Titel:
Leistungen, Eintragung, Kaufpreis, Rechtsanwaltskosten, Streitwert, Leistung, Grundbuch, Pferd, Gemarkung, Einstellung, Lebensgemeinschaft, Zustimmung, Miteigentumsanteil, Bereicherungsanspruch, Kosten des Verfahrens, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Treu und Glauben
Schlagworte:
Leistungen, Eintragung, Kaufpreis, Rechtsanwaltskosten, Streitwert, Leistung, Grundbuch, Pferd, Gemarkung, Einstellung, Lebensgemeinschaft, Zustimmung, Miteigentumsanteil, Bereicherungsanspruch, Kosten des Verfahrens, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Treu und Glauben
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Endurteil vom 19.04.2021 – 33 U 4541/20
BGH Karlsruhe vom -- – XII ZR 45/21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 61617
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, den auf die Beklagte eingetragenen, hälftigen Miteigentumsanteil am Objekt Amtsgericht von Laufen, Flurstücknr. Gebäude- und Freifläche, Landwirtschaftsfläche zu 4.928 m², belastet mit der laufenden Nummer Mitbenutzungs- und Unterhaltungsrecht für jeweiligen Eigentümer für Flurstücknr. an den Kläger zum Volleigentum zu übertragen und die Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch zu beantragen und zu bewilligen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.006,42 € zu bezahlen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,00 €.
Der Streitwert wird auf 180.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien sind frühere Lebensgefährten.
2
Mit notariellem Kaufvertrag vom 22.07.2011 (Anlage K2) wurde das streitgegenständliche Objekt vom Voreigentümer veräußert. Käufer waren der Kläger und die Beklagte. Der Kaufpreis betrug 360.000,00 € und wurde vom Kläger alleine bezahlt. Die Parteien wurden als Miteigentümer zu 1/2 ins Grundbuch eingetragen.
3
Das Objekt war stark renovierungsbedürftig. Die vom Kläger mit Renovierungsarbeiten beauftragten Handwerker hat der Kläger alleine bezahlt.
4
Auf dem Hof wurden u. a. Pferde eingestellt, die der Kläger erworben hat. Mit diesen Pferden hat die Beklagte Unterricht erteilt. Auch waren bzw. sind Pferde von dritten Personen entgeltlich eingestellt.
5
Mit E-Mail vom 29.10.2012 (Anlage K3) schrieb die Beklagte u. a. an den Kläger: „Ich unterschreibe dir gerne alle Verzichtserklärungen.“.
6
Mit E-Mail vom 19.06.2013 (Anlage K4) schrieb die Beklagte dem Kläger u. a.: „Ich unterschreibe dir den Vertrag, dann hast du ja meine Unterschrift.“.
7
Der Kläger hatte beim Notar einen Überlassungsvertrag erstellen lassen, wonach der hälftige Anteil der Beklagten an den Kläger überlassen wird (Anlage K5). Dieser Vertrag wurde nicht unterschrieben.
8
Der Kläger hat die Beklagte vorgerichtlich mit Anwaltsschreiben zur Rückübertragung aufgefordert. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen.
9
Der Kläger trägt vor, die Renovierung habe er insgesamt alleine getragen. Die Erlöse aus dem Reitunterricht seien in die Tasche der Beklagten geflossen. Hinsichtlich der Einstellung von Fremdpferden werde derzeit lediglich ein Betrag in Höhe von 100,00 € monatlich als Überschuss erwirtschaftet. Auch habe die Beklagte ein im Alleineigentum des Klägers stehendes Pferd für 3.000,00 € verkauft und den Kaufpreis zur Gänze für sich behalten (Anlage K14). Die Beklagte habe keine nennenswerten Leistungen auf dem Hof ausgeführt.
10
Der Kläger ist der Ansicht, es läge hier ein Ausgleichsanspruch vor, da objektiv das Maß der üblichen gemeinschaftsbezogenen Leistungen überschritten sei.
11
Der Kläger beantragt zuletzt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, den auf die Beklagte eingetragenen, hälftigen Miteigentumsanteil am Objekt Amtsgericht von Laufen,, Blatt , Flurstücknr. , Gebäude- und Freifläche, Landwirtschaftsfläche zu 4.928 m², belastet mit der laufenden Nummer 1 Mitbenutzungs- und Unterhaltungsrecht für jeweiligen Eigentümer für Flurstücknr. 409 an den Kläger zum Volleigentum zu übertragen und die Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch zu beantragen und zu bewilligen.
2. Hilfsweise wird beantragt, die Zustimmung zur Übertragung gemäß Punkt 1. der Klage durch gerichtliche Erklärung zu ersetzen.
3. Die Beklagte trägt samtverbindlich die Kosten des Rechtsstreits.
4. Die Beklagte wird ferner verurteilt, vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 3.006,42 € an den Kläger zu bezahlen.
12
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
13
Die Beklagte macht geltend, sie habe einen erheblichen Anteil an der notwendigen Renovierung gehabt. Sie habe auch zu einem erheblichen Teil an den notwendigen finanziellen Mitteln beigetragen, insbesondere durch Reitunterricht sowie Veranstaltungen auf dem Hof. Außerdem würde der Kläger monatlich 3.000,00 € erhalten für die Einstellung fremder Pferde. Zudem habe der Kläger ein dem Sohn der Beklagten gehörendes Pferd für 5.000,00 € veräußert und den Kauferlös einbehalten. Weiterhin habe die Beklagte auch Arbeiten wie ausmisten, Heu machen, Reitplatz herrichten, etc. verrichtet.
14
In der mündlichen Verhandlung vom 30.06.2020 wurden der Kläger und die Beklagte informatorisch angehört. Auf das Protokoll wird Bezug genommen.
15
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen.
Entscheidungsgründe
16
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht zuständig nach §§ 23, 71 GVG. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Traunstein folgt aus § 24 ZPO.
17
Die Klage erweist sich auch als begründet.
18
I. Die Zuwendung des Klägers erfolgte zu einem Zeitpunkt, als die Parteien in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben. Im Grundsatz stehen bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die persönlichen Beziehungen im Vordergrund, sodass grundsätzlich gemeinschaftsbezogene Zuwendungen der Partner nicht ausgeglichen werden. Grundsätzlich werden persönliche und wirtschaftliche Leistungen nicht gegeneinander aufgerechnet.
19
II. Es kann dahin stehen, ob hier gegebenenfalls ein Ausgleich nach den Vorschriften über die bürgerlich rechtliche Gesellschaft in Betracht kommt.
20
Jedenfalls steht dem Kläger nämlich ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung bzw. den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu.
21
Zwar hat auch nach diesen Vorschriften ein Ausgleich für solche Leistungen auszuscheiden, die das Zusammenleben in der gewollten Art erst ermöglicht haben, wie etwa die Erfüllung der laufenden Unterhaltsbedürfnisse oder die Entrichtung der Miete für eine gemeinsam genutzte Wohnung. Solche Leistungen werden nämlich in dem Bewusstsein erbracht, dass jeder Partner nach seinen Möglichkeiten zur Gemeinschaft beizutragen hat. Sie haben ihren Unterhaltszweck dann erfüllt und können nach der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht rückwirkend als zwecklos erachtet werden (vgl. BHGZ 177, 193 m.w.N.).
22
Wegen derjenigen Leistungen, die diesen Rahmen überschreiten und die bei einem oder beiden Partnern zur Bildung von die Beendigung der Lebensgemeinschaft überdauernden Vermögenswerten geführt haben, kann jedoch einzelfallabhängig ein rechtlich schutzwürdiges Ausgleichsbedürfnis bestehen. Dies folgt auch daraus, dass bei Auflösung einer Ehe beim gesetzlichen Güterstand oder bei der Gütegemeinschaft das Eherecht korrigierend einwirkt, diese Korrekturmöglichkeit bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft aber fehlt, soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde. Ansprüche, die nach allgemeinen Regeln begründet sind, können nicht versagt werden, weil die Partner unverheiratet zusammengelebt haben (BGH, a.a.O. m.w.N.).
23
Bei Leistungen, die über das Hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht, ist somit im Einzelfall zu prüfen, ob ein Ausgleichsverlangen unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten begründet ist (BGH, a.a.O.).
24
Nach § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alternative BGB besteht für den Empfänger einer Leistung die Pflicht zur Herausgabe der Zuwendung, sofern der mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist. Ein Bereicherungsanspruch wegen Fehlschlagens dieser Erwartung setzt voraus, dass darüber mit dem Empfänger der Leistung eine Willensübereinstimmung erzielt worden ist. Einseitige Vorstellungen genügen nicht. Eine stillschweigende Einigung in diesem Sinne kann aber angenommen werden, wenn der eine Teil mit seiner Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt und der andere Teil dies erkennt und die Leistung entgegennimmt, ohne zu widersprechen (BGH, a.a.O. m.w.N.). Die danach erforderliche finale Ausrichtung der Leistung auf einen nicht erzwingbaren Erfolg wird sich innerhalb einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nur bezüglich solcher Zuwendungen oder Arbeitsleistungen feststellen lassen, die deutlich über das Hinausgehen, was die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt. Es ist eine konkrete Zweckabrede zu fordern (BGH, a.a.O.).
25
Daneben kommen Ausgleichsansprüche nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht, soweit der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung die Vorstellung oder Erwartung zugrunde lag, die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie gedient hat, werde Bestand haben. Die Rückabwicklung erfasst insoweit auch Fälle, in denen eine Zweckabrede im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alternative BGB nicht festzustellen ist. Nicht auszugleichen sind aber auch hier die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ersatzlos erbrachten Leistungen.
26
III. Nach diesen allgemeinen Erwägungen hat der Kläger im konkreten Fall jedenfalls einen Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Es steht außer Zweifel, dass der Kläger das hälftige Miteigentum auf die Beklagte hat übertragen lassen, obwohl er alleine den kompletten Kaufpreis gezahlt hat, weil er damals die Erwartung hatte, die Lebensgemeinschaft werde Bestand haben. Das stellt die Beklagte insoweit auch nicht in Abrede.
27
Unzweifelhaft handelt es sich dabei auch nicht um eine Aufwendung, die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens erbracht wurde.
28
Ein korrigierender Eingriff ist hier gerechtfertigt, da dem Leistenden (Kläger) die Beibehaltung der durch die Leistungen geschaffenen Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist (BGH, a.a.O.). Die Beklagte hat hier einen hälftigen Miteigentumsanteil erhalten, ohne selbst einen finanziellen Beitrag geleistet zu haben. Auch hat sie keinen finanziellen Beitrag im Hinblick auf die umfangreichen Renovierungsarbeiten geleistet. Unstreitig hat der Kläger allein die Handwerker bezahlt. Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob die Beklagte gegebenenfalls mithilfe ihrer Söhne Entrümpelungstätigkeiten durchgeführt hat. Unabhängig davon, ob dies gegebenenfalls ohnehin Leistungen im Zusammenhang des täglichen Zusammenlebens sind, handelt es sich in keinster Weise um einen Beitrag, der finanziell ins Gewicht fallen würde.
29
Es kann auch dahinstehen, inwieweit die Beklagte gegebenenfalls Gelder (von ihr behauptet monatlich ca. 150,00 €) aus den von ihr gegebenen Reitstunden in die „Bierkasse“ einbezahlt hat oder Leistungen aus Ferienlagern, etc. an den Beklagten geflossen sind. Bei den geltend gemachten Beträgen handelt es sich zum einen schon um Leistungen im Rahmen des täglichen Zusammenlebens als Beitrag der Beklagten an den täglichen Aufwendungen. Darüber hinaus hat die Beklagte selbst angegeben, die Pferde für die Reitstunden stünden im Eigentum des Klägers und sie habe aus den Einnahmen aus den Reitstunden auch nur die Hälfte in die Bierkasse getan. Allein daraus ergibt sich, dass hier keinerlei zu berücksichtigende Beiträge der Beklagten zu sehen sind, die einem Anspruch des Klägers entgegenstehen würden. Ebenso verhält es sich mit Einnahmen aus Ferienlagern, etc. Unwidersprochen hat der Kläger nämlich Investitionen getätigt, um diese überhaupt zu ermöglichen, sodass hier noch nicht einmal ein nennenswerter Gewinn erzielt wurde. Auch ein etwaiger Gewinn aufgrund Kosten für Einstellung von Drittpferden bewegt sich in einem Rahmen, der einem Anspruch des Klägers nicht entgegensteht, wobei die von der beklagten behaupteten Einnahmen des Klägers ohnehin nicht nachgewiesen wurden. Dies würde auch für den Verkauf eines Pferdes gelten, wobei die Beklagte noch nicht einmal nachgewiesen hat, dass der Kläger tatsächlich ein Pferd ihres Sohnes verkauft hat und das Geld einbehalten hat.
30
Nach alldem stehen der Beklagten keine Ausgleichsansprüche zu, die sie einem Anspruch des Klägers entgegenhalten könnte.
31
V. Dahinstehen kann auch, dass dem Kläger zudem auch ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zusteht, da jedenfalls der Zweck der Zuwendung (gemeinsames Betreiben eines Reiterhofes) mit der Trennung der Parteien weggefallen ist.
32
VI. Somit steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch zu.
33
Die Entscheidung hinsichtlich der Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
34
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 ZPO.
35
Der Streitwert wurde in Höhe der Hälfte des Kaufpreises auf 180.000,00 € festgesetzt.
36
Der Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.