Titel:
Sittenwidrigkeit, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Abschalteinrichtung, Sittenwidrige Schädigung, Nutzungsentschädigung, Greifbare Anhaltspunkte, Richtlinienkonforme Auslegung, Sachverständigenbeweis, Unzulässige Ausforschung, Ausforschungsbeweis, Außergerichtliche Kosten, Streitwert, Schutzgesetzcharakter, Klagepartei, Feststellung des Annahmeverzugs, Klageschrift, Klageabweisung, Unzulässigkeit, OLG München, Aktivlegitimation
Schlagworte:
Zulässigkeit der Klage, Besonderer Gerichtsstand, Sittenwidrigkeit, Anspruch nach § 826 BGB, Unzulässige Ausforschung, Schutzgesetzcharakter, Feststellung des Annahmeverzugs
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 29.11.2021 – 20 U 417/21
BGH Karlsruhe, Urteil vom 20.11.2024 – VIa ZR 764/21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 65078
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 58.250,00 € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um Ansprüche aus sittenwidriger Schädigung im Zusammenhang mit dem sogenannten „Diesel-Abgas-Skandal“.
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Die Klagepartei erwarb am 02.03.2017 den streitgegenständlichen Pkw zu einem Kaufpreis von 58.250,00 Euro brutto mit einem Kilometerstand von 28.662 km (Anlage K 1).
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Herstellerin dieses Fahrzeugs ist die Beklagte. Am Tag der letzten mündlichen Verhandlung, dem 08.12.2020, hatte der verfahrensgegenständliche Pkw einen km-Stand von 109.402 km.
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Zur Finanzierung dieses Fahrzeugs schloss der Kläger am 01.03.2017 mit der Fa. M. Bank AG einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von 27.000,00 Euro ab, wobei eine Zahlung von 36 Raten und einer Schlussrate vorgesehen war (Anlage K 8).
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Das streitgegenständliche Fahrzeug enthält einen Motor vom Typ OM651 (Euro 6). Für das streitgegenständliche Fahrzeug existiert kein Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes.
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Der Kläger behauptet, in dem Motor sei eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringere und zu einem erheblichen Anstieg der Stickoxidemissionen führe, die die zulässigen Grenzwerte überschreiten.
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Die Klagepartei meint, bei dem Fahrzeug seien unzulässige Abschalteinrichtungen i.S.d. Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 verbaut. Sie sei von der Beklagten vorsätzlich und sittenwidrig i.S.v. § 826 BGB geschädigt worden, indem diese im streitgegenständlichen Fahrzeug vorsätzlich eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut und das Fahrzeug trotzdem und unter Verschweigen deren Funktionsweise in Verkehr gebracht habe. Die Beklagte habe positive Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der verwendeten Abschaltvorrichtung und damit Schädigungsabsicht gehabt. Des Weiteren habe die Beklagte auch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV und gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB für den entstandenen Schaden einzustehen.
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Der Kläger hat zunächst im Rahmen der Klageschrift im Antrag Ziffer 1 davon abgesehen, sich eine Nutzungsentschädigung anrechnen zu lassen. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 30.09.2020 hat der diesen Antrag geändert und beantragt zuletzt,
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Die Beklagte wird kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 60.458,36 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2020 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges Mercedes-Benz E250, Fahrzeugidentifikationsnummer .., abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Euro, deren Höhe sich nach der folgenden Formel beziffert: Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer / Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt.
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festzustellen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug mit der Rücknahme des vorbezeichneten Fahrzeugs befindet.
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Die Beklagte kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an den Kläger weitere 2.251,48 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2020 zu zahlen Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
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Die Beklagte behauptet, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei. Das Fahrzeug sei auch nicht „manipuliert“ und bei dem Fahrzeug würden keine Zulassungsprobleme gleich welcher Art drohen. Insofern sei dem Kläger kein Schaden entstanden.
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Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass die Finanzierung abgelöst und beendet wurde.
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Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.
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Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Landshut örtlich zuständig. Der besondere Gerichtsstand nach § 32 ZPO ist dann eröffnet, wenn sich aus dem Vortrag des Klägers ergibt, die von ihm behauptete sittenwidrige Schädigung hätte sich zumindest auch im hiesigen Bezirk zugetragen.
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Im Rahmen des § 32 ZPO kann der Kläger nach seiner Wahl (§ 35 ZPO) zwischen dem Begehungs- und dem Erfolgsort wählen. Ersterer wäre zweifelsohne am Sitz der Beklagten gegeben, letzterer ist neben dem Ort des Vertragsschlusses (Eching) zumindest auch der Ort, an dem in das Vermögen als Ganzes eingegriffen wird (OLG München, Beschluss vom 11.03.2020, Az. 34 AR 235/19).
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Die Klage ist unbegründet.
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Es kann dahinstehen, ob der Kläger aktivlegitimiert ist.
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Der Kläger kann nämlich aus keinem Rechtsgrund von der Beklagten Erstattung des Kaufpreises verlangen.
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1. Ein Anspruch nach § 826 BGB wegen eines im Fahrzeug verbauten Thermofensters scheitert daran, dass das Inverkehrbringen des mit einem Thermofenster ausgestatteten Fahrzeugs nicht als sittenwidrige Handlung zu bewerten ist (OLG München, Beschluss vom 10.02.2020 – 3 U 7524/19).
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Sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB ist ein Verhalten, das aus seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dabei genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19). Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, welche die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (BGH, a.a.O.).
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Danach stellt das Verhalten der Beklagten, ein mit einem sogenannten Thermofenster ausgestattetes Fahrzeug in den Verkehr zu bringen unabhängig davon, ob es sich um eine objektiv unzulässige Abschalteinrichtung handelt, jedenfalls keine sittenwidrige Handlung dar. Bei dem Thermofenster, das grundsätzlich im normalen Fahrbetrieb gleichermaßen arbeitet wie auf dem Prüfstand, und bei dem Motor- und Bauteilschutz als Rechtfertigung ernsthaft in Erwägung gezogen werden können, kann ohne konkrete Anhaltspunkte nicht einfach angenommen werden, dass die Verantwortlichen bei der Beklagten in dem Bewusstsein gehandelt hatten, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. In Anbetracht der kontroversen Diskussion über Inhalt und Reichweite der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a VO (EG) 2007/715 muss eine möglicherweise falsche, aber dennoch vertretbare Gesetzesauslegung und -anwendung durch die Organe der Beklagten in Betracht gezogen werden (wenn es sich bei dem Thermofenster überhaupt um eine objektiv unzulässige Abschalteinrichtung handeln sollte). Eine Sittenwidrigkeit käme daher hier nur in Betracht, wenn über die bloße Kenntnis von der Verwendung eines Thermofensters hinaus zugleich Anhaltspunkte dafür ersichtlich wären, dass die Beklagte dabei einen Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen hatte. Sollte die Beklagte die Rechtslage jedoch fahrlässig verkannt haben, würde es ihr an dem für die Sittenwidrigkeit in subjektiver Hinsicht erforderlichen Bewusstsein der Rechtswidrigkeit fehlen (OLG München aaO).
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Die diesbezüglichen Ausführungen in der Klageschrift sind lediglich pauschal und differenzieren insbesondere nicht zwischen der Kenntnis eines Thermofensters, die ggf. unterstellt werden kann, und dem Bewusstsein einer Rechtswidrigkeit, welches nicht ohne weitere Anhaltspunkte angenommen werden kann. Insbesondere ist eine Täuschung über das Thermofenster, welches im Prüfstand gleichermaßen arbeitet wie im Normalbetrieb, nicht erkennbar. Dass sich Schadstoffausstoß und Kraftstoffverbrauch im Prüfstand und Normalbetrieb ggf. trotzdem unterscheiden, ist dabei ohne Belang. Der Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, für den Prüfstand bestimmte standardisierte Bedingungen (NEFZ) vorzugeben. Wenn die Bedingungen im Straßenbetrieb hiervon abweichen und dies zu erhöhten Schadstoffwerten oder einem erhöhten Kraftstoffverbrauch führt, das Thermofenster aber im Straßenbetrieb wie im Prüfstand gleichermaßen arbeitet, kann von den erhöhten Werten im Normalbetrieb nicht auf eine Täuschungsabsicht oder ein Rechtswidrigkeitsbewusstsein der Beklagten geschlossen werden.
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2. Soweit der Kläger neben dem Thermofenster weitere in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Abschalteinrichtungen behauptet, welche zwischen Rollenprüfstand und normalen Fahrbetrieb unterscheiden und abhängig davon den Schadstoffausstoß unterschiedlich gestalten würden, scheitern etwaige Ansprüche des Klägers (etwa aus § 826 BGB, § 823 Abs. 2 i.V.m § 263 StGB bzw. § 27 EG-FVG) bereits daran, dass das Gericht nicht vom Vorhandensein einer entsprechenden Abschalteinrichtung überzeugt ist.
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Der diesbezügliche Vortrag des Klägers erfolgte letztlich pauschal und „ins Blaue hinein“, so dass eine Beweiserhebung über diese Behauptungen des Klägers auf einen in der ZPO nicht vorgesehenen Ausforschungsbeweis hinausliefe. Zwar ist bei der Annahme eines willkürlichen Sachvortrags Zurückhaltung geboten und ein solcher nur im Ausnahmefall anzunehmen, da es einer Partei auch möglich sein muss, im Zivilprozess Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genaue Kenntnis besitzt, die sie nach Lage der Dinge aber für wahrscheinlich hält. Eine unzulässige Ausforschung ist aber dennoch gegeben, wenn eine Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich auf's Geratewohl Behauptungen aufstellt (BGH, Urteil vom 20.09.2002 – V ZR 170/01, NJW-RR 69, 70). Solche greifbaren Anhaltspunkte für die vom Kläger behauptete illegale Abschalteinrichtung liegen jedoch nicht vor.
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a) Ein solcher greifbarer Anhaltspunkte läge jedenfalls mit einem behördlich angeordnetem Rückruf vor. Ein solcher ist vorliegend aber bisher nach gerichtlicher Überzeugung nicht erfolgt.
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Die Beklagte hat aber in der Klageerwiderung umfassend dazu ausgeführt, dass gerade kein Rückruf vorliegt. Diesen Vortrag hat die Klagepartei nicht bestritten.
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Die von der Beklagten versandte Aufforderung zur Durchführung eines Softwareupdates stellt keinen greifbaren Anhaltspunkt dar. Aus dem als Anlage K 3 vorgelegten Schreiben ergibt sich bereits, dass es sich um eine freiwillige Kundendienstmaßnahme handelt, die der Kläger kostenlos durchführen lassen könne.
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Insbesondere liegt mit dieser Maßnahme kein „freiwilliger Rückruf“ im Sinne des § 6 Abs. 4 ProdSG vor. Die Initiative für diese Maßnahme ging unstreitig nicht von einer Behörde, sondern von der Beklagten als Herstellerin aus. Zudem ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese Maßnahme aufgrund von akuter Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit der Verwender oder Dritter eingeleitet wurde.
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b) Der Vortrag der Klagepartei, dass das SCR-System bewusst so gestaltet sei, dass zwischen Prüfstands- und realem Fahrbetrieb unterschieden werde bzw. das System nur im Prüfstandsbetrieb ordnungsgemäß funktioniere und daher eine weitere unzulässige Abschalteinrichtung vorliege, ist aus Sicht des Gerichts bereits unsubstantiiert und erfolgt „ins Blaue hinein“. Für die klägerischen Behauptungen bestehen keinerlei dahingehende tatsächliche Anhaltspunkte.
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Dies betrifft auch den Vortrag des Klägers zur Kühlmittelsolltemperatur-Regelung sowie seine Ausführungen zu der Funktion „Slipguard“.
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Dass diese Ausführungen nicht nur pauschal, sondern auch „ins Blaue hinein“ erfolgen ergibt sich auch aus dem Umstand, dass die Beklagte darlegen konnte, dass eine Funktion Slipguard im streitgegenständlichen Fahrzeug nicht aktiv ist, was von Klägerseite in der Folge unwidersprochen blieb.
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c) Die Überlegungen zum „Thermofenster“ gelten aber in gleicher Weise für den weiteren klägerischen Vortrag, dass das Abgasrückführungssystem durch den Einsatz einer „KühlmittelSollwert-Temperatur-Regelung“ reduziert werde. Zudem ist der Vortrag auch unsubstantiiert und ins Blaue hinein; beim angebotenen Sachverständigenbeweis handelt es sich um eine zivilprozessual unzulässige Ausforschung.
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d) Dasselbe gilt für den von der Klagepartei vorgelegten Artikel aus dem Handelsblatt (Anlage K 4). Darin wird darüber berichtet, dass die EU-Wettbewerbsbehörde formelle Beschwerdemitteilungen an die Beklagte und weitere Hersteller versenden will. Greifbare Anhaltspunkte, dass die Beklagte beim streitgegenständlichen Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut hat, ergeben sich daraus nicht. Dies gilt auch, soweit der Kläger auf die Pressemitteilung der Europäischen Kommission (Anlage K 5) Bezug nimmt.
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3. Im Übrigen kommt ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6, 27 EG-FGV deshalb nicht in Betracht, weil den Vorschriften bereits der Schutzcharakter fehlt (OLG München, Beschluss vom 10.01.2020 – 3 U 5980/19). Eine Norm ist dann als Schutzgesetz anzusehen, wenn sie zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Bei diesen Vorschriften handelt es sich nicht um Normen mit Drittschutzwirkung für den Autokäufer. Bei Vorschriften, die wie hier Richtlinien umsetzen, kommt es nach der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung insofern maßgeblich auf den Inhalt und Zweck der Richtlinie – hier also RL 2007/46/EG – an. Diese zielt nicht auf den Schutz der Vermögensinteressen der Fahrzeugkäufer ab, sondern auf die Harmonisierung des Binnenmarktes und in diesem Zusammenhang auf hohe Verkehrssicherheit, hohen Schutz der Umwelt und der Gesundheit, rationale Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung.
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4. Ein Anspruch der Klagepartei nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 5 Abs. 2, 3 Nr. 10 der VO Nr. 715/2007 scheitert im Übrigen daran, das diesen Vorschriften der Schutzgesetzcharakter fehlt (OLG München, Beschluss vom 10.01.2020 – 3 U 5980/19). Ziel der VO (EG) 715/2007 ist nämlich die Harmonisierung des Binnenmarktes bzw. die Vollendung des Binnenmarktes durch Einführung gemeinsamer technischer Vorschriften zur Begrenzung von Fahrzeugemissionen. Soweit auch ein hohes Umweltschutzniveau und die Reinhaltung der Luft bezweckt werden, geht es ausweislich der Ausführungen unter (7) der Verordnung nicht um individuelle Interessen, sondern um umwelt- und gesundheitspolitische Ziele. Dies ergibt sich auch daraus, dass unter (7) die Ziele in Beziehung gesetzt werden zu den Auswirkungen der Emissionsgrenzwerte auf die Märkte und die Wettbewerbsfähigkeit von Herstellern (OLG München, aaO)
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Aus diesen Gründen scheitert auch der Antrag auf die Feststellung des Annahmeverzugs.
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Mangels Hauptanspruchs kann der Kläger auch keine Zahlung von seinen außergerichtlichen Kosten verlangen.
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Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 ZPO. Der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO i.V.m. § 48 GKG festgesetzt.