Inhalt

LG Passau, Hinweisbeschluss v. 24.04.2020 – 3 S 99/19
Titel:

Hinterbliebenengeld, Prozeßbevollmächtigter, Schockschaden, Näheverhältnis, Tatsächliche Feststellungen, Haftpflichtprozeß, Informatorische Anhörung, Berufungskläger, Mitverschulden, Entscheidung des Berufungsgerichts, Üblichkeit, Tatsachenfeststellungen, Straßenverkehrsrecht, Entscheidung des Amtsgerichts, Berufungsrücknahme, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Erstinstanzliche Feststellungen, Offensichtliche Unbegründetheit, Angriffs- und Verteidigungsmittel, Bereits gezahlte Beträge

Schlagworte:
Hinterbliebenengeld, Verkehrsunfall, Näheverhältnis, Trauerbewältigung, Anspruchshöhe, Großeltern-Enkel-Beziehung, Berufungsverfahren
Vorinstanz:
AG Passau, Urteil vom 22.11.2019 – 16C 722/19
Fundstelle:
BeckRS 2020, 68392

Tenor

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Passau vom 22.11.2019, Az. 16 C 722/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Die Kammer beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 2.500 € festzusetzen.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Entscheidungsgründe

1
Der Kläger beansprucht von der Beklagten als Haftpflichtversicherung Hinterbliebenengeld aufgrund eines Verkehrsunfalls am 08.04.2017, in Folge dessen die Großmutter des zum Unfallzeitpunkt 5-jährigen Klägers zu Tode kam.
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Die Einstandspflicht der Beklagten ist unstreitig; diese zahlte vorgerichtlich bereits einen Betrag von 5.000 €.
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Der Kläger hält diesen Betrag nicht für angemessen, da er zu seiner Großmutter ein besonderes persönliches Näheverhältnis gehabt habe. Sie sei täglich zur Familie gekommen, habe den Kläger und dessen Schwester beaufsichtigt, zu Besorgungsfahrten mitgenommen und habe mit ihnen gespielt. Auch bei Ausflügen sei die Großmutter dabei gewesen und habe häufig mit der Familie gegessen, da sie Mittelpunkt der Großfamilie gewesen sei. Daher seien jedenfalls 7.500 € zu zahlen.
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Die Beklagte trägt vor, der bezahlte Betrag sei ausreichend.
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Mit Endurteil vom 22.11.2019, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, wurde die Klage abgewiesen.
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Zur Begründung ist ausgeführt, dass der bereits geleistete Betrag angemessen, aber auch ausreichend sei. Ein Anspruch aus § 844 Abs. 3, 10 Abs. 3 StVG bestehe. Insbesondere habe die Beklagte das besondere Näheverhältnis des Klägers zur Verstorbenen durch die vorgerichtliche Zahlung anerkannt. Das Gericht gehe zugunsten des Klägers von dessen tatsächlichen Behauptungen und der Richtigkeit der Schilderungen des Vaters im Rahmen dessen informatorischer Anhörung bzgl. der persönlichen Beziehung des Klägers zu seiner Großmutter aus.
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Das Gericht halte allerdings unter Berücksichtigung aller vorgetragener Umstände einen Betrag von 5.000 € für angemessen und ausreichend. Das gegenständliche Verhältnis stelle sich als auf engen familiären Bindungen beruhendes und regelmäßig gegebenes Verhältnis zwischen Großmutter und Enkelkind dar, das aber nicht dem Verhältnis zwischen Eltern und Kind gleichkomme. Auch unter Einbeziehung des plötzlichen und unerwarteten, schmerzlichen Verlusts sei ebenso zu berücksichtigen, dass der Tod der Großeltern übliches Erleben von Kindern im Alter des Klägers im Laufe der normalen Generationenfolge sei.
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Das Endurteil wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 27.11.2019 zugestellt.
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Mit Schriftsatz vom 23.12.2019, eingegangen am 27.12.2019, legte der Kläger dagegen Berufung ein, die im selben Schriftsatz begründet wurde.
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Die Prozessbevollmächtigte des Berufungsklägers rügt, dass das Amtsgericht unter Einbeziehung aller Gesichtspunkte ein höheres Hinterbliebenengeld für angemessen hätte erachten müssen. Das Berufungsgericht müsse nunmehr aufgrund der festgestellten Tatsachen umfassend selbstständig in alle Richtungen prüfen.
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Das Näheverhältnis des Klägers zu seiner Großmutter bedinge ein höheres Hinterbliebenengeld. Der Kläger vermisse seine Großmutter weiterhin sehr. Es handle sich um ein intensiveres Verhältnis als das zwischen Großmutter und Enkel übliche, da die Verstorbene täglich kurz zu Besuch gekommen sei. Der konkrete Vortrag des Klägers sei verkannt worden.
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Auch die anhaltende Trauer spreche als besondere subjektive Veranlagung des Klägers bei der Bewältigung von Trauer für ein höheres Hinterbliebenengeld.
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Die Höhe sei an der Höhe des Schmerzensgelds für Schockschäden zu orientieren. Der Gesetzgeber gehe von einem Durchschnittsbetrag von 10.000 € aus.
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Das Amtsgericht habe nicht erhöhend berücksichtigt, dass der Verstorbenen ein Verschulden am Unfall nicht vorzuwerfen sei.
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Zudem sei auch der Tod der Eltern übliches Erleben eines Kindes; dies stehe dann einer höheren Zahlung aber nicht entgegen, weshalb die Einbeziehung der Generationenfolge sachfremd sei. Die Großmutter sei im Todeszeitpunkt erst 63 Jahre alt und voll berufstätig gewesen, sodass eine engere Bindung als an Großeltern mit deutlich fortgeschrittenerem Alter bestanden habe.
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Die Prozessbevollmächtigte des Klägers und Berufungsklägers beantragt:
Unter Abänderung des am 22.11.2019 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Passau, Az. 16 C 722/19 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Hinterbliebenengeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch mindestens weitere 2.500€ nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.06.2018 zu zahlen zzgl. vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 236,69 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
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Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten und Berufungsbeklagten beantragte,
die Berufung zurückzuweisen.
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Das Berufungsgericht könne die erstinstanzliche Ermessensentscheidung nur eingeschränkt überprüfen. Im Vergleich zur Bemessung des Schockschadens seien niedrigere Zahlungen angemessen, da ein Schockschaden im Gegensatz zum Anspruch aus § 844 Abs. 3 BGB eine außergewöhnliche gesundheitliche Beeinträchtigung voraussetze. Das junge Alter der Verstorbenen sei kein Beweis für ein weiteres langes Leben. In jedem Alter sei mit einem plötzlichen Tod zu rechnen.
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Hinsichtlich der Einzelheiten sowie zur Vervollständigung wird Bezug genommen auf die Verfahrensakte des Amtsgerichts Passau, Az.: 16 C 99/19.
II.
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Die Voraussetzungen einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor.
21
1. Die Berufung ist offensichtlich unbegründet (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
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a) Eine Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die erstinstanzliche Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 513 Abs. 1 Alt. 1 i.V.m. § 546 ZPO), die Tatsachenfeststellung unrichtig ist (§ 513 Abs. 1 Alt. 2 i.V.m. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder neue berücksichtigungsfähige Angriffs- und Verteidigungsmittel vorliegen (§ 513 Abs. 1 Alt. 2 i.V.m. §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO).
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Dabei hat eine Berufung nur dann Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO, wenn eine Abänderung des Ersturteils zugunsten des Berufungsführers zu erwarten ist, was nur einem durchgreifenden Fehler des Ersturteils zu bejahen ist. Eine offensichtliche Unbegründetheit i.S.d. § 522 Abs. 2 ZPO ist gegeben, wenn die zuvor genannten Fehler für jeden Sachkundigen ohne längere Nachprüfung erkennbar das angefochtene Urteil nicht zu Fall bringen können. Offensichtlichkeit setzt aber nicht voraus, dass die Aussichtslosigkeit gewissermaßen auf der Hand liegt. Sie kann vielmehr auch das Ergebnis vorgängiger gründlicher Prüfung sein. Der Kammer ist es auch nicht verwehrt, auf der Grundlage der erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen ergänzende, das angefochtene Urteil weiter rechtfertigende oder berichtigende Erwägungen anzustellen (OLG Koblenz, Beschl. v. 16.02.2012, Az. 10 U 817/11; OLG Hamm, Beschl. v. 02.03.2012, Az. 20 U 228/11; Heßler in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 522 Rn. 36).
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b) Gemessen an diesen Maßstäben erweist sich die Entscheidung des Amtsgerichts Passau, auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens, als zutreffend. Die Kammer tritt der Entscheidung des Erstgerichts bei und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die nachvollziehbare Entscheidung des Amtsgerichts. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind lediglich folgende Anmerkungen veranlasst:
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aa) Eine Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung wird von der berufungsführenden Partei nicht gerügt. Eingewandt wird lediglich, dass unter Zugrundelegung aller tatsächlicher Feststellungen ein höheres Hinterbliebenengeld hätte für angemessen erachtet werden müssen. Die Kammer ist daher nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Amtsgerichts gebunden.
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bb) Auf Basis der festgestellten, im Berufungsverfahren als maßgeblich zu berücksichtigenden Tatsachen weist die amtsrichterliche Entscheidung auch keine Rechtsfehler i.S.v. § 513 Abs. 1 Var. 1 i.V.m. § 546 ZPO auf.
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Der Kammer ist es dabei nicht verwehrt, auf der Grundlage der erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen ergänzende, das angefochtene Urteil weiter rechtfertigende oder berichtigende Erwägungen anzustellen (OLG Koblenz, Beschl. v. 16.02.2012, Az. 10 U 817/11; Heßler in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 522 Rn. 36).
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1. Dem Vortrag des Berufungsklägers zum Prüfungsmaßstab des Berufungsgerichts ist zuzustimmen. Die Kammer hat eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Ausweislich des Wortlauts des § 844 Abs. 3 BGB besteht Anspruch auf eine angemessene Entschädigung, die also gerichtlich gem. § 287 ZPO zu bemessen ist. Das Berufungsgericht ist daher, entsprechend der berufungsgerichtlichen Prüfung von Schmerzensgeldentscheidungen, nicht auf die Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung auf Ermessensfehler beschränkt. Die Kammer muss vielmehr die Angemessenheit der Entscheidung anhand einer eigenen Abwägung überprüfen, ist dabei aber im Rahmen der §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO an die erstinstanzlichen Feststellungen gebunden (vgl. BGH, NJW 2011, 1947; NJW 2006, 1589; Jahnke, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. A., § 844, Rn. 274).
29
Maßgeblich für die Bemessung von Hinterbliebenengeld ist der Gesetzeszweck. Das erlittene seelische Leid soll kompensiert werden. Daher muss auf die Intensität der Beeinträchtigung und des seelischen Leids abgestellt werden. Diese sind anhand einer Gesamtwürdigung hierfür geeigneter Indizien, wie u.a. dem Grad der Verbundenheit und der Angewiesenheit aufeinander, der Abhängigkeit vom Verstorbenen, der Intensität der gelebten Beziehung, des Vertrauensverhältnisses, einer besonderen subjektiven Veranlagung bei der Bewältigung von Trauer und der Bedeutung des Verstorbenen für den Hinterbliebenen (Nugel, ZfSch 2018, 72 ff.) zu ermitteln.
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Die Kammer schließt sich den erstinstanzlichen Erwägungen vollumfänglich an. Ein Anspruch auf Zahlung eines Hinterbliebenengelds gem. § 844 Abs. 3 BGB besteht.
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Auch nach eigener Ermessensausübung ist die Kammer aber von der Angemessenheit der bereits gezahlten 5.000 € überzeugt und erachtet den Betrag als ausreichend. Insoweit wird Bezug genommen, auf die umfassende Abwägung des Amtsgerichts.
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2. Auch im Rahmen der Prüfung der Kammer, unter Zugrundelegung der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen und der zugunsten des Klägers als wahr angenommenen klägerischen Ausführungen im Rahmen der informatorischen Anhörung des Vaters des Klägers und der Berufungsbegründung bestehen keine Zweifel an der anhaltenden und starken Trauer des Klägers über den plötzlichen Verlust seiner Großmutter.
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Dennoch stellt sich das ausgeprägte Näheverhältnis als intensives, aber dennoch übliches Verhältnis eines Kindes zu seinen Großeltern dar.
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Wie im amtsgerichtlichen Urteil ausgeführt, geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einem durchschnittlichen Zahlbetrag von 10.000 € und einer Orientierung an den für Schockschäden üblichen Beträgen aus (BT Drucks. 18/11, 397 vom 07.03.2017, S. 11). Diese dienen aber auch nach Ansicht der Kammer in der Regel einer Begrenzung nach oben. Die für den Schadensersatz bei Schockschäden erforderliche gesundheitliche Folge des Verlusts ist gerade nicht Voraussetzung für den Anspruch aus § 844 Abs. 3 BGB, weshalb in der Regel von niedrigeren Beträgen auszugehen ist.
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Dies bedingt in der Folge auch keinen höheren Anspruch des Klägers. Es darf hierbei nicht übersehen werden, dass § 844 Abs. 3 BGB bereits tatbestandlich ein besonderes Näheverhältnis voraussetzt und dieses gerade nicht im Rahmen des Abs. 2 zwischen Großeltern und Enkeln indiziert. Diese Nähe war vorliegend zwar bereits vorgerichtlich anerkannt geworden. Es ist aber dennoch zu berücksichtigen, dass dem Tatbestand des § 844 Abs. 3 BGB nur intensive und enge Beziehungen eines Enkels zu seiner Großmutter unterfallen, eine über die Mindestbeträgen – ob diese bei 2.500 € oder 5.000 € zu sehen sind (vgl. Pardey, in: Geigel Haftpflichtprozess, Kap. 7, Rn. 26) – hinausgehende Zahlung bedarf daher eines besonders ausgeprägten und intensiven Näheverhältnisses.
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Im Rahmen dieses Maßstabs vermag die Kammer aber nicht, einen Anspruch auf eine über 5.000 € hinausgehende Zahlung zu bejahen.
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3. Die Unangemessenheit der erstinstanzlichen Entscheidung ergibt sich auch nicht unter Einbeziehung der Unfallverursachung. Ein Mitverschulden des Verstorbenen ist im Rahmen des § 844 Abs. 3 BGB gem. §§ 846, 254 Abs. 1 BGB anspruchsmindernd zu berücksichtigen (Jahnke, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Auflage 2020, § 844 BGB, Rn. 243, 241 m.w.N.). Dies rechtfertigt aber nicht die umgekehrte Einbeziehung eines fehlenden Mitverschuldens als anspruchserhöhend. Im Gegensatz zur Bemessung von Schmerzensgeld, bei welchem eine solche Berücksichtigung möglich ist, zielt das Hinterbliebenengeld nicht auf Genugtuung oder Ausgleich, sondern auf die Kompensation seelischen Leids ab (Pardey, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 28. A., Teil 1, Kapitel 7, Rn. 28).
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4. Erstinstanzlich wurde zudem zu Recht einbezogen, dass der Verlust eines Großelternteils, so schmerzlich dieser auch empfunden wird, ein übliches Erleben im Kindesalter darstellt und daher durchaus bei der Bemessung der Anspruchshöhe berücksichtigt werden kann (vgl. Huber, in: JuS 2018, 744 (749)). Im Gegensatz zu dem vom Berufungskläger angeführten Verlust der Eltern, erleben Kinder den Verlust der Großeltern gewöhnlich im jüngeren Alter, sodass sich hieraus keine weitere Härte für den Kläger oder eine besondere subjektive Veranlagung zur Bewältigung ergibt, welche den Umfang des Anspruchs erhöht.
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5. Daneben war der Kläger, trotz der häufigen Besuche der Verstorbenen nicht von dieser in einer zur elterlichen Beziehung vergleichbaren Intensität abhängig. Es wurde nicht geltend gemacht, dass die Verstorbene elterliche Pflichten dauerhaft übernahm, sondern – wenn auch häufig – anwesend war und gelegentlich auf die Enkel und den Kläger aufpasste. Dieses Maß der Angewiesenheit ist aber nicht mit dem Umfang der elterlichen Aufsicht und Erziehung gleichzusetzen.
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6. Nicht maßgeblich für die Anspruchshöhe ist, wie wiederholt auch vom Berufungskläger selbst ausgeführt, der Ersatz für den Wert des verlorenen Menschenlebens, sondern einzig die Kompensation oder Linderung der Trauer über den Verlust (Wagner, in: NJW 2017, 2641). Daher kann das Lebensalter des Verstorbenen nur einbezogen werden, wenn dieses für das Verhältnis zum Trauernden von Bedeutung war. Vorliegend ergibt sich aber aus dem jungen Alter der Verstorbenen keine höhere Intensität der Trauer. Das Verhältnis zur Großmutter bestimmte sich über die täglichen Besuche und deren Teilnahme am Familienleben. Diese haben keinen direkten Bezug zum Alter der Großeltern. Der Verlust einer ebenso engagierten und eingebundenen, aber älteren Großmutter wäre nicht weniger schmerzhaft für den Kläger gewesen.
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Angemessen einbezogen wurde der hierbei maßgebliche Aspekt des plötzlichen und unerwarteten Todes aufgrund des Verkehrsunfalls (S. 5 d.U., Bl. 45 d.A.).
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Insgesamt schließt sich die Kammer daher dem erstinstanzlich gefundenen Ergebnis an. Auch die Kammer hält das bereits gezahlte Hinterbliebenengeld von 5.000 € für angemessen, aber ausreichend.
III.
43
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, liegt die Kammer aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Fall der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
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Der Gegenstandswert ergibt sich in Anwendung der §§ 47, 48 GKG.