Titel:
Beiladung, Patentanwalt, Widerspruchsbescheid, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Verwaltungsgerichte, Prozeßbevollmächtigter, Außergerichtliche Kosten, Prozeßkostenhilfeverfahren, Gleichwertigkeit, Zulassung zur, Befähigung zum Richteramt, Rechtsmittelbelehrung, Ordentliche Studierende, Berufungszulassung, Feststellungsklage, Klageabweisung, Abschluß, gewerblicher Rechtsschutz, Prozeßhandlungen, Geltungsbereich
Schlagwort:
Patentanwalt
Fundstellen:
MittdtPatA 2022, 518
BeckRS 2020, 61259
LSK 2021, 58687
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagtenpartei bzw. die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Entscheidungsgründe
1
Die Parteien streiten um die Anerkennung des vom Kläger an der Seoul National University erworbenen Abschlusses als gleichwertig gemäß § 6 Abs. 2 PAO bzw. als ausreichend gemäß § 158 Abs. 4 PAO.
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Der Kläger hat an der Seoul National Universität (Republik Korea) vier Jahre am College of Engineering, Department of Mechanical & Aerospace Engineering (Mechanical & Aerospace Engineering Major) den Studiengang „Gigye Hanggong Gonghak” studiert und dort im Jahre 2002 den Studienabschluss „Gong Haksa“ (Bachelor of Science in Engineering) erzielt. Er legte diesbezüglich das Abschlusszertifikat der Seoul National University vom 14.06.2018 (Anlage K 1a) vor, wonach er den Abschluss „Bachelor of Science in Engineering“ erworben hat. Durch die Kultusministerkonferenz, Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen wurde der Abschluss als einem deutschen Hochschulabschluss auf Bachelor-Ebene entsprechend bewertet (vgl. Zeugnisbewertung vom 29.08.2018, Anlage K 2).
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Mit Schreiben vom 03.07.2019 wandte sich der Kläger an die Beklagtenpartei und beantragte die Anerkennung seines ausländischen Studienabschlusses, um auf dieser Grundlage zum Studium „Recht für Patentanwältinnen und Patentanwälte“ an der Fernuniversität Hagen zugelassen zu werden. Mit Schreiben vom 25.07.2019 teilte die Beklagtenpartei mit, dass die Zulassung zur deutschen Patentanwaltsprüfung nach § 158 PAO nicht in Betracht komme.
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Gegen dieses Schreiben legte der Kläger mit Schreiben vom 18.12.2019 Widerspruch ein und beantragte, sein Studium an der Seoul National University, Republik Korea in Maschinenbau und Luft- und Raumfahrtechnik als ausreichend für die Zulassung zur Patentanwaltsprüfung gemäß § 158 Abs. 4 PAO anzuerkennen.
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Mit Schriftsatz vom 17.04.2020 reichte der Kläger beim Verwaltungsgericht München eine gegen die hiesige Beigeladene und die Beklagtenpartei gerichtete Klage ein mit dem gegen die hiesige Beigeladene gerichteten Begehren, ihn für den Studiengang „Recht für Patentanwältinnen und Patentanwälte“ an der Fernuniversität Hagen zu benennen, und dem gegen die Beklagtenpartei gerichteten Begehren, sein Studium an der Seoul National University als ausreichend für die Zulassung zur Patentanwaltsprüfung gemäß § 158 Abs. 4 PAO anzuerkennen, sowie die Gleichwertigkeit seines Abschlusses gemäß § 6 Abs. 2 PAO festzustellen. Das Verwaltungsgericht hat, soweit sich die Klage gegen die hiesige Beklagtenpartei richtet, das Verfahren durch Beschluss vom 13.05.2020 abgetrennt und durch Beschluss vom 03.06.2020 an das OLG München verwiesen. Die Beklagtenpartei hat durch Widerspruchsbescheid vom 09.06.2020 den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 25.07.2019 zurückgewiesen.
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Der Kläger ist der Auffassung, dass er mit seinem Studienabschluss die Voraussetzungen des § 158 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PAO erfülle. Bei der Seoul National Universität handele es sich um eine wissenschaftliche sowie um die renommierteste Universität Südkoreas. Hilfsweise sei das Studium nach § 158 Abs. 1 Nr. 2 PAO als ausreichend anzusehen.
Der Beklagte wird verpflichtet unter Aufhebung des Bescheids vom 25.07.2019, Az. 3624/21 - 4.3.5. Bd. III Nr. 27 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.06.2020, Az. 3624/21 - 4.3.5 Bd. III Nr. 27 im Benehmen mit der zuständigen obersten bayerischen Landesbehörde das Studium des Klägers mit dem Graduation Certificate vom 14.07.2018 an der Seoul National University, Republik Korea, in Maschinenbau und Luft- und Raumfahrttechnik als ausreichend für die Zulassung zur Patentanwaltsprüfung gemäß § 158 Abs. 4 PAO anzuerkennen, sowie die Gleichwertigkeit seines Abschlusses gemäß § 6 Abs. 2 PAO festzustellen.
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Die Beklagtenpartei und die Beigeladene beantragen,
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Die Beklagtenpartei und die Beigeladene sind der Auffassung, dass eine Anerkennung des Abschlusses des Klägers als ausreichend gemäß § 158 Abs. 4 PAO bzw. als gleichwertig gemäß § 6 Abs. 2 PAO nicht in Betracht komme, weil der Abschluss einem deutschen Hochschulabschluss auf Bachelor-Ebene entspreche und damit liege kein „abgeschlossenes“ Studium im Sinne eines Diplom- oder Masterabschlusses vor. Die Beigeladene ist überdies der Auffassung, dass die Klage im Hinblick auf die Feststellung der Gleichwertigkeit gemäß § 6 Abs. 2 PAO bereits unzulässig ist.
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Im Übrigen wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2020 Bezug genommen.
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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung des Abschlusses des Klägers als ausreichend gemäß § 158 Abs. 4 PAO bzw. als gleichwertig gemäß § 6 Abs. 2 PAO liegen nicht vor.
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1. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ist die Klage auch im Hinblick auf die beantragte Verpflichtung der Beklagtenpartei, die Gleichwertigkeit seines Abschlusses gemäß § 6 Abs. 2 PAO festzustellen, zulässig.
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Es handelt sich nicht um eine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO, sondern um eine Leistungsklage. Die Beklagtenpartei soll verpflichtet werden, die Gleichwertigkeit gemäß § 6 Abs. 2 PAO festzustellen.
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Die Klage ist hinsichtlich der Verpflichtung zur Feststellung der Gleichwertigkeit gemäß § 6 Abs. 2 PAO auch nicht unzulässig, weil der Kläger nicht einen entsprechenden Antrag zuvor bei der Beklagtenpartei gestellt hat. Dem Widerspruchsbescheid vom 09.06.2020 ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass die Beklagtenpartei weder die Voraussetzungen für eine Anerkennung nach § 158 Abs. 4 PAO noch die Voraussetzungen für die Feststellung der Gleichwertigkeit des Abschlusses des Klägers gemäß § 6 Abs. 2 PAO für gegeben erachtet. Ein weiterer ausdrücklicher Antrag auf Feststellung der Gleichwertigkeit des Abschlusses bei der Beklagtenpartei ist vorliegend in Anbetracht des ergangenen Widerspruchbescheides entbehrlich.
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2. Die Klage ist nicht begründet.
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Gemäß § 6 Abs. 1 PAO hat die technische Befähigung für den Beruf des Patentanwalts erlangt, wer u.a. im Geltungsbereich der PAO sich als ordentlicher Studierender einer wissenschaftlichen Hochschule dem Studium naturwissenschaftlicher oder technischer Fächer gewidmet hat und dieses Studium durch eine staatliche oder akademische Prüfung mit Erfolg abgeschlossen hat. Gemäß § 6 Abs. 2 PAO werden die Voraussetzungen für den Erwerb der technischen Befähigung durch ein Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule außerhalb des Geltungsbereichs der PAO sowie durch eine dort abgelegte Abschlussprüfung erfüllt, soweit diese im Geltungsbereich dieses Gesetzes anerkannt oder dem Studium und der Abschlussprüfung im Sinne des § 6 Abs. 1 PAO gleichwertig sind.
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Gemäß § 158 Abs. 1 Nr. 1 PAO ist Voraussetzung für die Prüfungszulassung u.a. ein durch eine erfolgreiche Prüfung abgeschlossenes Studium naturwissenschaftlicher oder technischer Fächer an einer wissenschaftlichen Hochschule. Gemäß § 158 Abs. 4 PAO können in Ausnahmefällen das Studium sowie die Abschlussprüfung an einer wissenschaftlichen Hochschule im Ausland als ausreichend anerkannt werden.
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Über die Anerkennung als gleichwertig gemäß § 6 Abs. 2 PAO bzw. als ausreichend gemäß § 158 Abs. 4 PAO hat die Präsidentin der Beklagtenpartei im Benehmen mit der obersten Landesbehörde zu entscheiden.
19
Die Gleichwertigkeit des Abschlusses des Klägers gemäß § 6 Abs. 2 PAO bzw. dessen Anerkennung als ausreichend gemäß § 158 Abs. 4 PAO war vorliegend nicht auszusprechen, weil der vom Kläger in Seoul erworbene Abschluss nicht einem Abschluss auf Diplom- oder Masterebene, sondern dem Abschluss auf Bachelor-Ebene entspricht. Dies ergibt sich sowohl aus dem vom Kläger vorgelegten Zertifikat über den Abschluss (Anlage K 1a) als auch aus den Bewertungen der Kultusministerkonferenz, Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen vom 29.08.2018 (Anlage K 2) und vom 09.06.2020 (E-Mail).
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Ein Abschluss auf Bachelor-Ebene ist für die technische Befähigung für den Beruf des Patentanwalts nach der PAO nicht ausreichend. Die Bestimmungen über die technische Befähigung dienen der Sicherung einer hochwertigen Beratung der Rechtssuchenden sowie der Funktionsfähigkeit insbesondere des Patent- und Markenwesens und der Rechtspflege auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und damit überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern (vgl. BGH GRUR 2014, 510 Rn. 29 m.w.N.). Aus dem hohen Qualitätsanspruch folgt, dass unter einem „abgeschlossenen“ Studium ein Diplom- oder Masterabschluss zu verstehen ist und nicht lediglich ein Bachelorabschluss (Reinhard in Weyland, BRAO, 10. Aufl. § 6 PAO Rn. 3). Der inzwischen in Deutschland eingeführte Bachelor-Abschluss, entspricht nicht dem Niveau der bisherigen und bei Inkrafttreten der PAO 1966 zu absolvierenden Diplom-Abschlüsse und stellt daher keinen „Abschluss“ iSv § 6 PAO und § 158 PAO dar.
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Auf § 158 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PAO iVm § 158 Abs. 4 PAO kann der Kläger die von ihm begehrte Anerkennung seines Abschlusses als ausreichend schon deshalb nicht stützen, weil sich § 158 Abs. 4 PAO nur auf § 158 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PAO und nicht auch auf § 158 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PAO bezieht. Im Übrigen genügt auch im Rahmen des § 158 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PAO nur ein Abschluss auf Diplom- oder Master-Ebene, nicht aber auf Bachelor-Ebene.
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Dem seitens des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2021 gestellten Beweisantrag war nicht zu entsprechen, da nicht die Gleichwertigkeit des Abschlusses des Klägers mit einem Masterabschluss einer deutschen wissenschaftlichen Hochschule unter Beweis gestellt werden soll, sondern lediglich die Gleichwertigkeit mit einem Abschluss einer deutschen wissenschaftlichen Hochschule generell, was in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen nicht als ausreichend erachtet werden kann.
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1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht vorliegend der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist und sie zudem das Verfahren durch eigenen Vortrag wesentlich gefördert hat (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. § 162 Rn. 41 m.w.N.).
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2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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3. Die Berufung ist nicht gemäß § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen. Weder liegen die Voraussetzungen der § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vor, noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).