Glaubhaftmachung des Besitzes der deutschen Staatsangehörigkeit reichen würden. Dies habe beim Kläger eine Rechtsunsicherheit bewirkt, sodass er den Staatsangehörigkeitsnachweis beantragt habe. Es könne nicht angehen, dass einem Bürger die Beantragung eines vollkommen legalen Staatsangehörigkeitsnachweises zum Nachteil gereiche und er dann auch noch begründen müsse, weshalb er diesen beantragt habe. Die beanstandeten Formulierungen seien keineswegs ein Ausdruck der Verfolgung reichsbügertypischer Ziele. Der Kläger sei bis zu seiner Pensionierung Berufsschullehrer und im öffentlichen Dienst tätig gewesen. Darüber hinaus habe sich der Kläger sein ganzes Leben lang an die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundesrepublik Deutschland gehalten, irgendwelche negativen Auffälligkeiten würden nicht existieren. Der Ermittlungsbericht des PP Oberbayern ... sei daher nachweislich falsch, zumal sich dieser Bericht wohl lediglich auf die missverständlichen Äußerungen beziehe, aber keinerlei weiteren Ermittlungsergebnisse über das demokratische Verhalten des Klägers beinhalte. Der Kläger stelle keineswegs die geltende Rechtsordnung in Frage, habe Zeit seines Lebens die Gesetze und Verordnungen der Bundesrepublik Deutschland beachtet und werde diese auch weiterhin beachten. Er erkenne die Bundes- und Landesgesetze generell als für sich verbindlich an und sehe sich dazu verpflichtet, die dem Schutz der Allgemeinheit dienenden Vorschriften im Einzelnen jederzeit zu beachten. Der Kläger sei ein einfacher und grundehrlicher Mann, der sich sein ganzes Leben nichts habe zuschulden kommen lassen und sich stets an die Gesetze der Bundesrepublik gehalten habe. Insbesondere verteidige er die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2020 vertiefte der Klägerbevollmächtigte nochmals sein bisheriges Vorbringen.
Der Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 26. April 2018 wird aufgehoben.
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Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
16
Zur Begründung nimmt der Beklagte Bezug auf die Begründung des Bescheids vom 26. April 2018. Ergänzend hierzu wird vorgetragen, dass hinsichtlich Nr. 1.2 des streitgegenständlichen Bescheids eine isolierte Anfechtungsklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig sei, da eine Situation der Versagungsgegenklage vorliege. Wegen der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers wäre jedoch auch eine (mittlerweile verfristete) Verpflichtungsklage erfolglos.
17
In der mündlichen Verhandlung am 4. März 2020 hat der Beklagte Bescheid vom 26. April 2018 in Nr. 1.5 dahingehend abgeändert, dass nunmehr die Waffen und die Munition nach fruchtlosem Ablauf der Frist in Nr. 1.4 durch das Landratsamt sichergestellt würden.
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Ergänzend wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 4. März 2020.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.
20
Der Bescheid vom 26. April 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, vorliegend des Bescheidserlasses (vgl. zum Fall des Widerrufs einer waffenrechtlichen Erlaubnis BVerwG, U.v. 16.5.2007 - 6 C 24.06 - juris Rn. 35) bzw. bzgl. Nr. 1.2 der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
22
Der Widerruf der Waffenbesitzkarte gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (Nr. 1.1 des Bescheids) ist rechtmäßig.
23
Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis - vorliegend die Waffenbesitzkarte nach § 10 Abs. 1 WaffG - zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt.
24
Der Kläger verfügt nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG.
25
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden (Buchst. a) oder mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b) oder Waffen oder Munition Personen überlasen werden die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c).
26
Maßgeblich für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht gegeben ist, ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. BT-Drs 14/7758, S. 54). Diese Prognose ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellen. Dabei ist der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen. In Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Vielmehr genügt eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 - 21 ZB 14.1512 - juris Rn. 12; B.v. 4.12.2013 - 21 CS 13.1969 - juris Rn. 14). Unter Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes ist die Prognose der Unzuverlässigkeit nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass der Betroffene künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen werde (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 - 6 C 1.14 - juris Rn. 17).
27
Der Kläger ist unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Denn Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, besitzen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2017 - 21 CS 17.1300; B.v. 12.12.2017 - 21 CS 17.1332; B.v. 10.1.2018 - 21 CS 17.1339; B.v. 15.1.2018 - 21 CS 17.1519; B.v. 12.3.2018 - 21 CS 17.1678; B.v. 16.1.2019 - 21 C 18.578 - alle juris).
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Der Verfassungsschutzbericht 2018 des Bundes (S. 94) beschreibt die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ als personell, organisatorisch und ideologisch heterogen. Sie setzt sich aus Einzelpersonen ohne Organisationsanbindung, Kleinst- und Kleingruppierungen, länderübergreifend aktiven Personenzusammenschlüssen und virtuellen Netzwerken zusammen. Verbindendes Element der Szeneangehörigen ist die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie deren bestehender Rechtsordnung. Nach dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 (S. 175) sind „Reichsbürger“ Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Dabei berufen sie sich unter anderem auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht. Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches. Dabei werden z.B. der Rechtsstand von 1937, 1914 zwei Tage vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges oder auch 1871 genannt. Reichsbürger behaupten, Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei damit als Staat nicht existent, oder das Grundgesetz habe mit der Wiedervereinigung seine Gültigkeit verloren. Daher fühlen sich Reichsbürger auch nicht verpflichtet, den in der Bundesrepublik geltenden Gesetzen Folge zu leisten. In ihrer Gesamtheit ist die Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ als staatsfeindlich einzustufen (vgl. Verfassungsschutzbericht 2018 des Bundes (S. 95). Die Reichsbürgerideologie insgesamt ist geeignet, Personen in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. Dies kann Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein bis hin zur Gewaltanwendung (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018, S. 176).
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Wer der Ideologie der Reichsbürgerbewegung folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. Dies gilt für den Umgang mit Waffen ebenso wie für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zu gewährleisten, dass andere Personen keinen Zugriff haben können, sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird, muss einer der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnenden Person anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2018 - 21 CS 17.1964 - juris Rn. 15 m.w.N.). Keine andere Beurteilung ist gerechtfertigt, wenn sich jemand (glaubhaft) selbst nicht als diesem Spektrum zugehörig betrachtet oder in einzelnen - auch wesentlichen - Bereichen von dort anzutreffenden Thesen nachvollziehbar und glaubhaft distanziert. Auch jenseits der Nähe zum eigentlichen „Reichsbürger“-Spektrum rechtfertigt eine Einstellung, die die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung nicht als für sich verbindlich betrachtet, die Annahme der waffenrechtlichen absoluten Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. OVG RhPf, B.v. 3.12.2018 - 7 B 11152/18 - juris Rn. 23).
30
Die Tatsachen, die dem Gericht vorliegen, rechtfertigen im Fall des Klägers die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Die ermittelten Verhaltensweisen und Einlassungen des Klägers begründen in ihrer Gesamtwürdigung die Annahme, dass dieser der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen ist bzw. er sich deren Ideologie für sich bindend zu eigen gemacht hat. Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die nach außen getätigten Äußerungen und Verhaltensweisen auch seine innere Einstellung widerspiegeln.
31
So spricht im konkreten Fall insbesondere die Stellung eines Antrags auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter Hinweis auf das „RuStAG von 1913“ dafür, dass der Kläger der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen ist bzw. er sich deren Ideologie für sich bindend zu eigen gemacht hat. Denn Reichsbürger und Selbstverwalter bestreiten die rechtmäßige Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat und bezeichnen diese z.T. als „Firma BRD“. Sie sind der Auffassung, dass sie nicht die Staatsangehörigkeit der Bundesrepublik Deutschland besitzen bzw. aus dieser „austreten“ können. Ausgehend von der falschen Annahme, ohne Staatsangehörigkeitsausweis staatenlos zu sein, beantragen sie häufig einen Staatsangehörigkeitsausweis (sog. „gelber Schein“) zur Bestätigung ihrer Reichs- und Staatsangehörigkeit nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 179 ff.). Vom Staatsangehörigkeitsausweis erhofft sich dieser Personenkreis - rechtlich völlig unzutreffend - unter anderem den „Ausstieg aus der Firma BRD“ oder die Sicherung vermeintlicher Rechte beim „Untergang des Systems“ (vgl. BayVGH, B.v. 19.12.2017 - 21 CS 17.2029 - juris Rn. 16). Der „gelbe Schein“ wird zudem als Nachweis der Rechtsstellung als Staatsangehöriger des vorgeblich fortbestehenden „Deutschen Reichs“ angesehen (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 180). Dieses reichsbürgertypische Argumentationsmuster kommt insbesondere in der Angabe „Abstammung gem. RuStAG Stand 1913 § 4 Abs. 1 seit Geburt“ unter dem Punkt Nr. II (Angaben zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit) zum Ausdruck. Zudem legt in diesem Kontext auch die, in dem Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises, getätigte Angabe „Neben der deutschen Staatsangehörigkeit - Rechtsstellung als Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit - besitze ich die Staatsangehörigkeit im Königreich Bayern. Diese habe ich am 25.01.1945 durch Geburt/Abstammung gemäß RuStAG Stand 1913 § 4 Abs. 1 erworben“ grundsätzlich „reichsbürgertypisch“ nahe, dass sich der Kläger nicht als zur Bundesrepublik Deutschland zugehörig ansieht (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2018 - 21 CS 17.2310 - juris Rn. 19). Denn aus Sicht der „Reichsbürger“ bestimmt sich ihre Staatsangehörigkeit nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Jahr 1913 geltenden Fassung, wonach die Reichsangehörigkeit zum Deutschen Reich gegeben war, wenn eine Staatsangehörigkeit eines Landes des Deutschen Reichs bestand (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 180). Auch der im Formular auffallende, bewusste Verzicht auf Postleitzahlen - insbesondere bei dem Punkt „Wohnhaft in (Straße, Hausnummer, PLZ, Wohnort)“, obwohl in dem dortigen Klammerzusatz explizit aufgeführt - ist eine typische, gerichtsbekannte Verhaltensweise von Reichsbürgern.
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Die Einlassungen des Klägers sowohl im Anhörungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren vermögen demgegenüber an der Einschätzung des Gerichts nichts zu ändern.
33
Soweit der Kläger geltend macht, ein rechtstreuer Staatsbürger zu sein und sich an geltende Gesetze zu halten, steht auch dies dieser Einschätzung nicht entgegen. Der Umstand allein, dass sich eine Person in bestimmten, ihr opportun erscheinenden Situationen in Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben verhält, begründet keine waffenrechtliche Zuverlässigkeit, wenn sie ihre Bindung an die Rechtsordnung, wie hier, durch Wort und Tat unter Vorbehalt stellt und auf diese Weise Zweifel weckt, ob sie waffenrechtliche Vorschriften auch dann noch einhält, wenn sie ihr nicht (mehr) opportun erscheinen (vgl. VGH BW, B.v. 10.10.2017 - 1 S 1470/17).
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Zudem vermochte der Kläger den durch reichsbürgertypische Stellung des Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit entstandenen Eindruck bzw. Anschein nicht - auch nicht im Rahmen der mündlichen Verhandlung - zu entkräften. Vielmehr hat der Kläger versucht sein Verhalten zu relativieren bzw. zu rechtfertigen. Der Kläger konnte bereits nicht schlüssig den Anlass für die Auseinandersetzung mit der Thematik „Staatsangehörigkeitsausweis“ und die Stellung des Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit darlegen. So ist der Vortrag im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren hierzu widersprüchlich. Denn mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2016 wurde vorgetragen, dass der Kläger den Staatsangehörigkeitsausweis beantragt habe, da er in Erfahrung gebracht habe, dass alleine der Personalausweis sowie auch der Reisepass nicht zum Nachweis der Staatsangehörigkeit ausreichen würden. Demgegenüber wurde mit Schriftsatz vom 11. Mai 2017 ausgeführt, dass der Kläger bei den Reservisten erfahren habe, dass die bundesdeutschen Ausweispapiere kein hinreichender Nachweis für die deutsche Staatsangehörigkeit seien, woraufhin er dies insbesondere durch einen Ausdruck über Wikipedia „deutsche Staatsangehörigkeit“ in Erfahrung gebracht sowie sich zunächst bei der Gemeinde erkundigt habe. Sodann wurde in der Klageschrift vorgebracht, dass zur Zeit der Antragsstellung durch die Presse gegangen und später durch den Eintrag bei Wikipedia bestätigt worden sei, dass der deutsche Personalausweis sowie Reisepass allenfalls zur widerlegbaren Glaubhaftmachung des Besitzes der deutschen Staatsangehörigkeit reichen würden. Dies habe beim Kläger eine Rechtsunsicherheit bewirkt, sodass er den Staatsangehörigkeitsnachweis beantragt habe. Auch in der mündlichen Verhandlung vermochte der Kläger den Grund für die Stellung des Antrags auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises nicht nachvollziehbar darzulegen. So äußerte er zunächst, diesen beantragt zu haben, da bei den Reservisten hierüber gesprochen worden sei. Später erklärte er demgegenüber, dass er den Antrag zu dem Zweck der Ahnenforschung gestellt habe. Des Weiteren konnte der Kläger nicht nachvollziehbar darlegen, wie es zu den „reichsbürgertypischen“ Eintragungen in dem Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit gekommen ist. So konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung zu keiner der Eintragungen angegeben, wie und warum es zu diesen gekommen ist. Vielmehr gab der Kläger jeweils an, dies nicht (mehr) zu wissen bzw. sich nicht erinnern zu können.
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Schließlich lässt sich den Einlassungen des Klägers lässt sich auch keine glaubhafte Distanzierung von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ entnehmen. Hinsichtlich der Anforderungen an eine glaubhafte Distanzierung kann aufgrund der identischen sicherheitsrechtlichen Schutzrichtung - Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - die ausländerrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 54 Abs. 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - entsprechend herangezogen werden (vgl. VG München, Gerichtsbescheid v. 17.10.2018 - M 7 K 17.750 - juris Rn. 39). Dementsprechend ist für eine glaubhafte Distanzierung zu verlangen, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Betroffene seine innere Einstellung verändert hat (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2018 - 1 B 11/18 - juris Rn. 12). Das Erfordernis der Veränderung der inneren Einstellung bedingt es, dass der Betroffene in jedem Fall einräumen muss oder zumindest nicht bestreiten darf, in der Vergangenheit den einschlägigen sicherheitsrechtlichen Tatbestand erfüllt zu haben. Ohne Einsicht des Betroffenen in die Unrichtigkeit des ihm vorgeworfenen Handelns hat die Ankündigung einer Verhaltensänderung keine glaubwürdige Grundlage (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2017 - 10 B 16.1252 - juris Rn. 53).
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Eine diesen Anforderungen genügende, glaubhafte Distanzierung des Klägers von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ lässt sich nicht feststellen. Hinreichende äußerlich feststellbare Umstände, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Kläger seine innere Einstellung verändert hat, sind nicht erkennbar. Zudem hat der Kläger insbesondere ein Fehlverhalten nicht eingeräumt.
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Da der Widerruf der Waffenbesitzkarte in Nr. 1.1 des Bescheids vom 26. April 2018 - entsprechend den obigen Ausführungen - rechtmäßig ist, bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen die Ablehnung des Antrags vom 12. März 2018 auf Nachtragung einer Selbstladebüchse, Hersteller Valmet Petra, Herst. Nr. …, Kal. 308 in die Waffenbesitzkarte in Nr. 1.2 des Bescheids. Dies gilt dabei unabhängig davon, ob der Kläger weiterhin ein schützenswertes Interesse an einer isolierten Anfechtung dieser Regelung hat
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Die Verpflichtung zur Rückgabe der Waffenbesitzkarten (Nr. 1.3 des Bescheids) wurde zutreffend auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG gestützt. Die Verpflichtung zur Überlassung bzw. dauerhaften Unbrauchbarmachung der in den Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen und Munition (Nr. 1.4 des Bescheids) sowie die Anordnung der Sicherstellung (Nr. 1.5 des Bescheids) entsprechen in der Fassung der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2020 den Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Satz 1 und 2 WaffG. Da entsprechend den obigen Ausführungen die Waffenbesitzkarten rechtmäßig widerrufen wurden, bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen deren Rechtmäßigkeit.
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Schließlich sind auch die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3 des Bescheides) und die Kostenentscheidung (Nr. 4 des Bescheides) rechtmäßig, da rechtliche Bedenken hiergegen weder vorgetragen wurden noch ersichtlich sind.
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.