Titel:
Verfahrensmangel, Berufung, Leistungen, Mangel, Gutachten, Abnahme, Wohnung, Widerspruch, Beschaffenheitsvereinbarung, Werkleistung, Beschaffenheit, Mangelbeseitigung, Technik, Wirksamkeit, Regeln der Technik, vertragliche Vereinbarung, konkludente Abnahme
Schlagworte:
Verfahrensmangel, Berufung, Leistungen, Mangel, Gutachten, Abnahme, Wohnung, Widerspruch, Beschaffenheitsvereinbarung, Werkleistung, Beschaffenheit, Mangelbeseitigung, Technik, Wirksamkeit, Regeln der Technik, vertragliche Vereinbarung, konkludente Abnahme
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 18.07.2019 – 8 O 6678/16
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 11.03.2020 – 28 U 4568/19 Bau
Fundstelle:
BeckRS 2020, 60922
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 18.07.2019, Az. 8 O 6678/16, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Tatbestand
I. Urteil des Landgerichts München I vom 18.7.2019
1
Gegenstand des Verfahrens sind die von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsansprüche aus einem Bauträgervertrag.
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Die Klägerin begehrt die Zahlung der Fertigstellungsrate und des Einbehalts von 5% des Kaufpreises in Höhe von 57.460,00 € zuzüglich Verzugszinsen.
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Das Landgericht hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Erholung dreier Sachverständigengutachten und Anhörung des Sachverständigen N. in der mündlichen Verhandlung am 22.5.2019 abgewiesen. Das Landgericht verneinte eine Fälligkeit der geltend gemachten Ratenzahlungen, da die Werkleistung nicht frei von wesentlichen Mängeln sei. Hierzu stellte das Landgericht vorwiegend auf zwei - durch den Sachverständigen N. bejahte Mängel ab, schloss aber nicht aus, dass weitere Mängel vorhanden seien.
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Zum einen seien die Holzrollläden mangelhaft, da diese aus technischer Sicht für die Verwendung an großen Fenstern ungeeignet seien. Die Gebrauchstauglichkeit der Rollläden sei durch sichtbare Spalten zwischen den Lamellen eingeschränkt, die Stäbe der Rollläden griffen nicht ineinander. Zudem böten sie ein unansehnliches Bild. Zwar könnten die Holzrollläden nach Auskunft des Sachverständigen durch die nachträglich übergebene Pflegeanleitung verbessert werden, das Erfordernis einer täglichen Nutzung gemäß Pflegeanleitung stelle jedoch eine übermäßig belastende Wartungsnotwendigkeit für die Käufer dar.
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Zum anderen sei ein Mangel im Eingangsbereich der Wohnanlage festgestellt. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass bei einem Ortstermin Wassereintritt im Eingangsbereich festgestellt worden sei. Dieser Mangel sei ebenfalls nicht unwesentlich, so dass es auf die Frage eines Zurückbehaltungsrechts der Käufer mit etwaiger Quote nicht ankäme.
II. Berufung der Klägerin
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Die Klägerin wendet sich in vollem Umfang gegen das erstinstanzliche Urteil.
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Die Klägerin sieht bereits aus technischer Sicht keinen Mangel bezüglich der Holzrollläden als gegeben. Das Erstgericht habe ausschließlich auf die Begutachtung des gerichtlichen Sachverständigen abgestellt, insbesondere sei hier nicht der Widerspruch zum Gutachten des privaten Sachverständigen der Klägerin berücksichtigt worden. Insbesondere sei der private Sachverständige nicht als sachverständiger Zeuge angehört worden. Die Beweiswürdigung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens sei insofern fehlerhaft, ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs sei anzunehmen. Die Beschaffenheitsvereinbarung sei fehlerhaft subsumiert worden. Fehlerhaft habe das Gericht die Pflegeanleitung nicht berücksichtigt. Es habe sich auch nicht um einen wesentlichen Mangel gehandelt. Die Mangelbeseitigung sei unverhältnismäßig. Es läge auch ein Verfahrensmangel darin, dass das Gericht keinen Hinweis nach § 139 ZPO erteilt habe, wonach es ohne Berücksichtigung der Anlage K 22 einen Mangel annehmen würde.
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Es läge bereits kein Mangel hinsichtlich des Eingangsbereichs vor. Auch hier sei ein Verstoß nach § 139 ZPO gegeben. Der Sachverständige habe sich mit dem Hinweis auf die Nachbesserung des Hauseingangsbereichs in einer Email vom 26.9.2018 nicht mehr auseinandergesetzt und in seiner Anhörung vom 22.5.2019 auch nicht mehr angesprochen. Bezüglich der Türe seien die technischen Regeln eingehalten. Eine erneute Überprüfung durch den Sachverständigen sei nicht mehr erfolgt.
III. Offensichtliche Aussichtslosigkeit der Berufung, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO
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Nach Auffassung des Senats hat die Klägerin derzeit keinen Anspruch auf die noch offenen 57.460 €, die sich aus der Schlussrate von 3,5% und dem Einbehalt von 5% zusammensetzt. Dabei ist von einer Wirksamkeit des Zahlungsplans auszugehen.
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Die Klägerin ist ihrer vertraglich geschuldeten Pflicht zur vollständigen Fertigstellung der Wohnung bisher nicht nachgekommen. Die vereinbarte förmliche Abnahme, insbesondere eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums, hat nicht stattgefunden. Die Klägerin ist zur Herstellung der veräußerten Wohnung einschließlich der mangelfreien Herstellung des Gemeinschaftseigentums verpflichtet.
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Eine vollständige Fertigstellung liegt infolge der noch vorhandenen Mängel nicht vor. Zutreffend ist das Landgericht von der nicht mangelfreien Herstellung der Wohnung ausgegangen und hat die Voraussetzungen der Abnahmefähigkeit verneint.
1. Wirksamkeit des Zahlungsplans
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Gegenstand der Klage sind die noch ausstehenden 3,5% (vollständige Fertigstellung) sowie der Fertigstellungseinbehalt in Höhe von 5% des Kaufpreises gem. notariellem Vertrag.
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a) Vollständige Fertigstellung ist anzunehmen, wenn das Werk ohne wesentliche Mängel fertig gestellt ist. Dieser Anforderung entsprechen auch die in der Einbehaltsklausel genannten Voraussetzungen. Dabei ist auf die vollständige Fertigstellung sowohl des Sondereigentums als auch des Gemeinschaftseigentums abzustellen, da dem Käufer ein Herstellungsanspruch für beides zusteht. Für die Fälligkeit dieser Rate müssen die Außenanlagen einschließlich der Wege und Zäune sowie etwaige Restarbeiten der übrigen Gewerke abgeschlossen sein. Es ist davon auszugehen, dass die Bauleistung vollständig fertiggestellt ist, wenn der Vertrag erfüllt ist (vgl. Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 6. Aufl. 2018).
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b) Eine Fertigstellung der Leistung wird auch für die Abnahme vorausgesetzt, sie entspricht mithin der Abnahmefähigkeit. Die Werkleistung der Klägerin muss frei von wesentlichen Mängeln sein, damit die Vergütungsansprüche entstehen.
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c) Eine Fälligkeit entsprechend dieser Zahlungsvereinbarung besteht jedoch nicht, die Zahlungsvereinbarung selbst ist wirksam.
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Aus Sicht des Senates verstößt der im Vertrag vom 5.12.2012 (Anlage K 1) vorgesehene Zahlungsplan nicht gegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaBV und damit gegen § 134 BGB. Die Parteien hatten im Vertrag insgesamt 7 Abschlags-Ratenzahlungen in Höhe von insgesamt 95% des Kaufpreises vereinbart. Weitere 5% des Kaufpreises wurden als Sicherheit für die rechtzeitige Herstellung des Vertragsgegenstandes - unwesentliche Mängel - in Höhe von 5% des Kaufpreises vereinbart. Diese 5% des Kaufpreises sollten dann fällig werden, wenn der Vertragsgegenstand ohne wesentliche Mängel und im Sinne von Abschnitt III 5 des Vertrages rechtzeitig fertiggestellt werden sollte.
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Die Klägerin hat hiermit eine zusätzliche Vertragserfüllungssicherheit für die Käufer geschaffen. Die Fälligkeitsvoraussetzungen dieses einbehaltenen Betrags entsprechen den Fälligkeitsvoraussetzungen der letzten Rate von 3.5% des Kaufpreises. Zusammengefasst ist festzustellen, dass bei vollständiger Fertigstellung 8,5% des Kaufpreises fällig werden sollten. Da die Voraussetzungen in gleichem Maß formuliert sind, ist nach Auffassung des Senats keine gesonderte Rate gegeben. Der vorgesehene Zahlungsplan benachteiligt die Erwerber der Wohnung nicht, da insgesamt 8.5% des Kaufpreises erst mit der vollständigen Fertigstellung zu leisten sind. Der durch § 3 Abs. 2 MaBV gewährleistete Schutz eines Erwerbers vom Bauträger wird durch den Vertragserfüllungseinbehalt nicht beeinträchtigt.
2. Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs - Fehler in der Tatsachenfeststellung bei der Beweiswürdigung
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Die Klägerin stellt mit ihrer Berufung darauf ab, dass sich das Landgericht nicht mit dem Gutachten des privaten Sachverständigen M., Gutachten bereits als Anlage K 22 vorgelegt, auseinandergesetzt hat und insofern gegen den Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs, Art. 103 GG verstoßen habe.
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a) Die Vorlage eines Privatgutachtens stellt qualifizierten Parteivortrag dar.
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Das Gericht ist gehalten, sich mit den Streitpunkten zwischen dem gerichtlichen und dem Privatgutachten sorgfältig und kritisch auseinander zu setzen und die Streitpunkte zu würdigen (BGH Beschl. V. 17.5.2017, VII ZR 36/15, NJW 2017, 3661; BGH Beschluss v. 6.4.2016, VII ZR 16/15). Falls das Privatgutachten dem Gerichtsgutachten widerspricht, darf das Gericht nicht ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung diesem den Vorzug geben (BGH, Beschluss vom 17.05.2017 - VII ZR 36/15, NJW 2017, 3661).
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b) Die Klägerin hatte das Gutachten des privaten Sachverständigen bereits mit der Anlage K 22 vorgelegt und die wesentlichen Aspekte des Gutachtens bereits in die Fragestellungen für das Ergänzungsgutachten einfließen lassen (vgl. Schriftsatz v. 24.4.2018, Bl. 487).
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Mit diesen Fragen hatte sich der gerichtliche Sachverständige in seinem zur Vorbereitung des Anhörungstermins erstellten Ergänzungsgutachten bereits auseinander gesetzt, so dass der Vortrag der Klagepartei bei der Begutachtung berücksichtigt wurde.
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Die Auseinandersetzung mit dem Gutachten des privaten Sachverständigen gebietet jedoch nicht die Anhörung des privaten Sachverständigen als Zeugen. Als Zeuge könnte dieser nur über Wahrnehmungen anlässlich seiner Begutachtung Auskunft geben. Die Vermittlung der Sachkunde hat jedoch durch den gerichtlichen Sachverständigen zu erfolgen, der private Sachverständige unterstützt jedoch nur den Tatsachenvortrag der Partei. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs würde an dieser Stelle den Vortrag erfordern, welche Tatsachenbekundungen durch den privaten Sachverständigen der Klagepartei noch vorgetragen worden wären. Dies ergibt sich aus dem Berufungsvorbringen nicht.
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c) Das Gericht hat sich mit den Ausführungen des privaten Sachverständigen befasst.
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Insbesondere hat sich der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten mit den Bezugnahmen auf die DIN V 18073 auseinandergesetzt und darauf hingewiesen, dass diese durchaus als geeignetes Regelwerk angesehen werden könne. Auch hat der gerichtliche Sachverständige ausgeführt, dass nach den genannten Regelwerken keine absolute Lichtundurchlässigkeit vorgesehen sei. Der gerichtliche Sachverständige wurde mit den Fragen, die sich aus dem privaten Sachverständigengutachten ergaben, konfrontiert. Die fachliche Auseinandersetzung mit den aufgeworfenen Themen fand in dem Gutachten und Ergänzungsgutachten statt und wurde nach Überzeugung des Erstgerichts für schlüssig und nachvollziehbar gehalten (vgl. Bl. 17 des Ersturteils „nachvollziehbaren Feststellungen“). Die Überzeugungsbildung des Erstgerichts, den Sachverständigen für sachkundig zu halten und die Ausführungen als wissenschaftlich fundiert zu betrachten, ist nicht zu beanstanden.
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d) Auch ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen nach Auffassung des Senats kein Widerspruch.
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Der Sachverständige N. zieht nach Auffassung der Berufungsbegründung einen unzutreffenden Rückschluss. Zum einen werde eine Spaltenbildung als grundsätzlich zulässig angesehen, diese Zulässigkeit werde jedoch beschränkt auf kleine und schmale Spalten. Die Berufungsbegründung rügt - 6 - dabei insbesondere, dass es sich hierbei um subjektive und persönliche Meinungen des Sachverständigen handle. Hierin liegt nach Auffassung des Senats kein Widerspruch, da maßgeblich für die Frage der Mangelhaftigkeit nicht eine gewisse Lichtdurchlässigkeit, sondern die Unregelmäßigkeit sowie Art und Ausmaß der aufgetretenen Lichtdurchlässigkeit ist.
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Dies begründet nach Auffassung des Senats durchaus einen funktionellen Mangel (siehe dazu auch unter 3.). Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass auch Holzrollläden Spalten bilden, diese Spaltenbildung soll jedoch nicht unregelmäßig und mit erheblichen Abständen ausgestaltet sein. Von einem „tüchtigen“ Holzrollladen erwartet man daher zwar gewisse Lichtschlitze, diese jedoch nicht schief und in unregelmäßigen Abständen. Fehler in der Begutachtung lassen sich hier nicht erkennen.
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e) Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist nicht anzunehmen, da sich das Erstgericht mit den Ausführungen des Sachverständigen und des Privatgutachters auseinandergesetzt hat.
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Die Bezugnahme auf ein Privatgutachten ist auch im Berufungsverfahren grundsätzlich zulässig und könnte gegebenenfalls auch als ein zulässiger Tatsachenvortrag - weil den Tatsachenvortrag der Partei im Berufungsverfahren konkretisierender Parteivortrag (vgl. BGH Beschluss v. 6.5.2015, VII ZR 53/13) - qualifiziert werden. Das angeführte Gutachten lag bereits in 1. Instanz vor, neue Erkenntnisse des Sachverständigen werden durch die Klagepartei nicht vorgetragen. Aus der ergänzend vorgelegten Stellungnahme mit der Anlage BK 1 vom 04.10.2019 ergeben sich keine neuen Erkenntnisse im Verhältnis zu der bereits vorliegenden Anlage K 22. Vielmehr gibt dieses Gutachten die bereits getroffenen Feststellungen des privaten Sachverständigen, die in der Anlage K 22 niedergelegt sind, wieder. Eine Notwendigkeit, den gerichtlichen Sachverständigen erneut anzuhören, ergibt sich im Hinblick auf die Stellungnahme des Privatsachverständigen somit nicht.
3. Mangelhaftigkeit der Werkleistung - fehlerhafte Rechtsanwendung
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aa) Eine ausdrückliche förmliche Abnahme ist durch die Beklagten nicht erfolgt.
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Laut Vertrag vom 05.07.2012 (Anlage K1) war vorgesehen, dass der Verkäufer dem Käufer jeweils rechtzeitig 14 Tage vor Durchführung eines Abnahmetermins hiervon unterrichtet und zur Abnahme auffordert. Reagiert der Käufer auf die Aufforderung zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums nicht und ist auch kein Widerruf der Vollmacht für den Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft vorgesehen, so gilt die Vollmacht als nicht widerrufen.
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Die Voraussetzungen für eine Abnahme gemäß dieser vertraglichen Vereinbarung sind nicht vorgetragen. Die Beklagten bestreiten den Zugang des Schreibens vom 29.12.2014, mit dem nach Vortrag der Klägerin die Beklagten zur förmlichen Abnahme aufgefordert worden seien. Dieses Procedere habe nicht stattgefunden. Eine wirksame Abnahme gemäß der Vereinbarungen im Vertrag Anlage K1 des Gemeinschaftseigentums ist nicht belegt.
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bb) Auch eine konkludente Abnahme liegt aus Sicht des Senats nicht vor.
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Die Klägerin stellt darauf ab, dass eine konkludente Abnahme durch Ingebrauchnahme des Vertragsgegenstandes zum 11.06.2014 erfolgt sei. Insbesondere habe die Klägerin mit Schreiben vom 29.12.2014 die Berufungsbeklagten zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums aufgefordert. Es lägen daher auch die Voraussetzungen einer fiktiven Abnahme des Gemeinschaftseigentums nach § 640 Abs. 2 Satz 1 BGB vor. Die Beklagten bestreiten den Zugang eines Schreibens in Form des Schreibens der Anlage K 7.
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Die Voraussetzungen der Abnahme sind von demjenigen nachzuweisen, der sich darauf beruft. Einen Nachweis für den Zugang des Schreibens vom 29.12.2014 hat die Klägerseite bisher nicht unter Beweis gestellt. Mangels Kenntnis vom Schreiben vom 29.12.2014 können auch nicht die Voraussetzung einer fiktiven bzw. konkludenten Abnahme eintreten.
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b) Die Leistungen der Klägerseite sind jedoch auch nicht abnahmereif.
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aa) Mangelhafte Holzrollläden
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Zutreffend ist das Landgericht von Mängeln der Werkleistung in Bezug auf die Holzrollläden ausgegangen.
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Grundsätzlich ist ein Mangel anzunehmen, wenn die Ist-Beschaffenheit der Sache von der vereinbarten Soll-Beschaffenheit abweicht, § 633 Abs. 2 BGB. Eine vertragliche Vereinbarung bezüglich der Holzrollläden findet sich im Vertrag in der Baubeschreibung K 2, diese sollten als Sonnenschutz ausgestaltet sein und Holzrollläden mit Hochschiebeschutz, elektrisch sein.
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Eine weitere Beschaffenheitsvereinbarung wurde zwischen den Parteien hinsichtlich der Holzrollläden nicht getroffen. Die anerkannten Regeln der Technik sind stets als Beschaffenheit vereinbart (vgl. BGH Urteil v. 10.7.2014, VII ZR 55/13, Urt. V. 14.11.2017, VII ZR 65/14). Zur vereinbarten Beschaffenheit gehören auch alle Eigenschaften des Werks, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen (BGH, Urteil vom 31.08.2017 - VII ZR 5/17). Der vertraglich geschuldete Erfolg ist somit die Herstellung eines Sonnenschutzes bei insgesamt gehobener Ausstattung der Wohnung.
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Diese Funktion ist nicht vertragsgerecht gewährleistet. Die Rollläden quietschen nach den Feststellungen des Sachverständigen bei ihrer Benutzung und weisen ein uneinheitliches Spaltenbild auf. Nach den Feststellungen des Sachverständigen befinden sich an den Fenstern der Beklagten Rollläden vom Typ „Profil Hamburg auf Kette“ (vgl. Gutachten vom 30.11.2017, S. 32, Bl. 338). Die Größe der Spalte kann dabei grundsätzlich variiert werden, bei geschlossenem Rollladen sollten die Stäbe aufeinander liegen. Tatsächlich bilden diese Holzrollläden unregelmäßige Spalten, die bereits auf der Abbildung S. 33 des Gutachtens gut erkennbar sind. Ein einheitlicher Sonnenschutz kann auf diese Weise nicht bewirkt werden, da die Rollläden unterschiedliche Spalten aufweisen.
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Die Spaltenbildung wäre unter Umständen durch eine aufwändige tägliche Wartung zu vermeiden gewesen, auf welche die Käufer erst nach Abschluss des Vertrages durch eine E-mail mit Pflegehinweisen aufmerksam gemacht wurden. Die Holzrollläden sind, wie das Landgericht völlig zutreffend ausführt, optisch unansehnlich und für ihre Funktion daher nicht geeignet. Hinsichtlich der Sollbeschaffenheit ist auf die vertragliche Vereinbarung abzustellen. Hier wurde vereinbart, dass die Wohnungen mit Holzläden zum Sonnenschutz ausgestattet seien. In der Baubeschreibung heißt es - 9 - unter Ziffer 2.1.5.: „Holzrollläden mit Hochschiebeschutz, elektrisch“. Dies ist der vertragliche Maßstab.
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c) Mangelhaftigkeit trotz übergebener Pflegeanleitung Der Umstand, dass durch die Klägerin nach Abschluss des Bauträgervertrags mit dem Einzug eine Pflegeanleitung übergeben wurde, aus der sich ein erheblicher Wartungsaufwand ergibt und durch den der Eintritt von unregelmäßigen Schlitzen hätte vermieden werden können, kann den ursprünglichen Vertragsgegenstand nicht ändern.
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aa) Aus dem Vertrag ergibt sich der genannte und erforderliche Wartungsaufwand nicht, sodass bereits der erforderliche Wartungsaufwand einen Mangel begründen kann. Kann der Zustand eines Bauteils nur erhalten werden, wenn zwei Jahre lang tägliche Maßnahmen durchgeführt werden müssen, ist das Bauteil nicht funktionsgerecht ausgeführt. Denn der Verkäufer schuldet ein dauerhaft funktionsgerechtes Werk nach dem Vertrag. In dem Vertrag war eine dauerhaft tägliche Pflege nicht vorgesehen.
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bb) Insofern kommt es auf die Frage, welches die tatsächlich anerkannten Regeln der Technik sind und ob diese eingehalten sind, nicht an, da ein Mangel zusätzlich auch gegeben wäre, wenn diese nicht eingehalten wären.
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Regelwerke, wie DIN-Normen für die gewerkspezifische Ausführung, bergen die widerlegliche Vermutung, dass sie den anerkannten Regeln der Technik entsprechen (BGH, Urt. vom 24.5.2013, V ZR 182/12). Die Nichteinhaltung der stillschweigend vereinbarten technischen Regeln begründet einen Werkmangel unabhängig davon, ob sie sich im Einzelfall nachteilig auswirkt (vgl. BGH Urt. vom 7.3.2013, VII ZR 134/12). Ob es sich um solche Regelwerke handelt, muss im Streitfall im Wege der Beweisaufnahme ermittelt werden. Aufgrund der Beweisaufnahme und auch des Vorbringens des privaten Sachverständigen steht nicht fest, dass die Holzrollläden den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Vielmehr ergibt sich aus den zitierten DIN-Normen nur, dass eine Lichtundurchlässigkeit nicht gefordert werden kann. Hier kommt es aber nicht auf die Lichtundurchlässigkeit der Rollläden an, sondern darauf, dass diese ein unregelmäßiges Spaltenmuster aufweisen, hinausgeht. Die Größe der Spalten lässt sich für das Gericht unproblematisch aus der beispielhaften Abbildung Bl. 33 des Gutachtens vom 30.11.2017 entnehmen.
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Der Gutachter weist darauf hin, dass eine gewisse Lichtdurchlässigkeit der Holzrollläden hinzunehmen ist. Hierin sind sich der gerichtliche Gutachter und der private Gutachter der Klagepartei auch einig. Die Lichtdurchlässigkeit infolge der Spaltenbildung übersteigt jedoch das hinnehmbare Maß.
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d) Wesentlicher Mangel
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Bereits das Bestehen des Mangels in Bezug auf die Holzrollläden schließt eine Fälligkeit der ausstehenden Raten aus, da für die Wohnung der Beklagten allein nach Auskunft des Sachverständigen Nachbesserungskosten von 7.000 € anfallen (vgl. S. 16 des Gutachtens vom 30.11.2017) und es sich damit nicht um einen unwesentlichen Mangel handelt. Bei den Rollläden handelt es sich, da auch die Fassade mit Auswirkung betroffen ist, um Gemeinschaftseigentum. Außen angebrachte Jalousien oder Rollläden stehen zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum, weil ihre Veränderung oder Beseitigung die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert (BeckOGK/Schultzky, 1.8.2019, WEG § 5 Rn. 81). Der Fehler liegt nicht in der Zugvorrichtung, sondern in den Lichtschlitzen der Holzrollladen.
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Hierbei handelt es sich auch um einen wesentlichen Mangel, da die Holzläden gegen Rollläden aus einem anderen tauglichen Material ausgetauscht werden müssen. Der hierfür erforderliche Aufwand ist nach Auskunft des Sachverständigen für die Anlage mit 150.000 € zu bemessen. Die Beklagten haben einen Anspruch auf vollständige mangelfreie Erstellung des Gemeinschaftseigentums. Die Klägerin hat in 1. Instanz nicht vorgetragen, dass sich dieser Fehler auf die Wohnung der Beklagten beschränkt. Da es sich bei dem Haus um ein Gebäude mit insgesamt 146 Holzrollläden handelt, wäre es Sache der Klägerin, vorzutragen, dass sich die Rollläden in der gesamten Wohnanlage nicht wie vom Sachverständigen N. festgestellt, verzogen haben, da die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig für die mangelfreie und abnahmereife Erstellung des Gemeinschaftseigentums ist. Der Vortrag auf Seite 34 der Berufungsbegründung ist insofern bereits nicht ausreichend substantiiert.
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Eine Abnahme ist noch nicht erfolgt. - 11 - e) Mangel im Eingangsbereich Die Klägerin behauptet in der Berufungsbegründung, der vom Landgericht infolge sachverständiger Begutachtung festgestellte Mangel des Wassereintritts im Eingangsbereich läge nicht mehr vor und sei bereits am 28.09.2017 durch die Firma S.-Metallbau beseitigt worden. Die ausführende Firma habe eine Überprüfung durchgeführt und dabei die Dichtigkeit der Türe hergestellt. Die Mail der Firma S.-Metallbau vom 29.09.2017 legt die Klägerin als Anlage Bk5 vor und beantragt zusätzlich Sachverständigengutachten zur Frage der Wasserdichtigkeit.
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aa) Hierbei handelt es sich um neue und infolge Bestreitens auch beweisbedürftige Tatsachen, deren Berücksichtigungsfähigkeit sich nach §§ 529, 531 ZPO bemisst.
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Die Klägerin trägt neu vor, dass der Eingangsbereich inzwischen wasserdicht ist. Der Sachverständige hat am 30.11.2017 und mit Ergänzungsgutachten vom 19.11.2018 die Werkleistung begutachtet. Die vorgetragenen Mangelbeseitigungsmaßnahmen fanden vor dem Ergänzungsgutachten und insbesondere vor der Anhörung des Sachverständigen zu diesem Ergänzungsgutachten am 22.5.2019 statt.
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bb) Die Klägerin hat nicht erläutert, warum der Umstand der Mangelbeseitigung nicht bereits zu diesem Zeitpunkt in den Prozess eingeführt wurde.
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Die Klägerin müsste im Rahmen der Berufungsbegründung nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO darlegen, warum dieser Umstand nicht bereits im 1. Rechtszug geltend gemacht wurde und dies nicht auf der Nachlässigkeit der Klägerin beruhte. Jedenfalls hätte diese Frage im Rahmen der Anhörung des Sachverständigen zur Sprache kommen können. Zum Zeitpunkt der Anhörung des Sachverständigen am 22.05.2019 hatte die behauptete Mangelbeseitigungsmaßnahme ausweislich der E-Mail BK 5 bereits stattgefunden. Durch die Klagepartei wurde nicht vorgetragen warum dieser Aspekt nicht bei der Anhörung des Sachverständigen diskutiert wurde. Die Dichtigkeit der Hauseingangstüre im Hinblick auf Regenereignisse ist ein wesentlicher Mangel und bei der Frage der Abnahmefähigkeit zu berücksichtigen und wäre daher notwendiger Tatsachenvortrag der ersten Instanz gewesen. Als solcher ist er in der zweiten Instanz präkludiert.
4. Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigung
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Der Sachverständige schätzt die Mangelbeseitigungskosten für die gesamten Rollladen des Gemeinschaftseigentums auf ca. 150.000 €, die Wasserdichtigkeit des Eingangsbereichs auf ca. 12.000 €.
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Eine Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigung kann daher nicht angenommen werden. Im Übrigen besteht mangels Abnahme des Gemeinschaftseigentums auch noch kein Anwendungsbereich für § 635 Abs. 3 BGB. Die Klägerin ist zur Herstellung des Gemeinschaftseigentums verpflichtet. Der Maßstab wäre vielmehr § 275 BGB, Unmöglichkeit der Herstellung. Hierzu ist seitens der Klägerin nichts vorgetragen.
IV. Weitere Voraussetzungen von § 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, § 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
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Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil, § 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO.
62
Aufgrund obiger Ausführungen regt der Senat aus Kostengründen - eine Rücknahme der Berufung würde zu einer Kostenersparnis in Höhe von zwei Gerichtsgebühren führen, Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses - an, die Berufung zurückzunehmen.
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Hierzu bzw. zur Stellungnahme zu diesem Hinweis besteht Gelegenheit bis zum 30.01.2020.
Entscheidungsgründe