Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 04.03.2020 – AN 16 K 18.00173
Titel:

Einstellung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit

Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 2, Art. 73 Abs. 1 Nr. 1, Art. 87a Abs. 1
SG § 37 Abs. 1 Nr. 3, § 41 Abs. 1 S. 1
VwVfG § 38 Abs. 1
Leitsätze:
1. § 37 SG begründet seiner Normstruktur nach selbst keine subjektiven Rechte. Wird ein Bewerber mit Hinweis auf das Fehlen einer der Eigenschaften des § 37 SG abgelehnt, kann er allerdings insoweit in seinen subjektiven Rechten verletzt sein, als hierdurch sein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung über seine Bewerbung, der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgt, nicht erfüllt wurde. Die Ernennung eines Einstellungsbewerbers steht demgemäß grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Einen gebundenen Anspruch auf Ernennung gibt es indes grundsätzlich nicht. Ein solcher kann nur infrage kommen, wenn die Ernennung rechtswirksam zugesichert worden ist oder unter Verletzung des Art. 33 Abs. 2 GG eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist. (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Maßstab für die dienstlichen Anforderungen in den Streitkräften ist der Verteidigungsauftrag der Streitkräfte nach Art. 87a Abs. 1 GG. Diese Norm bringt zusammen mit Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG die verfassungsrechtliche Grundentscheidung des Grundgesetzes für eine wirksame militärische Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland und damit die Sicherung der staatlichen Existenz zum Ausdruck. Aus dem Verteidigungsauftrag folgt die Verpflichtung, die Streitkräfte organisatorisch so zu gestalten und personell auszustatten, dass sie ihren militärischen Aufgaben gewachsen sind. Die verfassungsrechtlich gebotene ständige Einsatzbereitschaft setzt in den Grenzen des Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 3 Abs. 1 GG ein hohes Maß an personeller Flexibilität voraus. Es ist daher Sache des Dienstherrn, die sich daraus ergebenden militärischen Anforderungen zu bestimmen, die für jeden Soldaten unverzichtbar sind. Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den vom Dienstherrn festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Soldatenrecht, Fehlende gesundheitliche Eignung, Keine Ernennungszusicherung, Ernennungszusicherung, Dienstposten, Hornhautverkrümmung, Keratokonus, körperliche Eignung, kein Anspruch auf Einstellung, pflichtgemäßes Ermessen, Bewerbungsverfahrensanspruch, Absichtserklärung, Organisationsgewalt, Zentralvorschrift A1-831/0-4000
Fundstelle:
BeckRS 2020, 7118

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Einstellung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit in der Laufbahn der Mannschaften durch die Beklagte.
2
Der … 1993 geborene Kläger bewarb sich am 19. Februar 2017 bei der Beklagten um eine Einstellung als Soldat auf Zeit in der Laufbahngruppe der Mannschaften mit Verwendungswunsch bei der Streitkräftebasis und einer gewünschten Verpflichtungszeit von 2 Jahren. Mit Schreiben vom 7. März 2017 lud die Beklagte den Kläger zu einem zweieinhalbtägigen Eignungsfeststellungsverfahren (EFV) beim Karrierecenter der Bundeswehr in …, beginnend ab dem 28. März 2017, ein.
3
Am 28. März 2017 untersuchte der Ärztliche Dienst des Karrierecenters der Bundeswehr … den Kläger. Im Rahmen der gesundheitlichen Vorgeschichte gab der Kläger mitunter an, dass bei ihm 2009 aufgrund einer Hornhautverkrümmung ein sog. Cross-Linking durchgeführt worden sei. Er nehme diesbezüglich keine Medikamente. Einmal jährlich erfolge eine Kontrolluntersuchung bei dem Augenarzt Dr. … (…). Der Kläger übergab in diesem Zusammenhang ein Schreiben seines Augenarztes vom 15. Februar 2017, aus dem sich folgende Werte entnehmen lassen: Sphäre: -0,75 (rechts), -1,50 (links); Zylinder: -1,50 (rechts), -2,00 (links); Achse: 90 (rechts), 77 (links). Die wehrmedizinische Begutachtung konnte jedoch nicht abgeschlossen werden, da noch Facharztbefunde ausstanden. Aus diesem Grund kam es nicht zur Vergabe einer Signierziffer.
4
Am 29. März 2017 eröffnete die Beklagte dem Kläger die Entscheidung, dass er für einen Dienstposten (Kraftfahrer) eingeplant worden sei. Beabsichtigter Diensteintritt sei am 3. Juli 2017. Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass die Entscheidung erst durch die Aushändigung bzw. nach Zusendung der Aufforderung zum Diensteintritt (frühestens 6 Monate vor dem Einstellungstermin) wirksam werde. Ebenfalls unter dem 29. März 2017 unterzeichnete der Kläger eine widerrufliche Verpflichtungserklärung.
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Mit Schreiben vom 7. April 2017 teilte die Beklagte dem Kläger unter dem Betreff „Aufforderung zum Dienstantritt“ mit, dass beabsichtigt sei, ihn aufgrund seiner Bewerbung als Soldat auf Zeit (Dienstgrad Schütze) in die Bundeswehr einzustellen. Er werde daher gebeten, sich am 3. Juli 2017 zum Dienstantritt in … … zu melden. Nach dem Dienstantritt erhalte er die Ernennungsurkunde, durch die er in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen werde.
6
Mit Schreiben vom 4. Mai 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass zur Beurteilung der Dienstfähigkeit fachärztliche Untersuchungen für erforderlich gehalten werden. Er werde daher gebeten, sich am 23. Mai 2017 beim Facharztzentrum … in … zur Untersuchung vorzustellen und bereits vorliegende Gesundheitsunterlagen mitzubringen. Dr. med. …, Facharzt für Augenheilkunde, kam im Rahmen der Untersuchung zu folgenden Befunden: Der Kläger habe nach Pachymetrie (Hornhautdickenbestimmung) auf dem rechten Auge einen Keratokonus (Stadium I), auf dem linken Auge einen Keratokonus (Stadium II). Die Sehschärfe mit Brille betrage 1,00 auf dem rechten Auge und 0,12 auf dem linken Auge. Aus augenärztlicher Sicht sei die KFV II (Kraftfahrverwendungsfähigkeit) nicht gegeben, es würden die Gesundheitsziffern VI (sechs) / 21 und VI (sechs) / 22 vorliegen.
7
Am 2. Juni 2017 schloss die Beklagte die wehrmedizinische Begutachtung ab. Die MedORin … kam unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Facharztzentrums … zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht dienstfähig (Signierziffer D5) sei. Dies teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 7. Juni 2017 mit und wies darauf hin, dass mit diesem Tauglichkeitsgrad eine Einstellung als Soldat auf Zeit generell nicht möglich sei. Seine Bewerbung könne daher nicht mehr weiter berücksichtigt werden, er erhalte in den nächsten Tagen ein Auflösungsschreiben bezüglich seiner Bewerbung vom zuständigen Bearbeiter.
8
Mit Schreiben vom 8. Juni 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seiner Bewerbung um Einstellung in die Bundeswehr nicht entsprochen werden könne. Die Ablehnung erfolge aufgrund der durchgeführten ärztlichen Annahmeuntersuchung.
9
Der Kläger wandte sich mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 6. September 2017 an die Beklagte und führte Folgendes aus: Er sei am 28. und 29. März 2017 im Rahmen einer Untersuchung auf seine Eignung als Soldat der Bundeswehr in ärztlicher psychischer und körperlicher Form eingehendst untersucht worden. Im Rahmen der vorgenommenen Tests sei festgestellt worden, dass er als Soldat geeignet sei. Es sei ihm daher ab 1. Oktober 2017 ein Dienstposten zugewiesen worden. Mit Schreiben vom 8. Juni 2017 sei ihm mitgeteilt worden, dass seiner Bewerbung nicht entsprochen werden kann. Dem sei zu entgegnen, dass bereits ein wirksamer Vertrag geschlossen worden sei und er seit 3. Juli 2017 Soldat der Bundeswehr sei. Zur Meidung von Weiterungen fordere man die Beklagte daher auf, verbindlich zu erklären, dass das Dienstverhältnis besteht und er im Rahmen des geschlossenen Vertrages verwendet wird.
10
Das Karrierecenter der Bundeswehr … wertete das Schreiben vom 6. September 2017 als Widerspruch und übersandte die Bewerberakte des Klägers mit Schreiben vom 4. Oktober 2017 an das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr mit dem Hinweis, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen werde. Trotz dessen der ärztliche Dienst zunächst keine Signierziffer vergeben hat, sei der Kläger versehentlich endgültig eingeplant worden. Diese Einplanung sei nach dem endgültigen Ergebnis aufgehoben worden. Im Übrigen seien keine Mängel zu erkennen. Das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit sei kein Vertrag, sondern ein Dienstverhältnis nach dem Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz - SG). Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 bedürfe es zur Begründung des Dienstverhältnisses auf Zeit (Berufung) einer Ernennung. Gemäß § 3 Abs. 1 SG sei ein Soldat u. a. nach Eignung, Befähigung und Leistung zu ernennen und zu verwenden. Die körperliche Eignung fehle in diesem Fall.
11
Der Nichtabhilfe vorausgegangen war eine ärztliche Stellungnahme von MedDir … vom 25. September 2017, der im Wesentlichen das Folgende zu entnehmen ist: Beim Kläger bestehe ein Z. n. Keratokonus beider Augen mit Operation 2009 des linken Auges. Aus augenärztlicher Sicht bestehe keine Diensttauglichkeit. Der Kläger wäre unter Bezugnahme auf die Zentrale Dienstvorschrift A1-831/0-4000 im Rahmen der truppenärztlichen Einstellungsuntersuchung zurückgewiesen worden.
12
Einer weiteren ärztlichen Stellungnahme vom 20. November 2017 von MedORin … ist zu entnehmen, dass beim Kläger die folgenden, die Dienst- und Verwendungsfähigkeit beeinflussenden gesundheitlichen Störungen vorliegen würden:
- Keratokonus (kegelförmige Verformung der Hornhaut) rechtes und linkes Auge; entsprechend Gesundheitsziffer VI (sechs) 21
- Sehschärfe mit Korrektur auf dem schlechteren Auge < 0,2; entsprechend Gesundheitsziffer VI (sechs) 22
13
Das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung im Karrierecenter der Bundeswehr … sei fachaufsichtlich nicht zu bestanden und behalte daher Gültigkeit.
14
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2017, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 29. Dezember 2017, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, dass dem Kläger die nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG erforderliche gesundheitliche Eignung für eine Einstellung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit fehle. Es sei zu berücksichtigen, dass kein Anspruch auf Einstellung bestehe. Die Entscheidung hierüber liege vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des hier zuständigen Karrierecenters der Bundeswehr …, wobei eine ablehnende Entscheidung aus jedem dienstlichen Grunde möglich sei. Es bestünde auch kein Rechtsanspruch, wenn alle persönlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Der Widerspruch wäre daher nur begründet, wenn das Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt worden oder geradezu auf Null reduziert wäre, so dass allein die Einstellung eine fehlerfreie Ermessensentscheidung darstellen würde. Vorliegend sei weder eine fehlerhafte Ermessensausübung noch eine Ermessensreduzierung gegeben.
15
Die Bewertung, ob ein Bewerber die Anforderungen und Aufgaben eines Soldaten erfüllen kann, werde im Rahmen des Eignungsfeststellungsverfahrens durch die Auswertung der Bewerbung und einer Einschätzung der Persönlichkeit durch das Karrierecenter der Bundeswehr … ermittelt. Hinsichtlich der Frage, ob die erforderliche gesundheitliche Eignung für eine beabsichtigte soldatische Verwendung vorliegt, sei die Zentrale Dienstvorschrift A1 - 831/0-4000 „Wehrmedizinische Begutachtung“ maßgeblich. Danach sei die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers für den freiwilligen Dienst in der Bundeswehr regelmäßig nur gegeben, wenn die erforderliche Annahmeuntersuchung mit dem Verwendungsgrad „dienstfähig und voll verwendungsfähig“ (Signierziffer D1) oder „dienstfähig und eingeschränkt verwendungsfähig“ (Signierziffer D2) abgeschlossen werden kann. Jeder wehrmedizinisch bedeutsame Befund sei nach Maßgabe der Zentralen Dienstvorschrift A1 - 831/0-4000 Anlage 5.01 mit einer numerischen Schlüsselung zu kodieren. Die numerische Schlüsselung („Gesundheitsziffer“) bestehe aus der Kombination einer römischen Zahl (I, II, III, IV, V, VI) mit einer arabischen Zahl (1 - 83). Die arabische Zahl codiere das Organ, Organsystem oder Körperteil, welches den wehrmedizinisch relevanten Befund aufweist. Mithilfe der römischen Zahl werde die Auswirkung des Befundes auf die Tauglichkeit/Dienstunfähigkeit geschlüsselt. Weiterhin gelte zu beachten, dass bei der Bundeswehr bei der Bewertung von gesundheitlichen Einschränkungen, die zum Teil erheblich stärker belastenden Forderungen und besonderen Eigenarten des militärischen Einsatzes zu berücksichtigen seien. Diese würden ein besonderes Maß an physischer und psychischer Leistungsfähigkeit fordern, um den verwendungsspezifischen Belastungen des Soldatenberufes gerecht zu werden. Darüber hinaus sei das „gesundheitliche Anforderungsprofil“ auf die besonderen Situationen im Zusammenhang mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr sowie dem Schutz Deutschlands mit seinen Bürgerinnen und Bürgern ausgerichtet und solle gesundheitlichen Schaden durch den soldatischen Dienst vermeiden helfen.
16
Bei der beim Kläger durchgeführten wehrmedizinischen Begutachtung vom 28. März 2017 und nach Eingang aller Befunde seien am 2. Juni 2017 mehrere relevante Gesundheitsstörungen gemäß der Zentralen Dienstvorschrift A1 - 831/0-4000 - mit den Gesundheitsziffern VI (sechs) / 21 und VI (sechs) / 22 festgestellt worden. Die Gesundheitsstörungen bestünden in Keratokonus bei rechtem und linkem Auge und einer Sehschärfe mit Korrektur auf dem schlechteren Auge < 0,2. Nach Prüfung sämtlicher ärztlicher Unterlagen sei die Entscheidung medizinisch zu bestätigen. Die Gesundheitsstörung sei im Rahmen der gesundheitlichen Ausschlusskriterien eindeutig. Die begehrte Einstellung als Soldat auf Zeit in der Bundeswehr sei demnach nicht möglich, weil derzeit genügend geprüfte Bewerberinnen und Bewerber ohne gesundheitliche Einschränkungen zur Verfügung stünden. Darüber hinaus handle es sich bei der von ihm gewünschten Verwendung um keine Mangelverwendung.
17
Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 26. Januar 2018 Klage und beantragte,
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 8. Juni 2017, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2017 verpflichtet, den Kläger in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit in der Laufbahn der Mannschaften zu berufen.
18
Zur Begründung trug der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 13. März 2018 vor, dass er zu Unrecht von der Beklagten als nicht dienstfähig eingestuft worden sei. Wäre die Einstufung richtig vorgenommen worden, hätte er in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit in der Laufbahn der Mannschaften eingestellt werden müssen. Gemäß dem Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2017 werde er als dienstuntauglich bewertet. Einziges Defizit sei die diagnostizierte Sehschwäche. Er verfüge jedoch über eine bessere Sehschärfe als im Bescheid zugrunde gelegt. Darüber hinaus sei gar nicht erst geprüft worden, ob die bestehende Sehschwäche gegebenenfalls mit Kontaktlinsen besser auszugleichen gewesen wäre, sodass dann bessere Korrekturwerte hätten erreicht werden können. Die bestehende Sehschwäche könne schon durch die nunmehr erhaltene Brille ausreichend ausgeglichen werden, gegebenenfalls könne sie jedoch durch die Anpassung von Kontaktlinsen in noch besserem Maße behoben werden. Diese Möglichkeit sei ihm jedoch gar nicht eröffnet worden. Er sei daher als diensttauglich anzusehen. In diesem Fall sei die Ermessensentscheidung der Beklagten auch auf Null reduziert, da man ihn bereits aufgrund der Ergebnisse im Annahmeverfahren in Verbindung mit der Bedarfslage bereits ab 3. Juli 2017 als Kraftfahrer eingeplant hatte. Die Beklagte müsse sich an ihrer damaligen Einplanungsentscheidung festhalten lassen.
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Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 18. April 2018,
die Klage abzuweisen, und erwiderte auf die Ausführungen des Klägers wie folgt: Soweit der Kläger geltend mache, dass er einerseits über eine bessere Sehschärfe, als im Bescheid vom 19. Dezember 2017 zugrunde gelegt, verfüge und andererseits die bestehende Sehschwäche durch Kontaktlinsen verbessert werden könne, sei dem entgegenzuhalten, dass beim Kläger zwei Gesundheitsstörungen im Bereich der Augen bestünden, die unabhängig voneinander jeweils zu dem Begutachtungsergebnis „nicht dienstfähig“ führen würden. Sowohl die fachärztlich bestätigte Kurz- und Stabsichtigkeit mit einer korrigierten Sehschärfe unter 0,2 auf dem schlechteren Auge (hier: 0,12 auf dem linken Auge) als auch der beidseitig vorhandene Keratokonus (kugelförmige Verfolgung der Hornhautmitte mit Verdünnung der Hornhaut und Trübung des Hornhautgewebes) seien Gesundheitsstörungen, die der Gradation VI zuzuordnen seien. Selbst wenn die Sehschärfe unter besseren Bedingungen mit Kontaktlinsen auf dem linken Auge über 0,2 läge und es somit zur Vergabe der günstigeren Gesundheitsziffer III 22 käme, verbliebe es nach wie vor bei der wegen des Keratokonus erforderlichen Gesundheitsziffer VI 21. Sogar die zur operativen Behandlung dieser Gesundheitsstörung erforderliche Keratoplastik (Hornhauttransplantation) führe zu dem Ergebnis „nicht dienstfähig“. Der Kläger hätte daher unter keinen Umständen Dienstfähigkeit erlangen können. Folglich sei auch die Begründung eines Dienstverhältnisses nicht möglich.
20
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 19. September 2019 legte der Kläger ein Zeugnis über die augenärztliche Untersuchung des Sehvermögens gemäß Anlage 6 der Fahrerlaubnisverordnung vom 20. September 2019 vor, auf das Bezug genommen wird.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22
Die zulässige Klage, über die das Gericht vorliegend trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung aufgrund eines entsprechenden Hinweises in der ordnungsgemäßen Ladung (§ 102 Abs. 2 VwGO) verhandeln und entscheiden konnte, ist unbegründet.
23
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Einstellung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit, noch einen solchen auf Neuverbescheidung seines Einstellungsbegehrens unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts. Letzterer ist nach sachgemäßer Auslegung des klägerischen Begehrens (§ 88 VwGO) durch das Gericht jedenfalls als Minus von dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag der Klägerbevollmächtigten mitumfasst (vgl. etwa BayVGH B.v. 7.2.2007 - 25 ZB 05.1105 - juris Rn. 12). Der Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2017 und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2017 erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger schon deshalb nicht in seinen Rechten, weil der Kläger die für eine Ernennung erforderliche körperliche Eignung nicht aufweist.
24
1. Für die Begründung eines Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit bedarf es einer Ernennung, vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 Soldatengesetz (SG). Die Ernennung erfolgt durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde (§ 41 Abs. 1 Satz 1 SG). Weiter regelt § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG, dass in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten oder eines Soldaten auf Zeit nur berufen werden darf, wer die charakterliche, geistige und körperliche Eignung besitzt, die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Soldat erforderlich ist. § 37 SG begründet seiner Normstruktur nach selbst keine subjektiven Rechte. Wird ein Bewerber mit Hinweis auf das Fehlen einer der Eigenschaften des § 37 SG abgelehnt, kann er allerdings insoweit in seinen subjektiven Rechten verletzt sein, als hierdurch sein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung über seine Bewerbung, der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgt, nicht erfüllt wurde (vgl. Sohm in Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 3. Aufl. 2016, § 37 Rn. 3).
25
Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Öffentliche Ämter sind nach Maßgabe des Grundsatzes der Bestenauslese zu besetzen. Art. 33 Abs. 2 GG dient damit zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes und vermittelt zum anderen Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber hat damit einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung des Bestenauslesegrundsatzes trifft und eine Zurückweisung seiner Bewerbung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Wird dieses subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung verletzt, kann der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl bei rechtsfehlerfreiem Verlauf ernsthaft möglich erscheint (vgl. BVerwG U.v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - juris Rn. 22; B.v. 25.10.2011 - 2 VR 4/11 - juris Rn. 14; sowie Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 9. Aufl. 2017, § 3 Rn. 72 m.w.N.). Die Ernennung eines Einstellungsbewerbers steht demgemäß grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Einen gebundenen Anspruch auf Ernennung gibt es indes grundsätzlich nicht. Ein solcher kann nur infrage kommen, wenn die Ernennung rechtswirksam zugesichert worden ist oder unter Verletzung des Art. 33 Abs. 2 GG eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist (vgl. Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, § 3 Rn. 31 m. w. N.).
26
a) Ein Anspruch auf Ernennung aufgrund einer rechtswirksamen Zusicherung durch die Beklagte ist vorliegend nicht gegeben. Eine Zusicherung i. S. d. § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ist nach dortiger Legaldefinition eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder unterlassen. Die Zusicherung stellt eine verbindliche Erklärung dar und setzt dementsprechend einen hinreichend deutlich zum Ausdruck gelangenden Rechtsbindungswillen voraus (vgl. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 17. Aufl. 2016, § 38 Rn. 9). Ausgehend hiervon kann das Schreiben der Beklagten vom 7. April 2017 nicht als Zusicherung i. S. d. § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG gewertet werden, weil es sich insoweit um eine bloße Absichtserklärung handelt. Die Beklagte stellte dem Kläger lediglich eine Einstellung als Soldat auf Zeit in Aussicht, ohne sich hiermit bereits im Vorfeld einseitig rechtswirksam binden zu wollen. Denn dem bezeichneten Schreiben ist bereits zu dessen Beginn deutlich Folgendes zu entnehmen: „…aufgrund Ihrer Bewerbung ist beabsichtigt, Sie als Soldat auf Zeit in die Bundeswehr einzustellen.“. Die Bekundung einer Absicht genügt für die Annahme einer verbindlichen Erklärung jedoch nicht, auch wenn mit derartigen Aussagen freilich Erwartungen in Bezug auf ein künftiges Verhalten geweckt werden können. Hieran vermag auch der Umstand, dass der Kläger mit demselben Schreiben gebeten wurde, sich am 3. Juli 2017 zum Dienstantritt zu melden, nichts zu ändern. Soweit die Beklagte in dem Schreiben weiter ausführte, dass der Kläger nach dem Dienstantritt die Ernennungsurkunde erhalten werde, stellt dies lediglich einen Hinweis auf den beabsichtigten weiteren Verfahrensablauf dar (vgl. zum Ganzen auch Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, § 3 Rn. 32 sowie Fn. 133 unter Hinweis auf BVerwG ZBR 1979, 331; sowie BVerwG U. v. 26.9.1996 - 2 C 39/95 - NJW 1997, 1248).
27
Auch wenn es vor dem Hintergrund des Vorstehenden hierauf schon nicht mehr entscheidungserheblich ankommt, weist das Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass in der Zurückweisung der Bewerbung des Klägers jedenfalls eine konkludente Rücknahme einer rechtswidrigen Zusicherung nach § 48 Abs. 1, 3 und 4 VwVfG zu erblicken wäre, hinsichtlich derer das Ermessen der Beklagten aufgrund der fehlenden körperlichen Eignung (hierzu sogleich) auf Null reduziert wäre.
28
b) Des Weiteren stellt die Zurückweisung der Bewerbung des Klägers durch die Beklagte keinen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG dar, weil diesem die körperliche Eignung als zwingende Einstellungsvoraussetzung (§ 37 Abs. 1 Nr. 3 SG) fehlt. Somit kommen auch unter diesem Gesichtspunkt weder ein Anspruch des Klägers auf Ernennung noch ein solcher auf Neuverbescheidung in Betracht.
29
§ 37 Abs. 1 Nr. 3 SG statuiert die körperliche Eignung als zwingende Einstellungsvoraussetzung. Die Anforderungen, denen ein Bewerber in körperlicher Hinsicht genügen muss, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Bewerber erfüllen muss, um seine Aufgaben als Soldat auf Zeit wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Dem Dienstherrn steht hierbei ein weiter Einschätzungsspielraum zu (vgl. BVerwG U.v. 30.10.2013 - 2 C 16.12 - juris Rn. 18; U.v. 25.7.2013 - 2 C 12.11 - juris Rn. 12). Maßstab für die dienstlichen Anforderungen in den Streitkräften ist der Verteidigungsauftrag der Streitkräfte nach Art. 87a Abs. 1 GG. Diese Norm bringt zusammen mit Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG die verfassungsrechtliche Grundentscheidung des Grundgesetzes für eine wirksame militärische Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland und damit die Sicherung der staatlichen Existenz zum Ausdruck. Aus dem Verteidigungsauftrag folgt die Verpflichtung, die Streitkräfte organisatorisch so zu gestalten und personell auszustatten, dass sie ihren militärischen Aufgaben gewachsen sind. Die verfassungsrechtlich gebotene ständige Einsatzbereitschaft setzt in den Grenzen des Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 3 Abs. 1 GG ein hohes Maß an personeller Flexibilität voraus. Es ist daher Sache des Dienstherrn, die sich daraus ergebenden militärischen Anforderungen zu bestimmen, die für jeden Soldaten unverzichtbar sind. Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den vom Dienstherrn festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Der Spielraum des Dienstherrn bei der Bestimmung der körperlichen Anforderungen für eine Verwendung im Wehrdienstverhältnis rechtfertigt keine Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte bei der Beurteilung der daran anknüpfenden körperlichen Eignung. Diese Frage unterliegt folglich der vollständigen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung (vgl. zum Ganzen BayVGH B.v. 9.6.2017 - 6 ZB 16.1993 - juris Rn. 13 f.; BVerwG B.v. 4.8.1981 - 1 WB 29/81 - juris Rn. 20).
30
Hiervon ausgehend bleibt festzustellen, dass die Beklagte in der Zentralvorschrift A1-831/0-4000 „Wehrmedizinische Begutachtung“ festgelegt hat, wie die ärztlichen Untersuchungen im militärischen Bereich durchzuführen sind und welchen gesundheitlichen Anforderungen Soldaten genügen müssen. Insoweit hat die Beklagte im Speziellen festgelegt, dass Soldaten, die einen Keratokonus aufweisen zwingend nach der Anlage 5.3. der Zentralvorschrift A1-831/0-4000 in die Gradation VI der Gesundheitsziffer 21 (Brechende Medien (Hornhaut, Linse, Glaskörper)) einzustufen und damit als „nicht dienstfähig“ einzustufen sind. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Kammer sieht keine Anhaltspunkte dafür, an dieser wehrmedizinischen Einschätzung zu zweifeln, zumal die Beklagte auch eine etwaige Keratoplastik in ihre Einordnung hat einfließen lassen. Auch der Kläger ist dieser Einschätzung durch nichts entgegengetreten.
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Dementsprechend erweist sich auch die in der Folge vorgenommene Einstufung des Klägers als „nicht dienstfähig“ als rechtsfehlerfrei, denn ausweislich des Untersuchungsergebnisses des Facharztzentrums … vom 23. Mai 2017 hat der Kläger auf beiden Augen einen Keratokonus. Dieser Feststellung ist der Kläger auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten, sondern hat diese vielmehr bestätigt. Die Beklagte hat dem Kläger die gesundheitliche Eignung mithin zu Recht abgesprochen. Auf die Frage der beim Kläger vorhandenen Sehschärfe kommt es daher - wie auch die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 18. April 2018 ausgeführt hat - schon nicht mehr entscheidungserheblich an, weshalb das Gericht von diesbezüglichen Ausführungen absieht.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit trifft das Gericht nicht, weil es davon ausgeht, dass die Beklagte vor Rechtskraft der Entscheidung nicht vollstreckt.