Titel:
Abgrenzung zwischen Wohnnutzung und Fremdenbeherbergung
Normenketten:
BayZwEWG Art. 1 S. 2 Nr. 1, Art. 3 Abs. 2
BayVwVfG Art. 38
VwGO § 106
UStG § 4 Nr. 12 S. 2
BayVwZVG Art. 37 Abs. 4 S. 2
Leitsätze:
1. Eine schriftliche Zusage bindet eine Partei dann nicht mehr, wenn die andere Partei ihre Verpflichtung aus der durch die Zusage getroffenen Regelung über mehrere Jahre nicht erfüllt. (Rn. 27 – 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Gibt eine Partei eine bestimmte Absichtserklärung zu Protokoll und wird die andere Partei damit zufriedengestellt, liegt kein gerichtlicher Vergleich iSd § 106 VwGO vor, weil es an einer Gegenleistung fehlt. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Frage, ob eine Fremdenverkehrsnutzung vorliegt, wenn eine Wohneinheit nach ihrer Ausstattung mit Möbeln, Kochecke etc. dafür geeignet ist, dass die Benutzer in den jeweiligen Räumen ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können, kommt es maßgeblich auf das zugrundeliegende Nutzungskonzept des Vermieters und sein konkretes Geschäftsmodell im Einzelfall an. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zusage, Zweckentfremdung, Boardinghouse, Anfechtungsklage, Zwangsgeldandrohung, Fremdenbeherbung, Fremdenverkehrsnutzung, gerichtlicher Vergleich, Nutzungskonzept, Geschäftsmodell
Fundstelle:
BeckRS 2020, 6778
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Anfechtungsklage vom 5. November 2018 gegen den Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2018, mit dem sie unter Androhung eines Zwangsgelds von 10.000 Euro zur Beendigung der Nutzung der Wohnung Nr. 10 zur Fremdenbeherbergung aufgefordert wurde.
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Die Wohnung ist baurechtlich als Wohnraum genehmigt (Bl. 5c d. Behördenakte Whg. 10). Die Klägerin ist Mieterin der streitgegenständlichen Wohnung und vermietet diese weiter.
3
In einem früheren Verfahren M 9 K 13.3185 wurde in einem Erörterungstermin am 12. November 2014 eine Einigung erzielt. Die Beklagte erklärte damals zu Protokoll zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten über die Zulässigkeit der Nutzung der Einheiten 1, 2, 3, 9, 10 und 11 des Anwesens L.…straße 16:
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„Die Nutzung der vorgenannten Einheiten in Gestalt eines Boardinghouses im Rahmen der Einzelvermietung oder der Globalvermietung und / oder der Vermietung durch einen Dritten verstößt dann nicht gegen die Zweckentfremdungssatzung der Beklagten, wenn die Wohnräume so ausgestattet sind, dass dem Mieter ein selbständiges Wohnen möglich ist. D.h. sie müssen auch ohne sonstige Serviceleistungen, insbesondere ohne für bei Beherbergungsbetrieben übliche Serviceleistungen wie Rezeption, Lobby, täglichen Zimmerservice, Speisen-, Getränke- und sonstigen Raum- und Hotelservice überlassen werden. Dies gilt nur, wenn der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreitet. Eine Unterschreitung des Dreimonatszeitraums ist dann hinnehmbar, wenn dies durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts bei medizinisch begründeten Fällen erfolgt und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nicht mehr als 10 Prozent der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, betrifft.“
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Kläger war damals Herr B.… R.…, der spätere Geschäftsführer der Klägerin. Bereits während des Rechtsstreits schloss als neue Eigentümerin die S. … … GmbH, mit der A.* M.… … … … … UG (i. F: A.* M.… UG) als Mieterin am 23. April 2014 einen Gewerbemietvertrag über 6 Wohn- und 11 Gewerbeeinheiten, unter anderem die Wohnungen 1, 2, 3, 9, 10 und 11, alle möbliert, Geltungsdauer 10 Jahre, Überlassung mit dem Zweck zur Nutzung als Objekt zur gewerblichen Weitervermietung als möblierter Wohnraum mit der Verpflichtung, nur kurzfristige Vermietungen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes vorzunehmen und diese weiter auszuweisen und zu berechnen, damit die Vermieterin zum Vorsteuerabzug berechtigt bleibt.
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Nachdem keine ausdrückliche Regelung über die vorzulegenden Nachweise im Protokoll vom 12. November 2014 (M 9 K 13.3185) getroffen worden war, forderte die Beklagte mit Schreiben vom 9. Mai 2016 die Mieterin A.* M.… UG und am 21. Juli 2016 die S. … … GmbH zur Vorlage entsprechender Mietverträge ab dem 1. Januar 2015 zur Prüfung der Einhaltung der im Verfahren M 9 K 13.3185 getroffenen Regelung auf (Bl. 11 u. 17 d. Behördenakte Whg. 10).
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Die S. … … GmbH führte mit der A.* M.… UG einen Rechtsstreit wegen Räumung der Wohnungen. Letztlich erlangte sie erst am 21. Dezember 2017 die Verfügungsmacht an der Wohnung wieder zurück.
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Auf Anforderung durch die Beklagte legte die A.* M.… UG bezüglich der Wohnung Nr. 10 mit E-Mail vom 23. Januar 2017 lediglich eine Aufstellung der Vermietungen im Jahr 2016 vor (Mieteraufstellung Bl. 21a d. Behördenakte Whg. 10). Außerdem wurde mitgeteilt, dass die gerichtliche Klärung bis Ende 2015 nicht bekannt gewesen sei. Nach der Aufstellung sei die Wohnung vom 14. Januar 2016 bis zum 14. März 2016 an Herrn A.* H.…, A.… A.…, vom 1. April 2016 bis zum 22. Mai 2016 an Herrn A.* M.…, S.… S.… und vom 1. November 2016 an Herrn J.… A.* H.… vermietet worden. Mit weiterer E-Mail vom 14. Februar 2017 wurden die dazugehörigen Mietverträge und Kopien der Reispässe der Mieter aus den Vereinigten Arabischen Emiraten vorgelegt. Für den Mieter A.* H.… A.… A.… wurde auch ein Schengen-Visum vorlegt. Dieses gibt als Aufenthaltsgrund die Begleitung zu einer medizinischen Behandlung an. Das Visum hatte eine Gültigkeit bis zum 8. April 2016 (Bl. 23m d. Behördenakte Whg. 10). Für die Jahre 2015 und 2017 wurden keine Aufstellungen vorgelegt.
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Vorgelegt wurde mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 15. Juli 2018 (Bl. 52 ff. Behördenakte Whg. 10) ein Gewerbemietvertrag vom 21. Dezember 2017. Danach hat die S. … … GmbH mit Wirkung ab 21. Dezember 2017 die Wohnungen 1, 3, 9, 10 und 11 des Anwesens L.…straße 16, an die Klägerin vermietet. Nutzungszweck war ausweislich des Mietvertrags die Nutzung der Einheiten als möblierter Wohnraum. Ausdrücklich ist im Mietvertrag geregelt, dass die gerichtliche Vereinbarung vom 12. November 2014 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München im Verfahren M 9 K 13.3185 zu beachten und unbedingt einzuhalten ist. Ferner ist im Mietvertrag geregelt, dass die in der gerichtlichen Vereinbarung vorgeschlagene Auflistung über die Vermietung jährlich bis spätestens 15. Januar des Jahres der S. … … GmbH als Vermieterin unaufgefordert zuzustellen sei, um die Einhaltung der Vereinbarung prüfen zu können. Die Klägerin sicherte des Weiteren zu, dass sie 95% des Mietgegenstandes zur Verwendung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze verwendet (Ziffer 1 und 2 des Mietvertrags; Bl. 52c ff. Behördenakte Whg.10).
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Mit Schreiben vom 13. August 2018 (Bl. 60 f. Behördenakte Whg. 10) teilte die S. … … GmbH unter Vorlage von Untermietverträgen und Mietaufhebungsverträgen die Untermieter der Einheiten 1, 3, 9, 10 und 11 mit; die ursprünglich verfahrensgegenständliche Wohnung Nr. 2 war zu diesem Zeitpunkt bereits seit den 80er Jahren langfristig vermietet. Ausweislich dieser Aufstellung für die Jahr 2017/2018 waren alle Wohnungen ab Januar 2018 für Zeiträume unter einem halben Jahr vermietet, nachdem zuvor kleinere Reparaturarbeiten durchgeführt worden waren. Aufenthaltsrechtlich hatten einige der Untermieter befristete Aufenthaltstitel zur medizinischen Behandlung.
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Nach Anhörung zum beabsichtigten Erlass einer zweckentfremdungsrechtlichen Anordnung mit Schreiben vom 21. August 2018 kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 14. September 2018 den Mietvertrag mit der S. … … GmbH und gab an, dies erfolge wegen der zweckentfremdungsrechtlichen Maßnahmen der Beklagten trotz Einhaltung des gerichtlichen Vergleichs durch die Klägerin (Bl. 71 Behördenakte Whg.10). Da die beiden Parteien später von der Unwirksamkeit einer Teilkündigung ausgingen und die S. … … GmbH der Kündigung widersprach, vereinbarte sie mit der Klägerin am 18./24. Oktober 2018, dass vorläufig bis zur Klärung des Rechtsstreits keine Vermietungen mehr an Personen erfolgen sollten, welche sich lediglich für medizinische Zwecke in M. aufhalten. Diese Vereinbarung wurde der Beklagten erst mit Schreiben vom 8. April 2019 mitgeteilt (Bl. 172 ff. d. Behördenakte Whg. 1).
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Bis zum Erlass des streitgegenständlichen zweckentfremdungsrechtlichen Grundbescheides konnte bei keiner Ortsermittlung in der Wohnung Nr. 10 eine Person angetroffen werden. Insgesamt wurden vier Ortsermittlungen bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides durchgeführt.
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Mit Bescheid vom 2. Oktober 2018 verpflichtete die Beklagte die Klägerin, die Nutzung der Wohnung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung unverzüglich zu beenden (Ziff. 1) Für den Fall, dass der Anordnung in Ziffer 1 des Bescheids nicht innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Bescheides Folge geleistet werde, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro angedroht (Ziff. 2). Rechtsgrundlage für den Erlass dieser Anordnung sei Art. 3 Abs. 2 ZwEWG. Die Wohnung sei seit mindestens Januar 2018 wiederholt und regelmäßig zur Weitervermietung an Personen, die sich lediglich vorübergehend zum Zwecke der medizinischen Behandlung in M. aufhielten überlassen werde; dies sei eine Zweckentfremdung im Sinne von Art. 1 Satz 1 Nr. 3 ZwEWG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS. Eine reguläre Wohnnutzung läge nicht vor. Die Feststellungen im Rahmen der Ortsermittlungen hätten ergeben, dass die Miete in Tagessätzen erfolge und die angetroffenen Personen nur über Visa bzw. Aufenthaltstitel verfügten, welche nur für Dauer ihrer medizinischen Behandlung gültig seien. Die Einlassung, dass die Nutzung im Einklang mit der gerichtlichen Vereinbarung vom 12. November 2014 erfolge, werde durch diese Feststellungen bereits widerlegt.
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Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 5. November 2018 Klage erhoben. Die Klägerin beantragt,
Der Bescheid der Landeshauptstadt M., Sozialreferat, Amt für Wohnen und Migration, Wohnraumerhalt, Bestandssicherung vom 2. Oktober 2018 den Wohnraum L.…str. 16/VGB 3. OG links - Wohnung 10, 8.… M., Az. S-III-W/BS 116-Med betreffend wird aufgehoben.
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Die Beklagte ignoriere den vor dem Verwaltungsgericht München am 12. November 2014 geschlossenen Vergleich. Die S. … … GmbH habe nach erstmaliger Wiedererlangung der Verfügungsgewalt im Anschluss an die Räumung des Mieters A.* M.… UG am 21. Dezember 2017 ihr Nutzungskonzept sofort und ausschließlich an den Vorgaben der Vereinbarung ausgerichtet und diese zum wesentlichen Vertragsgegenstand bei der Vermietung an die Klägerin gemacht. Auch die tatsächliche Nutzung durch die Klägerin seit 21. Dezember 2017 orientiere sich ausschließlich an den Vorgaben dieser Vereinbarung. Die Wohnung Nr. 10 sei ab dem 11. Januar 2018 unbefristet an Herrn M.… A.… vermietet worden. Mit Mietaufhebungsvertrag vom 7. Juni 2018 sei das Mietverhältnis auf Wunsch des Mieters zum 13. Juni 2018 beendet worden. Das Mietverhältnis hab damit fünf Monate und zwei Tage bestanden. Ab dem 17. Juni 2018 sei dann unbefristet an Herr M.… I.… vermietet worden. Dieser sei am 17. September 2018 ausgezogen, sodass die Nutzungsdauer hier mehr als drei Monate betragen habe. Die Klägerin habe mit den Mietern keine Tagesmieten vereinbart. Die Mieter hätte diese eventuell umgerechnet. Außerdem würden die Mieten tagegenau im Monat des Einzugs- und Auszugs berechnet. Eine Einschaltung eines Vermittlers sei nicht erfolgt. Die Klägerin bediene sich lediglich ihrer Angestellten. Der Vergleich vom 12. November 2014 erlaube ihr die ausschließliche Vermietung an Personen aus dem arabischsprachigen Raum, welche sich ggf. zu medizinischen Zwecken in M. aufhalten.
16
Die Beklagte beantragt,
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Die Klägerin betreibe als Mieterin im Zusammenspiel mit der Eigentümerin die Zweckentfremdung professionell als Geschäftsmodel. Alle Wohnungen seien nur kurzzeitig vermietet worden. Der unbefristete Abschluss von Mietverträgen erfolge offensichtlich nur zum Schein, wie die Aussagen der angetroffenen Personen, die regelmäßig nur ein Visum für einen kurzfristigen Aufenthalt hatten, bestätigen. Die Unterschriften auf den Mietverträgen und auf den Mietaufhebungsverträgen hätten nie übereingestimmt. Die gerichtliche Vereinbarung vom 12. November 2014 zwischen dem damaligen Eigentümer der Wohneinheiten und der Beklagten sei zwischen der Klägerin und der Beklagten schon nie wirksam geworden, weil sich die S. … … GmbH seit dem Abschluss der gerichtlichen Vereinbarung bis zum Abschluss des Mietvertrags mit der Klägerin zum 21. Dezember 2017 nachweislich nicht an die Vereinbarung gehalten habe. Die A.* M.… UG habe ausweislich der Akten die Wohnungen 1, 3, 9, 10 und 11 unter drei Monaten vermietet. Die Geschäftsführerin der S. … … GmbH sei am Stammkapital der Klägerin mehrheitlich beteiligt, sodass Die Kläger auch Kenntnis von der jahrelangen Nichteinhaltung der Vereinbarung gehabt habe. Im Übrigen sei mittlerweile die Geschäftsgrundlage der gerichtlichen Vereinbarung aufgrund der aktuellen Rechtsprechung entfallen, da die damals bestehende Rechtsunsicherheit nicht mehr vorliege.
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Am 8. März 2019 wurde eine weitere Ortsermittlung an der streitgegenständlichen Wohnung durchgeführt (Bl. 134 d. Behördenakte Whg. 10). Die Ortsermittlung wurde zusammen mit zwei Mitarbeitern der Klägerin durchgeführt. Die Tür der Wohnung Nr. 10 war mit dem Namen „J.…“ beschriftet. In der Wohnung wurde Herr M.… M.… angetroffen. Dieser wies sich durch eine unbefristete Niederlassungserlaubnis aus. Sein Pass befände sich in einer Wohnung in der K.…str. Dort habe er vorher zusammen mit seiner Frau gelebt. Er habe sich von seiner Frau getrennt und lebe nun hier allein. Für die Wohnung zahle er 1.400 € monatlich. Die erste Miete habe er in bar gezahlt. Einen Mietvertrag habe er nicht, da dieser noch nicht fertig sei.
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Mit Bescheid vom 1. April 2019 erklärte die Beklagte das mit Bescheid vom 2. Oktober 2018 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 10.000 € für fällig (Ziff. I.) und drohte ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 20.000 € unter Fristsetzung von vier Wochen an (Ziff. II.). Aus der Ortsermittlung vom 8. März 2019 könne abgeleitet werden, dass die zweckfremde Nutzung durch die Klägerin fortdauere.
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Gegen die Fälligstellung des Zwangsgelds und die erneute Zwangsgeldandrohung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 29. April 2019 Klage erhoben (M 9 K 19.2207). Mit Urteil vom selben Tag ist die Klage abgewiesen worden.
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Mit Vereinbarung vom 19. April 2019 vereinbarte die Klägerin mit der S. … … GmbH, dass zur Meidung von weiteren Bescheiden der Beklagten die verfahrensgegenständlichen Wohnungen aus dem Gewerbemietvertrag vom 21. Dezember 2017 herausgenommen werden und bis auf weiteres die S. … … GmbH in die Mietverträge der Klägerin eintritt.
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Später führte die Beklagte am 24. Juli 2019 und am 17. Januar 2020 noch Ortsermittlungen durch. Bei beiden konnten keine Personen in der Wohnung Nr. 10 angetroffen werden. Am 17. Januar 2020 war die Wohnungstür nach dem angefertigten Foto mit dem Namen „N.… J.…“ beschriftet.
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Mit Schriftsätzen vom 29. April 2019, 12. Juli 2019 und 2 Februar 2020 erklärte die Klägerin, dass die Wohnung Nr. 10 mit Mietvertrag vom 22. Oktober 2018 an Herrn N.… J.… vermietet worden sei. Dieser habe, wie die Ortsermittlung am 26. November 2018 ergeben habe, die Wohnung nicht bewohnt, sodass dieser mit Gestattung der Klägerin die Wohnung an Herrn M.… M.… untervermietet habe. Da Herr J.… die Miete für April 2019 nicht bezahlt habe, sei der Mietvertrag mit Kündigungserklärung vom 9. April 2019 bzw. vom 20. April 2019 gekündigt worden. Herr M.… M.… habe die Wohnung im April 2019 verlassen und die Klägerin per SMS hierüber informiert. Ab dem 1. August 2019 sei die Wohnung von der S. … … GmbH unbefristet an Herrn N.… J.… vermietet worden. Der Mieterwechsel sei notwendig gewesen, da die Beklagte dies mit dem angedrohten Zwangsgeld verlangt habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Behördenakte und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2020 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 2. Oktober 2018 hat keinen Erfolg. Der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Rechtsgrundlage ist Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsgesetz - ZwEWG) in Verbindung mit § 13 der Satzung der Landeshauptstadt M. über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) vom 11. Dezember 2017. Der zweckentfremdungsrechtliche Tatbestand nach Art. 1 Satz 2 Nr. 1 ZwEWG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS in Form der Fremdenbeherbergung ist erfüllt.
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a) Die Nutzung der Wohnung als Boardinghouse stellt trotz der im Verfahren M 9 K 13.3185 im Protokoll der Niederschrift vom 12.11.2014 enthaltenen allgemeinen Zusage eine Zweckentfremdung dar. Die Zusage bindet die Beklagte nicht mehr, da die tatsächliche Nutzung der Wohnungen über Jahre nicht nachprüfbar der vereinbarten Nutzungsweise entsprach.
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Grundlegend für die damalige Regelung war, dass die Nutzung als Boardinghouse durch Vermietung ohne Serviceleistungen dann nicht gegen die Zweckentfremdungssatzung der Beklagten verstößt, wenn regelmäßig der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreitet und dieser nur in 10% der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, in medizinisch begründeten Fällen durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts unterschritten wird.
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aa) Die entsprechende Erklärung der Beklagten im damaligen Verfahren zu Protokoll des Gerichts ist eine schriftliche Zusage, mit der sich die die zuständige Behörde einseitig zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen selbst verpflichtet (Sachs in Stelkens/Bonk, Kommentar 9. Aufl. 2018, § 38 VwVfG, Rn. 2). Anders als bei einer Zusicherung nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, die einen Unterfall der allgemeinen Zusage darstellt, besteht das zugesagte Tun oder Unterlassen nicht im Erlass oder dem Unterlassen eines bestimmten Verwaltungsakts. Vorliegend wurde nur erklärt, dass die mit der Zusage geregelte bestimmte Nutzung nicht den Tatbestand einer Zweckentfremdung erfüllt.
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Die Vereinbarung vom 12. November 2014 stellt entgegen der Ansicht der Prozessbevollmächtigten der Klägerin keinen gerichtlichen Vergleich dar. Gibt eine Partei in der Regel die Beklagtenpartei eine bestimmte Absichtserklärung zu Protokoll, wie hier, und wird die andere Partei damit zufriedengestellt, liegt kein gerichtlicher Vergleich i. S. d. § 106 VwGO vor, weil es an einer Gegenleistung fehlt. Es liegt kein gegenseitiges Nachgeben vor. Der Rechtsstreit erledigt sich nicht durch die Absichtserklärung, weshalb zur prozessualen Beendigung auch noch gesonderte prozessbeendende Erklärungen notwendig sind; wie sie auch im Verfahren M 9 K 13.3185 erfolgt sind.
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bb) Die Eigentümerin hat ihre Verpflichtung aus der durch die Zusage getroffenen Regelung über mehrere Jahre nicht erfüllt. Allgemeine Zusagen der hier vorliegenden Art können aufgrund ihres zumindest verwaltungsaktähnlichen Regelungsgehalts unter einer Bedingung abgegeben werden (VGH BW, B.v.9.7.2002 - 8 S 1340/02 - juris; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 38 Rn. 26).
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Vorliegend ist nach Auslegung offensichtlich, dass Bedingung für die Zusage war, dass die jeweiligen Vermieter der Wohnung sicherstellen, dass die Vermietung nachprüfbar entsprechend der Zusage auch tatsächlich erfolgt.
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Maßgebend für die Auslegung ist der Wille, wie ihn der Empfänger bei Würdigung des objektiven Erklärungswerts und der weiteren Begleitumstände, insbesondere des Zwecks der Erklärung, verstehen konnte (BayVGH, B.v.4.4.2016 - 3 ZB 13.2631 - juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 11.5.2006 - 5 C 10/05 - juris Rn. 36; B.v. 10.11.2006 - 9 B 17/06 - juris Rn. 4). Die Auslegung der Zusage vom 12. November 2014 nach dem Empfängerhorizont entsprechend § 133, 157 BGB ergibt, dass diese unter der Bedingung erfolgte, dass die tatsächliche Vermietung nachprüfbar nicht entgegen der Vereinbarung erfolgt. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut „dies gilt nur“, der den erkennbaren Willen der Beklagten zeigt, nur unter dieser Bedingung zu einer Zusage bereit zu sein. Erkennbar wollte die Beklagte im damaligen Verfahren zumindest eine gewisse Dauerhaftigkeit des Aufenthalts der Endnutzer sicherstellen und war nur unter dieser Bedingung zu der Zusage bereit.
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Für 2016 dauerte keines der genannten drei Mietverhältnisse nach der Aufstellung der A.* M.… UG länger als drei Monate. Für die Jahre 2015 und 2017 wurden trotz entsprechender Aufforderung durch die Beklagte keinerlei Nachweise über die Nutzung und die Mieter der Wohnung vorgelegt. Ausübungen von Sonderkündigungsrechten, welche ausnahmsweise eine kürzere Nutzung erlaubt hätten, wurden für kein einziges Mietverhältnis nachgewiesen. Weshalb der Bevollmächtigte der Klägerin davon ausgeht, dass durch die drei Mietverhältnisse in 2016 die Vereinbarung bezüglich Wohnung Nr. 10 eingehalten worden sei, erschließt sich dem Gericht nicht.
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Für das Jahr 2018 haben zunächst weder die S. … … GmbH noch die Klägerin die von der Beklagten zunächst erbetenen, dann mit Bescheid verlangten lückenlosen und nachprüfbaren Nachweise über die Mietverhältnisse und ihre Dauer vorgelegt. Die S. … … GmbH hat lediglich eine Reihe von Wohnungsgeberbestätigungen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die hier verfahrensgegenständliche Wohnung wiederholt kurzfristig vermietet wurde. Die durch den Bevollmächtigten vorgelegten Mietverträge und Mietaufhebungsverträge bestätigen, dass im Jahr 2018 nur eine kurzzeitige Vermietung an Personen erfolgte, die die Wohnung zu einem vorübergehenden Zweck nutzten. Soweit die Klägerin vorträgt, dass die hier verfahrensgegenständliche Wohnung durch unbefristete Mietverträge immer länger als drei Monate vermietet wurde und jeweils erst durch Mietaufhebungsvereinbarung das Mietverhältnis vorzeitig beendet worden sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Es entspricht nicht der Lebenswirklichkeit, dass Mieter unbefristet Mietverträge abschließen und nach vier oder fünf Monaten das Mietverhältnis einvernehmlich aufgehoben wird, wenn die Betreffenden tatsächlich auf Dauer in M. wohnen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese Konstruktion gewählt wurde um das Geschäftsmodel der Fremdenbeherbergung durch ein flexibles und zeitlich hotelähnliches Konzept fortzuführen. Anhaltspunkte für eine entsprechende Verschleierung ist auch der Umstand, dass Mietvertrag und Mietaufhebungsvertrag jeweils von unterschiedlichen Personen geschlossen wurden und dass dieses Konzept nicht nur bei der hier verfahrensgegenständlichen Wohnung, sondern auch bei anderen Wohnungen angewandt wurde. Die Mieter haben dabei auch regelmäßig die Miethöhe als Tagesmiete angegeben. Die in den Verträgen festgelegte monatliche Zahlung erfolgt zur Überzeugung des Gerichts nur zum Schein. Der Vermutung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dass die Mieter eventuell aufgrund der Zahlungsmodalitäten in ihren Herkunftsländern die Monatsmiete in eine Tagesmiete umgerechnet haben könnten, ist nicht zu folgen. Für das Gericht steht aufgrund der Tatsachen fest, dass die dauerhaften Mietverträge nicht ernstlich gewollt waren, sondern täglich flexibel beendet werden konnten. Aufgrund dieser Tatsachen ist davon auszugehen, dass auch noch in 2018 die Mietverhältnisse nur auf dem Papier länger als drei Monate liefen.
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cc) Eine fortbestehende Bindungswirkung der Zusage der Beklagten ergibt sich auch nicht daraus, dass die Eigentümerin als Grund für die fehlenden Nachweise und die Nichteinhaltung der vereinbarten Einzelvermietungsdauer von drei Monaten das Verhalten der früheren Mieterin A.* M.… UG genannt hat. Es ist unbeachtlich, ob die Eigentümerin tatsächlich Einfluss auf die Vermietung von 2015 bis zum 21. Dezember 2017 hatte, da die Weitervermietung an Dritte ausdrücklich von der Vereinbarung erfasst war und ein Verschulden der S. … … GmbH nicht erforderlich ist. Die S. … … GmbH muss sich das Verhalten der A.* M.… UG verschuldensunabhängig nach dem Rechtsgedanken des Erfüllungsgehilfen nach § 278 Satz 1 BGB zurechnen lassen. In der Zusage war die Vermietung durch Dritte explizit vorgesehen. Das Risiko, dass diese Dritten die Bedingung für die Zusage nicht einhalten, lag damit bei der Eigentümerin bzw. beim jeweiligen Nutzer der Wohnung.
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dd) Offenbleiben kann damit, ob die Beklagte nicht auch entsprechend Art. 38 Abs. 3 BayVwVfG aufgrund einer geänderten Sachlage nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht mehr an die Zustimmung gebunden ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann aber nicht aufgrund einer geänderten Rechtslage die Bindungswirkung entfallen sein. Eine Änderung der Rechtslage kann durch eine spätere Rechtsprechung grundsätzlich nicht herbeigeführt werden. Notwendig ist eine Änderung der Norm selbst, nicht aber ihrer Auslegung (st. Rspr. z.B. BVerwG, U.v. 11.9.2013 - 8 C 4/12 - juris Rn. 21 m.w.N.).
38
ee) Da die Bedingung der Zusage nicht erfüllt wurde, ist diese hinfällig bzw. bindet die Beklagte nicht mehr. Dies hat zur Folge, dass mangels einer wirksamen Zusage eine Zweckentfremdung in Form eines Boardinghouses vorliegt.
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b) Die Nutzung als Boardinghouse stellt eine rechtswidrige Nutzung zur Fremdenbeherbergung dar und wurde zu Recht durch die Beklagte untersagt. Die Nutzungsänderung in ein Boardinghouse ist eine ungenehmigte Zweckentfremdung von Wohnraum.
40
Zwar ist umstritten und im Zweckentfremdungsrecht noch nicht höchstrichterlich geklärt, wann ein Nutzungskonzept wie hier eine zeitlich begrenzte Wohnnutzung darstellt und wann ein gewerblicher Beherbergungsbetrieb in Gestalt eines Boardinghouse und damit eine Fremdenbeherbergung vorliegt. Nach Ansicht der Kammer ist bei der verfahrensgegenständlichen Wohnung die Grenze zur Fremdenbeherbergung aber überschritten.
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aa) Eine Fremdenbeherbergung im Sinne des Zweckentfremdungsrechts liegt immer dann vor, wenn ein lediglich beherbergungsartiges Unterkommen ohne Verlegung des Lebensmittelpunktes vorliegt. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn eine Wohnung für die Dauer eines bestimmten Zwecks, aber eines vorübergehenden Aufenthalts, zur Verfügung gestellt wird (BayVGH, B.v. 01.08.2016 - 12 CS 16.969; VG München U.v. 15.11.2017 - M 9 K 17.557 - juris). Maßgeblich ist grundsätzlich nicht die Länge des Aufenthalts sondern der Umstand, dass es sich um ein übergangsweises, nicht alltägliches, einen begrenzten Zweck dienendes Unterkommen für Personen handelt, die ihre eigentliche Wohnung typischerweise an einen anderen Ort haben. Schwierig ist die Abgrenzung, wenn keine fremdenverkehrstypischen Serviceleistungen angeboten werden und die vollständig eingerichtete Unterkunft länger genutzt wird, ohne dass der Lebensmittelpunkt des Bewohners dorthin verlagert wird. Ausschlaggebend ist für die Abgrenzung einer Wohnnutzung von einem Boardinghouse als gewerblichen Fremdenverkehrsbetrieb deshalb nicht die Möglichkeit einer uneingeschränkten eigenen Haushaltsführung in Abgrenzung zu einer Unterkunft mit fremdenverkehrstypischen Dienstleistungen, wie sie in Hotels oder Pensionen angeboten werden. Die dazu vorliegende baurechtliche Rechtsprechung zur Einstufung eines Boardinghouse je nach Schwerpunkt der Nutzung als Wohnen oder als Beherbergungsbetrieb/Ferienhaus (z.B. VGH Mannheim, B.v.17.01.2017 - 8 S 16.41/16) kann für das Zweckentfremdungsrecht nicht übernommen werden (VG München, U. v. 15.11.2017 - M 9 K 17.557). Wenn wie hier eine Wohneinheit nach ihrer Ausstattung mit Möbeln, Kochecke etc. dafür geeignet ist, dass die Benutzer in den jeweiligen Räumen ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können, kommt es deshalb maßgeblich auf das zugrundeliegende Nutzungskonzept des Vermieters und sein konkretes Geschäftsmodell im Einzelfall dafür an, ob eine Fremdenverkehrsnutzung vorliegt.
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Die Länge des Aufenthalts kann dafür als Indiz berücksichtigt werden (OVG Berlin-Bbg B.v. 26.4.2019 - OVG 5 S 24.18 - juris Rn. 12). Dabei muss aber nach Ansicht der Kammer bereits das Nutzungskonzept erkennbar und nachprüfbar auf eine längere Aufenthaltsdauer ausgelegt sein und diese auch sicherstellen. Vorliegend ist schon aufgrund des Gewerbemietvertrages zwischen der S. … … GmbH und der Klägerin ein starkes Indiz gegeben, dass eine kurzfristige Fremdenbeherbergung beabsichtigt ist. Denn nach dem Vertrag verpflichtet sich die Klägerin den Mietgegenstand zu 95% zu umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen zu verwenden. Langfristige Vermietungen zu Wohnzwecken sind allerdings umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst a) UStG. Nicht befreit ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Die zeitliche Grenze zwischen kurzfristiger und langfristiger Vermietung wird nach der steuerrechtlichen Rechtsprechung bei sechs Monaten gezogen (BFH, U.v. 27.10.1993 - XI R 69/90 - juris Rn. 13). Dabei ist nicht die tatsächliche Dauer der Vermietung entscheidend, sondern die aus den äußeren Umständen ableitbare diesbezügliche Absicht des Vermieters (BFH, B.v. 23.9 2014 - V B 37/14 - juris Rn. 7). Nach dem Gewerbemietvertrag zwischen der S. … … GmbH und der Klägerin liegt es damit nahe, dass auch bezüglich der verfahrensgegenständlichen Wohnung nur Mietverhältnisse unter sechs Monaten angestrebt wurden. Bei einer derartigen vertraglichen Gestaltung eines Boardinghouses und bei Übernahme der zeitlichen Grenze von sechs Monaten für die Zweckentfremdung (VG München; U.v. 29.7.2015 - M 9 K 14.5596 - juris), kann ein Boardinghouse keine Wohnnutzung darstellen.
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bb) Die Klägerin bietet nach ihrer eigenen Einlassung, nach Aktenlage und nach dem Ergebnis der Ortseinsichten durch die Beklagte eine flexible, vorübergehende Unterkunft zum vorübergehenden Aufenthalt an und keine Wohnung im Sinne einer auf Dauer angelegte Häuslichkeit. Bei Wohnung Nr. 10 wurde zwar bei den Ortsermittlungen bis zum Erlass des streitgegenständlichen Grundbescheides vom 2. Oktober 2018 kein Kurzzeitnutzer angetroffen, aufgrund des bekannten Gewerbemietvertrages und in der Gesamtschau mit den anderen Wohnungen, waren die Erkenntnisse aber ausreichend, um auch bezüglich dieser Wohnung eine Zweckentfremdung in Form einer Fremdenbeherbergung anzunehmen. Die Vermietung durch die Klägerin erfolgte ausweislich des vorgelegten Mietvertrags mit der S. … … GmbH als Gewerbemiete mit dem Nutzungszweck, die Einheiten als möblierten Wohnraum unter Einhaltung der gerichtlichen Vereinbarung unter zu vermieten. Die Untervermietung selbst erfolgte ausweislich der bei den Ortseinsichten der anderen Wohnungen gegebenen Auskünfte der Untermieter regelmäßig tage- und wochenweise an Personen, die sich alle befristet zu einem bestimmten Zweck, zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zur medizinischen Behandlung, vorübergehend im Bundesgebiet aufhielten und die die jeweilige Wohneinheit dementsprechend kurzzeitig und flexibel nutzten.
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c) Die Klägerin hat ihr Nutzungskonzept bis heute nicht auf Dauer geändert und will auch zukünftig grundsätzlich daran festhalten. Ihre Bevollmächtigten haben in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Klägerin grundsätzlich an ihrem Konzept eines Boardinghouses, bevorzugt für Medizintouristen festhalten will und dass die Vermietung an Studenten und sonstige Mieter vorerst nur vorübergehend bis zur verwaltungsgerichtlichen Entscheidung erfolgt, um weitere Zwangsgelder zu vermeiden. Eine Nutzungsänderung nach Bescheiderlass ist im Übrigen für die Klage gegen den zweckentfremdungsrechtlichen Grundbescheid unbeachtlich, da maßgeblich das Nutzungskonzept zum Zeitpunkt des Bescheiderlass ist und eine Erledigung auch schon deswegen ausgeschlossen ist, da der Bescheid immer noch als Grundlage für Vollstreckungshandlungen gegen die Klägerin in Betracht kommt. Da es sich nach der Rechtsprechung sowohl des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes als auch des Gerichts bei der durch einen zweckentfremdungsrechtlichen Bescheid begründeten Pflicht in vollstreckungsrechtlicher Hinsicht grundsätzlich um eine Unterlassungsverpflichtung handelt - nämlich die Verpflichtung, das verfolgte Nutzungskonzept aufzugeben (vgl. beispielsweise VG München, B.v. 26.4 2016 - M 9 S 16.1449 - juris; BayVGH, B.v. 9.5.2016 - 12 CS 16.899 - n.V.) kommt nach Art. 37 Abs. 4 Satz 2 VwZVG immer noch die Fälligstellung und Einziehung von Zwangsgeldern in Betracht. Die vertraglichen Änderungen zwischen der S. … … GmbH und der Klägerin vom 18./24. Oktober 2018 und vom 19. April 2019 sind schon deswegen für die vorliegende Anfechtungsklage gegen den Grundbescheid vom 2. Oktober 2018 unbeachtlich.
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d) Bedenken dagegen, dass Klägerin die richtige Adressatin der Nutzungsuntersagung nach Art. 9 Abs. 1 LStVG ist, bestehen keine. Die Beklagte hat der Eigentümerin und der Klägerin die Nutzung untersagt und beide als (Mit) Störer in Anspruch genommen. Unter Berücksichtigung dessen, dass ausweislich des Schriftverkehrs die S. … … GmbH und die Klägerin gemeinsam gehandelt und sich in mehreren Vereinbarungen abgesprochen haben bestehen gegen die Inanspruchnahme der Mieterin und der Eigentümerin als gemeinsame Störer keine rechtlichen Bedenken (BayVGH, B.v. 20.11.2019 - 12 ZB 19.1996 - n.V.; VG München, U.v. 15.2.2017 - M 9 K 16.4641 - juris Rn. 39). Die diesbezügliche Einschätzung der Beklagten ist nach Aktenlage nachvollziehbar und hat sich in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Die Störerauswahl ist damit nachvollziehbar, erforderlich, geeignet und ermessensgerecht. Auch sonstige Ermessensfehler sind nicht vorgetragen oder ersichtlich (§ 114 Satz 1 VwGO).
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e) Gegen die Zwangsgeldandrohung nach Art. 29, 31 und 36 VwZVG bestehen keine Bedenken.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
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4. Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.