Titel:
Weihnachtsgeld, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Vollzeitbeschäftigung, Streitwert, Elektronischer Rechtsverkehr, Elektronisches Dokument, Persönliche Anhörung, Annahmeverzugslohn, Arbeitnehmerähnliche Person, Stundung, Kostenentscheidung, Anderweitige Erledigung, Rahmenvertrag, Verpflichtung zur Leistung, Sofortige Beschwerde, Qualifizierte elektronische Signatur, Klageabweisung, Nicht nachgelassener Schriftsatz, Formlose Mitteilung, Schluss der mündlichen Verhandlung
Schlagworte:
Klageabweisung, Honorarvertrag, Weihnachtsgeld
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 28.03.2022 – 15 U 5862/20
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 26.01.2023 – III ZR 66/22
BVerfG Karlsruhe vom 19.05.2023 – 1 BvR 704/23
Fundstelle:
BeckRS 2020, 62694
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstrecken- den Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 24.974,40 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um Annahmeverzugsansprüche in Höhe von € 24.974,40, die der Kläger für den Zeitraum Juli 2017 bis 08.12.17 geltend macht.
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Die Beklagte bietet Sprachkurse zur Integration von Flüchtlingen an.
3
Die Parteien schlossen eine am 15.03.17 eine mit „Dozentenvertrag“ überschriebene Vereinbarung (K 1). Danach sollte der Kläger beginnend ab dem 15.03.17 Deutschkurse im Rahmen des vom Beklagten durchgeführten Projekts „Integrationskurse“ übernehmen. Es war eine Grundvergütung vereinbart, wobei die geleisteten Unterrichtsstunden nach Abschluss eines Kursmoduls vom Kläger an den Beklagten in Rechnung gestellt wurden. Der Kläger war von März bis Juni tätig und rechnete Stunden ab. Er war im März für 8 Stunden, im April für 56 Stunden, im Mai für 48 Stunden und im Juni für 52 Stunden tätig und erhielt vom Beklagten folgende Vergütungen:
Euro 280,00 am 13.04.2017;
Euro 1.152,00 am 02.05.2017;
Euro 2.592,00 am 05.07.2017.
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Ab Juli 2017 erfolgte kein weiterer Einsatz des Klägers beim Beklagten. Mit Schreiben vom 24.11.2017 kündigte der Beklagte den Dozentenvertrag zum 08.12.2017 (B 1).
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Der Kläger ist der Ansicht, dass er als Arbeitnehmer für den Beklagten tätig geworden sei und Anspruch auf Annahmeverzugslohn für den Zeitraum Juli 2017 bis einschließlich 08.12.2017 sowie Weihnachtsgeld habe.
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Der Kläger trägt vor, ab 01.07.2017 sei eine Vollzeitbeschäftigung des Klägers beim Beklagten als Dozent vereinbart gewesen. Geltend gemacht werde hier die Vergütung vom 01.07.2017 bis zum 08.12.2017, also 5,3 Monate (40 Wochenstunden á € 24,00 brutto; 172 h/Mo á € 24,00 = 4.128,00 € x 5,3 Monate = 21.878,40 (Blatt 41f.). Hinzu kämen 9/12 Weihnachtsgeld in Höhe von € 3.096,- (Bl. 42, 39), welches üblicherweise an die Mitarbeiter des Beklagten gezahlt worden sei. Ergänzend wird hinsichtlich der einzelnen Klageforderungen auf die Berechnungen des Klägers gemäß Schriftsatz vom 21.06.18 (Bl. 41ff) Bezug genommen.
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Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte befinde sich in Annahmeverzug, nachdem sie den Kläger nicht weiter eingesetzt habe, obwohl diese mit E-Mail vom 09.07.2017 (Anlage K3) der Beklagten ausdrücklich seine weitere Leistungsbereitschaft angezeigt habe.
die Beklagte wird verurteilt an den Kläger Euro 24.974,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.08.2017 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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Der Beklagte trägt vor, der Kläger habe mit den geleisteten Arbeiten keinesfalls seine ganze oder auch nur überwiegende Arbeitskraft zur Verfügung gestellt.
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Die Einteilung der zu leistenden Tätigkeiten sei in Einzelabstimmung zwischen dem Kläger und der Mitarbeiterin Frau … und … auf Seiten des Beklagten erfolgt. Der Beklagte habe den Kläger auch nicht weiter beschäftigen können, denn dieser sei ursprünglich in Kursen der LH es M. eingesetzt gewesen, die zu Ende Juli eingestellt worden seien. Für die weiteren Kurse wäre eine Zulassung durch das die BAMF erforderlich gewesen, die der Kläger nicht hatte. Deshalb habe er die Kurse auch nicht weiter halten können.
12
Der Beklagte ist der Ansicht, der Kläger sei im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses beschäftigt worden. Der Vertrag sei ein Rahmenvertrag, bei dem sowohl die Verpflichtung zur Leistung von Unterricht als auch die Verpflichtung zur Zahlung erst dann eintreten, wenn die Beauftragung für einen konkreten Kurs erfolgt sei. Niemals sei eine Vollzeitbeschäftigung vereinbart gewesen.
13
Er vertritt die Ansicht, dass sich bereits nicht aus dem Vertrag ergebe, dass eine bestimmte Menge an Kursen innerhalb einer Woche oder eines Zeitraumes geleistet werden müsse. Die Mail in Anlage K 3 enthalte keine Anzeige einer weiteren Leistungsbereitschaft, weshalb die Voraussetzungen der §§ 293 ff BGB nicht vorlägen.
14
Mit Beschluss vom 27.06.18 hat das Arbeitsgericht … den Rechtsstreit an das Landgericht … verwiesen mit der Begründung, dass der Kläger für den Beklagten weder als Arbeitnehmer noch als arbeitnehmerähnliche Person tätig geworden ist (Bl. 43f.). Mit Beschluss vom 18.03.20 hat das Landesarbeitsgericht … die sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts … zurückgewiesen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Verfügung vom 13.07.2020 Blatt 78f. der Akten durch Einvernahme des Zeugen … sowie …. Ebenfalls hat das Gericht die Parteien persönlich angehört.
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Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
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Nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte, nicht nachgelassene Schriftsätze blieben gemäß § 296a ZPO unberücksichtigt, soweit sie nicht lediglich Rechtsausführungen enthalten. Es gab keinen Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten, § 156 ZPO.
Entscheidungsgründe
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A. Die Klage ist zulässig. Die Verweisung des Arbeitsgerichts München an das Landgericht München I ist bindend.
19
B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger stehen gegen den Beklagten weder Ansprüche aus Annahmeverzug, noch Weihnachtsgeld zu.
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I. Der Kläger hat keine Ansprüche gemäß §§ 615, 611 Abs. 1 BGB.
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1. Die Vereinbarung einer konkreten Stundenzahl ergibt sich nicht aus dem Vertrag gemäß Anlage K1.
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Denn bei dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Dozentenvertrag gemäß Anlage K1, vom 15.03.2017, handelt es sich um einen Rahmenvertrag, welcher lediglich regelt, dass der Kläger als Dozent ab dem 15.03.2017 einen Deutschkurs für Ausländer im Rahmen des vom Verein durchgeführten Projekts „Integrationskurse“ im Sprachzentrum des Vereins übernimmt, wobei in § 1 Abs. 2 ausdrücklich geregelt ist, dass die konkreten Arbeitszeiten mit der Projektleitung vereinbart werden. Die Verpflichtung zur Leistung von Unterricht als auch die Verpflichtung zur Zahlung treten erst dann ein, wenn die Beauftragung für einen konkreten Kurs seitens des Beklagten erfolgt.
23
Mit der Kündigung des Beklagten vom 24.11.2017 zum 08.12.2017 (B1) endete der streitgegenständliche Vertrag.
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2. Der Kläger hat im hiesigen Verfahren weder nachgewiesen, dass mit dem Beklagten vereinbart gewesen ist, dass der Kläger dreimal wöchentlich für täglich 96 € tätig wird. Ebenfalls nicht nachgewiesen hat der Kläger, dass die Parteien im streitgegenständlichen Vertragszeitraum verbindlich eine Vollzeitbeschäftigung des Klägers beim Beklagten ab 01.07.17 vereinbart haben.
25
Das Gericht ist aufgrund der Angaben des Klägers in seiner persönlichen Anhörung sowie den Angaben des Zeugen … nicht davon überzeugt, dass der Kläger über die durch den Kläger unstreitig abgeleisteten Stunden hinaus für weitere Kurse seitens des Beklagten durch Mitarbeiter des Beklagten beauftragt wurde.
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Weder der Kläger noch sein Bruder konnten im Rahmen der mündlichen Verhandlung konkrete Angaben zu den behaupteten Vereinbarungen machen. Der Kläger gab insoweit auf Seite 3 des Protokolls lediglich pauschal an, Frau … habe gefragt, ob er noch mehr Stunden arbeiten würde und dass sie noch Stunden für ihn hatten.
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Der Zeuge … gab an, sein Bruder habe ihm erzählt, dass er Kontakt mit Frau … aufgenommen habe, und diese ihm erzählt habe, dass er ab 1. Juli Vollzeit arbeiten könne.
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Diese Angaben des Zeugen stehen bereits im Widerspruch zu den Angaben des Klägers persönlich, der auf die Frage, wo besprochen worden sei, ab wann die Vollzeittätigkeit bestehen solle, angab: Es habe ab sofort eine Vollzeit Tätigkeit bestehen sollen, aber sie (der Beklagte) hätten ihm die Stunden nicht gegeben.
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Demgegenüber hat die Geschäftsführerin des Beklagten in der persönlichen Anhörung angegeben, sie habe keine Kenntnis über die konkrete Stundenzahl gehabt, die mit dem Kläger vereinbart gewesen sei. Es hätten ca. 120 verschiedene Honorarverträge bestanden. Die Einzelheiten hätten die Mitarbeiter des Vereins erledigt. Die Frage, ob ab dem 01.07.2017 mit dem Kläger über eine Vollzeitbeschäftigung gesprochen worden sei, beantwortete die Geschäftsführerin des Beklagten ausdrücklich mit „nein“.
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Auch die Zeugin … hat weder eine Vollzeitbeschäftigung, noch die Vereinbarung einer konkreten Stundenzahl mit dem Kläger vereinbart. Die Zeugin gab an, das Problem sei zunächst gewesen, dass der Kläger keine BAMF-Zulassung gehabt habe und diese auch nach Beantragung durch den Beklagten nicht erhalten habe. Deswegen habe der Kläger nur im Vertretungsfall eingesetzt werden können. Üblicherweise habe es sich bei den Stellen beim Beklagten bezüglich der Dozenten um Stellen auf Honorarbasis gehandelt. Dies sei klar und deutlich gegenüber dem Kläger kommuniziert worden. Weiter gab die Zeugin an sie habe nicht gesagt, dass der Kläger ab Juli 2017 Vollzeit arbeiten könne.
31
Das Gericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass über den zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenvertrag hinaus und die durch den Kläger abgeleisteten und den Beklagten bezahlten Stunden keine weitere Dozententätigkeit bezüglich konkreter Stunden zwischen den Parteien vereinbart wurden. Das Gericht folgt insoweit der überzeugenden Aussage der Zeugin …. Die Zeugin … hat ihre Angaben ruhig und reflektiert gemacht. Sie hat nicht den Eindruck vermittelt in irgendeiner Weise parteiisch zu sein. Sie decken sich zudem mit den Angaben der Geschäftsführerin des Beklagten Frau …. Diese wurde persönlich im Termin angehört.
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II. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Weihnachtsgeld zu. Ein Anspruch folgt insoweit nicht aus dem hier auf Honorarbasis geschlossenen Rahmenvertrag gemäß Anlage K 1, der keine Vereinbarungen zum Weihnachtsgeld enthält. Soweit der Kläger pauschal vorträgt, an alle Mitarbeiter sei Weihnachtsgeld gezahlt worden (Bl. 39) ist der Vortrag unsubstantiiert und damit keiner Beweisaufnahme zugänglich.
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III. Der Zinsanspruch teilt das Schicksal des Hauptanspruchs.
34
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
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D. Der Streitwert entspricht der Klageforderung, dass in § 3 ZPO 39 GKG.