Inhalt

VG Bayreuth, Beschluss v. 12.08.2020 – B 9 S 20.598
Titel:

Eilrechtsschutz hinsichtlich einer Verbandsklage, Anfechtung einer Freistellungserklärung, wesentliche Änderung, Wechsel eines Anlagentyps

Normenketten:
VwGO § 80, § 80a
UmwRG § 1, § 2, § 3
BImSchG § 15 Abs. 1, Abs. 2
BImSchG § 16 Abs. 1 S. 1
BImSchG § 6 Abs. 1 Nr. 1
BImSchG § 5
Schlagworte:
Eilrechtsschutz hinsichtlich einer Verbandsklage, Anfechtung einer Freistellungserklärung, wesentliche Änderung, Wechsel eines Anlagentyps
Fundstelle:
BeckRS 2020, 67898

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
3. Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Freistellungserklärung des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) bezüglich der Errichtung und des Betriebs einer Windenergieanlage.
2
Der Antragsteller ist ein Verein für Landschaftspflege und Artenschutz. Ihm wurde mit Bescheid vom … die Anerkennung zur Einlegung von Rechtsbehelfen nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) gemäß § 3 UmwRG erteilt.
3
Mit Bescheid vom 12. Juni 2015 (bereits bestandskräftig) erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage des Typs … 2.5-120 des Herstellers … auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … Für die genehmigte Anlage wurden folgende Kenn- und Betriebsdaten angegeben: Nabenhöhe: 139 m, Rotordurchmesser: 120 m; Gesamthöhe der Anlage: 199 m; Nennleistung: 2,5 MW (entspricht 2.500 kW); Rotordrehzahl: Variabel von 8 bis 13 U/min; Anzahl Rotorblätter: 3 und max. Schallleistungspegel: 106 dB(A). Aus dem Tenor und den Gründen des Bescheids ergibt sich, dass für die Beurteilung der von der Windkraftanlage ausgehenden Geräusche die Bestimmungen der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) gelten würden. Im Schallgutachten des TÜV … vom 22. Januar 2014 sei aufgezeigt worden, dass an den umliegenden Immissionsorten die nach TA Lärm geltenden Immissionsrichtwerte eingehalten würden. In Ziffer III. C. 1. des Bescheids wurde hinsichtlich des Schattenwurfes angeordnet, dass der astronomisch mögliche Schattenwurf aller Windkraftanlagen eine Beschattungsdauer von 30 Minuten am Tag und 30 Stunden im Jahr oder eine tatsächliche Beschattungsdauer von 30 Minuten am Tag und 8 Stunden pro Jahr nicht überschreiten dürfe. Nach Ziffer III. C. 2. sei durch eine entsprechende Abschaltautomatik sicherzustellen, dass der Schattenwurf die oben genannte Beschattungsdauer nicht überschreite. Im Übrigen wird auf die Gründe des Bescheids verwiesen.
4
In den Behördenakten zum ursprünglichen Genehmigungsgutachten befinden sich ein Schallgutachten des TÜV … vom 22. Januar 2014 und ein Schattenwurfgutachten des TÜV … vom 18. Februar 2014. Auf den Inhalt beider Gutachten wird Bezug genommen. Im Wesentlichen lassen sich den Gutachten folgende Kennzahlen entnehmen:
Schallgutachten des TÜV … vom 22. Januar 2014

Immissionsstandort

Zusatzbelastung (Nachtstunden) dB(A)

Zusatzbelastung (Werktage) dB(A)

Zusatzbelastung (Sonn- und Feiertag) dB(A)

A

29,8

32,5

32,5

B

39,8

42,5

42,5

C

34,9

37,6

37,6

D

33,1

35,8

35,8

E

36,9

39,6

39,6

F

36,8

39,5

39,5

G

37,6

40,3

40,3

H

36,0

38,7

38,7

I

36,0

38,7

38,7

J

36,1

38,8

38,8

K

35,4

38,1

38,1

L

30,4

33,1

33,1

M

35,3

38,0

38,0

N

32,4

37,0

38,7

O

30,2

32,9

32,9

P

27,6

32,2

33,9

Q

28,8

33,4

35,1

R

36,4

41,0

42,7

Schattenwurfgutachten des TÜV … vom 18. Februar 2014

Immissionsstandorte

Stunden/Jahr h/a

Max. Stunden/Tag [h/d]

A

0:00

0:00

B

67:11

0:53

C

63:17

0:49

D

45:35

0:42

E

38:19

0:35

F

21:19

0:22

G

11:55

0:21

H

0:00

0:00

I

41:49

0:29

J

44:52

0:28

K

48:17

0:30

L

37:47

0:32

M

55:34

0:37

N

22:27

0:24

O

0:00

0:00

P

22:25

0:23

Q

0:00

0:00

5
Unter dem 10. August 2016 zeigte die Beigeladene die Änderung des Anlagentyps von … 2.5-120 hin zu … 2.75-120 an. Der Anzeige wurde unter anderem ein Schreiben der … vom 2. August 2016 beigefügt, wonach die Windkraftanlagen … 2.5-120 und … 2.75-120 in den Abmessungen des Fundaments, des Maschinenhauses und des Rotors identisch seien. Aufgrund der identischen Konfigurationen beider Windkraftanlagen würden wesentliche immissionsschutzrelevante Charakteristika der Anlagen, wie Schallemission, Schattenwurf und Erscheinungsbild gleich bleiben. Die Mehrleistung der Anlage … 2.75-120 werde durch die Erhöhung des Drehmotors vom Rotor ausgehend in das Getriebe/den Generator erreicht.
6
Mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 teilte das Landratsamt der Beigeladenen mit, dass die beantragte Änderung keine Genehmigungspflicht nach § 16 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) auslöse.
7
Am 14. Oktober 2019 zeigte die Beigeladene eine erneute Änderung des Anlagentyps nach § 15 BImSchG an. Zur Änderungsanzeige befinden sich in den Behördenakten unter anderem folgende Unterlagen:
- Zeichnung der Anlage … 120
- Datenblatt
- E-Mail der N. AG an das Landratsamt vom 10. September 2018
– Stellungnahme der … vom 18. Dezember 2018 zum Gutachten vom 21. November 2018
– Schreiben des Unternehmens … vom 17. Juli 2019 – Schreiben des Unternehmens … vom 1. August 2019
– Nachberechnung des Schallgutachtens für geänderte Konfiguration des TÜV … vom 5. Februar 2019 (im Folgenden: Schallgutachten vom 5. Februar 2019)
- Nachberechnung des Schattenwurfgutachtens für geänderte Konfiguration des TÜV … vom 5. Februar 2019 (im Folgenden: Schattenwurfgutachten vom 5. Februar 2019)
8
Zur Änderungsbegründung wurde ausgeführt, dass nun die Änderung des Anlagentyps von … 2.75-120 hin zu … 120 beabsichtigt werde. Bei einem Wechsel hin zum Anlagentyp … 120 würde es entsprechend des Schallgutachtens vom 5. Februar 2019 zu einer niedrigeren Schallbelastung aufgrund des niedrigeren und auch dreifach vermessenen Schallleistungspegels (104,8 dB(A) statt 106,0 dB(A)) kommen. Die Immissionswerte würden gleich bleiben oder sich sogar verbessern. Das Schattenwurfgutachten vom 5. Februar 2019 zeige, dass keine Erhöhung der Zusatzbelastung gegeben sei. Dies ergebe sich, unabhängig vom Gutachten, auch bereits aus dem Umstand, dass die Typenprüfung der verschiedenen Anlagentypen jeweils nach der gleichen Prüfnorm (DIBt 2012) erfolgt sei. Zusätzlich werde darauf hingewiesen, dass Turm und Rotorblätter bei der … 2.5-120 und … 2.75-120 sowie der … 120 jeweils vom gleichen Hersteller gefertigt würden. Bei der Änderung von der … 2.5-120 auf die … 2.75-120 habe sich die Höhe des Turms von 134,63 m auf 133,99 m verringert. Dieser Höhenunterschied wäre durch eine geringere Einbindetiefe des Fundaments ausgeglichen worden, sodass die Nabenhöhe letztlich identisch wäre. Analog verhalte es sich bei einem Wechsel von … 2.75-120 zur … 120.
9
Dem beigefügten Datenblatt, der E-Mail der N. AG vom 10. September 2018 sowie der Zeichnung der Anlage … 120 lässt sich entnehmen, dass der Anlagentyp … 120 eine Nabenhöhe von 139,8 m, einen Rotordurchmesser von 119,9 m, eine Gesamthöhe von 199,8 m, eine Nennleistung von 3.000 kW, eine Rotordrehzahl von 7 bis 12,75 U/min und einen maximalen Schallleistungspegel von 106 dB(A) aufweist. Die größere Naben- und Gesamthöhe von 80 cm könne jedoch durch ein Versenken des Fundaments um 80 cm ausgeglichen werden. Hierdurch würde das Fundament anstatt der 1,8 m nur noch 1 m über der Geländeoberkante liegen.
10
Die Stellungnahme der … vom 18. Dezember 2018 zum Gutachten vom 21. November 2018 weist aus, dass eine Änderung der Nabenhöhe auf 139 m durch eine Fundamentabsenkung an den neu geplanten Windenergieanlagen keinen negativen Einfluss auf die Standorteignung der Anlagen habe. Die gutachterliche Stellungnahme zur Standorteignung nach DIBt 2012 behalte weiterhin seine Gültigkeit.
11
Aus einem Schreiben des Unternehmens … vom 17. Juli 2019 geht hervor, dass sich die verwendeten Hybridtürme der Typen … 3.0-120 und … 2.75-120 in der äußeren Form und Geometrie nur marginal in geringen Details unterscheiden würden. Die Nabenhöhenanpassung auf 139 m sei sichergestellt und bereits vom TÜV geprüft worden. Hinsichtlich der Rotorblätter würden identische Blätter mit der Bezeichnung … 58.7 vom Hersteller … verwendet werden, sodass hier keine Unterschiede in der äußeren Bauform bestünden.
12
Das Unternehmen … nahm zur Frage der Hybridtürme mit Schreiben vom 1. August 2019 Stellung und führte aus, dass die Türme der Anlagenhersteller … (2.75 MW mit 120 m Rotorblattdurchmesser) sowie … (3,0 MW mit 120 m Rotorblattdurchmesser) aus demselben Ringbaukasten des modularen Hybridturmsystems … bestünden. Das Lastabtragungsverhalten sei identisch. Beide Türme würden über das gleichermaßen hohe Sicherheitsniveau bzgl. der Standsicherheit verfügen, da beide Türme beim TÜV … vor dem Hintergrund der DIBt RL 2012 geprüft worden seien.
13
Der TÜV … kommt im Schallgutachten vom 5. Februar 2019 zu dem Ergebnis, dass die Immissionsrichtwerte in der neu berechneten Konfiguration unter Berücksichtigung der Vorbelastungen bezüglich der Gesamtbelastung an allen Immissionsorten eingehalten würden. Zudem sind dem Gutachten folgende Kennzahlen zu entnehmen:
Schallgutachten des TÜV … vom 5. Februar 2019

Immissionsstandort

Zusatzbelastung (Nachtstunden) dB(A)

Zusatzbelastung (Werktage) dB(A)

Zusatzbelastung (Sonn- und Feiertag) dB(A)

A

31,0

31,0

31,0

B

40,7

40,7

40,7

C

36,6

36,6

36,6

D

35,6

35,6

35,6

E

39,6

39,6

39,6

F

39,4

39,4

39,4

G

40,2

40,2

40,2

H

38,0

38,0

38,0

I

37,9

37,9

37,9

J

37,9

37,9

37,9

K

37,0

37,0

37,0

L

31,5

31,5

31,5

M

36,1

36,1

36,1

N

33,3

35,2

36,9

O

31,3

31,3

31,3

P

29,2

31,1

32,8

Q

29,9

31,8

33,5

R

39,0

40,9

42,6

14
Das Schattenwurfgutachten vom 5. Februar 2019 weist aus, dass bei einer maximal möglichen Beschattungsdauer an neun Immissionsorten die Richtwerte überschritten würden. Die tatsächliche Belastung falle höchstwahrscheinlich geringer aus. Es werde eine Schattenabschaltung der richtwertüberschreitenden Windenergieanlage empfohlen. Das Gutachten enthält zudem folgende Werte:
Schattenwurfgutachten des TÜV … vom 5. Februar 2019

Immissionsstandorte

Stunden/Jahr [h/a]

Max. Stunden/Tag [h/d]

A

0:00

0:00

B

54:57

0:53

C

58:03

0:49

D

55:01

0:42

E

36:34

0:34

F

21:17

0:22

G

11:55

0:21

H

0:00

0:00

I

41:49

0:29

J

44:52

0:28

K

48:17

0:30

L

37:46

0:32

M

55:34

0:37

N

22:27

0:24

O

0:00

0:00

P

22:22

0:23

Q

0:00

0:00

15
Aus der immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme des Landratsamts vom 14. November 2019 geht hervor, dass der dreifach vermessene Schallleistungspegel der angezeigten Anlage entsprechend des Schallgutachtens vom 5. Februar 2019 mit 105,0 dB(A) um 1,0 dB(A) unter der bisher genehmigten …-Anlage liege. Jedoch könne der Schallleistungspegel lediglich im schalloptimalen Betriebsmodus eingehalten werden. Auf welchen Betriebsmodus das Schallgutachten abstelle, könne den Unterlagen nicht entnommen werden, weshalb derzeit nicht von einer wesentlichen Änderung ausgegangen werden könne.
16
Mittels E-Mail vom 3. Dezember 2019 übermittelte die N. AG dem Landratsamt ein Schreiben der … AG vom 3. Dezember 2019, wonach bestätigt werde, dass der leistungsoptimierte Betriebsmodus der … 120 mit den Daten aus dem Schallleistungsgutachten des TÜV … vom 5. Februar 2019 übereinstimme. Der Begriff „schalloptimierter Modus“ sei historisch bedingt.
17
Der Umweltingenieur des Landratsamts ergänzte seine immissionsschutzrechtliche Stellungnahme vom 14. November 2019 daraufhin mit E-Mail vom 17. Dezember 2019 dahingehend, dass durch die Herstellerangaben die bestehenden Unklarheiten beseitigt worden seien, sodass der niedrige Schallleistungspegel von 105,0 dB(A) bestätigt werden könne. Es liege damit keine wesentliche Änderung vor.
18
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2019 teilte das Landratsamt der Beigeladenen mit, dass für die geplante Änderung des Anlagentyps (von … 2.75-120 auf … 120) keine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung im Sinne des § 16 BImSchG erforderlich sei. Auf den Inhalt des Schreibens wird verwiesen.
19
Gegen die Freistellungserklärung vom 18. Dezember 2019 ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 7. Juli 2020 Klage (Az.: B 9 K 20.595) erheben. Unter dem 8. Juli 2020 beantragt der Antragsteller den Erlass einer Zwischenverfügung sowie:
20
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 7. Juli 2020 gegen den der Beigeladenen von dem Antragsgegner erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung/Erlaubnis vom 18. Dezember 2019, Az. …, wonach die Beigeladene berechtigt wurde, eine Windenergieanlage des Typs … 120-3000 auf dem Grundstück, Flurstück … zu errichten, wird hergestellt.
21
Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Eilantrag zulässig sei. Die Beigeladene habe bereits mit der Ausführung der Bauarbeiten begonnen. Dadurch werde massiv in den Artenschutz und den Naturschutz eingegriffen. Es würden irreparable Schäden hinsichtlich geschützter Arten im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 des Baugesetzbuches (BauGB) i. V. m. § 44 Abs. 1 des Bundes-Naturschutzgesetzes (BNatSchG) entstehen. Der angeordnete Sofortvollzug sei weder im öffentlichen Interesse noch im überwiegenden Interesse der Beigeladenen. Die Arbeiten würden auf der Grundlage einer rechtswidrigen Genehmigung nach § 15 BImSchG erfolgen. Zudem liege keine Baugenehmigung für den geänderten Anlagentyp vor. Sowohl eine immissionsschutzrechtliche als auch eine baurechtliche Genehmigung seien für die Änderung notwendig. Bei der geänderten Anlage handele es sich um eine völlig andere Konstruktion eines anderen Herstellers, mit anderen Fundamenten, anderen Konstruktionsplänen und Befeuerungsanlagen sowie einer völlig anderen Bauart. Es liege ein Aliud vor, das von der bisherigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht umfasst werde. Ein Vorgehen nach § 15 BImSchG verbiete sich daher. Bereits bei einer Änderung der Nennleistung eines Anlagentyps bestehe die Verpflichtung einer Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG (Urteil des OVG NRW vom 25.2.2015, 8 A 959/10). Auch hätte eine Baugenehmigung beantragt werden und eine neue baurechtliche Prüfung und Genehmigung stattfinden müssen. Die Entscheidung vom 18. Dezember 2019 sei daher rechtswidrig. Zusätzliche Umweltbelange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB seien weder geprüft noch beachtet worden. Daneben würden aus der Änderung andere immissionsschutzrechtliche Belastungen resultieren. Zum einen seien massiv Belange des Naturschutzes und Artenschutzes betroffen. Zum anderen seien die dem Genehmigungsbescheid aus dem Jahr 2015 zugrundeliegenden Betrachtungen und Gutachten veraltet. Des Weiteren verstoße die Genehmigung gegen Art. 82 Abs. 1 i. V. m. Art. 83 Abs. 1 der Bayerischen Bauordnung (BayBO), welche durch den Wechsel des Anlagentyps zur Anwendung gelangen würden. Es könne deshalb dahinstehen, ob im vorliegenden Fall am 4. Februar 2014 ein vollständiger Genehmigungsantrag vorgelegen habe, was zudem bestritten werde. Da die Abstandsregelung nicht eingehalten werde, sei die Anlage nicht genehmigungsfähig. Die Anordnung des Sofortvollzugs beziehe sich auf eine rechtswidrige Freistellungserklärung. Es liege zudem kein überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug vor. Es stehe das unternehmerische Interesse der Beigeladenen im Vordergrund. Anders als bei Windkraftanlagen, die letztlich der öffentlichen Stromversorgung zugutekämen, gehe es vorliegend um die günstige wirtschaftliche Erzeugung von Strom. Dem würde Art. 82 Abs. 1 BayBO und der Umwelt- und Naturschutz als wichtiges öffentliches Gut und Interesse entgegenstehen. Ein Interesse der Beigeladenen könne aufgrund des Rechtswidrigkeit der Freistellungserklärung nicht in die Bewertung einfließen. Eine Abwägung zu Gunsten der wirtschaftlichen Interessen sei daher fehlerhaft erfolgt.
22
Mit gerichtlichem Schreiben vom 15. Juli 2020 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die erhobene Anfechtungsklage vom 7. Juli 2020 mangels Sofortvollzugsanordnung der Freistellungserklärung vom 18. Dezember 2020 aufschiebende Wirkung entfalte.
23
Unter dem 17. Juli 2020 beantragt das Landratsamt,
den Antrag abzuweisen.
24
Das Landratsamt erwidert, dass der gestellte Antrag nicht statthaft sei, da es sich bei der Freistellung zwar um einen Verwaltungsakt handele, eine Aufhebung der Freistellungserklärung im Rahmen der erhobenen Anfechtungsklage jedoch dazu führe, dass die gesetzliche Freigabewirkung des § 15 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BImSchG eintrete. Die gegen die Freistellung erhobene Anfechtungsklage sei nicht statthaft, da die Aufhebung der Freistellungserklärung in diesem Fall keine unmittelbare Rechtsfolge habe. Zudem sei der Antragsteller nicht antragsbefugt, da er nicht geltend gemacht habe, dass er in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich durch die Freistellungserklärung berührt sei und die Erklärung Rechtsvorschriften widerspreche, die für die Entscheidung von Bedeutung sein könnten. Zudem sei der Antrag unbegründet, da die Freistellungserklärung rechtmäßig ergangen sei. Die durch die Änderung des Anlagentyps hervorgerufenen nachteiligen Auswirkungen seien offensichtlich gering und die Erfüllung der sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ergebenden Anforderungen seien sichergestellt. Aus der Änderung des Anlagentyps einer Windenergieanlage könne nicht ohne weiteres auf eine wesentliche Änderung geschlossen werden. Erforderlich sei eine Einzelfallbeurteilung. Hinsichtlich des Schattenwurfes seien keine nachteiligen Auswirkungen zu erwarten, da die Turmhöhe der … 120 nur geringfügig vom ursprünglich genehmigten Typ … 2.5 abweiche. Die Gesamthöhe bleibe durch die Absenkung des Fundaments auf einem identischen Niveau. Die Flügelspannweite und die Flügelform seien gleich. Bezüglich der Schallimmissionen weise der dreifach vermessene Schallleistungspegel einen Wert von 105,0 dB(A) auf. Damit liegt der Schallleistungspegel um 1,0 dB(A) unter der bisher genehmigten …-Anlage. Belange des Arten- und Naturschutzes seien nicht von § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfasst und daher unerheblich für die Prüfung, ob eine wesentliche Änderung vorliege. Eine Baugenehmigung sei zudem nicht erforderlich (wird näher ausgeführt).
25
Die Beigeladene beantragt durch ihren Bevollmächtigten am 21. Juli 2020,
den Antrag abzulehnen.
26
Mit Bescheid vom 22. Juli 2020 ordnete das Landratsamt die sofortige Vollziehung der Freistellungserklärung vom 18. Dezember 2019 an. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liege im besonderen öffentlichen Interesse, da die Freistellungserklärung offensichtlich rechtmäßig sei. Darüber hinaus bestehe ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug, da der Ausbau erneuerbarer Energien auf europäischer und nationaler Ebene zu den politischen Zielsetzungen und Bestrebungen gehören würde. Durch den Atom- und Kohleausstieg der Bundesrepublik Deutschland müsse eine stabile und sichere Energieversorgung durch den zügigen Ausbau erneuerbarer Energien gewährleistet werden. Die Förderung erneuerbarer Energien habe wegen Art. 20a des Grundgesetzes (GG) Verfassungsrang. Zudem müsse das Interesse der Beigeladenen berücksichtigt werden. Da sich die streitgegenständliche Anlage bereits im Bau befinde, würde eine Baueinstellung zu einem Schaden von mindestens 115.000 EUR führen. Zudem werde mit einem zusätzlichen Schaden in Höhe von mindestens 20.000 EUR monatlich gerechnet. Das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage habe ein geringeres Gewicht als die dargelegten öffentlichen Interessen und das Interesse der Beigeladenen. Der Weiterbau der Anlage schaffe keine irreversiblen Tatsachen, da bereits vor Baubeginn Sicherheitsleistungen zur Sicherung der Rückbauverpflichtung geleistet worden seien.
27
Unter dem 23. Juli 2020 erwiderte die Beigeladene, dass der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergebe, dass das Interesse an der Vollziehung der angefochtenen Genehmigungsfreistellung überwiege, da die Klage des Antragstellers in der Hauptsache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Die Klage sei bereits unzulässig, da der Antragsteller keine Verletzung von umweltbezogenen Vorschriften durch die Freistellungserklärung vorgetragen habe. Zudem sei bislang nicht ausgeführt worden, inwiefern der satzungsmäßige Aufgabenbereich der Umweltvereinigung durch die Freistellungserklärung des Typenwechsels der genehmigten Windenergieanlagen betroffen sei. Vielmehr zeige die pauschale Klageerhebung und der bislang unsubstantiierte Vortrag des Antragstellers, dass er als anerkannte Naturschutzvereinigung nicht als öffentlicher Sachwalter von Natur- und Umweltschutzinteressen auftrete, sondern „ins Blaue hinein“ den Typenwechsel der genehmigten Anlagen beklage. Zudem sei die Klage Ausdruck von missbräuchlichem und unredlichem Verhalten des Antragstellers und daher nach § 5 UmwRG unzulässig. Die Missbrauchsklausel gelte für alle Rechtsbehelfsverfahren und damit auch für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und im Rechtsmittelverfahren. Rechtlicher Bezugspunkt der Missbräuchlichkeit und Unredlichkeit sei nicht der Inhalt, sondern der Zeitpunkt des Rechtsmittels (vgl. BVerwG, U.v. 12.6.2019 – 9 A 2/18, 9 A 25/05). Vorliegend dürfe man mit guten Gründen keine Zweifel daran haben, dass das verspätete Vorbringen der Klage gegen die genehmigten Windenergieanlagen auf einer bewussten Entscheidung des Antragstellers beruhe. Als Umweltvereinigung habe der Antragsteller seine Aufgaben zum Schutz der Umwelt und Natur zu erfüllen und die Natur und Landschaft zu beobachten und zu beaufsichtigen. Dem Antragsteller könne als ortsansässige Vereinigung nicht entgangen sein, dass die betreffende Windenergieanlage im Jahr 2015 genehmigt worden sei. Sowohl das Ergebnis der UVP-Vorprüfung als auch die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung seien öffentlich bekannt gemacht worden. Die Anlagen seien mehrfach Gegenstand gerichtlicher Verfahren und der lokalen, regionalen und überregionalen Presse gewesen. Vor diesem Hintergrund sei es schlicht unredlich und missbräuchlich, dass der Antragsteller nicht bereits gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 12. Juni 2015 vorgegangen sei. Statt primär gegen die Anlage vorzugehen, gehe der Antragsteller erst während der begonnenen Bauarbeiten gegen die unwesentliche Typenänderung vor. Die Genehmigungsfreistellung nach § 15 BImSchG sei offensichtlich rechtmäßig. Die Abgrenzung zwischen dem Anzeigeerfordernis nach § 15 Abs. 1 BImSchG und einem Änderungsgenehmigungserfordernis im Sinne des § 16 Abs. 1 BImSchG erfolge danach, ob bei einer Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden könnten oder nicht. Soweit man in dem Wechsel des Anlagentyps überhaupt eine relevante Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs der genehmigten Anlage sehen wollte, so rufe diese offenkundig keine nachteiligen Umwelteinwirkungen hervor, da der Typenwechsel für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen in § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG unerheblich sei. Dass der Wechsel des Anlagentyps nicht per se eine wesentliche Änderung darstelle, sondern es auf die Berührung der Schutzgüter in § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ankomme, bestätige auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in seinem Beschluss vom 3. April 2019 (Az.: 22 CS 19.345 u. a.). Hiermit stelle sich der BayVGH explizit gegen die vom Antragsteller dargestellte Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Dem zitierten Urteil könne zudem entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten des Antragstellers nicht entnommen werden, dass jeder Typenwechsel ungeachtet der geänderten Ausmaße oder der immissionsschutzrechtlichen Auswirkungen eine wesentliche Änderung darstelle. Der Entscheidung habe ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen, da eine Windenergieanlage mit einem größeren Ausmaß angezeigt worden sei. Daher sei die Entscheidung in keiner Weise mit der vorliegenden Sachverhaltskonstellation vergleichbar. Vorliegend würden sich die technischen Parameter der Anlage nicht derartig ändern, dass von einer wesentlichen Änderung auszugehen sei. Durch den Wechsel der Anlagentypen auf eine … 2.75-120 sowie anschließend auf eine … 120 finde keine Änderung der Bauweise oder Abmessung der genehmigten Anlage statt. Bezüglich des Wechsels der … 2.5-120 auf eine … 2.75-120 ändere sich die Bauart nicht. Die Gesamthöhe bleibe bei 199 m, die Nabenhöhe bei 139 m und der Rotordurchmesser bei 120 m. Der einzige Unterschied beider Typen bestünde darin, dass der Außendurchmesser des Turms etwas verringert werde, wodurch die geänderte Anlage bei optischer Betrachtung geringfügig schlanker erscheinen könnte. Zudem weise der geänderte Typ … 2.75-120 eine Modifikation der Systeme zur Anlagensteuerung und der innenliegenden Getriebeverzahnung auf. Hinsichtlich technischer und elektronischer Modifikationen würden sich keine Änderungen bei der Standorteignung und Standsicherheit ergeben. Zudem bestätige der TÜV, dass keine Änderung der Umweltauswirkungen durch den Typenwechsel stattfinde. Maßgebliche technische Merkmale und die Bauweise der Anlage seien auch bei einem Wechsel zum Typ … 120 nicht gegeben. Trotz des Wechsels des Herstellerunternehmens bleibe die Bauweise der Anlagen gleich. Sowohl das Unternehmen … als auch die … AG würden auf Fertigbauteile zurückgreifen und Hybridtürme des Herstellers … verwenden. Die Rotorblätter seien jeweils vom Typ … 58.7 des Produzenten … Die Gesamthöhe der Anlage des Typ … 120 würde 199 m aufweisen (vgl. Zeichnung des Anlagenherstellers). Änderungen zur Standorteignung bzw. Standsicherheit seien nicht zu erwarten. Es komme durch die Typänderung zu keiner Änderung der Umwelteinwirkungen, was auch der Umweltingenieur des Landratsamts bestätigt habe. Daher stelle der Typwechsel eine nicht wesentliche Änderung dar. Die Freistellungserklärung sei daher rechtmäßig. Hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass auch bei einer Interessenabwägung das Vollzugsinteresse überwiege. Bereits auf EU-Ebene bestünden Bestrebungen zur Förderung erneuerbarer Energien und des Ausbaus einer sicheren und stabilen Stromversorgung durch erneuerbare Energien. Dies werde auch durch den schrittweisen Ausstieg aus dem Kohlesektor gezeigt (wird jeweils näher ausgeführt). Es bestünde auch eine nationale Verpflichtung zum Ausstieg aus der Kohleverstromung. Eine Abwägungsentscheidung, die dem Umweltschutz, der Nachhaltigkeit, dem Klimaschutz und konkret dem Gebot der Förderung der erneuerbaren Energien nicht hinreichend Rechnung trage, sei wegen eines Verstoßes gegen Art. 20a GG verfassungswidrig. Bei der Abwägung geschützter Belange mit dem öffentlichen Belang des Klimaschutzes und dem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien sei dem Interesse an einer regenerativen Energieerzeugung das unions- und verfassungsrechtliche Gewicht beizumessen. Zudem müsse das private Vollzugsinteresse der Beigeladenen berücksichtigt werden, der aufgrund der bereits bisherigen Verzögerungen Einnahmeausfälle in Höhe von 4,9 Mio. EUR entstanden seien. Ein überwiegendes öffentliches und privates Vollzugsinteresse würde das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegen.
28
Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2020 replizierte der Bevollmächtigte des Antragstellers, dass der Antragsteller als anerkannte Umweltvereinigung antragsbefugt sei. Es genüge, dass die Vereinigung geltend mache, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein könnten, widerspreche. Das eröffne die Rechtsbehelfsbefugnis unter jedem Aspekt möglicher Rechtswidrigkeit der fraglichen Entscheidung bzw. des Unterlassens; eine Umweltbezogenheit der Rechtsvorschriften sei für die Antragsbefugnis also nicht erforderlich. Die Freistellungserklärung sei rechtswidrig. Der BayVGH habe in seinen Beschlüssen vom 5. April 2019 (Az.: 22 CS 18.2572) und vom 3. April 2019 (Az.: 22 CS 19.345-354) in vergleichbaren Fällen die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt. Das Landratsamt habe in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 2019 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Änderung des Anlagentyps keine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung im Sinne von § 16 BImSchG und keine Änderung der Baugenehmigung erfordere. Diese Rechtsansicht werde bestritten. Es handele sich um eine völlig neue Anlage und auch der wiederholte Anlagenwechsel sei zu berücksichtigen. Darüber hinaus solle die Anlage tiefer eingegraben werden, um die unterschiedlichen Anlagenhöhen „auszugleichen“. Bereits deshalb verbiete sich ein Vorgehen nach § 15 BImSchG und eine Errichtung der Anlagen ohne neuen Bauantrag oder baurechtliche Prüfung. Zum Zeitpunkt der Freistellungserklärung hätten keine Typenbeschreibungen des Anlagentyps … 120 vorgelegen. Insoweit habe das Landratsamt zu diesem Zeitpunkt die komplett anderen Typen nicht vergleichen können. Dass die Anlagentypen nicht vergleichbar seien, äußere sich bereits darin, dass die ursprünglich genehmigte Anlage eine geringere Nennleistung als die Anlage … 120 habe. Zudem ergebe sich aus einer E-Mail der Regierung von … an das Landratsamt vom 23. Januar 2019, dass durch die Versenkung des Fundaments wohl ein Aliud vorliege, welches baugenehmigungspflichtig sei. Bei der … handele es sich auch um eine getriebelose Anlage, bei der …-Anlage um eine mit Getriebe. Bei den Schallimmissionen hätten zudem große Unterschiede bestanden. Laut Datenblatt des Herstellers betrage der maximale Schallleistungspegel der Anlage 106,4 dB(A). Auch der Umweltingenieur sei in seiner hausinternen Mitteilung vom 14. November 2019 von einer wesentlichen Änderung ausgegangen. Zahlreiche weitere mögliche/wahrscheinliche Änderungen seien gegeben (beispielsweise immissionsschutzrechtliche Aspekte wie Rotorblattprofil, Änderung des periodischen Schattenschlags, Änderung der Dimensionen von Gebäudeteilen), die aus den Unterlagen nicht hervorgehen würden und damit nicht geprüft werden könnten. Es werde zudem mit Nichtwissen, jedoch unter Verweis auf entsprechende Indizien (Neigung des Rotors, Exzentrizität der Nabe), bestritten, dass der Abstand der Spitze des senkrecht nach oben stehenden Rotorblattes zum Mastmittelpunkt bei den beiden Anlagentypen identisch sei. Bei der sich hierbei unmittelbar ergebenden Abweichung der einzuhaltenden Abstandsflächentiefe ab Mastmittelpunkt handele es sich um eine wesentliche baurechtliche Änderung. Es folgen wiederholte Ausführungen zur Abstandsflächenproblematik und § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB sowie dem fehlenden öffentlichen Interesse.
29
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen äußerte sich hierzu mit Schriftsatz vom 27. Juli 2020 dahingehend, dass die Ansicht des Antragstellers falsch sei, dass eine Umweltvereinigung Rechtsbehelfe einlegen könne, ohne die Umweltbezogenheit näher zu begründen. Es müsse geltend gemacht werden, welcher Rechtsvorschrift durch die Entscheidung oder das Unterlassen widersprochen werde und der Antragsteller müsse darlegen, welche Verletzung von umweltbezogenen Rechtsvorschriften geltend gemacht werde. Dies führe auch der BayVGH in seinem Beschluss vom 27. Juni 2019 (Az.: 22 AE 19.40025) aus. Zudem werde nochmals darauf hingewiesen, dass die Missbrauchsklausel des § 5 UmwRG greife (wird näher ausgeführt). Zudem würden die §§ 15, 16 BImSchG die Änderungsgenehmigungspflicht nicht an einen Typenwechsel per se knüpfen, sondern daran, ob die Änderung selbst nachteilige immissionsschutzrechtliche Auswirkungen habe. Die Regelungen des §§ 15, 16 BImSchG würden entstellt werden, wenn bereits jeder Typenwechsel pauschal eine Änderung darstelle, ohne nachteilige Auswirkungen zu haben. Der Typenwechsel hin zur … 120 würde keine nachteiligen Umweltauswirkungen hervorrufen (wird weiter ausgeführt). Soweit der Antragsteller vorgetragen habe, dass die Nennleistung des gewechselten Anlagentyps höher als die der ursprünglich genehmigten Anlage sei und deshalb eine völlig andere Anlage vorliege, werde darauf verwiesen, dass die Nennleistung an sich nichts über die Frage nachteiliger Umwelteinwirkungen sage. Die Nennleistung beschreibe die elektrische Leistung der Anlage. Ausweislich des Schallgutachtens und des Schattenwurfgutachtens vom 5. Februar 2019 sowie weiterer Stellungnahmen würde der Typenwechsel gerade nicht zu nachteiligen Umwelteinwirkungen führen. Tatsächlich sei die Umweltauswirkung sogar geringer. Der Verweis des Antragstellers auf eine hausinterne Stellungnahme des Umweltingenieurs gehe fehl, da diese Stellungnahme vorläufig gewesen und bereits vor Anzeige der Änderung erfolgt sei. Die Stellungnahme sei daher noch nicht abschließend gewesen, was auch der vom Antragsteller nicht zitierte weitere Verlauf der Korrespondenz deutlich zeige. Als Ergebnis des Anzeigeprüfverfahrens sei gerade festgestellt worden, dass die Änderung des Anlagentyps keine nachteiligen Umweltauswirkungen hervorrufe, mithin der Typenwechsel von der ursprünglichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung umfasst und die Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 BImSchG rechtmäßig sei. Entgegen des mehrfachen Vortrags des Antragstellers über baurechtliche Fragen und Anforderungen, komme es hierauf bei der Beurteilung, ob eine wesentliche oder unwesentliche Änderung nach §§ 15, 16 BImSchG vorliege, gerade nicht an. Entscheidend sei lediglich, ob die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorrufen könne, die für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Es werde gerade nicht auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG abgestellt (wird näher, unter Einbeziehung der Rechtsprechung des BayVGH, erläutert). Beim bauaufsichtlichen Verfahren und dem immissionsschutzrechtlichen Anzeigeverfahren handele es sich um zwei völlig unterschiedliche Verfahren. Die Baugenehmigungspflicht sei daher nicht Gegenstand der Frage, ob das Änderungsvorhaben einer Änderungsgenehmigung bedürfe oder eine Freistellungserklärung genüge. Soweit der Antragsteller mit Nichtwissen bestreite, dass der Wechsel des Anlagentypen Auswirkungen auf die bauordnungsrechtliche Abstandsflächentiefe habe und eine wesentliche baurechtliche Änderung vorliege, so betreffe diese Frage das Bauordnungsrecht, welches nicht Gegenstand der Beurteilung der Wesentlichkeit einer immissionsschutzrechtlichen Änderung sei. Unabhängig davon würden die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen durch den Typenwechsel sehr wohl eingehalten werden. Nach der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 12. Juni 2015 werde eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften von 0,4 H gewährt. Durch die gleiche Gesamthöhe der … 2.5-120 und der … 120 werde diese Abstandsfläche ebenso eingehalten. Zudem stünden die Rotorblätter bei dem Typ … 120 sogar geringer ab als bei der … 2.5-120, sodass eine geringere Exzentrizität von 6,3 m anstatt 7,76 m bestünde. Hinsichtlich des Fundaments wirke sich auch diese Änderung nicht immissionsschutzrechtlich aus. Es handele sich weiterhin um eine Flachgründung und keine Pfahlgründung. Da die Freistellungserklärung offenkundig rechtmäßig sei, da keine nachteiligen Umweltauswirkungen entstünden, sei die in der Hauptsache erhobene Klage auch unbegründet. Zudem werde nochmals auf den immens hohen drohenden Schaden bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hingewiesen.
30
Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2020 ergänzte das Landratsamt seinen Vortrag dahingehend, dass die vom Antragsteller angeführte Korrespondenz über eine mögliche baurechtliche Genehmigungspflicht aufgrund der Versenkung des Fundaments veraltet gewesen sei und die Regierung von … später zur Einschätzung gelangt sei, dass die Anlage kein baurechtliches Aliud sei. Den Ausführungen des Antragstellers, dass zu den Schallimmissionen offensichtlich große Unsicherheiten seitens des Umweltingenieurs des Landratsamts bestanden hätten, werde ausdrücklich widersprochen. Nach Rücksprache mit dem Betreiber habe sich herausgestellt, dass eine missverständliche Benennung des Betriebsmodus bestehe. Durch diese Stellungnahme sei der niedrige Schallleistungspegel von 105,0 dB(A) bestätigt und die missverständliche Bezeichnung aufgeklärt worden. In der E-Mail vom 17. Dezember 2019 habe der Umweltingenieur seine Einschätzung diesbezüglich auch ergänzt.
31
Am 8. August 2020 äußerte der Bevollmächtigte des Antragstellers, dass genau wie bei der Erteilung einer Genehmigung auch im Rahmen einer Freistellungserklärung grundsätzlich § 13 BImSchG, wonach die Genehmigung andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen einschließe, anwendbar sei. Es sei bereits vermehrt auf die baurechtliche Unzulässigkeit der Änderung hingewiesen worden. Es handele sich um ein Aliud der ursprünglich genehmigten Anlage. Die mit der Freistellungserklärung ohne baurechtliche Genehmigung „genehmigte Anlage“ des Typs … sei bislang nicht baurechtlich geprüft worden. Aus diesem Grund könne die baurechtliche Genehmigung als Bestandteil der Ausgangsgenehmigung nach § 13 BImSchG für die Anlage des Typs … nicht gelten. Die Kommentierung in Landmann/Rohmer verneine eine Konzentrationswirkung der Freistellungserklärung, da davon ausgegangen werde, dass keine wesentliche Änderung vorliege und es sich um dieselbe Anlage handele, weshalb eine Genehmigungsbedürftigkeit nicht bestehe. Dies sei vorliegend gerade nicht der Fall. Es werde insoweit auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 17. Dezember 2019 (Az.: 10 S 566/19, Rn. 10) verwiesen.
32
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die Behördenakte – auch im Verfahren B 9 K 20.595 – Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend).
II.
33
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der vom Antragsteller erhobenen Klage (B 9 K 20.595) gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Freistellungserklärung vom 18. Dezember 2019 ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
34
1. Entsprechend des Wortlauts seines Antrags vom 20. Juli 2020 (§ 122 Abs. 1 VwGO, § 88 VwGO) begehrt der Antragsteller explizit die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Freistellungserklärung vom 18. Dezember 2019.
35
Zwar rügt der Bevollmächtigte des Antragstellers in seinen Schriftsätzen auch die fehlende Baugenehmigung, jedoch bezieht sich die streitgegenständliche Freistellungserklärung nur auf die Nichterforderlichkeit eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens, da eine Freistellungserklärung bezüglich einer möglichen baurechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit bereits gesetzlich nicht vorgesehen ist. Eine bindende Feststellung seitens der Behörde, dass kein Baugenehmigungsverfahren erforderlich ist, ist auch nicht in der angegriffenen Erklärung vom 18. Dezember 2019 enthalten. Zwar beinhaltet das Schreiben des Landratsamts den Hinweis, dass die untere Bauaufsichtsbehörde mitgeteilt habe, dass für die Änderung keine Baugenehmigung erforderlich sei. Dass es sich dabei jedoch lediglich um eine informatorische Äußerung ohne rechtliche Bindungswirkung handelt, wird aufgrund folgender zu berücksichtigender Aspekte deutlich:
36
Bereits die Änderungsanzeige vom 14. Oktober 2019 hält sich an die formellen und inhaltlichen Vorgaben des § 15 Abs. 1 BImSchG. Eine „Freistellung“ vom baurechtlichen Genehmigungsverfahren wurde gerade nicht beantragt und eine diesbezügliche Anzeige ist, wie bereits dargestellt wurde, gesetzlich auch nicht verankert. Das Schreiben des Landratsamts vom 18. Dezember 2019 bezieht sich deshalb auch nur auf die immissionsschutzrechtliche Änderungsanzeige vom 14. Oktober 2019. Dies wird bereits aus dem Betreff („Anzeige nach § 15 BImSchG zur Änderung […] Nachtkennzeichnung“) erkennbar, der explizit auf das gesetzlich vorgesehene Anzeigeverfahren des BImSchG abstellt. Auch die Kostenentscheidung („Die Prüfung der Anzeige nach § 15 BImSchG ist eine kostenpflichtige Amtshandlung.“) und der Verweis auf den Gebührenrahmen der Ziffern 8.II.0/1.8.1 der Anlage zum Kostenverzeichnis zeigen eindeutig, dass ausschließlich eine Amtshandlung nach § 15 Abs. 2 BImSchG vorgenommen wurde. Wäre auch eine Aussage hinsichtlich baurechtlicher Aspekte getroffen worden, so hätte sich dies auf die erhobenen Verwaltungsgebühren auswirken müssen. Zudem befindet sich der Verweis auf die Mitteilung der unteren Bauaufsichtsbehörde am Ende einer Aufzählung und Inhaltsbeschreibung der im Änderungsverfahren vorgelegten Unterlagen und eingeholten Auskünfte, sprich innerhalb des „Tatbestandes“ des Bescheids. Regelungs- und Bindungswirkung soll erkennbar nur das Ergebnis „Nach Prüfung der Anzeigeunterlagen teilen wir mit, dass für das Vorhaben eine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung im Sinn des § 16 BImSchG nicht erforderlich ist“ haben. Bei diesem Satz handelt es sich um den „Tenor“ der Entscheidung.
37
Da die immissionsschutzrechtliche Freistellungserklärung vom 18. Dezember 2019 nicht auf ein baurechtliches Genehmigungsverfahren bezogen ist und die Erklärung keine Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG entfaltet (vgl. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 92. EL Februar 2020, § 16 BImSchG Rn. 81), ist die baurechtliche Genehmigungsbedürftigkeit der Anlagenänderungen vorliegend nicht vom Prüfungsumfang umfasst. Der Bevollmächtigte des Antragstellers verkennt diesbezüglich, dass § 13 BImSchG dem Wortlaut nach auf die Genehmigung einer Anlage abstellt. Bei der Freistellungserklärung handelt es sich jedoch gerade nicht um eine Genehmigung, sondern um einen feststellenden Verwaltungsakt, der die verbindliche Entscheidung über die fehlende Genehmigungsbedürftigkeit einer Änderung enthält (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 22.5.2008 – 12 MS 16/07 – juris Rn. 83; Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 92. EL Februar 2020, § 15 BImSchG Rn. 73; Jarass in Jarass, BImSchG, 12. Auflage 2017, § 15 Rn. 38). Da keine Aussage über eine Genehmigungsfähigkeit getroffen wird, ist die Freistellungserklärung nicht als Genehmigung im Sinne des § 13 BImSchG zu qualifizieren. Der Verweis des Bevollmächtigten des Antragstellers auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (B.v. 17.12.2019 – 10 S 566/19 – juris Rn. 10) geht fehl, da sich die von ihm zitierte Randnummer 10 auf die Auslegung des Merkmals „die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen“ bezieht, nicht jedoch auf die Auslegung des Genehmigungsbegriffs. Die Freistellungserklärung müsste folglich, um Konzentrationswirkung zu entfalten, eine Genehmigung im Sinne des § 13 BImSchG sein und nicht zu den von der Konzentrationswirkung erfassten „betreffende(n) behördliche(n) Entscheidungen“ gehören.
38
Mangels baurechtlicher Freistellungserklärung und aufgrund der fehlenden Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Freistellungserklärung, beschränkt sich die nachfolgende Prüfung auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen immissionsschutzrechtlichen Freistellungserklärung.
39
2. Der Antrag nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig.
40
Der Antragsteller ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 2 i. V. m. § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 UmwRG antragsbefugt.
41
a. Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG i. V. m. § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 UmwRG können anerkannte inländische Vereinigungen Verwaltungsakte rügen, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannten Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG findet das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Bei der Freistellungserklärung (§ 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG) handelt es sich um keine Zulassungsentscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG. Zwar ist die Freistellungserklärung als Verwaltungsakt zu qualifizieren, da sie eine verbindliche Entscheidung über die fehlende Genehmigungsbedürftigkeit enthält (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 22.5.2008 – 12 MS 16/07 – juris Rn. 83; Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 92. EL Februar 2020, § 15 BImSchG Rn. 73; Jarass in Jarass, BImSchG, 12. Auflage 2017, § 15 Rn. 38), was gerade dem Erfordernis einer Regelungswirkung im Sinne des Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) genügt. Jedoch findet bei einer Freistellungserklärung keine bewusste Zulassungsentscheidung im Sine des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG statt. Die verbindliche Entscheidung über die fehlende Zulassungsentscheidung führt nicht als eine Art „Reflex“ zu einer Zulassungsentscheidung. Es fehlt der Entscheidung insofern an einer Genehmigungswirkung hinsichtlich des Änderungsvorhabens. Aufgezeigt wird lediglich ein Spektrum der ursprünglichen Genehmigung. Die ursprüngliche Genehmigung bleibt jedoch von der Freistellungserklärung unberührt. Da die Genehmigungsfähigkeit gerade nicht Prüfungsgegenstand ist, kann auch keine Zulassung erfolgen (vgl. VG Regensburg, B.v. 21.11.2018 – RN 7 S 18.1756 – juris Rn. 55). Zudem wird der Begriff der Zulassungsentscheidung in § 2 Abs. 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) definiert. Nach § 2 Abs. 6 Nr. 1 UVPG sind Anzeigeverfahren gerade keine Zulassungsentscheidungen, sodass dies auch auf die Freistellungserklärung aufgrund einer entsprechenden Anzeige des Herstellers zutrifft (vgl. BayVGH, B.v. 5.4.2019 – 22 CS 18.2572, 22 CS 19.23 – juris Rn. 61). Jedoch liegt in der Freistellungsbescheinigung der behördliche Verzicht auf das Erfordernis einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 16 BImSchG. Der Antragsteller kann daher geltend machen, dass im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG entgegen geltender Rechtsvorschriften (§ 16 Abs. 1 BImSchG) keine Zulassungsentscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG getroffen wurde. Zwar ist nach dem Wortlaut dieser Vorschrift unklar, ob bereits die Erteilung einer Freistellungserklärung als behördliches Unterlassen der Erteilung einer Änderungsgenehmigung verstanden werden kann, obwohl dies zunächst einen Genehmigungsantrag voraussetzt. Die historische Auslegung ergibt allerdings, dass der Gesetzgeber die vorliegende Konstellation als Anwendungsfall des § 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG angesehen hat. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/2495, S. 10) sollten vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift „auch Rechtsbehelfe erfasst [werden], die darauf gerichtet sind, dass das jeweilige Zulassungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen, aber im Einzelfall unter Verstoß gegen Rechtsvorschriften nicht durchgeführt worden ist. Dies kommt beispielsweise in Betracht bei der Errichtung und dem Betrieb eines Vorhabens oder einer Anlage ohne vorherige Durchführung eines Zulassungsverfahrens oder bei einer vermeintlich zulässigen Änderung eines Vorhabens solch einer Anlage auf Grund einer Anzeige anstelle einer behördlichen Zulassungsentscheidung“. Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 8.3.2011 – C-240/09 – juris LS 3; U.v. 20.12.2017 – C-664/15 – juris Rn. 54) die mitgliedstaatlichen Gerichte das Verfahrensrecht in Bezug auf die Voraussetzungen, die für die Einleitung eines verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Überprüfungsverfahrens vorliegen müssen, so weit wie möglich im Einklang sowohl mit den Zielen von Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (AK) als auch mit dem Ziel eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für die durch das Unionsrecht verliehenen Rechte auszulegen haben, um es einer Umweltschutzvereinigung zu ermöglichen, eine Entscheidung, die am Ende eines Verwaltungsverfahrens ergangen ist, welches möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht, vor einem Gericht anzufechten. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i. V. m. Satz 2 UmwRG wird daher dahingehend ausgelegt, dass auch der Fall einer auf rechtswidriger Weise erteilten Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG in Verbindung mit einer unterlassenen Genehmigungsentscheidung nach § 16 BImSchG hiervon erfasst wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.4.2019 a.a.O. Rn. 61; VG Regensburg, B.v. 21.11.2018 a.a.O. Rn. 56 f.).
42
b. Der Antragsteller ist auch antragsbefugt. Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung, ohne eine Verletzung eigener Rechte geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können (Nr. 1), und sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2). Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG muss die Vereinigung bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2a bis 6 UmwRG oder gegen deren Unterlassen zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.
43
Beim Antragsteller handelt es sich um eine anerkannte Umweltvereinigung im Sinne des § 3 Abs. 1 UmwRG, die auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (https://www.stmuv.bayern.de/themen/naturschutz/organisation/natur-schutzvereinigungen/index.htm, Stand: 29.7.2020) auch als solche aufgeführt wird.
44
Indem der Antragsteller Bedenken und Einwendungen gegen das Vorhaben in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht, insbesondere bezogen auf den kompletten Wechsel des Anlagentyps erhebt und dadurch Verstöße gegen das Verfahren gemäß §§ 15, 16 BImSchG rügt, macht er geltend, dass die erteilte immissionsschutzrechtliche Freistellungserklärung Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein könnten, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG.
45
Der Antragsteller wird durch die ergangene Freistellungserklärung auch in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG). Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG zeigt, dass nach wie vor nicht jeglicher Rechtsverstoß rügefähig ist, sondern eine gewisse Beschränkung vorhanden ist. Dabei ist trotzdem zu beachten, dass die Novellierung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG nicht durch einen zu eng gefassten Satzungsbezug konterkariert werden darf (vgl. VG Regensburg, B.v. 21.11.2018 a.a.O. Rn. 62 m.w.N.). Der Satzungszweck ist dementsprechend grundsätzlich weit auszulegen. Beispielsweise kann eine auf Naturschutz ausgerichtete Vereinigung durchaus die Verletzung von ausschließlich immissionsschutzrechtlichen Regelungen vortragen, wenn die angegriffene Entscheidung bei ihrer Realisierung ein Schutzgut des Naturschutzes beeinträchtigt. Es genügt eine mittelbare Verknüpfung der Satzungsziele der Vereinigung mit dem vermeintlichen Rechtsverstoß und seinen negativen Folgen. Daneben geht mit der Beschränkung auf satzungsgemäße Belange auch eine gewisse räumliche Komponente einher, bei offensichtlich regional ausgerichteten Vereinigungen können die Rechtsverletzungen durch Behörden anderer Bundesländer nicht gerügt werden (vgl. VG Regensburg, B.v. 21.11.2018 – RN 7 S 18.1756 – juris Rn. 62).
46
Ausweislich der Satzung des Antragstellers ist eines seiner satzungsgemäßen Ziele das verantwortliche Mitarbeiten daran, dass „die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des § 1, 2 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) und der Naturschutzgesetze der Bundesländer konsequent verfolgt und verwirklicht werden“ (vgl. § 2 Nr. 2 Buchst. a Halbsatz 1 der Satzung des Antragstellers, https://www. …pdf, zuletzt abgerufen am 29.7.2020). Gemessen an diesen satzungsmäßigen Vereinszielen kann der Antragsteller vorliegend jedenfalls nachteilige Auswirkungen der Windenergieanlagen auf den Artenschutz und das Landschaftsbild geltend machen, die im Rahmen eines nach seiner Auffassung erforderlichen Änderungsgenehmigungsverfahrens gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG Berücksichtigung hätten finden müssen. In seinen Schriftsätzen nahm der Antragsteller explizit Bezug darauf, dass bei der Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens auch naturschutzrechtliche Belange (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB i. V. m. § 44 Abs. 1 BNatSchG) sowie baurechtliche Abstandregelungen hätten geprüft werden müssen. Der Satzungszweck des Naturschutzes ist somit zumindest mittelbar betroffen. Auch räumlich findet sich keine regionale Beschränkung des Satzungszwecks, die der Antragsbefugnis entgegenstünde, da es sich beim Antragsteller – wie bereits aus dem Vereinsnamen ersichtlich wird – um eine Vereinigung für Landschaftspflege und Artenschutz explizit für Bayern und Vorhaben in Bayern handelt. Der satzungsgemäße Aufgabenbereich wird daher berührt.
47
Des Weiteren machte der Antragsteller, entgegen der Ansichten des Antragsgegners und des Bevollmächtigten der Beigeladenen, eine Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend. An die Darlegungslast des Antragstellers sind dabei keine übermäßigen Anforderungen zu stellen: So kann es im Einzelfall ausreichen, dass sich die anerkannte Umweltvereinigung auf bestimmte Einwendungen, nicht aber ausdrücklich auf ihre Satzung beruft (vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 92. EL Februar 2020, § 2 UmwRG Rn. 18 a.E. m.w.N.). Normen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, insbesondere die Regelungen der §§ 15 und 16 BImSchG stellen umweltbezogene Rechtsvorschriften dar, da sie sich tatsächlich auf die Umwelt beziehen. Maßgeblich für die Genehmigungsbedürftigkeit einer Änderung ist schließlich, ob eine wesentliche Änderung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BImSchG vorliegt. Diese wiederum ist gegeben, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können. Es besteht demnach ein konkreter Bezug zur Prüfung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, der wiederum auf die Pflichten aus § 5 BImSchG verweist, die gerade zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insbesondere auf schädliche Umwelteinwirkungen abstellen. Im Rahmen des Anzeigeverfahrens bedarf es daher einer Beurteilung der Umwelteinwirkungen des Vorhabens. Insofern liegen umweltbezogene Rechtsvorschriften gemäß § 1 Abs. 4 UmwRG vor, da durch ein mögliches Änderungsgenehmigungsverfahren gerade deren Gewährleistung gesichert werden soll, lediglich bei unwesentlichen Auswirkungen auf die Umwelt hingegen eine bloße Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BImSchG in Betracht kommt. Darüber hinaus hätten in einem Änderungsgenehmigungsverfahren auch die Belange des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG geprüft werden müssen, sodass hierbei ebenfalls eine Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften wie beispielsweise des Naturschutzes in Betracht kommt (vgl. hierzu auch VG Regensburg, B.v. 21.11.2018 a.a.O. Rn. 64). Der Antragsteller rügte den Umstand, dass trotz einer seiner Meinung nach wesentlichen Änderung durch den Wechsel des Anlagentyps kein Änderungsgenehmigungsverfahren, in dem weitere umwelt- und naturschutzrechtliche Belange zu berücksichtigen wären, stattgefunden hat. Der Antragsteller machte hierdurch in zulässiger Weise die Verletzung der Reglungen der §§ 15, 16 BImSchG geltend. Darin kann demnach vorliegend auch ein Geltendmachen des Berührtseins in seinem satzungsmäßigen Aufgabenbereich gesehen werden.
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2. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage gegen die Freistellungserklärung hat in der Sache keinen Erfolg.
49
Das Gericht trifft eine originäre Interessenabwägung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage zwischen dem von der Behörde und dem Begünstigten geltend gemachten Interessen an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt sich im Rahmen der im Verfahren nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO erforderlichen summarischen Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich hingegen der Rechtsbehelf schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich erfolgreich, besteht kein Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
50
a. Die Anordnung des Sofortvollzugs vom 14. Juli 2020 ist formell rechtmäßig, insbesondere wurde dem Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 VwGO entsprochen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO verlangt ein besonderes öffentliches Interesse, das über jenes Interesse hinausgeht, welches den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG, B.v. 25.1.1996 – 2 BvR 2718/95 – juris Rn. 19). Dieses besondere Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung muss in der nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderlichen schriftlichen Begründung zum Ausdruck kommen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht schon dann genügt, wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird; vielmehr bedarf es einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Fall ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht, demgegenüber das Interesse des Betroffenen am Bestand der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsmittels ausnahmsweise zurückzutreten hat. Diesen Anforderungen genügen pauschale und formelhafte Wendungen grundsätzlich nicht (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2018 – 10 CS 19.98 – juris Rn. 6 m.w.N.). Geht es – wie vorliegend – um ein mehrpoliges Rechtsverhältnis, muss sich die Behörde auch mit den gegenläufigen, von der sofortigen Vollziehbarkeit betroffenen Interessen auseinandersetzen (vgl. VG Regensburg, B.v. 21.11.2018 a.a.O. Rn. 67 m.w.N.). Dem werden die Ausführungen in der Sofortvollzugsanordnung vom 22. Juli 2020 gerecht. Das Landratsamt zog sich nicht auf formelhafte Wendungen zurück oder verwies pauschal auf die Gründe der Freistellungserklärung, sondern legte das finanzielle Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung detailliert unter Berücksichtigung bereits entstandener und drohender Verluste der Anlagenbetreiberin dar. Auch das öffentliche Interesse an einem zügigen Ausbau der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien wurde hinreichend aufgezeigt. Die dargelegten Gründe sind daher auf den speziellen Einzelfall bezogen. Gegenteiliges wurde von Seiten des Antragstellers auch nicht vorgetragen.
51
b. Das Vollzugsinteresse überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers bei einer vom Gericht originär vorgenommenen Interessenabwägung.
52
Die zulässige Klage vom 7. Juli 2020 erweist sich nach summarischer Prüfung als unbegründet.
53
Die erhobene Klage ist zulässig, insbesondere fehlt es dem Antragsteller nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Durch die erhobene Anfechtungsklage kann zwar allenfalls die Aufhebung der Freistellungserklärung erzielt werden, nicht jedoch die Einstellung der Arbeiten an der streitgegenständlichen Windenergieanlage. Immissionsschutzrechtliche Maßnahmen gegen die Windkraftanlage im Sinne des § 20 BImSchG können jedoch erst ergriffen werden, wenn die feststellende Wirkung der streitgegenständlichen Freistellungserklärung zur formellen Legalität der geplanten Änderung beseitigt wird.
54
Die Klage ist jedoch unbegründet, da die Freistellungserklärung rechtmäßig erging und daher nicht gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für die behördliche Entscheidung von Bedeutung sind. Mangels Verstoßes gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften werden auch keine Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die der Antragsteller nach seiner Satzung verfolgt (§ 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG).
55
aa. Die vorgebrachten Einwendungen des Antragstellers sind, entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Beigeladenen, weder missbräuchlich noch unredlich im Sinne des § 5 UmwRG. Gemäß § 5 UmwRG bleiben Einwendungen, die eine Person oder eine Vereinigung im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 erstmals im Rechtsbehelfsverfahren erhebt, unberücksichtigt, wenn die erstmalige Geltendmachung im Rechtsbehelfsverfahren missbräuchlich oder unredlich ist. Die Präklusionsvorschrift des § 5 UmwRG greift nur, wenn dem Betroffenen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung in subjektiver Hinsicht ein Vorwurf gemacht werden kann und der späte Zeitpunkt des Vorbringens auf einer bewussten Entscheidung beruht (vgl. BVerwG, U.v. 12.6.2019 – 9 A 2/18 – juris Rn. 38). Der Bevollmächtigte der Beigeladenen rügt, dass der Antragsteller als lokaler Umweltverband nicht bereits gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung als solche, sondern erst gegen die Freistellungserklärung vorgeht. Hierbei wird verkannt, dass Einwendungen, die gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung und solche gegen die Freistellungserklärung nicht deckungsgleich sind. Im Rahmen der Erteilung der Freistellungserklärung wird geprüft, ob die geplante und angezeigte Änderung einer neuen Genehmigung bedarf oder nicht. Durch die Änderung vom ursprünglich genehmigten Objekt werden gerade neue Fragen aufgeworfen, sodass die Einwendungen gegen die Freistellungserklärung überhaupt nicht im ursprünglichen Genehmigungsverfahren hätten geltend gemacht werden können. Zudem wurde dem Antragsteller erst mit Bescheid vom 29. Januar 2019 die Anerkennung zur Einlegung von Rechtsbehelfen nach dem UmwRG erteilt. Erst ab diesem Zeitpunkt war es dem Antragsteller überhaupt möglich gewesen Einwendungen gegen den geplanten Windpark vorzubringen. Da die Freistellungserklärung vom 18. Dezember 2019 auch nur gegenüber der Beigeladenen als Adressatin erteilt wurde und der Antragsteller keine Kenntnis von der Freistellungserklärung bis zum Baubeginn und seinen Nachfragen beim Landratsamt hatte, kann ihm nicht entgegengehalten werden, dass er Einwendungen in missbräuchlicher und unredlicher Weise, insbesondere im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erhebung der Klage, geltend gemacht hat.
56
bb. Die Freistellungserklärung vom 18. Dezember 2019 verstößt bei summarischer Prüfung nicht gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften.
57
Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BImSchG hat die zuständige Behörde unverzüglich, nachdem ihr die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage angezeigt wird, zu prüfen, ob die Änderung einer Genehmigung bedarf. Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG einer Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können (wesentliche Änderung). Die Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage ist daher nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG wesentlich, wenn durch sie die Schutzgüter des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG i. V. m. § 5 BImSchG in rechtserheblicher Weise berührt sein können. Die Anwendbarkeit des § 16 BImSchG hängt entsprechend seines Wortlautes „können“ nicht davon ab, ob die durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz geschützten Belange tatsächlich berührt sind, sondern ausschließlich davon, ob eine Berührung dieser Belange in Betracht kommt. Wesentlich im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG sind Änderungen bereits immer dann, wenn sie – bezogen auf die Schutzgüter des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG – nach ihrer Art oder nach ihrem Umfang zu einer erneuten Prüfung Anlass geben, d. h., wenn sie die Genehmigungsfrage erneut aufwerfen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass das ursprünglich im Jahr 2015 genehmigte Vorhaben noch nicht realisiert wurde. Weder die Anzeigepflicht nach § 15 BImSchG noch die Genehmigungspflicht nach § 16 BImSchG sind auf die Änderung des Betriebes der Anlage und damit auf dessen Errichtung beschränkt (vgl. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 92. EL Februar 2020, § 16 BImSchG, Rn. 35, 55). Sowohl im Falle einer bereits errichteten Anlage als auch im Falle einer lediglich genehmigten Anlage wurde das Vorhaben bereits umfassend behördlich überprüft, sodass lediglich eine wirksame Genehmigung für die Anwendung der §§ 15, 16 BImSchG notwendig ist (vgl. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 92. EL Februar 2020, § 16 BImSchG, Rn. 35). Eine wirksame und bereits bestandskräftige Genehmigung vom 12. Juni 2015 ist gegeben.
58
Liegt für die Anlage eine Genehmigung vor, dann ist diese der Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob und ggf. in welchem Umfang sich die beabsichtigte Maßnahme als Änderung darstellt (vgl. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 92. EL Februar 2020, § 16 BImSchG Rn. 63). Eine Änderungsanzeige lässt den ursprünglich erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid einschließlich seiner Nebenbestimmungen unberührt und verändert weder seinen Regelungsgehalt noch seinen Gestattungsumfang (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2005 – 22 AS 05.2945 – juris). Schließlich betrifft die mit der Anzeige verbundene Freistellung gerade nur die Genehmigungsbedürftigkeit der Änderung und nicht deren Rechtmäßigkeit (vgl. Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 92. EL Februar 2020, § 15 BImSchG Rn. 73; Jarass in Jarass, BImSchG, 12. Auflage 2017, § 15 BImSchG Rn. 38). Maßgeblicher Bezugspunkt ist daher die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 12. Juni 2015. Nicht relevant ist hingegen die Änderung gemäß der nach § 15 Abs. 1 BImSchG erstatteten Anzeige vom 10. August 2016 und die daraufhin am 6. Oktober 2016 ergangene Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BImSchG. Es muss deshalb der ursprünglich genehmigte Windenergieanlagentyp … 2.5-120 mit dem am 14. Oktober 2019 angezeigten Typen … 120 verglichen werden.
59
Im Vergleich zur ursprünglichen Genehmigung liegt bei der gebotenen summarischen Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren keine wesentliche Änderung gemäß § 16 Abs. 1 BImSchG vor. Wie dargestellt, genügt es für die Ablehnung einer unwesentlichen Änderung bereits, dass die im Bundes-Immissionsschutzgesetz geschützten Belange möglicherweise in rechtserheblicher Weise berührt sein können (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.1991 – 4 C 17/88 – juris Rn. 10; Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 92. EL Februar 2020, § 16 BImSchG Rn. 71). Wesentlich im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG sind Änderungen bereits dann, wenn sie nach ihrer Art oder nach ihrem Umfang zu einer erneuten Prüfung Anlass geben, wenn sie also die Genehmigungsfrage erneut aufwerfen (vgl. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 92. EL Februar 2020, § 16 BImSchG Rn. 80 m.w.N.). Nachteilige Auswirkungen fehlen nur dann, wenn sie vernünftigerweise aus der Sicht eines mit den aufgeworfenen technischen Problemen vertrauten Sachkundigen ausgeschlossen werden können. Dabei ist der Maßstab praktischer Vernunft anzulegen. Kann die Behörde bei ihrer Beurteilung im Anzeigeverfahren nach Vorliegen aller Prüfungsunterlagen die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen nicht ausschließen, so bedarf es weiterer Prüfungen, die dem Genehmigungsverfahren vorbehalten sind. Es kann jedoch nicht ohne weiteres von der Änderung des Windenergieanlagentyps oder der Änderung des Standorts einer Windenergieanlage auf das Vorliegen einer wesentlichen Änderung geschlossen werden (vgl. BayVGH, B.v. 11.8.2016 – 22 CS 16.1052 u.a. – juris Rn. 39, 41; B.v. 3.4.2019 – 22 CS 19.346 u.a. – juris Rn. 26; VG Regensburg, B.v. 21.11.2018 – RN 7 S 18.1756 – juris Rn. 79). Das Kriterium „Anlagentyp“ ist im Zusammenhang mit Windenergieanlagen kein normativ definiertes Kriterium, anhand dessen sich schon ohne Berücksichtigung der hinter einer Typenbezeichnung stehenden technischen Merkmale beurteilen ließe, ob bei Änderungen, beim Austausch von Anlagenteilen oder der ganzen Anlage eine im Sinne von § 16 Abs. 1 BImSchG wesentliche Änderung vorliegt (vgl. BayVGH, B.v. 3.4.2019 – 22 CS 19.346 u.a. – juris Rn. 26). Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob aufgrund der geänderten technischen Daten eine wesentliche Änderung gegeben ist (vgl. BayVGH, B.v. 11.8.2016 – 22 CS 16.1052 u.a. – juris Rn. 41). Zur Beurteilung der wesentlichen Änderung ist das grundsätzlich mögliche Störpotential der Änderung in den Blick zu nehmen. Des Weiteren darf eine Saldierung der Vor- und Nachteile (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG) der Änderung im Rahmen des Anzeigeverfahrens nicht stattfinden, da die Abwägung der Vor- und Nachteile einer Änderungsmaßnahme zumindest eine umfangreiche Prüfung mit einem definitiven Ergebnis voraussetzt. Eine solche Prüfung ist jedoch nicht Sinn und Zweck des Anzeigeverfahrens nach § 15 BImSchG (vgl. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 92. EL Februar 2020, § 16 BImSchG Rn. 83 f.).
60
(1) Die erhöhte Nennleistung des Anlagentyps … 120 von 3000 kW im Vergleich zum ursprünglich genehmigten Anlagentypen … 2.5-120 mit 2500 kW, die Getriebeänderung und die Änderung der Rotordrehzahl (von 8 bis 13 U/min hin zu 7 bis 12,75 U/min) kann zwar isoliert betrachtet den Eindruck erwecken, dass möglicherweise ein erhöhter Schallleistungspegel durch die Änderungen entsteht. Allerdings sind bei der Prüfung des Genehmigungserfordernisses einer Anlagenänderung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BImSchG auch weitere Erkenntnisse über die Auswirkungen eines bestimmten Anlagentyps zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 11.8.2016 – 22 CS 16.1052 u.a. – juris Rn. 41). Hier ist aufgrund der vorgelegten Prüfunterlagen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG) davon auszugehen, dass durch die Typenänderung keine Schallimmissionen hervorgerufen werden, die sich nicht im Rahmen des nach dem Genehmigungsbescheid vom 12. Juni 2015 zulässigen Maßes halten würden, weshalb keine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BImSchG vorliegt.
61
Zwar fällt bei der Betrachtung der durch die Typenänderung veränderten Schallimmissionswerte auf, dass sich die Zusatzbelastung (Nachtstunden) in dB(A) an allen Immissionsorten verschlechtert (vgl. Gutachten des TÜV … vom 22. Januar 2014 und Schallgutachten vom 5. Februar 2019). Die höchste Zusatzbelastung (Nachtstunden) entsteht nun am Immissionsort B mit 40,7 dB(A) (im Vergleich zu 39,8 dB(A) nach dem Gutachten vom 22. Januar 2014). Jedoch werden an allen Immissionsorten die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für Nachtstunden (vgl. Nr. 6.1 TA Lärm) eingehalten. Für den Immissionsort B ist beispielsweise nach der TA Lärm ein maximaler Immissionsrichtwert während der Nachtstunden von 45 dB(A) vorgesehen, der bei einer Zusatzbelastung von 40,7 dB(A) und einer Gesamtbelastung von 41,1 dB(A) weiterhin deutlich unterschritten wird. Die Zusatzbelastungen (Werktage und Sonn- und Feiertage) an den einzelnen Immissionsorten nehmen im Vergleich zu den Ausgangswerten aus dem Gutachten vom 22. Januar 2014 an allen Standorten durch den Typenwechsel ab oder bleiben unverändert. Der TÜV … kommt daher in seinem Schallgutachten vom 5. Februar 2019 zu dem Ergebnis, dass die Immissionsrichtwerte in der neu berechneten Konfiguration unter Berücksichtigung der Vorbelastungen bezüglich der Gesamtbelastung an allen Standorten eingehalten werden. Die maßgeblichen Werktags-, Sonn- und Feiertagswerte der TA Lärm werden daher trotz Anlagenänderung gewahrt. Gegenteiliges wurde von Seiten des Antragstellers auch nicht vorgetragen. Da die Immissionswerte der TA Lärm dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid vom 12. Juni 2015 zugrunde gelegt wurden, bewegen sich auch die veränderten Werte im Rahmen des ursprünglich Genehmigten. Zudem wurde in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 12. Juni 2015 ein maximaler Schallleistungspegel von 106,0 dB(A) pro Anlage festgesetzt. Entsprechend der immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme des Umweltingenieurs des Landratsamts vom 14. November 2019 ergebe sich aus dem Schallgutachten des TÜV … vom 5. Februar 2019, dass auf Basis einer Dreifachvermessung von einem Schallleistungspegel von 105,0 dB(A) pro Anlage auszugehen ist. Der Schallleistungspegel sei daher um 1,0 dB(A) geringer als der der bisher genehmigten …-Anlage. Zwar kam der Umweltingenieur aufgrund der Unsicherheit über den verwendeten Betriebsmodus zunächst zu dem Ergebnis, dass eine wesentliche Änderung gegeben sei. Diese Einschätzung änderte er jedoch, entgegen der Ausführungen des Antragstellers, mit E-Mail vom 17. Dezember 2019, nachdem das Landratsamt durch das Schreiben der … AG vom 3. Dezember 2019 darüber informiert wurde, dass der leistungsoptimierte Betriebsmodus der … 120 verwendet werde und der Begriff „schalloptimierter Modus“ in den Herstellerangaben historisch bedingt sei. Aufgrund dessen kam der Umweltingenieur des Landratsamts zum Ergebnis, dass die bestehenden Unklarheiten beseitigt worden seien, ein Schallleistungspegel von 105,0 dB(A) bestätigt werden könne und folglich keine wesentliche Änderung vorliege. Da sich die Schallwerte zusammenfassend im Rahmen des nach dem Genehmigungsbescheid vom 12. Juni 2015 zulässigen Maßes halten, entstehen bezüglich des Schallleistungspegels durch die Änderung des Anlagentyps keine nachteiligen schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG).
62
(2) Vergleicht man den genehmigten Anlagentyp … 2.5-120 mit dem angezeigten und geänderten Typen … 120 dahingehend, ob ein vermehrter Schattenwurf durch den Anlagentypwechsel entsteht, so ist festzustellen, dass beide Anlagentypen identische Rotorblätter mit der Bezeichnung … 58.7 und einem Rotordurchmesser von 120 m (bzw. laut Zeichnung des Anlagentyps … 119,9 m) haben. Dies geht aus den Schreiben des Unternehmen … vom 2. August 2016 und des Unternehmens … vom 17. Juli 2019 hervor. Aufgrund der gleichbleibenden Rotorblätter und der zumindest gleichbleibenden Gesamthöhe (Ausgleich der unterschiedlichen Turmhöhen über das Fundament, vgl. E-Mail der N. AG vom 10. September 2018) ist nicht ersichtlich, dass es zu einem vermehrten Schattenwurf allein durch den Typenwechsel kommt. Vergleicht man die Beschattungsstunden pro Tag und Jahr an den Immissionsorten A bis Q, die im Schattenwurfgutachten vom 18. Februar 2014 im Hinblick auf den ursprünglichen Anlagentyp ermittelt wurden, mit den Daten aus dem Schattenwurfgutachten vom 5. Februar 2019, welches den neuen Anlagentyp berücksichtigt, kann festgestellt werden, dass die maximalen Schattenwurfstunden pro Tag durch den Typenwechsel nur am Standort E von 0:35 auf 0:34 Stunden pro Tag verringert wurden, an allen anderen Standorten hingegen gleich geblieben sind. Bezüglich der Schattenwurfstunden pro Jahr haben sich diese an den Standorten B, C, E, F, L und P verringert, am Standort D von 45:35 Stunden pro Jahr auf 55:01 Stunden pro Jahr erhöht und sind im Übrigen gleich geblieben. Zwar ist am Standort D ein erhöhter Schattenwurf zu verzeichnen. Die Steigerung der jährlichen Schattenwurfzeit an einem Standort führt jedoch im Vergleich zur ursprünglich genehmigten Anlage zu keinen nachteiligen immissionsschutzrechtlichen Auswirkungen. Bereits durch den ursprünglich genehmigten Anlagentyp … 2.5-120 wurden die Grenzwerte (8 Stunden pro Kalenderjahr und 30 Minuten an einem Kalendertag bzw. 30 Minuten am Tag und 30 Stunden pro Kalenderjahr) überschritten. Deshalb wurde in der Ziffer III. C. 2. des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids zur Einhaltung der maximalen Beschattungszeiten die Verwendung einer automatischen Abschalteinrichtung angeordnet. Die Auflage in Ziffer III. C. 2. des Ausgangsbescheids besteht weiterhin unverändert fort und entfaltet auch für die geänderten Anlagentypen eine bindende Wirkung. Die streitgegenständliche – geänderte – Anlage muss daher eine automatische Abschalteinrichtung enthalten. Hierdurch werden die in der Ziffer III. C. 1. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung festgesetzten maximalen tatsächlichen Beschattungszeiten von 8 Stunden pro Kalenderjahr und 30 Minuten an einem Kalendertag bzw. die astronomisch mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden im Kalenderjahr und 30 Minuten am Tag auch beim Wechsel des Anlagentyps eingehalten. Eine Änderung der ursprünglichen Genehmigung oder die nachträgliche Anordnung einer Nebenbestimmung ist nicht nötig. Nachteilige immissionsschutzrechtliche Auswirkungen durch einen erhöhten Schattenwurf sind deshalb ausgeschlossen. Der Bevollmächtigte des Antragstellers ist dem auch nicht substantiiert entgegengetreten. Es besteht daher keine wesentliche Änderung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG.
63
(3) Auch aus den Tatsachen, dass die verwendeten Türme zwar beide vom Hersteller … sind, sich jedoch nur ähneln und nicht dieselben Türme darstellen, und dass eine unterschiedliche Rotorneigung und eine abweichende Exzentrizität bestehen, ergeben sich keine möglichen nachteiligen Umweltauswirkungen im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Von Seiten des Antragstellers erfolgte diesbezüglich auch kein immissionsschutzrechtlich erheblicher Vortrag. Aus einen möglichen größeren Schattenwurf folgt entsprechend der obigen Ausführungen keine wesentliche Änderung der Anlage. Die Verwendung unterschiedlicher Türme sowie das geänderte Fundament (für den Ausgleich der unterschiedlichen Turmhöhen) wirken sich gegebenenfalls auf baurechtliche oder sonstige Belange aus, nicht hingegen auf solche des Immissionsschutzrechts (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG).
64
(4) Weiter gehen die Einwendungen zum Natur- und Artenschutz des Antragstellers ins Leere, insbesondere, da es sich beim vorgetragenen erhöhten Tötungsrisiko im Sinne des § 44 Abs. 1 BNatSchG nicht um eine Auswirkung, die im Rahmen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und damit im immissionsschutzrechtlichen Freistellungsverfahren zu prüfen ist, handelt. Selbiges gilt für die Einhaltung von Abstandsflächen im Sinne des Art. 82 BayBO.
65
cc. Mangels möglicherweise zu erwartender nachteiliger immissionsschutzrechtlicher Auswirkungen erging die angegriffene Freistellungserklärung nach summarischer Prüfung in rechtmäßiger Weise. Eine Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften, die die satzungsgemäßen Ziele des Antragstellers berühren, ist nicht gegeben.
66
Das finanzielle Interesse der Beigeladenen an einem zügigen Weiterbau der betroffenen Windenergieanlagen sowie das öffentliche Interesse am Ausbau erneuerbarer Energien überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Der Antragsteller hat auch keine wesentlichen Aspekte vorgetragen, die trotz einer nach summarischer Prüfung rechtmäßigen Freistellungserklärung die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage rechtfertigen würde.
67
3. Der Antragsteller hat als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden dem Antragsteller auferlegt, da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).
68
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffern 19.2, 2.2.2 und 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).