Titel:
Kosten für Feuerwehreinsatz, Mineralölverunreinigung auf Main, Bundeswasserstraße, Zustandsverantwortlichkeit des Bundes, Bestimmtheitsgebot, Leistungsbescheid
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BayFwG Art. 28 Abs. 1 S. 1
BayFwG Art. 28 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
WHG § 4
Schlagworte:
Kosten für Feuerwehreinsatz, Mineralölverunreinigung auf Main, Bundeswasserstraße, Zustandsverantwortlichkeit des Bundes, Bestimmtheitsgebot, Leistungsbescheid
Rechtsmittelinstanzen:
VGH München, Urteil vom 20.07.2022 – 4 B 20.3009
BVerwG Leipzig, Urteil vom 18.12.2024 – 6 C 13.22
Fundstelle:
BeckRS 2020, 60612
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages anwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen die Inanspruchnahme von Aufwendungen für einen Feuerwehreinsatz zur Beseitigung einer Mineralölverunreinigung auf dem Main im Bereich der Schleuse Ottendorf.
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1. Am 23. Mai 2015 um 8:51 Uhr alarmierte die Integrierte Leitstelle Schweinfurt die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten wegen einer Gewässerverunreinigung auf dem Main im Bereich der Schleuse Ottendorf. Ausweislich des Einsatzberichts der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten dauerte der Einsatz von 9:29 Uhr bis 17:00 Uhr. Bei dem Einsatz, an dem sich neben der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten weitere Freiwillige Feuerwehren beteiligten, wurden insbesondere der Vorkanal der Schleuse Ottendorf mit einem Ölschlängel gesichert und das Mineralöl abgeschöpft; zudem wurden die Ausflugspassagiere eines im Vorkanal wartenden Fahrgastkabinenschiffs („V* … …“) an Land begleitet. Seitens der Beklagten waren an dem Einsatz 23 Feuerwehrkräfte mit vier Fahrzeugen (TLF 16/25, RW 2, LF 8, MZF) und einem Boot (Fw-Boot) beteiligt. Ein Verursacher der Gewässerverunreinigung konnte von der Polizeiinspektion Schweinfurt nicht ermittelt werden.
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Mit Bescheid vom 29. Februar 2016, der an das Wasser- und Schifffahrtsamt Schweinfurt adressiert war, forderte die Beklagte auf Grundlage von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG Kostenersatz für den Einsatz vom 23. Mai 2015 in Höhe von insgesamt 6.842,59 EUR. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Zum Ersatz der Kosten sei gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG verpflichtet, wer in den Fällen des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG die Gefahr, die zum Einsatz der Feuerwehr geführt habe, verursacht habe oder sonst zur Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr verpflichtet gewesen sei. Dabei sei es unerheblich, ob ein Verschulden vorgelegen habe. Da vorliegend ein Verursacher polizeilich nicht habe ermittelt werden können, sei der Einsatz an den Unterhaltspflichtigen der Wasser straße Main zu verrechnen. Dessen Heranziehung zur Kostenerstattung entspreche pflichtgemäßem Ermessen, da der Beklagten aufgrund von Art. 61 und 62 GO die grundsätzliche Verpflichtung zukomme, Begünstigte von Feuerwehreinsätzen zur Kostenerstattung heranzuziehen. Dabei könne die Beklagte gemäß Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BayFwG auch Pauschalsätze für den Ersatz der Kosten bei der Erfüllung von Pflichtaufgaben durch Satzung festlegen. Davon habe sie mit Erlass der Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren vom 13. April 1999, zuletzt geändert am 12. Dezember 2007 (Gemeindeblatt Nr. 46 vom 14.12.2007), Gebrauch gemacht.
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2. Gegen diesen Bescheid legte die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt mit Schreiben vom 1. April 2016 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Bescheid der Beklagten sei formell rechtswidrig, weil keine Anhörung durchgeführt worden sei und der Bescheid wesentliche tatsächliche Entscheidungsgründe nicht enthalte. Die Begründung zum Ermessen ergehe sich in allgemeinen floskelhaften Ausführungen. Das zeige sich auch an der Bezugnahme auf Art. 61 und 62 GO, die gegenüber der Klägerin keinen Sinn mache, weil diese ebenfalls dem Haushaltsrecht unterliege. Darüber hinaus sei der Bescheid auch materiell rechtswidrig. Er zitiere eine falsche Rechtsgrundlage. Der Bund könne nicht nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG in Anspruch genommen werden. Er habe die Gefahr nicht verursacht. Es gebe auch kein Gesetz, wonach der Bund zur Beseitigung der Gefahr verpflichtet sei. Eine solche Verpflichtung könne nicht schon aus der Eigentümerstellung oder aus der tatsächlichen Sachherrschaft folgen. Jedenfalls sei das Wasser eines Flusses gemäß § 4 Abs. 2 WHG nicht eigentumsfähig und mangels Sacheigenschaft sei daran auch keine Sachherrschaft des Bundes möglich. Entsprechend könne der Bund nicht Adressat des Kostenbescheids sein. Der Bundesrat habe in seiner Stellungnahme vom 15. Mai 2009 (BR-Drs. 280/09) erkannt, dass die Einführung des § 4 Abs. 2 WHG zu einer materiellen Änderung bei Ölschadensfällen führen werde. In den Gesetzesbegründungen gehe es allein darum, gegen wen auf der Primärebene Anordnungen getroffen werden könnten, nicht um die spätere Kostentragung. Der Bescheid sei auch an den falschen Empfänger adressiert. Unterhaltungspflichtiger für Gewässer erster Ordnung sei nach Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 BayWG der Freistaat Bayern. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb dieser als möglicher Kostenschuldner nicht in Betracht gezogen worden sei. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die eigene Körperschaft Freistaat Bayern willkürlich geschont und automatisch immer nur der Bund in Anspruch genommen werden solle. Die Auswahl eines unter möglicherweise mehreren Kostenpflichtigen habe nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zu erfolgen und dürfe nicht von vornherein nur auf einen Adressaten beschränkt werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe unmissverständlich judiziert, dass er sich der grundsätzlichen Abkoppelung der Sekundärebene von der Primärebene für die Kostentragungspflicht nach dem Bayerischen Feuerwehrgesetz anschließe. Hinsichtlich der endgültigen Kostentragungspflicht auf der Sekundärebene sei eine ex-post-Betrachtung geboten, da eine Gefahr in Verzug gerade nicht gegeben sei. Des Weiteren sei der Entscheidungsausspruch des Bescheids der Beklagten zu unbestimmt, da er nur die entstandenen Kosten feststelle, sie aber nicht explizit der Klägerin auferlege. Die Klägerin sei weder im Tenor des Bescheids noch in der Begründung explizit namentlich genannt worden. Der Bescheid leide an Ermessensfehlern. Die Verpflichtung zur Beachtung des haushaltsrechtlichen Gebots der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in Art. 61 und 62 GO führe zu keiner Bindung der Verwaltung, die eine Ermessensentscheidung entfallen lasse. Abgesehen davon unterliege auch die Bundesrepublik Deutschland dem Haushaltsrecht. Konkrete, auf den Einzelfall bezogene Ermessenserwägungen enthalte der Bescheid nicht. Ein Nachschieben von Gründen sei nicht möglich. Die Beklagte habe auch sachfremde Erwägungen angestellt und wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen, indem sie von „Öl“ anstelle von „Diesel“ ausgegangen sei und angenommen habe, dass die Gefahr „durch den Betrieb eines Wasserfahrzeugs“ entstanden sei, was nicht habe ermittelt werden können. Der Diesel könne auch von außerhalb in die Wasser straße gelangt sein. Im Übrigen seien die von der Beklagten geltend gemachten Personal- und Materialkosten nicht nachvollziehbar. Für die Begleitung der Passagiere eines Fahrgastkabinenschiffes von Bord über eine unwegsame Böschung, damit diese ihren Ausflug nach Bamberg durchführen könnten, habe die Bundesrepublik keinesfalls aufzukommen.
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3. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. September 2018 wies das Landratsamt Schweinfurt den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Bescheid der Beklagten sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Kostenersatz könne für Einsätze im technischen Hilfsdienst im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayFwG verlangt werden. Nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG sei u.a. zum Ersatz verpflichtet, wer zur Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr verpflichtet gewesen sei. Der Eigentümer einer Sache sei grundsätzlich für die von ihr ausgehenden Gefahren verantwortlich, unabhängig davon, ob der Zustand der Sache von ihm selbst oder einem Dritten herbeigeführt worden sei oder auf Zufall oder höherer Gewalt beruhe. Der Main sei im maßgeblichen Bereich ein Gewässer erster Ordnung, dessen Unterhaltungslast dem Freistaat Bayern unbeschadet der Aufgaben des Bundes als Eigentümer von Bundeswasserstraßen obliege (Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 BayWG i.V.m. §§ 39, 40 WHG). Die Beseitigungspflicht ergebe sich aus der Eigenschaft der Klägerin als Zustandsstörerin im sicherheitsrechtlichen Sinn. Daran ändere auch § 4 Abs. 2 WHG nichts, wonach Wasser eines fließenden oberirdischen Gewässers nicht eigentumsfähig sei. Aus der Gesetzesbegründung gehe hervor, dass § 4 Abs. 2 WHG lediglich dazu führe, dass in Ölschadensfällen neben dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt nicht noch zusätzlich der Eigentümer in Anspruch genommen werden könne. Der Bund werde über § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG in alle wasserrechtlichen Pflichten eingebunden, die den Gewässereigentümer beträfen. § 4 Abs. 2 WHG habe lediglich klarstellenden Charakter hinsichtlich der Frage des Eigentums an der sog. fließenden Welle. Im Weiteren nahm das Landratsamt Schweinfurt auf die Ausführungen zur Zustandsverantwortlichkeit des Bundes im Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 24. Juli 2014 (W 5 K 12.554) Bezug. Die weitere Begründung des Widerspruchs ändere an der rechtlichen Einschätzung der Ausgangsbehörde nichts. Die fehlende Anhörung sei im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden. Der Ausgangsbescheid sei auch ausreichend begründet worden. Ein Ermessensnichtgebrauch der Ausgangsbehörde liege nicht vor. Hinsichtlich der Ermessensausübung nahm das Landratsamt Schweinfurt auf die haushaltsrechtlichen Vorgaben der Art. 61 und 62 GO Bezug und führte ergänzend aus, dass zugunsten der Klägerin das wirtschaftliche Interesse, von der Zahlung verschont zu werden, berücksichtigt worden sei. Bei Abwägung der für und gegen die Heranziehung zum Kostenersatz sprechenden Gründe überwiege das wirtschaftliche Interesse der Gemeinde am Ersatz der entstandenen Aufwendungen gegenüber einer finanziellen Belastung des Bundes. Die Beklagte könne es sich im Rahmen ihrer Einnahmebeschaffung aufgrund ihrer angespannten Haushaltslage nicht leisten, auf ihr zustehendes Geld zu verzichten. Im Übrigen sei nicht erkennbar, dass die Beklagte bei der Ermessensausübung von unrichtigen Tatsachen ausgegangen sei. Auf den Aufwendungsersatz sei auch nicht aus Billigkeitserwägungen zu verzichten. Die Höhe der Abrechnung entspreche dem Einsatzbericht und den Bestimmungen der gemeindlichen Satzung und begegne keinen Bedenken.
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Laut Empfangsbestätigung wurde der Widerspruchsbescheid am 25. September 2018 der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt zugestellt.
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4. Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2018, bei Gericht per Telefax eingegangen am selben Tag, erhob die Klägerin Klage mit dem zuletzt gestellten Antrag,
den Bescheid der Gemeinde Schonungen vom 29. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Schweinfurt vom 21. September 2018 aufzuheben.
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Zur Begründung vertiefte die Klägerin ihr Widerspruchsvorbringen und führte insbesondere aus: Auch nach Erlass des Widerspruchsbescheids bleibe die Begründung zum Ermessen allgemein und floskelhaft. Da die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten über keine Ölwehr für einen Einsatz in einer dem Main entsprechenden Größenordnung verfügt habe, sei davon auszugehen, dass es vorliegend um die Kosten zur Rettung des touristischen Programms für die Ausflugspassagiere des Fahrgastkabinenschiffs „V* … …“ gehe. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG lägen nicht vor, weil die entfernte Flüssigkeit nicht vom Betrieb eines Wasserfahrzeugs herrühre. Die chemische Untersuchung der Schadensprobe durch das Bayerische Landesamt für Umwelt habe nur ein typisches Bild von Diesel gezeigt, während für ein Wasserfahrzeug eine Mischung aus Diesel und Öl typisch sei. Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt habe auch keinen technischen Hilfsdienst angefordert. Die Klägerin habe weder den Diesel auf dem Main verursacht noch sei sie sonst zur Beseitigung verpflichtet. Die Freihaltung der Gewässer von Verunreinigungen sei keine Aufgabe des Bundes. Die schifffahrtspolizeiliche Aufgabe des Bundes ende dort, wo es nicht mehr um Anforderungen an die Schiffe und deren Betrieb zur Verhütung von Gefahren für die Reinheit des Wassers gehe. Sei das Wasser verunreinigt, sei der Bund nicht mehr zuständig. Eine Entscheidung, die der Klägerin ohne Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Ue.v. 30.10.1962 - 2 BvF 2/60, 2 BvF 1/61, 2 BvF 2/61, 2 BvF 3/61 - BVerfGE 15, 1) eine Leistung auferlege, sei verfassungswidrig. Der Bund sei auch der falsche Adressat. Auf der Sekundärebene sei die Auferlegung von Kosten nicht in das Belieben gestellt, sondern setze einen Anknüpfungspunkt voraus. Hieran fehle es, da der Bund nicht Eigentümer des verunreinigten Wassers im Main gewesen sei und auch keine tatsächliche Sachherrschaft innegehabt habe. Der Regelung des § 4 Abs. 2 WHG könne nicht nur eine deklaratorische Bedeutung beigemessen werden. Richtiger Adressat des Bescheids sei der Freistaat Bayern, den die Unterhaltungspflicht des Gewässers treffe. Damit setzten sich Ausgangs- und Widerspruchsbescheid auch in der beim Kostenausgleich maßgeblichen ex-post-Perspektive nicht auseinander. Mit der Geltendmachung von Feuerwehrkosten lasse sich der gemeindliche Haushalt nicht planen. Die Schulden der Beklagten bewegten sich auf einem historisch niedrigen Niveau. Es gelte zu akzeptieren, dass das BayFwG gerade keine lückenlose Erstattung sämtlicher angefallener Kosten vorsehe. Der Tenor des Ausgangsbescheids genüge nicht den Anforderungen an einen „Leistungsbescheid“ im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayFwG und sei zu unbestimmt. Eine Interpretation eines eindeutig feststellenden Ausspruchs in einen Leistungsausspruch überschreite die Grenzen zulässiger Auslegung. Unklarheiten gingen zulasten der Beklagten. Hinsichtlich der Kostenhöhe wird vorgebracht, dass die pauschale Berechnung der Kosten im Stundentakt gegen den Grundsatz der Leistungsproportionalität verstoße und deswegen rechtswidrig sei, da eine Berechnung bzw. Umrechnung auf kleinere Zeiteinheiten durch einfache Division und Multiplikation möglich gewesen wäre.
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Auf den weiteren Inhalt der Klagebegründung wird Bezug genommen.
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5. Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragte,
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Das ordnungsgemäße Zitieren einer Rechtsgrundlage sei nicht erforderlich. Erforderlich sei lediglich, dass eine gesetzliche Rechtsgrundlage bestehe, was der Fall sei. Die Feuerwehr der Beklagten habe die Ölsperre angebracht und das Mineralöl gebunden. Die Hilfeleistung gegenüber den Fahrgästen des Schiffes „V* … …“ sei von der Feuerwehr Ottendorf übernommen worden. Die Feuerwehr der Beklagten sei insoweit nicht aktiv gewesen. Die Klägerin sei nach Art. 89 Abs. 1 GG Eigentümerin der Bundeswasser straße Main. In dieser Eigenschaft komme ihr eine Unterhaltungspflicht zu. Die dem Freistaat Bayern obliegende Unterhaltslast an Gewässern erster Ordnung ändere daran nichts. Der Klägerin sei in der Rechtsprechung eine Zustandsverantwortlichkeit beispielsweise für Ölverunreinigungen auf Bundeswasserstraßen zuerkannt worden. Nach ständiger Rechtsprechung sei mit der Ausnahme einer ordnungsrechtlichen Verantwortung des Bundes für den Zustand der in seinem Eigentum stehenden Gewässer kein Eingriff in das Gefüge der Kompetenzen von Bund und Ländern verbunden. Gerade aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Juli 2016 (4 B 15.1285) ergebe sich die Verantwortlichkeit der Klägerin für die Einsatzkosten der Feuerwehr der Beklagten. Die Frage der Primär- und Sekundärverantwortlichkeit stelle sich im vorliegenden Fall gerade nicht, da die Sachverhalte nicht vergleichbar seien, weil sich unstreitig ein Ölfilm auf dem Main im Bereich der Schleuse Ottendorf befunden habe. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Urteil vom 24. Juli 2014 (W 5 K 12.554) träfen auch vorliegend zu. Der streitgegenständliche Bescheid stelle ohne Zweifel einen Leistungsbescheid dar, was sich aus einer Gesamtbetrachtung von Tenor und Gründen ergebe. Die Beklagte habe in völlig ausreichendem Umfang ihr Ermessen ausgeübt und ausreichend dargelegt, weshalb die Klägerin zum Kostenersatz heranzuziehen sei. Die Gebührensatzung unterliege keinen Bedenken. Die Pauschalen seien nicht zu beanstanden; ein Verstoß gegen den Grundsatz der Leistungsproportionalität liege nicht vor.
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6. Die Regierung von Unterfranken als Vertreter des öffentlichen Interesses äußerte sich nicht.
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7. Unter dem 28. Juni 2019 erließ die Beklagte unter Bezugnahme auf den Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2016 „zur Klarstellung“ einen „weiteren Bescheid“, wonach durch den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten am 23. Mai 2015 der Beklagten Kosten in Höhe von insgesamt 6.842,59 EUR entstanden seien (Ziffer 1). Die Bundesrepublik Deutschland sei verpflichtet, diese Kosten von 6.842,59 EUR der Beklagten zu erstatten (Ziffer 2). In der Begründung wird ausgeführt, dass schon der Ausgangsbescheid einen Leistungsbescheid darstelle, wie sich aus seiner Begründung ergebe. Ein Leistungsbescheid sei nicht davon abhängig, dass er im Tenor zwingend einen Leistungsausspruch enthalte. Der fehlende Leistungsausspruch im Tenor spiele rechtlich allenfalls bei der Vollstreckung eine Rolle, was im vorliegenden Fall jedoch mit Blick auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung von untergeordneter Bedeutung sei. Ein Leistungsbescheid ohne Leistungsausspruch im Tenor sei jedenfalls nicht rechtswidrig. Gleichwohl erlasse die Beklagte zur Klarstellung einen Bescheid mit Leistungsausspruch im Tenor. Der Ausgangsbescheid werde damit ergänzt.
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Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 3. Juli 2019 „Widerspruch“. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Anspruch zwischenzeitlich verjährt sei, dass es sich bei dem Schreiben der Beklagten mangels Regelungswirkung nicht um einen Verwaltungsakt handele und dass es nach wie vor an einer ordnungsgemäßen Ausübung des Auswahlermessens fehle. Über den „Widerspruch“ wurde bislang nicht entschieden.
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8. In der mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2020 wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Der Kreisbrandrat S* … wurde zum Einsatzgeschehen informatorisch angehört.
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9. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten einschließlich der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte (1105 UJs 24434/15) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Schweinfurt vom 21. September 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. An der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen keine Zweifel.
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Ein beachtlicher Verfahrensfehler liegt nicht vor. Da die gemäß Art. 10 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3a cc) ccc) KAG i.V.m. § 91 AO erforderliche Anhörung der Klägerin als Adressatin des belastenden Verwaltungsakts vor Erlass des Ausgangsbescheids unterblieben ist, wurde zwar ihr formelles Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs im Verwaltungsverfahren verletzt. Aufgrund dieses Verfahrensverstoßes kann die Klägerin jedoch nicht die Aufhebung des angegriffenen Bescheids verlangen, da insoweit durch Nachholung der Anhörung im Widerspruchsverfahren und im gerichtlichen Verfahren eine Heilung des Verfahrensfehlers eingetreten ist (Art. 10 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3b KAG i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 AO). Die Beklagte und die Widerspruchsbehörde haben sich im Verlauf des Widerspruchsverfahrens mit dem Vorbringen der Klägerin sachlich befasst und ihr damit nachträglich das erforderliche Gehör gewährt. Nichts anderes ergäbe sich im Übrigen, wenn man mit den Beteiligten von der Anwendbarkeit der allgemeinen Verfahrensvorschriften (Art. 28 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG) ausginge.
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Ein Begründungsmangel ist ebenfalls nicht ersichtlich; die Anforderungen des Art. 10 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3b KAG i.V.m. § 121 AO sind eingehalten. Nach § 121 AO ist ein schriftlicher, elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist. Gemessen daran verfügen Ausgangs- und Widerspruchsbescheid über eine ausreichende Begründung. Auf die Richtigkeit einzelner Bezeichnungen („Öl“ statt „Diesel“), Ermittlungsergebnisse oder der Begründung im Ganzen kommt es im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit nicht an. Selbst wenn man auf die allgemeinen Vorschriften des Art. 39 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BayVwVfG abstellen würde, ist ein Verstoß gegen die inhaltlichen Vorgaben dieser Regelungen nicht ersichtlich. Die Ausführungen der Beklagten und der Widerspruchsbehörde lassen insbesondere die Gesichtspunkte erkennen, von denen sie bei der Ermessensausübung ausgegangen sind. Sie mögen zwar teilweise standardisierte Elemente enthalten, allerdings beziehen sie sich dennoch auf den konkret vorgefallenen Einsatz und legen in ausreichender Weise dar, aus welchen Gründen und in welcher Höhe die dadurch entstandenen Kosten von der Klägerin zu tragen sind.
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2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
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2.1. Die Auslegung führt zunächst zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Ausgangsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheids um einen an die Klägerin gerichteten Leistungsbescheid im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayFwG handelt.
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Zwar enthalten die Tenorierungen von Ausgangs- und Widerspruchsbescheid keinen ausdrücklichen Ausspruch darüber, dass der Ersatzanspruch gegenüber dem Kostenschuldner geltend gemacht wird. Aus der maßgeblichen Sicht des Empfängers ist jedoch anhand der Begründungen des Ausgangs- und des Widerspruchsbescheids in hinreichender Weise ersichtlich geworden, dass nicht nur ein Feststellungsausspruch erfolgen sollte, sondern dass die Aufwendungen auch einem Kostenschuldner auferlegt werden sollten. In der Begründung des Ausgangsbescheids vom 29. Februar 2016 wird die ausgesprochene Verpflichtung zum Kostenersatz ausdrücklich erwähnt („sind Sie (…) zum Kostenersatz verpflichtet“). Der Ausgangsbescheid enthält zudem Angaben zur Bankverbindung der Beklagten, einen Hinweis zur Fälligkeit der Forderung („Nach § 3 der Satzung ist der Aufwendungs- und Kostenersatz einen Monat nach Zustellung dieses Bescheids zur Zahlung fällig.“) und einen Hinweis zu den Folgen bei verspäteter Zahlung („Wenn Ihre Zahlung erst nach Ablauf des Fälligkeitstags einem unserer Konten gutgeschrieben wird, sind Säumniszuschläge von 1 v. H. des rückständigen Rechnungsbetrags für jeden angefangenen Monat der Säumnis zu zahlen. […]“). Der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schweinfurt vom 21. September 2018 weist in seiner Begründung darauf hin, dass der „Bund“ der zutreffende Adressat des „Kostenersatzbescheids“ sei. Aus der für die Auslegung maßgeblichen Sicht des Empfängers kann daraus nur die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die im Entscheidungstenor des Ausgangsbescheids festgestellten Aufwendungen auch eingefordert werden sollen, weshalb der Leistungscharakter in ausreichendem Maße zum Ausdruck gekommen ist.
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2.2. Der angegriffene Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids erweist sich entgegen der Auffassung der Klägerseite auch nicht in Bezug auf den Adressaten als unbestimmt (Art. 10 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3b, Nr. 4b KAG i.V.m. § 119 Abs. 1, 157 Abs. 1 Satz 2 AO).
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Der Grundsatz der inhaltlichen Bestimmtheit besagt, dass der Verwaltungsakt den Inhalt der Regelung vollständig, klar und unzweideutig zum Ausdruck bringen muss. Der Betroffene muss dem Verwaltungsakt zweifelsfrei entnehmen können, welche Behörde was von ihm verlangt bzw. was sie ihm gewährt. Nur unter diesen Voraussetzungen ist sichergestellt, dass ein Verwaltungsakt befolgt und vollzogen werden kann und die Grenzen seiner Bestandskraft zuverlässig abgesteckt werden können (Füssenich in BeckOK AO, 11. Ed., Stand: 1.1.2020, § 119 AO Rn. 18 m.w.N.). Dabei ist aber nicht erforderlich, dass sich der Inhalt eines Verwaltungsakts allein aus dem Anordnungssatz klar ergibt; vielmehr ist unter anderem auch die dem Verwaltungsakt beigefügte Begründung zur Auslegung des Regelungsinhalts heranzuziehen (Füssenich in BeckOK AO, 11. Ed., Stand: 1.1.2020, § 119 AO Rn. 20 m.w.N.). Ist in der Sache ein Widerspruchsbescheid ergangen, genügt es, wenn dieser die erforderliche Bestimmtheit herstellt (BVerwG, U.v. 22.9.2004 - 6 C 29/03 - juris m.w.N.: zu § 37 Abs. 1 VwVfG). Erst wenn unter Berücksichtigung dieser Auslegungsgrundsätze noch Zweifel verbleiben, gehen diese zulasten der Behörde. Zwar wurden der Ausgangsbescheid an das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt in Schweinfurt und der Widerspruchsbescheid an die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt in Würzburg adressiert. Es ergibt sich jedoch durch Auslegung nach Maßgabe des objektiven Empfängerhorizonts, dass jeweils die Bundesrepublik Deutschland als Klägerin für den Ersatz der Aufwendungen des Feuerwehreinsatzes am 23. Mai 2015 in Anspruch genommen werden sollte. Da die Empfänger der Bescheide als Behörden der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes die Bundeswasser straße Main verwalten, auf der der Einsatz zur Beseitigung der Gewässerverunreinigung stattfand, kommt allein die Klägerin als in Anspruch genommene Rechtsperson in Betracht. Dies wurde in der Begründung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Schweinfurt vom 21. September 2018 auch ausdrücklich hervorgehoben, indem „der Bund“ als zutreffender Adressat des Kostenersatzbescheids benannt wurde. Es besteht auch aufgrund des Umstands, dass die Bescheide an zwei Bundesbehörden übermittelt wurden, hinsichtlich des Leistungspflichtigen keine Verwechselungsgefahr. Vielmehr war für die Empfangsbehörden unter Berücksichtigung des ihnen geläufigen Rechtsträgerprinzips ohne Schwierigkeiten erkennbar, dass die Aufwendungen vom Bund verlangt wurden.
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In Anbetracht dessen ist die Kammer der Auffassung, dass es sich bei dem von der Beklagten am 28. Juni 2019 erlassenen „Bescheid“ mangels Regelungswirkung um keinen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, sondern um eine sog. wiederholende Verfügung handelt. Eine wiederholende Verfügung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie lediglich nochmals die Regelung eines vorangegangenen Verwaltungsaktes wiederholt und ihr kein eigenständiger Regelungsgehalt beizumessen ist (von Alemann/Scheffczyk in BeckOK VwVfG, 46. Ed., Stand: 1.1.2020, § 35 Rn. 188 m.w.N.). So verhält es sich vorliegend. Hinsichtlich der Ziffer 1 der Entscheidung der Beklagten vom 28. Juni 2019 sind gegenüber dem Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Schweinfurt vom 21. September 2018 keine inhaltlichen Änderungen verbunden; die Einsatzkosten werden - auch in ihren Einzelpositionen - in identischer Weise und Höhe (insgesamt: 6.842,59 EUR) bemessen. In Ziffer 2 wird die Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung dieser Kosten an die Beklagte im Entscheidungstenor ausdrücklich ausgesprochen; diese Verpflichtung ging jedoch im Rahmen der Auslegung bereits aus dem Ausgangs- und Widerspruchsbescheid in hinreichender Weise hervor (vgl. vorstehende Ausführungen). Hiervon gehen die Beteiligten im Übrigen übereinstimmend aus. Entsprechend sieht die Kammer keine Veranlassung dafür, den Ausgang des Widerspruchsverfahrens abzuwarten oder den „Bescheid“ vom 28. Juni 2019 in das Klageverfahren einzubeziehen.
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2.3. Die Beklagte hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die ihr durch den Feuerwehreinsatz am 23. Mai 2015 entstanden sind.
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Dieser Kostenersatzanspruch findet seine Rechtsgrundlage in Art. 28 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes - BayFwG - vom 23. Dezember 1981 (GVBl S. 626, BayRS 215-3-1-I) in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), der den Kostenersatz für das Tätigwerden der gemeindlichen Feuerwehren im Pflichtaufgabenbereich des abwehrenden Brandschutzes und des technischen Hilfsdienstes regelt. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG können die Gemeinden in den unter Absatz 2 Nrn. 1 bis 6 aufgezählten Fällen Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen, die ihnen durch Ausrücken, Einsätze und Sicherheitswachen gemeindlicher Feuerwehren (Art. 4 Abs. 1 und 2 BayFwG) oder durch Einsätze hilfeleistender Werkfeuerwehren (Art. 15 Abs. 7 BayFwG) entstanden sind; der Anspruch wird gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayFwG durch Leistungsbescheid geltend gemacht. Nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG besteht der Kostenersatzanspruch für Einsätze der Feuerwehr im technischen Hilfsdienst, bei denen die Gefahr oder der Schaden durch den Betrieb eines Wasserfahrzeugs veranlasst war. Daneben besteht der Ersatzanspruch gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayFwG für sonstige Einsätze im technischen Hilfsdienst, mit Ausnahme der Einsätze oder Tätigkeiten, die unmittelbar der Rettung oder Bergung von Menschen und Tieren dienen.
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Ob die Gefahr oder der Schaden - wie die Klägerseite in Abrede stellt - vorliegend von einem Wasserfahrzeug im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG herrührt, ist unerheblich. Denn selbst wenn man dies nicht aufgrund eines entsprechenden Erfahrungssatzes annimmt, kann der Ersatz der Kosten jedenfalls auch auf Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayFwG gestützt werden, welcher die „sonstigen“ Einsätze im technischen Hilfsdienst erfasst, ohne dass sich der Schaden auf den Betrieb eines Wasserfahrzeugs oder eines anderen Fahrzeugs zurückführen lässt. Dass in einem solchen Fall die Rechtsgrundlage im Ausgangsbescheid fehlerhaft zitiert worden wäre, ist ohne Bedeutung. Bereits im Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schweinfurt vom 21. September 2018 wurde maßgeblich auf die Vorschrift des Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayFwG abgestellt. Ein Austausch der Rechtsgrundlage ist auch zulässig, da er den Tenor der Grundverfügung unberührt lässt und keine wesentlich anderen oder zusätzlichen Ermessenserwägungen erfordert (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2019 - 10 CS 19.180 - juris).
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Gemäß Art. 1 Abs. 1 BayFwG meint „technischer Hilfsdienst“ die ausreichende technische Hilfe bei sonstigen Unglücksfällen oder Notständen im öffentlichen Interesse. Nach Ziff. 4.4 der Vollzugsbekanntmachung zum Bayerischen Feuerwehrgesetz liegt ein Notstand vor, wenn die Allgemeinheit bedroht ist, während ein Unglücksfall durch jedes unvermittelt eintretende Ereignis definiert wird, das einen nicht nur unbedeutenden Schaden verursacht oder erhebliche Gefahren für Menschen oder Sachen bedeutet. Das durch Art. 1 Abs. 1 BayFwG geforderte öffentliche Interesse besteht nach der Vollzugsbekanntmachung in den Fällen, in denen Selbsthilfe einschließlich gewerblicher Leistungen wegen Gefahr im Verzug oder wegen nur bei der Feuerwehr vorhandener technischer Hilfsmittel oder Fachkenntnisse nicht möglich ist. Das im Mainwasser vorgefundene Mineralöl hat einen erheblichen Schaden hinsichtlich der Beschaffenheit des Wassers und der Wasserqualität verursacht sowie - unabhängig davon, ob auch eine konkrete Gefährdung des Grundwassers vorlag - weitere erhebliche Gefahren für das Maingewässer und die darin befindliche Tier- und Pflanzenwelt verursacht. Der Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten stellte sich deshalb als technische Hilfe in einem Unglückfall dar. Am unverzüglichen Einschreiten der Feuerwehr bestand auch ein öffentliches Interesse im Sinne des Art. 1 Abs. 1 BayFwG. Es war von Gefahr im Verzug auszugehen, da aufgrund der wassergefährdenden Eigenschaft des Mineralöls ein sofortiges Einschreiten der Feuerwehr ohne jeden kurzfristigen Aufschub erforderlich war, um weitere Schäden der Gewässerökologie zu verhindern. Der von Klägerseite hervorgehobene Umstand, dass das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt keinen technischen Hilfsdienst angefordert hat, ist dabei ohne Belang.
31
Die klägerische Behauptung, die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten sei nur bei der Bergung der Passagiere der „V* … …“ tätig gewesen, greift nicht durch. Ob und gegebenenfalls inwieweit diese Maßnahmen dem technischen Hilfsdienst im vorgenannten Sinne unterfallen, kann offenbleiben. Für die Kammer ist nicht ersichtlich, dass die Freiwillige Feuerwehr der Beklagten bei der Bergung der Passagiere des Fahrgastkabinenschiffes „V* … …“ in relevanter Weise beteiligt war. Ein entsprechendes Tätigwerden ist im Einsatzbericht nicht erwähnt. Zudem hat der in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehörte Kreisbrandrat S* … in glaubhafter Weise versichert, dass sich die Feuerwehr der Beklagten ausschließlich um die Einrichtung der Ölsperre gekümmert habe und dass die Bergung der Passagiere des Schiffes „V* … …“ durch die Feuerwehren G* … und H* … erfolgt sei. Demgegenüber hat die Klägerseite eine Beteiligung der Feuerwehr der Beklagten an der Bergung der Passagiere des Schiffes „V* … …“ nicht hinreichend substanziell darlegen können; der pauschale Verweis auf eine in Bezug auf das konkrete Einsatzgeschehen zu kleine Ölwehr der gemeindlichen Feuerwehr reicht insoweit nicht aus.
32
2.4. Zur Überzeugung des Gerichts waren die von der Feuerwehr getroffenen Maßnahmen notwendig im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG.
33
Die Feuerwehr darf unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur Maßnahmen ergreifen, die geeignet und erforderlich sind, die Gefahr zu beseitigen und die keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zum verfolgten Zweck steht. Dabei kommt es auf eine ex-ante-Sicht an, also auf den Sach- und Kenntnisstand zum Zeitpunkt des behördlichen Handelns (BayVGH, U.v. 8.7.2016 - 4 B 15.1285 - juris). Zudem ist anerkannt, dass die Feuerwehr zur effizienten Gefahrenabwehr bestimmte organisatorische Vorkehrungen bezüglich der Anzahl der ausrückenden Feuerwehrleute und des mitzunehmenden Materials treffen darf. Vorliegend ist nicht ersichtlich und wurde von Klägerseite auch nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass der Einsatz der Feuerwehr der Beklagten zur Beseitigung des Mineralöls hinsichtlich des eingesetzten Personals oder der eingesetzten Sachmittel nicht oder nicht in dem tatsächlich durchgeführten Maß erforderlich war oder hinsichtlich der Belange der Klägerin als unangemessen einzustufen waren. Das gilt auch für den Einwand des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der zum Ansatz gebrachten Kilometerleistungen der eingesetzten Feuerwehrfahrzeuge (z.B. 65 km für das TLF 16/25). Für eine unterschiedliche Fahrleistung einzelner Fahrzeuge, die teilweise auch über den Hin- und Rückweg zwischen Feuerwache und Einsatzstelle hinausgeht, kann es vielfältige, mit dem Einsatzgeschehen verbundene Umstände geben. Schon vor diesem Hintergrund fehlt es an einer hinreichend substantiierten Einlassung der Klägerseite, aus der sich handgreifliche Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ableiten lassen könnten. Schließlich stellt sich der mit 23 Feuerwehrkräften, vier Fahrzeugen (TLF 16/25, RW 2, LF 8, MZF) und einem Boot (Fw-Boot) bestrittene Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten auch ex-post betrachtet nicht als offensichtlich überdimensioniert, sondern vielmehr als angemessene Reaktion auf die im Main vorgefundene Gefahrenlage dar.
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2.5. Die Höhe des Kostenersatzes bestimmt sich nach der „Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen der gemeindlichen Feuerwehren - Feuerwehr-Gebührensatzung -“ der Beklagten vom 13. April 1999 in der Änderungsfassung vom 1. Januar 2008.
35
Die Höhe der Strecken-, Ausrückestunden- und Personalkosten errechnet sich nach den Pauschalsätzen für die zum Einsatz gekommenen Feuerwehrfahrzeuge und das eingesetzte Feuerwehrpersonal, die in der Satzungsanlage („Verzeichnis der Pauschalsätze“) enthalten sind und unterschiedslos in den Kostenbescheid der Beklagten übernommen wurden. Es ist weder substantiell vorgetragen worden noch anderweitig ersichtlich, dass die Kalkulation der Pauschalsätze Rechtsfehler aufweist, die sich zulasten der Klägerin auswirken könnten. Aus einem Vergleich des Kostenbescheids mit dem Einsatzbericht ergibt sich, dass die Beklagte keine über das tatsächliche Einsatzgeschehen hinausgehenden Einsatzkosten veranschlagt hat.
36
Die Kammer hält in Bezug auf die Personalkosten den Stundensatz der ehrenamtlichen Feuerwehrdienstleistenden in Höhe von 20,00 EUR für angemessen, weil der Beklagten Kosten auch für den Einsatz der Feuerwehrkräfte entstehen können, beispielsweise durch Erstattung des Verdienstausfalls (Art. 9 Abs. 3 BayFwG), des fortgezahlten Arbeitsentgelts (Art. 10 BayFwG) oder durch Entschädigung (Art. 11 BayFwG). Da auch für Personalkosten die Pauschalierungsmöglichkeit des Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BayFwG gilt, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte pauschal 20,00 EUR pro Stunde angesetzt hat. Allein aus dem Vortrag der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung, dass andere Gemeinden nur 17,90 EUR pro Stunde verrechneten, lässt sich die Unzulässigkeit der hier vorgenommenen Pauschalierung nicht ableiten.
37
Nicht zu beanstanden sind außerdem die in der Satzungsanlage getroffenen Regelungen zu den Ausrückestundenkosten und zu den Personalkosten, wonach jeweils für angefangene Stunden bis zu 30 Minuten die halben, im Übrigen die ganzen Stundenkosten erhoben werden. Diese halbstundenweise Abrechnung hält sich ebenfalls im Rahmen der zulässigen und allein dem Satzungsgeber vorbehaltenen Typisierung und Pauschalierung (BayVGH, U.v. 18.7.2008 - 4 B 06.1839 - juris Rn. 35 zu Ausrückestundenkosten).
38
2.6. Die Heranziehung der Klägerin als Erstattungspflichtige ist nicht zu beanstanden.
39
Gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG ist u.a. in den Fällen des Abs. 2 Nrn. 1 und 2 derjenige zum Ersatz der Kosten verpflichtet, der die Gefahr, die zu dem Einsatz geführt hat, verursacht hat oder sonst zur Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr verpflichtet war. Vorliegend hat die Klägerin die zum Einsatz führende Gefahr zwar nicht verursacht, sie war jedoch als Zustandsverantwortliche für die Bundeswasser straße Main zur Beseitigung der Gefahr verpflichtet.
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2.6.1. Zur Frage der Zustandsverantwortlichkeit des Bundes im Fall von Verunreinigungen von Bundeswasserstraßen herrscht ein differenziertes Meinungsbild. In der Rechtsprechung wurde der Klägerin aufgrund ihrer Eigentümerstellung die Zustandsverantwortlichkeit für Ölverunreinigungen auf Bundeswasserstraßen wiederholt zuerkannt (BVerwG, U.v. 30.11.1990 - 7 C 4.90; OVG Münster, U.v. 9.2.1979 - XI A 76/77; HessVGH, U.v. 15.11.1991 - 7 UE 3372/88; OVG für das Land Schleswig-Holstein, U.v. 31.1.2002 - 4 L 107/091; OVG Lüneburg, U.v. 21.2.2002 - 7 LB 153/01; VG Regenburg, U.v. 23.3.2000 - RO 7 K 98.2180; VG Bayreuth, U.v. 16.5.2012 - B 2 K 11.278; alle juris; offengelassen in BayVGH, U.v. 8.7.2016 - 4 B 15.1285 - juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 23.5.2001 - 22 ZB 00.1448 - juris). Auch nach Einführung des § 4 Abs. 2 WHG wurde in der obergerichtlichen Rechtsprechung eine Zustandsverantwortlichkeit des Bundes in Bezug auf eine Gewässerverschmutzung einer Bundeswasser straße angenommen (OVG Münster, U.v. 12.9.2013 - 20 A 433/11 - juris: Ölverschmutzung im Hafenbereich auf dem Rhein). In der Literatur wird die Zustandsverantwortlichkeit des Bundes aufgrund der Einführung des § 4 Abs. 2 WHG teilweise entsprechend den vom Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Bedenken (BT-Drs. 16/13306, S. 1) in Zweifel gezogen (Schwendner in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, 53. EL August 2019, § 4 WHG Rn. 3). Die zivilrechtliche Problematik der fehlenden Sacheigenschaft der fließenden Welle werde nur von der Ebene des Eigentums auf die des Besitzes transferiert. Vor allem aber könne der Inhaber der tatsächlichen Gewalt sicherheitsrechtlich nur unter wesentlich engeren Voraussetzungen in Anspruch genommen werden, weil bei der Prüfung der Zumutbarkeit sicherheitsrechtlicher Anordnungen nicht mehr der Wert des Eigentums, sondern nur der Wert der Nutzungsberechtigung, die die Sachherrschaft vermittele, berücksichtigt werden könne. Umgekehrt wird jedoch - entsprechend der Gegenäußerung der Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren (BT-Drs. 16/13306, S. 23) - die Zustandsverantwortlichkeit nicht mehr aus der Eigentümerstellung am Wasser, sondern aus der tatsächlichen Sachherrschaft am Wasser abgeleitet (u.a. Faßbender in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 90. EL Juni 2019, § 4 WHG Rn. 18 m.w.N.). Teilweise wird in der Literatur sogar angenommen, dass sich das Eigentum des Bundes trotz § 4 Abs. 2 WHG auf das Wasser erstreckt (Gröpl in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 88. EL, August 2019, Art. 89 Rn. 31).
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2.6.2. Die Kammer ist unter Berücksichtigung des in der Rechtsprechung und der Literatur vorherrschenden Meinungsbilds zu der Auffassung gelangt, dass im vorliegenden Fall eine Zustandsverantwortlichkeit des Bundes aufgrund seiner Eigentümerstellung an der Bundeswasser straße Main besteht.
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Nach Art. 89 Abs. 1 GG, § 4 Abs. 1 WHG ist die Klägerin Eigentümerin des Mains, der in dem maßgeblichen Abschnitt eine Bundeswasser straße ist (vgl. Lfd.Nr. 31 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 WaStrG). Das Eigentum des Bundes an den Bundeswasserstraßen ist Eigentum im bürgerlich-rechtlichen Sinn (Schwendner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, 53. EL August 2019, § 4 WHG Rn. 11 m.w.N.). Es erstreckt sich seit der Neufassung des Wasserrechts auf den Gewässergrund in seiner gesamten seitlichen Ausdehnung (Flussbett), die Ufer sowie sonstige Bestandteile und Zubehör (Hasche in BeckOK Umweltrecht, 53. Ed., Stand: 1.12.2017, § 4 WHG Rn. 2 m.w.N.).
43
Zwar ergibt sich aus § 4 Abs. 2 WHG, dass dem Bund kein Eigentum am Wasser eines fließenden oberirdischen Gewässers (sog. fließende Welle) - so auch einer Bundeswasser straße - zusteht und dass er damit auch kein Eigentum an dem im Mainwasser befindlichen Mineralöl erworben hat. Die fehlende formale Eigentümerstellung der Klägerin ändert aus Sicht der Kammer jedoch nichts an ihrer Zustandsverantwortlichkeit als Gewässereigentümerin, die sie vorliegend zur Beseitigung des im Main vorgefundenen Mineralöls verpflichtet. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass bereits vor Einführung des § 4 Abs. 2 WHG die Eigentumsfähigkeit am Wasser eines oberirdischen Fließgewässers in der Rechtsprechung verneint und dennoch eine Zustandsverantwortlichkeit des Bundes aus dem Gewässereigentum abgeleitet wurde (HessVGH, U.v. 15.11.1991 - 7 UE 3372/88 - juris; VG Regensburg, U.v. 23.3.2000 - RO 7 K 98.2180 - juris, im Ergebnis bestätigt durch BayVGH, B.v. 23.5.2001 - 22 ZB 00.1448 - juris). Dieser Sichtweise, bei der die Eigentümerstellung am im Flussbett vorhandenen Wasser keine entscheidende Rolle spielt, schließt sich die Kammer an. Der Bund ist als Gewässereigentümer gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 WHG für den Zustand des in seinem Eigentum stehenden Gewässers verantwortlich. Wenn sich im Wasser ein Schadstoff befindet, der nachteilige Auswirkungen auf das Wasser hat, kann hierdurch zugleich der Zustand des Gewässers beeinflusst werden. Entscheidend ist, dass der Bund in seiner Eigenschaft als Gewässereigentümer die öffentlich-rechtliche Pflicht hat, sein Eigentum an den Bundeswasserstraßen in einem gefährdungslosen Zustand zu erhalten und dass er diese Pflicht - jedenfalls in der Regel - nur dann erfüllen kann, wenn er der Verunreinigung des fließenden Wassers begegnet. In der vorliegenden Fallkonstellation steht aufgrund der Einlassungen des Kreisbrandrats S* … in der mündlichen Verhandlung und der vorgelegten Lichtbildaufnahmen für die Kammer fest, dass sich die Mineralölverunreinigung über die gesamte Breite des Mains ausgedehnt hat und dass das Mineralöl insbesondere bis an die in der Uferzone vorhandenen Gewässerrandsteine herangetrieben wurde. Hierdurch ist die Gewässerökologie der Bundeswasser straße in erheblichem Maße nachteilig beeinflusst worden. Der Zustand des im Eigentum der Klägerin stehenden Gewässers (hier: Ufer und Gewässerbett) kann aber - nicht zuletzt aufgrund ökologischer Wechselwirkungen - nicht isoliert vom Zustand des Wassers betrachtet werden. Die Verunreinigung des Oberflächenwassers mit Öl ist geeignet, die Wasserqualität, insbesondere seine Selbstreinigungskraft, zu vermindern, was sich in maßgeblicher und rechtserheblicher Weise auf den Zustand des Gewässersbetts - und hier auch des Ufers - auswirkt (HessVGH, U.v. 15.11.1991 - 7 UE 3372/88 - juris; VG Regensburg, U.v. 23.3.2000 - RO 7 K 98.2180 - juris, im Ergebnis bestätigt durch BayVGH, B.v. 23.5.2001 - 22 ZB 00.1448 - juris). Dass die Gefahr dabei nicht unmittelbar von der Materie des Ufers oder Gewässerbetts ausgegangen ist, sondern von dem im Main geführten Wasser, ist gefahrenabwehrrechtlich ohne entscheidende Bedeutung.
44
Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der Bund - vorbehaltlich der bestehenden öffentlich-rechtlichen Bindungen - die volle Verfügungsgewalt am Gewässer hat, mit der zugleich Verfügungsbefugnisse in Bezug auf das fließende Wasser einhergehen. So steht dem Eigentümer des Flussbettes etwa das Recht zu, alle Betätigungen zu verbieten, die sich im Raum über dem Flussbett, also in dem Bereich, den das Flusswasser ausfüllt, abspielen, soweit sie nicht als Gemeingebrauch geduldet werden müssen (OVG Münster, U.v. 9.2.2979 - XI A 76/77 - juris; Faßbender in Bonner Kommentar, April 2016, Art. 89 GG Rn. 52; Boysen in von Münch/Kunig, Grundgesetzkommentar, 6. Aufl. 2012, Art. 89 Rn. 13). Der Gewässereigentümer kann auch Teile von Wasserstraßen Privaten zum Gebrauch überlassen und ihm steht grundsätzlich auch das Jagdrecht (Gröpl in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 88. EL, August 2019, Art. 89 Rn. 34) zu. Das Eigentum am Gewässer berechtigt auch zum Eigentümergebrauch nach § 26 Abs. 1 WHG und zur Landgewinnung (Gröpl in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 88. EL, August 2019, Art. 89 Rn. 32). Mit dieser dem Bund als Gewässereigentümer zustehenden Verfügungsgewalt korrespondiert eine öffentlich-rechtliche Ordnungspflicht.
45
Damit resultiert aus der Eigentümerstellung des Bundes an der Bundeswasser straße Main eine Zustandsverantwortlichkeit, die sich auf die im Mainwasser vorgefundene Mineralölverunreinigung erstreckt.
46
2.6.3. Selbst wenn man einen eigentumsrechtlichen Anknüpfungspunkt für die Zustandsverantwortung der Klägerin verneint, verhilft dies der Klage nicht zum Erfolg. Denn die Klägerin ist nach dem Dafürhalten der Kammer jedenfalls Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft über das im Gewässerbett befindliche, verunreinigte Wasser und damit zumindest aus diesem Grund zustandsverantwortlich.
47
Die Möglichkeit zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt an der fließenden Welle einer Bundeswasser straße wurde in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wiederholt anerkannt (OVG Hamburg, U.v. 27.4.1983 - OVG Bf. II 15/79 - NuR 1986, 207; OVG Schleswig-Holstein, U.v. 31.1.2002 - 4 L 107/01 - juris; OVG Lüneburg, U.v. 21.2.2002 - 7 LB 153/01 - juris; OVG Münster, U.v. 12.9.2013 - 20 A 433/11 - juris). Auch in der Literatur wird die Zustandsverantwortlichkeit des Bundes aufgrund seiner Inhaberschaft an der fließenden Welle angenommen und dabei etwa hervorgehoben, dass der Eigentümer des Gewässerbetts genauso in der Lage sei, die tatsächliche Sachherrschaft über das fließende Wasser auszuüben, wie der Eigentümer des Gewässers als solches einschließlich des geführten Wassers (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 4 Rn. 19). Diese Sichtweise entspricht ferner - wie aus der eindeutigen Gegenäußerung der Bundesregierung deutlich hervorgeht - dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 16/13306, S. 1, 23), der mit der Einführung des § 4 Abs. 2 WHG gerade keine Abkehr von der Zustandsverantwortlichkeit des Bundes herbeiführen wollte.
48
Die Kammer ist ebenfalls der Auffassung, dass dem Bund die tatsächliche Gewalt an der Bundeswasser straße Main einschließlich des darin fließenden Wassers ausübt. Zwar mag die Klägerseite zutreffend zu bedenken geben, dass die fließende Welle keine Sache im Sinne von § 90 BGB darstellt. Hieraus allein lässt sich jedoch nicht ableiten, dass der Bund nicht als Inhaber der tatsächlichen Gewalt am Mainwasser angesehen werden könnte. Die Inhaberschaft der tatsächlichen Gewalt im Sinne des Gefahrenabwehrrechts setzt die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit und damit einen entsprechenden Herrschaftswillen über die jeweilige Sache voraus, wobei die Rechtfertigung der Polizeipflicht in der rein tatsächlichen Beziehung zu der störenden Sache besteht und von gewisser Dauer und Festigkeit sein muss. Die Kammer ist dabei der Auffassung, dass für eine Einschränkung der an die Inhaberschaft der tatsächlichen Gewalt anknüpfenden Zustandsverantwortung auf Sachen im privatrechtlichen Sinne weder gesetzliche Anhaltspunkte bestehen noch mit Blick auf den Grundsatz effektiver Gefahrenabwehr eine solche geboten sein kann. Vielmehr kann die tatsächliche Gewalt auch an öffentlichen Sachen - hier der Bundeswasser straße Main - ausgeübt werden. Zum einen ist die Klägerin bereits wegen ihrer Eigentümerstellung am Gewässer als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über das im Gewässerbett befindliche Wasser anzusehen (OVG Münster, U.v. 12.9.2013 - 20 A 433/11 - juris). Dass der Eigentümer eines Gewässers in der Regel Inhaber der tatsächliche Gewalt über das Wasser in dem Gewässer auch dann ist, wenn es sich um ein fließendes Gewässer handelt, setzt § 4 Abs. 2 WHG, wonach Wasser eines fließenden Gewässers nicht eigentumsfähig ist, voraus (OVG Münster, U.v. 12.9.2013 - 20 A 433/11 - juris). Die Klägerin konnte auf die hier maßgebliche Wasserfläche in Ausübung ihrer Befugnisse als Eigentümerin tatsächlich - vorbehaltlich öffentlich-rechtlicher Bindungen - ungehindert zugreifen. Als Anhaltspunkte für eine Sachherrschaft an einer Bundeswasser straße und des darin geführten Wassers kommen außerdem die Unterhaltungslast, die Bestimmung der Nutzung und die Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht (OVG Schleswig-Holstein, U.v. 31.1.2002 - 4 L 107/01 - juris Rn. 44, 49). Unter Zugrundelegung dessen hatte die Klägerin an der hier betroffenen Fläche der Bundeswasser straße Main die tatsächliche Gewalt ebenfalls inne, weil sie aufgrund ihrer Verwaltungsbefugnisse über tatsächliche Einwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten sowie über einen entsprechenden Herrschaftswillen verfügte, um die ihr obliegenden Aufgaben am Gewässer zu erfüllen, namentlich um einen reibungslosen Schifffahrtsverkehr zu ermöglichen (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 21.2.2002 - LB 153/01 - juris Rn. 51).
49
2.6.4. Die Einwendungen der Klägerseite gegen die Zustandsverantwortlichkeit des Bundes und die daran anknüpfende Heranziehung zu den Einsatzkosten der Feuerwehr greifen nicht durch.
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Die Zustandsverantwortlichkeit begründet zunächst keinen unzulässigen Eingriff in den Hoheitsbereich des Bundes. Mit der Annahme der ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit des Bundes für den Zustand der in seinem Eigentum stehenden Gewässer ist kein Eingriff in das Gefüge der Kompetenzen von Bund und Ländern verbunden (BayVGH, B.v. 23.5.2001 - 22 ZB 00.1448 - juris m.w.N.). Dies lässt sich auch nicht aus der von der Klägerseite zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Ue.v. 30.10.1962 - 2 BvF 2/60, 2 BvF 1/61, 2 BvF 2/61, 2 BvF 3/61 - BVerfGE 15, 1 - juris) ableiten. Denn das Bundesrecht hindert das Landesrecht - jenseits der Kompetenzverteilung - nicht daran, eine wasserpolizeiliche Zustandshaftung an Bundeswasserstraßen zu begründen, die dem Bund nicht als hoheitliche Aufgabe, sondern in seiner Eigenschaft als Eigentümer obliegt (BVerwG, U.v. 30.11.1990 - 7 C 4/90 - juris; OVG Schleswig-Holstein, U.v. 30.4.1992 - 2 L 258/91 - juris m.w.N.). § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG stellt klar, dass der Bund als Eigentümer der Bundeswasserstraßen den allgemeinen Grenzen und Einschränkungen des Eigentums unterliegt wie jeder andere Gewässereigentümer auch. Das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG steht einer selektiven Rechtsgeltung eigentumsbegrenzender Vorschriften entgegen und unterwirft damit auch den Bund dem einschlägigen verfassungsmäßigen Recht, soweit sich nicht aus Art. 31 GG oder einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung anderes ergibt. Der Bund unterliegt als Gewässereigentümer nicht nur den an das Eigentum anknüpfenden wasserrechtlichen Verpflichtungen, sondern auch allen anderen Vorschriften, die an das Eigentum anknüpfen. Dies gilt - nicht zuletzt wegen § 4 Abs. 5 WHG - auch für entsprechende landesrechtliche Bestimmungen (Faßbender in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 90. EL Juni 2019, § 4 WHG Rn. 14 m.w.N.).
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Es lässt sich auch nicht einwenden, dass die wesentlichen inneren Gründe der Zustandshaftung - im Fall der Sachherrschaft die Einwirkungsmöglichkeiten auf die gefahrenauslösende Sache und im Fall des Eigentums zusätzlich deren wirtschaftliche Nutzbarkeit - vorliegend nicht zum Tragen kommen könnten. Die Kammer verkennt nicht, dass die wirtschaftlichen Nutzbarkeiten und die tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes auf das Wasser im Main aufgrund der öffentlichen Zweckbindungen, insbesondere des zulässigen Gemeingebrauchs und des damit einhergehenden Zugriffs Dritter stark eingeschränkt sind. Das führt aber nicht zum Ausschluss der Zustandsverantwortlichkeit. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass eine komplette Beherrschbarkeit der Gefahrenquelle durch den Eigentümer oder den Inhaber der tatsächlichen Gewalt nicht erforderlich ist; so kann dieser auch dann in die Zustandsverantwortung geraten, wenn ihm Vorkehrungen zur Gefahrenabwehr nur unter erheblichen Schwierigkeiten oder gar unmöglich sind. Gegen höhere Gewalt und rechtswidrige, etwa gar vorsätzlich verübte Handlungen Dritter wären abwehrende Vorsorgemaßnahmen ohnehin praktisch nicht möglich, unabhängig davon, ob Vorsorgemaßnahmen getroffen werden dürfen oder nicht. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass das dem Bund zustehende Eigentum an Bundeswasserstraßen volles privatrechtliches Eigentum ist, welches - jenseits der öffentlich-rechtlichen Zweckbindung - Verfügungsbefugnisse und damit eine wirtschaftliche Nutzbarkeit am Gewässer vermittelt. Die Klägerin trifft die Zustandsverantwortlichkeit in gleicher Weise wie jeden anderen Eigentümer. Es besteht kein Anlass, wegen der Überlagerung des Eigentums an Bundeswasserstraßen durch die öffentlich-rechtliche Bewirtschaftung von Gewässern im Allgemeinen und Bundeswasserstraßen im Besonderen sowie die entsprechende Benutzungsordnung eine Begrenzung der Zustandsverantwortlichkeit der Eigentümerin der Bundeswasser straße anzunehmen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, U.v. 12.9.2013 - 20 A 433/11 - juris; VG Hannover, U.v. 11.10.2012 - 10 A 423/11 - juris). Das Eigentum am Gewässer ist in der Regel gerade deshalb Gebietskörperschaften übertragen worden, weil ihnen die Kosten für die Unterhaltung und auch sonstige Lasten zuzumuten sind (VG Regensburg, U.v. 23.3.2000 - RO 7 K 98.2180 - juris). Das Eigentum an Bundeswasserstraßen weist somit unter dem Blickwinkel der allgemeinen ordnungsrechtlichen Zustandsverantwortlichkeit nach Landesrecht keine durchschlagenden Besonderheiten auf.
52
Soweit sich die Klägerseite auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Juli 2016 (4 B 15.1285) bezieht, führt auch dies nicht zum Erfolg der Klage. Zwar hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 24. Juli 2014 (W 5 K 12.554) aufgehoben. In dieser Entscheidung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof maßgeblich darauf abgestellt, dass in den Fällen einer sog. Anscheinsgefahr oder eines sog. Gefahrenverdachts auch im Feuerwehrkostenrecht eine unterschiedliche Behandlung des Störers auf Primär- und auf Sekundärebene geboten sein kann. Hintergrund dessen ist, dass auch im allgemeinen Sicherheitsrecht dem Störer auf der Sekundärebene die Kosten nur dann auferlegt werden dürfen, wenn das Entstehen der Anscheinsgefahr bzw. des Gefahrenverdachts durch diesen in zurechenbarer Weise veranlasst worden ist. Fehlt eine solche zurechenbare Veranlassung kann aus Gründen der Verhältnismäßigkeit oder aus Billigkeitserwägungen eine Gleichstellung des Anscheinsstörers oder Gefahrenverdachtsstörers mit dem grundsätzlich nicht haftenden Nichtstörer geboten sein (vgl. Finger, Die Haftung des Anscheins- und Verdachtsstörers für Vollstreckungskosten, DVBl. 2007, 798, 800). Diese besondere Fallkonstellation ist aus Sicht der Kammer mit der hiesigen Fallgestaltung jedoch nicht vergleichbar, weil hier - wie der Bevollmächtigte der Beklagten zutreffend ausgeführt hat - eine tatsächliche Gewässerverunreinigung des Mains und damit ein tatsächlich eingetretener Schaden bzw. eine tatsächlich bestehende Gefahr für das Gewässer inmitten der rechtlichen Beurteilung steht. Es liegt also nicht nur eine Anscheinsgefahr oder ein Gefahrenverdacht vor, weshalb eine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen der Zustandsstörerhaftung nicht geboten erscheint (vgl. Finger, Die Haftung des Anscheins- und Verdachtsstörers für Vollstreckungskosten, DVBl. 2007, 798, 799). Dabei kommt es nicht darauf an, auf welche Weise der sicherheitswidrige Zustand entstanden ist. Der Zustandsverantwortliche muss ihn weder verschuldet noch verursacht haben. Er haftet auch dann, wenn Handlungen Dritter oder sonstige Ereignisse, Zufall oder höhere Gewalt die Sache in den gefährlichen Zustand versetzt haben (Lindner in BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 11. Ed., Stand: 10.11.2019, Art. 9 LStVG Rn. 36). Insoweit ist es auch unerheblich, dass die Klägerin kein eigenes Verschulden trifft bzw. die Verunreinigung für sie nicht vorhersehbar bzw. nicht durch Vorkehrungsmaßnahmen abwendbar war.
53
2.6.5. Im Ergebnis kann die Klägerin entweder bereits als Eigentümerin des Gewässers oder als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt in Anspruch genommen werden, woraus sich für sie die Verpflichtung zur Beseitigung des sicherheitswidrigen Zustands im Sinne des Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG ergibt.
54
Ob darüber hinaus auch eine Inanspruchnahme der Klägerin als Unterhaltungspflichtige des Gewässers in Betracht kommt, kann offenbleiben. Gemäß Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 BayWG obliegt die Unterhaltung der Gewässer erster Ordnung dem Freistaat Bayern unbeschadet der Aufgaben des Bundes als Eigentümer von Bundeswasserstraßen. Daraus folgt, dass dem Bund als Eigentümer der Bundeswasser straße Main neben der wasserstraßenrechtlichen auch die wasserrechtliche Unterhaltungspflicht obliegt. Diese Verpflichtung des Bundes führt zwar auch dazu, dass nunmehr dem Bund an Bundeswasserstraßen eine umfassende Gewässerunterhaltungspflicht obliegt, solange die Länder die wasserrechtliche Unterhaltungslast nicht abweichend regeln. Es ist jedoch strittig, ob Maßnahmen zum Zweck der Reinhaltung des Wassers und die Verpflichtung, das Gewässerbett zu reinigen, von der Unterhaltungspflicht umfasst sind (offen gelassen zu Art. 42 BayWG: BayVGH, B.v. 23.5.2001 - 22 ZB 00.1448 - juris m.w.N.). Dies bedarf jedoch keiner Vertiefung, weil die Klägerin bereits über ihre Eigenschaft als Zustandsverantwortliche zur Gefahrenbeseitigung i.S.v. Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG verpflichtet war.
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2.7. Die Rechtsverfolgung ist auch nicht im Hinblick auf § 114 Satz 1 VwGO erfolgreich. Nach dieser Vorschrift ist die Entscheidung der Beklagten nur daraufhin überprüfbar, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsakts auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen (§ 114 Satz 2 VwGO). Gemessen daran hat die Beklagte bei der Abrechnung und Festsetzung des Kostenersatzes von dem ihr nach Art. 28 Abs. 1 und Abs. 2 BayFwG eingeräumten Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht.
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Eine Rechtswidrigkeit im Sinne eines Ermessensausfalls vermag das Gericht nicht zu erkennen. Aufgrund der fehlenden Anhörung der Klägerin ist die Ermessensausübung im Ausgangsbescheid vom 29. Februar 2016 zwar lückenhaft geblieben, die Beklagte hat aber erkannt, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handelt („Die Heranziehung zur Kostenerstattung entspricht pflichtgemäßem Ermessen.“). Damit ist ihr auch eine Ergänzung ihrer Ermessenserwägungen bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich.
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Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen bezüglich der Entscheidung über die Geltendmachung von Aufwendungsersatz („Entschließungsermessen“) rechtsfehlerfrei ausgeübt. Zwar legt Art. 28 Abs. 1 und Abs. 2 BayFwG kein sogenanntes intendiertes Ermessen in Richtung einer Kostenerhebung im Regelfall fest (BayVGH, U.v. 14.12.2011 - 4 BV 11.895; U.v. 20.2.2013 - 4 B 12.717 - beide juris). Bei der Ausübung des Ermessens kann das haushaltsrechtliche Gebot von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit (Art. 61, 62 GO) herangezogen werden (BayVGH, U.v. 20.2.2013 - 4 B 12.717 - juris m.w.N.). Vor diesem Hintergrund sind die Erwägungen zum Entschließungsermessen im Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2016 und im Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schweinfurt vom 21. September 2018, welche das haushaltsrechtliche Gebot von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit explizit als handlungsleitende Erwägung ebenso in den Blick genommen haben wie das wirtschaftliche Interesse der Klägerin von der Zahlung des Kostenersatzes verschont zu bleiben, nicht zu beanstanden. Die Berufung auf Art. 61 und 62 GO ist aus Sicht der Kammer auch nicht deswegen als sachfremd einzustufen, weil die Klägerin - wie sie ausführt - ihrerseits Haushaltsgrundsätzen unterliegt. Ob es sich hier um Diesel oder Öl handelt und ob dieser Stoff vom Betrieb eines Wasserfahrzeugs stammt oder nicht, ist für die Entscheidung über die Geltendmachung des Kostenersatzes ohne entscheidende Bedeutung. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Klägerin durch die ihr auferlegten Gefahrenbeseitigungskosten einer die Grenzen der Zustandshaftung überschreitenden, d.h. unverhältnismäßigen Kostentragungspflicht ausgesetzt wäre (vgl. zur Annahme einer „uneingeschränkten“ Zustandsstörerhaftung des Bundes bei Ölverschmutzung auf einer Bundeswasser straße auch BayVGH, B.v. 23.5.2001 - 22 ZB 00.1448 - juris).
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Auch bei der Auswahl des Verantwortlichen sind keine Ermessensfehler erkennbar. Insbesondere ist unbedenklich, dass die Beklagte im Rahmen ihres Ermessens gerade die Klägerin zum Kostenersatz herangezogen hat. Das gilt unabhängig davon, ob eine Unterhaltungspflicht der Klägerin oder des Freistaats Bayern anzunehmen ist. Die Beklagte hat im gerichtlichen Verfahren in hinreichender Weise zum Ausdruck gebracht, dass sie die Klägerin auch jenseits ihrer (eventuellen) Unterhaltungspflicht als Zustandsverantwortliche in Anspruch nehmen wollte. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Unterhaltungspflicht gegenüber der Zustandsstörerhaftung als vorrangig anzusehen ist (BVerwG, U.v. 29.10.1982 - 4 C 4/80 - juris; BayVGH, B.v. 23.5.2001 - 22 ZB 00.1448 - juris). Die nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 BayFwG zum Kostenersatz Verpflichteten stehen grundsätzlich ohne Rangverhältnis nebeneinander. Die Vorschrift zählt lediglich diejenigen auf, die als Kostenschuldner in Betracht kommen und bestimmt sie in Satz 2 zu Gesamtschuldnern. Nach dem Wortlaut des § 421 BGB kann die Beklagte die Leistung nach ihrem Belieben von jedem Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Die Ausübung dieses Ermessens ist nur durch das Willkürverbot und offensichtliche Unbilligkeit begrenzt (BVerwG, U.v. 22.1.1993 - 8 C 57/91 - juris; BayVGH, U.v. 3.9.2009 - 4 BV 08.696 - juris). Es entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass es bei der Einforderung entstandener Kosten, anders als bei der Störerauswahl zur Durchsetzung sicherheitsrechtlicher Handlungspflichten, keiner weiteren Ermessenserwägungen der anordnenden Behörde bedarf. Diese kann vielmehr grundsätzlich nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen, von wem sie die Kosten einziehen will, und es diesem überlassen, bei dem oder den mithaftenden weiteren Gesamtschuldnern einen Ausgleich nach § 426 BGB zu suchen. Dies soll der Verwaltung den Gesetzesvollzug erleichtern und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand verringern (BayVGH, U.v. 3.9.2009 - 4 BV 08.696 - juris m.w.N.). Die Beklagte durfte vorliegend die Klägerin also unabhängig davon in Anspruch nehmen, ob auch der Freistaat Bayern im Rahmen seiner Unterhaltungspflicht für den Main als Gewässer erster Ordnung zur Beseitigung des Mineralöls und somit zur Kostenerstattung herangezogen hätte werden können. Ein willkürliches oder offensichtlich unbilliges Verhalten der Beklagten ist nicht ersichtlich, zumal die Zustandsverantwortlichkeit des Bundes bei Ölschadensfällen auf Bundeswasserstraßen in der Vergangenheit - wie aufgezeigt - in einer Vielzahl von Fällen anerkannt worden ist.
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2.8. Die Beklagte musste auch nicht aus Unbilligkeitserwägungen gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 3 BayFwG auf den Aufwendungsersatzanspruch verzichten. Die Unbilligkeit der Kostenerhebung kann sich nur unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ergeben. Anhaltspunkte, die für eine Unbilligkeit sprechen, sind nicht ersichtlich.
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3. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.