Titel:
Versorgung, Kaufvertrag, Gemeinde, Kaufpreis, Wasserversorgungsanlage, Streitwertfestsetzung, Gemarkung, Anspruch, Auslegung, Nutzung, Zeitpunkt, Wasserversorgung, Eheleute, Flur, Freistaat Bayern, nicht ausreichend, Vertrag zugunsten Dritter
Schlagworte:
Versorgung, Kaufvertrag, Gemeinde, Kaufpreis, Wasserversorgungsanlage, Streitwertfestsetzung, Gemarkung, Anspruch, Auslegung, Nutzung, Zeitpunkt, Wasserversorgung, Eheleute, Flur, Freistaat Bayern, nicht ausreichend, Vertrag zugunsten Dritter
Rechtsmittelinstanz:
OLG Bamberg, Urteil vom 18.01.2022 – 6 U 93/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 61986
Tenor
1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin aus ihrer Wasserversorgungsanlage (Quellfassung in der Staatswaldabteilung II 6 a° H…) oder einer an ihre Stelle tretenden Wasserversorgungsanlage jederzeit und unwiderruflich für ihren Eigenbedarf des Grundstücks Fl. Nr. … gegen einen ortsüblichen Wasserzins in Höhe der jeweils ortsüblichen Nutzungssätze der Gemeinden H… oder A… mit Wasser zu beliefern.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 30.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um die Wasserversorgung aus einer Quellfassung.
2
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks mit der Fl. Nr. … östlich der Gemarkung G… (vgl. Anlage K 1). Sie ist insoweit Rechtsnachfolgerin von Herrn E… und Frau E… R…. Die Klägerin ist zudem Eigentümerin des Grundstücks mit der Fl. Nr. …. Die darauf befindliche Haushälfte wird durch einen Brunnen versorgt, den die vormalige Eigentümerin graben ließ. Eine Verbindung mit dem Grundstück Fl. Nr. … liegt jedoch nicht vor. Die Beklagten sind Eigentümer der Grundstücke mit den Fl. Nr. … und … (vgl. den Auszug aus dem Liegenschaftskataster als Anlage K 3). Die Beklagte zu 2) ist diesbezüglich die Rechtsnachfolgerin des Herrn H… S…. Die Beklagten verfügen über mindestens einen weiteren Brunnen auf ihrem Grundstück Fl. Nr. ….
3
Die Eheleute H… S… und E… S…, die Eltern der Beklagten zu 2), Frau E… S… zugleich als Beklagte zu 1), schlossen zum 31.01.1968 einen Kaufvertrag mit dem Freistaat Bayern unter anderem über das Grundstück Fl. Nr. …. Herr H… S… war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Forstarbeiter und bei dem Freistaat Bayern angestellt. In dem Vertrag (Anlage K 5) heißt es unter Ziffer X lit. c: „Erwerber übernimmt die Quellfassung in der Staatswaldabteilung II 6 a° H… und die unterirdisch verlegte 1200 m lange Rohrleitung (im beiliegenden Lageplan rot gestrichelt) von der Quelle bis zum Verkaufsanwesen, zu dem vom Landbauamt W… ermittelten Kaufpreis von 840,- DM. […] Der Erwerber (und seine: lies) für sich und seine Rechtsnachfolger verpflichtet sich, das forsteigene Waldarbeitermietanwesen H… (Fl. Nr. … und … der Gemarkung H…) durch die vorbezeichnete Wasserversorgungsanlage oder eine an ihre Stelle tretende Wasserversorgungsanlage jederzeit und unwiderruflich mit Wasser unentgeltlich zu beliefern. Falls die Staatsforstverwaltung das Waldarbeitermietanwesen veräußert, hat der Erwerber das Recht von dem neuen Besitzer des Waldarbeitermietanwesens einen Wasserzins in Höhe der jeweils ortsüblichen Nutzungssätze der Gemeinden H… oder A… zu verlangen. Der Veräußerer haftet nicht für die Ergiebigkeit und Güte der Quelle. Der Käufer ist zur dauernden Unterhaltung dieser Wasserleitung auf Staatsforstgrund verpflichtet und berechtigt. Für Schäden, die durch Baumaßnahmen für die Wasserversorgungsanlage an staatsforsteigenen Grundstücken entstehen, hat der Erwerber aufzukommen.“ Eine durch das Forstamt durchgeführte Messung ergab um 1968 in Bezug auf die Quellfassung eine Quellschüttung im Mittel von 0,1 l/s.
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Im Laufe der Zeit wurden die Grundstücke Fl. Nr. … und … zur Fl. Nr. …. Das Grundstück Fl. Nr. … wurde nicht mehr als Waldarbeitermietanwesen benutzt. Herr E… und Frau E… R… schlossen zum 27.01.1971 einen notariellen Kaufvertrag mit dem Freistaat Bayern über das Grundstück Fl. Nr. … ab. In dem notariellen Kaufvertrag (Anlage K 2) heißt es unter Ziffer VIII. wie folgt: „Nach dem Vertrag des Freistaates Bayern (Staatsforstverwaltung) mit dem Eheleuten Schell, H…, (Urk.R.Nr. 121 vom 31. Januar 1968 des Notars K… H… in G…) verpflichten sich diese, oder ihre Nachfolger, aus ihrer Wasserversorgungsanlage […] die Eigentümer des ehemaligen, forsteigenen Waldarbeitermietanwesens Flst. Nr. … jederzeit und unwiderruflich für ihren Eigenbedarf gegen einen ortsüblichen Wasserzins (Gemeinde A…) mit Wasser zu beliefern. Für die Ergiebigkeit der Wasserversorgung wird keine Gewähr geleistet bzw. übernommen.“
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Das Grundstück Fl. Nr. … wurde aufgeteilt in die Grundstücke Fl. Nr. … und …, wobei Fl. Nr. … der alten Fl. Nr. … entspricht (vgl. K 6). Das Grundstück Fl. Nr. … wurde jedenfalls von der Mutter der Klägerin bewohnt. Die daran anschließende Nutzung ist streitig. Die Beklagten haben mehrere Pferde und Hühner auf dem Hof, die mit Wasser versorgt werden. Das Haus der Klägerin liegt niedriger als das Haus der Beklagten. Wenn die Klägerin länger das Wasser aufdreht, senkt sich der Druck so weit ab, dass für das Haus der Beklagten kein Wasser mehr zur Verfügung steht und, wenn dies nicht bemerkt und der Hahn geöffnet wird, die Leitung Luft zieht. Seit 2015 weigern sich die Beklagten das Grundstück der Klägerin mit Wasser zu versorgen. Als Begründung hierfür wird insbesondere angegeben, dass es nicht mehr ausreichend Wasser geben würde.
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Die Klägerin beantragt:
Die Beklagten werden verpflichtet, der Klägerin aus ihrer Wasserversorgungsanlage oder eine an ihre Stelle tretende Wasserversorgungsanlage jederzeit und unwiderruflich für ihren Eigenbedarf des Grundstücks Flur Nr. … gegen einen ortsüblichen Wasserzins (Gemeinde A…) mit Wasser zu beliefern.
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Die Beklagten beantragen:
Die Klage wird abgewiesen.
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Die Beklagten behaupten, die Wasserversorgung durch die streitgegenständliche Quelle lasse seit 2010 immer weiter nach. Im Oktober 2018 sei der Zulauf durch die Quelle so weit zurückgegangen, dass es im besten Fall fünf Minuten dauere, bis zehn Liter Wasser gezapft worden seien. In den Sommermonaten könne stundenweise überhaupt kein Wasser gezapft werden. Andere Quellen in der Gegend seien bereits versiegt. Somit sei es zu vermuten, dass auch die Ergiebigkeit der streitgegenständlichen Quelle weiter abnehmen und ggf. ganz versiegen werde. Von der noch verfügbaren Menge an Wasser müssten vier Personen, das Vieh und der Garten versorgt werden. Da die Wasserversorgung für die Bewohner der Gegend ein dauerhaftes Problem sei, gingen diese – mit Ausnahme der Klägerin – daher extrem sparsam mit dem Wasser um. Die Klägerin nutze das Wasser aus der Quelle, um ihren Garten zu wässern. Da sie nur selten vor Ort gewesen sei, habe sie dies so gestaltet, dass sie den Wasserschlauch im Garten geöffnet habe, den Wasserschlauch an die höchste Stelle gelegt habe und dann für sechs Wochen weggegangen sei. Zudem entstünden den Beklagten für das ihnen zugeleitete Leitungswasser nicht nur unerhebliche Kosten. So seien beispielsweise seit 2007 allein Versicherungskosten in Höhe von 422,93 € jährlich und seit 2011 in Höhe von 483,02 € jährlich angefallen.
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Die Beklagten tragen weiter vor, dass eine Wasserversorgung für die Klägerin durch den auf dem Grundstück mit der Fl. Nr. … befindlichen Brunnen durch eine einfache Zuleitung ohne Weiteres möglich wäre. Zudem sei die Gebäudehälfte auf dem Grundstück Flur Nr. … zunächst von der Mutter der Klägerin bewohnt worden, stehe aber seit ca. 25 Jahren leer.
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Die Beklagten meinen, nach der vertraglichen Regelung aus dem Kaufvertrag vom 31.10.1986 sei nur die Versorgung eines forsteigenen Waldarbeitermietanwesens geschuldet. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung zur Versorgung eines Wohnhauses oder ähnliches sei damit nicht verbunden. Ausweislich des Wortlauts der Regelungen seien zudem keine Pflichten der Beklagten zu 1) und ihres Ehemanns vorgesehen, einen eventuellen Erwerber des Waldarbeitermietanwesens mit Wasser zu versorgen. Es handle sich um eine Klarstellung dahingehend, dass die Beklagte zu 1) und ihr Ehemann einen künftigen Wasserversorgungsvertrag völlig frei abschießen könnten und nicht an die Regelung zur Unentgeltlichkeit der Versorgung gegenüber dem Freistaat Bayern gebunden sein sollten.
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Ferner stehe der Durchsetzung eines Anspruchs der Klägerin § 242 BGB entgegen. Der Ausübung des Rechts auf Versorgung stehe ein überwiegendes Interesse der Beklagten entgegen. Denn die Quelle sei nicht mehr ergiebig genug, um die Beklagten mit genügend Wasser zu ihren eigenen Wohnzwecken zu versorgen und gleichzeitig noch das Anwesen der Klägerin mitzuversorgen. Die Beklagten verfügten zudem über keine anderen Erschließungsanlagen zur Frischwasserversorgung und seien deswegen auf die Versorgung aus der Quelle angewiesen. Zudem träfen die Beklagte zu 1) auch die gesamten Kosten zur Unterhaltung und Instandhaltung der Leitung und der Quellfassung. Ihr und der Beklagten zu 2) stünde deswegen ein primäres, der Versorgung des Waldarbeitermietanwesens vorgehendes Interesse an der Wassernutzung zu. Zudem sei das Interesse der Klägerin an der Versorgung aus der Wasserleitung zu umfangreicher Nutzung nicht schutzwürdig. Denn die Klägerin könne sich, spätestens seitdem sie ohne Einschränkungen auf das Grundstück Fl. Nr. … zugreifen könne, selbst mit Wasser versorgen. Denn auf dem Grundstück Fl. Nr. … befinde sich eine Quelle in Gestalt eines Brunnens.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 14.02.2020 nebst ergänzender Stellungnahme vom 02.03.2020 gemäß Beweisbeschluss vom 08.08.2019 und durch mündliche Erläuterung des Gutachtens in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2020. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten und das Verhandlungsprotokoll Bezug genommen.
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Soweit die Beklagten vorgetragen haben, dass die Klägerin ab einem bestimmten Zeitpunkt keinen Wasserzins mehr gezahlt habe, so bleibt dieser Vortrag mangels Schlüssigkeit unbeachtlich. Im Schriftsatz vom 30.07.2019, Seite 6 (Blatt 73 der Akte) heißt es hierzu, die Klägerin habe zunächst ein jährliches Wassergeld in Höhe von 10-30 DM bzw. 5-6 € gezahlt, bis sie 2010 die Zahlungen eingestellt habe. Im Schriftsatz vom 28.09.2020, Seite 4 (Blatt 136 der Akte) heißt es sodann, die Klägerin habe für die Wasserentnahme seit 1979 nichts mehr bezahlt. Zum einen ist dieser Vortrag der Beklagtenseite als widersprüchlich einzuordnen, insbesondere auch im Hinblick auf die als Anlage B 1 vorgelegten Schreiben an die Klägerin. Zum anderen wurde nicht vorgetragen, dass in der Zeit, in der keine Zahlungen erfolgten, auch Wasser genutzt wurde, da beklagtenseits andererseits ja auch vorgetragen wurde, dass das betreffende Grundstück der Klägerin seit 25 Jahren unbewohnt sei.
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Soweit zudem beklagtenseits am Ende der letzten mündlichen Verhandlung im Rahmen erneuter rechtlicher Ausführungen des Beklagtenvertreters die Passivlegitimation der Beklagten zu 2) bestritten wurde, so ist nicht ersichtlich, welche zugrunde liegende Tatsache hierdurch bestritten werden sollte. Dass die Beklagte zu 2) Rechtsnachfolgerin ihres Vaters Herrn H… S… ist, wurde jedenfalls seitens der Beklagten unstreitig gestellt, vgl. nur Schriftsatz vom 25.02.2019, Seite 3 (Blatt 41 der Akte).
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet (siehe unter A), im Übrigen unbegründet (siehe unter B).
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Die Klägerin hat gegen die Beklagten Anspruch auf jederzeitige und unwiderrufliche Belieferung mit Wasser durch die streitgegenständliche Wasserversorgungsanlage der Beklagten oder eine an ihre Stelle tretende Wasserversorgungsanlage gegen einen ortsüblichen Wasserzins der Gemeinden H… oder A…. Dieser Anspruch folgt aus Ziffer X lit. c des Kaufvertrags vom 31.01.1968 (Anlage K 5) i.V.m. §§ 1922 Abs. 1, 1967 Abs. 1 BGB. Die Aktiv- (siehe unter I) und die Passivlegitimation (siehe unter II) der Parteien sind gegeben. Der Anspruch folgt nahezu im geltend gemachten Umfang aus der vertraglichen Regelung (siehe unter III). Diese Regelung sieht auch keinen Ausschlussgrund für den Fall vor, dass nicht genügend Wasser für die durch die Quellfassung zu versorgenden Anwesen zur Verfügung steht (siehe unter IV). Zudem ist der Anspruch mangels Treuwidrigkeit auch durchsetzbar (siehe unter V).
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Die Aktivlegitimation der Klägerin folgt alleine daraus, dass die Klägerin Eigentümerin des Grundstücks Fl. Nr. … ist. Ziffer X lit. c des Kaufvertrags vom 31.01.1968 (Anlage K 5) stellt einen Vertrag zugunsten Dritter i.S.d. § 328 Abs. 1 BGB dar. Dies ergibt unmissverständlich eine Auslegung der Regelung gemäß §§ 133, 157 BGB. Der Wortlaut der Ziffer X lit. c des betreffenden Vertrags sieht eine Verpflichtung des Erwerbers der dort betroffenen Grundstücke vor, das forsteigene Waldarbeitermietanwesen H… mit Wasser unentgeltlich zu beliefern. Bereits aus dieser Formulierung geht hervor, dass eine Verpflichtung „gegenüber den Grundstücken“ besteht, also gegenüber dem jeweiligen Eigentümer der Grundstücke. Eine Einschränkung, die in der Formulierung „das forsteigene“ zu sehen sein könnte, wird dadurch aufgelöst, dass im Folgenden auch eine Regelung für den Fall getroffen ist, dass das betreffende Waldarbeitermietanwesen veräußert wird. Daraus geht hervor, dass die Verpflichtung zugunsten des Eigentümers des Waldarbeitermietanwesens auch dann fortbesteht, wenn dieses nicht mehr im Eigentum des Staatsforstes steht.
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Abweichendes folgt auch nicht daraus, dass die Regelung einen Anspruch für das „Waldarbeitermietanwesen H… (Fl. Nr. … und … der Gemarkung H…)“ vorsieht. Aus dieser Formulierung ist nicht zu schlussfolgern, dass ein Anspruch des jeweiligen Eigentümers der Grundstücke nur so lange bestehen soll, wie das Grundstück tatsächlich als Waldarbeitermietanwesen genutzt wird. Bereits die Regelung zur Veräußerung des Grundstücks durch den Staatsforst indiziert, dass das Aufgeben der entsprechenden Nutzung keinen Einfluss auf die übernommene Verpflichtung hat. Denn es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Grundstück nicht mehr als Waldarbeitermietanwesen genutzt wird, wenn der Freistaat Bayern sich dafür entscheidet das Grundstück zu veräußern. So ist es vorliegend ja auch tatsächlich geschehen. Das Waldarbeitermietanwesen H… wurde in der Regelung vielmehr dahingehend definiert, dass damit die Grundstücke Fl. Nr. … und … der Gemarkung H… genannt sind. Es handelt sich um eine bloße Bezeichnung dieser gemeinsam bebauten Grundstücke, ohne dass damit eine Beschränkung in der Sache bezweckt war. Zudem stellt die Nutzung als Waldarbeitermietanwesen ebenso wie die spätere Nutzung im Grundsatz eine Wohnnutzung dar. Aus der beklagtenseits vorgetragenen Tatsache, dass die Waldarbeiter immer nur vorübergehend anwesend gewesen sind, folgt für die Zeit der Anwesenheit kein geringerer Bedarf als bei üblicher Wohnnutzung.
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Diese Verpflichtung gilt zu Lasten der Beklagten; diese sind damit passivlegitimiert. Die Beklagte zu 1) hat sich in dem Vertrag vom 31.01.1968 selbst verpflichtet. Ziffer X lit. c des Vertrags sieht zudem vor, dass der Erwerber sich für sich und seine Rechtsnachfolger verpflichtet. Auch wenn diese Regelung als Vertrag zu Lasten Dritter keine schuldrechtliche Wirkung zu Lasten der Beklagten zu 2) auslösen kann, so geht aus dieser Regelung doch hervor, dass diese Pflicht nicht auf die Lebenszeit der am Vertrag Beteiligten beschränkt ist. Damit ist die Pflicht ausdrücklich vererblich gestellt und ist gemäß §§ 1922 Abs. 1, 1967 Abs. 1 BGB von Herrn H… S… auf dessen Rechtsnachfolgerin, die Beklagte zu 2), übergegangen.
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Der Anspruch besteht nahezu im geltend gemachten Umfang: Gemäß Ziffer X lit. c verpflichtet der Erwerben sich für sich und seine Rechtsnachfolger, das forsteigene Waldarbeitermietanwesen H… durch die vorbezeichnete Wasserversorgungsanlage oder eine an ihre Stelle tretende Wasserversorgungsanlage jederzeit und unwiderruflich mit Wasser unentgeltlich zu beliefern. Falls die Staatsforstverwaltung das Waldarbeitermietanwesen veräußert, hat der Erwerber das Recht von dem neuen Besitzer des Waldarbeitermietanwesens einen Wasserzins in Höhe der jeweils ortsüblichen Nutzungssätze der Gemeinden H… oder A… zu verlangen. Eine Einschränkung des Umfangs des Anspruchs insbesondere im Hinblick auf den beantragten Umfang „jederzeit und unwiderruflich“ ist danach nicht veranlasst, weil dieser ausdrücklich so vorgesehen ist. Lediglich was den ortsüblichen Nutzungssatz angeht, so sieht der Vertrag mit den Eheleuten S… vom 31.01.1968 vor, dass die Eheleute Wasserzins in Höhe der jeweils ortsüblichen Nutzungssätze der Gemeinden H… oder A… verlangen können. Demgegenüber sieht der Vertrag mit den Eheleuten R… vom 27.01.1971 vor, dass ein ortsüblicher Wasserzins (Gemeinde A…) zu leisten ist. Diese Einschränkung im Vertrag mit den Eheleuten R… kann nicht zu Lasten der Eheleute S… und deren Rechtsnachfolger wirken. Die Beklagten können demzufolge Wasserzins in Höhe der jeweils ortsüblichen Nutzungssätze der Gemeinden H… oder A… verlangen.
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Die Regelung unter Ziffer X lit. c des Vertrags sieht auch keinen Ausschlussgrund für den Fall vor, dass nicht genügend Wasser für die durch die Quellfassung zu versorgenden Anwesen zur Verfügung steht. Insoweit heißt es in dem Vertrag, dass der Veräußerer nicht für die Ergiebigkeit und Güte der Quelle haftet. Daraus folgt, dass die Klägerin gegen die Beklagte keine Ansprüche hat, sollte ihr tatsächlich einmal kein Wasser (mehr) zur Verfügung stehen. Umgekehrt folgt daraus aber nicht, dass der Anspruch der Klägerin nicht mehr besteht, sobald die Quelle nicht mehr ausreichend ergiebig ist.
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Der Anspruch der Klägerin ist mangels Treuwidrigkeit i.S.d. § 242 BGB auch durchsetzbar. Die Geltendmachung des Anspruchs stellt keine unzulässige Rechtsausübung dahingehend dar, dass die Klägerin keine schutzwürdigen Interessen verfolgt bzw. überwiegende Interessen der Beklagten entgegenstehen (vgl. hierzu Schubert, in: MünchKomm.-BGB, 8. Auflage 2019, § 242 Rn. 461). Die Beweisaufnahme hat nicht zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) ergeben, dass die streitgegenständliche Quelle zu versiegen drohe und auf der anderen Seite die Klägerin eine einfachere Möglichkeit hätte, ihr Grundstück Fl. Nr. … mit Wasser zu versorgen.
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Die Einholung des Sachverständigengutachtens hat diesen Sachverhalt nicht mit der zur Überzeugungsbildung des Gerichts erforderlichen Gewissheit ergeben. Es sind vielmehr Zweifel verblieben, welchen nicht gemäß eines für das praktische Leben brauchbaren Grades an Gewissheit Schweigen geboten wäre, so dass das Gericht sich nicht von dem Wahrheitsgehalt des beklagtenseits vorgetragenen Sachverhalts hat überzeugen können (siehe zu diesem Maßstab BGH NJW 2015, 2111, 2112).
24
1. Der Sachverständige Dipl.-Geol. M… M… hat in seinem schriftlichen Gutachten (Seite 4) festgehalten, dass ein Auslitern des Einlaufs in den Schachtbau an der streitgegenständlichen Wasserversorgungsanlage während des Ortstermins am 28.10.2019 eine Schüttung von ca. 0,1 l/s ergeben habe. Dies entspreche dem Wert, der auch bereits im Jahr 1968 durch die Forstverwaltung als „normaler“ Mittelwert angegeben worden sei. Der Sachverständige hat zudem erläutert, dass es in den Vorwochen der Begutachtung immer wieder geregnet habe, sodass zum Zeitpunkt der Begutachtung trotz der vorangegangenen mehrmonatigen, sehr trockenen Periode davon ausgegangen werden könne, dass am Tag der Begutachtung repräsentative Verhältnisse vorgelegen hätten. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2020 hat der Sachverständige erläutert, dass er nicht ausschließen könne, dass das Ergebnis zu einem anderen Zeitpunkt anders ausgefallen wäre. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass die Quelle an einem anderen Tag komplett versiegen würde. Beispielsweise wäre aber ein Wert zwischen 0,06 l/s und 0,07 l/s möglich.
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Die Klimaveränderung zeichne sich dadurch aus, dass die Gesamtsumme der Niederschläge im langjährigen Mittel zwar nahezu unverändert sei, die einzelnen Ereignisse jedoch heftiger und weniger ausdauernd seien. Dies bedeute, dass weniger Wasser im Untergrund ankomme und somit auch weniger Wasser zur langfristigen Speisung der Quelle zur Verfügung stehe (vgl. Seite 9). Zudem sei bei nahezu gleichbleibender Gesamtsumme der Dargebotsmenge diese nicht mehr gleichmäßig über das Jahr verteilt und stehe somit auch nicht mehr zur kontinuierlichen Speisung der Quelle zur Verfügung. Damit sei die Ergiebigkeit der Quelle nicht ausreichend, um das Anwesen der Beklagten sowie der Klägerin zuverlässig mit Wasser zu versorgen (vgl. Ergänzende Stellungnahme vom 02.03.2020). Dies begründet der Sachverständige auf Seite 9 seines Gutachtens weiter damit, dass das Quellwasser zwar weiterhin für die Gesamtversorgung ausreichen sollte. Allerdings sei das Thema „Gartenbewässerung“ bei ausschließlicher Nutzung von Quellwasser nicht zu bewerkstelligen.
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Der Sachverständige hat auf Seite 5 seines Gutachtens zudem ausgeführt, dass es Anhaltspunkte dafür gebe, dass der technische Zulauf bzw. das Rohr nicht mehr das gesamte zur Verfügung stehende Wasser fasse. Die Fassung sowie das zugehörige Schachtbauwerk entsprächen aber den anerkannten Regeln der Technik.
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2. In Bezug auf den Brunnen auf dem Grundstück Fl. Nr. … führte der Sachverständige aus, dass es sich auch bei dem Brunnenwasser um mineralisiertes Grundwasser handle, das der generell reinigenden Wirkung der Gesteinsschichten unterliege (vgl. Seite 7). Auch das Dargebot an Wasser wäre derzeitig für einen 2-Personen-Haushalt ausreichend (vgl. Seite 8). Innerhalb des Schachtes falle aber ein schlechter Zustand auf. Aus hygienischer Sicht sei somit aus diesem Brunnen keine Gewinnung von Wasser in Trinkwasserqualität möglich (vgl. Seite 6). In der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2020 hat der Sachverständige diesbezüglich ergänzt, dass für eine diesbezügliche Sanierung mit Kosten zwischen 30.000,- € und 40.000,- € zu rechnen wäre.
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3. Der Sachverständige Dipl.-Geol. M… M… hat die streitgegenständliche Wasserversorgungsanlage sowie den Brunnenschacht auf dem Grundstück Fl. Nr. … ausführlich schriftlich begutachtet und sein Gutachten im Rahmen seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung umfassend erläutert, vertieft sowie ergänzt und sich dabei auch mit den Fragen und Einwänden der Parteien auseinandergesetzt. Seine Ausführungen waren auch für geologische Laien ohne Weiteres verständlich und nachvollziehbar. Das Gericht hat die Ausführungen des Sachverständigen nachvollzogen und dabei einer kritischen Würdigung unterzogen. Es hat danach keinerlei Zweifel an der Tragfähigkeit und Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen und legt sie daher seiner Überzeugungsbildung uneingeschränkt zugrunde.
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4. Damit ergibt sich folgendes Gesamtbild: Auch wenn der Sachverständige bei dem durchgeführten Ortstermin keine schlechtere Quellschüttung feststellen konnte, als sie im Jahr 1968 durch die Forstverwaltung als Mittelwert angegeben wurde, hat er bestätigt, dass die klimatologischen Veränderungen zu einer Verschlechterung der Gesamtsituation geführt haben und führen. Dennoch ist mit einem Versiegen der streitgegenständlichen Quelle nicht zu rechnen. Es ist zudem davon auszugehen, dass das Wasser für den Bedarf in den jeweiligen Häusern ausreicht; nur für eine Gartenbewässerung bleibt dann kein Wasser übrig. Auf der anderen Seite ist die Klägerin Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem ein Brunnen vorhanden ist, der zwar ausreichend Wasser führt, der aber dringend sanierungsbedürftig ist und bisher auch nicht an die Haushälfte auf dem Grundstück Fl. Nr. … angeschlossen ist. Es ist der Klägerin damit nicht ohne Weiteres möglich, diesen Brunnen für ihren Bedarf zu nutzen. In der Gesamtbetrachtung sind damit keine überwiegenden Interessen auf Beklagtenseite erkennbar, die die durchaus schutzwürdigen Interessen der Klägerin überwiegen würden. Insbesondere kann von der Klägerin nicht verlangt werden, diesen vorhandenen Brunnen für Kosten in Höhe von mindestens 30.000,- € sanieren zu lassen. In diesem Zusammenhang verweist das Gericht darauf, dass auf dem Grundstück der Beklagten unstreitig auch mindestens ein Brunnen vorhanden ist. Soweit von Beklagtenseite vorgebracht wird, dass sie auch für den Unterhalt der Wasserversorgungsanlage aufzukommen hätten, so wird diesbezüglich auf die Regelung in Ziffer X lit. c des Vertrags vom 31.01.1968 Bezug genommen. Darin haben sich die Beklagte zu 1) und der Rechtsvorgänger der Beklagten zu 2) zur dauernden Unterhaltung der Wasserleitung verpflichtet. Auch aus der Tatsache, dass das Haus der Klägerin niedriger liegt als das Haus der Beklagten und eine Druckabsenkung dazu führt, dass für das Haus der Beklagten kein Wasser mehr zur Verfügung steht, folgt nichts Abweichendes. Diesbezüglich hat der Sachverständige angeraten, das Quellwasser in einem eigenen Behälter mit Druckerhöher aufzufangen.
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Im Übrigen, also soweit sich der Wasserzins der Höhe nach ausschließlich nach den jeweils ortsüblichen Nutzungssätzen der Gemeinde A… richten sollte, war die Klage abzuweisen. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter A.III. verwiesen.
31
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 4 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 Satz 1 ZPO.
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Die Streitwertfestsetzung erfolgte auf der Grundlage von §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO. Das Interesse der Klägerin an der Versorgung mit Wasser aus der streitgegenständlichen Quellfassung bemisst sich im Ausgangspunkt daran, was die Erschließung eines neuen Brunnens kosten würde (80.000,- € bis 90.000,- €), wobei deutliche Abschläge zu machen sind, weil die Klägerin die streitgegenständliche Wasserversorgungsanlage nicht alleine nutzen kann und die Schüttung der Quellfassung auch beschränkt ist.