Titel:
Immissionsschutzrecht, Nachbarklage, Drittschutz, Änderungsgenehmigung für die Erweiterung einer Hähnchenmastanlage im Außenbereich, Allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP, Pflicht, Geruchs- und Lärmimmissionen bei Wohnen im Außenbereich, Bioaerosole, baurechtliches Gebot der Rücksichtnahme, Brandschutz
Normenketten:
BImSchG § 3 Abs. 1
BImSchG § 5 Abs. 1
BImSchG § 6 Abs. 1
BImSchG § 16
UmwRG § 4
UVPG § 5
UVPG § 7
UVPG § 9
BauGB § 35
BayBO Art. 28
Schlagworte:
Immissionsschutzrecht, Nachbarklage, Drittschutz, Änderungsgenehmigung für die Erweiterung einer Hähnchenmastanlage im Außenbereich, Allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP, Pflicht, Geruchs- und Lärmimmissionen bei Wohnen im Außenbereich, Bioaerosole, baurechtliches Gebot der Rücksichtnahme, Brandschutz
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 29.09.2022 – 22 ZB 20.2224
Fundstelle:
BeckRS 2020, 60614
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks mit der FlNr. …/11, Gemarkung …, Gemeinde … (Z.), das sich circa 270 m nordwestlich der Hofstelle des Beigeladenen befindet und von landwirtschaftlicher Nutzfläche sowie vereinzelten landwirtschaftlichen Hofstellen und vereinzelten Wohngebäuden umgeben ist.
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Die Klägerin wendet sich gegen die durch Bescheid des Landratsamtes … vom 18. Juni 2018 antragsgemäß unter Nebenbestimmungen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Änderung und Erweiterung der Hähnchenmastanlage, die der Beigeladene auf der Hofstelle E. (FlNrn. ..5, ..6, ..9 und …, Gemarkung …, Gemeinde …) betreibt.
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Der bisherige Betrieb der Hähnchenmastanlage des Beigeladenen an der genannten vom 14. August Hofstelle beruht auf einer mit Bescheid des Landratsamtes 2001 erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für zwei Masthähnchenställe mit insgesamt 63.200 Tierplätzen. Neben dieser Hähnchenmastanlage betreibt der Beigeladene auf seiner Hofstelle eine mit Bescheid des Landratsamtes … vom 30. September 2015 immissionsschutzrechtlich genehmigte Biogasanlage mit einer Feuerungswärmeleistung von 2.018 kW. Laut eigener Aussage lagerte der Beigeladene auf seiner Hofstelle bis April 2019 Putenmist, der der Biogasanlage zugeführt wurde. In einer Entfernung von circa 1.150 m vom nächstgelegenen Wohnhaus Z. entfernt, befindet sich auf der FlNr. ..7, Gemarkung …, Gemeinde … ein weiterer Putenaufzuchtstall.
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Mit Schreiben vom 13. Dezember 2017 - beim Beklagten eingegangen am 19. Dezem ber 2017 - stellte der Beigeladene einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung betreffend „Erweiterung und Betrieb einer Hähnchenmastanlage am Standort E. …“. Die Antragsunterlagen enthielten unter anderem eine „Detaillierte Prüfung der Repräsentativität meteorologischer Daten für Ausbreitungsrechnungen nach TA Luft“ vom 13. Juli 2017, eine Immissionsprognose für Geruch, Ammoniak, Stickstoff und Staub vom 23. August 2017 mit Ergänzung vom 7. Dezember 2017, eine Betrachtung zu Bioaerosol-Immissionen vom 24. August 2017, sowie eine „Allgemeine Vorprüfung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG“ vom 8. Dezember 2017, die jeweils von der … GmbH-Privates Institut für Analytik (im Folgenden: … GmbH) erstellt wurden. Im Rahmen des weiteren behördlichen Genehmigungsverfahrens legte der Beigeladene insbesondere eine „Schalltechnische Untersuchung“ der C. H. … Ing.-GmbH für Immissionsschutz und Bauphysik (im Folgenden: C. H. …) vom 22. Januar 2018 vor, die am 22. Januar 2018 und am 23. Februar 2018 ergänzt wurde. Die Immissionsprognose vom 23. August 2017, deren Ergänzung vom 7. Dezember 2017 sowie die „Detaillierte Prüfung der Repräsentativität meteorologischer Daten für Ausbreitungsrechnungen nach TA Luft“ vom 13. Juli 2017 wurden durch i. … … fachlich überprüft und die Ergebnisse dieser Prüfung in einem Bericht vom 12. Februar 2018 dargestellt.
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Der Beklagte entsprach einem Antrag des Beigeladenen auf Verzicht der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen. Nach Einholung von fachlichen Stellungnahmen stellte der Beklagte mit Aktenvermerk vom 7. März 2018 fest, dass für das streitgegenständliche Vorhaben keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Die öffentliche Bekanntmachung dieses Prüfergebnisses durch den Beklagten erfolgte im Amtsblatt Nr. 11 für den Landkreis … vom 16. März 2018.
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Mit Bescheid des Landratsamtes … vom 18. Juni 2018 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen unter Nebenbestimmungen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die beantragten Änderungs- und Erweiterungsmaßnahmen an der von ihm betriebenen Hähnchenmastanlage, deren genehmigter Umfang die Erhöhung der Masthähnchenplätze von 63.200 auf 83.900, die Errichtung eines neuen Masthähnchenstalles 3 für 39.900 Tiere mit der nötigen technischen Ausrüstung und einem Kaltscharrraum, die Errichtung von drei Futtersilos für den neuen Masthähnchenstall 3, die Verringerung der Tierplätze im Masthähnchenstall 1 von 33.200 auf 23.000 Tierplätze, die Verringerung der Tierplätze im Masthähnchenstall 2 von 30.000 auf 21.000 Tierplätze sowie die Errichtung jeweils eines Kaltscharraumes an den Masthähnchenställen 1 und 2, umfasst. Der Genehmigungsbescheid wurde dem Beigeladenen am 19. Juni 2018 per Postzustellungsurkunde zugestellt. Bereits am 18. Juni 2018 übersandte der Beklagte den Genehmigungsbescheid per E-Mail mit Rechtsbehelfsbelehrungan den Bevollmächtigten der Klägerin.
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Am … Juli 2018 erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte zuletzt,
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den Bescheid des Landratsamtes … vom 18. Juni 2018 aufzuheben.
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Zur Begründung der Klage wurde insbesondere ausgeführt, dass die Klägerin einen Anspruch auf Aufhebung der streitgegenständlichen Genehmigung nach den Vorschriften des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (im Folgenden: UmwRG) wegen nicht durchgeführter Umweltverträglichkeitsprüfung habe, da die Entscheidung des Beklagten, von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, nicht nachvollziehbar sei. Zudem sei die Biogasanlage des Beigeladenen rechtsfehlerhaft nicht in den Prüfungsumfang der Genehmigung mit einbezogen worden. Das Immissionsgutachten hinsichtlich der Geruchsimmissionen sei fehlerhaft, da nicht alle Immissionsquellen berücksichtigt worden seien, insbesondere sei nicht erkennbar, dass die Geruchsquelle der offenstehenden Hallentore für die Zeiträume der Ausstallung und Entmistung berücksichtigt worden sei. Ferner fehle die Berücksichtigung der offenen Putenmistlagerstätte. Die hinreichende Berücksichtigung der Gerüche aus den Fahrsilos sei ebenfalls nicht erkennbar. Zudem sei die Vorbelastung durch Geruchsimmissionen aus einer weiteren benachbarten Putenmastanlage in circa einem Kilometer Entfernung unberücksichtigt geblieben. Sowohl das Geruchsgutachten, als auch das Lärmgutachten seien fehlerhaft, soweit dort der Immissionsort der Klägerin jeweils als Mischgebiet/Dorfgebiet eingestuft worden sei und vor allem hinsichtlich der Geruchsimmissionen aufgrund der Lage im Außenbereich Richtwerte von 25 Geruchsstunden/Jahr als zulässig erachtet worden seien. Tatsächlich handele es sich jedoch um ein Siedlungsgebiet, jedenfalls sei eine Wohnnutzung genehmigt worden. Daher sei der Schutzanspruch der Klägerin nicht durch eine typische Außenbereichslage bzw. das Entstehen der Wohnnutzung aus einer ehemaligen Landwirtschaft gemindert. Für die Lärm- und Geruchsimmissionen seien somit die jeweiligen Richtwerte für ein Wohngebiet heranzuziehen. In Bezug auf die Lärmimmissionen seien auch Zuschläge für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit zu berücksichtigen, was im Lärmgutachten unterblieben sei. Besonders störend sei die Lärmbelästigung durch den auch nachts immer wieder ertönenden Lärm einer Alarmsirene. Gemäß dem Lärmgutachten werde der Immissionsrichtwert für ein Mischgebiet am Anwesen der Klägerin nur gerade noch eingehalten. Dabei werde unterstellt, dass die Notsignalhörner nur bis zu 2,5 Minuten lang ertönen würden. Die pauschale Annahme des Lärmgutachters für die Dauer des Ertönens der Notsignalhörner in der Nachtzeit sei völlig willkürlich. Die Signalhörner würden völlig unregelmäßig und regelmäßig auch eine längere Zeit als 2,5 Minuten ertönen. Richtigerweise hätte aufgrund der notwendigen Worst-Case-Berechnung eine wesentlich längere Dauer des Lärms aus den Signalhörnern berücksichtigt werden müssen. Unabhängig davon sei der Betrieb der Signalhörner in der Nachtzeit für die Klägerin unzumutbar und führe zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung. Außerdem werde die Klägerin durch sog. Bioaerosole, die aus der Anlage zu ihr gelangen können, gesundheitlich gefährdet. Der empfohlene Abstand von 500 m werde deutlich unterschritten. Die Auflagen im Genehmigungsbescheid würden die Klägerin nicht vor Gefahren durch solche Luftschadstoffe aus der genehmigten Anlage schützen. Zur Verhinderung derartiger Gefahren sei der Einbau einer Abluftbehandlungsanlage geboten. Die streitgegenständliche Anlage sei zudem im Außenbereich auch baurechtlich unzulässig, weil es sich nicht um eine privilegierte Landwirtschaft handele, sondern um industrielle Lebensmittelerzeugung. Es bestünden Zweifel, ob der Beigeladene hinreichend eigene Pachtflächen besitzt. Schließlich sei der Brandschutz der genehmigten Anlage aufgrund des Fehlens innerer Brandwände nicht gewährleistet, was Gefahren für die Klägerin begründe.
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Der Beklagte beantragte zuletzt,
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und führte zur Begründung seines Antrags insbesondere aus, dass die Klage unbegründet sei, weil die Klägerin durch die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht in drittschützenden Rechten verletzt werde. Für das Änderungsvorhaben des Beigeladenen sei eine unter dem 7. März 2018 dokumentierte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles durchgeführt worden, die nachvollziehbar sei und die diesbezüglichen rechtlichen Anforderungen wahre. Die Biogasanlage sei nicht Antragsgegenstand des Änderungsgenehmigungsverfahrens. Die Klärung der Frage, welche Anlagenteile in den Genehmigungsumfang einzubeziehen seien, sei zudem eine reine Verfahrensfrage, die für die Klägerin keine Abwehrrechte begründen könne. Die Immissionsprognose der … GmbH vom 23. August 2017, die von i. … … überprüft worden sei, gehe von zutreffenden Voraussetzungen aus. Gemäß der vom Gutachter herangezogenen VDI-Richtlinie beziehe sich der repräsentative Emissionsfaktor auf das gesamte Haltungsverfahren. Daher schließe dieser auch die Ausstallung und Entmistung mit ein. Im Übrigen sei die Immissionsberechnung für Gerüche auf der Grundlage einer ganzjährigen Belegung der Masthähnchenställe durchgeführt worden. Somit sei eine Überschreitung der berechneten Werte für die jährliche Geruchsstundenhäufigkeit auszuschließen. Die Putenmistlagerstätte und die Fahrsilos seien Anlagenteile der als eigene Anlage immissionsschutzrechtlich genehmigten Biogasanlage. Laut den Nebenbestimmungen dieses Bescheids sei der im Fahrsilo zwischengelagerte Hähnchen- und Putenmist mit einer Folie abzudecken. Die Geruchsemissionen der Biogasanlage und somit auch der Fahrsiloanlage seien als Vorbelastung berücksichtigt worden. Eine Einbeziehung des benachbarten Putenstalls als Vorbelastung sei im streitgegenständlichen Genehmigungsverfahren, insbesondere aufgrund von dessen Entfernung, nicht erforderlich gewesen. Es sei zudem in der Rechtsprechung geklärt, dass die Klägerin angesichts der Außenbereichslage ihres Wohngrundstücks nicht die Schutzmaßstäbe eines allgemeinen oder gar reinen Wohngebiets für sich in Anspruch nehmen könne. Sie könne nur die Schutzmaßstäbe für sich in Anspruch nehmen, die auch für andere, gemischt nutzbare Bereiche einschlägig seien, mithin die für Kern-, Dorf- und Mischgebiete einschlägigen Werte von 60 db(A) tags und 45 db(A) nachts. Gleiches gelte für das Heranziehen der Immissionswerte in der Geruchsimmissions-Richtlinie (im Folgenden: GIRL). Die dort für ein Dorfgebiet als zulässig erachteten Geruchsstunden von 15% der Jahresstunden würden am Wohngebäude der Klägerin deutlich unterschritten. Für Anwesen, die sich in Alleinlage im Außenbereich in landwirtschaftlich geprägter Umgebung befinden, seien üblicherweise darüber hinaus Jahreshäufigkeitsstundenwerte von bis zu 20%, im Einzelfall sogar mehr als 25% zumutbar. Auch hinsichtlich der Lärmimmissionen durch die Alarmsignalhörner sei der Immissionsrichtwert für ein allgemeines Wohngebiet nicht zutreffend. Die Einwirkung durch Immissionen der Gesamtanlage mit den Alarmsignalhörnern der Masthähnchenställe sei in der schalltechnischen Untersuchung vom 22. Januar 2018 untersucht worden. Der für ein Mischgebiet/Dorfgebiet zulässige Immissionsrichtwert für die Tageszeit werde beim Wohngebäude der Klägerin um mehr als 10 db(A) unterschritten. Zur Nachtzeit werde beim Betrieb des Alarmsignalhorns am Bestandsstall 1 der zulässige Immissionsrichtwert von 45 db(A) beim Wohnhaus der Klägerin (Z. …) ausgeschöpft. Der zulässige Spitzenpegel zur Nachtzeit von 65 db(A) werde nicht überschritten. Hinsichtlich des Betriebs der Alarmsignalhörner sei in den streitgegenständlichen Bescheid die Nebenbestimmung IV.2.1.5 aufgenommen worden. Bezüglich des Betriebs des Alarmsignalhorns an der nicht streitgegenständlichen Biogasanlage errechne sich zur Nachtzeit am Wohnhaus der Klägerin ein Beurteilungspegel von 37 db(A). Der gemäß Genehmigungsbescheid vom 30. September 2015 zulässige reduzierte Immissionsrichtwert zur Nachtzeit von 39 db(A) werde daher eingehalten. Die Klägerin werde auch nicht durch Bioaerosole belastet. Der Einbau einer Abluftbehandlungsanlage sei nicht geboten gewesen. Denn die Vermeidung bzw. Senkung von Bioaerosol - Konzentrationen sei den Vorsorgeanforderungen zuzuordnen, auf dessen Umsetzung der Nachbar grundsätzlich keinen Anspruch habe. Unabhängig vom Nachbaranspruch sei im Genehmigungsverfahren eine Berücksichtigung der Bioaerosole gemäß dem LAI-Leitfaden „Ermittlung und Bewertung von Bioaerosol-Immissionen“ erfolgt. Hierbei hätten sich keine Anhaltspunkte für eine Sonderfallprüfung ergeben. Der Einwand, die Anlage sei keine Landwirtschaft und daher im Außenbereich unzulässig, betreffe bereits keine drittschützende Fragestellung. Außerdem hätten behördliche Fachstellen bestätigt, dass es sich bei dem Hähnchenmastbetrieb trotz beantragter Änderungen und Erweiterungen weiterhin um einen privilegierten landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb handele. Hinsichtlich des Brandschutzes seien vorliegend Brandwände als Gebäudeabschluss nicht erforderlich. Es sei auch nicht erkennbar, wie die Klägerin in ihrem mehr als 200 Metern von der Hähnchenmastanlage entfernten Wohnhaus durch Brandschutzmängel der Stallungen betroffen sein soll.
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Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 25. Juli 2018 wurde der Beigeladene zum Verfahren beigeladen.
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Der Beigeladene beantragte zuletzt,
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und verwies zur Begründung seines Antrags zunächst auf die Ausführungen des Be klagten. Ergänzend trug der Beigeladene insbesondere vor, dass bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Klage bestünden, da es der Klägerin hinsichtlich einzelner gerügter Aspekte, insbesondere der behaupteten baurechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens des Beigeladenen im Außenbereich und der Rügen hinsichtlich des Brandschutzes, nicht gelungen sei, eine Rechtsverletzung geltend zu machen, so dass sie nicht klagebefugt sei. Die Klage sei aber jedenfalls unbegründet. Die Klägerin könne sich nicht auf verfahrensrechtliche Fehler hinsichtlich der Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (im Folgenden: UVPG) oder des UmwRG berufen. Der Beklagte habe für das Vorhaben des Beigeladenen in rechtmäßiger Weise eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgenommen und dabei alle gesetzlichen Vorgaben beachtet, insbesondere sei die zu prüfende Frage nach erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen ordnungsgemäß und unter Beteiligung aller erforderlichen Stellen geprüft worden. Zudem unterliege die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben solle, nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle auf Plausibilität. Die Biogasanlage habe in den Prüfungsumfang der Änderungsgenehmigung richtigerweise nicht einbezogen werden müssen, da es sich bei der Biogasanlage und der Hähnchenmastanlage um zwei eigenständige Anlagen handele. Zudem verursache das streitgegenständliche Vorhaben laut den vorgelegten Gutachten, die weder fehlerhaft seien, noch genehmigungsrelevante Umstände unberücksichtigt lassen würden, keine schädlichen Umwelteinwirkungen. Hinsichtlich der Geruchsimmissionen ergebe sich aus der Immissionsprognose der … GmbH vom 23. August 2017, dass die Immissionswerte unter Berücksichtigung von Art und Umfang des genehmigten Betriebs eingehalten werden würden. Bei der Berechnung der Werte seien auch die Gerüche, die im Zusammenhang mit der Ausstallung und Entmistung der Ställe entweichen, im Rahmen der sog. Konventionswerte der anzuwendenden VDI-Richtlinie gewürdigt worden. Im Übrigen hätten die bei den Entmistungs- und Ausstallungsvorgängen anfallenden Immissionen bei Beachtung des Irrelevanzkriteriums der GIRL kein entscheidendes Gewicht. Die Geruchsprognose erfasse auch die Biogasanlage und damit auch die Fahrsilos und die Putenmistlagerstätte und ordne diese als Vorbelastung ein. Die etwa 1.150 m vom Grundstück der Klägerin entfernt liegende Putenstallung liege sowohl nach dem Maßstab der TA Luft, als auch nach den Regelungen der GIRL außerhalb des Beurteilungsgebiets. Der Immissionswert für Gerüche nach der GIRL für Dorfgebiete, wonach es zulässig sei, dass 15% der Jahresstunden Geruchsstunden seien, werde durch die Anlage des Beigeladenen nicht überschritten. Hinzu komme, dass aufgrund der Lage des klägerischen Grundstücks im Außenbereich außerhalb jeglichen Bebauungszusammenhangs richtigerweise davon auszugehen sei, dass der Grenzwert sogar weitaus höher als 15% anzusetzen sei. Schädliche Umwelteinwirkungen seien auch nicht im Hinblick auf die der streitgegenständlichen Anlage zuzurechnenden Geräuschimmissionen zu erwarten. Es sei fehlerfrei, wenn die schalltechnische Untersuchung die Richtwerte für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete zugrunde lege. Denn das Grundstück der Klägerin liege im landwirtschaftlich geprägten Außenbereich, für den nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig die Werte für Mischgebiete der TA Lärm herangezogen werden würden. Dafür, dass Zuschläge für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit in Betracht kommen, habe die Klägerin keine stichhaltigen Gründe genannt. Auch das Ertönen der Notsignalhörner beeinträchtige die Klägerin nicht in einer Weise, die als erhebliche Belästigung gewertet werden könne. An dieser Bewertung ändere auch der Vortrag der Klägerin dazu, dass die Notsignalhörner auch für längere Zeit als für 2,5 Minuten ertönen würden, nichts, da die Dauer einer Geräuschimmission kein Kriterium für die Beurteilung einer schädlichen Umwelteinwirkung sei, weil insoweit grundsätzlich nur nach Tageszeit und Gebietscharakter unterschieden werde. Die Dauer des Auftretens von Geräuschen könne im Einzelfall erst dann an rechtlicher Relevanz gewinnen, wenn von einer gleichmäßigen Geräuschbelästigung auszugehen sei und daher keine Einordnung als kurzzeitige Geräuschspitze in Frage komme, was hinsichtlich des Ertönens der Alarmsignalhörner jedoch nicht der Fall sei. Zudem sei die angenommene Dauer des Ertönens der Notsignalhörner von 2,5 Minuten nicht zu beanstanden, da sie auf ausreichenden Erfahrungswerten des Beigeladenen beruhe. Das Besorgnispotential von Bioaerosolen könne nur über das nicht drittschützende Vorsorgegebot Berücksichtigung finden. Denn Schutzansprüche seien nur dann begründet, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadensereignisses bestehe. Hierfür genüge die Sorge vor Bioaerosolen nicht. Bis dato gebe es keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse, ob und inwieweit Bioaerosole überhaupt geeignet seien, schädliche Umweltweinwirkungen herbeizuführen. Die von der Klägerin erstrebte Anordnung einer Abluftanlage wäre somit rechtswidrig, weil sie über die vom Betreiber nach dem Stand der Technik zu erfüllende Vorsorgepflicht hinausginge. Darüber hinaus komme die Betrachtung zu Bioaerosol-Immissionen vom 24. August 2017 anhand des LAI-Leitfadens zu dem Ergebnis, dass der Irrelevanzwert für Feinstaub deutlich unterschritten werde. Die Klägerin könne auch nicht mit dem Einwand gehört werden, dass es sich bei dem Vorhaben des Beigeladenen nicht um einen privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb handele, da insoweit keine drittschützende Norm gegeben sei. Sie könne sich zudem nicht auf das nachbarliche Gebot der Rücksichtnahme berufen, da das Vorhaben des Beigeladenen die Bestimmungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes (im Folgenden: BImSchG) einhalte. Denn es gebe kein baurechtliches Rücksichtnahmegebot, das dem Verursacher von Umwelteinwirkungen mehr an Rücksichtnahme zugunsten des Nachbarn gebieten würde als es das BImSchG gebiete. Hinzu komme, dass die Zumutbarkeit sich auch nach der Schutzwürdigkeit der Klägerin bestimme. Die nicht privilegierte Wohnnutzung der Klägerin im landwirtschaftlich geprägten Außenbereich sei gegenüber dem vom Gesetzgeber im Außenbereich vorgesehenen Vorhaben des Beigeladenen nicht schutzwürdig. Die Klägerin könne schließlich unter Drittschutzaspekten nicht mit Erfolg das Fehlen innerer Brandwände geltend machen, da der Vorschrift über innere Brandwände keine nachbarschützende Funktion zukomme. Denn die Vorschrift über die Anforderungen an innere Brandwände bezwecke lediglich die Verhinderung der Ausbreitung eines Brandes innerhalb desselben Gebäudes, nicht jedoch die Verhinderung der Ausbreitung auf das Nachbargebäude und somit den Schutz des Nachbarn.
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Am 7. Januar 2019 wurde das zunächst unter dem Aktenzeichen M 19 K 18.3517 geführte Verfahren durch die 28. Kammer des Verwaltungsgerichts München übernommen.
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In der mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2020 verpflichtete sich der Beigeladene, die Signalhörner an den Hähnchenmastställen und an der Biogasanlage spätestens ab dem 1. Juli 2020 technisch so zu deinstallieren, dass sie nicht mehr in Betrieb genommen werden können und erklärte zudem, dass an der Hofstelle seit April 2019 kein Putenmist mehr angefahren und gelagert werde. Ein vom Bevollmächtigten der Klägerin gestellter Beweisantrag wurde von der Kammer abgelehnt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
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Wegen der Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vortrag der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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I. Die Klage ist nicht mangels Klagebefugnis i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig. Jedenfalls der Schutzgrundsatz in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG schützt ausdrücklich die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen, zu denen gem. § 3 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 BImSchG insbesondere auch Gerüche und Lärm zu rechnen sind. Der vom immissionsschutzrechtlichen Nachbarbegriff erfasste Personenkreis erstreckt sich in räumlicher Hinsicht auf den Einwirkungsbereich der emittierenden Anlage, wobei der Radius zu Grunde zu legen ist, in dem noch eine hinreichend zuverlässige Zurechnung der individuellen Emissionen möglich ist (Nahbereich). Über die räumliche Nähe hinaus bedarf es zusätzlich eines sog. „qualifizierten Betroffenseins“, d.h. einer besonderen persönlichen oder sachlichen Bindung zum Einwirkungsbereich. Der immissionsschutzrechtliche Nachbarbegriff umfasst nicht nur Eigentümer, sondern auch Mieter, Pächter oder dort beschäftigte Arbeitnehmer, nicht aber Spaziergänger, Besucher und sonstige Personen, die sich nur zufällig bzw. gelegentlich im Einwirkungsbereich aufhalten (vgl. Jarass, BImSchG, 12. Auflage 2017, § 3 Rn. 38 ff.; BVerwG, U.v. 7.5.1996 - 1 C 10/95 - BVerwGE 101, 157 ff.; BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 7 A 11/11 - BVerwGE 143, 249; BayVGH, B.v. 2.11.2016 - 22 CS 16.2048 - juris Rn.33 ff.; BayVGH, B.v. 5.4.2016 - 15 ZB 14.2792 - juris Rn. 7 ff.; VG Augsburg, U.v. 1.8.2012 - Au 4 K 11.1425 - juris Rn. 41). Das im Eigentum der Klägerin stehende Wohnanwesen mit der Anschrift Z. … befindet sich in einer Entfernung von lediglich ca. 270 m nordwestlich der Hofstelle des Beigeladenen und liegt auch angesichts der Ausführungen in den vorgelegten Gutachten (s.o.) im Einwirkungsbereich der streitgegenständlichen Hähnchenmastanlage. Daher ist die Klägerin insoweit als Nachbarin im immissionsschutzrechtlichen Sinne anzusehen. Da sie unter anderem Belästigungen durch Lärm und Gerüche geltend macht, ist auch davon auszugehen, dass sie in Bezug auf den drittschützenden Schutzgrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG möglicherweise in ihren Rechten verletzt sein könnte und daher i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt ist. Darauf, ob § 35 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch (im Folgenden: BauGB) bzw. die Regelungen zum Brandschutz in der Bayerischen Bauordnung (im Folgenden: BayBO) drittschützend sind, kommt es daher für die Zulässigkeit der Klage nicht an.
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II. Die Klage ist aber unbegründet. Eine erfolgreiche Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Dritte setzt nicht nur deren Rechtswidrigkeit voraus, sondern vor allem, dass der Dritte durch die Genehmigung in seinen Rechten verletzt wird. Somit können Nachbarn nur Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften mit Erfolg rügen und dies auch nur insoweit, als ihre eigenen Rechtspositionen berührt werden. Die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung gemäß § 16 Abs. 1 BImSchG vom 18. Juni 2018 betreffend eine wesentliche Änderung und Erweiterung der Hähnchenmastanlage des Beigeladenen, die eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage gemäß Nr. 7.1.3.1. des Anhangs I der 4. BImSchV und zugleich eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie i.S.v. § 3 der 4. BImSchV darstellt, verletzt die Klägerin nicht im obigen Sinne in drittschützenden Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung vom 18. Juni 2018 verletzt die Klägerin zunächst in formeller Hinsicht nicht in ihren Nachbarrechten.
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1.1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der streitgegenständlichen Änderungsgenehmigung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG.
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Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG steht eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG genügt, einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b UmwRG gleich. Für das Änderungsvorhaben des Beigeladenen war gemäß §§ 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Absatz 4, 7 Abs. 1 UVPG i.V.m. Nr. 7.3.2. Spalte 2 der Anlage 1 zum UVPG (Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Mastgeflügel mit 40.000 bis weniger als 85.000 Plätzen) eine solche „Allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht“ i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG durchzuführen. Konkret war entsprechend § 5 UVPG unter Berücksichtigung der in Anlage 3 zu § 7 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgeführten Einzelkriterien für die Vorprüfung eine überschlägige Prüfung vorzunehmen, ob für das Änderungsvorhaben eine UVP-Pflicht besteht (§ 9 Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 2 UVPG). Eine UVP-Pflicht besteht gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 UVPG nur, wenn die Vorprüfung ergibt, dass die Änderung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann. Die Einschätzung der zuständigen Behörde im Rahmen einer Vorprüfung ist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulassungsentscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Vorliegend wurde die allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht des Änderungsvorhabens entsprechend den Vorgaben des § 9 Abs. 4 UVPG i.V.m. § 7 UVPG durchgeführt und deren Ergebnis, dass für das streitgegenständliche Vorhaben keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe, wurde im Aktenvermerk des Beklagten vom 7. März 2018 (S. 119 ff. der Behördenakten) nachvollziehbar begründet:
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Die … GmbH legte Unterlagen vom 8. Dezember 2017 betreffend die „Allgemeine Vorprüfung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG“ (S. 458 ff. der Antragsunterlagen) vor und übermittelte damit entsprechend § 9 Abs. 4 UVPG i.V.m. § 7 Abs. 4 UVPG geeignete Angaben zu den Merkmalen des Vorhabens und des Standorts sowie zu den möglichen erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß Anlage 2 des UVPG. In diesen Unterlagen, in denen die Biogasanlage des Beigeladenen als Vorbelastung für das geplante Vorhaben berücksichtigt wurde, kam die … GmbH zu dem Ergebnis, dass durch das streitgegenständliche Änderungsvorhaben aus gutachterlicher Sicht nach den Kriterien des Anhangs 3 des UVPG keine erheblichen oder nachteiligen Umweltauswirkungen oder Wechselwirkungen erkennbar seien und dass somit die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Der Beklagte hat die Vorprüfung daraufhin selbständig durch seine eigenen Mitarbeiter vorgenommen, sich also weder allein ohne sachkundige eigene Überprüfung nur auf die Richtigkeit der Angaben des beigeladenen Vorhabenträgers verlassen, noch seine Kontrollaufgabe zu Unrecht auf externe Dritte delegiert (vgl. dazu für eine UVP: NdsOVG, B v. 11.2.2019 - 12 ME 219/18 -, juris Rn. 52 ff.). Der Beklagte hat die Kriterien nach Anlage 3 zu § 7 Abs. 1 Satz 2 UVPG vorhabenbezogen unter Würdigung der vom Beigeladenen eingereichten Unterlagen, der Stellungnahmen der beteiligten Fachstellen und Behörden und der ihm vorliegenden gutachterlichen Stellungnahmen, im Rahmen einer überschlägigen Prüfung i.S.v. § 9 Abs. 4 UVPG i.V.m. § 7 Satz 2 UVPG abgearbeitet. Es wurde insbesondere auch die nach § 9 Abs. 3 Satz 2 UVPG zu prüfende Frage nach erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen ordnungsgemäß und unter Beteiligung aller erforderlichen Stellen geprüft. Das Ergebnis der Vorprüfung, dass lautete, dass das streitgegenständliche Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen hervorrufen kann und dass deshalb für dieses Vorhaben keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, wurde im o.g. Aktenvermerk des Beklagten vom 7. März 2018 dokumentiert. Dieses Ergebnis ist i. S. v. § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG nachvollziehbar, da der Beklagte in diesem Aktenvermerk detailliert dargestellt hat, aufgrund welcher Unterlagen, fachlichen Stellungnahmen und näher ausgeführten gutachterlichen Äußerungen er zu dieser Einschätzung gelangte. Der Beklagte hat in diesem Aktenvermerk insbesondere inhaltlich nachvollziehbar ausgeführt, dass aufgrund der Immissionsprognose der … GmbH vom 23. August 2017, die von i. … … mit Bericht vom 12. Februar 2018 überprüft wurde, davon auszugehen sei, dass erhebliche Geruchsbelästigungen durch die Hähnchenmastanlage im geplanten Zustand nicht zu erwarten seien und dass in der schalltechnischen Untersuchung von C. H. … vom 22. Januar 2018 zwar keine Aussage zur allgemeinen Vorprüfung enthalten sei, dass dort jedoch festgestellt worden sei, dass der Gesamtbetrieb der Hähnchenmastanlage inklusive Erweiterung schalltechnisch verträglich ist. Schließlich wurde die Feststellung, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist, i.S.v. § 5 Abs. 2 UVPG unter Angabe der erforderlichen Informationen, insbesondere der wesentlichen Gründe für das Nichtbestehen der UVPPflicht unter Hinweis auf die jeweils einschlägigen Kriterien nach Anlage 3 zum UVPG, sowie unter Angabe, welche Merkmale des Vorhabens oder des Standortes oder welche Vorkehrungen für diese Einschätzung maßgebend waren, im Amtsblatt Nr. 11 für den Landkreis … vom 16. März 2018 der Öffentlichkeit bekannt gegeben.
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Der Vortrag der Klägerin bietet keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine abwei chende Beurteilung, da sie nicht substantiiert dargelegt hat, dass die durchgeführte Allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht Rechtsfehler aufweisen könnte, die einen Anspruch auf Aufhebung der streitgegenständlichen Änderungsgenehmigung begründen könnten. Sie hat insbesondere nicht substantiiert dargelegt, inwieweit die Vorprüfung nicht i.S.v. § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG entsprechend den Vorgaben von § 9 Abs. 4 UVPG i.V.m. § 7 UVPG durchgeführt worden sei und das Ergebnis nicht nachvollziehbar sei. Die Klägerin hat sich nicht ausreichend mit dem Aktenvermerk des Beklagten vom 7. März 2018 als maßgeblichem Bezugspunkt dieser Prüfung auseinandergesetzt und keine Kritikpunkte vorgebracht, die sich spezifisch auf die Vorprüfung beziehen. Stattdessen trug sie lediglich pauschal vor, dass die Entscheidung der Beklagten, von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, nicht nachvollziehbar sei und begründete dies allgemein gehalten damit, dass das Vorhaben nicht landwirtschaftlich privilegiert sei, dass am Immissionsort der Klägerin in unzulässiger Weise von weniger schutzwürdigem Außenbereich statt von einem „alten Siedlungsbereich“ ausgegangen worden sei, dass die Unterschreitung des Mindestabstands nach TA Luft und Bioaerosol-Leitfaden unberücksichtigt geblieben sei, dass nicht hinreichend gewürdigt worden sei, dass bei einer Tierhaltungsanlage mit über 80.000 Tierplätzen eine erhebliche Belastung der Umwelt durch Luftschadstoffe entstehe und dass sich in unmittelbarer Nähe des Vorhabens ein Gewässer befinde, das durch die von der Anlage ausgehenden Schadstoffe belastet werde. Aus diesem Vortrag ergeben sich keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen wäre. Sollten die allgemein gehaltenen Einwände der Klägerin gegen die Schallschutz- und Geruchsgutachten so zu verstehen sein, dass sie darin auch einen Mangel der Vorprüfung sieht, so kann ihnen ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Vorprüfung ist auf eine überschlägige Vorausschau der materiell erheblichen Umweltauswirkungen beschränkt und es steht der Behörde bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen sowie ggf. Gutachten dazu benötigt werden, ein Einschätzungsspielraum zu (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2018 - 4 C 4/17 - NVwZ 2018, 1647 ff.; NdsOVG, U.v. 3.4.2019 - 12 LB 238/17 - BeckRS 2019, 26055 Rn. 93).
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1.2. Die Genehmigung vom 18. Juni 2018 verletzt die Klägerin auch nicht deshalb in ihren Rechten, weil die auf der Hofstelle des Beigeladenen befindliche Biogasanlage nicht in den Prüfungsumfang dieser Änderungsgenehmigung für die Erweiterung der Hähnchenmastanlage einbezogen wurde. Sie argumentiert, dass der Mist aus der Tierhaltungsanlage der Biogasanlage zugeführt werde, dass diese Anlagen unmittelbar wirtschaftlich und funktionell miteinander verbunden seien und dass die Tiermastanlage sowie die Biogasanlage isoliert betrachtet nicht funktionsfähig seien. In einem Änderungsgenehmigungsverfahren sind aber nur diejenigen Anlagenteile und Verfahrensschritte, die geändert werden sollen, sowie diejenigen Anlagenteile und Verfahrensschritte der genehmigten Anlage, auf die sich die Änderung auswirken wird, zu prüfen (vgl. BVerwG, U.v. 21.8.1996 - 11 C 9/95 - NVwZ 1997, 161 ff.). Die Biogasanlage und die Hähnchenmastanlage sind zwei eigenständige Anlagen. Es liegt gerade keine technisch, funktional und rechtlich untrennbare Verbindung zwischen den Anlagen vor, die zu einer Einbeziehung der Biogasanlage führen würde, zumal unterschiedliche Genehmigungserfordernisse sowie eine unterschiedliche Zuordnung der Biogasanlage einerseits und der Hähnchenmastanlage andererseits bestehen. Denn sowohl die ursprünglich genehmigte Hähnchenmastanlage, als auch deren streitgegenständliche Erweiterung unterfallen Nr. 7.1.3.1. des Anhangs 1 zur 4. BImSchV (Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 40.000 oder mehr Mastgeflügelplätzen), wohingegen die Biogasanlage als Anlage zur Erzeugung von Strom gemäß Nr. 1.2.2.2. des Anhangs 1 zur 4. BImSchV mit Bescheid vom 30. September 2015 eigenständig immissionsschutzrechtlich genehmigt wurde und daher nicht Antragsgegenstand des Änderungsgenehmigungsverfahrens ist. Ein abgestimmtes Nutzungskonzept ist den Anlagen zwar immanent, jedoch führt dies immissionsschutzrechtlich nicht zu einer einheitlichen Anlage (vgl. OVG RhPf, U.v. 7.10.2009 - 1 A 10898/07 - BeckRS 2011, 46829; NdsOVG, U.v. 14.3.2013 - 12 LC 153/11 - NVwZ-RR 2013, 597 ff.). Die Biogasanlage wurde daher im streitgegenständlichen Änderungsgenehmigungsverfahren zu Recht lediglich als Vorbelastung in die Prüfung, ob durch die Erweiterung der Hähnchenmastanlage schädliche Umwelteinwirkungen i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorgerufen werden können, einbezogen, sowie im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG die Verwertung des anfallenden Kot-Einstreugemischs in der hofeigenen Biogasanlage überprüft. Der Umstand, dass in der Nebenbestimmung in Ziffer IV.2.3.1. des Bescheids vom 18. Juni 2018 ausgeführt wird, dass das bei der Räumung des Stalles 3 anfallende Kot-Einstreugemisch unmittelbar zur betriebseigenen Biogasanlage zu verbringen und dort nach den für die Biogasanlage geltenden Bestimmungen zu lagern (insbesondere abzudecken) und dann der Biogasanlage zuzuführen ist, führt angesichts der obigen Ausführungen nicht dazu, dass im Änderungsgenehmigungsverfahren für die Hähnchenmastanlage die Genehmigungsfähigkeit der Biogasanlage (erneut) zu überprüfen ist. Darüber hinaus kann die Klärung der Frage, welche Anlagenteile in den Genehmigungsumfang einzubeziehen waren, als reine Verfahrensfrage für die Klägerin keine Abwehrrechte begründen. Denn es gibt grundsätzlich kein Recht des Drittbetroffenen auf Durchführung des richtigen Verwaltungsverfahrens. Vielmehr kommt es regelmäßig darauf an, ob die angegriffene Zulassung eines Vorhabens eigene materielle Rechte des Dritten verletzt (vgl. BVerwG U.v. 5.10.1990 - 7 C 55/89 - NvwZ 1991, 369 ff.; BVerwG, U.v. 17.12.1986 - 7 C 29/85 - BVerwGE 75, 285 ff.; BayVGH, B.v. 20.3.2014 - 9 CS 14.369 - juris Rn. 2). Die Klägerin hat nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass bzw. auf welche Weise sich die Nichteinbeziehung der bereits bestehenden Biogasanlage in den Prüfungsumfang der streitgegenständlichen Änderungsgenehmigung auf ihre materiellrechtliche Position ausgewirkt haben soll.
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2. Die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung vom 18. Juni 2018 verletzt die Klägerin auch in materieller Hinsicht nicht in ihren Nachbarrechten.
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Im Falle der Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Dritte kommt es bezüglich des Vorliegens der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, vorliegend also auf den Erlass des Genehmigungsbescheids vom 18. Juni 2018, an (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.2018 - 7 C 24/16 - NVwZ 2019, 410 ff.; BVerwG, B.v. 11.1.1991 - 7 B 102.90 - BayVBl. 1991 375; NdsOVG, B.v. 27.2.2012 - 12 LA 75/11 - juris Rn. 12). Die streitgegenständliche Änderungsgenehmigung findet ihre rechtliche Grundlage in § 16 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 1 der 4. BImSchV i.V.m. Nr. 7.1.3.1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV (s.o.). Eine solche immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nur dann zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt sind. Nachbarschutz kann die Klägerin insoweit aus dem Schutzgrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG herleiten (s.o.). Vorliegend ist jedoch davon auszugehen, dass mit der beantragten Erweiterung der streitgegenständlichen Hähnchenmastanlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen verbunden sind, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen.
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2.1. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf erhebliche Geruchsbelästigungen berufen, da von den beantragten Erweiterungsmaßnahmen an der Hähnchenmastanlage des Beigeladenen keine unzumutbaren Geruchsimmissionen zu Lasten des klägerischen Wohnanwesens ausgehen, die Klägerin die diesbezüglichen Feststellungen in den vorgelegten Gutachten bzw. gutachterlichen Stellungnahmen aber jedenfalls nicht hinreichend substantiiert in Frage gestellt hat.
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a) Im streitgegenständlichen Genehmigungsverfahren wurden sämtliche einzubeziehenden Emissionsquellen für Geruchsimmissionen berücksichtigt:
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aa) In der Immissionsprognose der … GmbH vom 23. August 2017 (S. 134 ff. der Antragsunterlagen) wurden die Geruchsemissionen, die von der am Standort der untersuchten Hähnchenmastanlage anliegenden Biogasanlage ausgehen, als Vorbelastung berücksichtigt. Dies erfolgte durch Ansatz der Emissionsdaten der Vorbelastung, die auf diese Weise in die Ausbreitungsberechnung eingingen. Die Emissionsansätze der vorbelastenden Biogasanlage wurden der gutachterlichen Stellungnahme im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens für die Änderung und den geänderten Betrieb der Biogasanlage des Beigeladenen von i. … … vom 11. September 2015 entnommen. In der Ergänzung zur Immissionsprognose vom 7. Dezember 2017 (S. 210 ff. der Antragsunterlagen) wurden vermeintliche Widersprüche zwischen der Immissionsprognose vom 23. August 2017 und der gutachterlichen Stellungnahme von i. … … vom 11. September 2015 ausgeräumt. Dort wurde insbesondere ausgeführt, dass beide Gutachten die Vorgaben der TA Luft, der GIRL und der VDI-RL 3783 Bl. 13 berücksichtigen würden. Die abweichenden Prognoseergebnisse würden lediglich auf einem Voranschreiten der Methodenstandards bzw. auf den umfangreichen Änderungsmaßnahmen an der Tierhaltungsanlage beruhen, die wirkrelevante Veränderungen des Emissions- und Quellverhaltens mit sich bringen würden und somit auch zu einer veränderten Immissionssituation bzw. eingeschränkten Vergleichbarkeit der Gutachten führen würden. Die aufgeführten Abweichungen in den Prognoseansätzen würden nicht die fachliche Herangehensweise des jeweils anderen Gutachtens in Frage stellen. Auch das Sachgebiet Immissionsschutz und Abfallrecht des Landratsamts … ging im streitgegenständlichen Genehmigungsverfahren angesichts von dessen Stellungnahme vom 26. März 2018 (S. 166 ff. der Behördenunterlagen) davon aus, dass in der Immissionsprognose vom 23. August 2017 hinsichtlich der Geruchsimmissionen alle Quellen am Betrieb des Beigeladenen (Masthähnchen und Biogasanlage) in die Ermittlung und Beurteilung einbezogen wurden. Soweit die Klägerin geltend machte, dass das dem streitgegenständlichen Genehmigungsbescheid zugrundeliegende Immissionsgutachten fehlerhaft sei, da eine Berücksichtigung der „offenen Putenmistlagerstätte“ fehle und die hinreichende Berücksichtigung der Gerüche aus den Fahrsilos nicht erkennbar sei (s.o.), ist anzumerken, dass die angesetzten Geruchsemissionen der vorbelastenden Biogasanlage ausdrücklich auch Werte für die Fahrsilos und das „Mistlager“ umfassen. Die „Geruchsemissionen der vorbelastenden Biogasanlage“ wurden in Ziffer 3.3.7.2. der Immissionsprognose vom 23. August 2017 in Tabelle 11 detailliert in Ansatz gebracht. Dort wurden hinsichtlich der Fahrsiloanlage und des „Mistlagers“ insbesondere auch die erhöhten Emissionen während der Entnahme (frischer Anschnitt) und die Ruheemissionen außerhalb der Entnahme sowie hinsichtlich der Fahrsiloanlage die Restfläche außerhalb der Entnahme erfasst. Die Fahrsiloanlage ist auch unter dem Punkt 4.1.4. in Tabelle 4-12 „Emissionsquellenübersicht“ der Rev. 1 - 1 vom 7. Dezember 2017 (S. 123/ 124 der Antragsunterlagen) als Emissionsquelle bezüglich der vorbelastenden Biogasanlage in die Betrachtung eingestellt worden. Angesichts dessen können den allgemein gehaltenen Ausführungen der Klägerin keine hinreichend substantiierten Hinweise dafür entnommen werden, dass in der Immissionsprognose vom 23. August 2017 und in den weiteren vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen die vorbelastende Biogasanlage und insbesondere das „Mistlager“ sowie die Fahrsiloanlage nicht ausreichend oder fehlerhaft berücksichtigt worden wären und dass deswegen im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids vom 18. Juni 2018 (s.o.) für die Klägerin unzumutbare Geruchsimmissionen bestanden haben könnten. Unabhängig hiervon erklärte der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung, dass seit April 2019 an der Hofstelle kein Putenmist mehr angefahren und gelagert werde (s.o.), so dass jedenfalls die von der Klägerin kritisierten Geruchsimmissionen aufgrund der Putenmistlagerung bis auf Weiteres ausbleiben dürften.
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bb) Soweit die Klägerin vorgetragen hat, dass in circa einem Kilometer Entfernung ein weiterer Landwirt Putenmast mit Tierställen für 8000 Tieren betreibe, wird darauf hingewiesen, dass insoweit zur Ermittlung der Vorbelastung gemäß Nr. 4.6.2.5. der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 24. Juli 2002 (im Folgenden: TA Luft) ein Beurteilungsgebiet mit einem Radius um den Emissionsschwerpunkt von mindestens einem Kilometer in Betracht kommt. Als weitere Erkenntnisquelle kann die GIRL herangezogen werden, laut deren Ziffer 4.4.2. bei Anlagen mit diffusen Quellen von Geruchsemissionen mit Austrittshöhen von weniger als 10 m über der Flur der Radius so festzulegen ist, dass der kleinste Abstand vom Rand des Anlagengeländes bis zur äußeren Grenze des Beurteilungsgebietes mindestens 600 m beträgt. Vorliegend ist davon auszugehen, dass sich die knappen Ausführungen der Klägerin auf den von ihrem Wohngebäude (Z. …) circa 1.150 m entfernten und nächstgelegenen Putenaufzuchtstall mit 9000 Plätzen für männliche Puten auf FlNr. 567 beziehen. Somit liegt dieser Putenaufzuchtstall sowohl außerhalb des Radius von mindestens einem Kilometer um den Emissionsschwerpunkt gemäß Nr. 4.6.2.5. TA Luft, als auch außerhalb des kleineren Radius von mindestens 600 m laut Ziffer 4.4.2. GIRL (s.o.). Angesichts dessen hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen, warum es erforderlich hätte sein sollen, den o.g. Putenaufzuchtstall in der Immissionsprognose vom 23. August 2017 als relevante Vorbelastung einzubeziehen.
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cc) Auch hinsichtlich der weiteren Tierhaltungsanlagen in der Umgebung des Wohn hauses der Klägerin ist nicht ersichtlich, dass die vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen mangels Berücksichtigung aller relevanten Emissionsquellen fehlerhaft sind. In der Immissionsprognose vom 23. August 2017 wurde unter Ziffer 4.1. unter anderem ausgeführt, dass für die gegenseitige Beeinflussung der Stallhöfe abgeschätzt werden könne, dass diese aufgrund der entsprechenden Abstände zueinander und dem geringen Emissionspotential der Höfe keine zusätzlichen Vorbelastungen hervorrufen, die zu einer Überschreitung des angesetzten Immissionswerts (25%) führen. Um jegliche Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit der Hähnchenmastanlage im Planzustand auszuräumen, wurde in der Ergänzung zur Immissionsprognose vom 7. Dezember 2017 (s.o.) zusätzlich eine Ausbreitungsberechnung unter Berücksichtigung der Rinderhaltung an der Hofstelle H. als Vorbelastung durchgeführt. Das Ergebnis dieser hilfsweise durchgeführten Ausbreitungsrechnung lautete, dass der angesetzte Immissionswert weiterhin für alle maßgeblichen Immissionsorte sicher eingehalten werde. Zudem bestätige das Ergebnis die Vorgehensweise bei der Berücksichtigung der Vorbelastung, da der Immissionsbeitrag der Vorbelastung durch den Hofstall H. nicht zu einer relevant veränderten Beurteilungssituation führe. Auch das Landratsamt … ging laut der Stellungnahme von dessen Fachbereich Immissionsschutz und Abfallrecht vom 26. März 2018 (s.o.) davon aus, dass es fehlerfrei sei, dass in der Immissionsprognose eine Geruchsvorbelastung durch andere landwirtschaftliche Betriebe, insbesondere durch die drei Betriebe mit Rinderhaltung am Rande des 600m - Radius gemäß Ziffer 4.4.2. GIRL (s.o.), nicht betrachtet worden sei.
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dd) Soweit die Klägerin behauptete, dass aus den vorgelegten Gutachten nicht er kennbar sei, dass die Geruchsquelle der offenstehenden Hallentore für die Zeiträume der Ausstallung und Entmistung als Immissionsquelle berücksichtigt worden sei, wird darauf hingewiesen, dass die im Zusammenhang mit der Ausstallung und Entmistung entweichenden Gerüche in der Immissionsprognose vom 23. August 2017 im Rahmen der sog. „Konventionswerte für Emissionsfaktoren“ gemäß VDI-RL 3894 gewürdigt worden sind. Die tierartspezifischen Geruchsemissionen für die Haltung von Masthähnchen wurden laut Ziffer 3.3.7.1. der Immissionsprognose vom 23. August 2017 der VDI-RL 3894 Blatt 1 „Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Haltungsverfahren und Emissionen“ entnommen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß Ziffer 6 der VDI-RL 3894, Blatt 1 bezieht sich der repräsentative Emissionsfaktor auf das gesamte Haltungsverfahren und schließt daher auch die Ausstallung und Entmistung mit ein. Denn die Werte der VDI-RL 3894 stellen auch Mittelwerte für typische Betriebsabläufe dar und sind repräsentativ für eine über das Jahr angenommene Emission unter Berücksichtigung von Standardservicezeiten, die auch die Entmistung umfassen (vgl. NdsOVG, U.v. 3.4.2019 - 12 LB 238/17 - BeckRS 2019, 26055 Rn. 36; OVG LSA, U.v. 6.7.2016 - 2 L 84/14 - juris Rn. 219 ff.). Es ist somit auch nicht zu beanstanden, wenn bei der immissionsschutzfachlichen Beurteilung betriebsübliche Abläufe zu Grunde gelegt werden (vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2019 - 22 ZB 18.1347 - juris Rn. 27). Vorliegend wurde zur Bestimmung der tierartspezifischen Geruchsemissionen im Jahr auch tatsächlich der in Nr. 6.1 der VDI-RL 3894, Blatt 1, Tabelle 22, dargestellte Geruchsemissionsfaktor (GE/GVs) von 60 (Konventionswert) für die Hähnchenmast herangezogen (siehe Ziffer 3.3.7.1. Tabelle 10 der Immissionsprognose vom 23. August 2017 und Ziffer 4.1.3.1 der Rev. 1 - 1 vom 7. Dezember 2017). Im Übrigen ist bei den Entmistungs- und Ausstallungsvorgängen das Irrelevanzkriterium gemäß Ziffer 3.3. der GIRL von Bedeutung, wonach die Genehmigung für eine Anlage selbst bei Überschreitung der Immissionswerte der GIRL nicht wegen der Geruchsimmissionen versagt werden soll, wenn der von der zu beurteilenden Anlage in ihrer Gesamtheit zu erwartende Immissionsbeitrag auf keiner Beurteilungsfläche, auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, den Wert 0,02 überschreitet, da bei Einhaltung dieses Werts davon auszugehen ist, dass die Anlage die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung nicht relevant erhöht. Der Vortrag der Klägerin enthält keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür, dass, obwohl die Ein- und Ausstallungs- bzw. Entmistungsvorgänge höchstens 7,2 Mal im Jahr zwischen den Mastdurchgängen auftreten und obwohl nach dem Ausstallen der Tiere jeweils Serviceperioden von circa 12 Tagen (ohne Belegung) durchgeführt werden (siehe Ziffern 2.4.1. und 3.1.1. der Rev. 1 - 1 vom 7. Dezember 2017), bei der hypothetischen Annahme einer Überschreitung der zulässigen Geruchsbelastungen an den Tagen der Entmistungs- und Ausstallungsvorgänge eine solche Überschreitung an mehr als 2% der Geruchsstunden im Jahr eintreten könnte und dass diese Überschreitung somit nicht mehr im obigen Sinne als irrelevant einzustufen wäre. Zudem lassen sich den vorgelegten Unterlagen keine Hinweise darauf entnehmen, dass die Entmistungs- und Ausstallungsvorgänge bei permanent offenstehenden Hallentoren vorgenommen werden und dass während dieser Zeit die Gerüche stets ungehindert nach außen in die Umgebung gelangen.
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b) Dem streitgegenständlichen Bescheid vom 18. Juni 2018 und den im Genehmi gungsverfahren vorgelegten Gutachten bzw. gutachterlichen Stellungnahmen wurden auch keine unzutreffenden Immissionsrichtwerte zugrunde gelegt. Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, dass das Geruchsgutachten fehlerhaft sei, weil es den Immissionsort der Klägerin als Mischgebiet/Dorfgebiet einstufe und hinsichtlich der Geruchsimmissionen aufgrund der Lage im Außenbereich Richtwerte von 25% der Jahresgeruchsstunden als zulässig erachten würde. Tatsächlich handele es sich um ein Siedlungsgebiet. Auf den dortigen Grundstücken sei Wohnnutzung genehmigt worden. Daher sei der Schutzanspruch der Klägerin nicht durch eine typische Außenbereichslage gemindert, so dass für die Geruchsimmissionen der Immissionsrichtwert für ein Wohngebiet heranzuziehen sei. Diese Argumentation überzeugt aus den folgenden Gründen nicht:
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aa) Für die Ermittlung und Bewertung von Geruchsimmissionen aus der Geflügelhal tung fehlen untergesetzliche rechtsverbindliche Konkretisierungen. Laut Ziffer IV. 2.2.1. der Nebenbestimmungen im streitgegenständlichen Bescheid sind die Bestimmungen der TA Luft vom 24. Juli 2002 zu beachten. Die TA Luft ist allerdings nur bedingt heranziehbar, weil sie gemäß Nr. 1 Abs. 3 nur die - nicht drittschützende - Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen, nicht aber den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen dieser Art von Immissionen regelt (siehe dazu auch Ziffer 1. Abs. 4 der GIRL i. d. F. vom 29. Februar 2008 mit Ergänzung vom 10. September 2008). In der GIRL sind hingegen konkrete Immissionsrichtwerte für Geruchsimmissionen enthalten. Jedoch darf die GIRL nicht rechtssatzartig, insbesondere nicht im Sinne einer Grenzwertregelung angewandt werden. Allerdings kann sie unabhängig von der Umsetzung im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung zumindest als Orientierungshilfe herangezogen werden. Für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze sind letztlich die konkreten Umstände des Einzelfalls maßgeblich, die einer umfassenden Würdigung zu unterziehen sind (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 - 4 C 3/16 - juris Rn. 15; BVerwG, U.v. 21.12.2011 - 4 C 12.10 - BVerwGE 141, 293 ff.; BVerwG, B.v. 28.7.2010 - 4 B 29.10 - ZfBR 2010, 792 f.; BayVGH, B.v. 4.2.2019 - 22 ZB 18.1347 - juris Rn. 14; VG Oldenburg, U.v. 10.3.2010 - 5 A 1375/09 - juris Rn. 24). Für die Beurteilung der Gerüche nach der GIRL wird die vorhandene Geruchsimmission durch eine Aufenthaltszeit von 10 Minuten an jedem Messpunkt (Messzeitintervall) erfasst. Werden während des Messzeitintervalls in mindestens 10 v.H. der Zeit (Geruchszeitanteil) Geruchsimmissionen erkannt, ist dieses Messzeitintervall als „Geruchsstunde“ zu zählen (vgl. Ziffer 4.4.7. der GIRL). Die GIRL kennt zudem laut Tabelle 1 in Ziffer 3.1. Immissionswerte für verschiedene Nutzungsgebiete, nämlich Wohn/Mischgebiete (Immissionswert: 0,10), Gewerbe-/Industriegebiete (Immissionswert: 0,15) und Dorfgebiete (Immissionswert: 0,15). Dies entspricht einer relativen flächenbezogenen Häufigkeit der Geruchsstunden von 10% bzw. 15% der Jahresstunden. In Ziffer 3.1. der GIRL wird ergänzend ausgeführt, dass sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der o.g. Tabelle 1 zuzuordnen sind. Ein Immissionswert für den Außenbereich ist in der GIRL nicht ausdrücklich geregelt. Den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL betreffend die „Zuordnung der Immissionswerte“ lässt sich jedoch entnehmen, dass bei der Zuordnung von Immissionswerten eine Abstufung entsprechend der Baunutzungsverordnung (im Folgenden: BauNVO) nicht sachgerecht ist, da deren detaillierte Abstufungen nicht die Belästigungswirkung der Geruchsimmissionen widerspiegeln. Bei einer Geruchsbeurteilung entsprechend der GIRL ist daher jeweils die tatsächliche Nutzung zugrunde zu legen. In speziellen Fällen sind somit auch andere Zuordnungen als die in der Tabelle 1 zu Ziffer 3.1. der GIRL aufgeführten Immissionsrichtwerte möglich. Als Beispiel wird insbesondere genannt, dass in begründeten Einzelfällen Zwischenwerte zwischen Dorfgebieten und Außenbereich möglich sind, was zu Werten von bis zu 0,20 am Rand eines Dorfgebiets führen kann. Analog kann beim Übergang vom Außenbereich zur geschlossenen Wohnbebauung verfahren werden. In Abhängigkeit vom Einzelfall können Zwischenwerte bis maximal 0,15 zur Beurteilung herangezogen werden. Weiter wird dort ausgeführt, dass im Außenbereich (Bau-)Vorhaben entsprechend § 35 Abs. 1 BauGB nur ausnahmsweise zulässig sind, dass landwirtschaftliche Betriebe ausdrücklich aufgeführt werden und dass gleichzeitig das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlichen geringeren Schutzanspruch verbunden ist. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalles bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25, d.h. von bis zu 25% der Jahresgeruchsstunden, für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen. Angesichts der obigen Ausführungen kann dieser Wert von bis zu 25% der Jahresgeruchsstunden hinsichtlich Wohnhäusern, die im durch landwirtschaftliche Gerüche vorbelasteten, landwirtschaftlich genutzten Außenbereich liegen, zwar keinen starren Grenzwert darstellen, jedoch zumindest als Orientierungshilfe für die Einzelfallprüfung dienen (vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2019 - 22 ZB 18.1347 - juris Rn. 14; NdsOVG, U.v. 3.4.2019 - 12 LB 238/17 - BeckRS 2019, 26055 Rn. 28 ff.; NdsOVG, B.v. 26.4.2018 - 12 LA 83/17 - juris Rn. 49 ff.). Eine Orientierung an einem Wert von bis zu 25% der Jahresgeruchsstunden bietet sich insbesondere für Anwesen an, die sich in Alleinlage im Außenbereich in landwirtschaftlich geprägter Umgebung befinden und ggf. sogar für Anwesen im Dorfgebiet in Randlage zum Außenbereich. Denn da der Außenbereich tendenziell von Bebauung freigehalten werden soll und dazu dient, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, müssen dort zulässigerweise ausgeübte Wohnnutzungen grundsätzlich mit der Ansiedlung solcher Betriebe in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft rechnen. Ihre Schutzbedürftigkeit ist insofern gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befinden, deutlich herabgesetzt. Zudem stellt selbst der Wert von bis zu 25% der Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich keine absolute Obergrenze dar. Die Rechtsprechung geht teilweise sogar weit über diesen Wert hinaus und nimmt in Sonderfällen, abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls, insbesondere der eigenen Emissionssituation, an, dass sogar Werte von 50% der Jahresgeruchsstunden und möglicherweise auch darüber hinaus zumutbar sein können. Allerdings ist bei der Annahme, eine Geruchshäufigkeit von mehr als 25% sei noch zumutbar, auch im Außenbereich große Zurückhaltung geboten und der Wert einer Geruchshäufigkeit von 50% sollte nicht zur regelmäßigen Beurteilung solcher Fälle herangezogen werden (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 11 ff.; NdsOVG, U.v. 3.4.2019 - 12 LB 238/17 - BeckRS 2019, 26055 Rn. 28 ff.; NdsOVG, B.v. 28.8.2015 - 12 LA 120/14 - juris Rn.14; BVerwG, B.v. 28.7.1999 - 4 B 38/99 - NVwZ 2000, 552 f.; BayVGH, B.v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 - juris Rn. 14 ff.; BayVGH, B.v. 16.7.2014 - 15 CS 13.1910 - juris Rn. 20; VG München, U.v. 24.1.2017 - M 1 K 16.4690 - BeckRS 2017, 103061, Rn. 25).
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bb) Angesichts dessen ist es nicht zu beanstanden, dass die … GmbH in der Immis sionsprognose vom 23. August 2017 mit ergänzender Stellungnahme vom 7. Dezember 2017 zur Beurteilung der Geruchsimmissionen hinsichtlich des Wohnhauses der Klägerin (Z. …) einen Immissionsrichtwert für „Wohnen im Außenbereich“ von bis zu 0,25, d.h. von bis zu 25% der Jahresgeruchsstunden, zugrunde legte und dass auch im Bericht von i. … … vom 12. Februar 2018 ein Beurteilungswert von 25% der Geruchsjahresstunden als maßgeblich und korrekt angesehen wurde (S. 152, 190, 214/215 und 487/488 der Antragsunterlagen). Denn bei der Klägerin liegt eine Wohnnutzung im bauplanungsrechtlichen Außenbereich vor. Deren Einzelhaus liegt zusammen mit dem Wohnanwesen Z. 14 außerhalb jeglichen Bebauungszusammenhangs und ist lediglich von offenen, landwirtschaftlich genutzten Flächen, von einzelnen, verstreut liegenden, landwirtschaftliche Hofstellen und von ebenfalls vereinzelten, verstreut liegenden Wohngebäuden umgeben. Auch die streitgegenständliche Hähnchenmastanlage liegt in circa 3,1 km Entfernung zum Ortskern der nächstgelegenen Ortschaft (…) mit einer erst dort tatsächlich vorhandenen Siedlungsstruktur. Auch alle sonstigen im Rahmen der Immissionsprognose vom 23. August 2017 berücksichtigten Immissionsorte befinden sich in Außenbereichslage. Somit entsprechen die weiteren Ausführungen in Ziffer 3.2.1. dieser Immissionsprognose, dass sie zudem von landwirtschaftlichen Nutzungen sowie einem langjährigen Nebeneinander von Wohnen und Tierhaltung geprägt sind und dass die mit der landwirtschaftlichen Produktion einhergehenden Gerüche für das Standortumfeld sowie die Immissionsorte ortsüblich sind, den tatsächlichen Verhältnissen vor Ort. Daher kann die Situation vor Ort keinesfalls einem allgemeinen bzw. reinen Wohngebiet i.S.d. BauNVO gleichgestellt werden. Die vorhandene Bebauung rund um das Wohnhaus der Klägerin besitzt bereits nach der Zahl kein besonderes Gewicht, so dass dieses angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Genehmigungsbescheids vom 18. Juni 2018 (s.o.) auch nicht Teil eines Siedlungsgebiets war und einem (Klein) Siedlungsgebiet i.S.d. BauNVO auch nicht gleichgestellt werden kann. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, dass ein atypischer Sachverhalt gegeben sei, weil ihr Grundstück sowie weitere benachbarte Grundstücke der Schaffung von Wohnraum für ländliche Arbeiter und Handwerker im Rahmen der sog. „Landsiedlung M.“ hätten dienen sollen und weil im Jahre 1939 tatsächlich Wohnen in diesen Siedlungsgebäuden genehmigt worden sei, hilft dies nicht über den status quo des oben geschilderten Gebietscharakters hinweg. Denn dass in den 1930iger Jahren ein Siedlungsgebiet geplant gewesen sein soll, verhilft diesem Teil des Außenbereichs nicht zur Einordnung als Siedlungsgebiet. Der vorhandenen Bebauungsstruktur fehlt die erforderliche angemessene Weiterentwicklung, so dass es sich selbst bei Zugrundelegung der klägerischen Behauptung nicht um ein Siedlungsgebiet handeln könnte. Aus einer erhofften Verwirklichung einer geplanten Festsetzung kann kein Schutzanspruch des Nachbarn generiert werden (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1977 - IV C 39/75 - NJW 1977, 2325 f.). Dies gilt umso mehr, als bei der Zuordnung von Immissionswerten für Gerüche eine Abstufung entsprechend der BauNVO nicht sachgerecht ist und daher bei einer Geruchsbeurteilung entsprechend der GIRL jeweils die tatsächliche Nutzung zugrunde zu legen ist (s.o.). Somit lässt die Situation vor Ort keinesfalls die Heranziehung des in Tabelle 1 zu Nr. 3.1 der GIRL für Wohn-/Mischgebiete vorgesehenen Immissionswerts von 10% der Jahresstunden zu. Angesichts der obigen Ausführungen entspricht die tatsächliche Situation vor Ort auch nicht derjenigen am Rand eines Dorfgebiets, bei der in begründeten Einzelfällen Zwischenwerte zwischen Dorfgebieten und Außenbereich von bis zu 0,20 möglich sind (s.o.). Soweit die Klägerin geltend machte, dass sie gegenüber Gerüchen aus einem nicht gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Tierhaltungsbetrieb stärker geschützt sei und dass es sich bei dem Vorhaben des Beigeladenen um einen solchen nicht privilegierten Betrieb handele, wird darauf hingewiesen, dass, ebenso wie die GIRL bei der Immissionsbewertung von Gerüchen nicht zwischen solchen aus landwirtschaftlichen Betrieben i. S. d. § 201 BauGB einerseits und solchen aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen unterscheidet (vgl. auch BVerwG, B. v. 13.1.2016 - 7 B 38/15 - juris, Rn. 7), kein Grund ersichtlich ist, bei den Immissionen von im Außenbereich gelegenen Tierhaltungsanlagen (zumal gegenüber dem Wohnen im Außenbereich) zwischen denen aus bauplanungsrechtlich privilegierten und aus nichtprivilegierten Anlagen zu unterscheiden. Eine Differenzierung zwischen Gerüchen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung und Gerüchen aus gewerblicher Tierhaltung ist daher nicht geboten, sondern kann allenfalls bei der Frage der Zumutbarkeit der Gerüche berücksichtigt werden. Im Außenbereich muss in jedem Fall mit Gerüchen aus der Tierhaltung gerechnet werden (vgl. NdsOVG, U.v. 3.4.2019 - 12 LB 238/17 - BeckRS 2019, 26055 Rn. 103; OVG NW, U. v. 1.6.2015 - 8 A 1487/14 - BeckRS 2015, 46462 Rn. 71). Vielmehr war es angesichts der obigen Ausführungen zur Lage des klägerischen Grundstücks gerechtfertigt, einen Wert von bis 25% der Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche als maßgeblich zu erachten.
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Abgesehen davon wurde am Wohngebäude der Klägerin sogar der in Tabelle 1 zu Nr. 3.1. der GIRL für klassische Dorfgebiete als zulässig erachtete Immissionswert von 15% der Jahresstunden unterschritten. Denn laut der Ergänzung zur Immissionsprognose vom 7. Dezember 2017 wird auf dem Grundstück der Klägerin lediglich eine Geruchsbelastung von maximal 11% der Geruchsjahresstunden erreicht (S. 215 der Antragsunterlagen). Dieser Wert ist vorliegend auch als maßgeblich anzusehen, da in der Ergänzung vom 7. Dezember 2017 zur Ausräumung jeglicher Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit der Hähnchenmastanlage im Planzustand, zusätzlich zu den ursprünglichen Berechnungen in der Immissionsprognose vom 23. August 2017 (S. 188 ff. der Antragsunterlagen), hilfsweise eine Ausbreitungsrechnung durchgeführt wurde, die zusätzlich die Rinderhaltung an der Hofstelle H. als Vorbelastung berücksichtigt, und selbst in dieser hilfsweisen Berechnung hinsichtlich des Grundstücks der Klägerin lediglich ein Wert von 11% der Geruchsjahresstunden prognostiziert wurde (S. 214/215 der Antragsunterlagen). Dieses Berechnungsergebnis berücksichtigt auch die Vorbelastung durch die benachbarte Biogasanlage (S. 190 und S. 214 der Antragsunterlagen). Daher sind erhebliche Geruchsbelästigungen für die Klägerin durch die Hähnchenmastanlage im geplanten Zustand nicht zu erwarten.
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cc) Die von der Klägerin an der Immissionsprognose vom 23. August 2017 und den weiteren gutachtlichen Stellungnahmen geübte Kritik greift auch deswegen nicht durch, weil es für Kritik an Gutachten und die Veranlassung einer (weiteren) Beweiserhebung regelmäßig nicht genügt, gutachtlichen Feststellungen lediglich Zweifel und Bedenken allgemeiner Art entgegenzuhalten oder einzelne Punkte eines Gutachtens zu kritisieren, ohne zugleich anzugeben, was sich bei Vermeidung der gerügten Fehler im Einzelnen am Ergebnis ändern würde. Es reicht erst recht nicht aus, einzelne Ansatzpunkte als fehlerhaft zu rügen, ohne zugleich plausibel zu machen, dass die vermeintlichen Fehler mehr als marginale Auswirkungen auf das Gesamtergebnis haben können. Auch die theoretische Möglichkeit, bestimmte Prognosewerte würden sich ändern, wenn bestimmte Grundannahmen geändert würden, genügt nicht. Die Klägerin hat die Belastbarkeit der vorgelegten Gutachten nicht im obigen Sinne fundiert angegriffen und nicht hinreichend konkret dargelegt, inwieweit sich im Rahmen der Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) hinsichtlich der Berechnung der zu erwartenden Geruchsimmissionen und der Einschätzung der Vorbelastung die Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens aufgedrängt hätte. Ein unter anderem auf die Einholung eines solchen Sachverständigengutachtens betreffend die Geruchsimmissionen gerichteter Beweisantrag wurde seitens des Gerichts mit der Begründung abgelehnt, dass die Klägerin keine hinreichend substantiierten Anhaltspunkte vorgetragen hat, die die fachliche Richtigkeit der im Verwaltungsverfahren eingeholten und seitens des Landratsamts überprüften gutachterlichen Bewertungen in Frage stellen könnten. Das Gericht durfte hinsichtlich der Geruchsimmissionen bei seiner Würdigung auch unter anderem die Ausführungen des Gutachters des Beigeladenen zugrunde legen, da es im Rahmen der Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen nicht gehindert ist, nachvollziehbare Angaben und fachliche Aussagen eines Beteiligten zu berücksichtigen. Zwar ist ein vom Betreiber vorgelegtes Gutachten rechtlich als Parteivortrag zu behandeln, das bedeutet aber nicht, dass Privatgutachten dem Gericht nicht die notwendige Sachkunde vermitteln und zur Grundlage einer Entscheidung gemacht werden können; insbesondere muss ein weiteres Sachverständigengutachten nicht eingeholt werden, wenn das Gericht ein vorliegendes Gutachten für ausreichend erachtet (vgl. § 98 VwGO i.V.m. §§ 404, 412 Abs. 1 ZPO; BayVGH, B.v. 2.8.2018 - 22 CS 18.1258 - juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 4.2.2019 - 22 ZB 18.1347 - juris Rn. 20; NdsOVG, U.v. 3.4.2019 - 12 LB 238/17 - BeckRS 2019, 26055 Rn. 35, 97; NdsOVG, B.v. 27.2.2012 - 12 LA 75/11 - juris Rn. 15). Das Gericht war bereits auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen und der ergänzenden Erläuterungen der beiden Vertreter der … GmbH als Sachbeistand für den Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung hinreichend sachkundig, so dass sich ihm eine weitere Aufklärung und Beweiserhebung durch die Einholung zusätzlicher Gutachten nicht aufdrängte, zumal dies nur dann der Fall wäre, wenn die vorliegenden Gutachten grobe, offen erkennbare Mängel oder unauflösbare Widersprüche aufweisen, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, durch substantiiertes Vorbringen schlüssig in Frage gestellt wurden oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde und der Unparteilichkeit der Gutachter bestehen (vgl. BayVGH, B. v. 17.1.2002 - 22 ZB 01.1783 - juris Rn. 7). Dafür hat die Klägerin nichts Substantiiertes vorgetragen und angesichts der obigen Ausführungen bestehen hierfür auch keinerlei Anhaltspunkte. Dies gilt umso mehr, als die Immissionsprognose vom 23. August 2017, deren Ergänzung vom 7. Dezember 2017 und die Prüfung der Repräsentativität meteorologischer Daten für Ausbreitungsberechnungen vom 13. Juli 2017 in Abstimmung mit dem Landratsamt … gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 der 9. BImSchV (S. 166 der Behördenunterlagen) in Gestalt des Berichts von i. … … vom 12. Februar 2018 (S. 483 ff. der Antragsunterlagen) fachlich überprüft wurden. i. … … kam in diesem Bericht zu dem Ergebnis, dass die o.g. Unterlagen bis auf wenige Ausnahmen, bei denen es sich lediglich um Lücken in der Dokumentation handele, die durch Rückfragen geklärt worden seien oder die keine Auswirkungen auf das Berechnungsergebnis der Ausbreitungsrechnung und damit auch keine Auswirkungen auf die Beurteilungssituation hätten, nachvollziehbar und plausibel seien. Bei der Berechnung der Emissionen sei eine falsche Abrundung sowie eine zu geringe Qualitätsstufe der Ausbreitungsrechnung festgestellt worden, jedoch sei aufgrund der berechneten maximalen Immission von 16%, die nicht das Grundstück der Klägerin (Z. …) betrifft, bei einem Beurteilungswert von 25% bei Bereinigung dieser Unschärfen keine Veränderung in der Beurteilungssituation zu erwarten (S. 490 der Antragsunterlagen). Auch das Landratsamts … hat die Immissionsprognose vom 23. August 2017 und die sonstigen vorgelegten gutachtlichen Stellungnahmen eigenständig fachlich überprüft und als ordnungsgemäß angesehen (siehe insbesondere die o.g. Stellungnahme vom 26. März 2018, S. 166 ff. der Behördenunterlagen).
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2.2. Von der Erweiterung der Hähnchenmastanlage gehen hinsichtlich des Wohn grundstücks der Klägerin auch keine unzumutbaren Lärmimmissionen aus.
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a) Zunächst wurden auch insoweit die maßgeblichen Immissionsrichtwerte rechtmäßig bestimmt. Laut Ziffer IV. 2.1.1. der Nebenbestimmungen im streitgegenständlichen Bescheid vom 18. Juni 2018 ist hinsichtlich des Lärmschutzes die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (im Folgenden: TA Lärm) zu beachten. Der gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist in der TA Lärm, die eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift darstellt, mit Bindungswirkung für das gerichtliche Verfahren jedenfalls insoweit abschließend konkretisiert, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (vgl. BVerwG, U.v. 29.8.2007 - 4 C 2/07 - NVwZ 2008, 76 ff.; NdsOVG, U.v. 3.4. 2019 - 12 LB 238/17 - BeckRS 2019, 26055 Rn. 52, 97; OVG LSA, U.v. 24.3.2015 - 2 L 184/10 - BeckRS 2015, 51143, Rn. 132). Gemäß Nr. 3.2.1 der TA Lärm vom 26. August 1998, zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 1. Juni 2017, ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Für Kern-, Dorf- und Mischgebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchst. d) der TA Lärm der Immissionsrichtwert am Tag bei 60 dB(A) und nachts bei 45 dB(A). Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Laut Nr. 6.6 der TA Lärm sind Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen in Bebauungsplänen bestehen, nach Nr. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Dementsprechend entspricht das Schutzniveau für ein Wohnhaus im Außenbereich - wie hier - dem eines Dorfgebiets, so dass insoweit die für Kern-, Dorf- und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte gemäß Nr. 6.1 Buchst. d) der TA Lärm von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts heranzuziehen sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.6.2002 - 26 CS 02.809 - juris Rn. 24; NdsOVG, U.v. 3.4.2019 - 12 LB 238/17 - BeckRS 2019, 26055 Rn. 52, 97, 107; NdsOVG, B.v. 6.4.2018 - 1 ME 21/18 - NvwZ - RR 2018, 563 f.). In Übereinstimmung hiermit sieht die Nebenbestimmung in Ziffer IV. 2.1.4. des Bescheids vom 18. Juni 2018 vor, dass am Grundstück der Klägerin (Z. …) in Bezug auf alle von der Tierhaltung ausgehenden Geräusche einschließlich der zurechenbaren Fahrzeuggeräusche auf dem Betriebsgelände die Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts grundsätzlich nicht überschritten werden dürfen und dass einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen die o.g. Immissionsrichtwerte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und zur Nachtzeit um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten dürfen. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, dass das Lärmgutachten fehlerhaft sei, weil deren Immissionsort dort als Misch-/Dorfgebiet eingestuft worden sei, obwohl es sich hierbei um ein Siedlungsgebiet handele und auf den dortigen Grundstücken Wohnnutzung genehmigt worden sei, sowie, weil ihr Schutzanspruch nicht durch eine typische Außenbereichslage gemindert sei, so dass für die Lärmimmissionen die Richtwerte für ein Wohngebiet heranzuziehen seien, folgt das Gericht dieser Auffassung erneut nicht. Denn deren Grundstück liegt zusammen mit dem Grundstück Z. 14 im Außenbereich außerhalb jeglichen Bebauungszusammenhangs und ist lediglich von offenen, landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie von einzelnen, verstreut liegenden, landwirtschaftliche Hofstellen und Wohngebäuden umgeben (s.o. Ziffer 2.1. b) bb)). Bei einer solchen Lage ihres Wohngrundstücks kann die Klägerin auch in Bezug auf Lärmimmissionen nicht die Immissionsrichtwerte für allgemeine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete (siehe Nr. 6.1. Buchst. e) der TA Lärm) oder gar eines reinen Wohngebiets (siehe Nr. 6.1. Buchst. f) der TA Lärm) für sich in Anspruch nehmen, sondern es sind angesichts der obigen Ausführungen die Werte für Kern-/Dorf- und Mischgebiete nach Nr. 6.1. Buchst. d) der TA Lärm heranzuziehen. Es ist daher fehlerfrei, dass in der „Schalltechnischen Untersuchung“ von C. H. … vom 22. Januar 2018 (S. 497 ff. der Antragsunterlagen) und deren Ergänzungen vom 22. Januar 2018 und vom 23. Februar 2018 hinsichtlich des Wohngrundstücks der Klägerin in Abstimmung mit dem Landratsamt … die Gebietseinstufung eines Misch-/Dorfgebiets herangezogen und damit Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) am Tag und von 45 dB(A) in der Nacht zugrunde gelegt wurden (siehe S. 503 der Antragsunterlagen). Soweit die Klägerin vorgetragen hat, dass auch Zuschläge für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit gemäß Ziffer 6.5 der TA Lärm zu berücksichtigen seien, was im Lärmgutachten unterblieben sei, ist anzumerken, dass ein solcher Zuschlag in Höhe von 6 dB(A) in der o.g. schalltechnischen Untersuchung zu Recht unberücksichtigt gelassen wurde. Denn zwar ist dieser Zuschlag nach dem Wortlaut von Nr. 6.5. der TA Lärm in Gebieten nach Nr. 6.1 Buchst. d) bis f) der TA Lärm grundsätzlich anzusetzen, so dass eigentlich auch Kern-/Dorf- und Mischgebiete gemäß Nr. 6.1 Buchst. d) erfasst wären. Jedoch wurde die TA Lärm durch Verwaltungsvorschrift vom 1. Juni 2017 geändert (s.o.). Anlässlich dieser Änderung wurde das in die BauNVO neu aufgenommene „urbane Gebiet“ auch in Nr. 6.1 TA Lärm eingefügt. Dadurch hat sich die Reihenfolge der Buchstaben geändert und wurde das zuvor unter c) genannte Kern-/Dorf- und Mischgebiet nach d) verschoben. Die Bezugnahme in Nr. 6.5 auf die Aufzählung in Nr. 6.1 wurde jedoch nicht entsprechend geändert. Hierbei handelt es sich um ein offensichtliches Redaktionsversehen, wie schon der Umstand zeigt, dass durch die Änderung in Nr. 6.1 die besonders lärmempfindlichen Kurgebiete (als neuer Buchstabe g)) aus der Bezugnahme in Nr. 6.5 herausgefallen sind. Dieses Ergebnis kann nicht beabsichtigt gewesen sein. Auf der anderen Seite bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der unterlassenen Änderung von Nr. 6.5 erstmals Kern-/Dorf- und Mischgebiete den besonders schutz- und ruhebedürftigen allgemeinen Wohngebieten, reinen Wohngebieten und Kurgebieten gleichgestellt und in den Genuss eines Zuschlags für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit kommen sollten (vgl. VGH BW, U. v. 28.11.2019 - 5 S 1790/17 - juris Rn. 68).
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b) Die „Schalltechnische Untersuchung“ von C. H. … vom 22. Januar 2018 und deren Ergänzungen vom 22. Januar 2018 sowie vom 23. Februar 2018 kommen außerdem zu dem nachvollziehbaren Ergebnis, dass die Einhaltung der o.g. Immissionsrichtwerte am Wohngrundstück der Klägerin sichergestellt ist.
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In der „Schalltechnischen Untersuchung“ vom 22. Januar 2018 und deren o.g. Ergänzungen wurde zunächst der Gesamtbetrieb der Hähnchenmastanlage betrachtet und insbesondere der An- und Abfahrtsverkehr der Liefer-LKW, das Befüllen der Futtersilos am Tag, der Betrieb der Lüfter an den Ställen (Tag und Nacht) sowie der Betrieb der Notsignalhörner (Tag und Nacht) berücksichtigt. Für die Prognoseuntersuchung wurden drei Immissionsorte ausgewählt, darunter die beiden Grundstücke Z. … (Wohnhaus der Klägerin) und Z. 14. Hinsichtlich der Alarmsignalhörner an den Bestandställen 1 und 2 wurde der Untersuchung insbesondere zugrunde gelegt, dass mit dem Ertönen der Sirenen gemäß den Angaben des Beigeladenen höchstens einmal pro Woche zu rechnen sei und dass die jeweilige Sirene maximal 2,5 Minuten zu hören sei. Bezüglich der Sirenen in Stall 1 und Stall 2 wurde der Regelbetrieb am Tag und hinsichtlich der Sirenen in Stall 1 oder Stall 2 der Regelbetrieb zur ungünstigsten Nachtstunde untersucht. Tagsüber wurde angesetzt, dass beide Sirenen einmal einsetzen und in der ungünstigsten Nachtstunde, dass entweder die Sirene am Bestandsstall 1 oder diejenige am Bestandsstall 2 einmal einsetzt. Zusätzlich wurde ein Zuschlag für Tonhaltigkeit in Höhe von 6 dB(A) berücksichtigt. Als Ergebnis wurde zunächst festgestellt, dass aufgrund der Abstände und Gebietseinstufung auch in Bezug auf die Signalhörner mit keiner Überschreitung des Spitzenpegelkriteriums nach TA Lärm zu rechnen ist. Es wurde zudem ausgeführt, dass von der Tierhaltungsanlage inkl. Alarmierungssirenen (Bestandställe 1 und 2) tagsüber an allen Immissionsorten, also auch am Wohnhaus der Klägerin, der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) für ein Misch-/Dorfgebiet (MI/MD) eingehalten und um mehr als 10 dB(A) unterschritten werden kann. Der Tierhaltungsbetrieb liege tagsüber außerhalb des Einwirkungsbereichs nach Ziffer 2.2.b) der TA Lärm (S. 511 der Antragsunterlagen). Nachts könne bei einer Maximalbetrachtung im Sinne des durchgehenden Betriebs sämtlicher Stalllüfter auf dem Dach und an den Wänden der Masttierställe sowie unter Berücksichtigung der Signalhupe an Stall 1 der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) im Gesamtbetrieb ebenfalls allenorts eingehalten werden. Am Wohnhaus der Klägerin (Z. …) werde insoweit der zulässige Beurteilungspegel von maximal 45 db(A) ausgeschöpft. Der nach der TA Lärm zulässige Spitzenpegel zur Nachtzeit von 65 db(A) (s.o.) werde nicht überschritten. Unter Berücksichtigung der Signalhupe am Bestandsstall 2 ergebe sich nachts ein vergleichbares Ergebnis wie beim Betrieb der Signalhupe 1, so dass auch insoweit der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) im Gesamtbetrieb eingehalten werde. Im Falle einer Signalhupe am künftigen Maststall 3 sei bei vergleichbarer Positionierung/Betriebszeit der Hupe (östlicher Stallbereich) und Hupenlautstärke mit dem gleichen Ergebnis zu rechnen (S. 512/513 der Antragsunterlagen). Angesichts dessen kommt die „Schalltechnische Untersuchung“ von 22. Januar 2018 nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass der Gesamtbetrieb der Masttierhaltung inklusive Erweiterung schalltechnisch verträglich ist.
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Hinsichtlich der Biogasanlage des Beigeladenen wurde in der „Schalltechnischen Untersuchung“ vom 22. Januar 2018 lediglich ausgeführt, dass diese gemäß ihrem Genehmigungsbescheid um 6 dB(A) reduzierte Immissionsrichtwerte einzuhalten habe und daher als Vorbelastung i.S.v. Nr. 3.2.1 der TA Lärm unberücksichtigt bleiben könne (S. 501, 512 der Antragsunterlagen). Nach Rücksprache mit dem Landratsamt … wurde der Betrieb der Alarmierungssirene an der Biogasanlage bei etwaigen Betriebsstörungen des BHKW in der ergänzenden Stellungnahme vom 22. Januar 2018 (S. 529 ff. der Antragsunterlagen) eingehend untersucht. Es wurde unter anderem zugrunde gelegt, dass das Signalhorn, das sich auf dem Dach des BHKW1- Containers befinde, laut den Angaben des Beigeladenen höchstens einmal pro Woche in Betrieb sei und dann maximal 2,5 Minuten einmalig laufe. Die Beurteilung erfolgte für den Regelbetrieb im kritischeren Nachtzeitraum. Die weiteren schalltechnischen Emissionen aus dem Regelbetrieb der Biogasanlage wurden unverändert aus einer früheren schalltechnischen Untersuchung zum Betrieb der Biogasanlage übernommen. Es wurde zudem ausgeführt, dass die Biogasanlage gemäß dem diesbezüglichen Genehmigungsbescheid vom 30. September 2015 um 6 dB(A) reduzierte Immissionsrichtwerte einhalten müsse, d.h. 54 dB(A) tags und 39 dB(A) nachts. Die ergänzende Stellungnahme vom 22. Januar 2018 kam zu dem ebenfalls nachvollziehbaren Ergebnis, dass selbst nachts im ungünstigsten Geschoss bei Regelbetrieb des BHKW auch unter Berücksichtigung der im genannten Umfang betriebenen Signalsirene der reduzierte Immissionsrichtwert von 39 dB(A) allenorts und somit auch am Wohnhaus der Klägerin (Z. …) sicher eingehalten werden kann. Dabei ergebe sich eine Erhöhung des Beurteilungspegels im Vergleich zur o.g. früheren Untersuchung ohne Sirene von circa 1 bis 2 dB(A) (S. 531 der Antragsunterlagen).
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c) Die Klägerin hat den Feststellungen in der „Schalltechnischen Untersuchung“ vom 22. Januar 2018 und in deren o.g. Ergänzungen keine hinreichend substantiierte Kritik entgegengesetzt. Soweit sie vorgetragen hat, dass die Notsignalhörner auch für längere Zeit als 2,5 Minuten ertönen würden, ist zunächst anzumerken, dass es grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, wenn bei der immissionsschutzfachlichen Beurteilung betriebsübliche Abläufe zu Grunde gelegt werden (vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2019 - 22 ZB 18.1347 - juris Rn. 27). Zudem können ihrem Vortrag keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass die Dauer und Häufigkeit des Ertönens der Notsignalhörner tatsächlich und zudem derart umfangreich von den in der „Schalltechnischen Untersuchung“ vom 22. Januar 2018 inkl. deren Ergänzungen zugrunde gelegten Angaben des Beigeladenen abweicht, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte gemäß Nr. 6.1 der TA Lärm inkl. der dort vorgesehenen maximal zulässigen Überschreitungen für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen (s.o.) nicht mehr eingehalten werden könnten. Im Übrigen erfährt der Betrieb der Notsignalhörner durch die Nebenbestimmung in Ziffer IV. 2.1.5 des Bescheids vom 18. Juni 2018 eine Absicherung, wonach über deren Einsatzzeiten mit Datum, Uhrzeit und Betriebszeit Aufzeichnungen zu führen sind und bei Auftreten einer Betriebszeit zur Nacht von mehr als 2,5 Minuten Maßnahmen zum Lärmschutz vorbehalten bleiben. Somit ist der Schutz der Klägerin vor unzumutbaren Beeinträchtigungen durch den Betrieb der Alarmsignalhörner sichergestellt. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung erstmalig vorgetragen hat, dass seit ungefähr 2018 ein brummendes oder surrendes Geräusch wahrnehmbar sei, das aus der Richtung der Hofstelle des Beigeladenen stamme und das 24 Stunden am Tag in einer näher beschriebenen immer wiederkehrenden Taktung feststellbar sei, ist dieser Vortrag ebenfalls zu unsubstantiiert, um Anlass für weitere Ermittlungen zu geben, zumal sich die Vertreter des Beklagten und die technischen Beistände des Beigeladenen die Herkunft dieses behaupteten Geräusches nicht erklären konnten. Abgesehen davon ist anzumerken, dass der maßgebliche Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts (s.o.) nicht ausschließt, dass am Anwesen der Klägerin bestimmte zumutbare Geräusche wahrnehmbar sind. Angesichts dessen, das hinsichtlich des Wohngrundstücks der Klägerin die maßgeblichen Immissionsrichtwerte sowohl zur Tages- als auch zur Nachtzeit nicht überschritten werden (s.o.), können deren allgemein gehaltenen Ausführungen somit keine hinreichend konkreten Hinweise dafür entnommen werden, dass im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids vom 18. Juni 2018 (s.o.) für sie unzumutbare Lärmimmissionen bestanden haben könnten.
48
Unabhängig hiervon verpflichtete sich der Beigeladene in der mündlichen Verhand lung, die Signalhörner an den Hähnchenmastställen und an der Biogasanlage spätestens ab dem 1. Juli 2020 technisch so zu deinstallieren, dass sie nicht mehr in Betrieb genommen werden können. Daher dürften die von der Klägerin kritisierten Lärmimmissionen durch den Betrieb der Notsignalhörner jedenfalls künftig ausbleiben.
49
Gravierende Mängel der „Schalltechnischen Untersuchung“ vom 22. Januar 2018 inkl. deren Ergänzungen sind angesichts der obigen Ausführungen somit nicht ersichtlich. Das Landratsamt … hat die dortigen Ausführungen auch nicht ungeprüft übernommen, sondern hat insbesondere in der o.g. Stellungnahme vom 26. März 2018 (S. 166 ff. der Behördenunterlagen) festgestellt, dass diese „Schalltechnische Untersuchung“ und deren Ergänzungen fachlich geprüft und als ordnungsgemäß angesehen wurden.
50
2.3. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine unzumutbare Beeinträchtigung durch Bioaerosole berufen.
51
a) Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass der Klägerin durch die streitgegenständliche Erweiterung der Hähnchenmastanlage Gefahren in Form von sog. Bioaerosolen drohen könnten. Es fehlt insoweit an der hinreichenden Schadenswahrscheinlichkeit. Die TA Luft enthält insoweit keine Immissions- oder Emissionsgrenzwerte oder sonstige Grenz- oder Orientierungswerte. In Nr. 5.4.7.1. der TA Luft wird lediglich unter „Keime“ ausgeführt, dass die Möglichkeiten, die Emissionen an Keimen und Endotoxinen durch den Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern, zu prüfen sind. Zwar ist durchaus davon auszugehen, dass von Tierhaltungsbetrieben luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Mikroorganismen und Endotoxine ausgehen, die grundsätzlich geeignet sind, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken. Jedoch geht von Bioaerosolen lediglich ein abstraktes Besorgnispotenzial aus. Hinweise auf eine konkrete Schadenswahrscheinlichkeit durch Bioaerosolimmissionen liegen nicht vor und es gibt bislang keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse, ob und inwieweit Bioaerosole überhaupt geeignet sind, schädliche Umweltweinwirkungen herbeizuführen. Der Schutz vor ihnen fällt somit nicht in den Bereich der Gefahrenabwehr. Daher wird die Einhaltung der in Anhang C der VDI-RL 4250 (Bioaerosole und biologische Agenzien, Umweltmedizinische Bewertung von Bioaerosol-Immissionen) genannten Abstände und generell die Vermeidung bzw. Senkung von Bioaerosol-Konzentrationen gerade nicht der drittschützenden immissionsschutzrechtlichen Schutzpflicht i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, die ein Instrument der Gefahrenabwehr darstellt, zugeordnet. Potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Emissionen und Schadenseintritt oder ein generelles Besorgnispotential und damit auch das Besorgnispotential von Bioaerosolen können nur über die Vorsorgeanforderungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG Berücksichtigung finden, denen grundsätzlich keine drittschützende Wirkung zugunsten von Nachbarn zukommt. Unter diesen Umständen, d. h. wenn zwar weiterer Forschungsbedarf angenommen werden kann, aber unverändert keine medizinisch begründbaren Grenzwerte für Emissionen oder Immissionen von Bioaerosolen bzw. luftgetragenen Krankheitserregern existieren, ein wissenschaftlicher Konsens über einzuhaltende Mindestabstände nicht besteht und deshalb keine Verletzung der Grundpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG festgestellt werden kann, kommt auch eine Beweiserhebung durch Einholung von Sachverständigengutachten nicht in Betracht. Denn es überschritte die Funktion und Möglichkeiten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, entsprechend umfangreiche wissenschaftliche Streitfragen zu entscheiden oder eine solche Entscheidung durch die Erteilung von Forschungsaufträgen erst zu ermöglichen oder zu fördern. Selbst die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens könnten weder ihre fachliche Diskussion ersetzen noch eine Gewähr für die Bildung eines wissenschaftlichen Konsenses bieten. Selbst wenn insoweit ggf. Daten zur Bioaerosolbelastung ermittelt bzw. geschätzt werden könnten, würden diese nicht ausreichen, um eine Gefahr i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu ermitteln. Dazu bedürfte es zusätzlich gerade fehlender Erkenntnisse über eine zumindest hinreichend wahrscheinliche gesundheitsschädige Wirkung einzelner oder mehrerer Bioaerosole und hierauf beruhend entsprechend anerkannter, medizinisch begründbarer, Grenzwerte (vgl. BVerwG, B.v. 20.11.2014 - 7 B 27.14 - NVwZ - RR 2015, 94 ff.; BVerwG, U.v. 23.7.2015 - 7 C 10.13 - BVerwGE 152, 319 ff.; BVerwG, U.v. 7.4.2016 - 4 C 1/15 - BVerwGE 154, 377 ff.; BVerwG zu Nanopartikeln, U.v. 11.12.2003 - 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329 ff.; BVerwG, B.v. 16.1.2009 - 7 B 47/08 - juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 27.3.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 22.3.2012 - 22 ZB 12.149 und 151 - juris Rn. 18; NdsOVG, U.v. 3.4.2019 - 12 LB 238/17 - BeckRS 2019, 26055 Rn. 43 f. 97, 105; OVG NW, B.v. 23.6.2014 - 2 A 104/12 - juris Rn. 95 ff.; HessVGH, U.v. 1.4.2014 - 9 A 2030/12 - juris Rn. 82; VGH BW, U.v. 12.3.2015 - 10 S 1169/13 - juris Rn. 64; VGH BW, U.v. 12.10.2017 - 3 S 1457/17 - juris Rn. 45 ff.; OVG LSA, U.v. 24.3.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 137; OVG LSA, U.v. 6.7.2016 - 2 L 84/14 - juris Rn. 266 ff.).
52
b) Unabhängig vom Nachbaranspruch ist im Genehmigungsverfahren zudem eine Be rücksichtigung der Bioaerosole gemäß dem LAI-Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Bioaerosol-Immissionen vom 31. Januar 2014 im Rahmen einer Betrachtung zu Bioaerosolimmissionen vom 24. August 2017 (S. 264 ff. der Antragsunterlagen) erfolgt. Insoweit ist anzumerken, dass nach dem gegenwärtigen Erkenntnistand davon ausgegangen wird, dass eine mögliche spätere anlagenbedingte Immissionsbelastung mit Bioaerosolen im Genehmigungsverfahren nicht durch eine Messung oder verlässliche Schätzung der Bioaerosole selbst bestimmt, sondern lediglich durch eine mögliche Abschätzung anderer Immissionen, insbesondere sog. partikulärer Luftschadstoffe wie PM 10 und PM 2,5, „behelfsmäßig“ vorgenommen werden kann. Es kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass von der Anlage keine Gefahren für die menschliche Gesundheit ausgehen, wenn die Kenngröße der Gesamtzusatzbelastung für PM 10 an keinem Beurteilungspunkt 1,2 μm/m3 überschreitet (vgl. NdsOVG, B. v. 16.12.2019 - 12 ME 87/19 - ZUR 2020, 299 ff.). In der von der Klägerin nicht substantiiert angegriffenen Betrachtung zu Bioaerosolimmissionen vom 24. August 2017 wird zutreffend ausgeführt, dass die Betrachtung von Bioaerosolen im Rahmen von Genehmigungsverfahren aufgrund voranschreitender Forschung und Entwicklung einer hohen Dynamik unterliegt und dass der o.g. LAI-Leitfaden vom 31. Januar 2014 den im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 18. Juni 2018 besten wissenschaftlichen Kenntnisstand repräsentierte. Dieser LAILeitfaden sieht für die Untersuchung, ob eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8. TA Luft durchzuführen ist, ein mehrstufiges Verfahren vor. In Stufe 1 erfolgt anhand einer tierartspezifischen Abstandsbetrachtung eine Untersuchung, ob die Notwendigkeit einer Prüfung auf Bioaerosolbelastungen gegeben ist. Für Geflügelhaltungsanlagen wird insoweit ein Abstand von weniger als 500 Metern zwischen Wohnort/Aufenthaltsort und Anlage, wie dies hinsichtlich des Wohngrundstücks der Klägerin der Fall ist (s.o.), genannt. Somit war vorliegend eine weiterführende Bewertung anhand der zweiten Prüfstufe des LAI-Leitfadens vorzunehmen, die eine Prüfung auf Irrelevanz mittels Ausbreitungsrechnung vorsieht. Für Tierhaltungsanlagen wird diesbezüglich auf eine Näherungsbetrachtung anhand der anlageninduzierten Zusatzbelastung für PM10 (Feinstaub) abgestellt. Nach Nr. 4.2.2. der TA Luft ist eine Zusatzbelastung von kleiner/gleich 3% des Immissionsjahreswerts irrelevant. Für PM 10 ist somit zu prüfen, ob die Zusatzbelastung im Bereich der nächstgelegenen Wohnbebauung im Jahresmittel einen Wert von 1,2 μg/m3 überschreitet. Vorliegend wurde dieser Irrelevanzwert für Feinstaub von 1,2 μg/m3 laut der Betrachtung zu Bioaerosolimmissionen vom 24. August 2017 im Bereich aller umliegenden Immissionsorte sicher eingehalten. Auch an der nächstgelegenen Bebauung bzw. dem Immissionsort mit der höchsten Beaufschlagung werde dieser Irrelevanzwert nicht nur eingehalten, sondern mit einer prognostizierten Immission von maximal 0,3 μg/m3 deutlich (um den Faktor 4) unterschritten. Angesichts einer solchen prognostizierten Gesamtbelastung von lediglich maximal 0,3 μg/m3, d. h. nur einem Bruchteil der o.g. „Irrelevanzschwelle“, ist vorliegend die Annahme eines auch bezogen auf Geflügelhaltungsanlagen anlagebedingten gesundheitlichen Risikopotenzials von Bioaerosolen hinreichend erschüttert. Laut dem o.g. LAI-Leitfaden ist allerdings insbesondere für Geflügelanlagen ergänzend zu dieser Ausbreitungsberechnung für Schwebstaub eine Gesamtwürdigung der Situation vorzunehmen, was in der Betrachtung zu Bioaerosolimmissionen vom 24. August 2017 mit dem Ergebnis erfolgte, dass hinsichtlich der im prüfrelevanten Anlagenumfeld befindlichen Stallhöfe aufgrund des geringen Emissionspotentials keine relevante Vorbelastung anzunehmen sei, dass eine besonders nachteilige Ausbreitungssituation nicht erkennbar sei und dass für den Standort keine Beschwerdesituation bekannt sei. Als Gesamtergebnis der Prüfung wurde nachvollziehbar festgestellt, dass angesichts der obigen Ausführungen eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8. der TA Luft im vorliegenden Fall entbehrlich sei, um die Genehmigungsfähigkeit der Anlage hinsichtlich Bioaerosol-Immissionen zu gewährleisten.
53
c) Die Klägerin ist dieser gutachtlichen Stellungnahme nicht substantiiert entgegen getreten. Soweit sie vorgetragen hat, dass der in der VDI-RL 4250 empfohlene Abstand von 500 m deutlich unterschritten werde, ist anzumerken, dass dies wegen der fehlenden wissenschaftlichen Erkenntnisse über Wirkungszusammenhänge allein nicht für die Annahme der hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer Gesundheitsgefahr ausreichen kann (vgl. OVG LSA, U.v. 6.7.2016 - 2 L 84/14 - BeckRS 2016, 52845, Rn. 214). Bei Unterschreitung dieser Entfernung sind - wie unter Ziffer 2.3. b) dargestellt - gemäß dem o.g. LAI-Leitfaden lediglich eine Prüfung auf Irrelevanz in Form einer Ausbreitungsrechnung und einer Gesamtwürdigung der Situation, die im Rahmen der Betrachtung zu Bioaerosol-Immissionen vom 24. August 2017 erfolgt sind (s.o.), sowie, falls dies - anders als vorliegend - erforderlich ist, weitere Prüfschritte vorzunehmen. Soweit die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung ausführte, dass der LAI-Leitfaden nicht mehr den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik widerspiegeln würde und dass vorliegend eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8. der TA Luft erforderlich gewesen wäre, ist anzumerken, dass diese pauschal vorgetragenen Behauptungen in keiner Weise hinreichend substantiiert waren. Es wurde in keiner Weise konkret aufgezeigt, inwieweit die unter Ziffer 2.3. b) dargestellte und im Einklang mit dem LAI-Leitfaden erstellte Bewertung der Bioaerosolimmissionen nicht tragfähig sein könnte bzw. entgegen der dortigen Einschätzung eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8. der TA Luft erforderlich gewesen sein könnte. Die Klägerseite beschränkte sich auf allgemeine Darlegungen, die keine nachprüfbaren Hinweise darauf enthielten, dass die Bioaerosolimmissionen mithilfe einer anderen Methodik abgeschätzt bzw. ermittelt werden könnten, die sich als fachlich vorzugswürdig darstellen könnte. Weitergehende Gutachten mussten daher nicht eingeholt werden (vgl. auch BayVGH, B.v. 4.2.2019 - 22 ZB 18.1347 - juris Rn. 59 ff.; HessVGH, U.v. 3.7.2018 - 4 C 531/17.N - juris Rn. 42 ff.). Soweit die Klägerin vorgetragen hat, dass zur Verhinderung von Gefahren durch Bioaerosole der Einbau einer Abluftbehandlungsanlage geboten gewesen wäre, ist anzumerken, dass es angesichts der obigen Ausführungen nicht zu beanstanden ist, dass in Ziffer 4.3.1. der Rev. 1 - 1 vom 7. Dezember 2017 (S. 129 der Antragsunterlagen) davon ausgegangen wurde, dass keine Maßnahmen zur Abgasreinigung und somit kein Einbau einer Abluftbehandlungsanlage erforderlich sind, um sicherzustellen, dass die durch die streitgegenständliche Anlage hervorgerufenen Auswirkungen durch Luftschadstoffe nicht erheblich sind.
54
2.4. Die Klägerin kann sich zudem nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die streitgegenständliche Hähnchenmastanlage im Außenbereich unzulässig sei, weil es sich nicht um eine privilegierte Landwirtschaft i. S. v. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB handele.
55
Unter „andere öffentlich - rechtliche Vorschriften“ i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG fällt auch das Baurecht. § 35 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB vermitteln Personen, die im Außenbereich wohnen, keinen Anspruch darauf, dass in ihrer „Nachbarschaft“ nur privilegierte Betriebe zugelassen werden, so dass § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 201 BauGB keinen Drittschutz zugunsten von Nachbarn eines immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Betriebs entfaltet. Denn das originäre Ziel des Nachbarschutzes, einen Gebietscharakter der Baugebiete der BauNVO zu erhalten, kann bei Vorhaben im Außenbereich nicht verfolgt und erreicht werden, weil dort wegen der unterschiedlichen Privilegierungstatbestände des § 35 Abs. 1 BauGB ein bestimmter vorherrschender Gebietscharakter im Sinne der BauNVO, den es zu erhalten gilt, gerade fehlt. Wenn es daher an dem typischen wechselseitigen Verhältnis innerhalb eines Plangebiets und mithin an der bau- und bodenrechtlichen Schicksalsgemeinschaft fehlt, kann sich ein Nachbar auch nicht auf den nachbarschützenden Gebietserhaltungsanspruch als Abwehrrecht berufen. § 35 BauGB wirkt somit nicht per se nachbarschützend, sondern nur über das Gebot der Rücksichtnahme, dessen Verletzung auch von Nachbarn gerügt werden kann. Das Gebot der Rücksichtnahme ist keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts steht, sondern ein normgebundenes Instrument der Konfliktbewältigung zur bauplanungsrechtlichen Feinsteuerung im Einzelfall, dass Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts ist. Ob das Rücksichtnahmegebot verletzt ist und sich nachbarliche Abwehransprüche ergeben, ist im Rahmen einer Einzelfallprüfung zu beurteilen. Bei Außenbereichsvorhaben hat das Gebot der Rücksichtnahme in Bezug auf „schädliche Umwelteinwirkungen“ i. S. v. § 3 Abs. 1 BImSchG, worunter auch Geruchsimmissionen fallen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen, in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB eine ausdrückliche Regelung erfahren. Ist die Schwelle der Erheblichkeit - wie bei Geruchsimmissionen - nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift bestimmt, kommt es darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation zumutbare Maß überschreiten. Bei der Bestimmung der Zumutbarkeit von Belästigungen sind etwaige Vorbelastungen schutzmindernd zu berücksichtigen, die eine schutzbedürftige Nutzung an einem Standort, zumal im Außenbereich, vorfindet, der durch eine schon vorhandene emittierende Nutzung vorgeprägt ist. Im Umfang der Vorbelastung sind Immissionen zumutbar, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht hinnehmbar wären. Eine Anlage, die keine stärkeren Immissionen verursacht als jeweils immissionsschutzrechtlich gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulässig ist, ist auch im baurechtlichen Sinne nicht rücksichtslos. Denn das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme gewährt keinen weitergehenden Nachbarschutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG als § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, so dass der Schutz vor Immissionen über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB kein anderer ist, als derjenige nach dem BImSchG. Soweit es nicht um (schädliche) Immissionen geht, sondern um sonstige nachteilige Wirkungen eines Außenbereichsvorhabens geht, ist das Gebot der Rücksichtnahme ein ungeschriebener öffentlicher Belang im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - BVerwGE, 159, 187 ff.; BVerwG, U.v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 ff.; BVerwG, U.v. 21.12.2011 - 4 C 12/10 - BVerwGE 141, 293 ff.; BVerwG, U.v. 21.12.2010 - 7 A 14/09 - NVwZ 2011, 676 ff.; BVerwG, B.v. 2.8.2005 - 4 B 41/05 - ZfBR 2005, 806 f.; BVerwG, U.v. 28.7.1999 - 4 B 38/99 - NVwZ 2000, 552 f.; BVerwG, U.v. 27.8.1998 - 4 C 5/98 - NVwZ 1999, 523 ff.; BVerwG, U.v. 28.10.1993 - 4 C 5/93 - NVwZ 1994, 686 ff.; BVerwG, U.v. 24.9.1992 - 7 C 7.92 - DVBl. 1993, 111 ff.; BVerwG, U.v. 23.5.1991 - 7 C 19/90 - BVerwGE 88, 210 ff.; BVerwG, U.v. 22.6.1990 - 4 C 6/87 - NVwZ 1991, 64 ff.; BVerwG, B.v. 22.2.1988 - 7 B 28/88 - NVwZ 1988, 1019 f.; BVerwG, U.v. 30.9.1983 - 4 C 74/78 - BVerwGE 68, 58 ff.; BVerwG, U.v. 30.9.1983 - 4 C 18/80 - UPR 1984, 128 f.; BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122 ff.; BayVGH, B.v. 23.12.2016 - 9 CS 16.1672 - juris Rn. 13 ff.; NdsOVG, U.v. 3.4.2019 - 12 LB 238/17 - BeckRS 2019, 26055 Rn. 110; VGH BW, U.v. 18.10.2017 - 3 S 1457/17 - BeckRS 2017, 130933, Rn. 40; VG München, B.v. 20.11.2015 - M 11 S 15.3934 - juris Rn. 29 ff.; VG Oldenburg, U.v. 13.9.2017 - 5 A 654/15, BeckRS 2017, 125925, Rn. 101). Angesichts dessen kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf das Gebot der Rücksichtnahme berufen. Denn aus den obigen Ausführungen in den Ziffern. 2.1. bis 2.3. ist ersichtlich, dass von der streitgegenständlichen Erweiterung der Hähnchenmastanlage des Beigeladenen hinsichtlich deren Wohngrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG ausgehen, so dass das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt wird. Dies gilt umso mehr, als sich die Zumutbarkeit von Belästigungen auch nach der Schutzbedürftigkeit bestimmt (s.o.) und die Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung der Klägerin gegenüber dem vom Gesetzgeber typischerweise im Außenbereich vorgesehenen Vorhaben des Beigeladenen gemindert ist, da deren Grundstück zusammen mit dem Grundstück Z. 14 im Außenbereich außerhalb jeglichen Bebauungszusammenhangs liegt und lediglich von offenen, landwirtschaftlich genutzten Flächen, von einzelnen, verstreut liegenden, landwirtschaftliche Hofstellen und von ebenfalls vereinzelten, verstreut liegenden Wohngebäuden umgeben ist (s.o. Ziffer 2.1.b)).
56
2.5. Schließlich kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass hinsichtlich der streitgegenständlichen Anlage aufgrund des Fehlens innerer Brandwände der Brandschutz nicht gewährleistet sei und sie deshalb Gefahren ausgesetzt sei. Denn Brandschutzvorschriften entfalten nicht per se nachbarschützende Wirkung, sondern nur, wenn sie „nach außen“ zielen, also nicht auf den Schutz des von der Anforderung betroffenen Gebäudes und seiner Bewohner bzw. Benutzer begrenzt sind, sondern mit Blick auf die Verhinderung der Ausbreitung von Feuer und Rauch in der Umgebung jedenfalls auch auf den Schutz des Nachbargrundstücks und der sich dort befindlichen Personen und/oder (unbeweglichen und beweglichen) Sachen ausgerichtet sind. Bei Regelungen über Brandwände ist daher grundsätzlich zu unterscheiden. Während Regelungen über innere Brandwände zur Bildung bzw. Begrenzung von Brandabschnitten innerhalb eines Gebäudes von ihrem Schutzzweck her gesehen ausschließlich „nach innen“ bezogen sind und daher keine nachbarschützende Wirkung entfalten, sind Regelungen für Brandwände als Gebäudeabschlusswände (Art. 28 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 BayBO), weil ihnen auch der normative Schutzzweck zukommt, einen Brandübergriff auf Nachbargebäude zu verhindern, zugunsten von unmittelbar angrenzenden Nachbarn grundsätzlich drittschützend. Die Vorschrift des Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BayBO über die Anforderungen an innere Brandwände bezweckt somit lediglich die Verhinderung der Ausbreitung eines Brandes innerhalb desselben Gebäudes, nicht jedoch die Verhinderung der Ausbreitung auf Nachbargebäude und somit den Schutz des Nachbarn (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2018 - 15 CE 17.2599 - NvwZRR 2018, 760 ff.; BayVGH, B.v. 30.1.2018 - 15 ZB 17.1459 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 19.7.2016 - 9 CS 15.336 - NvwZ-RR 2017, 87 ff.; BayVGH, B.v. 3.9.2015 - 15 ZB 12.2142 - NvwZ-RR 2016, 27 ff.). Daher kann sich die Klägerin mangels nachbarschützender Funktion der Vorschriften über innere Brandwände, insbesondere derjenigen des Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BayBO, nicht mit Erfolg auf das Fehlen innerer Brandwände berufen. Ein solcher Nachbarschutz kann sich auch nicht aus dem Gebot der Rücksichtnahme ergeben, da dort nur planungsrechtliche Aspekte von Belang sein, nicht hingegen eine mögliche Nichtbeachtung brandschutzrechtlicher Vorschriften (vgl. VG Würzburg, U. v. 5.12.2013 - W 5 K 12.866, BeckRS 2014, 46367).
57
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
58
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
59
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).