Titel:
Beamte, Erkrankung, Disziplinarverfahren, Dienstvergehen, Krankheit, Bescheid, Besoldungsgruppe, Freiheitsstrafe, Therapie, Generalstaatsanwaltschaft, Lehrer, Amt, Strafausspruch, Betreuung, Kosten des Verfahrens, sexueller Missbrauch, schwerer sexueller Missbrauch
Schlagworte:
Beamte, Erkrankung, Disziplinarverfahren, Dienstvergehen, Krankheit, Bescheid, Besoldungsgruppe, Freiheitsstrafe, Therapie, Generalstaatsanwaltschaft, Lehrer, Amt, Strafausspruch, Betreuung, Kosten des Verfahrens, sexueller Missbrauch, schwerer sexueller Missbrauch
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Urteil vom 28.09.2022 – 16a D 20.1901
Fundstelle:
BeckRS 2020, 60879
Tenor
I. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung um zwei Besoldungsgruppen in das Amt eines Sozialamtmannes (Besoldungsgruppe A 11) erkannt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
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Mit der vorliegenden Disziplinarklage erstrebt der Kläger den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Hintergrund ist der Vorwurf, dass der Beklagte Dienstvergehen begangen habe, indem er kinderpornographische Daten besessen und verbreitet habe.
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I. Der am …1956 in … geborene Beklagte ist als Sozialrat beim Landgericht … als Leitender Bewährungshelfer beschäftigt.
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Der Beklagte ist verheiratet und hat eine 1989 geborene Tochter. Nach Erwerb der Mittleren Reife machte er zunächst eine Ausbildung als Elektroinstallateur. Nach Abschluss der Berufsaufbauschule und Fachoberschule in … erlangte er die Fachhochschulreife. Anschließend studierte er an der Fachhochschule für Sozialwesen in … Nach erfolgreichem Abschluss mit dem Gesamturteil „gut“ wurde ihm 1985 der akademische Grad des Diplom-Sozialpädagogen (FH) verlieren.
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Seit dem 05.03.1993 ist der Beklagten bei der ... Justiz als Bewährungshelfer tätig. Seit dem 01.12.1993 ist er Beamter. Zu diesem Zeitpunkt wurde er zum Sozialoberinspektor ernannt. Am 01.12.2017 wurde er zum Sozialrat in der Besoldungsstufe A 13 ernannt. Am 01.11.2014 wurde er zum Leitenden Bewährungshelfer beim Landgericht … bestellt. Auf seinen eigenen Antrag hin wurde er mit Verfügung vom 04.02.2019 von diesen Aufgaben wieder entbunden. Mit Beurteilung vom 03.12.2015 erhielt er 12 Punkte als Gesamturteil. Nach einem eingeholten Persönlichkeitsbild bestand das Leistungsbild im Anschluss an den Beurteilungszeitraum fort.
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Mit Ausnahme des streitgegenständlichen Vorfalls ist der Beklagte weder strafrechtlich noch disziplinarisch vorbelastet.
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II. Im Laufe eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens durch das Bundeskriminalamt wurde die IP-Adresse des Beklagten im Zusammenhang mit der Verbreitung kinderpornographische Schriften ermittelt. Aufgrund richterlicher Anordnung fand am 28.03.2018 eine Durchsuchung in der Wohnung des Beklagten statt, in deren Rahmen Datenträger mit kinderpornographischem Inhalt beschlagnahmt worden sind.
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Aufgrund einer Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg wurde vom Präsidenten des Landgerichts … mit Verfügung vom 03.07.2018 ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten eingeleitet wegen des Verdachtes einer Straftat nach § 184 b Abs. 1 Nr. 1 b, c StGB, worüber dieser am selben Tag unterrichtet und angehört worden ist. Dieses Verfahren wurde mit Verfügung vom 27.07.2018 von der Generalstaatsanwaltschaft München nach Art. 35 Abs. 2 BayDG übernommen. Zugleich wurde das Disziplinarverfahren bis zum Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt. Dem Beamten wurde die Gelegenheit gegeben sich wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu äußern, ebenso zur beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung mit Kürzung der Dienstbezüge. Diese Gelegenheit nahm der Beamte über seinen Prozessbevollmächtigten war. Mit Bescheid vom 30.08.2018 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben unter teilweiser Einbehaltung seiner Dienstbezüge in Höhe von 30%. Mit Bescheid vom 17.09.2018 wurde durch die Generalstaatsanwaltschaft München aufgrund der Erkenntnisse aus einem erlassenen Strafbefehl auf alle Straftaten nach §§ 184 b, 184 c StGB ausgeweitet. Der Beklagte erhielt Gelegenheit sich hierzu zu äußern.
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Am 12.09.2018 erließ das Amtsgericht … gegen den Beklagten einen Strafbefehl wegen Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographischer Schriften in Tatmehrheit mit 25 sachlich zusammentreffenden Fällen der Verbreitung, des Erwerbs und Besitzes kinderpornographischer Schriften in Tatmehrheit mit Besitz kinderpornographischer Schriften, rechtlich zusammentreffenden mit dem Besitz jugendpornographischer Schriften, und verhängte eine Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung. Dieser Strafbefehl ist rechtskräftig seit dem 30.11.2018.
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Mit Verfügung der Generalstaatsanwaltschaft München vom 28.01.2019 wurde daraufhin das Disziplinarverfahren fortgesetzt. Dies wurde dem Beklagten mitgeteilt, ferner wurde er abschließend angehört. Mit Schreiben vom 05.04.2019 hat der Beklagte hierzu Stellung nehmen lassen. Er erkenne die gegen ihn erhobenen Vorwürfe an und bedauere sein Fehlverhalten zutiefst. Aufgrund einer schweren Erkrankung seiner Ehefrau (* …*) sei für ihn eine Welt zusammengebrochen. Aufgrund der damit verbundenen körperlichen Einschränkungen, sowie der weiteren Perspektiven habe sich innerlich immer weiter zurückgezogen und sei verschlossener geworden, eine Auseinandersetzung mit der Problematik habe er verdrängt. In der Folgezeit habe er sich im Internet vermehrt Seiten pornographischen Inhalts angesehen, seit dem Jahr 2014 seien regelmäßig Pornos konsumiert wurden. Diesen Konsum zu kontrollieren und zu steuern sei ihm schwer gefallen. Mangels eigener Fürsorge und Verantwortung konnte der Beklagte dieser Entwicklung selbst nicht entgegenwirken. Dass sich bei den konsumierten Pornos auch Kinder- und Jugendpornographie befand und er nicht in der Lage gewesen sei davon Abstand zu nehmen, bereue er sehr. Er wolle klarstellen, dass er zu keinem Zeitpunkt seines Lebens persönliches Interesse an diesem Bereich hatte bzw. habe. Bereits seit April 2018 habe er sich einmal wöchentlich in psychoanalytische therapeutische Betreuung und Behandlung begeben. Therapiethemen seien im Wesentlichen die Verdrängung der Krankheit seiner Ehefrau, seine Pornosucht, sowie Verlustängste. Im Laufe der Therapie sei es ihm gelungen, die Krankheit der Ehefrau nicht mehr zu verdrängen, sondern sich offensiv damit auseinander zu setzen. Durch die Therapie seien ihm die Zusammenhänge zwischen Verdrängung, der erkrankten Ehefrau, sowie seiner Pornosucht deutlich geworden. Im Rahmen der Therapie habe er alternative Lösungsansätze entwickelt, um mit den psychischen Belastungen und der Erkrankung seiner Ehefrau umzugehen. Inzwischen könne er sicherstellen, dass es jetzt und auch in der Zukunft nicht mehr zu unkontrolliertem Pornokonsum kommen könne.
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III. Am 13.05.2019 hat der Kläger Disziplinarklage zum Verwaltungsgericht Regensburg erhoben, mit der beantragt wird den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
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1. Der Kläger legt den Beklagten folgenden Sachverhalt zu Last:
„Der Beamte hat die folgenden dienstlichen Pflichtverletzungen begangen:
A. Zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwischen März 2015 und August 2016 lud der Beamte über die Internetverbindung seines Wohnanwesens, …in …, zu den nachfolgend näher aufgeführten Zeitpunkten eine kinder- bzw. jugendpornographische Bilddatei mittels Yahoo-Messenger hoch und versandte diese Bilddateien jeweils an einen unbekannten Nutzer.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Vorfälle:
1. Am 02.05.2015 um 03:00:39 Uhr versandte der Beamte ein Bild von einem unter 14-jährigen Mädchen und einem wahrscheinlich unter 14-jährigen Mädchen, welche beide teilweise nackt mit Strapsen und rotem Kleid bekleidet in einem weißen Raum am Boden sitzen, wobei der Fokus der Kamera auf das teilweise unbedeckt Gesäß des deutlich unter 14-jährigen Mädchens und auf die unbedeckte Vagina des wahrscheinlich unter 14-jährigen Mädchens gerichtet ist.
2. Am 25.07.2015 um 02:35:02 Uhr versandte der Beamte ein Bild eines nackten unter 14-jährigen Mädchens, das in der Badewanne liegt, wobei der Fokus der Kamera auf die unbedeckten Brüste und die unbedeckte Vagina des Kindes gerichtet ist.
3. Am 06.08.2016 um 02:48:43 Uhr versandte der Beamte ein Bild einer Vagina in Großaufnahme, welche aufgrund des nicht vorhandenen Ansatzes einer Schambehaarung, auch nicht in rasierter Form, wahrscheinlich zu einem Mädchen unter 14 Jahren, sicherlich aber zu einer Person unter 18 Jahren gehört.
4. Am 15.08.2016 um 02:42:21 Uhr versandte der Beamte ein Bild eines deutlich unter 14-jährigen Mädchens mit brünetten Haaren, welches halbnackt vor der Kamera posiert, wobei der Oberkörper nackt und die Hose an der rechten Hüfte hinuntergezogen ist, sodass der Blick auf den teilweise unbedeckten Schambereich und die unbedeckten Brüste des Kindes frei wird.
5. Am 15.08.2016 um 02:44:51 Uhr versandte der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Mädchens mit langen blonden Haaren, welches auf einem Strandtuch in einem Sandstrandbereich liegt, wobei der Blick auf die unbekleidete Vagina des Kindes gerichtet ist.
6. Am 15.08.2016 um 02:49:20 Uhr versandte der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Mädchens mit brünetten mittellangen Haaren, welches nackt mit gespreizten Beinen auf einem Bett liegt, sodass der Blick auf die unbedeckte Vagina und die unbedeckten Brüste des Kindes frei ist.
7. Am 15.08.2016 um 02:51:34 Uhr versandte der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Mädchens mit blonden Haaren, welches nackt im Zimmer steht, wobei das rechte Knie angewinkelt auf einem Stuhl liegt, sodass der Blick auf die unbedeckte Vagina und die unbedeckten Brüste frei ist.
8. Am 15.08.2016 um 02:51:34 Uhr versandte der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Mädchens mit mittellangen brünetten Haaren, welches nackt auf einer weißen Decke auf dem Boden sitzt, wobei das linke Bein nach links angewinkelt ist, sodass der Kamerafokus auf die unbedeckte Vagina und die Brüste des Kindes gerichtet ist.
9. Am 15.08.2016 um 02:54:48 Uhr versandte der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Mädchens mit mittellangen brünetten Haaren, welches vollkommen nackt vor einem Waschbecken steht und die Beine angewinkelt hat, sodass der Blick auf die Vagina und die unbedeckten Brüste des Kindes frei wird.
B. Zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Zeitraum 25.03.2015 - 15.08.2016 erhielt der Beamte über die Internetverbindung seines Wohnanwesens, … in … in 17 Fällen von anderen, bislang nicht ermittelbaren Personen auf eine entsprechende Aufforderung seinerseits in nachgenannten Fällen kinderpornographische Bilddateien mittels des Yahoo-Messengers zugestellt, welche er auf seinen elektronischen Speichermedien ablegte.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Vorfälle:
1. Am 25.03.2015 um 03:00:53 Uhr erhielt der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Mädchens mit mittellangen brünetten Haaren, welches auf dem Rücken liegt, und bei dem der Kamerafokus auf dem Geschlechtsteil des Kindes ruht, welches nur mit einer durchsichtigen Seidenunterhose bedeckt ist.
2. Am 03.05.2015 um 03:10:02 Uhr erhielt der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Mädchens mit halblangen, blonden Haaren, welches mit gespreizten Beinen auf dem Boden sitzt, wobei der im Schottenrockmuster gehaltene Rock des Mädchens hochgezogen ist, sodass die Vagina des Mädchens, welche ebenso wie die Brüste von einem durchsichtigen Body bzw. Oberteil und Unterhose bedeckt sind, deutlich sichtbar ist.
3. Am 03.05.2015 um 03:11:21 Uhr erhielt der Beamte ein Bild von demselben Mädchen in einer anderen Pose. Das Mädchen liegt auf dem Boden, wobei das linke Bein ausgestreckt und das rechte Bein angewinkelt ist und der Oberkörper auf dem linken Ellbogen abgestützt wird, wobei der Fokus der Kamera auf die nur mit einem durchsichtigen Stoff bedeckte Vagina des Kindes gerichtet ist.
4. Am 03.05.2015 um 03:12:25 Uhr erhielt der Beamte ein Bild von drei nackten, unter 14-jährigen Mädchen, die auf einem Tisch hintereinander stehen, wobei von den beiden ersten Mädchen deutlich die unbedeckten Brüste und von dem ersten Mädchen der unbedeckte Schambereich zu sehen ist.
5. Am 03.05.2015 um 03:12:56 Uhr erhielt der Beamte ein weiteres Bild des bereits zuvor genannten Mädchens mit dem roten Schottenrock. Dieses Mädchen liegt auf dem Boden, wobei auf der Bildsequenz das Gesicht des Kindes nicht zu sehen ist. Allerdings ist der Rock des Kindes soweit hochgehoben, dass der Fokus der Kamera auf die nur mit einem durchsichtigen Höschen bedeckte Vagina des Kindes gerichtet ist.
6. Am 03.05.2015 um 03:18:57 Uhr erhielt der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Mädchens mit brünetten bis schwarzen, halblangen Haaren, welches nackt in der Dusche steht, wobei der Kamerafokus auf die unbedeckten Brüste des Kindes und den Vaginalbereich gerichtet ist.
7. Am 25.07.2015 um 03:11:53 Uhr erhielt der Beamte ein Bild, welches zwei nackte unter 14-jährige Mädchen zeigt, die mit gespreizten Beinen auf einem Bett sitzen, und bei welchem der Kamerafokus auf die unbedeckten Brüste und die unbedeckte Vagina der Kinder gerichtet ist.
8. Am 25.07.2015 um 03:56:54 Uhr erhielt der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen blonden Mädchens, welches mit stark abgespreizten Beinen auf dem Boden sitzt, und bei dem der Kamerafokus auf die unbedeckte Vagina des Kindes gerichtet ist.
9. Am 25.07.2015 um 03:57:00 Uhr erhielt der Beamte ein Bild, auf dem ein unter 14-jähriges nacktes Mädchen auf allen Vieren auf einem Bett oder dem Boden kniet und ein wohl über 14-jähriger, aber unter 18-jähriger junger Mann, dessen Gesichtsbereich nicht zu sehen ist, vaginal oder anal den Geschlechtsverkehr mit dem Mädchen vollzieht.
10. Am 25.07.2015 um 03:57:02 Uhr erhielt der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Mädchens, welches nackt auf einem grünen Teppichboden liegt und im Gesicht teilweise geschminkt ist, wobei der Kamerafokus auf die unbedeckte Vagina des Kindes gerichtet ist.
11. Am 15.08.2016 um 02:43:25 Uhr erhielt der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Mädchens mit brünetten, halblangen Haaren, welches nackt, mit gespreizten Beinen auf einem Bett sitzt, sodass der Blick des Betrachters auf die Brüste und die Vagina des Kindes gerichtet ist.
12. Am 15.08.2016 um 02:43:26 Uhr erhielt der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Mädchens, welches nackt mit angewinkelten Beinen auf einem Bett liegt, wobei der Fokus der Kamera auf das nackte Gesäß des Kindes gerichtet ist, sodass sowohl das Gesäß als auch die Vagina des Kindes deutlich zu sehen sind.
13. Am 15.08.2016 um 02:43:30 Uhr erhielt der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen blonden Mädchens, welches geschminkt mit gespreizten Beinen mit einem Wein- oder Sektglas in der Hand auf einer Couch sitzt, sodass der Kamerafokus auf die unbedeckte Vagina und die unbedeckten Brüste des Kindes gerichtet ist.
14. Am 15.08.2016 um 02:43:31 Uhr erhielt der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Mädchens mit brünetten, halblangen Haaren, welches nackt mit gespreizten Beinen auf dem Boden oder einem Bett sitzt, und bei dem der Kamerafokus auf die Vagina des Kindes gerichtet ist.
15. Am 15.08.2016 um 02:46:43 Uhr erhielt der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Mädchens, welches geschminkt auf einem grünen Untergrund Rückenübungen macht, wobei es Strapse trägt und die unbedeckten Brüste und die unbedeckte Vagina des Kindes deutlich zu sehen sind.
16. Am 15.08.2016 um 02:46:45 Uhr erhielt der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen Kindes, welches in einem durchsichtigen Kleid abgebildet ist, geschminkt ist und auf allen Vieren auf dem Boden oder einem Bett kniet. Der Kamerafokus ist auf das Gesäß des Kindes gerichtet, wobei aufgrund der durchsichtigen Oberbekleidung die unbedeckte Vagina des Kindes deutlich zu sehen ist.
17. Am 15.08.2016 um 02:53:38 Uhr erhielt der Beamte ein Bild eines unter 14-jährigen blonden Mädchens, welches nur mit Strapsen bekleidet, ansonsten völlig nackt auf dem Boden sitzt, wobei der Kamerafokus auf die unbedeckten Brüste des Kindes gerichtet ist.
C. Am 28.03.2018 um 06:50 Uhr hatte der Beamte in seinem Wohnanwesen, … in … auf den in seinem Besitz befindlichen elektronischen Geräten, namentlich dem Laptop Lenovo ThinkPad T410s (BW4-PC), dem PC HD 1,8 Zoll Toshiba (BW4-PC HD), dem Synology NAS (BW6) und dem WD10EFRX-68FYTN0 1 TB (BW6-NAS-HD) neben den 17 zuvor bezogenen kinderpornographischen Schriften nach wie vor die 8 kinderpornographischen und 1 jugendpornographische Schrift gespeichert, die er zuvor an andere Personen versandt hatte. Darüber hinaus hatte der Beamte ein weiteres Bild eines unter 14-jährigen Mädchens auf seinen Rechnern gespeichert. Dieses Bild zeigt ein nacktes Mädchen mit brünetten halblangen Haaren, welches an einem Schreibtisch sitzt, und bei dem der Blick des Betrachters auf die unbedeckten Brüste und den unbedeckten Schambereich gerichtet ist.“
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2. Durch obigen Sachverhalt, welche durch den Strafbefehl sowie die eigenen Einlassungen des Beklagten belegt sei, habe der Beklagte ein außerdienstliches, schwerwiegendes Dienstvergehen begangen. Dies ergebe sich bereits aus dem Gesetzesverstoß. Zudem sei ein Dienstbezug gegeben, weil hier ein Persönlichkeitsmangel indiziert werde, der Anlass zu Zweifeln daran gibt, ob der Beklagte als Bewährungshelfer seine Aufgaben erfüllen könne. Als Bewährungshelfer habe er den zugewiesenen Probanden helfend und betreuend zur Seite zu stehen und dem überwachenden Gericht über dessen Lebensführung zu berichten. Bewährungshilfe sei auch im Rahmen der Führungsaufsicht insbesondere bei Sexualdelikten vorgesehen. Dementsprechend komme dem Bewährungshelfer dabei eine Vorbildfunktion zu, er müsse ohne jede Einschränkung für die Durchsetzung der Normen einstehen und auch kleinere Verfehlungen in seinen Berichten aufführen. Die Gewähr hierfür sei beim Beklagten nicht mehr gegeben. Als Leitender Bewährungshelfer sei der Beklagte Fachvorgesetzter der ihm zugeordneten Bewährungshelfer und Servicekräfte und wirke bei Personalangelegenheiten der Bewährungshilfe mit. Er habe daher eine besonders hervorgehobene Stellung. Dazu gehöre auch die Fähigkeit zur Repräsentation der Bewährungshilfe nach außen, Verantwortungsbewusstsein und Verlässlichkeit, sowie die Eigenschaft, mit gutem Beispiel voranzugehen. Bei dem Beamte des Bewährungshelfers sei zudem unabhängig von der leitenden Stellung des Beamten ein besonderer beruflicher Bezug gegeben. Die liege zum einen in der Aufgabe bei Straftätern dauerhaft zu gewährleisten, dass eine positive Prognose durch seine Kontrolle und Unterstützung sichergestellt sei. Insoweit müsse der Bewährungshelfer ein positives Vorbild sein. Auch müsse er als hauptamtlicher Bewährungshelfer die Bewährungshilfe betreffend Jugendlichen und Heranwachsenden mitübernehmen. Hierbei könnten Situationen entstehen, die durchaus mit dem Amt etwa eines Lehrers vergleichbar seien. Wie ein Lehrer hat der Bewährungshelfer hier die Erziehung des Jugendlichen zu fördern und schädlichen Neigungen des Jugendlichen entgegenzuwirken.
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Daran würden auch die Ausführungen des Beklagten nichts ändern. Diese zeigten, dass er über mehrere Jahre aus eigener Kraft nicht in der Lage gewesen sei, sich aus der Situation zu befreien. Der nunmehr gefundene Weg, dem Hang zu Pornokonsum gegenzusteuern sei zu begrüßen. Er räume den eingetretenen Vertrauensverlust und den Zweifel an der generellen Charakterfestigkeit und unerschütterlichen Gesetzestreue des Beamten jedoch nicht aus. Unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes und des bisherigen dienstlichen Verhaltens, und insbesondere des eingetretenen Vertrauensverlustes sei festzustellen, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren sei. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beamte geständig und einsichtig sei und seit April 2018 eine Therapie durchführe, ferner sich im Disziplinarverfahren kooperativ gezeigt habe und seine Leistungen weiterhin auf dem früheren Niveau erbringe, sowie dass es sich letztlich bei den Bildern nicht um Gewaltdarstellungen sondern um sogenannte Posingbilder handelte, sei gleichwohl die Entfernung aus dem Dienst gerechtfertigt. Neben dem Eigengewicht der Straftat sei zu berücksichtigen, dass sich die vorsätzlich begangenen Straftaten auf mehrere Bilder beziehen und an mehreren Tagen empfangen bzw. versandt worden sind. Aus der Höhe der verhängten Strafe sei auch die Schwere der Straftat ersichtlich. Zudem erfordere das Amt des Bewährungshelfers eine Vorbildfunktion und im besonderen Maße Anforderungen an die Zuverlässigkeit, gesetzestreue und moralische Integrität. Das Vertrauen hierin sei schwer beschädigt. Insgesamt sei eine Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis aus Sicht der Klägerin zwingend erforderlich.
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Der Beklagte hat sich in der Sache bislang im Verfahren nicht geäußert. Eine beantragte und gewährte Akteneinsicht wurde nicht wahrgenommen. Mit Schreiben vom 17.07.2020 wurde einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
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Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten, die den Beklagten betreffende Strafakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Disziplinarkammer entscheidet mit Urteil ohne mündliche Verhandlung, da die Parteien ihr Einverständnis hiermit erklärt haben, Art. 3 des Bayerischen Disziplinargesetzes (BayDG) i.V.m. § 87a Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayDG.
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Die zulässige Disziplinarklage führt zur Zurückstufung des Beklagten um zwei Besoldungsgruppen in das Amt eines Sozialamtmannes der Besoldungsgruppe A 11.
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I. Gegen die Ordnungsgemäßheit der Klageschrift bestehen keine Bedenken. Sie entspricht den Anforderungen des Art. 50 Abs. 1 BayDG und gibt in ausreichender Weise den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens sowie die für die Entscheidung bedeutsamen Tatsachen und Beweismittel in geordneter Darstellung wieder. Mängel der Klageschrift wurden nicht - innerhalb der Frist des Art. 53 Abs. 1 BayDG - geltend gemacht.
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Die dem Beklagten zur Last gelegten Vorfälle rechtfertigen die verhängte Disziplinarmaßnahme.
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II. Das Gericht legt dabei den in der Anklageschrift dargestellten Sachverhalt der disziplinarrechtlichen Würdigung zugrunde.
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Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen des seit 30.11.2018 rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts … im Verfahren Az. 09 Cs 410 Js 304/18. Hiernach wurde der Beklagte wegen der Verbreitung, Erwerbs und Besitzes jugendpornographischer und kinderpornographischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung in 25 tatmehrheitlich zusammentreffenden Fällen verurteilt.
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Die tatsächlichen Feststellungen eines Strafbefehls sind zwar nicht gemäß Art. 55 BayDG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG für ein Disziplinar(-klage) verfahren zwingend bindend. Das Gericht kann sie jedoch gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG seiner Entscheidung ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen. Hinzu kommt, dass den in einem rechtskräftigen Strafbefehl getroffenen tatsächlichen Feststellungen eine erhebliche Indizwirkung zukommt (vgl. z.B. BayVGH vom 1.6.2005 Az. 16a D 04.3502). Der Beklagte hat den Sachverhalt zudem vollumfänglich eingeräumt. Das Gericht hat auch die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte beigezogen, einschließlich der von der Festplatte des Beklagten extrahierten Bilddateien, und diese in Augenschein genommen. Hierbei handelt es sich um Bilddateien, die augenscheinlich unter 18 bzw. unter 14-jährige Mädchen zeigen, deren Geschlechtsteil dabei in zum Teil aufreizenden Posen zu sehen ist. Schwerer sexueller Missbrauch von Jugendlichen, bzw. Kindern, dergestalt, dass sexuelle Handlungen vollzogen und abgebildet wurden, ist auf den Bilddateien nicht zu erkennen. Bei einer Aufnahme wird ein Geschlechtsverkehr zwischen Jugendlichen nachgestellt bzw. gezeigt, jedoch ohne Geschlechtsteile.
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III. Durch die festgestellten Taten hat der Beklagte - neben der Verwirklichung des Straftatbestandes der Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographische Schriften in Tatmehrheit mit 25 sachlich zusammentreffenden Fällen der Verbreitung, des Erwerbes und Besitzes kinderpornographischer Schriften nach §§ 184b und c StGB (sanktioniert mit Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren bzw. mit Geldstrafe bzw. Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren) - vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gegen seine beamtenrechtliche Pflicht zur Beachtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) sowie zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes nach § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen.
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IV. Dieses Fehlverhalten stellt ein einheitliches, außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 BeamtStG dar. Es ist nach der gebotenen materiellen Betrachtungsweise als außerdienstlich zu qualifizieren. Denn ein funktionaler Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung des Beklagten und dem bekleideten Amt liegt nicht vor, weil das Verhalten weder formell in sein Amt noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2001 - 1 D 55.99 -, Rn. 57, juris; BVerwG U. v. 25.10.2017- 14 LB 4/16 -, Rn. 44, juris). Die kinderpornografischen Dateien sind ausschließlich auf seinen privaten Datenträgern gefunden worden.
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Ein besonderer, dienstrechtlicher Bezug zu seinem Amt ist bei dem Beklagten entgegen der Auffassung der Klägerseite auch nicht zu sehen. Anknüpfungspunkt für den Amtsbezug ist das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne. Die Rechtsstellung des Beamten wird durch sein Statusamt geprägt (BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 2 C 51.13 - BVerwGE 151, 114 Rn. 28). Das Statusamt - und nicht die mit dem gegenwärtig innegehabten Dienstposten verbundene Tätigkeit - bestimmt, mit welchem Aufgabenbereich der Beamte amtsangemessen beschäftigt und damit künftig verwendet werden kann. Die Bezugnahme auf das Statusamt folgt darüber hinaus aus der materiellen Pflichtenstellung des Beamten gemäß § 34 Satz 3 BeamtStG. Während Satz 2 dieser Vorschrift an die dem Beamten übertragenen Aufgaben anknüpft, nehmen Satz 1 und 3 jeweils auf den Beruf Bezug. Die Verpflichtung, sich mit vollem persönlichen Einsatz dem Beruf zu widmen, ist nicht nur auf den gegenwärtigen Dienstposten beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle nach dem Statusamt wahrnehmbaren Dienstposten.
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Aus dem sachlichen Bezug des Dienstvergehens zum konkreten Aufgabenbereich kann sich aber eine Indizwirkung ergeben. Der Beamte wird mit dem ihm übertragenen konkreten Amt identifiziert; dieses hat er uneigennützig, nach bestem Gewissen und in voller persönlicher Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen wahrzunehmen (§ 34 Satz 1 und 2 sowie § 36 Abs. 1 BeamtStG). Je näher der Bezug des außerdienstlichen Fehlverhaltens des Beamten zu dem ihm übertragenen Aufgabenbereich ist, umso eher kann davon ausgegangen werden, dass sein Verhalten geeignet ist, das Vertrauen zu beeinträchtigen, das sein Beruf erfordert (BVerwG, Urteile vom 24.10.2019- 2 C 3/18, vom 8. Mai 2001 - 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <218 f.> und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 20).
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In seinem Amt als Sozialrat sowie auf seinem konkreten Dienstposten als Leitender Bewährungshelfer war der Beklagte insbesondere nicht in besonderem Maße regelmäßig und schwerpunktmäßig mit der Betreuung Jugendlicher oder von Kindern befasst, weshalb nicht bereits wegen seines Statusamtes bzw. seiner konkreten beruflichen Tätigkeit ein besonderer dienstrechtliche Bezug besteht, wie dies bei Delikten der vorliegenden Art etwa bei Lehrern oder Betreuern der Fall ist, zu deren Dienstpflicht der besondere Schutz und die Obhut gerade von Kindern gehört (vergleiche BayVGH, Urteil vom 21.01.2015 -16 a D 13.1805; Urteil vom 10. Juli 2019 - 16a D 17.1249 -, juris).
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Das außerdienstliche Verhalten des Beklagten erfüllt jedoch gleichwohl die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz. Nach dieser Vorschrift ist im Verhalten außerhalb des Dienstes dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt nach ständiger Rechtsprechung in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19.02.2003 - 2 BvR 1413/01). Dabei kommt vorsätzlichen Straftaten (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 Beamtenstatusgesetz) eine besondere Bedeutung zu (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18.06.2015 - 2C 25/14, juris Rn. 16; Urteil vom 28.07.2011 - 2C 16.10). Das Bundesverwaltungsgericht hat grundsätzlich darauf abgestellt, dass bei außerdienstliche Dienstvergehen regelmäßig ein disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis ausgelöst wird, wenn es sich um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt (vgl. Urteil des BVerwG vom 10.12.2015 Aktenzeichen 2C6/14). Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als Strafe hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne weiteres darauf schließen, dass das Verhalten das Ansehen des Berufsbeamtentums in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (Bundesverwaltungsgericht a.a.O.). In Anknüpfung an diese Grundsätze sind die besonderen, qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz erfüllt. Die von dem Beklagten begangene Straftat des Besitzes sowie der Verbreitung kinderpornographischer Schriften ist gemäß § 184 b Abs. 1 Nummer 2 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren belegt und führt zu einem erheblichen Ansehensschaden für den Kläger, aber auch für die Beamtenschaft an sich.
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Wer kinderpornographische oder jugendpornographische Schriften verbreitet, erwirbt bzw. besitzt, trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße Persönlichkeit- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung.
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V. Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat aber noch nicht zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig völlig verloren hat. Deshalb ist nach Art. 14 Abs. 2 BayDG noch nicht auf die Höchstmaßnahme zu erkennen.
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Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 12). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Nur so können die Integrität des Beamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 13).
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Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 16).
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Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, ist bei Straftaten zunächst auf den gesetzlich bestimmten Strafrahmen zurückzugreifen (BVerwG, B.v. 5.7.2016 - 2 B 24.16 - juris Rn. 14), weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlusts am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 50.13 - juris Rn. 15; BayVGH, U.v. 9.5.2018 - 16a D 16.1597 - juris Rn. 31).
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Für das Verbreiten, den Erwerb bzw. Besitz kinder-und jugendpornographische Schriften gibt es keine Regeleinstufung, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlung zu groß ist. Maßgeblich für die Maßnahmenbemessung ist die jeweilige Strafandrohung unter Berücksichtigung des Dienstbezuges der Pflichtverletzung des Beamten. Das Ausmaß des Vertrauensschadens, der durch eine außerdienstlich begangenen Straftat hervorgerufen wird, wird damit hier maßgeblich durch den Strafrahmen bestimmt. Für die disziplinarische Ahndung der außerdienstlichen Verbreitung kinderpornographische Schriften ist aus dem zum Zeitpunkt der Tatbegehung geltenden Strafrahmens der §§ 184 b Abs. 1 Nummer 1 b und c, 184 c Abs. 1 Nummer 1 c StGB (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung vom 21.01.2015 bis 30.06.2017) eine Strafandrohung von bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe zu entnehmen, bei der Maßnahmenbemessung deshalb auf einen Orientierungsrahmen bis zur Verhängung der Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst abzustellen (OVG Thüringen, Urteil vom 08.08.2017 - 8 DO 568/16-juris). Die Höchstmaßnahme ist dabei bei einem besonderen dienstlichen Bezug regelmäßig gerechtfertigt (BayVGH, Urteil vom 21.01.2015 -16 a D 13.1805; Urteil vom 10. Juli 2019 - 16a D 17.1249 -, juris).
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Die Ausschöpfung des in maßgeblichen Anlehnung an den abstrakten Strafrahmen gebildeten Orientierungsrahmen kommt jedoch nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehaltes vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmen -nach oben wie nach untenunter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.07.2013-2C 63.11). Ein wie auch immer geartete Schematismus verbietet sich in besonderer Weise (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 05.03.2014-2B 111.13-juris).
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Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat im 2. Schritt auch auf die vom Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden. Dies folgt aus § 24 Abs. 1 Satz 1 Beamtenstatusgesetz, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Verurteilung zwar keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmen herangezogen werden. Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Verwertbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.05.2012-2B 146.11).
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Dabei fällt zulasten des Beklagten zunächst erschwerend ins Gericht, dass er wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verurteilt worden ist. Dieses Strafmaß ist bereits der Grenze angenähert, bei der das Beamtenverhältnis nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 Beamtenstatusgesetz bereits kraft Gesetzes endet. Ebenso, dass es sich nicht um ein einmaliges Versagen handelte, sondern um Verstöße über einen Zeitraum von nahezu eineinhalb Jahren zwischen März 2015 und August 2016. Andererseits ist aufgrund der Variationsbreite der Strafbarkeit nach § 184 b StGB vor allem festzustellen, dass die auf dem PC des bislang straf- und dienstrechtlich nicht auffällig gewordenen Beklagten gespeicherten 28 Bilder ausschließlich Kinder bzw. Jugendliche in aufreizenden Posen, mit Kamerafokus zum Teil auf die unbedeckte Vagina gerichtet, nicht jedoch um die Darstellung schweren sexuellen Missbrauchs, mithin des Vollzuges sexueller Praktiken an Kindern oder Jugendlichen, handelte. Laut Sachverständigengutachten (im Sonderheftgutachten, Seite 4) sind die sichergestellten Bilddateien dem sogenannten „Posing“ zuzuordnen. Hier ist auch festzuhalten, dass die gesicherten strafrechtlich relevanten Bilder nur einen sehr geringen Teil der insgesamt sichergestellten pornographischen Dateien ausmachen. Insoweit ist es nachvollziehbar, dass nicht aufgrund pädophiler Neigung gezielt danach gesucht wurde, sondern diese Bilder auch im Rahmen eines wahllosen Pornographiekonsums aus dem Internet geladen und teilweise auch weiter verbreitet wurden.
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Ferner ist festzustellen, dass der Beklagte sich ohne Verharmlosungsversuche offen geständig und einsichtig gezeigt hat. Seit April 2018 führt er eine psychotherapeutische Therapie zur Bewältigung seines unkontrollierten Pornokonsums -ausgelöst wohl durch die Erkrankung seiner Ehefrau an …durch. Im Rahmen der disziplinarischen Maßnahmen hat sich der Beklagte einsichtig und kooperativ gezeigt. Dies wird in seinem Persönlichkeitsbild vom 14.02.2019 durch den Präsidenten des Landgerichts … bestätigt. In seiner letzten Beurteilung vom Dezember 2015 erhielt der Beamte das Gesamturteil 12 Punkte. Nach dem eingeholten Persönlichkeitsbild bestand dieser Leistungsstand fort.
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Klassische Milderungsgründe wie Augenblicksversagen, Selbstoffenbarung einer noch nicht entdeckten Verfehlung, erheblich geminderte Schuldfähigkeit, Fehlverhalten während einer besonders schwierigen, überwundenen Lebenssituation, sind bei dem Beklagten nach den Vorgaben der Rechtsprechung jeweils isoliert gesehen zwar nicht gegeben. In der Summe ist bei der Bemessung der notwendigen und angemessenen Disziplinarmaßnahme jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte in einer schwierigen Lebenssituation ein Fehlverhalten an den Tag gelegt hat, dass er nach Konfrontation mit diesem sofort eingestanden und bedauert hat, und zudem selbst Schritte unternommen hat durch Wahrnehmung professioneller Hilfe mit den weiterhin bestehenden privaten Belastungen besser zurecht zu kommen und die Pornosucht in den Griff zu bekommen.
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Unter diesen Umständen hält das Gericht das Verhängen der Höchstmaßnahme nach Art. 11 BayDG nicht für sachgerecht, da das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht restlos endgültig verloren ist.
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Gleichwohl hat der Beklagte ein sehr schweres Dienstvergehen durch die außerdienstliche Straftat begangen, das einen erheblichen Vertrauensschaden im Hinblick auf den öffentlichen Dienst verursacht hat. Sowohl aus Gesichtspunkten der Reinigungsfunktion als auch der Erziehungsfunktion des Disziplinarrechts und damit der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung ist eine nach außen sichtbare Maßnahme angezeigt.
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Unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen nicht zu beanstanden dienstlichen Verhalten des Beklagten erscheint in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine Zurückstufung des Beklagten um zwei Ämter nach Art. 14 Abs. 1 und 10 Abs. 1 BayDG in ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt, nämlich das des Sozialamtmannes in die Besoldungsstufe A 11 als disziplinarrechtliche Ahndung angemessen aber auch ausreichend.
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Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
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Das Verfahren ist gebührenfrei (Art. 73 Abs. 1 BayDG).