Titel:
Verfristeter und damit unwirksamer Widerruf eines Darlehensvertrags zur Finanzierung eines Kraftfahrzeugs
Normenketten:
BGB § 305 Abs. 2, § 309 Nr. 5 lit. b, § 314, § 355 Abs. 2 S. 1, S. 2, § 356b Abs. 2 S. 1, S. 3, § 491a, § 492 Abs. 2, § 502 Abs. 1, Abs. 3
EGBGB Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 14, § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Nr. 3
EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 2, § 12 Abs. 1 (idF bis zum 20.03.2016)
Leitsätze:
1. Es ist ausreichend, wenn Pflichtangaben in der "Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite" enthalten sind, wenn diese – wie hier – als Teil der Darlehensvertragsurkunde ausgehändigt wird. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Klausel, dass die Kündigung eines Darlehensnehmers der Textform bedarf, ist weder falsch, noch wird dadurch die Pflichtangabe unrichtig. Dass von Gesetzes wegen die Kündigung nach § 314 BGB keiner Form bedarf, schadet nicht. Zwar sind Regelungen, die zu einer unzumutbaren Erschwerung der Vertragsbeendigung führen, in AGBs unzulässig, wobei dies auch für formale Erschwerungen geltend kann. Darunter fällt aber nicht die bloße Vereinbarung der Textform. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Darlehensvertrag, Widerruf, Widerrufsfrist, Fristbeginn, vorzeitige Rückzahlung, Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, Tilgungsplan, Aufrechnungsklausel
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 22.07.2021 – 19 U 3022/20
BGH Karlsruhe, Urteil vom 20.09.2022 – XI ZR 461/21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 60649
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf € 22.178,39 festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über den Widerruf eines Darlehensvertrags zur Finanzierung eines Kraftfahrzeugs.
2
Am 11.11.2015 schloss die Klagepartei mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von € 8.678,39. Das Darlehen diente der Finanzierung eines gebrauchten BMW 318d Touring sowie einer Ratenschutzversicherung Tod und AU i.H.v. €. 198,39. Der vertraglich vereinbarte Sollzinssatz betrug 3,92 % p.a.. Das Darlehen sollte in 23 monatlichen Raten zu je € 300,41 ab dem 15.11.2015 sowie einer Schlussrate über € 2.198,00, fällig am 15.10.2017, zurückbezahlt werden (Anlage K 1). Parallel hierzu schloss die Klägerin mit der Verkäuferin des Fahrzeugs, …, einen Kaufvertrag über das von der Beklagten zu finanzierende Fahrzeug. Der Kaufpreis für das Fahrzeug betrug € 21.980,00. Die Klägerin leistete eine Anzahlung i.H.v. € 13.500,00.
3
Die der Klagepartei übergebenen 11 Seiten umfassenden und fortlaufend paginierten Unterlagen (vorgelegt als Anlagen K 1, B2, B4) enthielten auf den Seiten 1 bis 3 ein Formular „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“, auf Seite 4 „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ und ab Seite 5 das Darlehensantragsformular. Auf Seite 5 oben befand sich der folgende Hinweis:
„Zur Finanzierung des Kaufes des nachstehend näher bezeichneten Fahrzeuges bzw. zur Bezahlung anliegender Reparaturrechnungen beantragt der/beantragen die Unterzeichner als Darlehensnehmer/Mitdarlehensnehmer bei der (…) die Gewährung eines Darlehens in der unten genannten Höhe unter Anerkennung der nachstehenden Bedingungen und beigefügten Allgemeinen Darlehensbedingungen.“
4
Auf Seite 7 befand sich ein Kasten „Unterschrift Darlehensantrag“, wo es vor der Unterschriftenzeile auszugsweise hieß:
„Der Darlehensnehmer/Mitdarlehensnehmer ist/sind an den Darlehensantrag vier Wochen gebunden. Dies gilt nicht, wenn er/sie von seinem/ihrem nach diesen Bedingungen eingeräumten Widerrufsrecht Gebrauch macht/machen.
Der Darlehensnehmer/Mitdarlehensnehmer erklärt/erklären sich durch seine/ihre Unterschrift/-en auf diesem Antrag mit den Bedingungen dieses Darlehensantrages, den Allgemeinen Darlehensbedingungen und der Einwilligung in die Datenverarbeitung/Datennutzung zum Zwecke der Kundenbetreuung einverstanden.“
5
Auf Seite 8 war eine ganzseitige, grau hinterlegte Widerrufsinformation abgedruckt, die lautete wie folgt:
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem Sie alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten haben. Sie haben alle Pflichtangaben erhalten, wenn Sie in der für Sie bestimmten Ausfertigung Ihres Antrags oder in der für Sie bestimmten Ausfertigung der Vertragsurkunde oder in einer für Sie bestimmten Abschrift Ihres Antrags oder der Vertragsurkunde enthalten sind und Ihnen eine solche Unterlage zur Verfügung gestellt worden ist. Über in den Vertragstext nicht aufgenommene Pflichtangaben können Sie nachträglich auf einem dauerhaften Datenträger informiert werden; die Widerrufsfrist beträgt dann einen Monat. Sie sind mit den nachgeholten Pflichtangaben nochmals auf den Beginn der Widerrufsfrist hinzuweisen. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs, wenn die Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. Brief, Telefax, E-Mail) erfolgt.
Der Widerruf ist zu richten an: (…)
Besonderheiten bei weiteren Verträgen
- Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, so sind Sie auch an den Kaufvertrag über das o.g. Fahrzeug und den Vertrag über den Beitritt zur freiwilligen Ratenschutzversicherung Tod und Arbeitsunfähigkeit (im Folgenden: verbundener Vertrag) nicht mehr gebunden.
- Steht Ihnen in Bezug auf den verbundenen Vertrag ein Widerrufsrecht zu, so sind Sie mit wirksamem Widerruf des verbundenen Vertrags auch an den Darlehensvertrag nicht mehr gebunden. Für die Rechtsfolgen des Widerrufs sind die in dem verbundenen Vertrag getroffenen Regelungen und die hierfür erteilte Widerrufsbelehrung maßgeblich.
Soweit das Darlehen bereits ausbezahlt wurde, haben Sie es spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung. Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 0,00 Euro zu zahlen. Dieser Betrag verringert sich entsprechend, wenn das Darlehen nur teilweise in Anspruch genommen wurde.
Besonderheiten bei weiteren Verträgen
- Steht Ihnen in Bezug auf den verbundenen Vertrag ein Widerrufsrecht zu, sind im Falle des wirksamen Widerrufs des verbundenen Vertrags Ansprüche des Darlehensgebers auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags gegen Sie ausgeschlossen.
- Sind Sie aufgrund des Widerrufs dieses Darlehensvertrags an den verbundenen Vertrag nicht mehr gebunden, sind insoweit die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren.
- Sie sind nicht verpflichtet, die Sache zurückzusenden, wenn der an dem verbundenen Vertrag beteiligte Unternehmer angeboten hat, die Sachen abzuholen. Grundsätzlich tragen Sie die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Dies gilt nicht, wenn der an dem verbundenen Vertrag beteiligte Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen, oder er es unterlassen hat, den Verbraucher über die Pflicht, die unmittelbaren Kosten der Rücksendung zu tragen, zu unterrichten. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.
- Wenn Sie die aufgrund des verbundenen Vertrags überlassene Sache nicht oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren können, haben Sie insoweit Wertersatz zu leisten. Dies kommt allerdings nur in Betracht, wenn der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war.
- Wenn Sie infolge des Widerrufs des Darlehensvertrags nicht mehr an den weiteren Vertrag gebunden sind oder infolge des Widerrufs des weiteren Vertrags nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden sind, gilt ergänzend Folgendes: Ist das Darlehen bei Wirksamwerden des Widerrufs Ihrem Vertragspartner aus dem verbundenen Vertrag bereits zugeflossen, tritt der Darlehensgeber im Verhältnis zu Ihnen hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Vertragspartners aus dem weiteren Vertrag ein.
Einwendungen bei verbundenen Verträgen
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Auf den Seiten 10 und 11 der Darlehensunterlagen waren die Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten (Stand 08/2013) abgedruckt.
7
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten und der Gestaltung wird auf die Anlagen K 1 und B 4 verwiesen.
8
Das Darlehen wurde direkt an … ausbezahlt.
9
Mit Schreiben vom 08.08.2019 erklärte die Klagepartei den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen (Anlage K 2). Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 16.08.2019 zurück (Anlage K 3).
10
Die Klagepartei ist der Ansicht, bei Vertragsschluss nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden zu sein, sodass ihr ein zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht zustehe. Die Vertragsurkunde enthalte nicht alle erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 BGB. Insbesondere seien die Angaben zur Frist i.S.d. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB a.F. nicht umfassend und für den Verbraucher eindeutig, da die gegenständliche Widerrufsinformation dahingehend belehrte, dass über nicht in den Vertragstext aufgenommene Pflichtangaben nachträglich auf einem dauerhaften Datenträger informiert werden könne, was beispielsweise hinsichtlich des effektiven Jahreszinses nur dadurch erfolgen könne, dass der Darlehensnehmer die nach § 356 b Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. i.V.m. § 492 Abs. 6 Satz 2 BGB a.F. erforderliche Abschrift des Vertrags erhalte. Dies gelte auch für die Angabe zur Vertragslaufzeit. Die Widerrufsinformation enthalte auch eine fehlerhafte Darstellung der Widerrufsfolgen. Die Angabe von 0,00 € statt des korrekten Zinsbetrages stelle ebenfalls einen Fehler dar. Zudem bezeichne die Beklagte die Ratenschutzversicherung Tod und AU unzutreffend als verbundenes Geschäft. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen, da die Widerrufsinformation nicht dem Muster entspreche aufgrund der fehlerhaften Angabe der Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers, der Angabe von 0,00 € und aufgrund der Angabe der Ratenschutzversicherung Tod und AU als verbundenes Geschäft.
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Zudem seien auch die Pflichtangaben zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung gemäß Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB a.F. missverständlich. Es würden auch Angaben zu den für die Beklagte zuständigen Aufsichtsbehörden gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB a.F. fehlen, da die Angaben der Deutschen Bundesbank als ebenfalls zuständige Aufsichtsbehörde fehle. Die Vertragsunterlagen enthielten auch keine ausreichende Aufklärung bezüglich der Anforderungen an ein außergerichtliches Schlichtungs- und Beschwerdeverfahren, Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB a.F.. Die Pflichtangabe zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung gemäß Art. 247 § 6 Nr. 5 EGBGBaF. sei unvollständig. Insbesondere sei auch die Angabe in den Darlehensbedingungen, dass die Kündigung des Darlehensnehmers in Textform zu erfolgen habe, fehlerhaft. Auch die Pflichtangabe über den kostenlosen Tilgungsplan gem. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB a.F. sei unvollständig.
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Die Ausübung des Widerrufsrechts werde auch in unzulässigerweise erschwert, da die Darlehensbedingungen in Ziffer 10.3 eine unzulässige Aufrechnungsklausel enthielten.
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Die Klagepartei ist der Ansicht, die „Europäischen Standardinformationen“ und die „Informationen zu Ihren Darlehensvertrag“ seien schon nicht Vertragsbestandteil geworden, da es sich um vorvertragliche Angaben im Sinne des § 491 a BGB handele.
14
Die Klagepartei beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 22.607,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf diesen Betrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen Zug-um-Zug (hilfsweise: nach) Herausgabe des finanzierten BMW 318d Touring … nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziffer 1. genannten Fahrzeugs nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren in Annahmeverzug befindet.
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Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
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Hilfsweise für den Fall, dass der Klage der Klägerin zugesprochen wird,
beantragt die Beklagte im Wege der Widerklage:
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Es wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des BMW 318d Touring mit der Fahrgestellnummer … zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war und der über der anhand der gefahrenen Kilometer zu ermittelnden Wertersatz nach der Wertverzehrtheorie hinausgeht.
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Die Klagepartei beantrage,
die Hilfswiderklage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Widerruf unwirksam sei, da die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs längst abgelaufen sei. Die erteilte Widerrufsinformation sei inhaltlich nicht fehlerhaft, außerdem könne die Beklagte die Gesetzlichkeitsfiktion durch unveränderte Übernahme des Musters für sich beanspruchen. Auch alle Pflichtangaben seien ordnungsgemäß erteilt worden.
20
Die Beklagte beruft sich vorsorglich auf den Einwand der Verwirkung und der Rechtsmissbräuchlichkeit.
21
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 18.12.2019 (Bl. 101/103 d.A.) dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
22
Ergänzend wird auf sämtliche wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 11.03.2020 (Bl. 190/192 d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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Der von der Klagepartei mit Schreiben vom 08.08.2019 erklärte Widerruf war verfristet und damit unwirksam.
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Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag vom 11.11.2015 um ein Verbraucherdarlehen im Sinne des § 491 Abs. 1 BGB in der bei Vertragsschluss maßgeblichen Fassung bis 20.03.2016 handelt, sodass der Klagepartei ein Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1, 355 BGB (in der entsprechenden Fassung) zustand.
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Die Widerrufsfrist war jedoch bei Erklärung des Widerrufs längst abgelaufen.
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Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB 14 Tage. Sie beginnt gemäß § 355 Abs. 2 S. 2 BGB grundsätzlich mit Vertragsschluss. Gemäß § 356 b Abs. 1 BGB a.F. beginnt die Widerrufsfrist nicht, bevor der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für diesen bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Darlehensnehmers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt hat. Weiter setzt der Fristbeginn voraus, dass die dem Darlehensnehmer zur Verfügung gestellte Urkunde die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB a.F. enthält. Anderenfalls beginnt die Frist erst mit Nachholung dieser Angaben gemäß § 492 Abs. 6 BGB und beträgt einen Monat, § 356b Abs. 2 S. 1 und 3 BGB.
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Die Voraussetzungen für den Fristbeginn waren vorliegend sämtlich erfüllt.
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1. Die Klagepartei hat sämtliche erforderlichen Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6-13 EGBGB in der Fassung bis 20.03.2016 ordnungsgemäß erhalten. Die von der Klagepartei gerügten Fehler liegen nicht vor.
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a) Die Vertragsunterlagen bestehen vorliegend aus 11 Seiten, die fortlaufend mit „Seite 1 von 11“ bis „Seite 11 von 11“ nummeriert sind und von der Klagepartei entsprechend als Anlage K 1 vorgelegt wurden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Einheit einer Urkunde selbst bei fehlender körperlicher Verbindung gewahrt, wenn eine fortlaufende Paginierung vorliegt (BGH, XII ZR 234/95, juris). Die Vertragsunterlagen umfassen hier entgegen der Ansicht der Klagepartei die Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite (Seite 1 bis 3), „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ (Seite 4), das Darlehensantragsformular (Seite 5 bis 7), die Widerrufsinformation (Seite 8), die Selbstauskunft (Seite 9) sowie die Allgemeinen Darlehensbedingungen (Seite 10 und 11).
31
Entgegen der Ansicht der Klagepartei ist es auch ausreichend, wenn Pflichtangaben in der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ enthalten sind, wenn diese - wie hier - als Teil der Darlehensvertragsurkunde ausgehändigt wird. Entgegen der Ansicht der Klagepartei handelt es sich bei den Seiten 1 bis 4 nämlich gerade nicht um nur separate vorvertragliche Informationen im Sinne des § 491 a BGB, welche nicht in den Vertrag einbezogen worden wären. Sie sind vielmehr Teil der Vertragsurkunde, wie sich schon klar aus der fortlaufenden Paginierung ergibt (Anlage K1). Es ist auch unstreitig geblieben, dass die der Klagepartei ausgehändigten Darlehensvertragsunterlagen aus insgesamt 11 Seiten bestehen. Dem Informationszweck wird durch den Abdruck der „Europäischen Standardinformation“ auf den Seiten 1 bis 3 der Vertragsunterlagen, also gleich zu Beginn und damit nicht übersehbar, auch ohne weiteres Genüge getan. Insbesondere kann der Verbraucher durchaus damit rechnen, dass sich auf den Seiten 1 bis 3 der ihm ausgehändigten Vertragsunterlagen die gesetzliche Widerrufsfrist auslösende Informationen befinden. Zudem wird unter den „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ auf Seite 4 der Vertragsunterlagen gleich zu Beginn nochmals ausdrücklich auf die „Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite“ Bezug genommen.
32
Die allgemeinen Darlehensbedingungen, die hier ohnehin Bestandteil der Vertragsurkunde sind, wurden zudem durch den ausdrücklichen fettgedruckten Hinweis auf Seite 5 oben sowie unmittelbar vor der Unterschriftszeile auf Seite 7 auch in den Vertrag einbezogen, § 305 Abs. 2 BGB.
33
b) Das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung des Vertrags durch den Kreditnehmer ist ordnungsgemäß angegeben, Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB.
34
Die Beklagte hat unter Ziffer 4.4 der allgemeinen Darlehensbedingungen Folgendes ausgeführt: „Das Recht des Darlehensnehmers/Mitdarlehensnehmers zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Die Kündigung bedarf der Textform.“
35
Der Hinweis der Beklagten in Ziffer 4.4 ist klar und verständlich und genügt den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB. Der Benennung der konkreten Vorschrift des § 314 BGB bedarf es darüber hinaus nicht (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019, XI ZR 650/18).
36
Es genügt auch, dass diese Angabe in den - wirksam einbezogenen (vgl. oben) - allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten enthalten ist (vgl. BGH XI ZR 741/16). Im Übrigen wird im Darlehensantragsformular auf Seite 5 der Vertragsunterlagen unter „Wichtige Hinweise“ - „Kündigung“ sogar ganz konkret auf Ziffer 4 (und 5) der ADB verwiesen.
37
Auch weitere Ausführungen zum „Wie“ der Kündigung waren nicht erforderlich. Das Gericht verweist insoweit auf den Beschluss des OLG München vom 07.11.2018, Az. 19 U 2893/18, in einem Parallelverfahren. Dort heißt es unter Verweis auf die Richtlinie 2008/48/EG und die (deutsche) Gesetzesbegründung (auszugsweise):
„Eine detaillierte Auflistung sämtlicher rechtlicher Möglichkeiten, sich vom Vertrag zu lösen, und eine ausdrückliche Nennung der einschlägigen Normen einschließlich des dem allgemeinen Schuldrecht zuzuordnenden außerordentlichen Kündigungsrecht in § 314 BGB lässt sich aus den genannten Regeln nicht ableiten und wird auch in der Gesetzesbegründung nicht verlangt. Eine solche Auflistung brächte für den Verbraucher i.Ü. ohnehin keinen signifikanten Mehrwert, sondern wäre eher geeignet, ihn zu verwirren. Der Verbraucher muss wissen, dass und wie der sich ggf. vom Vertrag lösen kann. Das wird ihm hinreichend mitgeteilt. Es ist nicht Aufgabe der Pflichtangabe, die Einholung von Rechtsrat im Einzelfall zu ersetzen.“
38
Dem schließt sich das Gericht an.
39
Im Übrigen wird in Ziffer 5.3 der ADB ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kündigung der Beklagten der Textform bedarf.
40
Die Klausel, dass Kündigung des Darlehensnehmers der Textform bedarf, ist darüber hinaus auch weder falsch, noch wird dadurch die Pflichtangabe unrichtig. Dass von Gesetzes wegen die Kündigung nach § 314 BGB keiner Form bedarf, schadet nicht, da die Vereinbarung der Textform für die Kündigung sowohl im Vertrag als auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig ist. Zwar sind Regelungen, die zu einer unzumutbaren Erschwerung der Vertragsbeendigung führen, in AGBs unzulässig, wobei dies auch für formale Erschwerungen geltend kann. Darunter fällt aber nicht die bloße Vereinbarung der Textform (vgl. MüKoBGB/Gaier, 7. Auflage 2016, § 314 Rn. 4; BeckOGK/Martens, BGB, § 314 Rn. 25). Die Vereinbarung einer nicht durch Gesetz vorgeschriebenen Form in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist im Rahmen des § 309 Nr. 13 BGB zulässig. Danach darf der Verwender keine strengere Form als die Textform vorschreiben. Es handelt sich demnach vorliegend um eine zulässige Klausel.
41
c) Die Angabe des Rechts auf vorzeitige Rückzahlung ist vorliegend nicht irreführend, die Vorgaben des Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 14 EGBGB werden eingehalten.
42
Die Beklagte weist unter Ziffer 4 der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“, welche hier Vertragsbestandteil war, sowie nochmals im Darlehensantragsformular selbst auf Seite 5 sowie unter Ziffer 4.3 ihrer Allgemeinen Darlehensbedingungen ausdrücklich auf das Recht des Darlehensnehmers hin, das Darlehen (den Kredit) jederzeit ganz oder teilweise vorzeitig zurückzuzahlen. Weiter wird darauf hingewiesen, dass dem Kreditgeber, also der Beklagten, bei vorzeitiger Rückzahlung eine Entschädigung zusteht. Damit hat die Beklagte ordnungsgemäß das Muster aus Anlage 4 zu Art. 247 § 2 EGBGB (i.d.F. v. 13.6.2014) übernommen, welches gemäß Art. 247 § 2 Abs. 1 EGBGB zur Unterrichtung zu verwenden war. Damit ist Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 14 EGBGB Genüge getan.
43
Die weiteren, in Ziffer 4 der Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite bzw. Ziffer 4.3 der ADB enthaltenen Ausführungen zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung betreffen die nach Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB anzugebende „Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung, soweit der Darlehensgeber beabsichtigt, diesen Anspruch geltend zu machen, falls der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt“. Auch diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden.
44
Das Gericht verweist insoweit auf das Urteil des BGH vom 05.11.2019, Az. XI ZR 650/18 (juris) und schließt sich den dortigen Ausführungen an: Im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode genügt es, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt, nicht erforderlich ist die Darstellung einer finanzmathematischen Berechnungsmethode. Mit der Darstellung der Grundsätze der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung und der Angabe der Pauschale wird dem gesetzgeberischen Ziel, dass der Verbraucher die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nachvollziehen und seine Belastung im Fall einer vorzeitigen Darlehensablösung zutreffend abschätzen kann (Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, BT-Drs. 16/11643, S. 87), hinreichend Rechnung getragen.
45
Die Angaben sind auch im Übrigen geeignet, dem Darlehensnehmer die zuverlässige Abschätzung seiner finanziellen Belastung im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung zu ermöglichen. Der BGH hat in seinem Urteil vom 05.11.2019 hierzu ausgeführt:
„Die Beklagte hat in Absatz 3 der auf die Vorfälligkeitsentschädigung bezogenen Angaben im Wesentlichen wortgleich die Kappungsgrenze des § 502 Abs. 3 BGB übernommen. Die Wiedergabe des Gesetzestextes kann für sich weder unklar noch unverständlich sein (siehe nur Senatsbeschluss vom 19. März 2019 - XI ZR 44/18, WM 2019, 864 Rn. 15 mwN). Des Weiteren hat die Beklagte in Absatz 2 die Entschädigung mit einem Betrag von 75 € pauschaliert und dem Darlehensnehmer - ersichtlich um § 309 Nr. 5 Buchst. b BGB zu genügen - den Nachweis der Entstehung eines geringeren Schadens oder dessen Ausbleibens eröffnet. Dies steht als solches in Einklang mit der Verbraucherkreditrichtlinie, nach deren Erwägungsgrund 39 aus Gründen leichter Anwendbarkeit und aufsichtsbehördlicher Nachprüfbarkeit der Höchstbetrag der Entschädigung in Form eines Pauschalbetrages festgelegt werden darf.
Aus dem Zusammenspiel der drei auf die Vorfälligkeitsentschädigung bezogenen Absätze ergibt sich eindeutig, dass der Darlehensnehmer von den drei in Betracht kommenden Entschädigungsbeträgen - dem nach Maßgabe des § 502 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Parametern des Absatzes 1 errechneten, dem nach Absatz 2 in Höhe von 75 € pauschalierten oder dem nach Maßgabe des Absatzes 3 gemäß § 502 Abs. 3 BGB beschränkten - den geringsten schulden soll. Hierdurch hat die Beklagte sichergestellt, dass die zu Gunsten des Verbrauchers halbzwingenden (§ 512 BGB) Entschädigungshöchstgrenzen des § 502 Abs. 3 BGB nicht unterlaufen werden.“ (BGH XI ZR 650/18, juris, Rz. 49 ff.)
Auch dem schließt sich das Gericht vollumfänglich an.
d) Die Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde gemäß Art. 247 § 6 Nr. 3 EGBGB sind nicht zu beanstanden.
Auf Seite 5 informiert die Beklagte klar und verständlich über die zuständige Aufsichtsbehörde i.S.v. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB, nämlich über die Zuständigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Nicht erforderlich war darüber hinaus die Nennung der Deutschen Bundesbank als weitere Aufsichtsbehörde. Die Pflichtangaben dienen im Allgemeinen dem Verbraucherschutz, die Angabe der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde im Besonderen dazu, dass der Verbraucher weiß, an wen er sich bei Missachtung von Verbraucherschutzvorschriften wenden kann. Dafür ist die BaFin die allein zuständige Aufsichtsbehörde (vgl. Roth, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechtskommentar, 2. Aufl. 2016, 15. Kap., Art. 247 § 6 EGBGB Rn. 5). Die BaFin übt als zuständige Verwaltungsbehörde gemäß § 6 Abs. 1 KWG die Aufsicht über die Institute nach Maßgabe des KWG aus. § 7 Abs. 1 KWG regelt die Zusammenarbeit zwischen der BaFin und der Deutschen Bundesbank bei der laufenden Überwachung der Institute durch die Deutsche Bundesbank. Dies macht aber die Deutsche Bundesbank nicht zur Aufsichtsbehörde. Dies ergibt sich schon aus § 6 Abs. 1 KWG, in dem die Bundesbank keine Erwähnung findet.
e) Die Anforderungen an ein außergerichtliches Schlichtungs- und Beschwerdeverfahren, Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB sind ordnungsgemäß dargestellt.
Die Pflichtangaben nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB hinsichtlich des Zugangs des Darlehensnehmers zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren sind erfüllt. Der Darlehensvertrag enthält auf Seite 5 (K 1) einen Hinweis auf das Ombudsmannverfahren. Dieser Hinweis ist ausreichend (vgl. OLG München vom 23.07.2019, Az. 19 U 2434/19). Eine vollständige Auflistung sämtlicher Informationen wie von Klägerseite verlangt, ist nicht erforderlich. Auch hier überspannt die Klagepartei die Anforderungen an die Pflichtangaben. Nach Überzeugung des Gerichts genügt die grundsätzliche Auflistung des außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahrens mit dem Verweis auf den Erhalt näherer Informationen. Das die von der Beklagten aufgelisteten Informationen falsch sind, trägt die Klagepartei nicht vor.
f) Hinweis auf den Anspruch des Darlehensnehmers auf einen Tilgungsplan gem. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB
Den nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EGBGB erforderlichen Hinweis auf den Anspruch des Darlehensnehmers auf einen Tilgungsplan nach § 492 Abs. 3 Satz 2 BGB hat die Beklagte auf Seite 5 von 11 der Darlehensunterlagen erteilt („Der Darlehensnehmer/Mitdarlehensnehmer kann von der Bank jederzeit einen Tilgungsplan verlangen.“). Dass der Tilgungsplan kostenlos ist, ergibt sich schon daraus, dass von Kosten nicht die Rede ist.
2. Die Widerrufsinformation ist entgegen der Ansicht der Klagepartei ordnungsgemäß und entspricht den gesetzlichen Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2, § 12 Abs. 1 EGBGB."
46
Der Vertrag enthält Angaben zur Frist und anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs sowie einen Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag ist angegeben.
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Die Beklagte kann sich vorliegend jedenfalls auf die Schutzwirkung des Musters nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB i.d.F. bis 20.03.2016 berufen, da sie gegenüber der Klagepartei in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form ein Formular verwendet hat, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht.
48
Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der von der Klagepartei gerügten Passage „Über in den Vertragstext nicht aufgenommene Pflichtangaben kann der Darlehensnehmer nachträglich auf einem dauerhaften Datenträger informiert werden;“
49
Entgegen der Ansicht der Klagepartei wurde auch mit der Angabe des Zinsbetrags mit „0,00 Euro“ im Rahmen der Widerrufsfolgen der Gestaltungshinweis Nr. 3 des Musters korrekt umgesetzt, denn dort heißt es nur, dass der genaue Zinsbetrag in Euro pro Tag einzufügen ist und Centbeträge als Dezimalstellen anzugeben sind. Diese Voraussetzungen sind aber auch bei der Angabe von „0,00 Euro“ erfüllt.
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Der Widerspruch zu dem vorangehenden bzw. nachfolgenden Satz war für die Beklagte unvermeidbar, ohne den Text des Musters einer inhaltlichen Bearbeitung zu unterziehen und sich so der Schutzwirkung des Musters zu begeben. Die Einfügung der Angabe „0,00 Euro“ macht die Widerrufsinformation im Übrigen aber auch nicht irreführend, da für den durchschnittlich verständigen Verbraucher offensichtlich ist, dass es sich um einen Formulardarlehensvertrag handelt, der für verschiedene Vertragsgestaltungen offen sein muss. Die Angabe von „0,00 Euro“ ist auch nicht geeignet, den Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten. Es handelt sich um eine Regelung zugunsten des Darlehensnehmers, durch die dieser sogar besser gestellt wird, als dies gesetzlich möglich wäre. Der Verbraucher kann aber aus einer solchen für ihn günstigen Regelung keinen Belehrungsfehler herleiten.
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Soweit die Klägerin rügt, die Beklagte habe hinsichtlich der gleichzeitig abgeschlossenen Ratenschutzversicherung Tod und AU über ein tatsächlich nicht existierendes verbundenes Geschäft informiert, greift die Rüge nicht.
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Auch wenn hier teilweise kein verbundenes Geschäft vorliegen sollte, macht die auch insoweit erfolgte Belehrung, die letztlich zu einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien geführt hat, die Widerrufsinformation nicht fehlerhaft (vgl. LG Heilbronn, Urteil v. 24.01.2018, BeckRS 2018, 651) oder begründet eine relevante Abweichung vom Muster.
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Die Einordnung der Ratenschutzversicherung Tod und AU, welche über das Darlehen mitfinanziert wird, als verbundenes Geschäft ist in der Rechtsprechung umstritten. Hätte die Beklagte sich der Ansicht, welche die Anwendbarkeit der Regeln über verbundene Verträge ablehnt, angeschlossen und sich dafür entschieden, deshalb die Versicherung nicht mit in die Belehrung über verbundenen Geschäfte mitaufzunehmen, wäre sie Gefahr gelaufen, den Musterschutz zu verlieren, da nach dem Gestaltungshinweis 2a und 5a ein entsprechender Hinweis bei verbundenen Verträgen zwingend aufzunehmen ist. Dies kann der Beklagten nicht zugemutet werden. Mit der Aufnahme der Versicherung in die Belehrung über die verbundenen Verträge wurde die Beklagte demnach den Gestaltungshinweisen gerecht und unterbreitete der Klägerin letztlich nur ein zusätzliches Angebot, die abgeschlossene Versicherung als mit dem Darlehensvertrag verbundenes Geschäft einzuordnen. In diesem Fall ist die Belehrung über die Folgen bei verbundenen Geschäften nach den Gestaltungshinweisen aber zwingend erforderlich.
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Soweit die Klägerin rügt, die Widerrufsinformation sei intransparent, da die in den Allgemeinen Darlehensbedingungen unter Ziffer 10.3. enthaltene Klausel zum Aufrechnungsverbot unwirksam sei, kann sie damit nicht durchdringen. Zwar ist die Klausel nach der Rspr. des BGH (BGH, Urteil vom 20.03.2018 - XI ZR 309/16) als AGB unwirksam. Dies hat aber keinen Einfluss auf die Beurteilung der Widerrufsbelehrung (vgl. von der Beklagten zitierte Rspr. des OLG München, Beschluss vom 05.09.2018 - 5 U 2413/18; LG Nürnberg-Fürth vom 11.07.2018 - 6 O 44/18; BGH, Beschluss vom 03.07.2018 - XI ZR 758/17).
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4. Das Gericht hat im Übrigen - entsprechend der Vorgabe des BGH, wonach die Übereinstimmung von vorformulierten Widerrufsbelehrungen mit höherrangigem Recht eine Rechtsfrage ist und ohne Bindung an das Parteivorbringen zu untersuchen ist (BGH, Urteil vom 20.06.2017 - XI ZR 72/16, BeckRS 2017, 120503) - die streitgegenständliche Widerrufsinformation auch über die von der Klagepartei beanstandeten Passagen hinaus überprüft, indes keinen, den Lauf der Widerrufsfrist hindernden Fehler feststellen können. Nach alledem ist die streitgegenständliche Widerrufsinformation nicht zu beanstanden, so dass der Klage kein Erfolg beschieden.
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Auf die Frage des Rechtsmissbrauchs und der Verwirkung kommt es nicht mehr an. Ebenso bedarf die Frage der Anwendbarkeit des § 357 Abs. 7 BGB keiner Entscheidung.
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Mangels wirksamen Widerrufs besteht der Darlehensvertrag fort und ist dieser nicht rückabzuwickeln. Ein Annahmeverzug der Beklagten ist nicht gegeben.
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Eine Entscheidung über die von der Beklagten erhobene Hilfswiderklage war demnach ebenfalls nicht veranlasst.
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1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
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2. Der Streitwert bemisst sich nach dem Nettodarlehensbetrag zuzüglich Anzahlung.