Inhalt

VG Würzburg, Gerichtsbescheid v. 28.04.2020 – W 1 K 19.32325
Titel:

Kein Anspruch auf unbeschränkte Beschäftigungserlaubnis für Asylbewerber

Normenketten:
AsylG § 61 Abs. 2
AufenthG § 4a, § 39, § 40
BeschV § 32 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 4
Leitsätze:
1. Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage hängt grundsätzlich von einem vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vorname des eingeklagten Verwaltungsakts im Sinne einer Zugangsvoraussetzung ab. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG ermöglicht auf der Rechtsfolgenseite lediglich die Gestattung einer Beschäftigung, die hinsichtlich des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit konkretisiert ist und zudem konkret in Aussicht steht; die Vorschrift biete demgegenüber keine Möglichkeit zur Erteilung einer unbeschränkten Beschäftigungserlaubnis. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Klage unzulässig mangels Antrags gegenüber Behörde, Kein Anspruch auf unbeschränkte Beschäftigungserlaubnis hinsichtlich jeder Beschäftigung aus § 61 Abs. 2 AsylG, Aufenthaltsgestattung, Abschiebungsverbot, Erwerbstätigkeit, Asylbewerber, afghanischer Staatsangehöriger, Aufenthaltstitel, gesetzliches Verbot, unbeschränkte Beschäftigungserlaubnis, Ermessen
Fundstelle:
BeckRS 2020, 7175

Tenor

I. Soweit beantragt war, dem Kläger eine Beschäftigungserlaubnis für die Tätigkeit als Helfer in einer Spülküche bei der D… zu erteilen, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger und der Beklagte jeweils zur Hälfte zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wurde eigenen Angaben zufolge am … in der Provinz Balkh geboren; er sei afghanischer Staatsangehöriger. Er habe sein Heimatland im Jahre 1394 nach afghanischen Kalender verlassen und sei am 15. Dezember 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) lehnte den ersten Asylantrag des Klägers mit Bescheid vom 1. Februar 2017 ab und drohte die Abschiebung nach Afghanistan an. Eine hiergegen erhobene Klage wurde aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 28. Mai 2019 am 9. Juli 2019 unanfechtbar abgelehnt.
2
Dem Kläger wurden seit seiner ersten Asylantragstellung jeweils zeitlich befristete Aufenthaltsgestattungen zur Durchführung des Asylverfahrens nach § 55 AsylG erteilt, die (abgesehen von der ersten Aufenthaltsgestattung) jeweils die Nebenbestimmung enthielten: „Erwerbstätigkeit nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde gestattet.“ Der Kläger arbeitete während der Zeit seines ersten Asylverfahrens vom 6. Februar 2017 bis 31. Dezember 2017 sowie vom 20. Februar 2018 bis 7. August 2019 auf der Grundlage von Beschäftigungserlaubnissen den der Regierung von ..., Zentrale Ausländerbehörde, als Hilfskraft in einem Hotel. Nach unanfechtbarer Ablehnung seines ersten Asylantrages wurde dem Kläger mitgeteilt, dass seine Beschäftigungserlaubnis erloschen sei. Ihm wurde auf seinen Antrag hin eine Duldung bis zum 19. November 2019 erteilt, ebenfalls mit der Nebenbestimmung: „Erwerbstätigkeit nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde gestattet.“ Seit 19. November 2019 ist die Duldung erloschen.
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Am 21. November 2019 stellte der Kläger einen Asylfolgeantrag. Im Bescheid des Bundesamtes vom 27. November 2019 wurde dargelegt, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gegeben seien. Gleichzeitig wurde dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt, der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt, festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen sowie der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung bzw. unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Andernfalls wurde ihm die Abschiebung nach Afghanistan angedroht. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 16. Dezember 2019 Klage erheben lassen (W 1 K 19.32241), über die bislang nicht entschieden ist.
4
Am 14. August 2019 ließ der Kläger durch seinen Arbeitgeber eine Beschäftigungserlaubnis bei der D… beantragen. Mit Schreiben vom 26. September 2019 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag abzulehnen und ihm Möglichkeit zur Stellungnahme bis 28. Oktober 2019 eingeräumt. Der Kläger äußerte sich hierzu nicht. Daraufhin lehnte die Regierung von ..., Zentrale Ausländerbehörde, mit Bescheid vom 5. Dezember 2019 den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ab. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger vollziehbar ausreisepflichtig sei. Es sei weder im Besitz einer Duldung noch eine Aufenthaltsgestattung, sodass die Ausnahmeregelungen des § 32 BeschV bzw. § 61 Asylgesetz nicht anwendbar seien. Selbst wenn der Anwendungsbereich eröffnet wäre, würde das öffentliche Interesse an einer Versagung der Erwerbstätigkeit in der Gesamtbetrachtung der Umstände das private Interesse des Klägers an einer Erwerbstätigkeitsaufnahme überwiegen. Bereits die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht überwiege die privaten Interessen des Antragstellers, die sich darin erschöpften, eine teilweise finanzielle Unabhängigkeit von Sozialleistungen zu erlangen. Auch der Arbeitgeber habe keine Gesichtspunkte von solchem Gewicht vorgetragen, die das öffentliche Interesse zurücktreten lassen könnten. Sonstige schützenswerte Belange seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
5
Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger am 23. Dezember 2019 Klage erheben. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik sei zum Zeitpunkt des ablehnenden Bescheides aufgrund des zulässigen und noch laufenden Asylfolgeverfahren nach § 55 AsylG weiterhin gestattet. Der Beklagte habe dies verkannt, was sich als ermessensfehlerhaft darstelle.
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Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 Nr. 5 BeschV vor; diese Vorschrift finde gemäß Abs. 4 der Norm auch auf Ausländer mit einer Aufenthaltsgestattung Anwendung. Danach bedürfe die Zustimmung zur Erlaubnis der Ausübung jeder Beschäftigung nach einem ununterbrochenen 4-jährigen erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalt im Bundesgebiet - wie im Falle des Klägers - keiner Zustimmung durch die Bundesagentur für Arbeit mehr. Bei gleicher Sachlage erteile der Beklagte regelmäßig unbeschränkte Beschäftigungserlaubnisse mit dem Hinweis „jede Beschäftigung gestattet“. Es ergebe sich daher ein Anspruch im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null aus Art. 3 GG. Die Beklagte müsse sich fragen lassen, was sie im Rahmen ihres Ermessens jeweils prüfen wolle, wenn von Gesetzes wegen die Zustimmungspflicht der Bundesagentur für Arbeit und mithin eine Vorrangprüfung und Prüfung der Arbeitsbedingungen im Sinne der §§ 39,40 AufenthG entfalle. Wenn der Beklagte mitteile, dass zur Genehmigung einer Beschäftigung dieser lediglich einen entsprechend bestimmten Antrag stellen müsse, so beabsichtigte dieser offensichtlich selbst nicht, seinen Ermessensspielraum zu nutzen. Es möge offengelegt werden, inwiefern in vergleichbaren Fällen tatsächlich eine Ermessensausübung erfolgt sei. Ein bloßer Formalismus genüge rechtsstaatlichen Anforderungen nicht.
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Nach Mitteilung des Beklagten, dass die Beschäftigungserlaubnis für eine Tätigkeit als Helfer in der Spielküche bei der D… … … … … mit Bescheid vom 23. Januar 2020 erteilt werde, wurde dargelegt, dass diese Arbeitsstelle zwischenzeitlich nicht mehr zur Verfügung stehe. Insoweit bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Erteilung einer unbeschränkten Beschäftigungserlaubnis. Hinsichtlich des Hilfsantrages zur Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis als Helfer in der Spielküche bei der D… … … … … wurde der Rechtsstreit für erledigt erklärt; der Hauptantrag sowie der höchst hilfsweise gestellte Antrag wurden aufrechterhalten.
8
Der Kläger beantragt,
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Dezember 2019 verpflichtet, dem Kläger eine unbeschränkte Beschäftigungserlaubnis gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 32 Abs. 4 und Abs. 2 Nr. 5 BeschV zu erteilen,
hilfsweise, eine Beschäftigungserlaubnis für die Tätigkeit als Helfer in einer Spülküche bei der D… zu erteilen, höchst hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Dezember 2019 zu verpflichten, den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
9
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
10
Am 23. Januar 2020 teilte der Beklagte mit, dass der streitgegenständliche Bescheid aufgehoben und die beantragte Beschäftigungserlaubnis erteilt werde. Man sei bei Bescheiderlass fehlerhaft von einer Ausreisepflicht des Klägers ausgegangen. Zwischenzeitlich habe das Bundesamt mitgeteilt, dass erneut eine Aufenthaltsgestattung zu erteilen sei. Ein entsprechender Bewilligungsbescheid vom 23. Januar 2020 für die Tätigkeit als Helfer in der Spielküche bei der D… wurde gegenüber dem Kläger erlassen.
11
Eine unbeschränkte Beschäftigungserlaubnis könne dem Kläger hingegen nicht erteilt werden, wie sich aus der gesetzlichen Formulierung - „einer“ Beschäftigung - in § 61 AsylG sowie dem Zweck des Erlaubnis- und Zustimmungsverfahrens ergebe, welches den Zugang zum Arbeitsmarkt mit § 61 AsylG nicht generell, sondern nur für eine durch den Antrag konkretisierte Tätigkeit an einem bestimmten Arbeitsplatz eröffne. Aus dem Begriff „Ausübung“ sei ferner zu folgern, dass eine Erlaubnis „auf Vorrat oder Verdacht“ ausscheide, es sich vielmehr stets um eine konkret in Aussicht stehende Beschäftigung handeln müsse. Der Arbeitsmarktzugang sei als gesetzliches Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet; nach der Gesetzessystematik solle mit § 4 Abs. 3 Satz 3 AufenthG i.V.m. § 61 AsylG (bzw. § 32 BeschV) Asylbewerbern und Geduldeten gerade keine uneingeschränkte Erwerbstätigkeitserlaubnis eingeräumt werden, wie dies sonst nur mit einem Aufenthaltstitel im Rahmen eines rechtmäßigen Aufenthalts zu erreichen sei. Zur Aufnahme/Genehmigung einer Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber müsse der Kläger hier lediglich einen entsprechend bestimmten Antrag stellen.
12
Durch Beschluss des Gerichts vom 7. Februar 2020 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, § 76 AsylG.
13
Mit Schreiben des Gerichts vom 10. Februar 2020 wurden die Beteiligten zu einer Entscheidung mittels Gerichtsbescheid angehört sowie um Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gebeten. Am 12. Februar 2020 hat der Beklagte sein Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt. Mit Schreiben vom 27. Februar 2020 hat der Kläger sein Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid erteilen und mit Schriftsatz vom 1. April 2020 mitteilen lassen, dass auf eine mündliche Behandlung nicht verzichtet werden könne.
14
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

15
Das Gericht konnte vorliegend nach § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Beteiligten zuvor hierzu gehört wurden und die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
16
Im Hinblick auf den Hilfsantrag, dem Kläger eine Beschäftigungserlaubnis für die Tätigkeit als Helfer in einer Spielküche bei der D… … … … … zu erteilen, hat sich der Rechtsstreit durch übereinstimmende Erledigungserklärungen infolge der insoweit nachträglich erfolgten Bewilligung mit Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2020 erledigt. Bezogen auf diesen Antrag war das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und nur noch gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist.
17
Im Übrigen ist die Klage bereits unzulässig, soweit der Kläger im Hauptantrag eine unbeschränkte Beschäftigungserlaubnis begehrt, die ihm jede Beschäftigung gestattet. Unzulässig ist zudem auch der „höchst hilfsweise“ gestellte Antrag - über den wegen der Erfolglosigkeit bzw. Erledigung der vorrangigen Anträge zu entscheiden war -, die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf eine solche unbeschränkte Beschäftigungserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Sie ist darüber hinaus im Hinblick auf eine gebundene Erteilung einer unbeschränkten Beschäftigungserlaubnis sowie einen diesbezüglichen Anspruch auf eine ermessensfehlerhafte Entscheidung auch unbegründet, da dem Kläger kein hierauf gerichteter Anspruch zusteht (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Satz 2 VwGO).
18
1. Die Klage ist im Hinblick auf den Hauptantrag sowie den höchst hilfsweise gestellten Antrag bereits unzulässig, da der Kläger es versäumt hat, im Verwaltungsverfahren gegenüber der Zentralen Ausländerbehörde ... zu beantragen, dass ihm eine unbeschränkte Beschäftigungserlaubnis mit dem Ziel, dass ihm jede (beliebige) Erwerbstätigkeit gestattet ist, erteilt wird. Für die hier statthafte Verpflichtungsklage ist anerkannt, dass ihre Zulässigkeit grundsätzlich von einem vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts im Sinne einer Zugangsvoraussetzung abhängt. Diese Voraussetzung folgt aus § 68 Abs. 2, 75 Satz 1 VwGO und zusätzlich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nachdem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden. Sie gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob der erstrebte Verwaltungsakt auf Antrag oder von Amts wegen zu erlassen ist (vgl. BVerwG, U.v. 28. 11. 2007 - 6 C 42/06 - juris m.w.N.; U.v. 31.8.1995 - 5 C 11/94 - juris; Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 6). Auch dem einschlägigen asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahrensrecht lässt sich keine abweichende Regelung entnehmen. Schließlich ändert es an der Unzulässigkeit der Klage nichts, wenn sich die Behörde im Rechtsstreit zur Sache einlässt (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, § 42 Rn. 37 m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 6 m.w.N.).
19
Der Kläger hat vorliegend am 14. August 2019 durch seinen Arbeitgeber allein einen Verlängerungsantrag für eine Beschäftigungserlaubnis konkret betreffend die bislang ausgeübte Tätigkeit in einem örtlich bestimmten Betrieb des Arbeitgebers, der D… …, beantragen lassen. Bei der nunmehr vor Gericht erstmals begehrten unbeschränkten Beschäftigungserlaubnis handelt es sich auch nicht lediglich um eine in den Streitstoff eingeführte unwesentliche Änderung, die nicht geeignet ist, die Beurteilung des Vorhabens insgesamt zu ändern (vgl. dazu: Kopp/Schenke, a.a.O. m.w.N.). Denn es besteht ein erheblicher Unterschied hinsichtlich des Umfangs des Streitgegenstands dahingehend, ob dem Kläger auf seinen Antrag hin eine konkrete, fest umrissene bestimmbare Erwerbstätigkeit gestattet wird und er sich bei einem Wechsel der Tätigkeit erneut an die Ausländerbehörde zu wenden hat oder er andernfalls die Befugnis erhält, jeder beliebigen Erwerbstätigkeit nachzugehen und diese auch jederzeit wechseln kann, ohne hierfür eine erneute Gestattung einholen zu müssen. Von einer unwesentlichen und untergeordneten Änderung - hier Erweiterung - kann vor diesem Hintergrund nicht ausgegangen werden, zumal die im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensabwägung zu beachtenden aufenthalts- und asylrechtlichen Gesichtspunkte im zeitlichen Verlauf ggf. Änderungen unterworfen sein können. Überdies hat der Beklagte im angegriffenen Bescheid vom 5. Dezember 2019 auch erkennbar keine Entscheidung dahingehend getroffen, dass dem Kläger eine unbeschränkte Beschäftigungserlaubnis abgelehnt würde; vielmehr hat er im Bescheid allein auf die konkret beantragte Beschäftigung bei der D… … … … … Bezug genommen und lediglich eine hierauf bezogene Beschäftigungserlaubnis abgelehnt.
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2. Die Klage ist überdies unbegründet. Der Hauptantrag, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine unbeschränkte Beschäftigungserlaubnis zu erteilen, die diesem jede Beschäftigung gestattet, ist nicht begründet, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Ein solcher Anspruch besteht nicht, insbesondere ergibt sich ein solcher entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten nicht aus § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 32 Abs. 4 und Abs. 2 Nr. 5 BeschV. Anzuwenden ist, da es hier für die Entscheidung gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt, die ab dem 1. März 2020 geltende Gesetzesfassung des Aufenthaltsgesetzes sowie des Asylgesetzes.
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Dem begehrten gebundenen Anspruch auf eine unbeschränkte Beschäftigungserlaubnis steht vorliegend bereits entgegen, dass es sich bei der maßgeblichen Rechtsgrundlage des § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG um eine Ermessensnorm handelt. Danach kann im Übrigen - der Kläger ist vorliegend nicht verpflichtet gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 AsylG in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen - einem Asylbewerber, der sich seit 3 Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhält, gemäß § 4a Abs. 4 AufenthG die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Das der Ausländerbehörde nach dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen steht einem gebundenen Anspruch auf eine (unbeschränkte) Beschäftigungserlaubnis entgegen, da hier auch nichts dafür ersichtlich ist, dass das bestehende Ermessen auf Null reduziert wäre; insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dahingehend, dass der Beklagte in vergleichbaren Fallkonstellationen anderen Antragstellern eine unbeschränkte Beschäftigungserlaubnis erteilen würde.
22
Dem Kläger steht darüber hinaus auch kein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hinsichtlich einer unbeschränkten Beschäftigungserlaubnis zu. Denn § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG ermöglicht auf der Rechtsfolgenseite lediglich die Gestattung einer Beschäftigung, die hinsichtlich des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit konkretisiert ist und zudem konkret in Aussicht steht. Die Vorschrift bietet demgegenüber keine Möglichkeit zur Erteilung einer unbeschränkten Beschäftigungserlaubnis, die dem Kläger für die Zukunft jede beliebige Beschäftigung - ohne erneute Einschaltung der zuständigen Ausländerbehörde - gestattet. Dies ergibt sich bereits - wie vom Beklagten zu Recht vorgetragen - aus dem Wortlaut der Norm, der insoweit von der „Ausübung“ „einer“ Beschäftigung spricht, woraus sich ergibt, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt nicht generell, sondern nur für eine durch den jeweiligen Antrag konkretisierte Tätigkeit an einem bestimmten Arbeitsplatz eröffnet werden kann und eine Erlaubniseinholung „auf Vorrat oder Verdacht“ ausscheidet (vgl. BeckOK MigR/Röder, 2 Edt. 1.10.2019, § 61 AsylG Rn. 24). Diese Auslegung wird überdies auch durch den Sinn und Zweck der Norm sowie die Gesetzessystematik gestützt. Nach der den Zugang von Ausländern zu einer Erwerbstätigkeit im Grundsatz regelnden Vorschrift des § 4a AufenthG dürfen Ausländer, die einen Aufenthaltstitel besitzen, eine Erwerbstätigkeit ausüben, es sei denn, ein Gesetz bestimmt ein Verbot. Die Erwerbstätigkeit kann durch Gesetz beschränkt sein. Die Ausübung einer über das Verbot oder die Beschränkung hinausgehenden Erwerbstätigkeit bedarf der Erlaubnis, § 4a Abs. 1 AufenthG. Gemäß § 4a Abs. 4 AufenthG dagegen darf ein Ausländer, der keinen Aufenthaltstitel besitzt, (abgesehen von einer Saisonbeschäftigung) eine andere Erwerbstätigkeit nur ausüben, wenn er aufgrund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung, eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung ohne Aufenthaltstitel hierzu berechtigt ist oder deren Ausübung ihm durch die zuständige Behörde erlaubt wurde. Der Kläger ist vorliegend nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels, er hat vielmehr nur eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylfolgeverfahrens, das noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, inne. Bei der Aufenthaltsgestattung handelt es sich nicht um einen Aufenthaltstitel, wie sich aus deren enumerativer Aufzählung in § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG sowie aus § 63 Abs. 1 Satz 1 AsylG (…Aufenthaltsgestattung ausgestellt, wenn er nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels ist…) klar ergibt. Der Kläger gehört damit nicht zu dem Personenkreis, der nach § 4a Abs. 1 AufenthG im Bundesgebiet grundsätzlich einer Erwerbstätigkeit nachgehen darf (Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt). Er gehört vielmehr gemäß § 4a Abs. 4 AufenthG zum Kreis derer, die hinsichtlich der Ausübung einer Beschäftigung einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt unterliegen (vgl. BT-Drs. 19/8285, S. 86 f.). Dieses kann seinen Zweck sinnvoll nur dann erfüllen, wenn die zuständige Ausländerbehörde auch die Möglichkeit hat, ihr Ermessen zum Zeitpunkt jedes Antrages auf Erlaubnis einer konkreten Erwerbstätigkeit auch auszuüben und ihr diese Möglichkeit nicht durch eine generelle, unbeschränkte Erlaubniserteilung verwehrt ist.
23
Eine andere Einschätzung ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten auch nicht aus den Regelungen der Beschäftigungsverordnung. Soweit dieser auf § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG, § 32 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Nr. 5 BeschV Bezug nimmt, so wird darin zwar bestimmt, dass die Erlaubnis zur Ausübung jeder Beschäftigung nach einem ununterbrochenen 4-jährigen erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalt im Bundesgebiet keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedarf. Dies suspendiert allerdings nicht vom fortbestehenden Erfordernis einer - im Ermessen der Ausländerbehörde stehenden - Erlaubnis für jede einzelne konkrete Beschäftigung (vgl. § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG: …kann…erlaubt werden…; vgl. oben). Dass es sich bei der Erlaubniserteilung der Ausländerbehörde und dem (etwaigen) Zustimmungserfordernis der Bundesagentur für Arbeit um rechtlich getrennte Voraussetzungen handelt, erschließt sich eindeutig aus der gesetzlichen Formulierung des § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG, der die Erlaubnis(möglichkeit) der Ausländerbehörde von der Voraussetzung abhängig macht, dass die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist (vgl. etwa auch die vergleichbare Unterscheidung in § 4a Abs. 2 1. und 2. Halbsatz AufenthG). Auch enthält § 32 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Nr. 5 BeschV nicht die Regelung einer (unbeschränkten) Beschäftigungserlaubnis aufgrund einer Verordnung i.S.d. § 4a Abs. 4 AufenthG, da die Vorschriften der Beschäftigungsverordnung nach deren systematischem Zusammenhang naturgemäß nur von der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit dispensieren können, nicht jedoch von der weiterhin erforderlichen Erlaubnis der zuständigen Ausländerbehörde in jedem Einzelfall.
24
Aufgrund der vorstehenden Ausführungen erübrigen sich auch Ausführungen zur Frage des Ermessens und dessen rechtmäßiger Ausübung, da die Möglichkeit der Erteilung einer unbeschränkten Beschäftigungserlaubnis im Entscheidungsprogramm des § 61 Abs. 2 AsylG gar nicht vorgesehen ist. Gleichwohl weist das Gericht darauf hin, dass, wenn der Gesetzgeber nach einem 4-jährigen ununterbrochenen erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalt im Bundesgebiet von einer Zustimmungspflicht der Bundesagentur für Arbeit absieht und damit von diesem Zeitpunkt an (allein) arbeitsmarktpolitische Gesichtspunkte bei der Prüfung unbeachtet lassen will, dieser damit keine Festlegung dahingehend trifft, dass ab diesem Zeitpunkt auch andere von der Ausländerbehörde im Rahmen der Ermessensentscheidung zu prüfende Gesichtspunkte, etwa einwanderungspolitischer Natur, ebenfalls nicht mehr zu prüfen wären. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 27. Februar 2020 vorgelegten Kommentarstelle sowie den Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zur Beschäftigungsverordnung, denen sich jeweils einzig und allein entnehmen lässt, dass eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nicht mehr erforderlich sei. Eine andere Einschätzung ergibt sich schließlich auch nicht aus der Darlegung des Beklagten im Prozess, dass der Kläger zur Aufnahme einer Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber lediglich einen entsprechend bestimmten Antrag stellen müsse. Denn auch unter Berücksichtigung dessen verbleibt es dabei, dass § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG die Möglichkeit einer unbeschränkten Beschäftigungserlaubnis - wie ausgeführt - gerade nicht einräumt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich berücksichtigungsfähige Ermessensgesichtspunkte im zeitlichen Verlauf auch verändern können, sodass sich aus dem Hinweis des Beklagten nicht ableiten lässt, dass für die Zukunft bei jeder denkbaren Tätigkeit ausschließlich eine Erlaubniserteilung in Betracht käme; vielmehr ist dies unter den jeweiligen zum Zeitpunkt der Antragstellung gegebenen Umständen im Einzelfall erneut zu prüfen.
25
Nach alledem war die Klage - soweit noch in der Sache zu entscheiden war - vollumfänglich abzuweisen. Hinsichtlich der Kosten ist eine einheitliche Kostenentscheidung für den durch übereinstimmende Erledigungserklärungen eingestellten Teil und den streitig entschiedenen Teil zu treffen. Soweit das Verfahren eingestellt wurde, ist nach § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen über die Kosten zu entscheiden; hierbei ist der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Der Beklagte hat insoweit dem klägerischen Begehren mit Bescheid vom 23. Januar 2020 abgeholfen, nachdem er zuvor verkannt hatte, dass der Kläger im Besitz einer Aufenthaltsgestattung war. Vor diesem Hintergrund erscheint es sachgerecht, diesbezüglich dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Im Übrigen hat unter Berücksichtigung des § 154 Abs. 1 VwGO der unterliegende Kläger die Kosten zu tragen. Im Hinblick auf die Gewichtung der jeweiligen Anteile des Obsiegens und Unterliegens geht das Gericht davon aus, dass die konkret begehrte Beschäftigungserlaubnis sowie die unbeschränkte Beschäftigungserlaubnis jeweils gleich zu gewichten sind, sodass die Kosten den Beteiligten jeweils zur Hälfte aufzuerlegen waren. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.