Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 11.03.2020 – AN 9 K 19.02437
Titel:

Nutzungsänderung der Teilfläche eines Vereinslokals zu Wettbüro und Lager

Normenketten:
BayBO Art. 55, Art. 81
BauNVO § 6, § 15
Leitsätze:
1. Eine Nutzung als Vereinslokal stellt eine Nutzung entsprechend einer Schank- und Speisewirtschaft im planungsrechtlichen Sinne dar. Ein Betrieb zur Vermittlung von Sportwetten ist hiervon zu unterscheiden; abhängig von der konkreten Ausgestaltung handelt es sich um eine Vergnügungsstätte oder einen sonstigen Gewerbebetrieb. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Betrieb zur Vermittlung von (Sport-)Wetten ist als Wettbüro und damit als Vergnügungsstätte einzustufen, wenn in den Räumlichkeiten nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen besteht, sondern diese auch zur kommerziellen Unterhaltung dienen. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägter Gebietsteil ist bei einem Vorherrschen gewerblicher Nutzungen gegeben. Allein wegen einer gewerblichen Nutzung der Erdgeschosse kann eine überwiegende gewerbliche Prägung nicht angenommen werden. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein etwaiger Anspruch auf Abschluss eines Stellplatz-Ablösungsvertrages kann nicht im Rahmen einer Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung geltend gemacht werden. Er muss vielmehr mit einer gesonderten Leistungsklage gegenüber der Gemeinde verfolgt werden. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Gemeinde kann ihr „Vertragsabschlussermessen“ auch zur Verfolgung städtebaulicher Zwecke, die sie mit dem Instrumentarium des BauGB und der BauNVO allein nicht erreichen kann, einsetzen; es ist ihr unbenommen, das Instrumentarium der Stellplatzablösung mit der Intention zu handhaben, hierdurch eine nach ihren städtebaulichen Zielvorstellungen vorzugswürdige bauliche Entwicklung zu fördern. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vergnügungsstätte in faktischem Mischgebiet, nicht überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägter Gebietsteil, fehlender Stellplatznachweis, Nutzungsänderung, Vereinslokal, Wettbüro, kommerzielle Unterhaltung, Ablösungsvertrag
Fundstelle:
BeckRS 2020, 6377

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung von Teilflächen des Vereinslokals zu Wettbüro und Lager.
2
Mit Baugenehmigungsbescheid vom 17. März 2010 und Tekturgenehmigung vom 19. Mai 2010 wurde für die Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens … Straße …, FlNr. …, Gemarkung …, die Nutzungsänderung von Laden zu Vereinsheim bzw. Vereinslokal des … … … auf einer Nutzfläche von 143,27 m² bauaufsichtlich genehmigt. Das Vorhabensgrundstück FlNr. … liegt im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplanes Nr. …, der keine Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung enthält.
3
Im Rahmen einer Ortseinsicht durch den Außendienst der Bauordnungsbehörde der Beklagten im Dezember 2012 wurde festgestellt, dass die als Vereinslokal genehmigten Räumlichkeiten als Wettbüro genutzt werden.
4
Mit Bescheid vom 27. März 2014 versagte die Beklagte die Erteilung einer beantragten Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Teilfläche des Vereinslokals zu Wettbüro und untersagte die Nutzung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens … Straße …, FlNr. …, Gemarkung …, als Wettbüro innerhalb einer Frist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit des Bescheides. Gegen den Bescheid vom 27. März 2014 wurde unter dem Aktenzeichen AN 9 K 14.00663 Klage erhoben.
5
Im Verfahren AN 9 K 14.00663 fand am 21. Oktober 2015 ein Augenschein statt. Auf den Inhalt der angefertigten Niederschrift wird Bezug genommen.
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Mit Urteil vom 21. Oktober 2015 wurde die Klage im Verfahren AN 9 K 14.00663 als unbegründet abgewiesen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil wurde mit Beschluss des VGH München vom 22. Oktober 2019, Aktenzeichen …, abgelehnt.
7
Mit bei der Beklagten am 4. April 2016 eingegangenem Bauantrag beantragte u.a. der Kläger als Teil einer Bauherrengemeinschaft die Baugenehmigung für das Vorhaben „Errichtung Wettbüro und Lager durch Verkleinerung Vereinslokal“ auf dem Grundstück FlNr. … und …, jeweils Gemarkung … Mit bei der Beklagten am 4. April 2016 eingegangenem Schreiben teilte die Eigentümerin des Nachbaranwesens mit, dass sie ihre Nachbarunterschrift versagt habe, da es für die Nachbarschaft nicht tragbar sei, dass ein Wettbüro und Vereinslokal Tag für Tag, Nacht für Nacht aktiv sei und die Nacht zum Tag mache. Einem ihrer weiteren Schreiben ist zu entnehmen, dass durch das Wettbüro und Vereinslokal die Anwohner mit Lärm aus und vor dem Gebäude, Zigarettenqualm unter Wohnungsfenstern, Abfall vor den Anwesen und Autolärm gequält würden; die Mieter hätten auch ein Anrecht auf Ruhe, vor allem nachts.
8
Mit Schreiben vom 1. Juli 2016 teilte die Beklagte mit, dass eine Genehmigung nicht erteilt werden könne. Als Art der Nutzung sei im Bereich des streitgegenständlichen Anwesens aufgrund der vorhandenen Bebauungs- und Nutzungsstruktur von einem Mischgebiet im Sinne des § 6 BauNVO auszugehen. Durch die entstehende Gesamtgröße der Fläche ergebe sich eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte, die im Mischgebiet nicht zulässig sei. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass die Flächenberechnung nicht korrekt sei und die Gesamtfläche der beiden Nutzungen über 99 m² betrage. Selbst wenn die funktionale Einheit nicht gegeben wäre und eine Vergnügungsstätte im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vorläge, wäre diese nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO nicht zulässig, da keine gewerbliche Prägung vorliege. Eine Ausnahme im Sinne des § 6 Abs. 3 BauNVO könne gemäß § 15 BauNVO nicht zugelassen werden, da die Wohnnutzungen ab dem 1. Obergeschoss dadurch unzumutbaren Störungen und Belästigungen ausgesetzt seien. Die unmittelbare Nachbarschaft sei von Wohnnutzung geprägt. Natürlich seien im Mischgebiet gewerbliche Nutzungen vorhanden, in der Regel sei das Verhältnis 50/50. Keine der Nutzungen solle überwiegen. Es seien die Nutzungen in unmittelbarer Umgebung zu betrachten und nicht die Nutzungen gegenüber, die durch die ohnehin als Zäsur wirkende … Straße keinerlei Wirkung auf das Vorhaben ausübten. Zudem werde darauf hingewiesen, dass der Antrag unvollständig sei. Es fehle eine korrekte und nachvollziehbare Flächenberechnung, welche mit den genehmigten Bestandsunterlagen und den zugehörigen Berechnungen schlüssig sei. Die beiliegende Stellplatzberechnung sei nicht korrekt.
9
Mit bei der Behörde am 8. August 2016 eingegangenem Schreiben wurden eine geänderte Erdgeschoss-Grundrissdarstellung, eine neue Stellplatzermittlung sowie eine neue Flächenaufstellung vorgelegt.
10
Mit Schriftsatz vom 19. August 2016 teilte der damalige Bevollmächtigte des Klägers gegenüber der Beklagten mit, dass hinsichtlich der Flächenberechnung sowie der Stellplatzberechnung eine Stellungnahme des involvierten Architekturbüros übersandt worden sei. Die Punkte seien damit ausgeräumt und würden einer positiven Bescheidung nicht mehr entgegenstehen. Auch bauplanungsrechtliche Gründe stünden dem Vorhaben nicht entgegen. Es sei unbestreitbar von einer Gewerbefläche kleiner als 100 m² auszugehen. Dies gelte selbst dann, wenn eine funktionale Einheit zwischen Wettvertriebsstätte und Vereinslokal angenommen werden sollte. Im faktischen Mischgebiet seien Vergnügungsstätten zulässig, soweit das Teilgebiet, in dem das Vorhaben gelegen sei, überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt sei. Hiervon sei auszugehen. Zudem ermögliche § 6 Abs. 3 BauNVO aber auch die ausnahmsweise Zulässigkeit. Ein Anspruch mindestens auf eine solche Ausnahme sei gegeben. Es sei nicht davon auszugehen, dass das Vorhaben, auf das der Bauantrag ausgerichtet sei, ein solches sei, das geeignet sei, eine Wettkampfatmosphäre zu begründen. Das streitgegenständliche Vorhaben entspreche eher insgesamt dem Störpotenzial einer Schank- und Speisewirtschaft. Eine „milieubedingte Unruhe“ könne bei der Tätigkeit, die Gegenstand des beantragten Bauvorhabens sei, ausgeschlossen werden. Es sei schon fraglich, ob die Annahme, ein Wettbüro sei stetig im bauplanungsrechtlichen Sinne als Vergnügungsstätte anzusehen, zutreffend sei. Mindestens aber im Rahmen der Frage einer Ausnahme im Sinne des § 6 Abs. 3 BauNVO seien diese Überlegungen von erheblicher Bedeutung. Es handele sich um einen das Wohnen nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieb, der hinsichtlich des Störpotenzials eher mit einem Laden, allenfalls mit einer Schank- und Speisewirtschaft vergleichbar sei. Die überwiegend gewerbliche Prägung der … Straße dürfte offensichtlich sein.
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Ein Hinweis auf § 15 BauNVO sei unzutreffend, da dessen Voraussetzungen nicht vorlägen, da von einer unzumutbaren Störung nicht ausgegangen werden könne. Das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt, da das Vorhaben weder nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des (faktischen) Baugebietes widerspreche. Auch gingen von dem Vorhaben keine Belästigungen oder Störungen aus, die im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar wären.
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Einem Vorprüfgutachten vom 28. Oktober 2016 ist zu entnehmen, dass die beiliegende Stellplatzberechnung nicht korrekt sei. Für die Ermittlung der fiktiven Stellplätze seien die Werte von Nr. 6.1 (Gaststätte) der Richtzahlenliste verwendet worden, genehmigt werde jedoch ein Vereinsheim, weshalb die Werte von Nr. 6.2 der Richtzahlenliste zu verwenden seien. Die Anzahl von drei abzulösenden Stellplätzen sei nicht korrekt ermittelt. Ein Nachweis von Stellplätzen im Hof sei nicht möglich, da die Hoffläche bereits als Nachweis der Altforderung diene. Weitere Stellplätze seien hier aufgrund der beengten Verhältnisse nicht möglich.
13
Mit Bescheid vom 9. November 2016 wurde für das Vorhaben „Nutzungsänderung von Teilflächen des Vereinslokals zu Wettbüro und Lager“ auf dem Grundstück …, Gemarkung …, die Genehmigung versagt. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB richte. Der Gebietscharakter entspreche aufgrund der vorhandenen Bebauungs- und Nutzungsstruktur einem Mischgebiet. Das Gebiet sei überwiegend auf Wohnen mit kleinen Handwerksbetrieben ausgelegt. In der Bezugsumgebung befänden sich insgesamt 23 Gebäude inklusive Nebengebäuden, von denen elf Anwesen nur dem Wohnen dienten. Sieben der weiteren Anwesen verfügten über erdgeschossige Nutzungen, die im allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig seien. Zwei Anwesen verfügten über erdgeschossige Nutzungen, die im Mischgebiet allgemein zulässig seien. Die wenigen, noch rein gewerblich genutzten Anwesen, gingen überwiegend aus den ehemaligen kleinen Handwerksbetrieben hervor. Das Umfeld der geplanten Maßnahme sei durch die hier immer noch vorherrschende Wohnnutzung geprägt. Über das definierte Bauquartier hinaus habe die … Straße aufgrund ihrer Dimensionierung, Begrünung und Funktion mit U-Bahnlinie eine trennende Wirkung. Bei dem beantragten Wettbüro handele es sich um eine gewerbliche Nutzung, welche als Vergnügungsstätte einzustufen sei. Bezüglich der Einstufung von Annahmestellen für Wettenvermittlung als Vergnügungsstätten werde auf einschlägige Gerichtsurteile verwiesen. Eine Vergnügungsstätte sei im vorliegenden Mischgebiet nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO nicht zulässig, da im Umfeld der Maßnahme keine gewerbliche Prägung vorliege. Eine Ausnahme im Sinne des § 6 Abs. 3 BauNVO könne gemäß § 15 BauNVO nicht zugelassen werden, da die Wohnnutzungen ab dem 1. Obergeschoss dadurch unzumutbaren Störungen und Belästigungen ausgesetzt würden.
14
Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Kläger durch den damaligen Prozessbevollmächtigten Klage erheben. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, dass die Umgebung, in der das Grundstück gelegen sei, offensichtlich gewerblich geprägt sei. Jedenfalls ergebe sich aus der konkreten Nutzung, dass das „Störpotenzial“ der Nutzung nicht vergleichbar sei mit denen einer „klassischen“ Vergnügungsstätte im bauplanungsrechtlichen Sinne. Vielmehr sei die Nutzung vergleichbar mit dem „Störpotenzial“ eines Gastronomiebetriebes. Entweder nehme man deshalb bereits keine Vergnügungsstätte an oder gelange zur Zulässigkeit über die Möglichkeit einer Ausnahme.
15
Es wäre zu prüfen gewesen, ob die konkrete Nutzung die für eine Vergnügungsstätte typischen „städtebaulichen nachteiligen Auswirkungen“ tatsächlich habe. Auch bei Annahme eines Verweilcharakters handele es sich um einen das Wohnen nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieb.
16
Auf Nachfrage des Gerichtes, ob sich seit dem Augenschein am 21. Oktober 2015 Veränderungen ergeben hätten, die für die Beurteilung des Gebietscharakters beachtlich sein könnten, teilte die Beklagte mit Schriftsatz vom 19. Juni 2018 mit, dass sich keine Veränderungen ergeben hätten.
17
Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2018 teilte der damalige Klägerbevollmächtigte mit, dass nach Angaben des Klägers die damaligen Gewerbebetriebe weiterhin vorhanden seien. Die Anzahl gewerblich genutzter Flächen habe zudem zugenommen, vor allen Dingen in Form der Gastronomienutzung. Es sei ein weiterer Gastronomiebetrieb mit Freischankfläche hinzugekommen (Hausnummer **). In Hausnummer … sei ein griechisches Restaurant mit Freischankfläche hinzugekommen. Soweit damals in der … Straße … ein Leerstand festgestellt worden sei, habe hier ein neuer Gewerbebetrieb die Nutzung aufgenommen, dort würden Möbel 2. Wahl verkauft. In Hausnummer …, leerstehend am 21. Oktober 2015, sei heute wieder ein Gewerbebetrieb ansässig. Es befinde sich dort ein türkisches Kino mit Gastronomiebetrieb und Freischankfläche.
18
Auf erneute Nachfrage des Gerichtes, ob sich Änderungen seit dem Ortstermin am 21. Oktober 2015 ergeben hätten, teilte die Beklagte mit Schriftsatz vom 14. Januar 2020 mit, dass bei einer erneuten Nachschau im Januar 2020 keine Veränderungen festgestellt worden seien. Der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte mit Schriftsatz vom 21. Januar 2020 mit, dass nach Angaben des Klägers keine wesentlichen Veränderungen seit dem Ortstermin eingetreten seien. Soweit die Beklagte mitteile, dass sie von einem überwiegend durch Wohnnutzung geprägten Mischgebiet ausgehe, werde dem widersprochen. Sofern man ein Mischgebiet annehmen wolle, sei dieses gewerblich geprägt.
19
Mit Schriftsatz vom 9. März 2020 teilte die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass von einem Übergewicht der gewerblichen Nutzungen ausgegangen werde. Selbst bei Annahme eines Mischgebietes sei das Vorhaben zulässig, weil es sich um einen sonstigen, nicht störenden Gewerbebetrieb handele.
20
Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, sowie der beigezogenen Gerichtsakte im Verfahren AN 9 K 14.00663 und der beigezogenen Behördenakten. Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

21
Streitgegenstand der vorliegenden Klage ist das Begehren des Klägers, die Beklagte zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von Teilfläche eines Vereinslokals zu Wettbüro und Lager zu verpflichten.
22
Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.
23
1. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Teilfläche eines Vereinslokals zu Wettbüro und Lager nicht zu, er wird demgemäß durch den streitgegenständlichen Bescheid nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
24
Dem beantragten Bauvorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO). Prüfungsmaßstab sind gem. Art. 59 Abs. 1 Nr. 1 BayBO im vereinfachten Genehmigungsverfahren die Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit (§§ 29 bis 38 BauGB), sowie die Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO. Die gem. Art. 55 Abs. 1 i.V.m. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung (siehe hierzu 1.1) erweist sich in bauplanungsrechtlicher Hinsicht als unzulässig. Es handelt sich um eine ihrer Art nach als nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzustufende Nutzung (siehe hierzu 1.2). Die maßgebliche nähere Umgebung ist als überwiegend durch Wohnnutzung geprägter Teil eines faktischen Mischgebietes zu qualifizieren, so dass das beantragte Vorhaben seiner Art nach gem. § 34 Abs. 1 2 Halbsatz 2 BauGB i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO unzulässig ist (siehe hierzu 1.3.1). Die Erteilung einer Ausnahme ist nicht möglich (siehe hierzu 1.3.2). Zudem liegen Verstöße gegen § 15 BauNVO (siehe hierzu 1.4) sowie gegen die bauordnungsrechtliche Vorschrift der Stellplatzsatzung der Beklagten vor (siehe hierzu 1.5).
25
1.1 Das streitgegenständliche Vorhaben stellt eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar, vgl. Art. 55 Abs. 1, 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO.
26
Eine Nutzungsänderung ist anzunehmen, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens, die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme der neuen Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen können als für die bisherige Nutzung, so dass sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu stellt (vgl. BVerwG U.v. 18.11.2010 - 4 V 10/09 - NVwZ 2001, 748; BayVGH B.v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris).
27
Die vom Kläger beabsichtigte Nutzung einer Teilfläche des Erdgeschosses im Anwesen FlNr. …, Gemarkung …, als Wettbüro bewegt sich nicht mehr im Rahmen der genehmigten Nutzung als Vereinslokal. Eine genehmigte Nutzung als Vereinslokal stellt eine Nutzung entsprechend einer Schank- und Speisewirtschaft im planungsrechtlichen Sinn dar. Ein Betrieb zur Vermittlung von Sportwetten ist hiervon zu unterscheiden; abhängig von der konkreten Ausgestaltung handelt es sich um eine Vergnügungsstätte oder einen sonstigen Gewerbebetrieb. Jedenfalls kommen andere bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht, wie sich aus der Zuordnung der Nutzungen Vereinsheim bzw. Schank- und Speisewirtschaft einerseits sowie Vergnügungsstätte bzw. sonstiger Gewerbebetrieb andererseits zu den einzelnen Baugebietstypen in der Baunutzungsverordnung ergibt. Damit ist die für ein Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB erforderliche bodenrechtliche Relevanz zu bejahen (vgl. BVerwG U.v. 31.8.1973 - IV C 33/71 - juris; BayVGH B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 32).
28
1.2 Das beantragte Bauvorhaben ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles als nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO einzustufen.
29
1.2.1 Vergnügungsstätten sind gewerbliche Nutzungsarten, die in unterschiedlicher Weise unter Ansprache des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder Sexualtriebs der kommerziellen Freizeitunterhaltung und der Zerstreuung dienen (vgl. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 7 Rn. 16).
30
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln sind, wenn sie - so wie hier - anders als bloße Wettannahmestellen wie für Lotto und Toto auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. BayVGH B.v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 ff.; BayVGH B.v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15 m.w.N.). Ein Betrieb zur Vermittlung von (Sport-)Wetten ist nach ständiger Rechtsprechung als Wettbüro und damit als Vergnügungsstätte einzustufen, wenn in den Räumlichkeiten nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen besteht, sondern diese auch zur kommerziellen Unterhaltung dienen. Dabei reicht es insoweit für die Annahme einer Vergnügungsstätte nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bereits aus, wenn im Wettbüro Livewetten vermittelt werden und die Möglichkeit besteht, sich in den Räumlichkeiten aufzuhalten, um die aktuellen Quotenergebnisse live zu verfolgen. Bereits daraus resultieren der Verweilcharakter und die Annahme einer kommerziellen Unterhaltung, wie sie eine Vergnügungsstätte bietet. Gerade Livewetten bilden nämlich eine rasche Aufeinanderfolge ständig aktualisierter Wettmöglichkeiten und sprechen damit den Spieltrieb besonders nachhaltig an und sind ähnlich wie Geld- oder Glücksspielautomaten auf Unterhaltung an Ort und Stelle angelegt. Die Ausstattung der Räumlichkeiten mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind keine unabdingbaren Voraussetzungen für das Vorliegen eines als Vergnügungsstätte zu qualifizierenden Wettbüros, aber weitere Indizien hierfür (vgl. zum Ganzen BayVGH B.v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 15; B.v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 8; B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 24). Entscheidend ist hierbei für die rechtliche Einstufung das, was nach den eingereichten Unterlagen und nachfolgende Ergänzungen bzw. Erläuterungen als Betriebsweise für das Vorhaben realistischerweise in Betracht gezogen werden muss (vgl. OVG NRW U.v. 13.12.2017 - 7 A 880/16 - juris Rn 47).
31
Aus den Bauantragsunterlagen, insbesondere aus der der Beklagten vorgelegten Betriebsbeschreibung der Klägerin vom 24. März 2016, ergibt sich, dass der Kläger im Erdgeschoss des Anwesens in der … Straße … in … eine Vergnügungsstätte in Gestalt eines Wettbüros beantragt hat. Nach Angaben des Klägers werden auf Fernsehbildschirmen und per Großprojektion verschiedene Sportereignisse live übertragen. Es stehen PCs mit Internetzugang sowie verschiedene Eingabegeräte zu Verfügung, mit denen Wetten auf die Sportereignisse abgegeben werden können. Alternativ können die Wetten auch an der Kasse abgegeben werden. Verschiedene Sitz- und Stehplätze für Kunden laden zum Verweilen ein. Es werden ein Kaffeeautomat sowie ein Kaltgetränkeautomat angeboten. Die Betriebszeit ist von 10:00 Uhr bis 23:00 Uhr geplant.
32
Eine Vergnügungsstätte ist damit zu bejahen.
33
1.2.2 Das streitgegenständliche Vorhaben erreicht, unabhängig davon, ob man Wettbüro und verbleibendes Vereinslokal als betriebliche Einheit betrachtet oder diese getrennt behandelt (vgl. hierzu BVerwG U.v. 27.4.1993 - 1 C 9/92 - juris Rn. 15; VG Ansbach U.v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - juris), nicht den in der Rechtsprechung als wesentlich erachteten Schwellenwert von 100 m² (siehe zur Anwendung des Schwellenwertes BayVGH U.v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - juris). Es ist somit nicht von einer nur im Kerngebiet zulässigen Vergnügungsstätte auszugehen; vielmehr ist zu erwarten, dass sich die Anziehungskraft des Wettbüros in Grenzen halten wird und die Zahl der Besucher überschaubar bleibt, was sich bereits aus dem entsprechenden Platzangebot ergibt.
34
1.3 Das streitgegenständliche Bauvorhaben ist gem. § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB i.V.m. § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO als nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte in der als überwiegend durch Wohnnutzung geprägter Teil eines Mischgebietes einzuordnenden Umgebung seiner Art nach bauplanungsrechtlich nicht zulässig. Die Erteilung einer Ausnahme wurde zu Recht abgelehnt.
35
1.3.1 Hinsichtlich der Einordnung der näheren Umgebung wird Bezug genommen auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 21. Oktober 2015 im Verfahren AN 9 K 14.00662 sowie auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Oktober 2019 im Verfahren … Hiernach ist als maßgebliche nähere Umgebung die in ihrer Struktur aufeinander bezogene Blockrandbebauung entlang der … Straße zwischen …, … und … anzusehen. Der … Straße ist in diesem Bereich u.a. aufgrund ihrer Vierspurigkeit trennende Wirkung beizumessen.
36
Die nähere Umgebung wurde als faktisches Mischgebiet eingestuft, weshalb eine Vergnügungsstätte im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) = nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte) in den Teilen des Gebiets zulässig wäre, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
37
Es ist indes nicht von einem überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägten Gebietsteil auszugehen.
38
Ein überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägter Gebietsteil ist bei einem Vorherrschen gewerblicher Nutzungen gegeben. Der Gebietsteil muss sich in seiner Gesamtheit als zum größeren Teil gewerblich genutzt darstellen (vgl. hierzu Roeser in König/Roeser/Stock BauNVO, 4. Auflage 2019, § 6 Rn. 23). Hierbei kann auch von Bedeutung sein, in welchem Maße die Erdgeschossebene gewerblich genutzt ist und inwieweit die gewerbliche Nutzung bis in die Obergeschosse reicht. Andererseits kann nicht allein wegen einer gewerblichen Nutzung der Erdgeschosse schon eine überwiegende gewerbliche Prägung angenommen werden (vgl. BVerwG B.v. 7.2.1994 - 4 B 179/93 - NVwZ-RR 1994, 486; BayVGH B.v. 6.2.2013 - 2 ZB 11.2321 - juris).
39
Aufgrund der im Verfahren AN 9 K 14.00662 gewonnenen Eindrücke bei der Augenscheinseinnahme und unter Einbeziehung der damals gefertigten Lichtbilder sowie der unstreitig gestellten Darlegungen der Behörde bei der Augenscheinseinnahme ist für die maßgebliche nähere Umgebung nicht von einer überwiegenden gewerblichen Prägung auszugehen. Von 23 vier- / fünfgeschossigen Gebäuden inklusive Nebengebäuden wurden elf Anwesen als komplett dem Wohnen dienend eingeordnet. In sieben weiteren Anwesen wurden nicht störende gewerbliche Nutzungen im Erdgeschoss und in zwei weiteren Anwesen gebietsübergreifend wirkende gewerbliche Nutzungen festgestellt. Lediglich zwei Anwesen wurden als komplett gewerblich genutzt angetroffen. Auf Nachfrage des Gerichtes gaben zunächst beide Parteien übereinstimmend an, dass sich im maßgeblichen Umgriff keine relevanten Änderungen der Nutzungen seit dem im Verfahren AN 9 K 14.00662 durchgeführten Augenschein ergeben haben.
40
Aufgrund der trennenden Wirkung der … Straße ist den klägerseits aufgeführten Änderungen in den Anwesen auf der gegenüber dem streitgegenständlichen Anwesen gelegenen Seite der … Straße keine Relevanz beizumessen. Die grundsätzlich zu berücksichtigende Änderung von Leerstand zu Möbelgeschäft vermag kein Überwiegen der gewerblichen Nutzungen herbeizuführen. Auch soweit die Vertreterin des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf die geänderten Nutzungen im Anwesen … Straße … (neu hinzugekommen: Weinhandlung) und … (neu hinzugekommen: Rechtsanwalt und Versicherungsmakler) vermag dies keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Es verbleibt in der Gesamtschau bei einem Überwiegen der Wohnnutzung. Insbesondere kommt den neu hinzugetretenen Nutzungen auch kein solches Gewicht und Ausmaß zu, dass das Gebiet nunmehr als überwiegend gewerblich geprägt anzusehen wäre.
41
Somit stellt sich für das erkennende Gericht die maßgebliche nähere Umgebung unter Einbeziehung der gebietsprägenden Faktoren weiterhin als nicht überwiegend gewerblich, sondern hingegen überwiegend durch Wohnnutzung geprägter Teil eines Mischgebiets dar.
42
1.3.2 Die Erteilung einer Ausnahme nach § 34 Abs. 2 Hs. 2, § 31 Abs. 1 BauGB, § 6 Abs. 3 BauNVO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Fehlerhafte Ermessenserwägungen sind insoweit weder vorgetragen noch ersichtlich.
43
Es erscheint bereits fraglich, ob der gem. Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO erforderliche Antrag auf eine Ausnahme gestellt wurde.
44
Selbst wenn man die Äußerungen des damaligen Verfahrensbevollmächtigten als Antrag ansehen wollte, so erschiene jedenfalls die Ablehnung durch die Beklagte unter Berufung auf die nachbarlichen Interessen als zwar knappe, dennoch aber sachgerechte Ermessenserwägung. In diesem Zusammenhang gilt bei der Gewichtung der nachbarlichen Interessen, insbesondere des Ruhebedürfnisses, zu berücksichtigen, dass das maßgebliche Gebiet bislang frei von Vergnügungsstätten ist und das Wohnen einen starken Anteil hat. Unter den gewerblichen Nutzungen finden sich viele Nutzungen, die sich an die allgemeinen Ladenöffnungszeiten halten, weshalb die Anwohner bislang nur wenig in ihrer Nachtruhe beeinträchtigt wurden. Die geäußerten Bedenken von Seiten der Anwohner und die darauf erfolgende Reaktion der Stadt, die Erteilung einer Ausnahme abzulehnen, sind vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerbevollmächtigte ausführt, dass es seit Eröffnung im Jahr 2009 keinerlei Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten oder Lärmbelästigungen gegeben habe, ist dies mangels Vorliegen einer genehmigten Nutzung, deren Störungspotential beurteilt werden könnte, ohne Belang.
45
1.4 Aufgrund der typischerweise zu erwartenden, durch die Öffnungszeit bis 23:00 Uhr auch in die Nachtzeit reichenden Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft in Form der Störung des Ruhebedürfnisses der Wohnbevölkerung ist auch ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zu bejahen.
46
1.5 Das streitgegenständliche Vorhaben verstößt auch gegen die bauordnungsrechtliche Vorschrift der Satzung über die Herstellung und Bereitstellung von Kraftfahrzeugstellplätzen und Fahrradabstellplatz (Stellplatzsatzung - StS) der Beklagten vom 14. Dezember 2007 (Amtsblatt S. 457, ber. 2008, S. 15), zuletzt geändert durch Satzung vom 15. Dezember 2016 (Amtsblatt S. 436).
47
Die Stellplatzsatzung stellt eine örtliche Bauvorschrift im Sinne von Art. 81 Abs. 1 BayBO dar; somit ist die Erfüllung ihrer Anforderungen im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gem. Art. 59 BayBO zu prüfen.
48
Die Beteiligten gingen in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend von einem Stellplatzbedarf von 5 Stellplätzen für das streitgegenständliche Vorhaben aus, wobei sich aus Sicht des Gerichts bei einer Fläche von 71 m² (Angaben des Klägers für die Nutzfläche) ein Wert von 5,68 Stellplätzen ergibt, der gem. § 2 Abs. 1 StS der Beklagten durch Aufrundung einen Wert von 6 Stellplätzen ergibt. Bei einem anrechenbaren Bestand von 2 Stellplätzen für das zuvor genehmigte Vereinslokal mit einer Fläche von 143,68 m² (1 St./50 m² GRF x 0,8 aufgrund Lage in Zone 1; vgl. zur Berechnung des zusätzlichen Stellplatzbedarfs Würfel in Simon/Busse, BayBO, Stand Dezember 2019, Art. 47 Rn. 69 ff.) ergibt sich damit ein zusätzlicher Bedarf von 4 Stellplätzen.
49
Es wurde seitens des Klägers diesbezüglich kein hinreichender Stellplatznachweis erbracht.
50
So zog der klägerseits beauftragte Architekt bereits bei der Ermittlung des anrechenbaren Bestandes die Richtzahl 1 St/35 m² für Gaststätten (Nr. 6.1 der StS), statt richtigerweise der Richtzahl 1 St/50 m² für nicht öffentlich zugängliche Gastronomien (Vereinsheime, Kulturvereine) (Nr. 6.2 der StS) heran. Zudem legte der klägerseits beauftragte Architekt seinem Stellplatznachweis auch eine fehlerhafte Flächenberechnung zugrunde, da er von einer Nutzfläche von 86 m² ausging, was nicht der aktualisierten Planung entsprach.
51
Auch ein Nachweis der Erfüllung der Stellplatzpflicht durch die Herstellung der erforderlichen Stellplätze auf dem Baugrundstück oder in dessen Nähe (vgl. Art. 47 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BayBO) wurde nicht erbracht. Ungeachtet der Tatsache, dass klägerseits von einer unzureichenden Anzahl nachzuweisender Stellplätze ausgegangen wurde, findet sich nur die Angabe, dass ein Stellplatz in der Hoffläche nachgewiesen werden könne. Es fehlen aber nähere Ausführungen zur Situierung; ein Lageplan mit Einzeichnung des Stellplatzes wurde nicht vorgelegt. Vor allem im Hinblick darauf, dass im Bereich der Hoffläche teilweise in der Vergangenheit Stellplätze nachgewiesen wurden, für die nach Angaben der Beklagten andauernde Altforderungen bestehen, kann auf die Vorlage eines Lageplans mit Einzeichnung des nachzuweisenden Stellplatzes auch nicht verzichtet werden.
52
Eine Ablösevereinbarung wurde nicht abgeschlossen. Die Vertreterin der Beklagten teilte in der mündlichen Verhandlung mit, dass ein solcher Abschluss auch aufgrund des städtebaulichen Störpotentials der dann fehlenden Parkplätze für sie nicht in Betracht komme.
53
Die Entscheidung über den Abschluss des Ablösevertrages, der als öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne von Art. 54 ff. BayVwVfG anzusehen ist, trifft die Gemeinde als Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises. Sie entscheidet hierüber nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei sie insoweit einen von dem der Bauaufsicht zu unterscheidenden eigenen Sachbereich zu wahren hat (vgl. BayVGH U.v. 10.12.1985 - 26 B 83 A.996 - juris). Die Stellplatzablösung ist mithin eine der Erteilung der Baugenehmigung vorgreifliche Entscheidung, die von der Gemeinde in einem besonderen, dem Baugenehmigungsverfahren zwischengeschalteten Verfahren zu treffen ist. Dies gilt auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Gemeinde selbst für die Erteilung der Baugenehmigung zuständig ist (vgl. BayVGH U.v. 10.12.1985 a. a. O.). Aus dem Umstand, dass die Entscheidung über die Ablösung im Vollzug der Erfüllung von Aufgaben des eigenen Wirkungskreises durch die Gemeinde erfolgt und insoweit keine Regelungsbefugnis für die Bauaufsichtsbehörde im Baugenehmigungsverfahren eröffnet ist, folgt weiter, dass ein etwaiger Anspruch auf den Abschluss eines Ablösungsvertrages auch nicht im Rahmen einer Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung geltend gemacht werden kann. Er muss vielmehr mit einer gesonderten Leistungsklage gegenüber der Gemeinde verfolgt werden (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.1990 - 2 B 89.336 - BayVBl 1991, S. 246; VG München, U.v. 18.11.2013 - M 8 K 12.5721 - BeckRS 2014,49968 - beck-online).
54
Die Gemeinde kann ihr „Vertragsabschlussermessen“ auch zur Verfolgung städtebaulicher Zwecke, die sie mit dem Instrumentarium des BauGB und der BauNVO allein nicht erreichen kann, einsetzen und es ist ihr unbenommen, das Instrumentarium der Stellplatzablösung mit der Intention zu handhaben, hierdurch eine nach ihren städtebaulichen Zielvorstellungen vorzugswürdige bauliche Entwicklung zu fördern (vgl. BVerwG, B. v. 27.9.1983 - 4 B 122/83 - juris Rn. 6; B. v. 4.9.1986 - 4 B 186/86 410 - juris Rn. 3 f.). Die Gemeinde ist insbesondere nicht gehindert, die Ablösung für ein Vorhaben zu verweigern, selbst wenn es bebauungsrechtlich zulässig sein sollte (BVerwG, B. v. 27.9.1983 - 4 B 122/83 - juris Rn. 6).
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Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass der Kläger den erforderlichen Stellplatznachweis nicht geführt hat. Da dieser Nachweis Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung ist, kann die Klage auch aus diesem Grund keinen Erfolg haben.
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2. Nach alledem war die Klage abzuweisen.
57
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.