Inhalt

VGH München, Beschluss v. 27.03.2020 – 15 N 19.1377
Titel:

Aussetzung eines Normenkontrollverfahrens

Normenketten:
UmwRG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a, § 4 Abs. 1, Abs. 1a, § 4 Abs. 1b S. 3, Abs. 2
VwGO § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5, § 94
BauGB § 2 Abs. 3, § 12, § 214 Abs. 4
BNatSchG § 44
Leitsätze:
1. Das Normenkontrollverfahren gegen einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan für eine Windfarm ist auf eine gerichtliche Überprüfung einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a UmwRG gerichtet. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Vorhaben einer Windfarm ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Bebauungsplan ist vollzugsunfähig und damit nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn seiner Umsetzung zwingende artenschutzrechtliche Verbote des § 44 BNatSchG entgegenstehen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
4. Auch bei vohabenbezogenen Bebauungsplänen kann eine Aussetzung des Normenkontrollverfahrens zur Heilung eines Ermittlungs- oder Bewertungsdefizits nicht auf § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG gestützt werden; diese Regelung findet wegen § 4 Abs. 2 UmwRG keine Anwendung. (Rn. 26 – 28) (redaktioneller Leitsatz)
5. Liegt ein Ermittlungs- und Bewertungsdefizit hinsichtlich der artenschutzrechtlichen Problematik vor, würde der Fehler zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans und zu einem entsprechenden Ausspruch des Normenkontrollgerichts im Verfahren gem. § 47 VwGO führen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Aussetzung eines Normenkontrollverfahrens (abgelehnt), Verfahrensaussetzung, Verfahrensfehler, Bebauungsplan, Windfarm, Artenschutz, Ermittlungsdefizit, Normenkontrolle
Fundstelle:
BeckRS 2020, 6635

Tenor

Der Antrag der Beigeladenen auf Aussetzung des Verfahrens wird abgelehnt.

Gründe

I.
1
Die Beigeladene begehrt unter Berufung auf § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG die Aussetzung eines beim Senat anhängigen Verfahrens einer Normenkontrolle betreffend den von der Antragsgegnerin am 19. Juli 2018 bekannt gemachten vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 67 „Windpark S…“ zum Zwecke der Heilung eines (Verfahrens-) Fehlers gem. § 2 Abs. 3 BauGB.
2
Der angegriffene Bebauungsplan überplant eine Waldfläche an der Grenze zum nördlich anschließenden Gemeindegebiet des Markts N… In der Planzeichnung des Bebauungsplans sowie im Vorhaben- und Erschließungsplan sind u.a. konkrete Standorte für drei Windkraftanlagen mit Baugrenzen sowie Verkehrsflächen festgesetzt. Ziel des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist es, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Windkraftanlagen im Sinne von § 30 Abs. 2 BauGB zu regeln, auch mit Blick darauf, dass die Abstände zwischen den Standorten der Anlagen und der nächstgelegenen Wohnbebauung die vorgesehenen Mindestabstände nach der sog. „10 H-Regelung“ (vgl. Art. 82 BayBO i.V. mit § 35 Abs. 1 Nr. 5, § 249 Abs. 3 BauGB) unterschreiten.
3
Im Verfahren der Bauleitplanung waren u.a. artenschutzrechtliche Fragen wiederholt Gegenstand von Einwendungen, Befassungen im Gemeinderat und gutachterlichen Ausarbeitungen. Für die Durchführung der Beteiligungsverfahren gem. § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 BauGB wurde ein neuer artenschutzrechtlicher Fachbeitrag [Verf. Dipl. Ing. (FH) … …] vom 19. September 2016 erstellt, der auf Ermittlungen einer älteren speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung zurückgriff und der zudem auf weiteren eigenen avifaunistischen Beobachtungen sowie auf Begehungen (Horstsuche) in von den Beobachtungspunkten schlecht einsehbaren Waldbereichen aufbaute. Der Antragsteller - ein Umweltverband - äußerte sich im Folgenden ablehnend zur Bauleitplanung; der artenschutzrechtliche Fachbeitrag weise Mängel in Methodik und Durchführung auf.
4
In seiner Sitzung vom 31. März 2017 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin Änderungen der Planung (Reduzierung der bisher festgesetzten Höhe der Anlagen von 220 m auf 200 m). Für das anschließende nochmalige Beteiligungsverfahren (§ 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB) wurde der artenschutzrechtlicher Fachbeitrag aktualisiert (Stand 26. Mai 2017). Dieser kommt (wie schon die vorherige Ausarbeitung des Gutachters vom 19. September 2016) zu dem „gutachterlichem Fazit“ (Seite 40), dass 19 Fledermäuse, die Haselmaus, die Gelbbauchunke und die Zauneidechse als FFH-Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie sowie insgesamt 19 „Europäische Vogelarten“ identifiziert worden seien, die hinsichtlich der naturschutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG näher zu prüfen gewesen seien. Unter Berücksichtigung von Maßnahmen zur Vermeidung und Minimierung würden die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG nicht berührt. Baubedingte Tötungen für alle betrachteten Fledermaus- und Vogelarten könnten weitgehend vermieden werden, sodass nur ein allgemeines, den Tatbestand des Tötungsverbots nicht erfüllendes allgemeines Kollisionsrisiko vorliege. Störungen streng geschützter Arten einschließlich der Rastvögel und Durchzieher seien entweder nicht zu erwarten bzw. hätten keine die Population gefährdende Auswirkungen. Wegen der geringen Flächeninanspruchnahme der Windkraftanlagen bzw. der ausreichenden Entfernung zu dauerhaften Brutstätten sensibler Arten sei eine Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten auszuschließen bzw. bleibe bei Beanspruchung die ökologische Funktionalität, wenn erforderlich auch mit Hilfe der Durchführung von CEF-Maßnahmen, dennoch im räumlichen Zusammenhang gewahrt.
5
Im Rahmen der (weiteren) Bürgerbeteiligung legte der beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) beschäftigte Kartograph und Landkartentechniker … … unter dem 6. August 2017 (ergänzt durch weiteres Schreiben vom 10. August 2017) eine von ihm ausgearbeitete Expertise / Analyse mit zahlreichen Abbildungen (flächenmäßige Einsehbarkeit der Prüfbereiche von den gewählten Fixpunkten aus; Darstellung der Topografie des Prüfbereichs; Geländeschnitte) vor. Hiernach seien weite Bereiche der für den artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vom 19. September 2016 durchgeführten Vogelflugbeobachtungen von den beiden vom Gutachter … ausgewählten Fixpunkten aus nicht einsehbar gewesen. Insofern sei der artenschutzrechtliche Fachbeitrag am Maßstab der Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA) vom 19. Juli 2016 (Windenergie-Erlass - BayWEE - AllMBl. 2016, 1642) sowie der der „Arbeitshilfe Vogelschutz und Windenergienutzung - Fachfragen des bayerischen Windenergie-Erlasses“ des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU, Stand Februar 2017) (im Folgenden: Arbeitshilfe Vogelschutz und Windenergienutzung des LfU) nicht methodengerecht erstellt worden.
6
Der Antragsteller bezweifelte mit seinem Einwendungsschreiben vom 8. August 2017 u.a. unter Bezugnahme auf die Ausführungen von Herrn … die methodengerechte Erstellung des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags durch den Gutachter … Entsprechend der vorliegenden Topografie vor Ort wäre ein dritter Beobachtungsfixpunkt zwingend nötig gewesen; zudem hätten bei allen Beobachtungspunkten Hubsteiger zum Einsatz kommen müssen. Überdies sei es selbst bei Zugrundelegung der im Fachbeitrag des Gutachters … sowie im Umweltbericht dokumentierten Anzahl beobachteter Durchflüge des Wespenbussards bei entsprechender Hochrechnung für die relevante viermonatige Aufenthaltsperiode fachlich nicht korrekt, von lediglich unregelmäßigen Durchflügen zu sprechen und ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für diese Art zu verneinen. Zudem seien nach Anlage 5 des BayWEE artangepasst für den Wespenbussard zu wenig Beobachtungstermine durchgeführt worden. Bei einigen Beobachtungsterminen sei entgegen den Vorgaben der Anlage 5 des BayWEE das Wetter „kühl“ bzw. „kühl-warm“ gewesen. Auch vor diesem Hintergrund seien weitere Nachuntersuchungen nötig.
7
Am 20. Februar 2018 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin nach Befassung mit den erhobenen Einwendungen den streitgegenständlichen vorhabenbezogenen Bebauungsplan als Satzung. Im Anschluss erfolgte durch Amtstafelaushang am 18. Juli 2019 die Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses.
8
Mit Bescheid vom 10. September 2018 erteilte das Landratsamt Regensburg der Beigeladenen unter Anordnung des Sofortvollzugs die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung der drei Windkraftanlagen (Gesamthöhe jeweils 200 m) an den im streitgegenständlichen Bebauungsplan vorgesehenen Standorten. Der Antragsteller erhob hiergegen Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Regensburg (Az. RO 7 K 18.1872), über die - soweit nach Aktenlage ersichtlich - bislang nicht entschieden wurde. Auf seinen Antrag gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO stellte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. Juli 2019 (Az. RO 7 S 19.617) maßgeblich unter Abstellen auf die artenschutzrechtliche Problematik (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V. mit § 44 BNatSchG) die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wieder her. Mit Beschluss vom 5. November 2019 (Az. 22 CS 19.1568) wies der Verwaltungsgerichtshof die vom Beigeladenen hiergegen erhobene Beschwerde zurück.
9
Mit seinem am 18. Juli 2019 erhobenen Normenkontrollantrag macht der Antragsteller die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans - neben diversen weiteren Einwendungen - auch wegen nicht ordnungsgemäß durchgeführter artenschutzrechtlicher Prüfung geltend.
10
Die Beigeladene beantragt mit Schriftsatz vom 31. Januar 2020,
11
das Normenkontrollverfahren gem. § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG auszusetzen, bis das ergänzende Verwaltungsverfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung und zur Ergänzung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 10. September 2018 abgeschlossen ist,
12
und führt zur Begründung aus, sie habe naturschutzrechtliche Untersuchungen beauftragt, die der Berücksichtigung der Fehler dienen sollen, die das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gesehen hätten. Vorliegend mache der Antragsteller mit der Rüge einer fehlerhaften artenschutzrechtlichen Prüfung als Entscheidungsgrundlage für den Erlass des Bebauungsplans einen Fehler im Sinne von § 2 Abs. 3 BauGB geltend. Hierbei handele es sich um eine verfahrensrechtliche Norm, sodass es um einen Verfahrensfehler i.S. von § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG gehe. Im Übrigen enthalte diese Norm kein Verbot der Aussetzung, wenn die Antragsgegnerin im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens gleichzeitig auch die Heilung materieller Fehler angehe. Die Aussetzung sei auch sachdienlich, da sie dem Gericht ermögliche, über den Streitstoff im Sinne der Prozessökonomie konzentriert zu entscheiden. Durch die Aussetzung werde verhindert, dass der Bebauungsplan allein wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben und dessen materielle Rechtmäßigkeit erst in einem zweiten Verfahren gerichtlich überprüft werde. Selbst wenn § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG auf einen klassischen Angebotsbebauungsplan keine Anwendung finden sollte, sei es sachgerecht, diese Norm bei einem (wie hier) vorhabenbezogenen Bebauungsplan jedenfalls analog anzuwenden, weil ein solcher in der Sache einer Einzelvorhabenzulassung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG entspreche. Da die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung, die der immissionsschutzrechtlichen Einzelgenehmigung zugrunde gelegt worden sei, auch Bestandteil der Bebauungsplanunterlagen gewesen sei, werde nach erfolgter Fehlerbehebung im Genehmigungsverfahren auch die angegriffene Satzung geändert. Die Beigeladene habe im Anfechtungsklageverfahren vor dem VG Regenburg einen gleichlautenden Aussetzungsantrag gestellt. Es wäre widersinnig und es würde dem Gesetzeszweck widersprechen, wenn im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht eine Aussetzung nach § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG erfolgen könne und werde, dies aber im Normenkontrollverfahren unterbliebe.
13
Die Antragsgegnerin erhebt gegen den Vorschlag der Beigeladenen zur Aussetzung des Verfahrens keine Einwände.
14
Der Antragsteller wendet sich gegen eine Aussetzung mit dem Argument, § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG diene nur der Heilung von Verfahrensfehlern gem. § 4 Abs. 1 und Abs. 1a UmwRG, nicht jedoch von Fehlern, die - wie vorliegend - dem materiellen Recht zuzuordnen seien. Im Übrigen gelte § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwG nicht für Bebauungspläne. Diesbezüglich fänden über § 4 Abs. 2 UmwRG für UVPpflichtige Bebauungspläne die §§ 214, 215 BauGB vorrangig Anwendung.
15
Der Vertreter des öffentlichen Interesses tritt dem Aussetzungsantrag des Beigeladenen ebenfalls entgegen. Der streitgegenständliche Bebauungsplan sei keine Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens i.S. des UmwRG, sondern bereite diese vor. Das ergänzende Verfahren nach dem UmwRG sei allein auf die (hier: immissionsschutzrechtliche) Genehmigung bezogen; es umfasse nicht die ggf. erforderliche Änderung / Anpassung eines Bebauungsplans. Im Übrigen bestünden Zweifel an der Sachdienlichkeit einer Aussetzung. Zum einen sei der Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren („Vollkontrolle“) mit dem des Klageverfahrens gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht identisch. Zum anderen wäre eine im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren erfolgte Fehlerbehebung für das Normenkontrollverfahren nur relevant, wenn die Satzung hierauf geändert werde.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte des Normenkontrollantrags sowie auf die weiteren beigezogenen Gerichtssowie die Normaufstellungsakten Bezug genommen.
II.
17
Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG wird in Zuständigkeit des Berichterstatters gem. § 87a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 VwGO (BayVGH, B.v. 28.6.2018 - 8 B 18.413 - juris Rn. 1; VGH BW, B.v. 4.1.1996 - 1 S 3230/95 - NVwZ-RR 1997, 140 = juris Rn. 2) abgelehnt, da die Regelungen gem. § 4 Abs. 1b Satz 1 und Satz 3 UmwRG vorliegend weder direkt noch analog anwendbar sind. Zwar liegen an sich die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG vor (im Folgenden 1.), die Aussetzungsmöglichkeit nach dieser Regelung findet aber wegen § 4 Abs. 2 UmwRG im vorliegenden Normenkontrollverfahren keine Anwendung (s.u. 2.).
18
1. Gem. § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG führt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dann zur Aufhebung einer Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 2b oder 5 UmwRG, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Ist die Heilung eines Verfahrensfehlers im ergänzenden Verfahren nicht ausgeschlossen, spricht das Gericht im Urteilstenor lediglich die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der Entscheidung aus. Korrespondierend hierzu eröffnet § 4 Abs. 1 b Satz 3 UmwRG die Möglichkeit der Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens, um ein ergänzendes (heilendes) Verfahren vor der gerichtlichen Entscheidung zu ermöglichen (Fellenberg/Schiller in Landmann/ Rohmer, Umweltrecht, Stand: Sept. 2019, § 4 UmwRG Rn. 78 f., 99 f.).
19
a) Zwar können Normenkontrollverfahren gegen Bebauungspläne auch dem Auffangtatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG i.V. mit § 2 Abs. 7 UVPG unterfallen (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2018 - 2 CS 18.198 - juris Rn.9; U.v. 25.10.2019 - 15 N 18.1212 - juris Rn. 11; OVG Rh-Pf., U.v. 16.1.2020 - 8 C 11089/19 - juris Rn. 27 ff.; SächsOVG, U.v. 8.5.2019 - 1 C 8/17 - juris Rn. 48 ff.). Das vorliegende Normenkontrollverfahren ist aber - wie der Wortlaut des § 4 Abs. 1b Satz 1 und 3 UmwRG an sich voraussetzt - auf die gerichtliche Überprüfung einer Entscheidung nach dem vorrangigen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG gerichtet (zum Rangverhältnis zwischen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4 UmwRG vgl. Fellenberg/ Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Sept. 2019, § 1 UmwRG Rn. 30): Der Satzungsbeschluss zu dem hier angegriffenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan stellt eine Zulassungsentscheidung i.S. von § 2 Abs. 6 Nr. 3 UVPG (i.V. mit § 74 Abs. 4 UVPG, § 244 Abs. 1 BauGB) dar, weil durch ihn die Zulässigkeit eines Vorhabens im Sinne der Anlage 1 zum UVPG (Liste der „UVPpflichtigen Vorhaben“) begründet werden soll und weil deswegen für dieses Vorhaben UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach dem UVPG bestehen kann (vgl. NdsOVG, U.v. 27.9.2018 - 12 KN 191/17 - BauR 2019, 63 = juris Rn. 25; HessVGH, B.v. 25.9.2018 - 3 B 1684/18.N - ZfBR 2019, 56 = juris Rn. 6; Berkemann, DVBl. 2020, 1/3; Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Sept. 2019, § 1 UmwRG Rn. 31, 32 m.w.N.; zum früheren Recht vgl. SächsOVG, U.v. 23.8.2016 - 1 C 7/14 - juris Rn. 88 ff.). Denn auch die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit drei bis weniger als sechs Windkraftanlagen und einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 Metern sind unter Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG (insofern mit der Obliegenheit zur standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gem. § 7 Absatz 2 UVPG) aufgeführt. Das Vorliegen einer „Windfarm“, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren (BVerwG, U.v. 26.9.2019 - 7 C 5.18 - juris Rn. 21 m.w.N.), steht vorliegend nicht in Frage (vgl. auch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10. September 2018, Seite 77; NdsOVG, U.v. 27.9.2018 - 12 KN 191/17 BauR 2019, 63 = juris Rn. 25).
20
b) Entgegen der Ansicht des Antragstellers scheitert der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwR nicht schon aus dem Grund, dass es der Beigeladenen um die Heilung von (ausschließlich) materiellen Fehlern des Bebauungsplans geht. Die von der Beigeladenen beantragte Aussetzung, gegen die die Antragsgegnerin keine Einwände erhebt, zielt tatsächlich auf eine Heilung eines dem Bebauungsplan anhaftenden Verfahrensfehlers, nämlich eines im Raum stehenden Verstoßes gegen § 2 Abs. 3 BauGB.
21
aa) Der Aussetzungsantrag knüpft an die für den Antragsteller erfolgreichen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Regensburg und des 22. Senats des Verwaltungsgerichtshofs im Eilverfahren gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Windparks an (VG Regensburg, B.v. 22.7.2019 - RO 7 S 19.617; BayVGH, B.v. 5.11.2019 - 22 CS 19.1568). Nach dem Ergebnis der Eilentscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs steht - auch und gerade unter Berücksichtigung des BayWEE und der Arbeitshilfe Vogelschutz und Windenergienutzung des LfU, die vom Verwaltungsgerichtshof als antizipierte Sachverständigengutachten von hoher Qualität angesehen werden, von denen auch angesichts der artenschutzfachlichen Einschätzungsprärogative (hierzu auch nach der Entscheidung BVerfG, B.v. 23.10.2018 - 1 BvR 2523/13 - BVerfGE 149, 407 ff.: NdsOVG, U.v. 13.3.2019 - 12 LB 125/18 - UPR 2020, 20 = juris Rn. 65; U.v. 27.8.2019 - 7 KS 24/17 - juris Rn. 257) nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden darf - die methodengerechte Ermittlung hinsichtlich der Anzahl, der Dauer und der Art und Weise der Durchführung der Vogelbeobachtungen und damit auch die Vertretbarkeit und Aussagekraft der artenschutzrechtlichen Bewertungen hinsichtlich der Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG in Frage.
22
bb) Dieselben Fragen stellen sich im Rahmen der Gültigkeitskontrolle im Normenkontrollverfahren: Auch wenn an sich nicht die Planung selbst, sondern erst ihr Vollzug zu einem Verstoß gegen die besonderen artenschutzrechtlichen Verbote (§ 44 BNatSchG) führen kann, hat die Gemeinde schon im Planaufstellungsverfahren vorausschauend zu ermitteln und zu beurteilen, ob die vorgesehenen Festsetzungen auf unüberwindbare artenschutzrechtliche Hindernisse stoßen. Denn ein Bebauungsplan ist vollzugsunfähig und damit nicht erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn seiner Umsetzung zwingende artenschutzrechtliche Verbote des § 44 BNatSchG entgegenstehen. Die Gemeinde kann dabei ggf. planerische Zurückhaltung üben und Detailfragen auf die Umsetzungsphase - hier etwa auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren - verlagern (speziell zu artenschutzrechtlichen Fragen vgl. BayVerfGH, E.v. 3.12.2013 - Vf. 8-VII-13 - BayVBl. 2014, 237 = juris Rn. 35). Wie weit sich die Gemeinde bei der Ermittlung und Bewertung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände zurückhalten kann, hängt im Einzelfall vom Konkretisierungsgrad des Bebauungsplans ab. Die Grenzen einer zulässigen Konfliktverlagerung auf die Ebene des Planvollzugs und der Zulässigkeit einer ggf. nur überschlagsmäßigen Ermittlung und Bewertung des Konfliktpotenzials im Verfahren der Bauleitplanung (vgl. z.B. OVG Rh-Pf., UU.v. 16.1.2020 - 8 C 11089/19 - juris Rn. 46 ff.) sind überschritten, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der offengelassene Interessenkonflikt in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht wird lösen lassen. Ein Konflikttransfer ist mithin nur zulässig, wenn die Durchführung der Maßnahmen zur Konfliktbewältigung auf einer nachfolgenden Stufe möglich und sichergestellt ist (BVerwG, U.v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 - NVwZ 2015, 1537 = juris Rn. 14 f.).
23
Insbesondere bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan (§ 12 BauGB), der aufgrund des Vorhaben- und Erschließungsplans, der inhaltlicher Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans wird (§ 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB), und aufgrund des Durchführungsvertrags, der den Vorhabenträger (hier die Beigeladene) zur Durchführung der im Vorhaben- und Erschließungsplan vorgesehenen Maßnahmen verpflichtet (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB), regelmäßig einen hohen Konkretisierungsgrad aufweisen wird, sind die für den herkömmlichen Fall eines sog. Angebotsbebauungsplans entwickelten Grundsätze im Einzelfall nur mit Einschränkungen übertragbar. Für einen Konflikttransfer ist insbesondere bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan umso weniger Raum, je weitergehend das geplante Vorhaben durch die Festsetzungen in der Planurkunde und die sie ergänzenden Regelungen konkretisiert wird (vgl. BVerwG, B.v. 23.6.2003 - 4 BN 7.03 - BauR 2004, 975 = juris Rn. 8; SächsOVG, U.v. 13.10.2011 - 1 C 9/09 - BauR 2012, 1205 = juris Rn. 34; SächsOVG, U.v. 23.8.2016 - 1 C 7/14 - juris Rn. 168, 169; U.v. 23.8.2016 - 1 C 11/14 - juris Rn. 170, 171).
24
Ganz in diesem Sinne hat die Antragsgegnerin in Abkehr vom zum zunächst vertretenen Standpunkt eines weitgehenden Konflikttransfers von artenschutzbezogenen Detailfragen in das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren und einer im Verfahren der Bauleitplanung lediglich gebotenen überschlägigen Ermittlungsdichte (vgl. die Befassung und Beschlusslage im Gemeinderat am 24. Februar 2016) zuletzt die Abwägungsentscheidung zum streitgegenständlichen Bebauungsplan auf eine aus ihrer Sicht umfassende Ermittlung und Bewertung der artenschutzrechtlichen Problematik bzgl. § 44 BNatSchG gestützt (vgl. Nr. 3.10.2 der Planbegründung; Befassung und Beschlusslage im Gemeinderat am 31. März 2017).
25
cc) Sollten - was im Fall der Übernahme der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts und des 22. Senats des Verwaltungsgerichtshofs zum Eilverfahren gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wohl zu bejahen ist - die im Rahmen der Schlussabwägung zum Satzungsbeschluss herangezogenen Voruntersuchungen und Unterlagen als ungenügend zu bewerten sein, um der Antragsgegnerin ein hinreichend genaues und aussagekräftiges Bild über das Arteninventar im Plangebiet zu vermitteln (vgl. OVG Hamburg, U.v. 11.4.2019 - 2 E 8/17.N - ZfBR 2019, 690 = juris Rn. 69), leidet der angegriffene vorhabenbezogene Bebauungsplan an einem Ermittlungsdefizit, der gegen § 2 Abs. 3 BauGB verstößt. Unabhängig davon, dass artenschutzrechtliche Verbote im Verfahren der Bauleitplanung regelmäßig auf Ebene des § 1 Abs. 3 BauGB zu problematisieren sind (s.o.), rechnen die Auswirkungen der Planung in Bezug auf Tierarten, die § 44 BNatSchG unterfallen, zu den gem. § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst a BauGB abwägungserheblichen naturschutzfachlichen Belangen (OVG Rh-Pf., U.v. 14.10.2014 - 8 C 10233/14 - NVwZ-RR 2015, 205 = juris Rn. 39; OVG NRW, U.v. 30.1.2009 - 7 D 11/08.NE - ZfBR 2009, 583 = juris Rn. 190). Insbesondere soweit - wie vorliegend - die Konfliktlösung im Verfahren der Bauleitplanung geboten ist bzw. die Gemeinde von sich aus diesbezügliche Problemfragen in der Bauleitplanung tatsächlich einer abschließenden Konfliktlösung zuzuführen sucht, gilt das Gebot der ordnungsgemäßen Ermittlung und Bewertung gem. § 2 Abs. 3 BauGB auch für artenschutzrechtliche Auswirkungen der Bauleitplanung (vgl. BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 15 N 14.2033 - KommJur 2017, 112 = juris Rn. 41; OVG Hamburg, U.v. 11.4.2019 - 2 E 8/17.N - ZfBR 2019, 690 = juris Rn. 67; VGH BW, B.v. 6.5.2011 - 5 S 1670/09 - NuR 2011, 659 = juris Rn. 55 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 30.4.2015 - OVG 2 A 8.13 - NuR 2016, 190 = juris Rn. 27, 33 ff.; NdsOVG, U.v. 9.10.2008 - 12 KN 12/07 - ZfBR 2009, 262 = juris Rn. 43 ff.). Ein Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB, der mithilfe der von der Beigeladenen vorliegend begehrten Aussetzung in einem ergänzenden Verfahren gem. § 214 Abs. 4 BauGB einer Heilung zugeführt werden soll, stellt aber aus Sicht des Gesetzgebers (vgl. § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) einen Verfahrensfehler dar (vgl. BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 15 N 14.2033 - KommJur 2017, 112 = juris Rn. 36 m.w.N.; VGH BW, B.v. 6.5.2011 - 5 S 1670/09 - NuR 2011, 659 ff. = juris Rn. 55; zur Möglichkeit der planenden Gemeinde, eine Aussetzung gem. § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwG neben der Heilung eines Verfahrensfehlers auch zur Heilung materieller Fehler zu nutzen vgl. OVG LSA, B.v. 14.2.2018 - 2 K 3/17 - NVwZ 2018, 1331 = juris Rn. 5).
26
2. Dennoch kann die von der Beigeladenen beantragte Aussetzung des Normenkontrollverfahren zur Ermöglichung einer Heilung des Ermittlungs- bzw. Bewertungsdefizits (etwa in einem ergänzenden Verfahren gem. § 214 Abs. 4 BauGB) nicht auf § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG gestützt werden. Diese Regelung findet auf Bebauungspläne, selbst wenn diese - wie hier - § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG unterfallen (s.o.), wegen § 4 Abs. 2 UmwRG keine Anwendung. Das gilt auch für vorhabenbezogene Bebauungspläne i.S. von § 12 BauGB.
27
Die von den Beteiligten thematisierten Fundstellen Seibert, NVwZ 2018, 97 (101) sowie BVerwG, U.v. 24.11.2010 − 9 A 13/09 - NVwZ 2011, 680 = juris Rn. 84 gehen lediglich von der Möglichkeit aus, dass ein vom Prozessrecht vorgesehenes Absehen von der Aufhebung einer behördlichen Einzelentscheidung zum Zwecke der Fehlerheilung auch dann zulässig ist, wenn parallel (also außerhalb des eigentlichen Heilungsverfahrens für die behördliche Einzelentscheidung) auch ein Flächennutzungsplan bzw. ein Bebauungsplan geändert oder angepasst werden muss. Hieraus ergibt sich aber nichts für die prozessuale Möglichkeit der Aussetzung eines Normenkontrollverfahrens, um die zwischenzeitliche Heilung eines (Verfahrens-) Fehlers, der gerade dem Bebauungsplan anhaftet, zu ermöglichen. § 4 Abs. 2 UmwRG trifft vielmehr für den Fall, dass Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Abs. 6 Nr. 3 UVPG sind - also (wie hier) Satzungsbeschlüsse gem. § 10 BauGB über die Aufstellung eines Bebauungsplans, durch die die Zulässigkeit von Vorhaben i.S. der Anlage 1 zum UVPG begründet werden soll -, eine vorrangige, das Fehlerfolgenrecht gem. § 4 Abs. 1 bis Abs. 1b UmwRG verdrängende Sonderregelung. Nach der ausdrücklichen und unzweideutigen Regelung des § 4 Abs. 2 UmwRG treten an die Stelle von § 4 Abs. 1 bis Abs. 1b UmwGR im hier vorliegenden Fall einer Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan die speziellen Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 ff. BauGB (NdsOVG, U.v. 27.9.2018 - 12 KN 191/17 BauR 2019, 63 = juris Rn. 44; Berkemann, DVBl. 2020, 1/10; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 4 UmwRG Rn. 22; Fellenberg/Schiller in Landmann/Roh-mer, Umweltrecht, Stand: Sept. 2019, § 4 UmwRG Rn. 20).
28
Aufgrund der ausdrücklichen Regelung des § 4 Abs. 2 UmwRG, der von seinem Wortlaut und seiner Zielrichtung, das Fehlerfolgenregime des § 4 Abs. 1 - Abs. 1b UmwRG auf die Pläne und Programme zu beschränken, bei denen das Fachrecht kein eigenes umfassendes Fehlerfolgenregime bereithält (Fellenberg/Schiller a.a.O. Rn. 114), auch für vorhabenbezogene Bebauungspläne gilt, und aufgrund der aus der Gesetzessystematik hervorgehenden klaren Trennung zwischen den Anwendungsbereichen des § 4 Abs. 1 bis Abs. 1b UmwRG einerseits und dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 UmwRG andererseits verbietet sich die Annahme einer planwidrige Regelungslücke. Daher scheidet auch eine analoge Anwendung des § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG aus (zum Verbot der richterlichen Rechtsanwendung contra legem vgl. z.B. BayVGH, U.v. 22.7.2016 - 12 BV 15.719 - juris Rn. 54; HessVGH, B.v. 15.8.2019 - 4 B 1303/19 - BauR 2019, 1923 = juris Rn. 55).
29
Sollte für das Verfahren der Bauleitplanung von einem erheblichen Ermittlungs- und Bewertungsdefizit hinsichtlich der artenschutzrechtlichen Problematik auszugehen sein, läge mithin ein Fehler vor, der zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans und zu einem entsprechenden Ausspruch des Normenkontrollgericht im Verfahren gem. § 47 VwGO führte.
30
3. Auch für eine analoge Rechtsanwendung des § 94 VwGO im Normenkontrollverfahren zur Überprüfung der Gültigkeit eines Bebauungsplans fehlt es im Falle einer beabsichtigten Beseitigung von Planungsfehlern an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Der frühere § 94 Satz 2 VwGO a.F., wonach das Gericht bei Sachdienlichkeit die Verhandlung zur Heilung von Verfahrens- und Formfehlern aussetzen konnte, wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2002 aufgehoben. Der Gesetzgeber hat mit § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG nunmehr eine spezialgesetzliche Sonderregelung für die Aussetzung der Verhandlung zur Heilung von Verfahrensfehlern formuliert und damit deren nicht analogiefähigen Ausnahmecharakter dokumentiert (SächsOVG, B.v. 19.7.2017 - 4 E 24/17 - juris Rn. 4 ff.; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 94 Rn. 1).
31
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).