Inhalt

VGH München, Urteil v. 08.04.2020 – 8 N 16.2210, 8 N 16.2211, 8 N 16.2212
Titel:

Normenkontrollanträge gegen eine Wasserschutzgebietsverordnung

Normenketten:
VwGO § 47, § 67 Abs. 4 S. 1, § 133
WHG § 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2
BayWGArt. 73 Abs. 3
BayVwVfG Art. 73 Abs. 6 S. 1
AGVwGO Art. 5 S. 1
RDGEG § 3, § 5
Leitsätze:
1. Eine Schutzgebietsverordnung leidet an einem Verfahrensfehler, der zur Unwirksamkeit der Verordnung führt, wenn die ausgelegten Unterlagen unvollständig waren, weil Informationen über Alternativstandorte und das hydrologische Basisgutachten fehlten.  (Rn. 26 – 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Planauslegung dient nicht nur der frühzeitigen Information der Öffentlichkeit, sondern ihr kommt auch eine Rechtsschutzfunktion zu, weil ein Betroffener auf der Grundlage der ausgelegten Unterlagen entscheiden kann und ggf. muss, ob und mit welchen Argumenten er sich gegen das Vorhaben wendet.  (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wurden die Aspekte "Alternativenprüfung" und "Bedarfsnachweis" im Erörterungstermin nicht hinreichend behandelt, weil aussagekräftige Unterlagen noch nicht vorlagen, wurde nicht nur gegen das Gebot der substanziellen Erörterung, sondern zugleich gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen. (Rn. 38 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
4. Das durch die Rechtsschutzgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG bestimmte gerichtliche Normenkontrollverfahren kann die grundrechtsschützende Funktion des Anhörungsverfahrens nicht ersetzen und grundlegende Defizite im Normerlassverfahren nicht kompensieren. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrollanträge gegen eine Wasserschutzgebietsverordnung, fehlende Auslegung von Unterlagen (hydrogeologisches Basisgutachten, Dargebotsalternativen, Wasserbedarf), substanzielle Erörterung (verneint), keine Heilung (Grundrechtsschutz durch Verfahren), Beachtlichkeit des Verfahrensfehlers, öffentliche Wasserversorgung, Vorhaben, Planauslegung, Anhörung, Erörterung, Standortalternative, Gutachten, Wasserschutzgebiet
Fundstellen:
BayVBl 2020, 556
BeckRS 2020, 6624
LSK 2020, 6624

Tenor

I. Die Verordnung des Landratsamts L. über das Wasserschutzgebiet auf dem Gebiet der Städte Bad St. und L., Landkreis L. für die öffentliche Wasserversorgung der Stadtwerke L. und der Rehabilitationsklinik L1 Sch. vom 15. Oktober 2015, bekanntgemacht im Amtsblatt des Landkreises L. vom 3. November 2015, wird für unwirksam erklärt.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsteller vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die Verordnung des Landratsamts L. über das Wasserschutzgebiet auf dem Gebiet der Städte Bad St. und L., Landkreis L., für die öffentliche Wasserversorgung der Stadtwerke L. und der Rehabilitationsklinik L1 Sch. vom 15. Oktober 2015. Die am 3. November 2015 im Amtsblatt des Landkreises L. bekanntgemachte Verordnung ist am 10. November 2015 in Kraft getreten.
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Das Schutzgebiet bezweckt die Sicherung der öffentlichen Wasserversorgung aus den vier Sch-quellen und der D-quelle (alle FlNr. … Gemarkung Sch.) sowie der Versorgung der Rehabilitationsklinik L1 und der Stadteile Sch. und E. der Stadt Bad St. aus der Ti-quelle (FlNr. …). Es gliedert sich in zwei Fassungsbereiche (W I), drei engere (W II) und eine weitere Schutzzone (W III). Es löst zwei frühere Wasserschutzgebiete aus den Jahren 1972 und 1975 ab, die in östlicher Richtung deutlich erweitert werden.
3
Die Antragsteller zu 1 (Az. 8 N 16.2210) und 3 (Az. 8 N 16.2212) sind Eigentümer landwirtschaftlich genutzter Grundstücke im Wasserschutzgebiet (Schutzzonen II und III). Der Antragsteller zu 2 (Az. 8 N 16.2211) betreibt einen biologisch geführten Milchviehbetrieb mit gepachteten Betriebsflächen im Schutzgebiet.
4
Das Landratsamt bewilligte der Beigeladenen zu 1 mit wasserrechtlichem Bescheid vom 14. Januar 2004 die Entnahme von 45 l/s aus den vier Sch.quellen sowie 7 l/s aus der D-quelle (maximale Jahresentnahme 1.200.000 m3). Mit Bescheid vom 4. April 2005 erhielt die Beigeladene zu 2 die Bewilligung zur Entnahme von 7,5 l/s aus der T-quelle (maximale Jahresentnahme 85.000 m3).
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Am 7. Februar 2006 beantragten die Beigeladenen die Neuausweisung eines gemeinsamen Wasserschutzgebiets. Der Antrag basiert auf Unterlagen zu früheren Anträgen aus den Jahren 1992 und 1994, die an neue Erkenntnisse und Gegebenheiten angepasst wurden. Das Landratsamt beendete diese Verfahren ohne Verordnungserlass; am 22. April 1996 hatte ein Erörterungstermin stattgefunden.
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Der Verordnungsentwurf mit Lageplan und die Antragsunterlagen wurden bei der Stadt Bad St- vom 12. Dezember 2007 bis 14. Januar 2008 und bei der Stadt L. vom 7. März bis 7. April 2008 ausgelegt. Der Rechtsvorgänger des Antragstellers zu 1 und die Antragsteller zu 2 und 3 erhoben beim Landratsamt innerhalb der Einwendungsfrist (am 3., 9. und 28.1.2008) Einwendungen.
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Am 27. Oktober 2011 fand ein Erörterungstermin statt. Der Fachbeistand der Antragsteller rügte u.a. das Fehlen von Bedarfsnachweis und Alternativenprüfung. Der Vertreter der Beigeladenen zu 1 und des Wasserwirtschaftsamts verwiesen auf die Prüfung im wasserrechtlichen Verfahren für die Grundwasserentnahmen. Den Antrag des Fachbeistands der Antragsteller, sofort Akteneinsicht in diese Unterlagen zu nehmen, lehnte der Verhandlungsleiter als „nicht ausschlaggebend oder zielführend“ ab; Akteneinsicht werde zu einem späteren Zeitpunkt gewährt. Der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts gab an, eine alternative Versorgung sei nicht vorhanden; insbesondere habe die Fernwasserversorgung keine Kapazitäten mehr. Der Wasserbedarf der öffentlichen Wasserversorgung sei zudem vorrangig aus ortsnahen Wasservorkommen zu decken. Der Fachbeistand der Antragsteller beantragte die Durchführung eines weiteren Erörterungstermins auf Grundlage aktueller Unterlagen.
8
Das Landratsamt forderte die Beigeladenen mit Schreiben vom 3. Juli 2012 auf, ergänzend darzulegen, ob eine sich aufdrängende alternative Wasserversorgungsmöglichkeit vorhanden sei und einen Bedarfsnachweis (Bedarfsprognose) einschließlich Bilanzierung der Grundwasserneubildung zu erstellen. Der Nachtrag zum wasserrechtlichen Antrag vom 5. Februar 2013, erstellt durch das Ingenieurbüro für Geotechnik und U. GmbH …, setzt sich damit auseinander. Die Antragsteller wurden hierzu nicht beteiligt.
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Mit Schreiben vom 4. November 2015 teilte das Landratsamt den Antragstellern die Zurückweisung ihrer Einwendungen mit.
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Die Antragsteller machen zur Begründung ihrer am 2. November 2016 eingereichten Normenkontrollanträge Verfahrensfehler geltend. Bei der Auslegung hätten erforderliche Unterlagen zum Bedarfsnachweis und zur Alternativenprüfung gefehlt. Auch die nachgereichten Unterlagen seien nicht substanziiert erörtert worden, weil das Landratsamt diese weder zugänglich gemacht noch eine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt habe. Die Quellen seien infolge ungünstiger Untergrundverhältnisse und hoher Grundwasserfließgeschwindigkeiten nur eingeschränkt schützbar; in Rohwasserproben seien im Zeitraum von 2000 bis 2011 mikrobiologische Grenzwertüberschreitungen (coliforme Keime und E.coli) dokumentiert. Die Alternativenprüfung sei unzureichend; unklar sei, ob alle verfügbaren Versorgungsanlagen geprüft worden seien und ob deren Entnahmemengen erhöht werden könnten. Die Möglichkeit, sich von benachbarten Wasserversorgern oder der Fernwasserversorgung Oberfranken (FWO) versorgen zu lassen oder die Quellen durch neue Brunnen zu ersetzen, sei nicht ausreichend geprüft worden. Die Begrenzung des Einzugsgebiets und der Schutzzonen sei fragwürdig. Markierungsversuche belegten zwar einen Zufluss von Osten (mit Ost-Nordost und Ost-Südost), nicht aber von Süden. Auf die mit Gutachten des Geowissenschaftlichen Büros Dr. H… … vom 14. November 2011 vorgetragenen Einwände wurde Bezug genommen.
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Die Antragsteller beantragen,
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die Verordnung des Landratsamts L. über das Wasserschutzgebiet auf dem Gebiet der Städte Bad Staffelstein und L., Landkreis L., für die öffentliche Wasserversorgung der Stadtwerke L. und der Rehabilitationsklinik L1 Sch. vom 15. Oktober 2015, bekanntgemacht im Amtsblatt des Landkreises L. vom 3. November 2015, für unwirksam zu erklären.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Anstoßfunktion der Auslegung des Verordnungsentwurfs mit Lageplänen sei erreicht worden, auch wenn weder ein Bedarfsnachweis noch eine Alternativenprüfung ausgelegen hätten. Der Nachtrag habe nicht dazu geführt, dass der ausgelegte Verordnungsentwurf inhaltlich geändert worden sei; eine erneute Auslegung oder Beteiligung sei deshalb nicht notwendig gewesen. Die Erforderlichkeit einer Alternativenprüfung an bestehenden Brunnenstandorten werde von verschiedenen Obergerichten verneint; zumindest seien daran geringere Anforderungen zu stellen. Vorliegend sei die Alternativenprüfung jedenfalls nachgeholt worden. Die Antragsteller hätten dies nicht substanziiert in Zweifel gezogen; ergiebige und zumutbare Versorgungsmöglichkeiten seien nicht erkennbar. Ein Mosaik aus unterschiedlichsten Versorgungsvarianten (z.B. Erhöhung der Wasserentnahme aus bestehenden Anlagen, Teilversorgung über Fernwasser, neue Brunnenbohrungen) sei für den Wasserversorger unzumutbar. Die Folge wäre eine Vielzahl neuer Betroffener, die wiederum auf die bestehende Versorgung durch die ergiebigen Quellen verweisen würden. Die Erschließung neuer Brunnen - ihre Realisierbarkeit vorausgesetzt - könnte viele Jahre dauern; in der Zwischenzeit müsste die gegenwärtige Trinkwasserversorgung, dem das gegenständliche Wasserschutzgebiet dient, weitergeführt werden.
16
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
17
Alle Beteiligten haben schriftsätzlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten und der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19
Der Senat entscheidet über die Normenkontrollanträge der drei Antragsteller nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung. Alle Beteiligten haben hierzu schriftlich ihr Einverständnis erklärt; diese Erklärung kann auch durch einen nicht von einem Prozessbevollmächtigten im Sinne des § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO vertretenen Beteiligten wirksam abgegeben werden (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.1981 - 2 C 51.78 - NJW 1981, 2136 = juris Rn. 17; Dolderer in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 101 Rn. 21).
20
Die zulässigen Normenkontrollanträge sind begründet. Das Normsetzungsverfahren leidet an einem Verfahrensfehler, der zur Unwirksamkeit der Verordnung führt.
A.
21
Die Normenkontrollanträge sind zulässig, insbesondere statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO). Die Antragsteller sind antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Die Antragsteller zu 1 und 3 machen geltend, als Eigentümer im Geltungsbereich der Verordnung liegender Grundstücke von rechtswidrigen Nutzungsbeschränkungen betroffen zu sein. Dies genügt für ihre Antragsbefugnis (BayVGH, U.v. 28.8.2019 - 8 N 17.523 - W+B 2019, 244 = juris Rn. 23; U.v. 29.12.2011 - 22 N 08.190 - BayVBl 2012, 500 = juris Rn. 13). Der Antragsteller zu 2 ist als Pächter im Schutzgebiet liegender Grundstücke ebenfalls antragsbefugt. Denn er macht eigene abwägungsrelevante Belange geltend, weil er die Pachtflächen weiterhin für seinen biologisch geführten Milchviehbetrieb nutzen will (BVerwG, U.v. 5.11.1999 - 4 CN 3.99 - BVerwGE 110, 36 = juris Rn. 17; OVG NW, U.v. 25.9.2017 - 2 D 18/16.NE - juris Rn. 40; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 50).
22
Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingehalten.
B.
23
Die Normenkontrollanträge sind begründet.
24
Das Normsetzungsverfahren leidet an einem Verfahrensfehler. Das Anhörungsverfahren nach § 51 WHG, Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 2 bis 8 BayVwVfG wurde nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend durchgeführt; dieser Verfahrensfehler führt zur Unwirksamkeit der Verordnung.
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1. Fehler bei der Bekanntmachung der Auslegung sind nicht erkennbar. Den in der Verfahrensakte fehlenden Nachweis einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung im Stadtgebiet von Bad Staffelstein, auf die sich die Antragsteller berufen, hat der Antragsgegner durch Vorlage einer Kopie des Anschlags an der dortigen Amtstafel nachgeholt (vgl. Gerichtsakte 8 N 16.2210 S. 77). Die Art und Weise der Bekanntmachung richtet sich nach dem einschlägigen Orts- und Landesrecht (BVerwG, U.v. 23.4.1997 - 11 A 7.97 - BVerwGE 104, 337 = juris Rn. 34). Da beide Städte, in denen der Schutzgebietsvorschlag auszulegen war, im maßgeblichen Zeitpunkt kein Amtsblatt unterhielten, konnte die Bekanntmachung durch Anschlag an der Amtstafel erfolgen (Art. 27 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 26 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 GO).
26
2. Die ausgelegten Unterlagen waren aber unvollständig.
27
2.1 Gegenstand der Auslegung ist der „Plan“ (Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG). Der Umfang der auszulegenden Unterlagen ist im jeweiligen Einzelfall anhand von Sinn und Zweck der Auslegung zu bestimmen. Diese dient nicht nur einer frühzeitigen Information der Öffentlichkeit; ihr kommt auch eine Rechtsschutzfunktion zu, weil ein Betroffener auf Grundlage der ausgelegten Unterlagen entscheiden kann und gegebenenfalls - bei sonst drohender Präklusion - auch entscheiden muss, ob und mit welchen Argumenten er sich gegen das Vorhaben wenden sollte (BVerfG, B.v. 24.10.2017 - 1 BvR 1026/13 - NVwZ 2018, 573 = juris Rn. 58; B.v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - BVerfGE 53, 30 = juris Rn. 66). Die Betroffenen sollen durch sie in die Lage versetzt werden, Einwendungen zu erheben, die zumindest in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter sie als gefährdet ansehen und welche Beeinträchtigungen sie befürchten (BVerfG, B.v. 8.7.1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 = juris Rn. 95). Die ausgelegten Unterlagen müssen es ihnen zudem grundsätzlich auch ermöglichen, die Erforderlichkeit des Vorhabens infrage zu stellen und die Behörde dadurch zu einer Prüfung zu veranlassen (BVerwG, U.v. 12.12.1996 - 4 C 29.94 - BVerwGE 102, 331 = juris Rn. 30; U.v. 3.3.2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 = juris Rn. 22; Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 73 Rn. 30). Ausführungen, die wissenschaftlich-technischen Sachverstand erfordern, werden von den Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht verlangt. Dementsprechend muss die Auslegung nicht alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, sondern kann sich auf solche beschränken, deren der Einzelne bedarf, um „als Laie“ den Grad seiner Betroffenheit abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können (BVerwG, U.v. 15.2.2018 - 9 C 1.17 - BVerwGE 161, 180 = juris Rn. 32; U.v. 3.3.2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 = juris Rn. 19). Ob dazu auch Gutachten gehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles. Gutachten sind auszulegen, wenn ohne ihre Kenntnis der mit der Auslegung bezweckte Anstoß zur Erhebung sachkundiger Einwendungen verfehlt würde (BVerwG, U.v. 3.4.2019 - 4 A 1.18 - NVwZ 2019, 1213 = juris Rn. 16; U.v. 3.3.2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 = juris Rn. 19; U.v. 8.6.1995 - 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 = juris Rn. 18).
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2.2 Ausgehend davon erweisen sich die ausgelegten Unterlagen als unvollständig. Informationen über Alternativstandorte fehlten, weil eine Alternativenprüfung - wie das Wasserwirtschaftsamt selbst einräumt (vgl. Stellungnahme vom 11.9.2018 S. 5) - bis dahin unterblieben war. Zudem hat es das Landratsamt verfahrensfehlerhaft versäumt, das hydrogeologische Gutachten des Geologischen Instituts Dr. N… … (im Folgenden Dr. N.) vom 23. August 1991 („Basisgutachten“) auszulegen.
29
2.2.1 Die Behandlung in Betracht kommender Standortalternativen gehört regelmäßig zum Gegenstand der auszulegenden Unterlagen. Dies gilt auch im Fall des Weiterbetriebs eines vorhandenen, wasserrechtlich genehmigten Standorts, bei dem eine Alternativenprüfung nicht von vorneherein unterbleiben darf (BayVGH, U.v. 29.12.2011 - 22 N 08.190 - BayVBl 2012, 500 = juris Rn. 49; Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1082; a.A. OVG RhPf, U.v. 8.10.2015 - 1 C 10843/13 - juris Rn. 32; VGH BW, U.v. 24.3.2014 - 3 S 280/10 - juris Rn. 80; Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 51 Rn. 28).
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Bei der Auslegung muss der Verordnungsgeber das Wohl der Allgemeinheit präzisieren und die Erforderlichkeit der Festsetzung des Wasserschutzgebiets darlegen. Dies erfordert regelmäßig auch eine Auseinandersetzung mit Standortalternativen, die in der Erläuterung anzugeben sind (vgl. § 5 Nr. 5 Buchst. a der Verordnung über Pläne und Beilagen in wasserrechtlichen Verfahren - WPBV - vom 13.3.2000 [GVBl. S. 156, BayRS 753-1-6-U], die zuletzt durch Verordnung vom 20.10.2010 [GVBl. S. 727] geändert worden ist). Damit erhalten die von einer Schutzgebietsausweisung Betroffenen die Gelegenheit, Einwendungen auch gegen die Standortwahl zu erheben. Dies ist substanziell nur möglich, wenn die Planungsbehörde naheliegende Standortalternativen, die ihr bekannt sind, zumindest in ihren Grundzügen darlegt. Es wäre eine Verkürzung des Anhörungs- und Erörterungsverfahrens, wenn sich die Behörde darauf beschränken dürfte, nur den in Aussicht genommenen Standort einer Wassergewinnungsanlage darzustellen. Eine effektive Problembehandlung verlangt, dass die von der Schutzgebietsfestsetzung Betroffenen in geeigneter Weise erfahren können, welche andere Lösungen erwogen worden sind (BVerwG, U.v. 12.12.1996 - 4 C 29.94 - BVerwGE 102, 331 = juris Rn. 30). Erst dadurch werden sie in die Lage versetzt, die Erforderlichkeit der Schutzgebietsausweisung unter dem Aspekt der Standortauswahl zumindest in groben Zügen in Frage zu stellen und die Behörde dadurch zu einer Prüfung zu veranlassen (BVerwG, U.v. 3.3.2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 = juris Rn. 22).
31
Die Auslegung von Unterlagen zur Alternativenprüfung war im vorliegenden Fall auch nicht entbehrlich, weil keine Alternative nahegelegen oder sich aufgedrängt hätte (BVerwG, U.v. 12.12.1996 - 4 C 29.94 - BVerwGE 102, 331 = juris Rn. 30 und 34). Zwar kann die Information zu ungeeigneten Alternativstandorten entbehrlich sein, wenn sie zur Anstoßwirkung nichts beiträgt (BVerwG, U.v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 - juris Rn. 30). Im vorliegenden Sachverhalt waren die Antragsteller aber mangels jeglicher Informationen zur Alternativenprüfung von vornherein außer Stande, sachkundige Einwendungen gegen die Standortauswahl zu erheben. Denn aus den ausgelegten Unterlagen war nicht zu ersehen, welche Alternativstandorte zur Auswahl gestanden hätten. Um der Rechtsschutzfunktion der Auslegung gerecht zu werden, hätte es keiner detaillierten Unterlagen zu einzelnen Standorten bedurft, wohl aber einer kurzen Erläuterung, welche Alternativstandorte geprüft wurden und weshalb diese - ggf. im Rahmen einer vorgezogenen Grobanalyse (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 28.8.2019 - 8 N 17.523 - W+B 2019, 244 = juris Rn. 131 ff.) - verworfen wurden.
32
Dem wurde durch die ausgelegten Antragsunterlagen nicht genügt. Im Zeitpunkt der Einleitung des Anhörungsverfahrens lag keine Alternativenprüfung vor. Auch die gutachterliche Stellungnahme des Geologischen Instituts Dr. N. vom 29. Juli 1996, die sich mit der Realisierbarkeit neuer Brunnen im Osten der Quellen befasst, hat das Landratsamt nicht ausgelegt, obwohl sich die Vertreter von Wasserwirtschaftsamt und der Beigeladenen zu 1 im Erörterungstermin offenbar hierauf bezogen haben (vgl. Niederschrift über den Erörterungstermin S. 5).
33
2.2.2 Verfahrensfehlerhaft nicht ausgelegt wurde auch das hydrogeologische Gutachten des Geologischen Instituts Dr. N. vom 23. August 1991 („Basisgutachten“), auf das sich der Antrag der Beigeladenen maßgeblich stützt. Anlage 4 der Antragsunterlagen (aktualisierte Fassung der hydrogeologischen Bestimmung der Schutzgebietsgrenzen, vgl. Ordner Antragsunterlagen S. 14 ff.) setzt die Kenntnis dieses Gutachtens ausdrücklich voraus (vgl. dort S. 3) und nimmt hierauf an vielen Stellen inhaltlich verweisend Bezug (vgl. dort S. 4-7). Das nicht ausgelegte „Basisgutachten“ enthält Inhalte, die erforderlich sind, um den Betroffenen ihr Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst zu machen und es ihnen zu ermöglichen, die Erforderlichkeit des Vorhabens zumindest in groben Zügen infrage zu stellen. Dies gilt insbesondere für die gutachterliche Beschreibung der Verhältnisse im geschützten Karstgrundwasserleiter und der dortigen ungünstigen Untergrundbeschaffenheit (vgl. dort S. 28 f., 33 f.), die den ausgelegten Unterlagen so nicht zu entnehmen sind. Betroffene hätten diese Angaben benötigt, um sich bewusst zu werden, dass das Wasservorkommen nur eingeschränkt schutzfähig ist, sodass die Inanspruchnahme ihres Eigentums im Hinblick auf etwaige Standortalternativen angreifbar sein könnte. Die Bedeutung dieser gutachterlichen Aussagen wird auch durch die farbliche Hervorhebung der Passagen auf dem Exemplar des Gutachtens in der Verfahrensakte des Wasserwirtschaftsamts belegt (vgl. Ordner LIF 4532.1+5 - 1992). Je geringer die Schutzfähigkeit eines Wasservorkommens ist, desto stärker tritt - auch für „juristische Laien“ - die Frage nach zumutbaren Alternativen in den Vordergrund (vgl. BayVGH, U.v. 12.7.2018 - 8 N 16.2439 - juris Rn. 51; U.v. 29.12.2011 - 22 N 08.190 - BayVBl 2012, 500 = juris Rn. 47). Dass die Betroffenen anhand der ausgelegten Unterlagen nicht in der Lage waren, die Standortauswahl sachgerecht einzuschätzen, zeigt auch der Umstand, dass keiner der Antragsteller eine Einwendung mit dieser Zielrichtung erhoben hat.
34
Die Auslegung des „Basisgutachtens“ vom 23. August 1991 hätte auch nicht unterbleiben dürfen, wenn dieses im Rahmen des früheren Antrags auf Schutzgebietsausweisung vom 7. Oktober 1994 ausgelegt worden sein sollte. Das ergibt sich schon daraus, dass nicht angenommen werden kann, dass sich seit der damaligen Auslegung keine neuen Betroffenheiten (z.B. durch Eigentumswechsel oder Neuverpachtung), ergeben haben.
35
2.2.3 Ob sich ein Verfahrensfehler darüber hinaus aus dem Fehlen eines nachvollziehbaren Bedarfsnachweises (vgl. Bayerisches Landesamt für Umwelt, Merkblatt Nr. 1.2/7, Stand: 1.1.2010, S. 3) ergibt, kann dahinstehen. Da die Antragsteller die hierzu nachgereichte Unterlage (Nachtrag vom 5.2.2013 S. 12 ff.) im Gerichtsverfahren nicht angegriffen haben, ist auch nicht erkennbar, inwiefern ihnen diesbezüglich die Erhebung substanzieller Einwendungen abgeschnitten worden sein könnte.
36
3. Im Erörterungstermin am 27. Oktober 2011 fehlte es an einer hinreichend substanziellen Erörterung der Aspekte „Alternativenprüfung“ und „Bedarfsnachweis“.
37
3.1 Nach Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 6 Satz 1 hat die Anhörungsbehörde - hier das für den Verordnungserlass zuständige Landratsamt - die rechtzeitig erhobenen Einwendungen gegen den Plan - hier die Verordnung - und die Stellungnahmen der Behörden hierzu mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zu erörtern. Gegenstand der Erörterung sind nicht nur die ausgelegten Unterlagen und die dagegen erhobenen Einwendungen, sondern insgesamt die maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen (NdsOVG, U.v. 14.11.2018 - 13 KN 249/16 - ZfW 2019, 115 = juris Rn. 43; BayVGH, U.v. 4.8.2008 - 22 N 06.1407 - BayVBl 2009, 567 = juris Rn. 29). Für die Auslegung des Art. 73 Abs. 6 BayVwVfG ist die grundrechtsschützende Funktion des Verfahrensrechts zu beachten. Diese verlangt, dass Betroffene substanziell, d.h. hinreichend problemorientiert, auf die Erörterung Einfluss nehmen können (BVerwG, U.v. 5.12.1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 = juris Rn. 42 ff.; vgl. auch Gößl in Sieder/Zeitler, BayWG, Stand Februar 2019, Art. 73 Rn. 52).
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3.2 Die Aspekte „Alternativenprüfung“ und „Bedarfsnachweis“ wurden im Erörterungstermin nicht hinreichend behandelt. Weil dazu aussagekräftige Unterlagen noch nicht vorlagen, war es den Betroffenen schon im Ansatz erschwert, sich hierzu sachkundig auf die Erörterung vorzubereiten. Mangels Kenntnis eventuell infrage kommender Alternativstandorte waren sie nur in der Lage, das Fehlen diesbezüglicher Unterlagen pauschal zu rügen. Dies hat der Fachbeistand der Antragsteller im Erörterungstermin getan (vgl. Niederschrift über den Erörterungstermin S. 4); die Vertreter des Wasserwirtschaftsamts und der Beigeladenen zu 1 erwiderten, beide Punkte seien bereits im Rahmen des wasserrechtlichen Verfahrens für die Grundwasserentnahme geprüft worden. Der daraufhin gestellte Antrag des Fachbeistands der Antragsteller, den Erörterungstermin zu unterbrechen und ihm sofort Akteneinsicht in die entsprechenden Unterlagen zu gewähren, wurde vom Verhandlungsleiter mit der Begründung abgelehnt, dass dies „für eine weitere sachgerechte Erörterung nicht ausschlaggebend oder zielführend sei“ und eine Akteneinsicht zu einem späteren Zeitpunkt gewährt werde (vgl. Niederschrift über den Erörterungstermin S. 5).
39
Damit wurde den Antragstellern nicht nur die Erörterung von Dargebotsalternativen und des Wasserbedarfs verweigert, sondern auch die sofortige Einsicht in die Akten des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für die Wasserentnahme, auf dessen Vorgreiflichkeit sich das Wasserwirtschaftsamt berief. Bei diesem Geschehensablauf wurde nicht nur gegen das Gebot einer substanziellen Erörterung, sondern zugleich gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen. Hiernach darf der Einzelne nicht zum Objekt hoheitlicher Verfahren gemacht werden, indem ihm die Möglichkeit abgeschnitten wird, vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren nehmen zu können (vgl. OVG RhPf, U.v. 1.6.2001 - 2 A 12125/00 - juris Rn. 29). Der Verhandlungsleiter hat den Themenbereich „Aktualität und Vollständigkeit der Planunterlagen“ für beendet erklärt (vgl. Niederschrift S. 5 unten), ohne die Punkte „Alternativenprüfung“ und „Bedarfsnachweis“ inhaltlich erörtern zu lassen. Stattdessen wurde auf die abgeschlossene Prüfung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für die Quellen (Bescheide vom 14.1.2004 und 4.4.2005) verwiesen. An diesen Verwaltungsverfahren waren die Antragsteller nicht beteiligt; sie konnten daher keine Kenntnis der dortigen Unterlagen haben. Bei dieser Sachlage wäre die Anhörungsbehörde gehalten gewesen, entweder sofort Akteneinsicht zu gewähren oder die Erörterung hierzu bis zu einer Äußerungsmöglichkeit nach einer späteren Akteinsicht offen zu halten. Beides ist nicht erfolgt. Die behördliche Sachbehandlung erweist sich auch in sich selbst als widersprüchlich: Die Unterlagen des Bewilligungsverfahrens wurden als relevant bewertet, ihre Einsichtnahme aber zugleich als „nicht ausschlaggebend oder zielführend“ abgetan.
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Auch die pauschale Aussage des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts im weiteren Verlauf des Erörterungstermins, dass eine alternative Versorgung nicht vorhanden sei, insbesondere die Fernwasserversorgung keine Kapazitäten mehr habe und der Wasserbedarf der öffentlichen Wasserversorgung vorrangig aus ortsnahen Wasservorkommen zu decken sei (vgl. Niederschrift S. 8), stellt keine problemorientierte Behandlung mit den relevanten Fragestellungen zur Alternativenprüfung dar.
41
4. Die Verletzung der Anhörungsrechte der Antragsteller wurde weder im weiteren Normerlassverfahren noch im gerichtlichen Normenkontrollverfahren geheilt.
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4.1 Den Antragstellern wurde keine Möglichkeit eingeräumt, sich zu dem Nachtrag zum wasserrechtlichen Antrag vom 5. Februar 2013, der erstmals Alternativen bewertete und den Wasserbedarf darstellte, zu äußern. Damit fehlte es schon an dem Angebot, dazu Stellung zu nehmen, und erst Recht auf dieser Grundlage erneut in die Erörterung einzutreten (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.2018 - 9 C 1.17 - BVerwGE 161, 180 = juris Rn. 33; BayVGH, U.v. 4.8.2008 - 22 N 06.1407 - BayVBl 2009, 567 = juris Rn. 35). Stattdessen hat das Landratsamt den Nachtrag, den es von den Beigeladenen zur „Nachbesserung der Antragsunterlagen“ angefordert hatte (vgl. Verfahrensakte S. 351 f.), nur dem Wasserwirtschaftsamt zur Prüfung und abschließenden Stellungnahme als amtlicher Sachverständiger übermittelt. Von der Einräumung einer Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Nachtrag konnte auch nicht deshalb abgesehen werden, weil dieser nicht zu einer Änderung des Verordnungsentwurfs geführt hat. Der insoweit gegebene Hinweis des Antragsgegners auf Art. 73 Abs. 8 BayVwVfG und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 2016 (Az. 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 33) greift zu kurz. Die Notwendigkeit, die Antragsteller zu dem Nachtrag anzuhören, ergibt sich hier nicht aus den in Art. 73 Abs. 8 BayVwVfG genannten Gründen, sondern daraus, dass die im Erörterungstermin unterbliebene substanzielle Erörterung nachgeholt werden musste (vgl. BayVGH, U.v. 4.8.2008 - 22 N 06.1407 - BayVBl 2009, 567 = juris Rn. 35).
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4.2 Auch die Gewährung von Rechtsschutz im vorliegenden Normenkontrollverfahren kann die fehlende substanzielle Erörterung im Anhörungsverfahren nicht ersetzen.
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Das Anhörungsverfahren vor Erlass einer Wasserschutzgebietsverordnung hat nicht nur die Funktion, die verordnungserlassende Behörde möglichst umfassend über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu informieren (Aufklärungsfunktion), sondern soll den Betroffenen auch rechtliches Gehör im Sinne eines vorgezogenen Rechtsschutzes gewähren (Rechtsschutzfunktion). Dem Anhörungsverfahren kommt deshalb eine grundrechtsichernde Bedeutung zu (sog. Grundrechtsschutz durch Verfahren, vgl. BVerfG, B.v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 - BVerfGE 53, 30 = juris Rn. 66; Lieber in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 73 Rn. 9). Zentrales Ziel dieses prozeduralen Grundrechtsschutzes ist es, der Gefahr einer Entwertung materieller Grundrechtspositionen vorzubeugen (vgl. BVerfG, B.v. 8.2.1983 - 1 BvL 20/81 - BVerfGE 63, 131 = juris Rn. 31). Gerade im Hinblick auf die Komplexität behördlicher Abwägungsentscheidungen und die damit einhergehenden materiellen Steuerungsdefizite des Gesetzes erfüllt das Verfahrensrecht insoweit eine verfassungsrechtlich gebotene Kompensationsfunktion (vgl. auch Sondergutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen, BT-Drs. 18/1375 S. 64).
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Das durch die Rechtsschutzgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG bestimmte gerichtliche Normenkontrollverfahren kann die grundrechtsschützende Funktion des Anhörungsverfahrens nicht ersetzen. Die gerichtliche „Richtigkeitskontrolle“ der Norm, die im Hinblick auf behördliche Bewertungs-, Abwägungs- und Einschätzungsvorgänge Einschränkungen unterliegt (BayVGH, U.v. 29.12.2011 - 22 N 08.190 - BayVBl 2012, 500 = juris Rn. 30), kann grundlegende Defizite im Normerlassverfahren nicht kompensieren. Die Gewährung rechtlichen Gehörs im Normenkontrollverfahren kann nicht gleichgesetzt werden mit der Möglichkeit, vor Normerlass auf die behördliche Entscheidungsfindung substanziell Einfluss zu nehmen. Dass der Begriff der Erforderlichkeit in § 51 Abs. 1 Satz 1 WHG voll gerichtlich überprüfbar ist (BVerwG, U.v. 26.11.2015 - 7 CN 1.14 - NVwZ 2016, 609 = juris Rn. 25), ändert daran nichts. Denn es verbleiben erhebliche Beurteilungsspielräume der Behörde, z.B. bei der Ausübung eines „administrativen Vereinfachungsspielraums“ bei der Schutzgebietsabgrenzung (BVerwG, U.v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - NVwZ 2013, 227 = juris Rn. 22) oder bei der Bewertung etwaiger Standortalternativen (BayVGH, U.v. 12.7.2018 - 8 N 16.2563 - juris Rn. 88; U.v. 30.7.2010 - 22 N 08.2749 - juris Rn. 33); hierzu wurden die Antragsteller nicht substanziell beteiligt. Im Übrigen sind die Erfolgschancen gerichtlicher Normenkontrollanträge betroffener Grundstückseigentümer durch den hohen Rang der öffentlichen Trinkwasserversorgung (vgl. BVerfG, B.v. 15.7.1981 - 1 BvL 77/78 - BVerfGE 58, 300 = juris Rn. 164; BVerwG, U.v. 13.6.1996 - 3 C 13.95 - NuR 1997, 188 = juris Rn. 27) und der fachlichen Autorität der Wasserwirtschaftsämter (Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) nicht unwesentlich begrenzt (BayVGH, U.v. 11.4.2000 - 22 N 99.2159 - BayVBl 2000, 531 = juris Rn. 23).
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5. Fehlerfolge des festgestellten Verfahrensverstoßes ist die Unwirksamkeit der angegriffenen Wasserschutzgebietsverordnung. Dem berechtigten Anliegen einer Normerhaltung kann im vorliegenden Fall nicht Rechnung getragen werden.
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5.1 Spezielle Vorschriften für die Unbeachtlichkeit von Verfahrensfehlern existieren für Wasserschutzgebietsverordnungen nicht. Die Nichtbeachtung von Beteiligungsrechten im Normerlassverfahren ist deshalb grundsätzlich beachtlich für die Rechtsgültigkeit der Norm (BayVGH, U.v. 4.8.2008 - 22 N 06.1407 - BayVBl 2009, 567 = juris Rn. 39; zustimmend Gößl in Sieder/Zeitler, BayWG, Art. 73 Rn. 61; Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 1048; vgl. auch BVerfG, B.v. 12.10.2010 - 2 BvF 1/07 - BVerfGE 127, 293 = juris Rn. 127).
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Spezialgesetzliche Vorschriften zur Planerhaltung, wie sie vom Gesetzgeber in anderen Rechtsbereichen getroffen wurden (z.B. in §§ 214 ff. BauGB), können auf Wasserschutzgebietsverordnungen weder entsprechend noch „orientierungshalber“ herangezogen werden. Die gegenteilige Auffassung (OVG RhPf, U.v. 2.8.2018 - 1 C 11685/16 - UPR 2019, 158 = juris Rn. 53) verkennt, dass eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften wegen ihres Ausnahmecharakters (vgl. OVG SH, U.v. 17.6.1999 - 1 K 7/98 - NordÖR 2000, 423 = juris Rn. 24) und der damit verbundenen Einschränkung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (vgl. BVerfG, B.v. 7.5.2001 - 2 BvK 1/00 - BVerfGE 103, 332 = juris Rn. 189) auch im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes in Bezug auf die Eingriffe der Schutzgebietsverordnung in das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG ausscheidet (vgl. auch Schwind in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 51 Rn. 58).
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Aber selbst wenn man von einer entsprechenden Anwendbarkeit der §§ 214 ff. BauGB ausginge, wären deren Voraussetzungen hier nicht erfüllt. Verstöße gegen die nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 BauGB beachtlichen Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Planauslegung wären nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden, weil beim Verordnungserlass nicht auf die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Geltendmachung von Verfahrensfehlern hingewiesen wurde (vgl. § 215 Abs. 2 BauGB).
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Auch Art. 46 BayVwVfG, der sich ausdrücklich auf Verwaltungsakte bezieht, findet im Normsetzungsverfahren zum Erlass einer Wasserschutzgebietsverordnung keine Anwendung (vgl. OVG Bremen, U.v. 20.12.2016 - 1 D 83/14 - NVwZ-RR 2017, 486 = juris Rn. 38; OVG SN, U.v. 17.3.2011 - 2 K 174/09 - juris Rn. 46; Emmenegger in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 46 Rn. 57).
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5.2 Dennoch hat der Verwaltungsgerichtshof ein berechtigtes Anliegen der Normerhaltung von Wasserschutzgebietsverordnungen in eng umrissenen Grenzen anerkannt (BayVGH, U.v. 4.8.2008 - 22 N 06.1407 - BayVBl 2009, 567 = juris Rn. 40 f.; U.v. 11.4.2000 - 22 N 99.2159 - BayVBl 2000, 531 = juris Rn. 23). Hintergrund dürfte die dienende Funktion des Verfahrensrechts für die materielle Entscheidung sein (vgl. BVerwG, U.v. 8.6.1995 - 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 = juris Rn. 57; Emmenegger in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 46 Rn. 4). Die Verfahrensbestimmungen erfüllen grundsätzlich keinen Selbstzweck, sondern sollen eine richtige Entscheidung in der Sache gewährleisten. Abgesehen davon kommt eine Grundrechtsverletzung durch Verfahrensfehler nicht in Betracht, wenn von vorneherein ausgeschlossen werden kann, dass bei fehlerfreier Verfahrensgestaltung eine für die Betroffenen günstigere Entscheidung getroffen worden wäre (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.1986 - 1 BvR 787/80 - BVerfGE 73, 280 = juris Rn. 49; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 15. Aufl. 2018, Vorb. Vor Art. 1 Rn. 11). Die Verletzung von grundrechtssichernden Beteiligungsregelungen im Normsetzungsverfahren führt demnach nicht zur Nichtigkeit der angegriffenen Norm, wenn von vorneherein ausgeschlossen werden kann, dass diese ohne den Verfahrensfehler einen anderen Inhalt erhalten hätte.
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5.3 Vorliegend kann nicht von vorneherein ausgeschlossen werden, dass das Landratsamt im Falle der verfahrensgemäßen Erörterung von Standortalternativen mit den Betroffenen zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Vielmehr ist denkbar, dass es die Beibehaltung der seit langer Zeit bestehenden, aber infolge ungünstiger Untergrundverhältnisse nur teilweise schutzfähigen Quellen (vgl. Wasserwirtschaftsamt, Gutachten vom 17.10.2007 S. 5), abwägungsrelevant kritischer beurteilt hätte.
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Zwar legt der gutachterliche Nachtrag vom 5. Februar 2013 dar, dass das benötigte Dargebot nicht aus anderen Quellen oder Brunnen im Versorgungsgebiet zu fördern ist und dass für eine Mitversorgung durch benachbarte Wasserversorger umfangreiche bauliche Maßnahmen (Rohrleitungen, Pumpwerke) nötig wären (vgl. dort S. 10 und 12). Die Errichtung eines neuen Brunnens wurde als nicht ausreichend ergiebig, zeitaufwändig, kostenintensiv und risikobehaftet bewertet (vgl. dort S. 11 und Stellungnahme Dr. N. vom 29.7.1996). Ob diese Bewertung den Einwendungen der Antragsteller standhält, die sich auf eine Erhöhung der Entnahmemengen der sonstigen Trinkwassergewinnungsanlagen, den Ersatz der vorhandenen Quellen durch neue Brunnenfassungen, den Bau mehrerer neuer Brunnenbauwerke und die Mitversorgung durch benachbarte Wasserversorger oder die Fernwasserversorgung Oberfranken (FWO) berufen, ist vom Normenkontrollgericht im Rahmen einer Kausalitätsprognose nicht im Detail zu überprüfen. Die Ergebniskausalität eines Verfahrensfehlers kann nicht dadurch verneint werden, dass das Gericht eine eigene hypothetische Abwägungsentscheidung an die Stelle derjenigen des Verordnungsgebers setzt (vgl. BVerfG, B.v. 24.10.2017 - 1 BvR 1026/13 - NVwZ 2018, 573 = juris Rn. 47; B.v. 16.12.2015 - 1 BvR 685/12 - NVwZ 2016, 524 = juris Rn. 23). Damit würde das Gericht seine Rolle als kontrollierende unabhängige Instanz aufgeben und sich an die Stelle der entscheidenden Behörde setzen (vgl. BVerwG U.v. 10.2.2016 - 9 A 1.15 - BVerwGE 154, 153 = juris Rn. 30). Der Erörterungsmangel ist daher schon dann ergebnisrelevant, wenn Betroffene konkrete Fragen zu verfahrensfehlerhaft nicht erörterten Themen aufwerfen, die nicht von vorneherein als „nicht erörterungswürdig“ abgetan werden können.
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So verhält es sich hier. Selbst wenn man die Alternative „Erhöhung der Entnahmemengen anderer Versorgungsanlagen“ als völlig aussichtslos bewertet, weil anhand der dort verfügbaren Fördermengen nicht erkennbar ist, inwiefern die Erschließung solcher Teilkontingente eine gleichwertige Alternative zu den Bestandsquellen darstellen könnte (vgl. BayVGH, U.v. 28.8.2019 - 8 N 17.523 - W+B 2019, 244 = juris Rn. 135; U.v. 29.12.2011 - 22 N 08.190 - BayVBl 2012, 500 = juris Rn. 30), verbleiben die Alternativen „Errichtung eines neuen Brunnens“ und „Mitversorgung durch benachbarte Wasserversorger oder die FWO“. Zumindest die letztgenannte Alternative kann hier nicht als „von vorneherein ausgeschlossen“ und als nicht erörterungswürdig abgetan werden. Die Ortsteile Isling, Mistelfeld und Schney der Stadt L. sind schon jetzt an die FWO angeschlossen (vgl. Nachtrag vom 5.2.2013 S. 9). Ein Anschluss des weiteren Stadtgebiets wurde im Verwaltungsstreitverfahren um die Erweiterung eines Steinbruchs südlich der Quellen thematisiert, ohne dass es zu einer gütlichen Lösung gekommen ist (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25.10.2001 im Verfahren 22 B 98.224, Verfahrensakte Wasserwirtschaftsamt LIF 4532.1+5 1996-2007“). Die Realisierbarkeit eines solchen Anschlusses an die FWO ist in den Verwaltungsakten kontrovers dargestellt. Während das Wasserwirtschaftsamt im Erörterungstermin fehlende Kapazitäten der FWO angeführt hat (vgl. Niederschrift über den Erörterungstermin S. 8), stützt die Alternativenprüfung (Nachtrag vom 5.2.2013) die Ablehnung dieser „technisch problemlos möglichen“ Versorgungsalternative auf die Erhöhung des Wasserpreises von 0,32 €/m3 auf 0,82 €/m3 (vgl. dort S. 10).
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Dass es sich bei der Zulieferung von Trinkwasser der FWO um kein ortsnahes Wasservorkommen handelt (§ 50 Abs. 2 Satz 1 WHG), das eine Aufgabe der eigenen Wasserversorgung erfordern würde, führt ebenfalls nicht ohne Weiteres dazu, dass diese Alternative als von vorneherein aussichtslos und nicht erörterungswürdig abgetan werden kann. Auch wenn sich die Alternative „Zulieferung“ im Einzelfall als „aliud“ darstellen kann (vgl. BayVGH, U.v. 28.8.2019 - 8 N 17.523 - W+B 2019, 244 = juris Rn. 150), bleibt die Verweigerung der Erörterung der damit verbundenen Fragen hier nicht folgenlos. Dafür spricht die eingeschränkte Wirksamkeit der Schutzgebietsverordnung, die eine eingehende Alternativenprüfung erfordert. Denn die für die Fortführung einer vorhandenen Wassergewinnungsanlage sprechenden Belange verlieren umso mehr an Durchschlagskraft, je geringer die Schutzfähigkeit des Wasservorkommens ist (BayVGH, U.v. 29.12.2011 - 22 N 08.190 - BayVBl 2012, 500 = juris Rn. 47).
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5.4 Aufgrund der Beachtlichkeit des Verfahrensmangels einer fehlenden Auslegung und substanziellen Erörterung der Standortalternativen kann offen bleiben, ob von vorneherein ausgeschlossen werden kann, dass im Falle der Auslegung des hydrogeologischen „Basisgutachtens“ vom 23. August 1991 (vgl. oben Rn. 33) weitere potenzielle Betroffene Einwendungen erhoben hätten und das Landratsamt aufgrund dieser Einwendungen zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 173 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO muss der Antragsgegner die Entscheidung in Nr. I der Urteilsformel nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils ebenso veröffentlichen wie die Verordnung bekannt zu machen wäre.