Inhalt

LG Ingolstadt, Endurteil v. 25.11.2020 – 41 O 1482/19
Titel:

Schadensersatz gegen die Herstellerin des Motors für vom Diesel-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug (hier: Audi Q5)

Normenketten:
BGB § 31, § 195, § 199, § 249 Abs. 1, § 826
ZPO § 287
Leitsätze:
1. Zur VW-Abgasskandal-Thematik vgl. grundlegend BGH BeckRS 2020, 10555; vgl. auch BGH BeckRS 2022, 16585; BeckRS 2022, 20173; BeckRS 2022, 34549; BeckRS 2022, 34834; BeckRS 2023, 1067 sowie die Aufzählung ähnlich gelagerter VW-Diesel-Fälle bei BGH BeckRS 2022, 13979 (dort Ls. 1); OLG Koblenz BeckRS 2020, 22694 (dort Ls. 1) und OLG Naumburg BeckRS 2020, 28579 (dort Ls. 1). (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Berechnung des Nutzungsersatzes kann auch nach einem Stufenmodell erfolgen, bei dem die Kilometerlaufleistung in drei Stufen unterteilt wird (Wert der Nutzung bis einschließlich Kilometer 50.000 mit dem Faktor 3 (Stufe 1), von Kilometer 50.001 bis einschließlich Kilometer 200.000 mit dem Faktor 2 (Stufe 2) und von Kilometer 200.001 bis einschließlich Kilometer 300.000 mit dem Faktor 1 (Stufe 3)). (Rn. 47 – 48) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es ist nicht als grob fahrlässig anzusehen, wenn ein betroffener Fahrzeughalter bis in das Jahr 2017 hinein zwar allgemein auf das Thema Abgasskandal aufmerksam geworden war, jedoch nicht von sich aus weiter forschte, ob hiervon auch sein Fahrzeug betroffen war bzw. dass eine diesbezügliche Abfragemöglichkeit auf der Website der Herstellerin bestand. (Rn. 72) (redaktioneller Leitsatz)
4. Zu typischen Detailfragen aus VW-Dieselfällen hier: Gesamtlaufleistung 300.000 km (im Stufenmodell); Prozesszinsen; keine Deliktszinsen; kein Annahmeverzug; 1,3 Geschäftsgebühr als vorgerichtliche Anwaltskosten. (Rn. 41, 61, 62, 74 und 78) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, EA 189, unzulässige Abschalteinrichtung, sittenwidrig, (keine) Verjährung, (keine) grobfahrlässige Unkenntnis, Gesamtlaufleistung, Stufenmodell, Geschäftsgebühr, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Endurteil vom 13.07.2022 – 15 U 7334/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 61084

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerpartei 18.954,17 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.07.2019 zu bezahlen Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ….
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.100,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.07.2019 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerpartei 35%, die Beklagte 65%.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um Ansprüche nach einem Pkw-Kauf im Zusammenhang mit dem sogenannten „Abgasskandal“.
2
Die Klagepartei erwarb am 23.05.2015 von dem Autohaus A. m. D. das Gebrauchtfahrzeug Audi Q5 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer FIN … zu einem Kaufpreis in Höhe von 25.000,00 € brutto. Das Fahrzeug wurde bar bezahlt. Zum Zeitpunkt des Kaufs betrug die Laufleistung 79.142 km.
3
Im Fahrzeug war der Motor EA 189 verbaut. Der Motortyp war Gegenstand eines Rückrufs des Kraftfahrtbundesamtes, da der Motor über eine Abschalteinrichtung verfügte, durch die softwaretechnisch im Prüfstand eine im Vergleich zum normalen Fahrbetrieb erhöhte Rückführung von Abgasen vorgenommen wurde. Das vom KBA angeordnete Softwareupdate wurde am 14.12.2017 aufgespielt. Am Tag der mündlichen Verhandlung betrug der Kilometerstand 126.507 km.
4
Der Kläger hat nicht an der Musterfeststellungsklage gegen die V. AG teilgenommen.
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Die Klagepartei trägt im Wesentlichen vor:
6
Die Beklagte habe in der Motorsteuerung des Motors EA 189 eine illegale Abschalteinrichtung verwendet, um die geltenden Abgasnormen zu umgehen. Das Fahrzeug sei daher durch die Beklagte werksseitig manipuliert gewesen hinsichtlich der Schadstoffwerte. Die Klagepartei stützt ihre Ansprüche gegen die Beklagte u.a. auf verschiedene deliktische Anspruchsgrundlagen, mitunter auch auf §§ 823 II BGB, 27 EG-FGV und auf § 826 BGB.
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Weiter bringt die Klagepartei vor, dass durch das Softwareupdate neue Abschalteinrichtungen implementiert worden seien.
8
Mit der Klageschrift hatte die Klagepartei noch keine Nutzungsentschädigung konkret beziffert.
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Diese wurde erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung konkret angegeben.
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Die Klagepartei beantragt zuletzt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerpartei 25.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.06.2019 abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 5.361,48 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges mit der Fahrgestellnummer … zu zahlen
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 20.06.2019 mit der Rücknahme des im Klageantrag Ziffer 1 bezeichneten Gegenstandes in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.899,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.06.2019 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, es liege keine deliktische Handlung der Beklagten vor. Die Klagepartei habe eine Täuschung der Beklagten oder eine andere gegenüber der Klagepartei als besonders verwerflich anzusehende Handlung nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte den Motor, welcher in dem streitgegenständlichen Fahrzeug von ihr verbaut wurde, nicht produziert. Auch die subjektiven Voraussetzungen eines Betrugs lägen nicht vor, ebenso wenig eine Stoffgleichheit. Die im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Software habe nicht die Fahrbereitschaft eingeschränkt oder die erforderlichen Genehmigungen beeinträchtigt Die Beklagte ist ferner der Ansicht, dass im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen Schutzgesetze vorliege. Für das Fahrzeug liege eine wirksame EG-Typengenehmigung vor. Die Tatsache, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einer Software ausgestattet gewesen sei, welche den Stickoxidausstoß im Prüfstand beeinflusste, habe an Bestand und Wirksamkeit der Genehmigung nichts geändert. Das Fahrzeug sei für den Straßenverkehr zugelassen worden und habe jederzeit uneingeschränkt genutzt werden können. Die Beklagte bestreitet die Kausalität zwischen einer etwaigen Täuschung/Schädigungshandlung und dem konkreten Vertragsabschluss. Die Emissionswerte hätten für die Kaufentscheidung der Klagepartei keine Rolle gespielt.
13
Im Übrigen seien Ansprüche der Klagepartei bereits verjährt.
14
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.11.2020 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert; der Kläger wurde informatorisch angehört. Hinsichtlich der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Sitzungsprotokoll vollumfänglich Bezug genommen.
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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt der dazu vorgelegten Unterlagen vollumfänglich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
17
Die Klagepartei hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 18.954,17 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs aus § 826 BGB. Weiter besteht ein Anspruch der Klagepartei gegen die Beklagte auf Zahlung von Verzugsszinsen auf die Hauptforderung seit Rechtshängigkeit sowie auf vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe. Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.
I.
18
Die Klagepartei hat einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises abzüglich einer angemessenen Nutzungsentschädigung aus §§ 826, 31 BGB. Die Beklagte hat der Klägerpartei in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt.
19
1. Das Inverkehrbringen eines Motors mit der streitgegenständlichen Umschaltlogik stellt eine konkludente Täuschung der Klagepartei durch die Beklagte dar (vgl. auch OLG München 18 U 3363/19 m.w.N.). Mit dem Inverkehrbringen des Motors hat die Beklagte jedenfalls konkludent zum Ausdruck gebracht, dass ein damit ausgerüstetes Fahrzeug entsprechend seinem objektiven Verwendungszweck im Straßenverkehr eingesetzt werden darf. Obwohl die Hersteller teilweise bereits das Vorliegen eines Mangels bestreiten und die Abschaltvorrichtungen teilweise als „Motorenschutzmaßnahmen“ etc. beschönigen, ist an der Unzulässigkeit der installierten Einrichtungen spätestens seit dem am 15.10.2015 vom KBA gegenüber der VW AG angeordneten Rückrufaktion (abzurufen unter https://www.kba.de/DE/Presse/Archiv/VW/vw_inhalt.html?nn=1633522) der betroffenen Fahrzeuge mit EA 189-Motoren nicht mehr an der Unzulässigkeit der verbauten Einrichtungen zu zweifeln. Aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung waren entgegen dem konkludenten Erklärungswert des Inverkehrbringens gerade nicht die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung der EG-Typengenehmigung gegeben, so dass die Gefahr einer Betriebsuntersagung des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde bestand.
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2. Das Verhalten der Beklagten verstieß auch gegen die guten Sitten.
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Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Es muss eine besondere Verwerflichkeit vorliegen, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. BGH VI ZR 124/12 Rn. 8 m.w.N.).
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Vor diesem Hintergrund ist von einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten auszugehen. Die Täuschung durch die Beklagte diente – andere Motive sind weder von der Beklagten dargelegt noch sonst ersichtlich – dem Zweck, zur Kostensenkung (und möglicherweise zur Umgehung technischer Probleme) rechtlich und technisch einwandfreie, aber teurere Lösungen der Abgasreinigung zu vermeiden und mit Hilfe der scheinbar umweltfreundlichen Prüfstandwerte Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Schon dieses Gewinnstreben um den Preis der bewussten Täuschung und Benachteiligung von Kunden gibt dem Handeln der Beklagten das Gepräge der Sittenwidrigkeit (siehe zum Ganzen statt vieler LG Hildesheim, Urt. v. 17.01.2017, Az. 3 O 139/16, VuR 2017, 111). Dabei ergibt sich hier die besondere Verwerflichkeit bereits aus dem Ausmaß der Täuschung, nämlich dem Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motortyp, der in einer außergewöhnlich hohen Zahl von Fahrzeugen verschiedener Marken des Konzerns verbaut wurde, so dass sich eine entsprechend hohe Zahl getäuschter Verkäufer ergibt (vgl. OLG München 18 U 3363/19). Aber auch die Art und Weise der Täuschung sowie die aus der Täuschung folgenden Konsequenzen geben der Täuschung durch die Beklagte das erforderliche sittenwidrige Gepräge: Durch die Täuschung der Typengenehmigungsbehörde hat sich die Beklagte das Vertrauen der Käufer in den ordnungsgemäßen Ablauf des öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahrens und damit auch in die Objektivität der staatlichen Behörde zunutze gemacht. Den Käufern droht zudem ein erheblicher Schaden in Form der Stillleguung ihres erworbenen Fahrzeugs. Das von der Beklagten angebotene Softwareupdate kann hieran nichts ändern, da es für die Schädigungshandlung und den Vorsatz auf den Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses ankommt.
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3. Der Klagepartei ist nach Überzeugung der Kammer durch die Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit ein kausaler Schaden entstanden.
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Dabei kommt es nicht darauf an, ob der streitgegenständliche Pkw durch die in dem Motor verbaute Umschaltlogik einen geringeren Marktwert hatte oder seine Nutzbarkeit eingeschränkt war. Entscheidend ist allein, dass der Geschädigte durch das deliktische Verhalten der Beklagten zum Abschluss eines Vertrages gebracht wurde, den er sonst nicht abgeschlossen hätte, und dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar war (vgl. BGH VI ZR 15/14, BGH NJW 2004, 2668).
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist auch bei objektiver Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung eine Verpflichtung zum Schadensersatz in Form der Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB gegeben, wenn ein getäuschter Vertragspartner den Vertrag ohne das haftungsauslösende Verhalten, also die Ausstellung der unrichtigen Bescheinigung, nicht eingegangen wäre (BGH NJW 1998, 302; BGH NJW-RR 2005, 611; BGH NJW 2005, 1579; BGH NJW 2010, 2506; VersR 2012, 1237). Voraussetzung ist lediglich, dass der Geschädigte die erfolgte Vertragsbindung nicht willkürlich als Schaden ansieht, sondern dass sie sich auch nach der Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als unvernünftig erweist (BGH NJW 1998, 302; BGH NJW 2005, 1579). Hierfür genügt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs, dass die Leistung des anderen Vertragspartners, obwohl objektiv werthaltig, für die Zwecke des geschädigten Kontrahenten nicht vollumfänglich brauchbar ist (BGH NJW-RR 2005, 611; BGH NJW 2005, 1579; VersR 2012, 1237; NJW-RR 2014, 277). Der Schaden besteht dann allein in dem durch das haftungsauslösende Verhalten bewirkten Eingriff in das Recht, über die Verwendung des eigenen Vermögens selbst zu bestimmen (BGH NJW 2010, 2506) und in der Entstehung einer ungewollten Verpflichtung aus diesem Vertragsverhältnis (BGH NJW-RR 2005, 611).
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Wendet man diese Grundsätze auf den hier vorliegenden Fall an, kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass ein Fahrzeugerwerber, wie die Klagepartei hier, infolge des dem Hersteller zur Last fallenden Fehlverhaltens eine zweckwidrige Vertragsbindung eingegangen ist, die zur Rückabwicklung des Kaufvertrags führt. Hätte der Hersteller keine unrichtige Übereinstimmungsbescheinigung erteilt und stattdessen offengelegt, dass die in Verkehr gebrachten Fahrzeuge gerade keinem genehmigten Typ entsprechen, hätte deren Erwerber davon abgesehen, diese Fahrzeuge zu kaufen. Dabei spielt es keine Rolle, welches konkrete Motiv für den einzelnen Erwerber bestimmend gewesen wäre. Ein Teil der Käufer mag besonderen Wert darauf gelegt haben, im Interesse des Umweltschutzes ein Fahrzeug zu nutzen, das die geltenden Grenzwerte für Abgasemissionen einhält, ein anderer Teil nicht. Aber nach Ansicht der Kammer waren zumindest alle Erwerber interessiert daran, ein Fahrzeug zu erwerben, dessen Produktion und Inverkehrgabe keinen rechtlichen Bedenken unterlag. Jedenfalls lässt sich nach Überzeugung der Kammer keinem der Erwerber unterstellen, ihm wäre gleichgültig gewesen, ob das Fahrzeug ordnungsgemäß produziert und in den Verkehr gebracht worden ist oder nicht. Die Investition in ein neues Fahrzeug war deshalb aus Sicht der Erwerber jedenfalls zweckwidrig, selbst wenn man unterstellt, dass das haftungsbegründende Verhalten zu keinerlei in Geld zu bemessender Einbuße bei den Fahrzeugerwerbern geführt hat.
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Darüber hinaus hat der Kläger im Rahmen der informatorischen Anhörung glaubhaft angegeben, dass er das Fahrzeug in Kenntnis der Abgasproblematik nicht gekauft hätte, da er kein Fahrzeug gekauft hätte, das der Norm nicht entspricht. Ferner begründete er dies auch damit, dass ihm daran gelegen sei, dass die Generation nach ihm auch noch eine saubere Umwelt genießen können soll.
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4. Die Beklagte handelte dabei auch mit Schädigungsvorsatz und Kenntnis aller Tatumstände, die das Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen. Die Beklagte beruft sich zwar insoweit darauf, dass sie den Motor mit der Aggregatsbezeichnung EA189 nicht entwickelt habe. Das Gericht ist jedoch der Überzeugung, dass die Beklagte in Kenntnis der Tatsache, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Typenzulassung wegen des Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 2 der EU-Verordnung 715/2007/EG gemäß Art. 10 Abs. 2 der EU-Verordnung 715/2007/EG nicht vorliegen, vorsätzlich eine falsche Übereinstimmungsbescheinigung im Sinne des § 6 Abs. 1 EG-FGV für das Fahrzeug ausgestellt hat. Es erscheint in höchstem Maße unrealistisch, dass die Beklagte einen Motor ihres Mutterkonzerns unbesehen in ihre Fahrzeuge verbaut hat. Vielmehr stellt nach Ansicht der Kammer das Zurückziehen auf die rein formale Tatsache, dass es sich bei dem Motor um eine Entwicklung der VW AG handelte, eine Schutzbehauptung dar, die im Rahmen der insoweit bestehenden sekundären Darlegungslast ausführlich hätte dargelegt werden müssen.
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Zwar hat die Beklagte zwischenzeitlich näher zu internen Abläufen im Rahmen der Produktion von Fahrzeugen vorgetragen. Der Vortrag der Beklagten erscheint jedoch im Rahmen der ihr insoweit obliegenden sekundären Darlegungslast nicht als ausreichend. Der Vortrag beschränkt sich auf die Darlegung der grundsätzlichen Produktionsabläufe, ohne dass die Beklagte konkret dazu vorträgt, wer Kenntnis von der Umschaltlogik hatte. Denn insoweit ist bemerkenswert, dass sich die Beklagte im Rahmen ihres Vortrages gerade nicht darauf beruft, dass keiner ihrer Mitarbeiter Kenntnis von der sog. Umschaltlogik gehabt hätte. Sie zieht sich lediglich darauf zurück, dass es keine Mitarbeiter waren, deren Handlungen ihr gemäß § 31 BGB zuzurechnen wären.
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Das Gericht übersieht nicht, dass es nicht allein auf die Kenntnis der Umschaltlogik von Mitarbeitern ankommt. Wenn sich die Beklagte aber lediglich darauf beschränkt pauschal vorzutragen, dass die maßgeblichen Entscheidungsträger keine Kenntnis gehabt hätten und es gerade nicht der Entscheidung des Gerichts überlässt, wer als maßgeblicher Entscheidungsträger im Sinne von § 31 BGB eingestuft wird, so genügt die Beklagte mit ihrem Vortrag nicht der sekundären Darlegungslast.
31
Darüber hinaus hat die Beklagte die Übereinstimmungsbescheinigung ausgestellt. Daraus ergibt sich nicht nur die Pflicht der Beklagten zur Überprüfung der verbauten Teile, sondern auch ein diesbezüglicher Anscheinsbeweis der Kenntnis von der Manipulationssoftware, welchen die Beklagte nicht entkräften konnte. Auch die bestehenden Überkreuzregelungen innerhalb der Vorstände der A2. AG und der VW AG schließen eine Unkenntnis der Beklagten von der verbauten Software nach Ansicht des Gerichts aus. Dies zumal zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs die Beklagte auch selbst Motoren entwickelt hat und ihr aus ihrer eigenen Entwicklungstätigkeit durchaus bewusst war, wie schwer es war, die gesetzlichen Bestimmungen zu den Abgaswerten einzuhalten.
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Die damit einhergehenden Täuschungshandlungen sind nach Überzeugung der Kammer auch nur vorsätzlich denkbar, weil die Beklagte als etablierte Fahrzeugherstellerin die Kenntnis der Programmierung ihrer eigenen Fahrzeuge sowie der für sie einschlägigen Rechtsnormen unterstellt werden kann. Jedenfalls liegt insofern aufgrund der substanziierten Darlegung der Klagepartei eine sekundäre Darlegungslast bei der Beklagten, welcher die Beklagte nicht genügt hat.
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Eine Zurechnung der jeweiligen Handlungen auch verschiedener Mitarbeiter an die Beklagte erfolgt über § 31 BGB. Dieser setzt voraus, dass ein „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat. Der Begriff des „verfassungsmäßig berufenen Vertreters“ ist dabei weit auszulegen. Dies sind auch Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren. Es kommt nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des „Vertreters“ in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist, oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt, da die juristische Person nicht selbst darüber entscheiden soll (durch die eigene Satzung), für welche Personen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will (sog. Repräsentantenhaftung, vgl. BGH VI ZR 536/15, BGH VII ZR 82/65). Der personelle Anwendungsbereich von § 31 BGB deckt sich im Wesentlichen mit dem Begriff des leitenden Angestellten im Sinne des Arbeitsrechts (vgl. Palandt-Ellenberger BGB § 31 Rn 6).
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Es bedarf dabei nach der Überzeugung der Kammer keiner konkreten Feststellung, welcher Repräsentant der Beklagten vorsätzlich handelte. Dies festzustellen ist der Klagepartei, die keine konkreten Einblicke in die betriebsinterne Aufgabenverteilung der Beklagten für den vorliegenden Fall hat, nicht dezidiert möglich. Sie hat jedoch – im Rahmen ihrer Möglichkeiten – substantiiert vorgetragen, so dass es der Beklagten im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast oblegen hätte, den Vortrag zu entkräften oder die Repräsentanten zu benennen.
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Beides ist nicht erfolgt.
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Die Beklagte kann sich aufgrund dessen nicht mit Erfolg auf die Behauptung zurückziehen, sie habe den streitgegenständlichen Motor und die Motorensteuerungssoftware nicht entwickelt. Zum einen war zum Zeitpunkt des Einbaus des Motors das Spannungsverhältnis zwischen dem Ziel möglichst geringer Kohlendioxidemission und der Begrenzung der Stickoxidemissionen allgemein bekannt und hätte Anlass zu einer sehr genauen Prüfung geben müssen, als aus Sicht der für die Entwicklung des Motors und der für die Motorenentwicklung zuständigen VW AG die Auflösung dieses Zielkonflikts angeblich gelungen war. Zum anderen nahm zum damaligen Zeitpunkt der europäische Gesetzgeber den Erlass eines Verbots von verbotenen Abschalteinrichtungen in Artikel 5 Abs. 2 der Verordnung 715/2007/EG vor und wies daher auf dieses Problem in besonderer Weise hin. Die Repräsentanten mussten wegen dieser Warnwirkung also ohne Weiteres mit der Möglichkeit rechnen, dass eine solche Einrichtung verwendet würde. Dadurch, dass sie trotz der durch die Verordnung offenkundig gemachten Möglichkeit, dass eine solche Einrichtung verwendet werden könnte, nicht eingegriffen bzw. genau nachkontrolliert haben und dennoch die Übereinstimmungsbescheinigung ausstellten bzw. deren Ausstellung nicht verhinderten, ist auch ihnen zumindest bedingter Vorsatz durch Unterlassen zur Last zu legen.
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5. Die Klagepartei hat daher gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs unter Anrechnung von Gebrauchsvorteilen im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB.
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6. Im Rahmen der Rückabwicklung muss sich die Klagepartei den Abzug von Gebrauchsvorteilen in Form einer Nutzungsentschädigung gefallen lassen, welche sie auch bereits selbst in ihrem zuletzt gestellten Klageantrag berücksichtigte. Allerdings hat sie den Nutzungsersatz im Termin nicht korrekt berechnet.
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Der Bundesgerichtshof hebt im Rahmen der Schadensberechnung die Grundsätze der Vorteilsausgleichung und das schadensrechtliche Bereicherungsverbot hervor und stellt klar, dass der Ersatzanspruch in die Nähe eines dem deutschen Recht fremden Strafschadensersatzes gerückt würde, wenn ein Nutzungsersatz nicht berücksichtigt würde (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, Rn. 64 ff.).
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Die Nutzungsentschädigung, die die Klagepartei an die Beklagte im Wege der Zug-um-Zug-Rückabwicklung zu entrichten hat, ist nach Überzeugung des Gerichts im vorliegenden Fall auf 6.045,83 € festzusetzen.
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Der Kilometerstand des Fahrzeugs betrug zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung unstreitig 126.507 km. Das Gericht geht weiter im Rahmen einer Schätzung gemäß § 287 ZPO von einer Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Höhe von 300.000 km aus.
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Das Gericht folgt den überzeugenden Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Vorteilsausgleichung (siehe oben), ist aber der Auffassung, dass diese Grundsätze nicht nur bei der Frage eine Rolle spielen, ob sich die Klagepartei gezogene Nutzungen anrechnen lassen muss, sondern auch bei der Frage, wie der Wert der gezogenen Nutzungen im Rahmen von § 287 ZPO zu berechnen ist. Für die Berechnung ist – soweit ersichtlich – die folgende Methode üblich, die bisher auch das Gericht praktiziert hat und deren Anwendung der Bundesgerichtshof nicht beanstandet hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, Rn. 78 ff.):
43
Der von der Klagepartei gezahlte Bruttokaufpreis für das Fahrzeug wird durch die voraussichtliche Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt geteilt und dieser Wert wird mit den gefahrenen Kilometern multipliziert.
Nutzungsersatz in € =
44
Das Gericht wendet diese Methode aber nicht an, da sie den Nutzungsersatz linear berechnet, eine solche Bewertung aber – allgemein bekannt – nicht den realen Wert der Nutzung eines Pkws abbildet und damit dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot nicht ausreichend Rechnung trägt. Die Klagepartei würde mit dieser Berechnungsmethode nach Auffassung des Gerichts besser gestellt, als sie ohne das schädigende Ereignis stünde. Bei Anwendung der oben aufgeführten Methode entspricht der Wert der Nutzung des ersten gefahrenen Kilometers nämlich exakt dem Wert der Nutzung des letzten gefahrenen Kilometers. Tatsächlich ist die Nutzung eines Neufahrzeugs aber mehr wert, als die Nutzung eines Fahrzeugs mit einem Kilometerstand von beispielsweise 299.999 Kilometern. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die Reparaturanfälligkeit regelmäßig mit zunehmenden Alter steigt, während die Zuverlässigkeit des Fahrzeugs abnimmt. Außerdem besteht ein Mehrwert bei der Nutzung eines neuen Fahrzeugs darin, dass es technisch auf dem aktuellen Stand ist. So wird auch ein Interessent, der beispielsweise mit der Beklagten einen Leasingvertrag abschließen will, erwarten, dass die Beklagte ihm im Rahmen dieses Leasingvertrags ein Neufahrzeug zur Verfügung stellt. Sollte ihm ein gebrauchtes Fahrzeug zum Leasing angeboten werden, wird er zumindest fordern, dass die Kosten für das Leasing im Vergleich zum Leasing eines Neufahrzeugs geringer sind. Als Kehrseite kann auf den Wertverlust eines Kraftfahrzeugs Bezug genommen werden, der nicht linear, sondern degressiv verläuft. Neufahrzeuge haben gerade in den ersten Jahren nach dem Kauf einen hohen Wertverlust.
45
Es gibt deshalb Stimmen in der Literatur, die überlegen, bei der Berechnung des Nutzungsersatzes nicht auf die maximal mögliche Kilometerlaufleistung, sondern auf die gewöhnliche Nutzungsdauer abzustellen (vgl. BeckOGK/Schall, 1.3.2020, BGB § 346 Rn. 437). Die Klagepartei kann aber auf den Fortgang des Verfahrens und den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nur begrenzt Einfluss nehmen und es könnte sich ggf. nur aufgrund Zeitablaufs ein höherer Nutzungsersatz ergeben, wenn auf die gewöhnliche Nutzungsdauer abgestellt wird.
46
Das Gericht hat den Nutzungsersatz deshalb weiterhin anhand der oben aufgeführten Formel berechnet, allerdings mit der Modifikation, dass die jeweiligen Kilometerstände gewichtet werden. Dies hat den Vorteil, dass gegenüber dem Abstellen auf die Nutzungsdauer die tatsächlich gefahrenen Kilometer als tatsächlich gezogene Nutzungen bewertet werden, was auch der Bundesgerichtshof für sachgerecht erachtet hat (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, Rn. 78 ff.). Statt einer linearen Betrachtung, geht das Gericht davon aus, dass der Wert der Nutzungen zunächst höher ist und sich mit zunehmender Kilometerlaufleistung verringert.
47
Das Gericht setzt hierbei eine Berechnung nach einem Stufenmodell an. Die Kilometerlaufleistung wird hierbei in drei Stufen unterteilt.
48
Dem Gericht erscheint es nach einer vorläufigen Schätzung sachgerecht, anzunehmen, dass die Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs 300.000 Kilometer beträgt, der Wert der Nutzung bis einschließlich Kilometer 50.000 mit dem Faktor 3 (Stufe 1), von Kilometer 50.001 bis einschließlich Kilometer 200.000 mit dem Faktor 2 (Stufe 2) und von Kilometer 200.001 bis einschließlich Kilometer 300.000 mit dem Faktor 1 (Stufe 3) zu berücksichtigen ist. Ergebnis dieser Modifikation ist ein stufenweiser degressiver Verlauf des Wertes des Nutzungsersatzes. Bei der Bewertung der ersten Stufe bis 50.000 Kilometer wurde berücksichtigt, dass in Deutschland die durchschnittliche Jahresfahrleistung etwa 15.000 Kilometer (13.727 Kilometer für das Jahr 2018, vgl. Statistik des Kraftfahrtbundesamtes, abzurufen unter https://www.kba.de/DE/Statistik/Kraftverkehr/VerkehrKilometer/verkehr_in_kilometern_node.html) beträgt und ein drei Jahre altes Fahrzeug beim Verkauf etwa 50 Prozent seines Listenpreises erzielt. Ein Fahrzeug mit einer Laufleistung von über 200.000 Kilometer wird gegenüber einem Fahrzeug mit einer Laufleistung zwischen 50.000 Kilometern und 200.000 Kilometern deutlich anfälliger für Reparaturen sein. Daraus ergeben sich die weiteren beiden Stufen.
49
Das Gericht weist weiter darauf hin, dass diese Berechnungsmethode nicht den Anspruch erhebt, den Wert der Nutzungen absolut realistisch abzubilden. Man könnte wohl auch nachvollziehbar begründen, eine zusätzliche Stufe zwischen 50.000 Kilometern und 100.000 Kilometern „einzubauen“ oder den Nutzungsersatz vollumfänglich degressiv (ohne Stufen) zu berechnen. Das Gericht geht aber davon aus, dass die oben dargelegte Gewichtung der Kilometerstände in drei Stufen der Realität deutlich näher kommt, als eine lineare Berechnung. Das Gericht hat zudem im Rahmen von § 287 ZPO einen weiten Ermessensspielraum. Dies hat auch der Bundesgerichtshof in der von der Klagepartei angesprochenen Entscheidung hervorgehoben und sogar eine lineare Berechnung des Nutzungsersatzes für revisionsrechtlich unbedenklich erklärt (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, Rn. 78 ff.). Dann kann aber die realitätsnähere Schätzung erst recht nicht zu beanstanden sein.
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Um die oben aufgeführten Stufen im Rahmen der Berechnung berücksichtigen zu können, hat das Gericht folgende Methode entwickelt:
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Es bleibt dabei, dass der von der Klagepartei gezahlte Bruttokaufpreis für das Fahrzeug durch die voraussichtliche Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt geteilt und dieser Wert mit den gefahrenen Kilometern multipliziert wird. Allerdings werden in diese Berechnung nicht die tatsächlichen Kilometerstände eingestellt, sondern fiktive Werte. Die fiktiven Werte werden gebildet, indem die jeweiligen Kilometerstände in die oben aufgeführten Stufen zerlegt werden und mit den oben aufgeführten Faktoren multipliziert werden.
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Bei der Berechnung muss außerdem berücksichtigt werden, dass die Stufen unterschiedlich groß sind, also eine unterschiedliche Anzahl an Kilometern beinhalten. Um die Gewichtung der Stufen zueinander im Verhältnis 3:2:1 zu erhalten, muss die unterschiedliche Größe der Stufen mit den Faktoren 3 für Stufe 1, 1 für Stufe 2 (größte Stufe) und 1,5 für Stufe 3 ausgeglichen werden. Hinzu kommen die Faktoren für die Gewichtung: 3 für Stufe 1, 2 für Stufe 2 und 1 für Stufe 3 (Verhältnis 3:2:1).
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Insgesamt ergeben sich nach Multiplikation der jeweiligen Faktoren folgende Faktoren: 9 (3 * 3) für Stufe 1, 2 (2 * 1) für Stufe 2 und 1,5 für Stufe 3 (1 * 1,5).
54
Der Nutzungsersatz berechnet sich unter Berücksichtigung der im vorliegenden gefahrenen Kilometer (126.507) und der Kilometer beim Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch die Klagepartei 79.142) folgendermaßen:
Nutzungsersatz in € =
= 25.000,00 € * ((50.000 * 9) + (76.507 * 2) – ((50.000 * 9) + (29.142 * 2)) / ((50.000 * 3) + (150.000 * 2) +(100.000 * 1,5) – ((50.000 * 9) + (29.142 * 2) = 6.045,83 €.
55
Für 300.000 Kilometer (geschätzte maximale Gesamtlaufleistung) ergibt sich im obigen Beispiel ein fiktiver Wert von (50.000 * 9) + (150.000 * 2) +(100.000 * 1,5), also insgesamt 900.000 Kilometer, da alle drei Stufen voll ausgefüllt sind.
56
Für 79.142 Kilometer (Kilometer zum Zeitpunkt des Schlusses des Kaufvertrags) ergibt sich im obigen Beispiel ein fiktiver Wert von (50.000 * 9) + (29.142 * 2), also 508.284 Kilometer, da Stufe 1 mit 50.000 km und die Stufe 2 mit 29.142 km ausgefüllt ist.
57
Für 126.507 Kilometer (Kilometer zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung) ergibt sich ein fiktiver Wert von (50.000 * 9) + (76.507 * 2), also 603.014 Kilometer, da Stufe 1 voll ausgefüllt ist und Stufe 2 mit 76.507 (126.507 – 50.000) Kilometern ausgefüllt ist .
58
Mithin verbleibt ein klägerischer Anspruch auf Zahlung in Höhe von 18.954,17 €
(25.000,00 € – 6.045,83 €).
59
Es sei darauf hingewiesen, dass sich die abweichende Berechnungsmethode im vorliegenden Fall nicht sehr deutlich auswirkt, da der Wert der Nutzungen in Stufe 1 am größten ist und der Kläger das Fahrzeug erst erwarb, als Stufe 2 bereits erreicht war.
60
Sollte zum Zeitpunkt der Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs an die Beklagte eine Veränderung der Laufleistung des Fahrzeugs gegenüber der Laufleistung zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung eingetreten sein, so wird diese entsprechend zu berücksichtigen sein. Da für die vorliegende Entscheidung jedoch die Lage zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung maßgeblich ist, sind derartige Veränderungen im Tenor dieses Urteils nicht zu berücksichtigen.
61
7. Die Forderung war gemäß § 291 BGB erst ab Rechtshängigkeit in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz.
62
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 849 BGB liegen nicht vor. Dieser billigt dem Geschädigten Z. als pauschalierten Schadensersatz für die entgangene Nutzung einer ihm durch den Schädiger entzogenen Sache zu. Die Vorschrift enthält jedoch keinen allgemeinen Rechtssatz, dass deliktische Schadensersatzansprüche immer von ihrer Entstehung an zu verzinsen sind, sondern will den endgültig verbleibenden Verlust der Nutzbarkeit einer weggegebenen Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann, vgl. BGH NJW 1983, 1614. Der Klagepartei ist jedoch durch die unerlaubte Handlung der Beklagten kein Verlust an Nutzbarkeit entstanden, der nicht anderweitig ausgeglichen werden könnte. Die Klagepartei hat im Gegenzug für die Zahlung des Kaufpreises Eigentum und Besitz an dem streitgegenständlichen Fahrzeug erhalten mit der Möglichkeit, den Pkw jederzeit nutzen zu können (vgl. OLG München 18 U 3363/19).
63
8. Der klägerische Anspruch ist erst ab Rechtshängigkeit zu verzinsen, da in dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 06.06.2019 aufgrund der deutlichen Zuvielforderung keine verzugsauslösende Handlung gesehen werden kann.
64
9. Der klägerische Anspruch ist auch nicht verjährt. Es gilt die regelmäßige Drei-Jahres-Frist nach § 195 BGB. Diese beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die Beklagte ist dabei für die maßgeblichen Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig. Der streitgegenständliche Anspruch ist bereits mit Kaufvertragsschluss, spätestens jedoch mit Verjährung der kaufvertraglichen Mängelrechte entstanden. Allerdings hat die Klagepartei zur Überzeugung des Gerichts bis Ende des Jahres 2015 weder von allen anspruchsbegründenen Umständen Kenntnis erlangt, noch ist ihm insofern grob fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen. a)
65
Die Klagepartei hatte von den anspruchsbegründenden Umständen, insbesondere von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom Abgasskandal, im Jahr 2015 noch keine positive Kenntnis erlangt.
66
Nach der Rechtsprechung des BGH liegt die nach § 199 I Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. (BGH, Urteil vom 15.3.2016 – XI ZR 122/14, NJW-RR 2016, 1187).
67
Zunächst beruht die Behauptung der Beklagten, die Klagepartei habe bereits im Jahr 2015 positive Kenntnis von der im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Umschaltlogik und allen anderen anspruchsbegründenden Tatsachen gehabt, lediglich auf der Mutmaßung der Beklagten, dass durch öffentliche Bekanntmachungen, öffentliche Berichterstattung und die Schaffung einer eine Website zur Ermittlung der individuellen Betroffenheit durch die Beklagte im Jahr 2015 der Abgasskandal allgemein bekannt gewesen sei und deshalb auch der Klagepartei nicht verborgen geblieben sein könne. Dieser Sachvortrag lässt jedoch jeden individuellen Bezug zur Klagepartei vermissen. Insbesondere hat die Beklagte nicht einmal vorgetragen, dass die Fahrzeugidentifikationsnummer des klägerischen Fahrzeugs im Jahr 2015 in die Suchmaske der zur Ermittlung der individuellen Betroffenheit vom Abgasskandal geschalteten Website eingetragen und eine Abfrage gestartet worden sei. Nicht einmal allgemein trägt die Beklagte vor, wie viel Prozent der betroffenen Fahrzeugidentifikationsnummern im Jahr 2015 überhaupt tatsächlich bereits auf der Homepage überprüft wurden, wie stark die Homepage also zu diesem frühen Zeitpunkt des Skandals von den getäuschten Fahrzeugeigentümern angenommen wurde. Eine andere Erkenntnismöglichkeit der Klagepartei von der individuellen Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Jahr 2015 trägt die Beklagte auch nicht vor. Ihr Behauptung, der Kläger habe Kenntnis von der im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Umschaltlogik gehabt, dürfte bereits vor diesem Hintergrund als Äußerung „ins Blaue hinein“ unbeachtlich sein. Das Gericht hält es für nachvollziehbar, dass ein Fahrzeugeigentümer zwischen dem 22. September 2015 und dem 31. Dezember 2015, also innerhalb eines Zeitraums von gerade einmal 106 Tagen zum Jahresende hin, nicht so genau der allgemeinen Medienberichterstattung folgt.
68
b) Die Klagepartei musste von den anspruchsbegründenden Umständen auch im Jahr 2015 noch nicht ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangen.
69
Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn die oben genannten Umstände dem Gläubiger nur deshalb nicht bekannt sind, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt hat oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (BGH, Urteil vom 15.3.2016 – XI ZR 122/14, NJW-RR 2016, 1187). Der Gläubiger ist zwar nicht gehalten, umfängliche Nachforschungen über die anspruchsbegründenden Tatsachen und die Person seines Schuldners anzustellen, aber es besteht die Obliegenheit, sich zumindest über diejenigen Umstände zu informieren, bei denen dies mühelos und ohne erheblichen Kostenaufwand möglich ist, so dass das Unterlassen von Ermittlungen geradezu unverständlich erscheint. Dabei sind jedoch die konkreten Umstände des Einzelfalls zu beachten: Im Vertragsrecht können von einem Vertragspartner regelmäßig weitergehende Nachforschungen erwartet werden als von dem Geschädigten im Deliktsrecht, auch ist die Nachforschungsobliegenheit eines Unternehmers weitergehender als jene eines Verbauchers. Eine generelle Obliegenheit des Gläubigers, Presseveröffentlichungen zu verfolgen, besteht dabei nicht (MüKoBGB/Grothe, 8. Aufl. 2018, BGB § 199 Rn. 31 m.w.N.).
70
Vorliegend hätte die Klagepartei also, um noch im Jahr 2015 eine schlüssige Klage erheben zu können, zwischen dem 22. September 2015 und dem 31. Dezember 2015 die Presseberichterstattung so umfassend verfolgen müssen, dass sie zumindest die folgenden Punkte erfahren hätte: 1. Es gibt einen Abgasskandal. 2. Der streitgegenständliche Fahrzeughersteller ist betroffen. 3. Der streitgegenständliche Motortyp ist betroffen. 4. Die individuelle Betroffenheit kann (ausschließlich) über eine Homepage des Herstellers abgeprüft werden. 5. Laut Hersteller ist das streitgegenständliche Fahrzeug betroffen. 6. Mitarbeiter des Herstellers haben die Software absichtlich programmiert. 7. Dies ist dem Hersteller zuzurechnen. 8. Zweck der Software war eine Kostensenkung zulasten eines erhöhten Schadstoffausstoßes (sittenwidriges Gepräge).
71
Dazu, dass auch die zuletzt genannten Punkte durch sorgfältiges Verfolgen der Presseberichterstattung bereits im Jahr 2015 für die Klagepartei erkennbar gewesen wären, hat die Beklagte schon nicht hinreichend substanziiert vorgetragen. Während mit Blick auf die Zurechnung nach § 31 mittlerweile eine Vielzahl von Anknüpfungstatsachen durch Parallelverfahren bekannt ist, war dies im Jahr 2015 noch nicht so, so dass damals für eine schlüssige Klage ein weitergehender Sachvortrag zu fordern war, als dies heute der Fall ist. Dies wäre allenfalls durch Kombination verschiedenster Pressequellen im Jahr 2015 möglich gewesen. Ein derart sorgfältiges Verfolgen der Presseberichterstattung stellte aber jedenfalls keine Obliegenheit der Klagepartei dar. Die Klagepartei ist Verbraucher, die Beklagte vorsätzlich handelnder deliktischer Schädiger. Einem Verbraucher ist schlicht nicht zuzumuten, Skandale eines jeden Herstellers zu verfolgen, dessen Produkte er jemals erworben hat. Auch muss ein Verbraucher schlicht aufgrund des öffentlich bekannten Bestehens eines solchen Skandals noch nicht davon ausgehen, dass ihn der Hersteller absichtlich geschädigt hat, folglich muss er die Berichterstattung auch nicht mit Blick hierauf gezielt verfolgen. Diese Situation ist auch nicht vergleichbar mit Fällen, in denen das Fahrzeug erst in den Jahren nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals erworben wurde, da man sich beim Neuerwerb eines Pkws üblicherweise deutlich umfassender informiert, als bei Skandalen zu Herstellern, deren Produkt man bereits erworben hat. Mit Blick auf den Fahrlässigkeitsvorwurf ist auch äußerst fraglich, ob von der Klagepartei überhaupt erwartetet werden konnte, die Homepage der Beklagten als Informationsquelle zu nutzten. Zu beachten ist dabei, dass hier nicht etwa eine Information von einem (selbst gewählten) Vertragspartner abzufragen war, sondern vielmehr dem Geschädigten zugemutet wurde, sich an den Hersteller, der sie getäuscht und vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat, zu wenden und sich auf dessen Angeben zu verlassen. Eine dahingehende Obliegenheit scheint unbillig. Eine andere Quelle zur individuellen Betroffenheit gab es aber nicht, insbesondere hatte das Kraftfahrtbundesamt auf seiner Homepage im Jahr 2015 noch keinen Rückruf für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp veröffentlicht und die Fahrzeughalter auch noch nicht angeschrieben. Vor diesem Hintergrund erscheint es keinesfalls unverständlich, dass die Klagepartei im Jahr 2015 die Berichterstattung noch nicht hinreichend verfolgt hat, um alle anspruchsbegründenen Umstände zur Kenntnis zu nehmen, sofern dies im Jahr 2015 überhaupt schon möglich war.
72
Zur Überzeugung des Gerichts ist es nicht als grob fahrlässig anzusehen, dass vorliegend die Klagepartei zwar allgemein auf das Thema Abgasskandal aufmerksam wurde, jedoch nicht von sich aus weiter forschte, ob hiervon auch ihr Fahrzeug betroffen war bzw. dass eine diesbezügliche Abfragemöglichkeit auf der Website der Beklagten bestand. Die Presseberichterstattung ist voll von Skandalthemen wie beispielsweise Bad Banks, Umweltverschmutzung oder Lebensmittelskandalen, die oft negative Auswirkungen für den Einzelnen haben, aber meist zumindest nicht sofort dazu führen, dass der einzelne Verbraucher beginnt und auch nicht beginnen muss, sich über seine individuelle Betroffenheit aktiv zu informieren.
73
Der Kläger gab zudem im Rahmen der informatorischen Anhörung glaubhaft an, erst am 14.02.2017 Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs erlangt zu haben. Der Kläger schilderte eindrucksvoll, wie die Herausgabe seines Fahrzeugs von der Werkstätte verweigert wurde und dass er sich gezwungen sah, das Update aufspielen zu lassen, nur um sein Fahrzeug wieder zu erhalten. Glaubhaft berichtete er auch davon, von der Betroffenheit seines Fahrzeugs total schockiert gewesen zu sein und keinerlei Schreiben vor dem Vorfall vom 14.02.2017 erhalten zu haben.
II.
74
Soweit der Kläger die Feststellung des Annahmeverzugs begehrte, war die Klage abzuweisen.
75
Annahmeverzug setzt voraus, dass der Gläubiger die Leistung dem Schuldner so anbietet, wie sie zu bewirken ist, § 294 BGB. Es muss so vorgenommen werden, dass der Gläubiger nichts weiter zu tun braucht, als zuzugreifen und die Leistung anzunehmen (vgl. MüKo-Ernst BGB, 8.A. § 294 Rn 2 unter Verweis auf BGH NJW 1984, 1679).
76
Der Kläger hat jedoch mit dem Schreiben seiner Anwälte vom 06.06.2019 das Fahrzeug nicht in der oben beschriebenen Weise angeboten. Denn er hat das Fahrzeug zwar gegen „Zahlung einer Nutzungsentschädigung“ angeboten. Diese war jedoch für die Beklagte in keiner Weise berechenbar, da in dem genannten Schreiben die Kilometerzahl des Fahrzeugs weder beim Erwerb, noch die aktuelle Kilometerzahl angegeben wurde.
77
Zwar hat die Klägerpartei im Termin zur mündlichen Verhandlung den Antrag dahin gehend umgestellt, dass eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 5.361,48 € anzurechnen sei. Dies kann jedoch nachträglich bereits dem Grunde nach keinen Verzug der Beklagten mehr begründen. Zudem war die klägerseits berechnete Nutzungsentschädigung auch im Termin zur mündlichen Verhandlung noch zu gering bemessen. Bei einer Zug um Zug zu erbringenden Leistung tritt aber bezüglich der Gegenleistung Annahmeverzug nicht ein, wenn der Gläubiger eine deutlich zu hohe Leistung fordert (BGH VIII ZR 275/04). Es wäre unbillig, die unter Umständen weitreichenden Folgen des Annahmeverzugs dem Gläubiger aufzubürden, wenn der Schuldner seinerseits nicht bereit ist, die ihm selbst gegen Erhalt der ihm zustehenden Leistung nicht bereit erklärt.
III.
78
Bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten war die Klage abzuweisen, soweit mehr als 1,3 Geschäftsgebühren aus der ausgeurteilten Klagesumme geltend gemacht wurden. Da es sich vorliegend um ein Massenverfahren handelt, bei dem der wesentliche Aufwand beim Klägervertreter gleichzeitig für eine Vielzahl von Verfahren anfällt, und es sich bei den eingereichten Schriftsätzen ausschließlich um Textbausteine handelt, ist ein höherer Ansatz als der Mittelsatz von 1,3 für die Geschäftsgebühr (Nr. 2300 Anlage 1 VV RVG) nicht gerechtfertigt. Die Sach- und Rechtslage ist weder umfangreich noch schwierig i.S.d. Nr. 2300 Anlage 1 VV RVG.
IV.
79
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO. Allerdings war hier zu berücksichtigen, dass die Klagepartei ein erhebliches Zuviel an deliktischen Zinsen seit dem Kaufzeitpunkt gefordert hatte und insoweit unterlegen ist. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH und verschiedener Obergerichte (vgl. z. B. BGH VIII ZR 222/59, BGH NJW 1988, 2173, BGH III ZR 143/12, OLG Koblenz 5 U 52/08 und KG 8 U 258/11), sowie einschlägiger Kommentierungen zu § 92 ZPO (z. B. Zöller ZPO, 32. Aufl. § 92 Rz. 11) war hier ein fiktiver Streitwert unter Hinzurechnung des geltend gemachten Zinsbetrags für den Zeitraum ab Kauf bis zum Eintritt des Verzugszinsanspruchs zu bilden, und die Kosten waren im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens auch in Ansehung der Zuvielforderung an Deliktszinsen zu verteilen.
80
Dies ergibt einen nur für die Kostenentscheidung zu berücksichtigenden fiktiven Streitwert von 29.073,97 EUR. Insoweit obsiegt die Klagepartei lediglich in Höhe von 18.954,17 EUR, denn sie verlor in Höhe der Nutzungsentschädigung und des deliktischen Zinsanspruchs. Dies ergibt aus dem fiktiven Streitwert eine Kostenquote der Klagepartei in Höhe von 35%, für die Beklagte ergibt sich eine Kostenquote von 65%.
V.
81
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S.2 ZPO.