Titel:
Unzulässige Klage aufgrund fehlender Unterschrift
Normenkette:
VwGO § 81 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Für die Wirksamkeit bestimmender Schriftsätze, zu denen die Klageerhebung nach § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO gehört, ist grundsätzlich eine eigenhändige Unterschrift erforderlich. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. In Ausnahmefällen kann es genügen, wenn sich aus der Klageschrift oder aus ihr beigefügten Anlagen eindeutig und ohne Notwendigkeit einer Beweiserhebung ergibt, dass die Klage vom Kläger herrührt und mit dessen Willen an das Gericht gelangt ist; hierbei ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unzulässigkeit der Klage, fehlende Unterschrift, überdachte Lagerfläche, Genehmigung, Bauantrag, Schriftformerfordernis, Schriftform
Fundstelle:
BeckRS 2020, 676
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klage richtet sich gegen die Anordnung, einen Bauantrag vorzulegen.
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Die Klägerin ist Mieterin des Anwesens …, FlNr. …, Gemarkung …, im Rückgebäude. Sie betreibt dort eine Schreinerei.
3
Anlässlich einer Ortseinsicht durch den Außendienst der Bauordnungsbehörde wurde festgestellt, dass im Anwesen …, FlNr. …, Gemarkung …, eine überdachte Lagerfläche errichtet wurde. Für die Errichtung liegt keine Genehmigung vor.
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Mit Schreiben vom 23. Dezember 2014 und 16. Oktober 2018 wurde die Klägerin mit einer Frist bis 6. November 2018 aufgefordert, einen Bauantrag einzureichen. Die Frist verstrich ungenutzt.
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Mit Bescheid vom 12. November 2018, zugestellt am 14. November 2018, wurde die Klägerin aufgefordert, innerhalb von einer Frist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit des Bescheides, einen Bauantrag mit den erforderlichen Bauvorlagen für das Vorhaben „Errichtung einer überdachten Lagerfläche“ vorzulegen.
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Mit einem als „Widerspruch“ betitelten Schreiben vom 7. Dezember 2018, eingegangen bei Gericht am 13. Dezember 2018, wandte sich die Klägerin an das Verwaltungsgericht und erklärte Widerspruch gegen den Bescheid „Androhung Zwangsgeld 1.000,00 EUR sowie Kostenfestsetzung“ einzureichen. Bei dem Schreiben handelt es sich um einen Computerausdruck, der nicht unterzeichnet war. Er wurde mittels Einschreiben an das Verwaltungsgericht übermittelt, auf dem Briefumschlag wurde nichts handschriftlich vermerkt.
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Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 1. März 2019,
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Mit gerichtlichen Schreiben vom 4. Dezember 2019 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die fehlende Unterschrift erhebliche Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage bestünden. Eine Reaktion durch die Klägerin erfolgte hierauf nicht.
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In der mündlichen Verhandlung am 22. Januar 2020 erschien die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht.
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Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtssowie der Behördenakten, hinsichtlich des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Gegenstand der Klage ist ein Bescheid vom 12. November 2018, der die Klägerin auffordert, einen Bauantrag für das Vorhaben „Errichtung einer überdachten Lagerfläche“ auf dem Anwesen …, FlNr. …, Gemarkung …, innerhalb einer Frist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit dieses Bescheides einzureichen. Für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist wird ein Zwangsgeld von 1.000,00 EUR angedroht.
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Die Klage hat keinen Erfolg, da sie unzulässig ist.
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Das am 13. Dezember 2018 bei Gericht eingegangene Schreiben stellt keine wirksame Klageerhebung dar, da es die Schriftform des § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht wahrt.
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Das Schriftformerfordernis des § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat den Zweck, die Identität des Absenders festzustellen und damit sicherzustellen, dass es sich nicht nur um einen Entwurf, sondern um eine gewollte prozessuale Erklärung handelt. Daher ist für die Wirksamkeit bestimmender Schriftsätze, zu denen die Klageerhebung nach § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO gehört, grundsätzlich eine eigenhändige Unterschrift erforderlich. In Ausnahmefällen kann es genügen, wenn sich aus der Klageschrift oder aus ihr beigefügten Anlagen eindeutig und ohne Notwendigkeit einer Beweiserhebung ergibt, dass die Klage vom Kläger herrührt (Urheberschaft) und mit dessen Willen an das Gericht gelangt ist (Verkehrswille). Hierbei ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen, da die Bedeutung der Unterschrift als Erfordernis abschließender Erklärungen im allgemeinen Rechtsverkehr bekannt ist. Allerdings sind bei einem nicht anwaltlich vertretenen Kläger die Anforderungen als geringer anzusehen als bei einem durch einen Rechtsanwalt vertretenen Kläger (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.8.1983, NVwZ 1985, 34; VG München, Urteil vom 14.2.2012 - M 10 K 11.3648 - juris; Kopp/Schenke, VwGO § 81 Rn. 5 ff.).
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Das am 7. Dezember 2018 bei Gericht eingegangene Schreiben genügt diesen Anforderungen nicht, da sich keine handschriftliche Unterschrift darauf befindet. Auch aus der Versendung als Einschreiben lassen sich keine Anhaltspunkte auf Urheberschaft oder Verkehrswillen ziehen, da sich auf dem Umschlag keine handschriftlichen Ausführungen durch einen Vertreter der Klägerin finden.
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Die Klage war somit als unzulässig abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.