Inhalt

ArbG Nürnberg, Beschluss v. 12.02.2020 – 9 Ca 4003/18
Titel:

Aussetzung des Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit eines Parallelverfahrens 

Normenketten:
ArbGG § 46 Abs. 2, § 46c, § 55 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2
ZPO § 148
Leitsatz:
Bei mehreren anhängigen Verfahren, bei denen dieselbe Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, kommt die Aussetzung des Verfahren in Betracht, wenn in einem Parallelverfahren Revision eingelegt ist und durch die Entscheidung des Revisionsgerichts eine Beweisaufnahme erforderlich wird.   (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aussetzung, Vorgreiflichkeit, Parallelverfahren, Revision, Tarifmerkmale, Substantiierung
Rechtsmittelinstanzen:
LArbG Nürnberg, Beschluss vom 01.04.2020 – 7 Ta 44/20
BAG Erfurt vom -- – 4 AZR 97/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 8308

Tenor

Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Az. 4 AZR 97/20) über die Revision gegen das Urteil des LAG Nürnberg vom 24.09.2019 (Az. 6 Sa 93/19) ausgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren über die Eingruppierung der Klägerin in die Entgeltgruppe 9b TVöD-VKA.
2
Die Klägerin ist seit 01.11.1995 bei der Beklagten als medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin beschäftigt. Zum 01.01.2017 wurde die Klägerin in die Entgeltgruppe 9a Stufe 6 TVöD-VKA eingruppiert. Im Mai 2017 beantragte die Klägerin die Höhergruppierung in die EG 9b. Dies lehnte die Beklagte ab. Die Entgeltdifferenz beträgt monatlich 92,22 € brutto.
3
Nach der Entgeltordnung zum TVöD-VKA, Besonderer Teil Nr.10 (medizinisch technische Assistentinnen) sind Beschäftigte der Entgeltgruppe 7 in die Entgeltgruppe 9b einzugruppieren, die mindestens zur Hälfte eine oder mehrere der folgenden Aufgaben erfüllen:
- Wartung und Kalibrierung von hochwertigen und schwierig zu bedienenden Messgeräten (z.B. Autoanalysem),
- Virusisolierungen oder ähnlich schwierige mikrobiologische Verfahren, Gewebezüchtungen, schwierige Antikörperbestimmungen (z.B. Coombs-Test),
- (…)
4
Die Klägerin trägt vor, sie führe mit etwa 2/3 ihrer Arbeitszeit Coombs-Tests aus. Sie ist der Auffassung, dass das Tarifmerkmal „schwierige Antikörperbestimmungen“ erfüllt sei, wenn das Beispiel „Coombs-Tests“ vorliege.
5
Das LAG Nürnberg hat in seiner Entscheidung vom 24.09.2019. (Az. 6 Sa 93/19) hierzu ausgeführt, dass die Durchführung von Coombs-Tests für sich genommen keine schwierige Antikörperbestimmung im Sinne der EGO TVöD (VKA) Teil B XI Egr. 9b Nr. 2 darstellt. Die Revision wurde zugelassen und ist beim BAG unter dem Az. 4 AZR 97/20 anhängig.
6
Im Hinblick auf die zu erwartende Entscheidung des BAG wurden mehrere Parallelverfahren beim Arbeitsgericht Nürnberg (z.B. 10 Ca 2127/19, 9 Ca 2126/19) mit Einverständnis der Parteien terminlos gestellt.
7
Nach Anhörung des Gerichts erklärte die Klägerin mit Schriftsatz vom 12.02.2020 ihr Einverständnis zur Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des BAG über die Revision gegen das Urteil des LAG Nürnberg. Die Beklagte stimmte dem nicht zu, da nach deren Auffassung die „zu erwartende“ Rechtsprechung des BAG bereits seit den 1990er Jahren vorliege.
II.
8
Das Gericht hält es für angebracht das Verfahren bis zur Entscheidung des BAG auszusetzen gemäß §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 148 ZPO. Es ist zur Aussetzung befugt, da die Vorschrift des § 148 ZPO auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren anwendbar ist.
9
Die vom BAG zu entscheidende Rechtsfrage ist entscheidungserheblich für den vorliegenden Rechtsstreit. Im Fall der Zurückweisung der Revision bedürfte es einer weitergehenden Darlegung seitens der Klägerin, inwiefern sie überwiegend schwierige Antikörperbestimmungen vornimmt. Sollte das BAG die Durchführung von Coombs-Test jedoch für die Erfüllung des Tarifmerkmals für ausreichend halten, wäre der bisherige Sachvortrag der Klägerin ausreichend und der bereits angedachten Beweisaufnahme zugänglich.
10
Das Gericht geht nicht - wie die Beklagte meint - von einer bereits geklärten Rechtsfrage durch das BAG aus, da das LAG Nürnberg die Revision mit der Begründung zugelassen hat, die Eingruppierung der MTLAs, die Antikörperbestimmungen durchführen, bedürfe einer grundsätzlichen Klärung.
11
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende alleine ergehen, § 55 Abs. 1 Nr.8, Abs. 2 ArbGG.