Inhalt

LG Landshut, Endurteil v. 16.09.2020 – 22 O 1897/19
Titel:

Widerrufsbelehrung bei Abschluss eines Darlehensvertrags mit Aufrechnungsbeschränkung

Normenketten:
BGB § 355 Abs. 2, § 356b Abs. 1, § 492 Abs. 2
EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 2
Leitsätze:
1. Enthält die Widerrufsinformation eines Kreditvertrages die Beschränkung der Aufrechnung auf unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen, berührt dies nicht die Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsinformation. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wird der darlehensgebenden Bank von einem Darlehensvermittler ein vom Darlehensnehmer angeblich gewünschtes Sicherungsobjekt benannt, besteht keine vertragliche Pflicht des Darlehensgebers, die Ernsthaftigkeit der Angaben zum Sicherungsobjekt zu hinterfragen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Darlehensvertrag, Widerrufsbelehrung, Aufrechnungsverbot, unbestrittene Forderung, rechtskräftig festgestellte Forderung, Sicherungsobjekt, Beratungsvertrag, Pflichtverletzung
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Endurteil vom 30.07.2021 – 17 U 5974/20
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 08.11.2022 – XI ZR 453/21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 61147

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden.
Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 41.423,34 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Zum 01.10.2016 lief ein bei der W. B. AG für die Kläger bestehendes Darlehen i. H. v. 110.000 € zur Finanzierung des Grundstücks in M. aus und sollte refinanziert werden. Dieses Darlehen war besichert durch Grundschulden auf den Grundstücken in M. und M. . Zur Refinanzierung wandten sich die Kläger zunächst an die D. Bank, diese verwies sie an die Beklagte zu 2). Die Kläger nahmen am 13.09.2016 über deren Online-Angebot Kontakt mit der Beklagten zu 2) - einem „Zuführer“ bzw. Darlehensvermittler - auf und schlossen einen Kreditberatungs- bzw. Vermittlungsvertrag mit ihr. Die Beklagte zu 2) unterbreitete u. a. ein Angebot der Beklagten zu 1) mit Ablösedatum 01.10.2016 (Anlage B 2-3). Ausweislich einer Finanzierungsanfrage der Kläger vom 19.09.2016 (Anlage B 2-4) ist unter „Angaben zur Immobilie“ das Grundstück in M. angeführt. Zu diesem Objekt übermittelten sie detaillierte Angaben, insbesondere einen Grundbuchauszug.
2
Da zum 01.12.2016 ein weiteres Darlehen über 110.000,00 € - besichert über das Grundstück in P. - bei der Sparkasse P. auslief, bat der Kläger die Beklagte zu 2) per E-Mail am 17.10.2016 um ein erweitertes Angebot. Am 25.10.2016 erhielt der Kläger das erweiterte Angebot über eine ReFinanzierung der beiden Darlehen i. H. v. 215.400 €. Mit Fax vom 27.10.2016 (Anlage B 2-5) stimmten die Kläger dem Finanzierungskonzept zu. Die im Zusammenhang mit dem „Persönlichen Angebot“ der Beklagten zu 2) vom 25.10.2016 (Anlage RL 1) vorgenommene „Auflistung des Immobilienvermögens“ der Kläger zählte drei Grundstücke auf: in M, P. und M., nicht jedoch die in M. . Die „Ermächtigung über das elektronische Abrufverfahren“ vom 03.11.2016, mit welcher die Kläger die Beklagte zu 2) zur entsprechenden Informationseinholung ermächtigten, erfasste im Übrigen lediglich das Grundstück in M. . Allerdings hatte der Kläger bei seiner Anfrage vom 13.09.2016 versehentlich als „Ursprünglicher Kaufpreis/Aktueller Verkehrswert“ einen Betrag i. H. v. 6,5 Mio. € angegeben. Für die Kläger drängte sich der Verdacht auf, dass die Beklagte zu 2) wohl auf Grundlage dieser ersten Eingabe und dem Ergebnis ihres Abrufes des Grundbuchauszuges und anscheinend weiterer erhaltener Informationen Kenntnis von dem Grundstück in M. erlangte und wohl angesichts des (angenommenen) Wertes von 6,5 Mio. € dieses für vorzugswürdig hielt. Das „Übergabeprotokoll“ der Beklagten zu 2) vom 27.10.2016 (Anlage RL 2) nennt unter „Eckdaten des Antrags“ als Objektadresse die … in M. mit dem Hinweis: „die Besicherung soll auf die … erfolgen“. Am 27.10.2016 erhielt die Beklagte zu 1) im Auftrag der Kläger von der Beklagten zu 2) das Übergabeprotokoll, in dem der Kreditwunsch der Kläger und dessen nähere Ausgestaltung dargestellt waren. Am 07.11.2016 übermittelte die Beklagte zu 1) den Klägern eine vorvertragliche Information mit Widerrufsinformation. Am 16.11.2016 unterzeichneten die Kläger in der Filiale der Beklagten zu 1) in F. einen Antrag (Anlage B 2) über ein Darlehen i. H. v. insgesamt 215.000 €, mit welchem die Darlehen der Kläger bei der W. B. AG und bei der Sparkasse P. abgelöst werden sollten. Der Darlehensantrag führte aus, die Besicherung erfolge „durch eine Grundschuld auf dem Objekt in M.“. Bei der Grundschuld in Höhe von 115.400,00 € handelte es sich um eine neu zu bestellende Grundschuld. Die bereits bestehende Grundschuld über 100.000,00 € sollte von der Sparkasse P. an die Beklagte zu 1) abgetreten werden. Der Beklagten zu 1) hatte der Kläger neben o. g. Korrespondenz mit der Beklagten zu 2) im Vorfeld Grundbuchauszüge zu den Grundstücken in M. und P. überlassen, aus welchen sich die jeweiligen Belastungen ersehen ließen. Auf jenen Antrag hin erfolgte die Darlehenszusage der Beklagten zu 1) vom 25.11.2016 (Anlagen RL 3, B 3). Diese enthielt u. a. die Formulare zur Bestellung der neuen Grundschuld und eine Sicherheitenzweckabrede (Anlage B 5). Die Kläger erhielten die Unterlagen, die sie am 16.11.2016 unterschrieben hatten, per E-Mail am 25.11.2016 zugeschickt. Die Kläger vereinbarten für den 08.12.2016 einen Notartermin zur Bestellung einer Grundschuld auf dem Grundstück in M. .
3
Am 22.12.2016 überwies die Beklagte zu 1) im Treuhandwege 100.000,00 € an die Sparkasse P. und 115.400,00 € an die W. AG aufgrund der von den Klägern erteilten Kreditablöseaufträge. Der Kredit bei der W. AG wurde abgelöst. Die Sparkasse P. weigerte sich jedoch, die bestehende Grundschuld in Höhe von 100.000,00 € an die Beklagte zu 1) abzutreten. Die Sparkasse P. teilte der Beklagten zu 1) am 23.12.2016 mit, dass die Grundschuld nicht freigegeben werden könne, weil das Beleihungsobjekt weitere - der Beklagten zu 1) unbekannte - Verbindlichkeiten bei der Sparkasse P. sichern würde. Die Sparkasse nahm die Ablösesumme in Höhe von 100.000,00 € nicht an. Die Kläger erklärten mit Schreiben vom 23.05.2017 den Widerruf der auf den Vertragsschluss gerichteten Erklärungen hinsichtlich eines Teilbetrages i. H. v. 100.000,00 €. Die Beklagte zu 1) beharrte auf dem Vertrag. Sie zog per Lastschrift bzw. im Rahmen der AGBPfandhaft folgende Beträge i. H. v. insgesamt 8.355,47 € ein:
- Februar 2017 bis September 2017: 8 x 250 € Bereitstellungszinsen
- Oktober 2017 bis Juni 2019: 19 x 250 € Bereitstellungszinsen
- Oktober 2017 bis Juni 2019: 1.481,68 € Nichtabnahmeentschädigung
- Oktober 2017 bis Juni 2019: 5,68 € Rücklast
sowie 118,11 € Verzugszins
4
Die Kläger richteten ab Juli 2019 einen Dauerauftrag i. H. v. monatlich 686,63 € für Zins und Tilgung ein (entspricht dem prozentualen Anteil für das Teildarlehen i. H. v. 115.400,00 € aus der ursprünglichen vertraglichen Gesamtmonatszahlung i. H. v. 1.281,63 €). Die Beklagte zu 1) dagegen besteht auf voller Ratenzahlung. Sie erklärte eine Teilkündigung über 100.000 €.
5
Die Kläger behaupten, die Besicherung des Grundstücks in M. sei nicht gewünscht gewesen; eine entsprechende Besicherung sei mit der Beklagten zu 2) auch nicht besprochen worden. Die Beklagte zu 2) habe der Beklagten zu 1) - für diese ohne Weiteres erkennbar - das falsche Sicherungsobjekt mitgeteilt, was den Klägern aufgrund der vielfachen Korrespondenz und des erheblichen Zeitdrucks nicht habe auffallen können. Die Kläger seien vielmehr - auch aufgrund der Erfahrung aus früheren Umfinanzierungen - davon ausgegangen, dass schlicht der Sicherungsnehmer ausgetauscht würde, nicht jedoch das zur Sicherheit dienende Objekt. Es sei vorab kommuniziert worden und ergebe sich aus dem Finanzierungskontext, dass die bisher der abzulösenden Finanzierung dienende Sicherheit - Grundschuld auf dem Grundstück in P. - übernommen werden sollte. Die Kläger behaupten, sie seien nicht über die an die Beklagte zu 2) fließenden Vergütungen informiert worden. Diese würden wohl über 15% der Darlehenssumme betragen. Die Kläger tragen weiter vor, die Beklagte zu 1) habe Zinsen i. H. v. 2.809,11 € eingezogen.
6
Die Kläger meinen, der erklärte Widerruf sei wirksam. Er sei insbesondere nicht verfristet, da es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung fehle. Durch die AGB-Regelung in Ziff. I.4 („Der Kunde kann gegen Forderungen der Bank nur aufrechnen, wenn seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind.“) werde die Ausübung des Widerrufsrechts unzulässig erschwert. Auch bestehe ein Widerrufsrecht, da es sich um einen Fernabsatzvertrag handle, bei dem die Kläger nicht hinreichend unterrichtet worden seien. Die Beklagte zu 1) hafte für die Pflichtverletzung der Beklagten zu 2) aus dem Beratungsvertrag. Die Pflichtverletzung liege in der fehlerhaften Übermittlung von Daten der Kläger.
7
Mit Schriftsatz vom 06.12.2019 haben die Kläger die Klage gegen die Beklagte zu 2) erweitert und ihre Klageanträge geändert. Mit Schriftsatz vom 10.06.2020 haben die Kläger die Klageanträge zu 1) und 2) erweitert. Klageänderungen haben die Kläger weiter in der mündlichen Verhandlung vom 17.06.2020 sowie mit Schriftsatz vom 05.08.2020 erklärt.
8
Die Kläger beantragen zuletzt,
I. Es wird festgestellt, dass die Kläger ihre auf Abschluss des bei der Beklagten zu 1.) unter dem Aktenzeichen … geführten Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen mit Schreiben vom 23.05.2017 i.H. eines Teilbetrages von € 100.000,- wirksam widerrufen haben und der Beklagten zu 1.) nach wirksamem Widerruf Ansprüche aus diesem TeilDarlehensvertrag nicht zustehen, insbesondere nicht die mit Schreiben vom 08.03.2019 geltend gemachten Zins- und Nichtabnahmeentschädigungsforderungen i.H.v. € 8.075,87 sowie Bereitstellungszinsen i.H.v. € 250, - monatlich nebst Verzugszinsen und dass klägerseits gezahlte Beträge dem Darlehenskonto gutzuschreiben sind und insbesondere nicht der AGB-Pfandhaft unterliegen.
II. Die Beklagte zu 1.) wird als Gesamtschuldnerin neben der Beklagten zu 2.) verurteilt, an die Kläger zu Unrecht eingezogene Beträge i.H.v. € 8.355,47 zu zahlen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner den Klägern sämtliche Schäden zu ersetzen hat, die aus oder im Zusammenhang mit der Vermittlung des bei der Beklagten zu 1.) unter dem Aktenzeichen … geführten Darlehensvertrages, der Fehlbesicherung und dem nicht anerkannten Widerruf entstehen.
IV. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 2.033,- nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
9
Die Beklagte zu 1) beantragt
Klageabweisung.
10
Die Beklagte zu 2) beantragt
Klageabweisung.
11
Die Beklagte zu 1) behauptet, sie habe im Rahmen des Unterzeichnungstermins in der Filiale in F. den Klägern eine Kundenausfertigung des Darlehensvertrags nebst ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung übergeben (Anlagen B 1, 2). Aus Sicht der Beklagten zu 1) habe es vor allem wegen der Einträge im Übergabeprotokoll keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Beklagte zu 2) gegenüber der Beklagten zu 1) falsche Angaben gemacht haben könnte. Pflichtverletzungen auf ihrer Seite lägen nicht vor, sie schulde schon keine (Kredit-) Beratung oder über die gegebenen Informationen hinausgehende Aufklärung. Jedenfalls trügen die Kläger ein Mitverschulden.
12
Die Beklagte zu 2) trägt vor, die Kläger hätten das Grundstück in M. als Sicherheit zugrunde gelegt. Im Oktober 2016 sei es nur noch um die Erhöhung der Darlehenssumme, nicht den Austausch oder die Bestellung einer anderen Sicherheit gegangen. Am 25.10.2016 habe der Kläger gegenüber der Mitarbeiterin der Beklagten zu 2) A. M. explizit mitgeteilt, es solle die gesamte Finanzierung über das Grundstück in M. abgebildet werden. Eine Übernahme der Sicherheit . in P. sei weder gewünscht gewesen noch eruiert worden.
13
Die Beklagte zu 2) meint hinsichtlich des Klageantrags zu 2), sie sei nicht Anspruchsgegnerin im Rahmen eines Rückabwicklungsverhältnisses nach Widerruf. Hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 3) sei der Antrag zu unbestimmt („Fehlbesicherung“), ein Feststellungsinteresse nicht erkennbar, im Übrigen sei die Leistungsklage vorrangig. Jedenfalls sei die Klage unschlüssig, wenn die Kläger nur die Vermutung haben, die Beklagte zu 2) könnte der Beklagten zu 1) das falsche Sicherungsobjekt übermittelt haben. Zudem sei die Vermutung unzutreffend, wenn sie sich daraus ableitet, dass die Beklagte zu 2) per E-Mail vom 31.10.2016 u. a. noch einen Grundbuchauszug des Objekts in M. für die Beklagte zu 1) verlangte: Vielmehr hätten bereits alle anderen benötigten Grundbuchauszüge bereits vorgelegen.
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Für die Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.06.2020 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15
Die Klage war abzuweisen, da sie zwar zulässig, aber unbegründet ist.
A.
16
Die Klage ist zulässig.
I.
17
Die Zuständigkeit des Landgerichts Landshut ergibt sich aus § 1 ZPO, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sowie jedenfalls aus § 39 Satz 1 ZPO.
II.
18
Hinsichtlich des Klageantrags zu 1) liegen die Voraussetzungen gem. § 256 Abs. 1 ZPO vor. Die Beklagte zu 1) erkennt den Teil-Widerruf der Kläger nicht an. Hinsichtlich des Feststellungsinteresses für den Klageantrag zu 3) haben die Kläger nach richterlichem Hinweis in der mündlichen Verhandlung mit nachgelassenem Schriftsatz vom 05.08.2020 ausgeführt, welche Schäden gemeint sind. Dies führte aber zum einen dazu, dass die Kläger diese Schäden beziffert und den Klageantrag zu 1) nach Schluss der mündlichen Verhandlung erweitert haben. Zum anderen verweisen die Kläger auf einen Zinsschaden sowie zu erwartende Notarkosten. Insofern ist die Klage zulässig.
B.
19
Die Klage ist aber unbegründet.
20
1. Der Klageantrag zu 1) ist unbegründet, weil die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen nicht wirksam widerrufen haben. Die Widerrufsfrist war zum Zeitpunkt der Erklärung am 23.05.2017 abgelaufen.
21
1. Die Frage, ob der erklärte Teil-Widerruf als solcher überhaupt zulässig ist (verneinend mit tiefgreifender Argumentation: Kotowski, VuR 2016, 291; bejahend: MüKo/Fritsche, § 355 BGB Rn. 31), bedarf daher keine Entscheidung.
22
2. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage und beginnt mit Vertragsschluss, § 355 Abs. 2 BGB bzw. mit Zurverfügungstellung der Unterlagen gemäß § 356b Abs. 1 BGB.
23
Die Kläger haben zunächst im Rahmen der Klageschrift behauptet, sie hätten „bis heute keine Abschrift“ der Vertragsunterlagen erhalten. Die Beklagte hat dies bestritten. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin S.. Auf diese Beweisaufnahme kommt es aber letztlich nicht mehr an. Unmittelbar nach der Beweisaufnahme erklärten die Kläger, sie hätten „die Unterlagen, die [sie] in der F.er Filiale an 16 11. 2016 unterschrieben habe[n], schon zugeschickt bekommen“ und zwar per E-Mail vom 25.11.2016. Hier unterschrieben haben die Kläger den Antrag auf Abschluss des Darlehensvertrags gemäß Anlage B 2. Mit Schriftsatz vom 05.08.2020 bestreiten die Kläger wiederum, eine Ausfertigung des Darlehensantrags erhalten zu haben. Dieses Bestreiten ist unbeachtlich. Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung eindeutig zum Ausdruck gebracht, die Unterlagen, die sie in der F.er Filiale unterschrieben haben, zugeschickt bekommen zu haben. Der Kläger zu 1) schränkte zwar ein, dass er nicht sagen könne, ob diese Unterlagen vollständig seien. Auch damit ließ er aber keinen Zweifel daran, dass er jedenfalls Unterlagen erhalten habe. Das neuerliche Bestreiten ist nicht nur unter dem Eindruck der Aussage der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar, es erfolgte auch nach Schluss der mündlichen Verhandlung. Zu diesem Aspekt wurde den Klägern kein Schriftsatzrecht nachgelassen. Damit war dieser Frage nicht weiter nachzugehen. Letztlich kann dahinstehen, ob die Übergabe der Unterlagen am 16.11.2016 oder am 25.11.2016 erfolgte. In jedem Fall war die 14-tägige Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs am 23.05.2017 abgelaufen.
24
b. Entgegen der Auffassung der Kläger enthält der Vertrag auch die Pflichtangaben gemäß §§ 356b Abs. 2 Satz 2, 492 Abs. 2 BGB i.V. m. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB. Die Beklagte zu 1) verwendet das gesetzliche Muster gemäß Anlage 8 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB. Die von den Klägern als unzulässig monierte Aufrechnungsbeschränkung in Ziffer I.4 der AGB berührt jedenfalls nicht die Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsinformation, vgl. BGH NJW 2020, 461, 466.
II.
25
Entgegen den Mahnungen vom 24.09.2019 bzw. 08.10.2019 ergibt sich aus dem Darlehenskontoauszug vom 11.02.2020 für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.12.2019 durchaus, dass die Beklagte zu 1) (anders als die Kläger meinen) die klägerseits geleisteten Zahlungen i. H. v. monatlich 686,63 € dem Darlehenskonto gutgeschrieben hat.
III.
26
Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung in Höhe von 8.355,47 €.
27
1. Ein solcher Anspruch steht den Klägern gegen die Beklagte zu 1) nicht zu. Die eingezogenen Beträge stehen der Beklagten zu 1) aus dem Darlehensvertrag zu. Die Kläger haben ihre darauf gerichtete Willenserklärung nicht wirksam widerrufen (siehe oben).
28
b. Die Kläger können einen solchen Zahlungsanspruch auch nicht im Rahmen des Schadensersatzes geltend machen. Die Kläger tragen schon nicht substantiiert zu einer vertraglichen Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) vor. Sie behaupten lediglich, es sei für die Beklagte zu 1) erkennbar gewesen, dass das von der Beklagten zu 2) mitgeteilte Sicherungsobjekt nicht das von den Klägern gewünschte sei. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass weder vorgetragen noch erkennbar ist, woraus sich Anhaltspunkte für die Beklagte zu 1) hätten ergeben sollen, dass das im Übergabeprotokoll der Beklagten zu 2) vom 27.10.2016 (Anlage RL 2) mitgeteilte Sicherungsobjekt in M. nicht das von den Klägern gewünschte sei. Auch haben die Kläger (worauf das Gericht in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat) für ihren von der Beklagtenseite bestrittenen Vortrag kein Beweismittel benannt, insbesondere nicht für den mit Schriftsatz vom 05.08.2020 behaupteten Inhalt einer E-Mail der Kläger vom 18.11.2016. Auch der weitere Vortrag der Kläger im Schriftsatz vom 05.08.2020 vermag ihren Vorwurf nicht zu substantiieren. Er bezieht sich im Wesentlichen auf das Verhältnis zur Beklagten zu 2). Nur einmal (Schriftsatz vom 05.08.2020, Seite 5) wird „auch die Beklagte zu 1.)“ in die Argumentation einbezogen, ohne dass die Kläger hinsichtlich der Beklagten zu 1) Anknüpfungstatsachen beschreiben würden, die den klägerischen Vorwurf substantiieren könnten. Unabhängig davon besteht auch keine vertragliche Pflicht der Beklagten zu 1), die Ernsthaftigkeit der Angaben zum Sicherungsobjekt in einem Übergabeprotokoll des Darlehensvermittlers zu hinterfragen.
29
c. Eine Haftung der Beklagten zu 1) ergibt sich nicht aus § 831 BGB. Das Gericht hat bereits mit Verfügung vom 07.03.2020 darauf hingewiesen, dass die Kläger zu den Voraussetzungen dieser Norm nicht schlüssig vortragen. Die Vorschrift setzt das Verhalten eines Verrichtungsgehilfen voraus. Die Beklagte zu 2) ist aber nicht Verrichtungsgehilfin der Beklagten zu 1), da dies ein Abhängigkeitsverhältnis voraussetzt, zu dem die Kläger nichts vorgetragen haben. Die nach außen erkennbare Stellung als „Zuführer“ bzw. Darlehensvermittler sagt über das interne Verhältnis zwischen den Beklagten nichts aus.
30
2. Auch gegen die Beklagte zu 2) stehen den Klägern keine Ansprüche zu.
31
a. Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB scheidet aus. Die Kläger behaupten insofern, die Beklagte zu 2) habe ihre vertraglichen Pflichten verletzt. Im Rahmen des Darlehensvermittlungsvertrags habe sie ein Sicherungsobjekt aufgenommen, das von den Klägern nicht gewünscht gewesen sei. Dieser Vortrag war zunächst substantiiert. Auch nach der persönlichen Anhörung der Kläger in der mündlichen Verhandlung ist der Vortrag unschlüssig. Für den Vorwurf der vertraglichen Pflichtverletzung liefert der Vortrag der Kläger keine tatsächlichen Anhaltspunkte. Die Kläger behaupten, es sei klar kommuniziert worden, dass das Grundstück in M. nicht das gewünschte Sicherungsobjekt sei. Diese Behauptung ist aber durch die in Bezug genommenen Unterlagen nicht belegt. Wie sich auch aus dem Vortrag der Beklagten ergibt, war dieses Grundstück durchaus Gegenstand der Vertragsverhandlungen.
32
Ein etwaiger entgegenstehender Wille der Kläger ist nicht hinreichend zu Tage getreten. Die Kläger führen lediglich aus, es sei als Sicherungsobjekt überhaupt nur das Grundstück in P. in Betracht gekommen, weil das abzulösende Darlehen durch eine Grundschuld auf diesem Grundstück abgesichert war. Dies trifft aber nicht zu. Die Kläger konnten nicht ohne Weiteres darauf vertrauen, dass das Darlehen abgelöst würde ohne weitere Sicherheiten in Betracht zu ziehen. Dies gilt schon deshalb, weil mit der Beklagten zu 1) ein bislang nicht beteiligter Darlehensgeber hinzugezogen wurde. Das Gericht vermag insofern auch nicht der Argumentation der Kläger zu folgen, „aus Verbrauchersicht“ bildeten Darlehensvertrag und Sicherheit eine Einheit.
33
Überhaupt ist die Argumentation der Kläger schon deshalb nicht verständlich, weil das Darlehen der Sparkasse P., abgesichert über eine Grundschuld auf dem Grundstück in P., erst nachträglich von den Klägern in die Verhandlungen mit der Beklagten zu 2) eingebracht wurde. Zuvor haben die Parteien lediglich wegen der Ablösung eines Darlehens der W. B. AG verhandelt. Es erschließt sich nicht, wie die Kläger meinen können, wegen des erst später thematisierten Darlehens bei der Sparkasse sei nur das Grundstück in P. als Sicherungsobjekt in Betracht gekommen.
34
Vielmehr war das Grundstück in M. im Übergabeprotokoll der Beklagten zu 2) vom 27.10.2016 geführt mit dem Vermerk „die Besicherung soll auf die …straße erfolgen“. Auch den Darlehensantrag unterzeichneten die Kläger, ohne die darin vorgesehene Bestellung einer Grundschuld auf dem Grundstück in M. zu beanstanden. Die Kläger führen dies zwar darauf zurück, dass der Antrag mit ihnen nicht besprochen worden wäre. Darauf kommt es aber nicht an. Das Grundstück in M. war schon zuvor Gegenstand der Vertragsverhandlungen.
35
Der Vortrag der Kläger, es sei allein die Übernahme der Grundschuld auf dem Grundstück in P. und keine Bestellung einer Grundschuld auf dem Grundstück in M. gewünscht gewesen, ist danach nicht nur unsubstantiiert, sondern auch nicht nachvollziehbar. Schließlich unterzeichneten die Kläger am 08.12.2016 eine notarielle Urkunde über die Bestellung einer Grundschuld auf dem Grundstück in M. . Die dagegen gerichtete Einwände der Kläger im Schriftsatz vom 05.08.2020 erschließen sich nicht.
36
Im Rahmen einer persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zu 1) letztlich auch eingestanden, die Besicherung des Grundstücks in M. akzeptiert zu haben: „Ich habe es immer so verstanden, dass die Grundschuld auf der .straße letztlich nur nachrangig in 22 O 1897/19 - Seite 10 - Anspruch genommen werden sollte, also quasi nur eine Sicherheit für die Sicherheit darstellt“.
37
Das Verständnis von der Nachrangigkeit ändert nichts an der rechtlichen Beurteilung.
38
b. Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht aus § 826 BGB. Bereits mit Verfügung vom 07.03.2020 hat das Gericht darauf hingewiesen, dass der klägerische Vortrag unsubstantiiert ist. § 826 BGB setzt eine sittenwidrige Schadenszufügung mit Schädigungsvorsatz voraus. Zum Sittenwidrigkeitsmoment haben die Kläger nicht schlüssig vorgetragen. Zum Schädigungsvorsatz führen die Kläger aus, die Beklagte zu 2) habe „zumindest eine Schädigung der Kläger billigend in Kauf genommen“. Diese pauschale Behauptung ohne tatsächliche Anknüpfungspunkte genügt nicht. Dies gilt insbesondere deshalb, weil sich der Vorsatz auch auf den Schaden erstrecken muss und selbst eine nur allgemeine Vorstellung über eine mögliche Schädigung nicht genügt.
IV.
39
Mangels Anspruchsgrundlage ist auch der Feststellungsantrag zu 3) unbegründet.
V.
40
Mangels Erfolgs in der Hauptsache haben die Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen.
C.
41
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Über die vorläufige Vollstreckbarkeit war gemäß § 709 Satz 1, 2 ZPO zu entscheiden. Der Streitwert wurde gemäß § 48 GKG, § 3 ZPO festgesetzt.