Inhalt

VG München, Urteil v. 16.01.2020 – M 22 K 18.893
Titel:

Feststellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts

Normenketten:
GG Art. 140
KirchStG DDR § 2 Nr. 4
VwGO § 43 Abs. 1
WRV Art. 137
Leitsätze:
1. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse zum Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegenüber dem Freistaat Bayern besteht nicht, wenn eine Religionsgemeinschaft, die ihren Sitz in Berlin hat, in Bayern nicht tätig ist (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die durch den Ministerrat der DDR erteilte staatliche Anerkennung beinhaltet nicht die Verleihung von Rechten einer öffentlich-rechtlichen Religionskörperschaft, weil eine derartige Rechtsform dem damaligen Recht der DDR fremd war.  (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts folgt auch nicht aus dem KirchStG DDR. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kirchenrecht, Anspruch einer Religionsgemeinschaft auf Feststellung des Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts, Staatliche Anerkennung durch Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik, Feststellungsinteresse
Fundstelle:
BeckRS 2020, 66

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt bei verständiger Würdigung ihres Vorbringens die Feststellung, dass sie den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts innehat.
2
Bei der Klägerin handelt es sich nach eigenem Vortrag um eine Religionsgemeinschaft islamischen Glaubens, die am 21. Februar 1990 in Ost-Berlin gegründet wurde. Sie führt den Namen "I* . R* ." (§ 1 Abs. 1 der Satzung der Klägerin aus dem Jahr 1991 in der Fassung vom 17.5.2005); ihr Sitz ist in Berlin (§ 1 Abs. 2 der Satzung).
3
Am 1. März 1990 wurde der Klägerin durch den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik - Amt für Kirchenfragen - die staatliche Anerkennung verliehen. Die diesbezügliche Urkunde hat folgenden Inhalt:
4
"Die ,I* . R* . in der DDR' mit Sitz in Berlin, Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik, ist staatlich anerkannt. Mit der staatlichen Anerkennung ist die Religionsgemeinschaft nach § 15 Abs. 2 der Verordnung über die Gründung und Tätigkeit von Vereinigungen vom 6.11.1975 (Gbl. I Nr. 44 S. 723) rechtsfähig."
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In einem Begleitschreiben vom 9. März 1990 heißt es unter anderem ferner:
6
"Ihre Gemeinschaft gehört damit zu den über 30 Kirchen und Religionsgemeinschaften, die in der DDR auf der Grundlage von Artikel 39 (2) der Verfassung und weiterer gesetzlicher Bestimmungen der DDR ihre Tätigkeit selbständig in voller Freiheit ausüben und Rechtsfähigkeit besitzen."
7
Wohl am 30. Januar 1996 wurde die Klägerin als "I* . R* . e.V." in das Vereinsregister beim Amtsgericht Berlin (Charlottenburg) unter dem Zeichen VR . eingetragen (Dokument 56 der Behördenakte; das Registerblatt aus dem Vereinsregister weist jedoch den 20.7.2006 als Datum der Eintragung aus, Dokument 59 der Behördenakte). Durch rechtskräftige Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse wurde der Verein aufgrund des § 42 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgelöst (Eintragung im Vereinsregister vom 26. Februar 2013). Am 9. April 2015 wurde das Registerblatt geschlossen (Dokument 59 der Behördenakte). Nach Hinweis des Beklagten hierauf leitete die Klägerin dem Gericht ein ursprünglich an das Verwaltungsgericht Potsdam gerichtetes Schreiben wohl vom 26. April 2018 zu, in dem sie ausführt, die Klägerin habe mit I* .n R* . e.V. nichts zu tun. Sie habe ihre Rechtsfähigkeit durch den Ministerrat der DDR erhalten, nicht durch Eintragung im Vereinsregister.
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Am 5. Juni 2005 teilte die Klägerin (in Form des eingetragenen Vereins) der Senatsverwaltung für Finanzen in Berlin mit, dass sie beabsichtige, als öffentlich-rechtliche Religionskörperschaft von ihren Mitgliedern Steuern zu erheben. Nach Vorlage einer Steuerordnung sowie des Gemeinschaftssteuerbeschlusses lehnte die Senatsverwaltung für Finanzen die erforderliche Genehmigung mit Bescheid vom 17. November 2005 ab. Eine hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht Berlin mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 16. April 2007 maßgeblich mit der Begründung ab, dass die Klägerin keine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei (Az.: VG 27 A 6/07).
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Mit Schreiben vom 5. November 2017 stellte die Klägerin, vertreten durch ihren Vorsitzenden, wörtlich "einen Antrag auf Feststellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts für die i* . R* .". Der Antrag war an die Bundeskanzlerin sowie an alle Ministerpräsidenten der Länder gerichtet. Im Antragsschreiben wurde ausgeführt, die Klägerin beantrage im Hinblick auf die staatliche Anerkennung durch den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik die Feststellung, dass die I* . R* . Bundeskörperschaft des öffentlichen Rechts in der Bundesrepublik Deutschland sowie Körperschaft des öffentlichen Rechts im jeweiligen Bundesland sei. Die Klägerin begründete dies damit, dass sie in der DDR mit Sitz in Berlin durch den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik als Religionsgemeinschaft anerkannt worden sei. Diese Anerkennung sei gleichzusetzen mit dem Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne der Weimarer Reichsverfassung. Zur Begründung werde auf ein im Auftrag der Klägerin erstelltes, von Herrn E* . L* . verfasstes und nicht datiertes Gutachten Bezug genommen. Dessen Ausführungen mache sich die Klägerin zu Eigen. Die hier gegenständliche Rechtsfrage sei bisher nicht höchstrichterlich entschieden worden.Der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Berlin entfalte keine Bindungswirkung und sei inhaltlich falsch.
10
Am 14. Januar 2018 erhob die Klägerin beim Verwaltungsgericht Berlin Klage (Az.: VG 27 K 93/18) und stellte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Az.: VG 27 L 92/18); Klage und Eilantrag waren sowohl gegen die Bundesrepublik, als auch an alle Bundesländer gerichtet. Nach Abtrennung der Verfahren erklärte sich das Verwaltungsgericht Berlin für örtlich unzuständig und verwies mit Beschlüssen jeweils vom 21. Februar 2018 beide Verfahren an das hiesige Gericht.
11
Die Klägerin beantragt in der Klageschrift wörtlich, den Beklagten zu verurteilen, dem Antrag vom 5. November 2017 zu entsprechen, hilfsweise nach Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
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Zur Begründung der Klage verweist die Klägerin auf ihren Antrag vom 5. November 2017 und in diesem Zusammenhang mitgesendeten Anlagen.
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Der Beklagte beantragt mit Schreiben vom 27. März 2018,
die Klage abzuweisen.
14
Er führt aus, die Klägerin strebe nach Wortlaut und erkennbarer Intention die Feststellung an, dass die vom Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik am 1. März 1990 ausgesprochene staatliche Anerkennung als Verleihung der Körperschaftsrechte anzusehen sei. Die Klägerin habe ihren Sitz jedoch im Land Berlin. Für einen Bezug zu Bayern (Mitglieder oder religiöse Aktivitäten der Klägerin im Freistaat Bayern) sei weder etwas vorgetragen, noch sei ein solcher Bezug bekannt. Ein Antrag auf Feststellung der Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sei ebenso wie ein Verleihungsantrag an das Land der Bundesrepublik Deutschland zu richten, in dem die Klägerin ihren Sitz habe, im Fall der Klägerin an das Land Berlin. Die Klägerin habe einen solchen Status weder durch ihre Anerkennung als Religionsgemeinschaft auf dem Gebiet der vormaligen DDR erhalten, noch sei ein solcher Status vom Land Berlin verliehen worden. Nach Auffassung des Beklagten stehe der vorliegenden Klage die Rechtskraft des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. April 2007 entgegen, da in diesem Verfahren bereits über denselben Streitgegenstand entschieden worden sei. Eine Verleihung von Körperschaftsrechnern an eine Religions - oder Weltanschauungsgemeinschaft mit Sitz außerhalb Bayerns sei nur möglich, wenn der Klägerin in ihrem Sitzland bereits die Körperschaftsrechte verliehen worden seien. Nach der Praxis der Länder in der Bundesrepublik Deutschland würden die Körperschaftsrechte an bundesweit tätige Religionsgemeinschaften zunächst von dem Land verliehen, in dem die Gemeinschaft ihren Sitz habe (Erstverleihung). Die übrigen Länder würden die Körperschaftsrechte für ihr jeweiliges Landesgebiet in der Folge im Wege der Zweitverleihung verleihen. In Bayern sei dies in Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 des Kirchensteuergesetz auch positiv-rechtlich geregelt. Eine Erstverleihung sei vorliegend jedoch nicht erfolgt.
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Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung lehnte das Gericht mit Beschluss vom 4. Juni 2018 mangels Vorliegens eines Anordnungsgrundes ab.
16
Wegen der weiterhin Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Gerichtssowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

17
Über die Klage konnte gemäß § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) trotz Ausbleibens eines Vertreters der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung am 16. Januar 2020 entschieden werden. Die Klägerin wurde zum Termin mit Ladung vom 13. Dezember 2019 ordnungsgemäß gegen Postzustellungsurkunde vom 17. Dezember 2019 geladen und auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen.
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Die Klage erweist sich bereits als unzulässig und hat darüber hinaus auch in der Sache keinen Erfolg.
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1. Dabei ist der Antrag der Klägerin zunächst sachdienlich dahingehend auszulegen, dass sie die Feststellung hinsichtlich des Innehabens des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts begehrt.
20
Das Gericht hat das tatsächliche Rechtsschutzbegehren der Klägerin durch Auslegung zu ermitteln (vgl. § 88 VwGO). Maßgebend für den Umfang des Klagebegehrens ist das aus dem gesamten Parteivorbringen, insbesondere der Klagebegründung, zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel (stRspr; vgl. BVerwG, U.v. 3.7.1992 - 8 C 72/90 - juris Rn. 19; B.v. 25.6.2009 - 9 B 20.09 - juris Rn. 2). Neben dem gestellten Antrag und der Begründung ist auch die Interessenlage der Klägerin zu berücksichtigen, soweit sie sich aus dem Parteivortrag und sonstigen für das Gericht und den Beklagten als Empfänger der Prozesserklärung erkennbaren Umständen ergibt (vgl. BVerwG, B.v. 12.3.2012 - 9 B 8/12 - juris Rn. 5 n.w.N.). An die wörtliche Fassung des gestellten Antrag ist das Gericht indes nicht gebunden (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 88 Rn. 8 ff.).
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Unter diesen Vorgaben ist das Rechtsschutzziel der Klägerin vorliegend dahingehend zu bestimmen, dass ein Feststellungsurteil des Inhalts, dass die Klägerin aufgrund der staatlichen Anerkennung in der DDR aus dem Jahr 1990 eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, begehrt wird. Dieses Rechtsschutzziel lässt sich in einer Gesamtschau des Vorbringens der Klägerin, insbesondere aber auch dem an die Bundeskanzlerin sowie den Ministerpräsidenten gerichteten Antrag vom 5. November 2017, auf den die Klägerin explizit Bezug nimmt, entnehmen. Ein darüber hinausgehendes Begehren, insbesondere im Hinblick auf eine Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin den Körperschaftsstatus zu verleihen, geht aus dem Parteivortrag hingegen nicht hervor; vielmehr geht die Klägerin erkennbar davon aus, dass ihr ein solcher Status aus Zeiten der ehemaligen DDR bereits zustehe.
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2. Der so verstandene Antrag erweist sich jedoch bereits als unzulässig, da es an einem für eine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO notwendigen berechtigten Interesse fehlt.
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2.1 Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Dabei ist ein Interesse nach allgemeiner Meinung dann berechtigt, wenn es rechtlicher oder schutzwürdiger tatsächlicher, insbesondere wirtschaftlicher oder ideeller Art ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, B.v. 20.12.2017 - 4 B 14/17 - NVwZ 2018, 739 Rn. 13). Die gerichtliche Entscheidung muss geeignet sein, die Rechtsposition des Klägers zu verbessern (vgl. statt vieler Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 43 Rn. 30).
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2.2 Ein derartiges berechtigtes Interesse hinsichtlich einer Feststellung des Innehabens des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gegenüber dem Beklagten ist unter keinem in Betracht kommenden Gesichtspunkt ersichtlich. Die Klägerin, die ihren Sitz in Berlin hat, hat nichts dazu vorgetragen, überhaupt einen Bezug zum Freistaat Bayern zu haben bzw. auf dem Gebiet des Freistaats Bayern religiös oder weltanschaulich tätig zu sein bzw. künftig sein zu wollen. Auch aus der Akte ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für einen Bezug der Klägerin zum Beklagten. Insofern bleibt völlig unklar, welche vorteilhafte Rechtsposition für die Klägerin mit der von ihr begehrten Feststellung gegenüber dem Beklagten bestehen sollte. Hierzu fehlen jegliche Ausführungen seitens der Klägerin.
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2.3 Weitere Fragen der Zulässigkeit, insbesondere hinsichtlich der Beteiligtenfähigkeit der Klägerin (die im Hinblick auf die Löschung des Vereins aus dem Vereinsregister durchaus zweifelhaft erscheint), können aufgrund des bereits fehlenden berechtigten Interesses vorliegend dahinstehen.
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3. Darüber hinaus wäre die Klage auch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist.
27
Die Klägerin besitzt im Hoheitsgebiet des Beklagten nicht den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts i.S.d. Art. 140 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 137 Abs. 5 der Weimarer Rechtsverfassung (WRV). Demnach sind alle Religionsgemeinschaften in Deutschland, die bereits vor dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung Körperschaften des öffentlichen Rechts waren oder denen dieser Status unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung verliehen worden ist, weiterhin Körperschaften des öffentlichen Rechts (Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV - sog. altkorporierte Religionsgemeinschaften). Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten (Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV). Die Klägerin ist - unstreitig - weder eine altkorporierte Religionsgemeinschaft, noch ist ihr ein solcher Status verliehen worden. Die Zuerkennung dieser Eigenschaft erfolgte weder durch die staatliche Anerkennung durch den Ministerrat der DDR - Amt für Kirchenfragen - vom 1. März 1990 (3.1) noch durch die gesetzliche Regelung in § 2 Nr. 4 des Kirchensteuergesetzes der DDR (KirchStG DDR), abgedruckt in Gbl. DDR I S. 1627 = BGbl. II S. 1194 (3.2).
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3.1 Die der Klägerin am 1. März 1990 durch den Ministerrat der DDR erteilte staatliche Anerkennung beinhaltet nicht die Verleihung von Rechten einer öffentlich-rechtlichen Religionskörperschaft, weil eine derartige Rechtsform dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht der DDR fremd war. Der Rechtsstatus einer öffentlich-rechtlichen Religionskörperschaft war seit 1968 in der Verfassung der DDR nicht mehr vorgesehen war. Diese Verfassung - und ebenso die des Jahres 1974 - garantierte den Kirchen und den anderen Religionsgemeinschaften nur noch das Recht zur Ordnung ihrer Angelegenheiten und zur Ausübung ihrer Tätigkeit "in Übereinstimmung mit der Verfassung und den gesetzlichen Bestimmungen der Deutschen Demokratischen Republik" (Art. 39 Abs. 2 der Verfassung der DDR). Ohne dass den bisher als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfassten Religionsgemeinschaften dieser Rechtsstatus förmlich entzogen worden wäre, wurden sie als andere rechtlich selbständige Organisationen und Vereinigungen angesehen und damit dem Privatrecht unterstellt (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 15.10.1997 - 7 C 21/96 - juris Rn. 17; VG Berlin, U.v. 25.10.1993 - VG 27 A 214/93 - juris Rn. 18 f.; Gerichtsbescheid v. 16.4.2007 - VG 27 A 6.07 - juris Rn. 14 f.). Daraus folgt, dass die staatliche Anerkennung vom 1. März 1990 schon in Anbetracht des insoweit nicht (mehr) vorhandenen Rechtsstatus der Körperschaft des öffentlichen Rechts einen solchen auch nicht verleihen konnte (so auch VG Mainz, U.v. 26.7.2018 - 1 K 116/18.MZ - juris Rn. 40).
29
3.2 Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts folgt auch nicht aus der Regelung in § 2 Nr. 4 KirchStG DDR. Nach § 2 dieses Gesetzes sind Körperschaften des öffentlichen Rechts neben bestimmten Gliederungen der evangelischen (Nr. 1) und der katholischen (Nr. 2) Kirche sowie der jüdischen Kultusgemeinden (Nr. 3) auch andere Religionsgesellschaften, die die gleichen Rechte haben (Nr. 4). Mit dieser Regelung ging jedoch keine Statusverleihung an die - staatlich anerkannte - Klägerin einher.
30
Dies folgt bereits daraus, dass sich dieses Gesetz, wenn es überhaupt auf eine Verleihung von Statusrechten abgezielt haben sollte, allenfalls auf die (hoheitliche) Befugnis zur Erhebung von Kirchensteuern bezogen haben konnte. Damit wären andere wesentliche Elemente des Körperschaftsstatus im Sinne der Weimarer Reichsverfassung, wie die Dienstherrenfähigkeit, das Disziplinarecht und das Vereidigungsrecht, nicht in der Verleihung enthalten und somit nicht mit diesem Status vergleichbar (vgl. VG Berlin, U.v. 25.10.1993 - VG 27 A 214/93 - juris Rn. 22).
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Zu beachten ist darüber hinaus, dass der mit dem Erlass des KirchStG DDR verfolgte Zweck allein darin bestand, ab Beginn des Steuerjahres 1991 in den neuen Bundesländern die Erhebung von Kirchensteuern in gleichem Umfang wie in den alten Bundesländern zu ermöglichen. Mit diesem Gesetzeszweck ist die Annahme der Verleihung von Statusrechten über § 2 Nr. 4 KirchStG DDR nicht vereinbar. Das KirchStG DDR beinhaltet keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass mit ihm eine Erweiterung des Kreises öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften auf die vom Ministerrat der DDR staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften bezweckt war. Vielmehr liegt es unter Berücksichtigung von Systematik und Telos des Gesetzes nahe, dass mit "anderen Religionsgesellschaften, die die gleichen Rechte haben" (§ 2 Nr. 4 KirchStG DDR) nur die (altkorporierten) Religionsgesellschaften zu verstehen sind, die den unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung erlangten Status als öffentlich-rechtliche Körperschaft aufgrund der sukzessiven Beseitigung dieser Rechte in der DDR verloren haben, diese Statusrechte als Folge der Wiedervereinigung aufgrund Art. 140 GG, 137 Abs. 5 WRV unmittelbar und für den Gesetzgeber des KirchStG DDR vorhersehbar im Geltungsbereich dieses Gesetzes wiedererlangen werden (vgl. hierzu ausführlich VG Berlin, Gerichtsbescheid vom 16.4.2007 - VG 27 A 6.07 - juris Rn. 17; ähnlich auch BVerwG, U.v. 15.10.1997 - 7 C 21/96 - juris Rn. 23). Eine solche (altkorporierte) Körperschaft ist die Klägerin jedoch wie bereits ausgeführt nicht.
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4. Abschließend sei bemerkt, dass eine Verleihung von Körperschaftsrechten durch den Beklagten hier von vornherein nicht in Betracht kommt. Es fehlt hierfür bereits an der nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Bayerischen Kirchensteuergesetzes erforderlichen (Erst)-Verleihung durch das Land, in dem die Klägerin ihren Sitz hat (hier Berlin). Die Voraussetzungen für Verleihung von Körperschaftsrechten durch den Beklagten im Rahmen einer sog. Zweitverleihung liegen somit ersichtlich nicht vor (zur Systematik der Erst- und Zweitverleihung durch die Exekutivorgane der Bundesländer vgl. BVerfG, B.v. 30.6.2015 - 2 BvR 1282/11 - juris).
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5. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO entsprechend i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).