Titel:
Behinderung, Leistungen, Berufung, Schlussrechnung, Erfolgsaussicht, Rechtsmittel, Revision, Leistung, Zahlung, Berufungsverfahren, Auftragnehmer, Einheitspreis, Restwerklohnforderung, Vollendung, Aussicht auf Erfolg, keine Aussicht auf Erfolg, Die Fortbildung des Rechts
Schlagworte:
Behinderung, Leistungen, Berufung, Schlussrechnung, Erfolgsaussicht, Rechtsmittel, Revision, Leistung, Zahlung, Berufungsverfahren, Auftragnehmer, Einheitspreis, Restwerklohnforderung, Vollendung, Aussicht auf Erfolg, keine Aussicht auf Erfolg, Die Fortbildung des Rechts
Vorinstanzen:
OLG München, Verfügung vom 05.03.2020 – 28 U 1694/19 Bau
LG München I, Endurteil vom 19.03.2019 – 11 O 11338/18
Fundstelle:
BeckRS 2020, 60728
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 19.03.2019, Aktenzeichen 11 O 11338/18, wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte 80% und die Klägerin 20%.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die jeweiligen Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.740,61 € festgesetzt.
Gründe
1
Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit einem gekündigten Bauvertrag im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben am A. in München.
2
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 19.03.2019 Bezug genommen.
3
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 41.349,67 Euro verurteilt und die darüber hinausgehende Klage abgewiesen. Die Klägerin habe die Beklagte mit Stahlbau- und Schlosserarbeiten für das Bauvorhaben am A. in München unter Einbeziehung der VOB/B beauftragt; diesen Bauvertrag habe die Klägerin mit Schreiben vom 16.05.2017 gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 4 VOB/B gekündigt. Da die Beklagte mit der Vollendung der Leistung in Verzug geraten sei und sich hinsichtlich der verspäteten bzw. letztendlich nicht erfolgten Fertigstellung nicht auf Behinderungen berufen könne, stehe der Klägerin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B ein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Drittausführung in Höhe von 87.382,85 € zu.
4
Der Beklagten stünde aus der Schlussrechnung noch eine einredefreie Restwerklohnforderung in Höhe von 46.033,18 € brutto zu, mit der die Klägerin jedoch aufgerechnet habe. Die Beklagte sei daher zur Zahlung der Differenz aus der Schlussrechnung und den klägerischen Ansprüchen zu verurteilen.
5
Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Beklagten im vollen Umfang der Verurteilung. Erstrebt wird weiterhin vollständige Klageabweisung gemäß den Anträgen erster Instanz.
6
Das Erstgericht sei zu Unrecht von einer wirksamen Kündigung gemäß § 8 Abs. 3 VOB/B ausgegangen. Zudem habe das Erstgericht Rechtsnormen nicht richtig angewandt, verfahrensfehlerhaft maßgeblichen Sachvortrag der Beklagten übergangen, erforderliche Beweise nicht erhoben und Hinweispflichten verletzt.
7
Im Einzelnen wird in der Berufungsbegründung gerügt:
- Die von der Klägerin ausgesprochene fristlose Kündigung sei unwirksam.
8
Die Beklagte habe die von der Klägerin behauptete Verzögerung in der Ausführung der ihr übertragenen Leistungen nicht zu vertreten, da die Beklagte bis zur Kündigung des streitgegenständlichen Vertragsverhältnisses in der Fertigstellung der ihr übertragenen Arbeiten behindert gewesen sei.
9
Ein Verzug der Beklagten mit der Vollendung der ihr übertragenen Leistungen habe nicht vorgelegen.
- Hinsichtlich der Behinderung der Beklagten durch die geänderte Befestigung der Brüstungsbleche, durch die Erhöhung der Balkongeländer und durch die Änderung der Qualität der Brüstungsbleche habe das Erstgericht die seitens der Beklagten angebotenen Beweise rechtsfehlerhaft nicht erhoben und den diesbezüglichen Sachvortrag nicht berücksichtigt.
- Die Annahme des Erstgerichts, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Mittel zu beschaffen, welche sie für die Ausführung der ihr übertragenen Arbeiten benötige, sei unzutreffend.
10
Die Ausführung eines Gerüst für den eigenen Gebrauch habe die Beklagte lediglich bis zu einer Höhe von 2 m über Gelände bzw. Fußboden geschuldet.
- Aus dem erstinstanzlichen Sachvortrag der Beklagten sei ersichtlich, dass die Behinderung der Beklagten in der Ausführung der ihr übertragenen Arbeiten bis einschließlich 31.12.2016 fortbestanden habe.
11
Die Ausführungen des Erstgerichts, dass in der Fertigstellung der Außenanlagen für das streitgegenständliche Bauvorhaben kein Behinderungstatbestand zu sehen sei, sei rechtsfehlerhaft. Die Klägerin habe gegen ihre Koordinationspflicht verstoßen, indem sie die Außenanlagen habe fertig stellen lassen, obgleich die Beklagte die Glastrennwände noch auf die Balkone zu heben gehabt hätte. Der Klägerin sei spätestens seit August 2016 bekannt gewesen, dass ein Einheben der Glastrennwände im Hinblick auf die vorgezogene Fertigstellung der Außenanlage nicht möglich gewesen sei, ohne diese zu beschädigen.
12
Auch in der Ausführung der ihr übertragenen Nassbeschichtungsarbeiten an den Balkongeländern sei die Beklagte behindert gewesen; die Klägerin habe nicht für die Zugänglichkeit der Balkone gesorgt.
13
Auf den Vortrag der Beklagten zur Behinderung in der Ausführung der Nassbeschichtungsarbeiten, welche wie auch die Behinderung beim Einheben der Balkontrennwände bis zur Kündigung des streitgegenständlichen Vertragsverhältnisses gemäß Schreiben vom 16.05.2017 angedauert habe, sei das Erstgericht nicht eingegangen.
14
Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes sei eine bauablaufbezogene Darstellung der Behinderungstatbestände nicht erforderlich.
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Insbesondere lägen hier nicht nur singuläre Ereignisse vor, welche jeweils für ein gewisses Zeitfenster zu einer Verzögerung geführt hätten. Vielmehr bauten die hier vorliegenden Behinderungstatbestände aufeinander auf bzw. lösten sich ab. Eine hinreichend bauablaufbezogene Darstellung läge im Übrigen in den erstinstanzlichen Schriftsätzen vor. Das Erstgericht habe daher zu Unrecht eine Behinderung der Beklagten in der Ausführung der ihr übertragenen Arbeiten verneint. Ferner habe es zu Unrecht den Sachvortrag der Beklagten im Hinblick auf die geforderte bauablaufbezogene Darstellung für unzureichend erachtet. Die erstinstanzliche Entscheidung beruhe daher auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung. Soweit Vortrag zwischen den Parteien streitig gewesen sei, hätte das Erstgericht hierüber Beweis erheben müssen.
16
Schließlich habe das Erstgericht die Kosten für die Fertigstellung der streitgegenständlichen Arbeiten fehlerhaft ermittelt.
17
Hinsichtlich der Kosten der Firma S. M. GmbH habe das Erstgericht zu Unrecht die Kosten gemäß Rechnung vom 20.10.2017 in voller Höhe angesetzt.
18
Die geltend gemachten Massen seien ebenso wenig nachvollziehbar wie der in Rechnung gestellte Einheitspreis. Dies sei bereits erstinstanzlich gerügt worden. Zu den Grundlagen der Rechnungen habe die Klägerin nichts vorgetragen. Im Übrigen sei schon erstinstanzlich gerügt worden, dass es bereits nach der eigenen Auffassung der Klägerin nicht erforderlich gewesen sei, die Nasslackierarbeiten von einer Hebebühne auszuführen. Diesem Vortrag 28 U 1694/19 Bau - Seite 5 - hätte das Erstgericht nachgehen müssen.
- Hinsichtlich der Kosten der Firma A. Fensterbau GmbH sei bereits erstinstanzlich gerügt worden, dass auch hier die geltend gemachte Forderung nicht nachvollziehbar sei.
19
Es sei unklar, auf welcher Grundlage die Firma A. Fensterbau GmbH die Kosten für die nachträgliche Montage der streitgegenständlichen Balkontrennwände ermittelt habe. Es sei der Beklagten daher nicht möglich gewesen, substantiiert zu den geltend gemachten Kosten Stellung zu nehmen. Die Vertragsgrundlagen hätten durch die Klägerin vorgetragen werden müssen.
- Nicht nachvollziehbar sei zudem die Auffassung des Erstgerichts, die Beklagte müsse die Kosten für die Wartezeit des Krans und die Kosten für die Freiräumarbeiten bezahlen.
20
Diese Kosten seien auf ein Organisationsverschulden der Klägerin zurückzuführen und könnten daher der Beklagten nicht in Rechnung gestellt werden.
- Im Übrigen habe das Erstgericht auch die Werklohnforderung der Beklagten fehlerhaft ermittelt.
21
Soweit das Erstgericht ausgeführt habe, die Beklagte habe die streitigen laufenden Meter hinsichtlich der Brüstungsbleche (Pos. 2.1.10 und Pos. 2.1.19) nicht unter Beweis gestellt, sei dies unzutreffend, da bereits in der Klageerwiderung erstinstanzlich hierfür ein Sachverständigengutachten angeboten worden sei.
22
Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts die Klage abzuweisen.
23
Die Klägerin beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
und im Wege der Anschlussberufung, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts die Beklagte zur Bezahlung eines weiteren Betrags in Höhe von 9.390,94 € und Zinsen aus diesem Betrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2018 zu verurteilen.
24
Die Beklagte beantragt
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
25
Der Senat hat mit Verfügung vom 05.03.2020 (Bl. 206/220 d. A.) darauf hingewiesen, dass und aus welchen Gründen beabsichtigt sei, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, und hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Zu dem Hinweis ging eine inhaltliche Stellungnahme der Beklagten ein vom 31.03.2020 (Bl. 222/227 d. A.).
26
Auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren wird im Übrigen Bezug genommen.
27
Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 19.03.2019, Aktenzeichen 11 O 11338/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
28
Zur Begründung wird zunächst auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 05.03.2020 Bezug genommen.
29
Die Ausführungen der Berufungsführerin in der Gegenerklärung vom 31.03.2020 geben weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Anlass zu einer Änderung der Ansicht des Senats, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat.
30
Eine hinreichende Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Senats im Hinweis vom 05.03.2020 findet nicht statt. Die Gegenerklärung erschöpft sich im wesentlichen in der Wiederholung des Berufungsvorbringens.
31
Der Senat vermag daher lediglich nochmals Folgendes auszuführen:
32
1. Die Klägerin hat den Bauvertrag wirksam außerordentlich nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 VOB/B iVm § 5 Abs. 4 VOB/B wegen Verzugs der Beklagten mit der Vollendung der Leistung gekündigt.
33
Etwaige Behinderungen kann die Beklagte nicht erfolgreich geltend machen. Es fehlt insofern an einer substantiierten bauablaufbezogenen Darstellung der jeweiligen Behinderung.
34
a) Bei Kündigung wegen einer Bauzeitverzögerung gemäß § 5 Abs. 4, § 8 Abs. 3 VOB/B muss der Auftraggeber den Verzögerungstatbestand darlegen und beweisen. Dies ist der Klägerin als Auftraggeberin vorliegend gelungen.
35
aa) Die Feststellungen des Landgerichts, dass der Bauzeitplan vom 08.04.2016, Anlage B 5, die Parteien gebunden hat, dass die Arbeiten danach zum 13.11.2016 fertiggestellt werden mussten sowie, dass die Beklagte die Arbeiten weder zum 13.11.2016 noch überhaupt fertiggestellt hat, wurden weder mit der Berufung, noch mit der Gegenerklärung angegriffen und begegnen auch sonst keinen Bedenken.
36
bb) Damit steht der Verzug der Beklagten mit der Leistungserbringung fest.
37
b) Der Beklagten als Auftragnehmerin ist es hingegen nicht gelungen, substantiiert darzulegen und zu beweisen, dass sie an der rechtzeitigen Erbringung ihrer Leistung schuldlos verhindert war. Insbesondere kann sie sich diesbezüglich nicht auf sogenannte Behinderungen berufen.
38
aa) Der Auftragnehmer muss nach allgemeinem Recht nachweisen, dass er im Rahmen einer bestimmten dargelegten Zeit seine Leistung rechtzeitig erbracht hat bzw. schuldlos daran verhindert war.
39
Letzteres gilt auch für die Frage, ob ihm ggf. einer der in § 6 Abs. 2 VOB/B genannten Gründe zugute kommt und er die Behinderung ordnungsgemäß angezeigt hat bzw. diese Anzeige wegen Offenkundigkeit entbehrlich war (Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 20. Aufl., § 8 Abs. 3 VOB/B Rn 30). Für eine schlüssige Darlegung von Behinderungen durch den Auftraggeber ist es grundsätzlich nicht ausreichend, lediglich eine oder mehrere Pflichtverletzungen vorzutragen. Der Auftragnehmer muss vielmehr substantiiert zu den dadurch entstandenen Behinderungen seiner Leistung vortragen. Dazu ist in der Regel eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderung unumgänglich. Demjenigen Auftragnehmer, der sich durch Pflichtverletzungen des Auftraggebers behindert fühlt, ist es zuzumuten, eine aussagekräftige Dokumentation zu erstellen, aus der sich die Behinderung sowie deren Dauer und Umfang ergeben. Ist ein Auftragnehmer mangels einer ausreichenden Dokumentation der Behinderungstatbestände und der sich daraus ergebenden Verzögerungen zu einer den Anforderungen entsprechenden Darstellung nicht in der Lage, geht dies grundsätzlich nicht zu Lasten des Auftraggebers (BGH, Urteil vom 21.3.2002 - VII ZR 224/00 -, juris).
40
bb) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn, wie hier, im Rahmen eines Anspruchs nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B vom Auftragnehmer eingewendet wird, er sei schuldlos aufgrund von Behinderungen durch den Auftraggeber an der rechtzeitigen Erbringung seiner Leistung gehindert gewesen.
41
cc) Hieran ändert auch der Vortrag der Berufungsführerin, die Behinderungstatbestände hätten sich überlappt bzw. hätten sich jeweils abgelöst und so eine einzige große Behinderung dargestellt, nichts.
42
Gründe dafür, warum dann etwas anderes gelten und eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung entbehrlich sein sollte, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.
43
dd) Ebenso wenig verfängt der Hinweis der Berufungsführerin auf die Koordinationspflicht der Klägerin als Auftraggeberin.
44
Der Vortrag, die Klägerin habe gegen ihre Kooperationspflicht aus dem Bauvertrag verstoßen, begründet lediglich eine mögliche Pflichtverletzung der Klägerin, die zur Behinderung der Beklagten hinsichtlich der fristgerechten Erbringung ihrer Leistung geführt haben soll, ersetzt jedoch nicht die erforderliche substantiierte bauablaufbezogene Darstellung der Behinderung (vgl. oben).
45
c) Das Erstgericht hat zutreffend und frühzeitig im Verfahren auf das Erfordernis der bauablaufbezogenen Darstellung der geltend gemachten Behinderungen hingewiesen.
46
Ein sich an diesen Grundsätzen orientierender Sachvortrag der Beklagten erfolgte jedoch weder erstinstanzlich, noch in der Berufungsbegründung, noch in der Gegenerklärung.
47
2. Ohne Erfolg wird in der Gegenerklärung erneut gerügt, das Erstgericht habe die Kosten für die Fertigstellung der streitgegenständlichen Restarbeiten fehlerhaft ermittelt.
48
Eine Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Ausführungen des Senats im Hinweis findet nicht statt.
49
a) Der Senat vermag daher lediglich nochmals darauf zu verweisen, dass der Auftraggeber berechtigt ist, den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen zu lassen, wenn - wie hier - die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung nach § 8 Abs. 3 VOB/B vorliegen.
50
Für die Erstattungsfähigkeit von Fremdnachbesserungskosten ist auch im Rahmen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B darauf abzustellen, was ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr unter Berücksichtigung von Zeitdruck und Bauvolumen für angemessen halten durfte. Die Anforderungen an den diesbezüglichen schlüssigen Vortrag des Auftraggebers zu den Mehrkosten der Fertigstellung hängen von den Umständen der Vertragsabwicklung und der Ersatzvornahme ab. Sie bestimmen sich danach, welche Angaben dem Auftraggeber möglich und zumutbar sind, sowie nach den Kontroll- und Informationsinteressen des Auftragnehmers. Die Beweislast dafür, dass der Auftraggeber gegen seine Pflicht, vernünftig und wirtschaftlich zu denken und nur vertretbare Maßnahmen zur Vollendung der Bauleistung in Auftrag zu geben, verstoßen hat, liegt hingegen beim Auftragnehmer (BeckOK VOB/B, Jansen/Kandel/Preussner, 37. Edition, VOB/B § 8 Abs. 3 Rn. 22 ff).
51
b) Zu den konkret in der Berufungsbegründung erhobenen Rügen, die geltend gemachten Kosten bei einzelnen Rechnungen seien nicht nachvollziehbar, hat der Senat im Hinweis ausführlich Stellung genommen und jeweils dargelegt, dass und aus welchen Gründen die erhobenen Einwände der Berufungsführerin nicht durchgreifen.
52
Eine hinreichende Auseinandersetzung mit diesen Ausführungen findet in der Gegenerklärung nicht statt.
53
c) Dass der Leistungsinhalt der Ersatzvornahmen jeweils nicht dem von der Beklagten geschuldeten entsprochen oder dass die Klägerin die jeweiligen Werklohnforderungen hinsichtlich der Ersatzvornahmen tatsächlich nicht bezahlt habe, wurde im Übrigen weder in der Berufungsbegründung, noch in der Gegenerklärung eingewendet und ist auch sonst nicht ersichtlich.
54
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
55
Durch die Zurückweisung der Berufung der Beklagten verliert zugleich die Anschlussberufung der Klägerin ihre Wirkung (§ 524 Abs. 4 ZPO), so dass über deren Erfolgsaussicht nicht mehr zu befinden ist.
56
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO.
57
Bei einer Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ist die Frage der Kostentragungspflicht hinsichtlich einer Anschlussberufung in der ZPO nicht ausdrücklich geregelt. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung an, dass eine anteilige Kostentragungspflicht des Anschlussberufungsführers auszusprechen ist (Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, Kommentar, 40. Auflage, § 524 Rd. 20).
58
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
59
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 3 ZPO, 47, 48 GKG bestimmt.
60
Eine Zulassung der Revision kommt im Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO schon deshalb nicht in Betracht, weil bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO der Senat schon von der Verfahrensweise nach § 522 Abs. 2 ZPO Abstand hätte nehmen müssen. Da die Entscheidung des Senats von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Geltendmachung von Ansprüche wegen Bauzeitverzögerung nicht abweicht, sondern sie im Gegenteil anwendet, könnten vermeintlich divergierende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte auch keinen Zulassungsgrund darstellen.
1. Beschluss vom 07.04.2020 hinausgeben an:
Prozessbevollmächtigte der Berufungsbeklagten … Prozessbevollmächtigte der Berufungsklägerin …