Inhalt

OLG München, Endurteil v. 20.05.2020 – 27 U 2896/19 Bau
Titel:

Schadensersatz, Berufung, Leistungen, Revision, Schlussrechnung, Mangelhaftigkeit, Rechtsanwaltskosten, Vergleich, Werkleistung, Anscheinsbeweis, Bauvorhaben, Ersatzpflicht, Beweisverfahren, Abnahme, Treu und Glauben, Co KG, Kosten des Berufungsverfahrens

Schlagworte:
Schadensersatz, Berufung, Leistungen, Revision, Schlussrechnung, Mangelhaftigkeit, Rechtsanwaltskosten, Vergleich, Werkleistung, Anscheinsbeweis, Bauvorhaben, Ersatzpflicht, Beweisverfahren, Abnahme, Treu und Glauben, Co KG, Kosten des Berufungsverfahrens
Vorinstanz:
LG Augsburg, Endurteil vom 07.05.2019 – 2 HK O 4864/13
Fundstelle:
BeckRS 2020, 60727

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 07.05.2019, Aktenzeichen: 2 HKO 4864/13, wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor de Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt, teils bereits beziffert, teils im Wege der Feststellungsklage Schadensersatz wegen behaupteter Mangelhaftigkeit von Glasscheiben, die von der Beklagten geliefert und sodann von der Klägerin in die Überdachung des sogenannten A. Centers (jetzt: „The S. “) am Flughafen F. eingebaut wurden.
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Der Lieferung dieser Glasscheiben zu Grunde lag das Angebot der Beklagten vom 18. 9. 2008 (Anlage K1) und daneben ein Verhandlungsprotokoll vom 20.01.2009 (Anlage K3), der Einbau der Glasscheiben geschah in der Zeit bis zum 30.09.2010.
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Die Bauherrin (ursprünglich A. Center F. Verwaltungsgesellschaft mbH und Co. Vermietungs KG, jetzt The S. GmbH & Co. KG) rügte in der Folge „Inhomogenitäten und Korrosionen im Randverbund“, verweigerte die Abnahme und leitete ein selbstständiges Beweisverfahren bei dem Landgericht Frankfurt am Main (Az. 2-20 OH 33/119 ein, an dem die Beklagte als Streithelferin der Klägerin teilnahm und dass sich bis ins Jahr 2018 hin zog. Im Verlauf des selbstständigen Beweisverfahrens wurden weitere Mängelsymptome unter anderem in Gestalt von „Fingerbildung“ und „Eisblumenbildung“ in die Beweisaufnahme einbezogen.
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Zu einer abschließenden Bewertung des vom Gericht beauftragten Sachverständigen Dipl.-Ing. F. D., ob und gegebenenfalls in welcher Art und mit welchem Umfang die von der Beklagten gelieferten Glasscheiben mangelbehaftet sind, kam es in der Folgezeit nicht.
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Mit Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO stellte das Landgericht Frankfurt am Main einen Vergleich zwischen der Bauherrin und der Klägerin fest, an dem die Beklagte nicht beteiligt war und der ausweislich der Präambel zur „Erledigung von Vergütungstreitigkeiten, Austausch gewährter Sicherheiten und zur Klärung der Rechtslage hinsichtlich der Abnahme“ diente. Abschließend wurde darin vereinbart, dass das „Beweisverfahren nach übereinstimmender Vorstellung der Parteien beendet“ ist. Wegen des näheren Inhalts des abgeschlossenen Vergleichs wird auf Seiten 7-9 des Ersturteils Bezug genommen.
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Nach Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens hat die Klägerin die gegenüber der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche teilweise beziffert. Sie verlangt nunmehr
- der Klägerin im selbstständigen Beweisverfahren entstandene Anwaltskosten in Höhe von 79.209,97 €,
- Kosten für mangelbedingt verlängerte Vertragserfüllungssicherheiten in Höhe von 92.717,13 €,
- Kosten für eine projektbezogene Höherversicherung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Höhe von 14.994,00 € sowie
- entgangenen Gewinn aufgrund verspäteter Bezahlung des Restbetrags auf die Schlussrechnung in Höhe von 50.318,79 €.
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Erstinstanzlich hat die Klägerin zuletzt beantragt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, 237.239,89 € nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit dieses Leistungsantrages an die Klägerin zu bezahlen.
II. 1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die aus den im selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Frankfurt a.M. (Az. 2-20 OH 33/11) vom Sachverständigen Dipl.-Ing. (TU) F. D. behandelten Mängeln, entstehen, als da wären:
- Die nicht der DIN EN 1279 und den Herstellervorgaben der Beklagten entsprechende Randentschichtung der Glaseinheiten (siehe Gutachten Beweisverfahren LG Frankfurt 2-20 OH 33/11 Sachverständiger Dipl.-lng. D. vom 05.11.2013, Seite, 47). Die Randentschichtung geht nicht bis zum Butylstreifen.
- Der Kontakt zwischen den Edelstahlabstandshaltern und den Glasscheiben (siehe Protokoll mündliche Verhandlung LG Frankfurt Beweisverfahren Az. 2-20 OH 33/11 vom 04.09.2016 K 53, dort Seite 3, 1. Absatz).
Außerdem wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle Schäden zu ersetzen, die von den im Beweisverfahren LG Frankfurt 2-20 OH 33111 behandelten Mängelsymptomen (Korrosionserscheinungen, Delamination/Eisblumenbildung, fingerartige Einläufe) bei den Glaseinheiten des Daches beim Bauvorhaben The S., The S. 13, …, … F., herrühren, wenn sich die Situation ab dem 18.01.2018 bis zum 31.12.2024 so verändert, dass:
a) die Genehmigungsfähigkeit des Daches nicht mehr gegeben ist oder
b) die Mängelsymptome derart voranschreiten, dass gegenüber den von dem bisherigen gerichtlichen Sachverständigen dokumentierten Mängelsymptomen eine Verschlechterung eintritt, so dass optische Beeinträchtigungen bei gereinigten Glaseinheiten für Passanten im Inneren des Gebäudes ohne technische Hilfsmittel wahrnehmbar sind oder
c) die gemäß zwischen der R. Konstruktionen aus Stahl und Glas GmbH und der A. Center F. Verwaltungsgesellschaft abgeschlossenen Vertrag für die Glasdächer mit tragender Stahlkonstruktion für das Bauvorhaben A. Center F. nebst Anlagen (K 4) zu erfüllenden technischen Parameter für das Glas nicht mehr erfüllt sind oder
d) weitere Scheiben von einer Delamination betroffen sind, so dass die Resttragfähigkeit der VSG-Sicherheitsgläser nicht mehr gewährleistet ist bzw. die Delaminationen über das normal zu erwartende Maß hinaus sichtbar sind. Dies gilt für die durchsichtigen Isolierglaseinheiten.
2. Des Weiteren gehören dazu Schäden, welche die Klägerin gegenüber der The S. GmbH & Co. KG oder deren Rechtsnachfolgern zu ersetzen hat, die dadurch entstehen, dass sich der Zustand der Glaseinheiten wie unter I.1.a. bis d. beschrieben, verändert und dadurch Nutzungsbeeinträchtigungen der Immobilie auftreten oder Dritte deswegen Ansprüche gegenüber der The S. GmbH & Co. KG oder deren Rechtsnachfolgern geltend machen.
3. Zudem wird festgestellt, dass die Beklagte die Kosten der Klägerin für die nach Ziff. 6 des vor dem Landgericht Frankfurt im Verfahren 2-20 OH 33/11 abgeschlossenen Vergleichs vom 18.01.2018 zu stellende Gewährleistungsbürgschaft zu tragen hat.
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Die Beklagte hat
Klageabweisung beantragt.
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Mängel der gelieferten Scheiben hätten nicht vorgelegen. Korrosionserscheinungen im Randbereich der Scheiben seien entgegen der Einschätzung des Sachverständigen in seinem im Beweisverfahren erstatteten Gutachten erst zu einem späteren Zeitpunkt entstanden und festgestellt worden. Im Übrigen seien sämtliche Glasscheiben, bei denen eisblumenartige Symptome festgestellt wurden, von der Beklagten ausgetauscht worden.
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Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils Bezug genommen.
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Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
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Die Feststellungsanträge Ziff. II.1 und II.2 der Klage seien bereits unzulässig, da nicht hinreichend bestimmt. Dies ergebe sich durch die Bezugnahme auf die „vom Sachverständigen D. behandelten Mängel“ einerseits und die - nicht einschlägige - DIN EN 1279 andererseits. Im Kern nehme der Antrag zwei Kriterien in den Blick, nämlich DIN-Anforderungen einerseits und die Kriterien des Vergleichs zwischen der Klägerin und der Bauherrin andererseits, ohne näher abzugrenzen.
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Hinsichtlich Ziff. I und II.3 sei die Klage bereits deshalb unbegründet, weil die Klägerin einen zur Verweigerung der Abnahme berechtigenden Mangel nicht bewiesen habe.
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Eine Beschaffenheitsvereinbarung sei hier nicht getroffen.
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Dass die gelieferten Glaselemente für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung geeignet sind, habe die Begutachtung durch den Sachverständigen ergeben. Danach seien die Elemente für eine dauerhafte Bedachung geeignet. Trotz aufwendig durchgeführter Versuche habe sich nicht erwiesen, dass mit einer vorzeitigen Alterung zu rechnen sei.
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Soweit die Klägerin hier ein neues Sachverständigengutachten verlange, sei dem nicht zu entsprechen. Die Anhörung des Sachverständigen D. in der mündlichen Verhandlung habe das Gericht zur Überzeugung geführt, dass hier angesichts fortgeschrittener Alterung des Glasdachs eine weitere Klärung nicht mehr möglich sei. Darüber hinaus widerspreche der Antrag auf erneute Begutachtung angesichts des Verhaltens der Klägerin im OH-Verfahren dem Grundsatz von Treu und Glauben. Zudem seien die Voraussetzungen des § 412 Abs. 1 ZPO hier nicht erfüllt.
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Hinsichtlich der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 29.05.2015 zusätzlich eingeführten Mangelsymptome „Fingerbildung“ und „Eisblumen“ fehle es an einem substantiierten Vortrag.
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Im Übrigen seien die bezifferten bzw. als Feststellungsantrag Ziff. II.3 geltend gemachten Schäden nach § 249 BGB unabhängig von der Frage einer mangelhaften Leistung nicht zu erstatten.
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a) Die Rechtsanwaltskosten der Klägerin im selbständigen Beweisverfahren seien von der Beklagten nicht zu erstatten. Durch den Abschluss des Vergleichs habe es die Klägerin unmöglich gemacht, der Antragstellerin die Verfahrenskosten insgesamt aufzuerlegen. Darüber hinaus habe selbst im Falle einer Abweichung der Glaseinheiten von der Systembeschreibung der Beklagten kein Mangel vorgelegen, der zur Verweigerung der Abnahme und vollständigen Bezahlung der Schlussrechnung berechtigt hätte. Auch versuche die Klägerin mit ihrem Prozessverhalten, einen Weg der Meistbegünstigung zu finden, den die Prozessordnung nicht vorsehe. Im Vergleich hätten die Parteien des OH-Verfahrens ein Ergebnis festgeschrieben, dass einem Obsiegen der Klägerin entsprochen habe.
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b) Durch eine Verlängerung der Laufzeit der Vertragserfüllungsbürgschaften entstandene Kosten könne die Klägerin nicht beanspruchen, da diese Aufwendungen auf ihrer eigenen unternehmerischen Entscheidung beruhten.
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c) Hinsichtlich der Kosten für eine Erhöhung der Deckungssumme der Haftpflichtversicherung des Klägervertreters bestehe ebenfalls kein Anspruch gegen die Beklagte. Solche Kosten seien insbesondere deshalb nicht erstattungsfähig, da sie selbst bei komplett mangelfreier Leistung der Beklagten ebenso angefallen wären. Die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag seien insoweit nicht anwendbar.
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d) Einen entgangenen Gewinn aufgrund der verspäteten Zahlung des Rests der Schlussrechnung könne die Klägerin nicht mit Erfolg gegen die Beklagte geltend machen, da dies die Konsequenz einer unberechtigten Verweigerung der Abnahme seitens des Bauherrn und nicht von der Beklagten zu vertreten sei.
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Gegen das landgerichtliche Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihre erstinstanzlichen Sachanträge weiterverfolgt.
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Zur Begründung ihrer Berufung erhebt die Klägerin insbesondere folgende Rügen:
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Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht angenommen, dass die Feststellungsklage hier unzulässig sei. Im Antrag sei konkret auf die fehlerhafte Randentschichtung und den Kontakt zwischen Edelstahlabstandhaltern und Glasscheiben abgestellt worden. Ausmaß und Zahl der betroffenen Scheiben habe die Klägerin im Feststellungsantrag nicht angeben müssen, zumal es hier bei einer Dachfläche von ca. 16.000 m² um ca. 9000 Glasscheiben gehe. Eine Notwendigkeit des Scheibenaustauschs sei kein geeignetes Kriterium für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags. Fehlerhaft habe das Landgericht in diesem Zusammenhang die sogenannte Symptomtheorie nicht zur Anwendung gebracht.
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Zumindest hätte es eines diesbezüglichen Hinweises des Landgerichts bedurft.
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Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei hier eine weitere Beweisaufnahme vonnöten.
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Dies gelte insbesondere für die Themenkreise „Eisblumenbildung“ und „fingerartige Einläufe“, aber auch hinsichtlich der Ermittlung der Zahl der von Korrosion betroffenen Scheiben. Bei der Verwertung von Ergebnissen des selbstständigen Beweisverfahrens habe das Landgericht verkannt, dass § 411 a ZPO eine abschließende Begutachtung voraussetze, an der es hier fehle. Nach den Ausführungen auf Seiten 50 f. des Gutachtens des Sachverständigen D. könne jedenfalls nicht von Mangelfreiheit ausgegangen werden.
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Die Klägerin habe das Beweisverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main durch den Vergleich abgeschlossen, da nach sieben Jahren kein Ende des Beweisverfahrens in Sicht gewesen sei und zudem der Sachverständige D. seine Begutachtung nicht mehr habe fortsetzen wollen. Die Klägerin habe dabei versucht, die Beklagte in einen dreiseitigen Vergleich einzubeziehen, was diese jedoch abgelehnt habe.
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Schließlich habe das Landgericht in diesem Zusammenhang die Angaben des Sachverständigen D. unter Verstoß gegen § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO fehlerhaft gewürdigt. Der Sachverständige habe keineswegs festgestellt, dass weitere Aufklärung nicht zu erzielen sei. Wörtlich habe er angegeben: „es ist fraglich, ob eine Aufklärung letztendlich noch möglich sein wird“ … Darüber hinaus sei auch zu würdigen, dass sich die Beklagte selbst damit verteidigt habe, dass jede Glaseinheit mit „Eisblumenbildung“ ausgetauscht worden sei.
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Im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast sei festzuhalten, dass Produktionsfehler der Beklagten beim Randverbund und durch unzulässigen Kontakt zwischen Abstandhaltern und Scheiben festgestellt seien. Darüber hinaus begründeten die Symptome der „Eisblumenbildung“ und „fingerartigen Einläufe“ einen Anscheinsbeweis für die Mangelhaftigkeit der Scheiben.
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In materiellrechtlicher Hinsicht habe das Landgericht bereits § 434 Abs. 1 BGB fehlerhaft angewandt.
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Zu den einzelnen bezifferten Schadenspositionen meint die Klägerin:
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Ihre Rechtsanwaltskosten im selbstständigen Beweisverfahren seien kausaler Schaden aufgrund der Mangelsymptome. Der abgeschlossene Vergleich habe dabei den Zurechnungszusammenhang nicht unterbrochen. Eine unterschiedliche Argumentation der Klägerin im Beweisverfahren einerseits und im Prozess gegen die Beklagte hier andererseits sei prozesstaktisch geboten und unter rechtlichen Gesichtspunkten ohne weiteres zulässig. Auf den aus der Schlussrechnung noch offenen Betrag von brutto 1.558.680,75 habe die Klägerin im Vergleichswege 1.309.000,00 € brutto erhalten.
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Hinsichtlich der längeren Laufzeit von Vertragserfüllungsbürgschaften sei die Argumentation des Landgerichts unverständlich. Auf Zahlung und Herausgabe der Bürgschaften (unter Behauptung der Abnahmereife) habe die Klägerin aufgrund der damals bestehenden Unsicherheiten und Risiken nicht klagen müssen.
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Die Kosten der erforderlichen projektbezogenen Erhöhung der Haftpflichtversicherungssumme des Klägervertreters seien ein durch die Mangelsymptome kausal entstandener Schaden.
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Gleiches gelte für den infolge verspäteter Zahlung auf die Schlussrechnung entgangenen Gewinn der Klägerin.
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Zu den Hinweisen des Senats im Termin vom 18.03.2020 hat die Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 22.04.2020 noch wie folgt Stellung genommen:
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Der aktuelle Zustand der Glaseinheiten habe sich gegenüber dem Zustand bei Vergleichsabschluss verschlechtert, wie eine derzeit laufende Wartung des Daches ergeben habe. Insbesondere hätten sich die fingerartigen Einläufe deutlich ausgeweitet.
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Darüber hinaus reichten die Feststellungen im Beweisverfahren (Kontakt Edelstahlabstandshalter mit Glasscheiben; Produktionsfehler bei Herstellung der Randentschichtung) bereits für eine Subsumtion unter § 434 BGB aus.
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Mit Blick auf die begehrte Fortsetzung der Beweisaufnahme könne der Klägerin kein widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden. Die Klägerin habe lediglich mit ihrem unterschiedlichen Vortrag im Beweisverfahren einerseits und im hier anhängigen Prozess andererseits in zulässiger Weise ihre prozessualen Rechte wahrgenommen. Auch habe die Klägerin die Beklagte in die Vergleichsverhandlungen am Rande des selbständigen Beweisverfahrens eingebunden, diese habe sich aber an einem Vergleich nicht beteiligen wollen.
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Darüber hinaus habe die Beklagte durch Abschluss des Vergleichs seitens der Klägerin keinerlei Rechtspositionen verloren.
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Auch sei durch den Vergleichsabschluss zugunsten der Beklagten kein Vertrauenstatbestand geschaffen worden.
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Die vom Senat im Hinweis geäußerten Bedenken hinsichtlich einer praktischen Durchführung einer weiteren Beweisaufnahme könnten den rechtlichen Anspruch der Klägerin hierauf nicht zu Fall bringen.
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Der Inhalt des festzustellenden Schadensersatzanspruchs könne derzeit nicht weiter präzisiert werden. Möglich sei, dass ein Austausch einzelner oder aller Scheiben erforderlich werde. Möglich seien auch Minderungsansprüche des Bauherrn wegen Verschlechterung. Weiter möglich sei auch, dass die Klägerin für Folgeschäden, zum Beispiel Mietausfälle oder Mietminderungen, einzustehen habe.
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Die Abgeltungsregelung im Vergleich habe aufgrund der Relativität der Schuldverhältnisse keine Auswirkungen im Hinblick auf die Haftung der Beklagten.
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Hilfsweise sei die Revision zuzulassen, da der Rechtsstreit zum einen grundsätzliche Bedeutung aufweise und zum anderen die Einheitlichkeit der Rechtsprechung betroffen sei.
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Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:
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Das angefochtene Urteil des Landgerichts Augsburg vom 07.05.2019 ist dahingehend abzuändern, dass die Beklagte wie in erster Instanz zuletzt beantragt, verurteilt wird, nämlich:
I. Die Beklagte wird verurteilt, 237.239,89 € nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit dieses Leistungsantrages an die Klägerin zu bezahlen.
II. 1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die aus den im selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Frankfurt a.M. (Az. 2-20 OH 33/11) vom Sachverständigen Dipl.-Ing. (TU) F. D. behandelten Mängeln, entstehen, als da wären:
- Die nicht der DIN EN 1279 und den Herstellervorgaben der Beklagten entsprechende Randentschichtung der Glaseinheiten (siehe Gutachten Beweisverfahren LG Frankfurt 2-20 OH 33/11 Sachverständiger Dipl.-lng. D. vom 05.11.2013, Seite, 47). Die Randentschichtung geht nicht bis zum Butylstreifen.
- Der Kontakt zwischen den Edelstahlabstandshaitern und der Glasscheiben (siehe Protokoll mündliche Verhandlung LG Frankfurt Beweisverfahren Az. 2-20 OH 33/11 vom 04.09.2016 K 53, dort Seite 3, 1. Absatz).
Außerdem wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle Schäden zu ersetzen, die von den im Beweisverfahren LG Frankfurt 2-20 OH 33111 behandelten Mängelsymptomen (Korrosionserscheinungen, Delamination/Eisblumenbildung, fingerartige Einläufe) bei den Glaseinheiten des Daches beim Bauvorhaben The S., The S. 13, …, … F., herrühren, wenn sich die Situation ab dem 18.01.2018 bis zum 31.12.2024 so verändert, dass:
a) die Genehmigungsfähigkeit des Daches nicht mehr gegeben ist oder
b) die Mängelsymptome derart voranschreiten, dass gegenüber den von dem bisherigen gerichtlichen Sachverständigen dokumentierten Mängelsymptomen eine Verschlechterung eintritt, so dass optische Beeinträchtigungen bei gereinigten Glaseinheiten für Passanten im Inneren des Gebäudes ohne technische Hilfsmittel wahrnehmbar sind oder
c) die gemäß zwischen der R. Konstruktionen aus Stahl und Glas GmbH und der A. Center F. Verwaltungsgesellschaft abgeschlossenen Vertrag für die Glasdächer mit tragender Stahlkonstruktion für das Bauvorhaben A. Center F. nebst Anlagen (K 4) zu erfüllenden technischen Parameter für das Glas nicht mehr erfüllt sind oder
d) Weitere Scheiben von einer Delamination betroffen sind, so dass die Resttragfähigkeit der VSG-Sicherheitsgläser nicht mehr gewährleistet ist bzw. die Delaminationen über das normal zu erwartende Maß hinaus sichtbar sind. Dies gilt für die durchsichtigen Isolierglaseinheiten.
2. Des Weiteren gehören dazu Schäden, welche die Klägerin gegenüber der The S. GmbH & Co. KG oder deren Rechtsnachfolgern zu ersetzen hat, die dadurch entstehen, dass sich der Zustand der Glaseinheiten wie unter I.1.a. bis d. beschrieben, verändert und dadurch Nutzungsbeeinträchtigungen der Immobilie auftreten oder Dritte deswegen Ansprüche gegenüber der The S. GmbH & Co. KG oder deren Rechtsnachfolgern geltend machen.
3. Zudem wird festgestellt, dass die Beklagte die Kosten der Klägerin für die nach Ziff. 6 des vor dem Landgericht Frankfurt im Verfahren 2-20 OH 33/11 abgeschlossenen Vergleichs vom 18.01.2018 zu stellende Gewährleistungsbürgschaft zu tragen hat. Derzeit handelt es sich um die Bürgschaft der Companie Française D'Assurance Pour Le C. E. SA vom 04.01.2018 Nr. …80 über 686.341,70 €.
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Die Beklagte beantragt
Zurückweisung der Berufung der Klägerin.
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Das Landgericht habe die Klage zu Recht, teils als unzulässig, teils als unbegründet abgewiesen.
52
Die Klägerin habe im Vergleichsweg gegenüber dem Bauherrn praktisch ihre gesamte Restforderung durchgesetzt, ohne dass die Beklagte vom (bevorstehenden) Vergleichsabschluss informiert worden wäre.
53
Die Feststellungsklage sei in der Tat unzulässig, da der Antrag zu unbestimmt sei.
54
Die DIN EN 1279 sei zum einen vom Sachverständigen gar nicht untersucht worden und im Übrigen wegen der Maße der Glasscheiben auch nicht anwendbar.
55
Im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten gelte im Übrigen für die Gewährleistung nach Ziff. 5 des Verhandlungsprotokolls vom 20.01.2019 (Anlage K3/BE1). Hiernach werde auf eine Dauer von 10 Jahren und 6 Monaten ab dem 01.07.2009 eine Gewähr auf Kondensat, Schichtveränderung und Delamination (über 15 mm hinaus) gegeben. Die Klägerin mache jedoch nicht hieraus, sondern aus dem vor dem Landgericht Frankfurt am Main geschlossenen Vergleich Rechte geltend.
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Vorsorglich werde deshalb die Einrede der Verjährung erhoben.
57
Auch gebe es kein Feststellungsinteresse der Klägerin, da die Beklagte an den Festlegungen im Vergleich nicht beteiligt gewesen sei.
58
Die umfangreichen Ausführungen der Klägerin zur Mangelhaftigkeit der Glasscheiben führten insbesondere auch deshalb nicht weiter, weil die Klägerin nicht klargestellt habe, welche Rechtsfolgen sie daraus ableitet.
59
Wenn sich hier die Klägerin und der Bauherr zur Verlängerung von Gewährleistungsfristen und -bürgschaften entschlossen haben, so sei dies eine Angelegenheit, die nicht die Beklagte betreffe.
60
Die bezifferten Zahlungsansprüche habe das Landgericht zu Recht abgewiesen.
61
Das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens zwischen dem Bauherrn und der Klägerin sei im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten ohne rechtliche Bedeutung.
62
Soweit die Klägerin Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für negative Veränderungen am Glasdach für den Zeitraum vom 28.01.2018 bis 31.12.2024 verlange, sei dies zu unbestimmt, da der Status quo der Bedachung nicht festgestellt worden sei.
63
Wegen des Vortrags der Parteien im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Senat vom 18.03.2020 sowie den nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 22.04.2020 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
65
Der Berufung ist zwar zuzugeben, dass die Klage auch hinsichtlich der gestellten Feststellungsanträge aufgrund deren hinreichender Bestimmtheit zulässig ist. Ein Berufungserfolg scheitert jedoch daran, dass der Klägerin gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche zustehen.
66
I. Die Klage ist insgesamt zulässig.
67
Soweit das Landgericht die Klageanträge II.1 und II.2 für unzulässig erachtet hat (Urteilsgründe Seiten 13-16), teilt der Senat diese Einschätzung nicht.
68
In diesem Sinne erscheint bereits die Bezugnahme auf die vom Sachverständigen D. behandelten Mängel hinreichend konkret. Schon aus dem Gutachten und den Anhörungen des Sachverständigen ergibt sich, mit welchen Mangelsymptomen und Rügen er sich befasst hat. Ob sich hieraus Ansprüche der Klägerin ergeben, ist eine Frage der Begründetheit der Feststellungsklage.
69
Darüber hinaus weist die Berufungsbegründung zurecht darauf hin, dass die Klägerin in ihren Feststellungsanträgen durchaus konkrete Defizite wie eine unzureichende Randentschichtung der Glasscheiben und Kontakt zwischen Edelstahlabstandshaltern und Glasscheiben beschreibt.
70
II. Die Klage ist jedoch in vollem Umfang unbegründet, da der Klägerin (aus abgetretenem Recht der Käuferin) Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte nicht zustehen.
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1. Eine Mangelhaftigkeit der von der Beklagten gelieferten Glasscheiben ist nach wie vor nicht erwiesen.
72
A) Kein Anscheinsbeweis für die Mangelhaftigkeit aufgrund bestimmter vom Bauherrn gerügter Mangelsymptome Einer solchen Wertung steht schon entgegen, dass die Parteien in Ziffer 5 Abs. 2 des Verhandlungsprotokolls vom 20.01.2009 (Anlage K3) durchaus Fertigungstoleranzen zugelassen haben, soweit etwa eine Delamination von bis zu 15 mm für zulässig erklärt wurde.
73
Im Übrigen hätte es im selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main gewiss keiner sechs Jahre andauernden Beweisaufnahme mit namhaftem finanziellen Aufwand bedurft, wenn sich aus vom Bauherrn gerügten Mangelsymptomen ohne weiteres nach der Lebenserfahrung oder sachverständiger Erfahrung auf die Mangelhaftigkeit der gelieferten 27 U 2896/19 Bau - Seite 12 - Glasscheiben hätte schließen lassen können.
74
B) Trotz langjähriger Beweisaufnahme im selbstständigen Beweisverfahren unter Mitwirkung des renommierten Instituts für Fenstertechnik (ift) in R. hat sich entgegen der Bewertung der Klägerin im Schriftsatz vom 22.04.2020, Seite 2 eine funktionale oder optische Mangelhaftigkeit der von der Beklagten gelieferten Glasscheiben nicht erwiesen.
75
C) Im selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main hat dies die Klägerin und dortige Antragsgegnerin noch im Schriftsatz vom 04.07.2017 auf Seite 3 wie folgt zusammengefasst:
„Die Antragstellerin hat das selbstständige Beweisverfahren mit Schriftsatz vom 17.08.2011 eingeleitet. Das ist inzwischen sechs Jahre her. Es wurden Glaseinheiten ausgebaut und beim ift R. in einer Klimakammer extremen Beanspruchungen ausgesetzt. Ziel dieses Versuches war die Simulation eines Alterungsprozesses. Ergebnis war, dass die getesteten Glaseinheiten nach dem Versuch in der Klimakammer keinerlei Funktionsbeeinträchtigungen aufwiesen. Es liegen verschiedene gutachterliche Stellungnahmen vor, in denen zu Einzelheiten Stellung genommen wird. Relevante optische Beeinträchtigungen der Glaseinheiten gibt es ebenfalls nicht“.
76
D) Nichts anderes spiegelt sich in Ziffer 4 des von den Parteien des selbstständigen Beweisverfahrens geschlossenen Vergleichs wider, soweit es dort heißt:
„Die Werkleistung der Antragsgegnerin gilt mit Zustandekommen des materiellrechtlichen Vergleichs als abgenommen.“
77
2. Keine Wiederholung/Fortsetzung der vor dem Landgericht Frankfurt am Main beendeten Beweisaufnahme Zentrales Anliegen der Berufung ist, dass im Schadensersatzprozess gegen die Beklagte durch weitere Begutachtung im Wege des Beweises nachgewiesen wird, dass die von der Beklagten zum Einbau in das Dach des Bürohauses „The S. “ gelieferten Glasscheiben in verschiedener Hinsicht mangelhaft waren.
78
A) Das Landgericht hat sich mit dem angefochtenen Urteil einer solchen weitergehenden Begutachtung widersetzt unter Verweis auf die Anhörung des Sachverständigen D. in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer für Handelssachen. Der Sachverständige habe das Gericht zur Überzeugung geführt, dass hier angesichts fortgeschrittener Alterung und Umweltbelastung der Glasscheiben eine weitere Aufklärung nicht mehr möglich sei.
79
Dem hält die Berufung mit Recht entgegen, dass der Sachverständige Dall es lediglich für „fraglich“ gehalten habe, ob weitere Aufklärung noch möglich sei. Mit der vom Landgericht angeführten Argumentation lässt sich mithin ein Ausschluss weiterer Beweisaufnahme nicht begründen. Eine Beweiserhebung kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass ein Erfolg sehr unwahrscheinlich sei.
80
B) Soweit der Senat in seinem Hinweis vom 18.03.2020 (siehe Sitzungsniederschrift unter Ziffer 1b) auf erhebliche tatsächliche Probleme bei Durchführung einer erneuten Begutachtung hingewiesen hat, geschah dies freilich nicht zur Rechtfertigung des Ausschlusses einer weiteren Beweisaufnahme, sondern sollte als Anstoß dazu dienen, die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit, aber auch naheliegende rechtliche Risiken eines solchen Vorhabens in den Blick zu nehmen.
81
C) Treuwidrigkeit des Anliegens der Klägerin auf Neustart/Fortsetzung einer Beweisaufnahme über die Mangelhaftigkeit der von der Beklagten gelieferten Glasscheiben.
82
Das prozessuale Vorgehen der Klägerin im selbstständigen Beweisverfahren einerseits und im Prozess gegen die Beklagte andererseits ist als widersprüchliches Verhalten treuwidrig mit der Folge, dass die Klägerin weitere Feststellungen über eine Mangelhaftigkeit der gelieferten Glasscheiben im Lichte des § 242 BGB nicht beanspruchen kann.
83
Ebenso wie die Klägerin und die Bauherren war die Beklagte (als Streithelferin der Klägerin und dortigen Antragsgegnerin) am selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main beteiligt. In Einmütigkeit haben die Klägerin und die Beklagte als ihre Streithelferin im selbstständigen Beweisverfahren bis zu dessen Beendigung jegliche Mangelhaftigkeit der von der Beklagten gelieferten und von der Klägerin in das Glasdach eingebauten Scheiben bestritten.
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Ungeachtet der Rechtsposition der Beklagten als Streithelferin aus § 67 ZPO und ohne deren Mitwirkung haben die Bauherrin als Antragstellerin und die Beklagte als Antragsgegnerin in Ziff. 11 des Vergleichs vom 18.01.2018 das Beweisverfahren für beendet erklärt.
85
Die Klägerin vertritt hierzu die Auffassung (dezidiert hierzu Schriftsatz vom 22.04.2020 Seite 3 ff.), sie habe lediglich in zulässiger Weise ihre prozessualen Rechte wahrgenommen. Die Änderung einer Rechtsansicht durch eine Partei stelle nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kein widersprüchliches Verhalten dar. Es sei einer Partei freigestellt, unterschiedlich vorzutragen. Gegenüber der Beklagten habe die Klägerin zu keinem Zeitpunkt ihre Rechtsansicht geändert. Auf Seiten der Beklagten hätte aufgrund der Korrespondenz, der vorgenommenen Streitverkündung und der Existenz dieses Klageverfahrens keinerlei Vertrauen dahingehend entstehen können, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten keine Mängel mehr behaupten würde.
86
Diese Betrachtungsweise der Klägerin greift zu kurz.
87
Richtig daran ist, dass es einer Partei im Grundsatz freisteht, (in unterschiedlichen Streitverfahren und mit unterschiedlichen Parteirollen) ihre Tatsachen- und Rechtsbehauptungen zu wechseln.
88
Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten ist jedoch anzunehmen, wenn ein „unauflöslicher Widerspruch“ zwischen dem gegenwärtigen und einem früheren Verhalten des Rechtsinhabers vorliegt, wobei es auf ein schutzwürdiges Vertrauen der Gegenseite nicht ankommt. Da auch im Verfahrensrecht der Grundsatz von Treu und Glauben gilt, können auch Prozesshandlungen, die diesem Grundsatz widersprechen, unter bestimmten Voraussetzungen unbeachtlich sein (BGH Urteil vom 10. 3. 1956, IV ZR 336/55, BGHZ 20, 198, 206).
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Weil in der Fallkonstellation eines unauflöslichen Widerspruchs Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes keine Rolle spielen, müssen - gleichsam als Korrektiv - besondere Umstände hinzutreten, die die Position der Gegenpartei trotz des fehlenden Vertrauenstatbestandes als schutzwürdig erscheinen lassen, beispielsweise, dass die Partei bereits Vorteile aus ihrer ursprünglichen Behauptung gezogen hat oder aber der Gegenpartei hieraus schon Nachteile erwachsen sind (BGH, Urteil vom 20.09.1995, VIII ZR 52/94, BGHZ 130, 371, 375; BGH Urteil vom 20.05.1968, VII ZR 80/67, BGHZ 50, 191, 196; Staudinger/Looschelders/Olzen, 2019, Rn. 296, 299 zu § 242 BGB; Palandt-Grüneberg, 79. Aufl., Rn. 59 zu § 242 BGB).
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Diese zusätzlichen Voraussetzungen für die Annahme eines „unauflöslichen Widerspruchs“ sind hier gegeben.
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Mit dem Abschluss des Vergleichs vom 18.01.2018 hat sich die Klägerin beachtliche Vorteile (in ihrem Rechtsverhältnis zur Bauherrin) verschafft:
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Sie hat zum einen erreicht, dass von der Bauherrin die Abnahme des Werks erklärt wurde und damit die Fälligkeit der Restforderung aus ihrer Schlussrechnung bewirkt. Daneben konnte die Klägerin im Wege dieses Vergleichs eine weit reichende Abgeltung von Mängelgewährleistungsansprüchen durchsetzen.
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Demgegenüber sind der Beklagten entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin (Schriftsatz vom 22.04.2020 Seite 6) im Gefolge des abgeschlossenen Vergleichs - wie die Fortsetzung dieses Rechtsstreits nachdrücklich belegt - durchaus erhebliche Nachteile erwachsen. Als Streithelferin im selbstständigen Beweisverfahren durfte sie sich zwar nicht in Widerspruch zur Position der Klägerin stellen, war jedoch im Übrigen umfassend berechtigt, auf eine Feststellung der Mangelfreiheit der von ihr gelieferten Glasscheiben hinzuwirken. Diese Position wurde ihr dadurch genommen, dass in Ziff. 11 des Vergleichs vom 18.01.2018 geregelt ist, dass mit Feststellung des Vergleichs und Streitwertfestsetzung das Beweisverfahren „nach übereinstimmender Vorstellung der Parteien beendet“ ist. Gegen den Willen der Klägerin konnte die Beklagte nicht auf eine Fortsetzung der Beweisaufnahme im selbstständigen Beweisverfahren dringen (§ 67 ZPO letzter Halbsatz).
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Darüber hinaus wurde der Beklagten durch die Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens ohne Abschluss der Begutachtung die Möglichkeit genommen, Ersatz für ihre außergerichtlichen Kosten als Streithelferin zu erlangen.
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Anders gewendet hat sich die Klägerin im Verhältnis zur Bauherrin durch Abschluss des Vergleichs weitgehend in einen „sicheren Hafen“ begeben können, wobei sie lediglich eine Verlängerung der Gewährfrist um fünf Jahre zugeben musste, und versucht nunmehr im Verhältnis zur Beklagten weiterhin, unter Berufung auf die Mangelhaftigkeit der Lieferung gleichsam einen wie auch immer gearteten „Besserungsschein“ zu erlangen.
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In der Bewertung dieses Verhaltens der Klägerin als treuwidrig sieht sich der Senat bestärkt durch die gesetzgeberische Wertung, wie sie der neu geschaffenen Regelung über die sogenannte Durchgriffsfälligkeit in der Leistungskette in § 641 Abs. 2 BGB zugrunde liegt. Der dort angeordnete Gleichlauf bei der Vergütungspflicht innerhalb der werkvertraglichen Leistungskette greift auch, soweit - wie hier - das nachgeordnete Vertragsverhältnis ein Werklieferungsvertrag ist. Nach dieser gesetzlichen Wertung geht es nicht an, dass sich der Werkunternehmer vom Bauherrn bescheinigen lässt, dass seine Leistung im wesentlichen vertragsgemäß ist, um sodann dem Zulieferer von eingebauten Teilen entgegenzuhalten, dass die zu gelieferten Bauteile (allesamt) mangelhaft gewesen seien.
2. Kein ersatzfähiger Schaden der Klägerin im Sinne der gestellten Feststellungsanträge
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A) Ansprüche aus kaufrechtlicher Gewährleistung gemäß § 434 Abs. 1 in Verbindung mit § 437 Nr. 3 und § 280 BGB stehen der Klägerin gegen die Beklagte schon deshalb nicht zu, weil es an einem ersatzfähigen Schaden mangelt.
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Angesichts des vereinbarten Verwendungszwecks kann sich die Klägerin (dies erkennt sie auch in ihrer Stellungnahme vom 22.04.2020 auf Seite 13 an) nicht pauschal auf einen mangelbedingten Minderwert oder gar die Unbrauchbarkeit der gelieferten Scheiben berufen.
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Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Klägerin durch die Verwendung der von der Beklagten gelieferten Scheiben ein Schaden entstanden ist, richtet sich vielmehr ausschließlich nach dem zwischen der Klägerin und der Bauherrin abgeschlossenen Werkvertrag, im Zuge dessen die speziell für diesen Zweck gelieferten Glasscheiben in die Überdachung eingebaut wurden. Hierbei ist nicht nur der Inhalt dieses Werkvertrags von Bedeutung, sondern es sind dies auch die Umstände und Folgen seiner Durchführung.
100
Im Bauvertrag zwischen der Bauherrin und der Klägerin vom 28.03.2008 (Anlage K4) ist dazu folgendes geregelt:
„17.2 Für die Leistungen des AN wird eine Gewährleistungsfrist von zehn Jahren vereinbart, soweit der AG den AN innerhalb eines Jahres nach Schlussabnahme mit der Wartung der von ihm erbrachten Leistungen nach dem … beigefügten Wartungsvertrag beauftragt hat. Erfolgt die Beauftragung mit den Wartungsleistungen nicht, gilt die gesetzliche Gewährleistungsfrist (5 Jahre) ab Schlussabnahme.
17.3 die Mängelhaftung (Gewährleistung) des AN richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen des Werkvertragsrechts“.
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Von Bedeutung ist hier insbesondere der Vergleich zwischen der Bauherrin und der Klägerin, wie er vor dem Landgericht Frankfurt am Main am 18.01.2018 festgestellt wurde.
102
Dort ist in Ziffer 4 (Abnahme) vereinbart, dass die Werkleistung der Antragsgegnerin (hier: Klägerin) mit Abschluss des Vergleichs als abgenommen gilt. Diese Abnahme bedeutet die Entgegennahme des Werks der Klägerin als im wesentlichen vertragsgemäß.
103
Dementsprechend bestimmt Ziff. 9 des Vergleichs (Erledigungsumfang) in Buchst. b), dass Mangelansprüche der Bauherrin „aus geltend gemachten Mängeln in dem bislang streitgegenständlichen Umfang“ mit der vereinbarten Übergabe von Bürgschaften und Zahlung des Vergleichsbetrags auf die Schlussrechnung erledigt sind.
104
Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Bauherrin werkvertragliche Gewährleistungsansprüche im vorgenannten Sinne gegen die Klägerin nicht mehr geltend macht.
105
Zuvor sind der Klägerin Schäden durch eine Inanspruchnahme seitens der Bauherrin nicht entstanden. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Geschäftsführer der Beklagten hat auf entsprechende Frage des Senats erklärt, dass bislang von der Beklagten im Zuge der Gewährleistung ca. 15 - 18 beanstandete Glasscheiben (von insgesamt ca. 9000 verbauten Glasscheiben) ausgewechselt worden seien (Niederschrift vom 18.03.2020, Seite 7). Es habe sich jeweils um einen Fall der Delamination gehandelt. Die Klägerin ist dem nicht entgegengetreten.
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B) Keine Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz von Aufwendungen/Schäden, die der Klägerin/ ihrer Rechtsvorgängerin aus Ziff. 5 des abgeschlossenen Vergleichs entstehen mögen.
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In Ziffer 5 des Vergleichs vom 18.01.2018 hat die Klägerin gegenüber der Bauherrin auf die Werkleistung nur noch für die verwendeten Glaseinheiten und die Dichtigkeit des Glasdaches eine Gewährleistung entsprechend den gesetzlichen Mängelhaftungsansprüchen bis zum 31.12.2024 gegeben, soweit ein Wartungsvertrag hinsichtlich der Dachfläche durchgeführt wird und sich der Zustand der Dachfläche im Vergleich mit dem Status quo wie näher beschrieben negativ verändert.
108
Lediglich solche Mängelansprüche sind nach Ziff. 9 Buchstabe b Satz 2 des Vergleichs von der Abgeltung ausgenommen.
109
Im Verhandlungsprotokoll vom 20.01.2009 zum streitgegenständlichen Werklieferungsvertrag (Anlage K3) bestimmt 5 Abs. 2:
„Gewährleistung beginnend ab 01.07.2009 für 10 Jahre + 6 Monate (einfach VSG sowie auf das gesamte Isolierglas), auf Kondensat, Schichtveränderung und Delamination (bis 15 mm).“
110
Insoweit ist allerdings ersichtlich eine Unrichtigkeit in der Formulierung festzustellen, soweit von einer Einstandspflicht für Delamination bis 15 mm die Rede ist. Gemeint ist nämlich, dass eine Delamination von bis zu 15 mm nicht beanstandet wird. Dies ergibt sich deutlich aus dem vorangegangenen Schreiben der Beklagten vom 08.10.2008 (Anlage K2) in dem es auf Seite 2 im 2. Absatz wörtlich heißt:
„Bei den VG und/oder VSG Einheiten wird eine zulässige Delamination bzw. Verfärbung der Zwischenschichten im Randbereich der Isoliergläser von umlaufend 15 mm im Gewährleistungszeitraum vereinbart.“
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Der Sache nach handelt es sich bei dieser Vereinbarung um eine gegenständlich beschränkte verschuldensunabhängige Herstellergarantie im Sinne des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB, befristet zum 31.12.2019.
112
Soweit die Klägerin mit ihren Feststellungsanträgen eine Ersatzpflicht der Beklagten für Schäden und Kosten einer Gewährleistungsbürgschaft festgestellt wissen will, die nach Vergleichsabschluss und innerhalb verlängerter Gewährfrist bis zum 31.12.2024 entstehen, hält die Beklagte dem entgegen, dass die unternehmerische Entscheidung der Klägerin, das langjährige selbstständige Beweisverfahren durch Vergleich mit der Bauherrin zu beenden und darin die werkvertragliche Gewährleistung der Klägerin um fünf Jahre zu verlängern, nicht zulasten der Beklagten gehen kann.
113
Dies sieht der Senat ebenso. Der Klägerin war bei Abschluss des Vergleichs bewusst, dass die Herstellergarantie der Beklagten zum 31.12.2019 ausläuft. Ebenso war ihr bekannt, in welchem Umfang die Beklagte Garantie leistet.
114
Darüber hinaus war der Klägerin bei Abschluss des Vergleichs mit der Bauherrin bekannt, dass die Beklagte als Hersteller der Glasscheiben nicht bereit ist, ihrerseits die gegebene Garantie um fünf Jahre zu verlängern. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat diesen Umstand in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 18.03.2020 (Niederschrift Seite 7) als Begründung dafür angeführt, dass der im selbstständigen Beweisverfahren letztlich abgeschlossene Vergleich der Beklagtenseite vorab nicht mehr als Entwurf zugeleitet wurde. Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Hinblick auf einen Vergleichsvorschlag des Gerichts diese ablehnende Haltung der Beklagten dahingehend erläutert, dass das Glasdach während der ersten zehn Jahre nach Errichtung keinerlei Wartung und Unterhaltung erfahren habe. Erstmals im Zuge des Vergleichs zwischen der Klägerin und der Bauherrin sei ein solcher Wartungsvertrag abgeschlossen worden.
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Hinzu kommt, dass zwischen der Bauherrin und der Klägerin für die verlängerte Gewährleistungsfrist ein Umfang der Gewährleistung vereinbart wurde, der mit der im streitgegenständlichen Werklieferungsvertrag vereinbarten Garantie (Verhandlungsprotokoll Ziff. 5) nicht übereinstimmt.
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Vor diesem Hintergrund konnte die Klägerin auch nicht im Ansatz ein schutzwürdiges Vertrauen dahin entwickeln, dass sich (auch) die Beklagte auf eine verlängerte Gewährleistung/Garantie einlassen würde.
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Unklar erscheinen in diesem Zusammenhang die Ausführungen der Klägerin in der Stellungnahme vom 22.04.2020 auf Seiten 15/16 zur Verjährung der gesetzlichen Gewährleistungsrechte einerseits und der von der Beklagten als Hersteller gegebenen Garantie andererseits.
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Zutreffend ist in diesem Zusammenhang, dass durch das von der Bauherrin eingeleitete selbstständige Beweisverfahren und die von der Klägerin gegenüber der Beklagten ausgesprochene Streitverkündung die Verjährung der Ansprüche aus der kaufrechtlichen Gewährleistung gehemmt wurde. Die vom Hersteller über die gesetzlichen Mängelrechte hinaus gegebene Garantie und deren Dauer werden dadurch jedoch nicht beeinflusst. Oder anders gewendet: eine Hemmung der Verjährung der gesetzlichen Gewährleistungsrechte verlängert die Dauer einer vom Hersteller gegebenen Garantie nicht.
3. Keine Ansprüche der Klägerin im Sinne des Berufungsantrags Ziff. I
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Die geltend gemachten bezifferten Zahlungsansprüche stehen der Klägerin nicht zu.
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A) Eine Erstattung der Anwaltskosten der Klägerin im selbstständigen Beweisverfahren kann die Klägerin von der Beklagten nicht verlangen. Dieser von der Berufung auf die Anspruchsgrundlage des § 437 Nr. 3 BGB in Verbindung mit §§ 280 Abs. 1, 249 BGB gestützte Anspruch besteht schon deshalb nicht, weil sich eine Mangelhaftigkeit der von der Beklagten gelieferten Scheiben im selbstständigen Beweisverfahren nicht erwiesen hat und einer Erneuerung/Fortsetzung der Beweisaufnahme in diesem Rechtsstreit die Treuwidrigkeit des Vorgehens der Klägerin entgegensteht (siehe oben 2 c). Andere Anspruchsgrundlagen für eine solche Kostenerstattung sind nicht ersichtlich.
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B) Auch hinsichtlich der verlängerten Vertragserfüllungssicherheiten hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Auch insoweit steht der Klägerin ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu. Der gegen einen solchen Anspruch erhobene Einwand der Beklagten, dass es allein die von der Klägerin als Unternehmer getroffene Entscheidung gewesen sei, angesichts des Verhaltens der Bauherren nicht unverzüglich auf Abnahme und Zahlung der Schlussrechnung zu klagen, erscheint berechtigt. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Klägerin als Antragsgegnerin des selbstständigen Beweisverfahrens - in Übereinstimmung mit der Beklagten als Streithelferin - stets und nachdrücklich die Mangelfreiheit der eingebauten Glasscheiben behauptet hatte. Von daher hätte es nahegelegen, den noch nicht bezahlten Teil der Schlussrechnung alsbald gerichtlich geltend zu machen.
122
C) Ebenso besteht kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen der für die Erhöhung der Deckungssumme der Haftpflichtversicherung des Klägervertreters im selbstständigen Beweisverfahren angefallenen Beträge. Zum einen hat sich eine Mangelhaftigkeit der gelieferten Glasscheiben nicht erwiesen, zum anderen wären solche Kosten auch bei einer in jeder Hinsicht untadeligen Lieferung der Beklagten in jedem Falle entstanden. Soweit die Stellungnahme der Klägerin vom 22.04.2020 dem auf Seite 18 entgegenhält, dass bei untadeliger Lieferung ein Beweisverfahren nicht stattgefunden hätte, vielmehr hier die von der Bauherrin geltend gemachten Mängelsymptome kostenursächlich geworden seien, entspricht diese Einschätzung nicht der Erfahrung des Senats. Danach werden aus unterschiedlichsten Gründen selbstständige Beweisverfahren eingeleitet, die nicht selten zum Ergebnis führen, dass ein Werk oder eine gelieferte Sache trotz vom Auftraggeber gedrückter Auffälligkeiten in jeder Hinsicht mangelfrei ist.
123
D) Schließlich steht der Klägerin in Übereinstimmung mit der Auffassung des Landgerichts auch kein Anspruch wegen entgangenen Gewinns zu. Die Klägerin begründet einen solchen Anspruch mit dem verspäteten Eingang der Restzahlung der Bauherren auf die Schlussrechnung. Insoweit greifen dieselben Erwägungen, wie sie oben (unter 3.B) angeführt wurden. Danach war es eine unternehmerische/prozesstaktische Entscheidung der Klägerin, den noch ausstehenden Werklohn nicht alsbald gerichtlich geltend zu machen. Mit guten Gründen führt die Berufungserwiderung hierzu an, dass der von der Klägerin geltend gemachte entgangene Gewinn letztlich durch ein pflichtwidriges Verhalten der Bauherrin (Zahlungsverweigerung trotz Abnahmereife) entstanden ist.
124
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
125
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
126
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO entgegen der Auffassung der Klägerin auf S. 19-21 der Stellungnahme vom 22.04.2020 nicht vorliegen.
127
Insbesondere hat der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts geboten.
128
Die Klägerin sieht grundsätzliche Bedeutung insbesondere hinsichtlich der Frage, ob es treuwidrig sein kann, wenn eine Partei eines Beweisverfahrens dieses durch Vergleich beendet und eine Beweisaufnahme zu den im Beweisverfahren behandelten Themen im Regressprozess gegen den Streithelfer beantragt.
129
Dieser Einschätzung folgt der Senat nicht. Die Geltung des Grundsatzes von Treu und Glauben auch im Prozessrecht ist höchstrichterlich geklärt. Gleiches gilt für den Grundsatz, dass sich eine Prozesspartei nicht in einen unauflöslichen Widerspruch setzen darf. Ob diese Grundsätze auf einen konkreten Fall Anwendung finden können, bedarf alleine der tatrichterlichen Würdigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls.
130
Auch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung wird mit der Entscheidung des Senats, die weder von obergerichtlicher Rechtsprechung noch von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweicht, nicht infrage gestellt. Insbesondere hat der Senat einen Rechtssatz dahingehend, dass ein Vergleich die Durchsetzung von Rechten gegenüber Dritten hindere (vergleiche Schriftsatz der Klägerin vom 22.04.2020 Seite 21), nicht aufgestellt.
Verkündet am 20.05.2020