Titel:
Erfolglose Klage auf Erlass von Kosten eines Widerspruchsverfahrens aus Billigkeitsgründen
Normenketten:
VwGO § 84 Abs. 4
BayKG Art. 16 Abs. 2 S. 1
Leitsatz:
Allein auf Grundlage einer Nichtveranlagungs-Bescheinigung des Finanzamts hinsichtlich der Einkommensteuer kann nicht auf eine Vermögenssituation geschlossen werden, die den Erlass von Kosten des Widerspruchsverfahrens aus Billigkeitsgründen gebietet. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erlass von Kosten des Widerspruchsverfahrens, Unbilligkeit aus persönlichen Gründen (verneint), Bezugnahme auf Gerichtsbescheid, Nichtveranlagungs-Bescheinigung
Fundstelle:
BeckRS 2020, 7934
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt den Erlass von Kosten eines Widerspruchsverfahrens.
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Mit bestandskräftigem Bescheid des Beklagten vom 9. August 2018 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Änderungsbescheid Grundsteuer B der Gemeinde … vom 8. Januar 2018 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 6. März 2018 zurückgewiesen. Ferner wurden Gebühren in Höhe von 52,50 EUR zuzüglich Zustellungskosten in Höhe von 3,07 EUR erhoben. Mit Schreiben vom 13. August 2018, eingegangen bei dem Beklagten am 20. August 2018, beantragte der Kläger den Erlass der Widerspruchskosten.
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Mit Bescheid vom 3. Mai 2019, zugestellt ausweislich der Postzustellungsurkunde am 7. Mai 2019, lehnte der Beklagte den Antrag auf Erlass der Kosten des Widerspruchsverfahrens ab. Auf die Gründe des Bescheids wird Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Darstellung im Gerichtsbescheid vom 18. Oktober 2019 verwiesen (§ 84 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
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Mit Schreiben vom 12. Mai 2019, eingegangen bei dem Verwaltungsgericht München am 23. Mai 2019, hat der Kläger Klage erhoben und beantragt
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1. den Erlass der Widerspruchsgebühr.
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2. Zur Begründung wird vorgetragen, der Kläger sei erlasswürdig und -bedürftig. Er sei zum Streiten gezwungen worden. Die Erhebung der Widerspruchsgebühr sei eine unbillige Härte. Er lebe ferner unter armseligen Verhältnissen, weil seine Einkünfte und sein Vermögen gering seien und unter Pfändungsschutz stünden.
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3. Der Beklagte beantragt,
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Zur Begründung werden im Wesentlichen die Ausführungen aus der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids wiederholt.
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Mit Beschluss vom 17. Oktober 2019 ist der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen worden.
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Mit Gerichtsbescheid vom 18. Oktober 2019, dem Kläger am 26. Oktober 2019 zugestellt, hat das Gericht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat am 18. November 2019 die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Er verstehe nicht, warum er als Opfer von Straftaten „dafür etwas bezahlen“ solle. Der geforderte Geldbetrag übersteige sein Jahreseinkommen.
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Am 13. Februar 2020 hat der Kläger dem Gericht eine Mahnung der Gemeinde … vom 6. Februar 2020 betreffend eine Grundsteuerforderung sowie eine weitere Bescheinigung des Finanzamts München vom 13. November 2019 für den Kläger vorgelegt, nach der voraussichtlich im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2022 keine Einkommensteuer entstehen werde (sog. Nichtveranlagungs-Bescheinigung).
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 12. März 2020, und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Der Gerichtsbescheid vom 18. Oktober 2019 gilt als nicht ergangen, § 84 Abs. 3 Alt. 2 VwGO, da der Antrag auf mündliche Verhandlung rechtzeitig gestellt worden ist (§ 84 Abs. 2 Ziffer 2 VwGO).
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2. Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg, da der Kläger keinen Anspruch auf Erlass der Kosten des Widerspruchsverfahrens hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erlass der Kosten des Widerspruchsverfahrens auf der Grundlage von Art. 16 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 Kostengesetz (KG) liegen nicht vor.
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Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen; das Gericht folgt insoweit der Begründung des Gerichtsbescheids vom 18. Oktober 2019 (§ 84 Abs. 4 VwGO) sowie den Gründen des streitgegenständlichen Bescheids (§ 117 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat seit Erlass des Gerichtsbescheids auch nichts vorgetragen, das eine andere Entscheidung rechtfertigen könnte.
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Insbesondere weisen die am 13. Februar 2020 sowie in der mündlichen Verhandlung klägerseits vorgelegten Unterlagen eine Erlassbedürftigkeit für den Kläger nicht nach. Auch aufgrund dieser Unterlagen ergibt sich kein vollständiges Bild der Einkommens- und Vermögenssituation des Klägers. Aus der Nichtveranlagungs-Bescheinigung ergibt sich lediglich, dass voraussichtlich keine Einkommensteuer entstehen werde. Es handelt sich insoweit nicht um einen Nachweis, dass tatsächlich keine Einkommensteuer entsteht bzw. entstanden ist. Im Übrigen kann aufgrund dieser Bescheinigung jedenfalls die für die Prüfung eines Erlasses ebenso relevante Vermögenssituation des Klägers nicht abschließend beurteilt werden. Die weiteren Unterlagen, die dem Gericht am 13. Februar 2020 sowie in der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden sind, betreffen nicht den Streitgegenstand. Im Übrigen genügt die bloße Behauptung des Klägers, er verfüge lediglich über eine kleine Rente in Höhe von 400 bis 500 EUR monatlich, nicht, um eine Erlassbedürftigkeit anzunehmen. Auch insoweit hat der Kläger jedenfalls einen Nachweis nicht geführt.
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung fußt auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.