Titel:
Beschwerde, Anfechtungsklage, Bescheid, Verfahren, Bestandskraft, Bekanntgabe, Antragsteller, Hauptsache, Aktenlage, Kostenentscheidung, Post, Postsendung, Pflicht, Aufgabe, von Amts wegen, Aufgabe zur Post
Schlagworte:
Beschwerde, Anfechtungsklage, Bescheid, Verfahren, Bestandskraft, Bekanntgabe, Antragsteller, Hauptsache, Aktenlage, Kostenentscheidung, Post, Postsendung, Pflicht, Aufgabe, von Amts wegen, Aufgabe zur Post
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 12.02.2020 – AN 19 S 20.86
Fundstelle:
BeckRS 2020, 62917
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 3.405,17 EUR festgesetzt.
Gründe
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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
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1. Die Beschwerde ist statthaft. Insbesondere berufen sich die Antragsteller nicht darauf, dass es ihnen gegenüber an einer Bekanntgabe des Bescheides vom 2. September 2019 nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG fehle. In diesem Fall wären sowohl die Anfechtungsklage in der Hauptsache als auch die Anträge im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach §§ 80 Abs. 5, 146 Abs. 1 VwGO unstatthaft (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2011 – 20 B 11.1659 – NVwZ-RR 2013, 169). Sie wollen jedoch gerichtlich erstreiten, dass der Bescheid vom 2. September 2019 nicht in Bestandskraft erwachsen kann und einer materiellen Überprüfung zugänglich bleibt.
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Auf die mit der Beschwerde nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO dargelegten Gründe, wonach weder der streitgegenständliche Wasserzähler, der 2001 eingebaut worden sei, noch der vom Antragsgegner am 8. August 2019 ausgewechselte Wasserzähler verplombt gewesen seien und es im Bereich von … im Wasserleitungsnetz des Antragsgegners zu ungeklärten Wasserverlusten komme, kommt es vorliegend nicht an. Das Verwaltungsgericht hat die Frage, ob Bestandskraft eingetreten ist, in dem angefochtenen Beschluss offengelassen und in der Sache entschieden, so dass zu der Frage der ordnungsgemäßen Zustellung des Bescheides keine erhöhten Darlegungsanforderungen im Rahmen der Beschwerdebegründung bestehen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 146 Rn. 22a).
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2. Nach Aktenlage spricht jedenfalls im Rahmen des Eilverfahrens viel dafür, dass die Bestandskraft des Bescheides mit Ablauf der Widerspruchsfrist am 4. Oktober 2019 (§§ 70 Abs. 1 Satz 1, 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB) eingetreten ist, da der Bescheid den Antragstellern am 4. September 2019 mit Einwurfeinschreiben zugestellt wurde. Die erhobene Anfechtungsklage dürfte sich damit – was das Verwaltungsgericht im Rahmen des Hauptsacheverfahrens zu prüfen haben wird – als unzulässig erweisen (BVerwG, U.v. 9.12.1988 – 8 C 38/86 – NVwZ 1989, 648; B.v. 14.9.1998 – 8 B 154-98 – NVwZ-RR 1999, 538), eine Entscheidung in der Sache ist dann verwehrt (BVerwG, B.v. 2.11.2011 – 3 B 54/11 – NVwZ-RR 2012, 86).
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Neben dem Beleg der Aufgabe zur Post am 3. September 2019 befindet sich in der Behördenakte unter Angabe der Sendungsnummer auch ein Ausdruck des Sendungsstatus, nach dem die Postsendung am 4. September 2019 zugestellt worden sei. Das Schreiben wurde nach Aktenlage nicht als unzustellbar an den Absender zurückgesandt.
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Es ist zwar davon auszugehen, dass der Beweiswert einer Zustellung mit Einwurfeinschreiben grundsätzlich nicht höher einzustufen ist als der einer Zustellung mit „einfachem Brief“, so dass für die Frage des Beweismaßes auf die Zugangsvermutung des Art. 41 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG zurückgegriffen werden kann. Dabei werden berechtigte Zweifel an der Vermutung des Zeitpunktes der Bekanntgabe eines durch die Post übermittelten schriftlichen Verwaltungsaktes nicht durch schlichtes Bestreiten rechtzeitigen Zugangs begründet (BVerwG, B.v. 24.7.1997 – 5 B 132/86 – BeckRS 1987, 06468; a.A. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 41 Rn. 126 ff.). Vielmehr muss die Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs substantiiert dargetan sein (OVG Münster, U.v. 28.3.1995 – 15 A 3217/94 – NVwZ-RR 1995, 550; so auch KyrillAlexander Schwarz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, Stand 2016, § 41 VwVfG Rn. 28), wobei die Anforderungen an die Darlegung sich nach den Umständen des Einzelfalls richten. In der vorliegenden Konstellation, in der der Zugang des Bescheides mit Datumsangabe durch die Post dokumentiert ist, wird jedenfalls bloßes Bestreiten des Zugangs nicht ausreichen, um berechtigte Zweifel am Zugang zu begründen. Eine ernsthafte Möglichkeit des Nichtzugangs des Bescheides am 4. September 2019 haben die Antragsteller bislang weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren dargelegt. Eine Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen besteht daher im Rahmen des Eilverfahrens nicht.
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Der Hinweis im Widerspruchsschreiben des Prozessbevollmächtigten vom 7. November 2019, „in der Vergangenheit“ habe es „des Öfteren Unzuverlässigkeiten beim Postzusteller“ gegeben und in den Briefkasten der Antragsteller seien mehrfach Briefe eingelegt worden, die für Nachbarn oder Bewohner anderer Straßen bestimmt gewesen seien, deren Namen ähnlich geklungen oder gleiche Hausnummern in anderen Straßen gehabt hätten, ist zu pauschal, um im konkreten Fall die Zugangsvermutung erschüttern zu können. Zunächst ist dieses Vorbringen weder in zeitlicher noch in persönlicher Hinsicht so eingegrenzt, dass Rückschlüsse auf die Umstände im Zeitraum der Zustellung des streitgegenständlichen Bescheides möglich wären. Zum anderen haben die Antragsteller nicht behauptet, dass ihnen selbst Postsendungen in einem bestimmten Zeitraum nicht zugegangen sind.
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Ob gegebenenfalls in der (wiederholten) Übersendung des Bescheidsinhalts an den Antragsteller zu 1) per Email vom 23. Oktober 2019, die den Akten nicht beigefügt und deren Absender innerhalb der Gemeindeverwaltung des Antragsgegners unbekannt ist, eine von dem erforderlichen Bekanntgabewillen der zuständigen Behörde getragene Bekanntgabe (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs a.a.O. § 41 Rn. 53 ff.) nach Art. 43 Abs. 1 Satz 1, 41 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG liegt, bedarf im vorliegenden Eilverfahren ebenso wenig der Klärung wie die Frage, ob die Antragstellerin zu 2) den Prozessbevollmächtigten ordnungsgemäß bevollmächtigt hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei der Streitwert nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 mit ¼ festzusetzen war.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO