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SG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 31.03.2020 – S 16 R 328/18
Titel:

Rente, Erkrankung, Erwerbsminderung, Arzt, Behinderung, Krankheit, Widerspruchsbescheid, Gesundheitszustand, Gutachten, Depression, Gerichtsbescheid, Psychiatrie, Arbeitsmarkt, Rehabilitation, Rente wegen Erwerbsminderung, Rente wegen voller Erwerbsminderung, medizinischen Rehabilitation

Schlagworte:
Rente, Erkrankung, Erwerbsminderung, Arzt, Behinderung, Krankheit, Widerspruchsbescheid, Gesundheitszustand, Gutachten, Depression, Gerichtsbescheid, Psychiatrie, Arbeitsmarkt, Rehabilitation, Rente wegen Erwerbsminderung, Rente wegen voller Erwerbsminderung, medizinischen Rehabilitation
Rechtsmittelinstanz:
LSG München, Urteil vom 14.12.2022 – L 19 R 219/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 61875

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreites sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1
Streitig ist die Weitergewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit über den 30.11.2017 hinaus.
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Der 1963 geborene Kläger war bis zu seiner Arbeitsunfähigkeit am 27.06.2014 als Betriebsratsvorsitzender tätig. Im Anschluss daran bezog der Kläger Krankengeld. Auf seinen Antrag vom 07.05.2015 hin ist ihm von der Beklagten mit Bescheid vom 20.05.2015 unter Zugrundelegung des Eintritts eines drei- bis unter sechsstündigen Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt am 27.06.2014 (= AU) Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.01.2015 bis 30.11.2017 gewährt worden. Im Anschluss daran sind im Versicherungskonto des Klägers keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten mehr gespeichert.
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Am 03.07.2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30.11.2017 hinaus.
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Aufgrund dieses Antrages erholte die Beklagte ein Gutachten des Neurologen, Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Arztes für Nervenheilkunde Dr. F..
Dr. F. diagnostizierte
- eine Depression in Remission
- eine Trigeminusneuralgie
- einen Verdacht auf Plexusläsion rechts nach Sturz.
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Dr. F. war der Ansicht, dass der Kläger ab 01.12.2018 wieder mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechselrhythmus mehr als sechs Stunden täglich verrichten könne.
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Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.12.2017 den Antrag des Klägers auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30.11.2017 hinaus ab, da nach der medizinischen Beurteilung der Kläger ab 01.12.2017 wieder mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne und damit kein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung mehr bestehe.
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Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 18.12.2017 Widerspruch. Zur Begründung führte er mit Schreiben vom 14.02.2018 aus, dass er aufgrund der weiterbestehenden psychischen Erkrankung (Depression und Erschöpfungszustand) sowie der Trigeminusneuralgie auch über den 30.11.2017 hinaus nicht in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden erwerbstätig zu sein.
8
Im Rahmen des Widerspruchsverfahren wertete die Beklagte einen Entlassungsbericht über eine in der Zeit vom 20.02.2018 bis 20.03.2018 in der Rheumaklinik A. durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme aus. In diesem Bericht diagnostizierten der Chefarzt Dr. H., die Leitende Oberärztin B. sowie der Stationsarzt S..
- ein Impingement-Syndrom rechte Schulter bei Zustand nach ASK am 31.01.2018 – eine ACG-Arthrose rechts
- eine Trigeminusneuralgie rechts (ED 2012)
- eine Psoriasis vulgaris
- eine Hypercholesterinämie
- eine rezidivierende depressive Störung.
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Die vorgenannten Ärzte sowie der Prüfarzt der Beklagten, der Med.-Dir. Dr. C., waren der Ansicht, dass der Kläger ab 01.12.2017 wieder leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechselrhythmus ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne Überkopfarbeiten sowie ohne Nachtschicht sechs Stunden und mehr täglich verrichten könne.
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Gestützt darauf wies die Beklagte den Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2018 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass nach den Ergebnissen der am 08.11.2017 durchgeführten psychiatrischen Untersuchung und der vom 20.02.2018 bis zum 20.03.2018 in der Rheumaklinik A. durchgeführten medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation der Kläger ab 01.12.2017 wieder leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechselrhythmus ohne Nachtschichtbetrieb mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne, zumal auch nach der Stellungnahme des ärztlichen Sachverständigen der Beklagten vom 26.04.2018 aus den vorliegenden Unterlagen keine Auswirkungen ersichtlich seien, die das Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin zeitlich einschränken würden.
11
Mit seiner am 05.06.2018 beim Sozialgericht Bayreuth eingegangenen Klage vom 04.06.2018 macht der Kläger weiterhin einen Anspruch auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30.11.2017 hinaus geltend. Zur Begründung wiederholte er mit Schreiben vom 31.07.2018 das bereits im Widerspruchsverfahren Vorgebrachte.
12
Das Sozialgericht Bayreuth hat daraufhin die Befundberichte der behandelnden Ärzte, nämlich des Facharztes für Dermatologie Dr. R. vom 23.07.2018, des Facharztes für Diagnostische Radiologie Dr. V. vom 27.07.2018, und des Allgemeinmediziners K. vom 16.08.2018, sowie des Dipl.-Psychologen U. vom 12.07.2018, die Unterlagen der Panorama-Fachklinik für Psychosomatik, Psychotherapeutische Medizin und Naturheilverfahren in P. sowie die Akten des Zentrum Bayern Familie und Soziales, Region Oberfranken, beigezogen.
13
Danach hat das Gericht den Arzt für Öffentliches Gesundheitswesen Dr. W. mit der Erstellung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung des Klägers beauftragt. Dr. W. stellte in seinem Gutachten vom 07.11.2018 – eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome
- einen Alkoholmissbrauch mit toxischem Leberschaden, Verdacht auf Alkoholabhängigkeit bei zusätzlich in früheren Jahren mehrjährigem Cannabisgebrauch und kurzfristigen Kokaingebrauch
- eine Trigeminusneuralgie
- ein chronisches Wirbelsäulensyndrom
- Schulterbeschwerden rechts bei degenerativen Veränderungen und Zustand nach Schulterarthroskopie im Februar 2018 – ein Schlafapnoesyndrom
- ein Restless-Legs-Syndrom
- eine Schuppenflechte fest.
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Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass aktuell die Leistungsfähigkeit des Klägers im Sinne einer Arbeitsunfähigkeit aufgehoben sei und dass zur Einschätzung, durch welche therapeutischen Maßnahmen und bis zu welchem Zeitpunkt die Leistungsfähigkeit wiederhergestellt werden könne, ein fachpsychiatrisches Gutachten für erforderlich gehalten werde, das sich sowohl mit der Depression, der Schmerzstörung (Trigeminusneuralgie) und dem Verdacht auf Abhängigkeitserkrankung befassen müsse.
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Aufgrund dieser Ausführungen hat das Gericht den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. mit der Erstellung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung des Klägers beauftragt. Dr. G. stellte in seinem Gutachten vom 22.01.2019 – periodische Extremitätenbewegungen im Schlaf
- ein obstruktives Schlafapnoesyndrom
- eine Trigeminusneuralgie rechts V 2
- ein chronisches Wirbelsäulensyndrom mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung
- ein PNP-Syndrom bei schädlichem Gebrauch von Alkohol
- eine depressive Episode mittelschwerer Natur fest.
16
Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger ab 01.12.2017 wieder leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechselrhythmus, ohne Tätigkeiten, die mit Sturzgefahr einhergehen wie auf Leitern und Gerüsten, ohne monotone Arbeitshaltungen wie Überkopfarbeiten und bückende Tätigkeiten, ohne längere Nässe- und Kälteexposition, ohne Tätigkeiten, die mit Suchtgefahr einhergehen wie im Gaststätten- und Brauereigewerbe, ohne Stress- und Zeitdruck wie Fließband- und Akkordarbeiten, ohne Nacht- und Wechselschichtdiensttätigkeiten und mit nur leichten Anforderungen an Konzentration, psychische Belastbarkeit sowie Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit und Ausdauer mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne.
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Auf den Antrag des Klägers vom 31.07.2019 hin hat das Gericht dann gemäß § 109 SGG den Facharzt für Neurologie Dr. L. mit der Erstellung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung des Klägers beauftragt. Dr. L. stellte in seinem Gutachten vom 06.09.2019 – eine rezidivierende depressive Störung bei Zustand nach schwerer Episode ohne psychotische Symptome, aktuell leicht- bis mittelschwer ausgeprägt
- eine Trigeminusneuralgie
- eine Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr
- eine Hypercholesterinämie
- eine Psoriasis
- ein Schlafapnoesyndrom
- ein Restless-Legs-Syndrom ohne spezifische Therapie
- einen Alkoholabusus
- eine Polyneuropathie bei Alkoholabusus
- ein Lendenwirbelsäulensyndrom fest.
18
Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger ab 01.12.2017 wieder leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Zwangshaltungen bei eingeschränkter psychischer Belastbarkeit drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten könne.
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Zu diesem Gutachten nahmen die Beklagte mit Schreiben vom 09.10.2019 unter Beigabe einer Stellungnahme der Med.-Direktorin Dr. M. vom 26.09.2016, mit Schreiben vom 08.01.2020 unter Beigabe einer Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 09.12.2019 und mit Schreiben vom 19.02.2020 unter Beigabe einer Stellungnahme des Leitenden Med.-Dir. E. vom 17.02.2020 sowie der Kläger mit Schreiben vom 11.10.2019, mit Schreiben vom 28.11.2019 unter Beigabe des endgültigen Entlassungsberichtes der Panorama-Fachklinik für Psychosomatik, Psychotherapeutische Medizin und Naturheilverfahren in P. vom 29.10.2019, mit Schreiben vom 03.02.2020 unter Beigabe eines Befundberichtes des Dipl.-Psychologen U. vom 20.01.2020 und mit Schreiben vom 11.03.2020 Stellung.
20
Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 08.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2018 zu verurteilen, dem Kläger über den 30.11.2017 hinaus Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
21
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
22
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten ergänzend auf den Inhalt der beigezogenen Akten, der eingegangenen Befundberichte, der ärztlichen Sachverständigengutachten, der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie der Niederschrift über den Termin zur Erörterung des Sachverhaltes und Beweisaufnahme vom 07.11.2018 Bezug genommen.
23
Die Beteiligten wurden mit gerichtlichem Schreiben vom 18.03.2020 unter Setzung einer Äußerungsfrist bis 14.04.2020 zu einer Entscheidung gemäß § 105 SGG mittels Gerichtsbescheid durch den Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung gehört, wobei die Beteiligten mit Schreiben vom 24.03.2020 und 25.03.2020 auch zugestimmt haben.

Entscheidungsgründe

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Die gemäß §§ 51, 78, 87, 90, 92 SGG form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig.
25
In der Sache ist sie aber unbegründet, weil der Kläger wegen seit 01.12.2017 wieder bestehender mindestens sechsstündiger Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keinen Anspruch auf Weitergewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung über den 30.11.2017 hinaus hat.
26
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert diejenigen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
27
Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert diejenigen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
28
Voll erwerbsgemindert sind im Hinblick auf die Weitergeltung der konkreten Betrachtungsweise aber auch Versicherte mit einem Leistungsvermögen zwischen drei bis unter sechs Stunden, wenn sie keinen zustandsangemessenen Teilzeitarbeitsplatz innehaben.
29
Der Kläger erfüllt zwar für die oben genannten Renten über den 30.11.2017 hinaus die Wartezeit und auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, aber ab 01.12.2017 nicht die mehr die medizinischen Voraussetzungen. Er kann seit 01.12.2017 wieder leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen zeitlich uneingeschränkt, das heißt mindestens sechs Stunden täglich, verrichten und ist damit nicht über den 30.11.2017 hinaus erwerbsgemindert.
30
Zur Überzeugung des Gerichtes steht dies fest aufgrund der gerichtlichen Sachverständigengutachten von Dr. W. und Dr. G. sowie aufgrund des im Verwaltungsverfahren erholten Gutachtens von Dr. F.. Die Gutachten erfassen den Gesundheitszustand des Klägers zur Überzeugung des Gerichtes zutreffend und das aus dem festgestellten Gesundheitszustand abgeleitete Leistungsvermögen des Klägers ab 01.12.2017 ist nicht zu beanstanden.
31
Bei den Untersuchungen durch Dr. F., Dr. W. und Dr. G. zeigten sich im neurologischen Befund im Bereich der Hirnnerven unauffällige Wahrnehmungsfunktionen. Die Occulo- und Pupillomotorik, die trigeminofacialen Funktionen und die caudale Hirnnervengruppe war intakt. Bei Prüfung der Sensibilität ergab sich eine sockenförmige Hypästhesie und Hypalgesie ab den Malleoli beidseits, das Vibrationsempfinden war mit 3/8 vermindert. Der übrige sensible Befund war unauffällig. Im Bereich der Motorik fanden sich keine Paresen, keine umschriebenen Muskelatrophien und kein pathologischer Muskeltonus. Bei der Prüfung des Reflexstatus zeigten sich seitengleiche MDR’s, der Achillessehnenreflex war jedoch erloschen. Es fanden sich keine Pyramidenbahnzeichen und keine Primitivschablonen. Bei der Prüfung der Koordination waren Stand und Gang regelrecht möglich ohne gliedkinetische oder logomotorische Ataxie und ohne Nystagmus. Im Bereich des vegetativen Nervensystems fand sich ein feinschlägiger Haltetremor beidseits mit leichter Schweißbildung an den Handflächen.
32
Bei den Untersuchungen durch Dr. F., Dr. W. und Dr. G. war der Kläger im psychischen Befund im interpersonalen Kontakt offen und freundlich zugewandt. Seine Angaben waren vage, es musste immer wieder nachgefragt werden. Er wirkte angespannt und unruhig sowie nervös, einen Leidensdruck vermittelnd. Die Mimik und Gestik waren ungestört. Er war in allen Qualitäten orientiert. Auffassung und Konzentration sowie mnestisch und kognitive Funktionen waren trotz heftiger subjektiver Klagen ungestört. In der Stimmung wirkte er depressiv und etwas eingeengt, er war aber noch ablenkbar und noch schwingungsfähig. Der Antrieb war gehemmt. Psychomotorisch war er nervös und angespannt, formal geordnet. Es fand sich eine Grübelneigung, ein Schwarzsehen, Todesgedanken und Insuffizienzgefühle, jedoch kein Anhalt für Sinnes- oder Wahrnehmungstäuschungen und keine Suizidalität.
33
Das Alpha-EEG war unauffällig, es zeigte sich kein Herd, keine Allgemeinveränderung und kein Hinweis auf eine Erhöhung der cerebralen Anfallsbereitschaft.
34
Das AEHP ergab keinen Hinweis auf eine Läsion der Hörbahn und des unteren oder mittleren Hirnstammbereiches.
35
Das Tibialis-SEP ergab keinen Hinweis auf eine Läsion der sensiblen Afferenzen wie zum Beispiel bei erheblicher Wurzelkompressionssymptomatik.
36
Die Elektroneurographie der Beinnerven zeigte Hinweise auf ein demyelinisierendes PNP-Syndrom bei normalen Amplituden der eNAP sowie SNAP.
37
Der in der Beck’schen Depressionsskala erzielte Gesamtsummenscore von 41 hätte einer schwerst ausgeprägten Depression entsprochen.
38
Der D2 Konzentrationstest, revidierte Form, ergab ein deutlich vermindertes psychomotorisches Bearbeitungstempo sowie eine deutlich verminderte Konzentrations- und Sorgfaltsleistung.
39
Die SIMS Skala entsprach bei angestrichenen 24 Items einer ausgeprägten Verdeutlichungstendenz.
40
Im Freiburger Persönlichkeitsinventar, revidierte Form, beschrieb der Kläger sich als lebensunzufrieden bei geringer sozialer Orientierung und Leistungsorientierung, dabei gehemmt, wenig aggressiv, beansprucht, mit vielen körperlichen Beschwerden, wenig offen, introvertiert sowie emotional labil und empfindlich.
41
Damit heben die festgestellten Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, nämlich die periodischen Extremitätenbewegungen im Schlaf, die Trigeminusneuralgie rechts V2, das PNP-Syndrom bei schädlichem Gebrauch von Alkohol und die depressive Episode mittelschwerer Natur, auch aufgrund der Tatsachen, dass das Restless-Legs-Syndrom durch Dopaminergika, vor allem Dopaminagonisten, behandelt werden kann, dass bei der Trigeminusneuralgie immer noch die konservative Behandlung im Vordergrund steht und erst bei Erfolglosigkeit ein operativer Eingriff nach Janetta oder auch eine ablative Behandlung erfolgen kann, das PNP-Syndrom zum Stillstand kommt, wenn eine Alkoholabstinenz eingehalten wird, dass die Plausibilitätsskala SIMS Skala einen hochgradigen Hinweis auf Verdeutlichungstendenzen zeigte, was auch durch die Skala Offenheit im FPI-R unterstützt wird, und dass eine Diskrepanz zwischen den vom Kläger ausgefüllten Selbstbeurteilungsskalen, den eigenen Berichten und den zu beobachtenden psychopathologischen Befunde bestand, die ab 01.12.2017 wiederbestehende mehr als sechsstündige Einsatzfähigkeit des Klägers nicht auf, sondern führen nach Auffassung und zur Überzeugung des Gerichtes nur zu qualitativen, nicht jedoch wie für eine Weitergewährung der Rente über den 30.11.2017 hinaus zu quantitativen Leistungseinschränkungen. Die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet gestatten ihm nur noch leichte Arbeiten ohne monotone Arbeitshaltungen, ohne Überkopfarbeiten, ohne bückende Tätigkeiten, ohne längere Nässe- und Kälteexposition, ohne Tätigkeiten, die mit Sturzgefahr einhergehen, wie auf Gerüsten oder Leitern, ohne Tätigkeiten, die mit Suchtgefahr einhergehen, wie im Gaststätten- oder im Brauereigewerbe, ohne Nacht-, Wechsel-Schicht, ohne Stress und Zeitdruck wie Fließband- und Akkordarbeiten und mit nur noch leichten bis mittelschweren Anforderungen an die psychische Belastbarkeit sowie das Anpassungs- und Umstellungsvermögen sowie die Konzentration und Ausdauer, jedoch ab 01.12.2017 wieder in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr täglich.
42
Den Ausführungen von Dr. L. hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der dem Kläger unter Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen noch möglichen Arbeitstätigkeit vermag das Gericht in keinster Weise zu folgen, da Dr. L. in seinem Gutachten umfangreiche Beschreibungen macht, die die Festlegung des eingeschränkten Leistungsvermögens des Klägers unplausibel machen, da Dr. L. eine leichte bis mittelschwer ausgeprägte rezidivierende depressive Störung feststellt, aber nicht begründet, warum dadurch das Leistungsvermögen des Klägers in quantitativer Hinsicht beeinträchtigt ist und die von Dr. L. gestellte und führende Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, Zustand nach schwerer Episode ohne psychotische Symptome, aktuell leicht- bis mittelschwer ausgeprägt, nicht in seinem, dem neurologischen, sondern auf dem psychiatrischen Fachgebiet liegt.
43
Selbst wenn man mit Dr. L. und dem Kläger von einer quantitativen Leistungsminderung über den 30.11.2017 bei dem Kläger ausgeht, käme ein Anspruch auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. Urteil vom 12.09.1990 – 5 RJ 88/89, Urteil vom 29.03.2006 – B 13 RJ 31/05 R = jeweils juris) und der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichtes (vgl. zuletzt Urteil vom 27.07.2016 – L 19 R 42/15 = juris) noch nicht in Betracht. Nach den insoweit schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen vor allem von Dr. G. sind nämlich bezüglich der bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet die therapeutischen Möglichkeiten in Form einer höher frequenten Psychotherapie, in Form einer höher dosierten Psychopharmakatherapie, in Form einer Kombinationstherapie oder Augmentationsstrategie, in Form einer Elektrokrampftherapie und in Form einer, gerade erst begonnenen, nervenärztlichen Behandlung in keinster Weise ausgeschöpft. Damit kann erst nach Ausschöpfung der dargestellten Behandlungsoptionen darüber entschieden werden, ob die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet auch über den 30.11.2017 hinaus von erwerbsmindernder Bedeutung in quantitativer Hinsicht sind, wobei für das Vorliegen, die Unüberwindbarkeit der psychischen Erkrankungen aus eigener Kraft und ihre Auswirkung auf die Arbeits- und Erwerbstätigkeit den Kläger die (objektive) Beweislast trifft (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 1.07.1964 – 11/1 RA 158/61, Urteil vom 21.10.1969 – 11 RA 99/66, Urteil vom 20.10.2004 – B 5 RJ 48/03 R = jeweils juris).
44
Auch die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen auf internistischem Fachgebiet, nämlich das Schlafapnoesyndrom und der Alkoholmissbrauch, heben auch aufgrund der Tatsachen, dass bei einem Schlafapnoesyndrom als Mittel der ersten Wahl eine CPAP-Beatmung gilt, dass der Kläger erst seit Kurzem mit einer entsprechenden Maske versorgt ist und dass alternativ auch eine Schienenbehandlung der Zähne mit Prognathiestellung oder ein HNOärztlicher Eingriff erfolgen kann, nach Auffassung und zur Überzeugung des Gerichtes die ab 01.12.2017 wieder bestehende mehr als sechsstündige Einsatzfähigkeit des Klägers nicht auf, sondern führen nach Auffassung und zur Überzeugung des Gerichtes nur zu qualitativen Leistungseinschränkungen, keine längere Nässe- und Kälteexposition, keine Tätigkeiten, die mit Sturzgefahr einhergehen, wie auf Leitern und Gerüsten, keine Tätigkeiten, die mit Suchtgefahr einhergehen, wie im Gaststätten- oder im Brauereigewerbe, keine Nacht- und Wechselschicht und keine Arbeiten unter Stress und Zeitdruck wie Fließband- und Akkordarbeiten.
45
Ebenso führen nach Auffassung und zur Überzeugung des Gerichtes die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet, nämlich das chronische Wirbelsäulensyndrom und die Schulterbeschwerden rechts bei degenerativen Veränderungen und Zustand nach Schulterarthroskopie im Februar 2018, auch aufgrund der Tatsachen, dass diesbezüglich derzeit nur rudimentär durchgeführte konservative Maßnahmen (zum Beispiel physikalische Therapie mit Krankengymnastik, die von anderen balneo-physikalischen Maßnahmen begleitet werden kann) im Vordergrund stehen, dass bei akuten Schmerzen die Gabe von nichtsteroidalen Antirheumatika oder Kortikosteroiden sinnvoll ist, dass bei einem chronischen Schmerzsyndrom eine chronische Schmerzbehandlung in Form von Antikonvulsiva oder eine thymoleptische Analgesie eingesetzt wird und dass die von Dr. W. festgestellten Bewegungsmaße der Halswirbelsäule, der Brustwirbelsäule, der Lendenwirbelsäule, der oberen und der unteren Extremitäten lediglich in vier Qualitäten leichte, ansonsten keine Bewegungs- bzw. Funktionseinschränkungen ergaben, nicht zu einer über den 30.11.2017 hinaus bestehenden unter sechsstündigen Einsatzfähigkeit des Klägers, sondern nur zu qualitativen, nicht jedoch wie für eine Weitergewährung der Rente über den 30.11.2017 hinaus erforderlich, zu quantitativen Leistungseinschränkungen. Die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet gestatten ihm noch körperlich leichte Arbeiten ohne monotone Arbeitshaltungen und Überkopfarbeiten, ohne bückende Tätigkeiten sowie ohne längere Nässe- und Kälteexposition, jedoch ab 01.12.2017 wieder in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr täglich.
46
Auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI steht dem Kläger nicht zu, weil er 1963 und damit nach dem 01.01.1961 geboren ist.
47
Nach alledem ist der angefochtene Bescheid vom 08.12.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides 15.05.2018 nicht zu beanstanden. Die Klage war daher vollumfänglich abzuweisen.
48
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.
49
Das Gericht konnte durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten nach vorheriger gerichtlicher Anhörung auch zugestimmt haben.