Titel:
Rentenversicherung, Schadensersatz, Anlageberatung, Abtretung, Leistungen, Vertragsschluss, Versicherungsbedingungen, Rente, Annahmeverzug, Beratungsvertrag, Anlageentscheidung, Versicherungsvertrag, Versicherung, Steuerersparnis, Zug um Zug, fehlerhafter Anlageberatung, Beginn der Rentenzahlung
Schlagworte:
Rentenversicherung, Schadensersatz, Anlageberatung, Abtretung, Leistungen, Vertragsschluss, Versicherungsbedingungen, Rente, Annahmeverzug, Beratungsvertrag, Anlageentscheidung, Versicherungsvertrag, Versicherung, Steuerersparnis, Zug um Zug, fehlerhafter Anlageberatung, Beginn der Rentenzahlung
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 25.05.2021 – 21 U 930/20
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 20.09.2022 – XI ZR 346/21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 60497
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf … € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Klagepartei verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Abschluss der fondsgebundenen Rentenversicherung „…“.
2
Der Kläger der Kläger schloss im Märt 2013 die fondsgebundene Rentenversicherung … mit der Vers.-Nr. … ab (K 1). Die monatlichen Raten ab 01.04.2013 betrugen … €. Es wurde eine Einmalzahlung in Höhe von … € für das Jahr 2013 vereinbart. Der Kläger hat die Einmalzahlung und die monatlichen Raten bis zur Beitragsfreistellung vom 03.02.2013 bezahlt (K2).
3
Im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Anlage wurde der Kläger von dem Mitarbeiter der Beklagten, Niederlassung …, Herrn …, beraten.
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Zum Zwecke des Abschlusses der Rentenversicherung unterzeichnete der Kläger zunächst im Beisein des Kundenberaters … in den Geschäftsräumen der Beklagten eine vom Kundenberater vorbelegte „…“ (K 7).
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Dort heißt es auf Seite 2 unter „Vertragsabschluss/Bindefrist/Widerrufsrecht“:
„Aufgrund dieser Versicherungsanfrage, die für Sie völlig unverbindlich ist, werden wir Ihnen ein Angebot auf Abschluss eines Versicherungsvertrages (Versicherungsurkunde) unterbreiten. (…) Die dem Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen stellen wir Ihnen mit dem Vertragsangebot (Versicherungsurkunde) zur Verfügung.“
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Auf Seite 3 befindet sich eine „Zusatzerklärung einschließlich Verzichtserklärung zur Versicherungsanfrage für eine fondsgebundene Rentenversicherung“. Dort heißt es unter „Antrag statt Anfrage“: „Nach dem Versicherungsvertragsgesetz haben wir Ihnen rechtzeitig vor Abgabe ihrer Vertragserklärung unsere Verbraucherinformationen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die in der Informationspflichten-Verordnung vorgesehenen Informationen mitzuteilen. Auf diese Informationen können Sie durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten. Im Verzichtsfall
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wird ihre im Versicherungsformular als unverbindlich bezeichnete Anfrage zu einem für sie verbindlichen Antrag. Wir unterbreiten Ihnen mit Zusendung der Versicherungsurkunde kein Angebot, sondern nehmen (vorbehaltlich unserer Risikoprüfung) ihren Antrag an.
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werden wir die gesetzlich vorgesehenen Informationen unverzüglich nach Vertragsschluss nachholen und ihnen zusammen mit der Versicherungsurkunde zusenden. (…)“.
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Unter „Verzichtserklärung“ auf Seite 3 der Versicherungsanfrage ist für den Kläger unter dem Text „Verzichten Sie auf diese Informationen (Verbraucherinformationen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die in der Informationspflichten-Verordnung vorgesehenen Informationen) vor Abgabe Ihrer Vertragserklärung (Ihres Antrags)?“ das Kästchen „ja“ angekreuzt.
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Der Kläger trägt vor, beruflich nichts mit Finanzanlagen und Versicherungen zu tun zu haben. Er sei bei der Beratung auf die Sachkenntnis des Herrn … angewiesen gewesen. Dieser sei zum Zeichnungszeitpunkt bereits langjähriger Finanzberater des Klägers gewesen. Der Kläger habe gute Erfahrungen mit der Beratung von Herrn … gemacht und sich daher auf seine Ausführungen verlassen.
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In einem Beratungsgespräch am 07.03.2013 habe der Berater den Kläger auf eine für ihn passende Rentenversicherung angesprochen und ihm die streitgegenständliche Rentenversicherung als Steuersparmodell empfohlen.
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Der Bankberater habe ausgeführt, dass Versicherungsbeiträge von … € bei dem Kläger als Verheiratetem als Altersvorsorgeaufwand vollumfänglich steuerlich mindernd berücksichtigt werden würden und somit eine hohe Steuerersparnis von ca. … € für 2013 die Folge wäre. Bezogen auf die Gesamtlaufzeit der Versicherung habe der Bankberater dem Kläger eine Steuerersparnis von ca. … € ausgerechnet. Die Einmalzahlung und die monatlichen Raten seien entsprechend diesen Vorgaben festgelegt worden. Die Angaben des Bankberater seien jedoch falsch gewesen. Im Jahre 2013 seien bei dem Kläger nicht die vollen Beträge von … €, sondern nur 76 % davon steuermindernd berücksichtigt worden. Dies habe der Kläger erst mit Steuerbescheid vom 22.05.2015 für das Jahr 2013 in (K4) erfahren.
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Als weiteren Vorteil der Rentenversicherung habe der Bankberater erklärt, das eingezahlte Geld könne in voller Höhe als Sicherheit für neue Finanzierungen, beispielsweise ein Hypothekendarlehen, herangezogen werden. Dies sei dem Kläger vor dem Hintergrund bevorstehender Finanzierungen auch besonders wichtig gewesen. Indes sei auch diese Angabe des Beraters falsch gewesen. Denn Rürup-Verträge, wie der streitgegenständliche, könnten nicht beliehen, übertragen oder verschenkt werden.
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Der Bankberater habe ferner angegeben, die eingezahlten Beträge des Klägers würden über die vereinbarte Laufzeit mit ca. 4 % verzinst werden. Tatsächlich gewähre die streitgegenständliche Rentenversicherung jedoch keinen Garantiezins.
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Eine Aufklärung durch den Bankberater über die fehlende Kündbarkeit der streitgegenständlichen Rentenversicherung bis zum Ende am 01.01.2034 sei nicht erfolgt. Darüber, dass die Auszahlung eines „Rückkaufswertes“ ausgeschlossen sei und der Kläger über das eingezahlte Kapital nicht mehr verfügen könne, dass er zudem am Laufzeitende kein Kapitalwahlrecht habe und keine Einmalzahlung verlangen könne, sei ebenfalls unterblieben.
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Auch habe Herr … den Kläger nicht darüber informiert, dass die Beklagte Abschluss- und Vertriebsprovisionen in Höhe von … € für die Beratung und den Vertragsabschluss der streitgegenständlichen Rentenversicherung erhalte.
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Die Klagepartei behauptet, hätte sie gewusst, dass die Rentenversicherung nicht kündbar sei, die eingezahlten Beträge nicht vollumfänglich steuermindernd berücksichtigt werden würden, das eingezahlte Geld nicht als Sicherheit für Finanzierungen herangezogen werden könne und die Beklagte für den Vertragsabschluss Schlussprovisionen erhalte, hätte sie die Rentenversicherung nicht abgeschlossen.
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Die Klagepartei beantragt:
- 1.1.1.1.1.1.1.1.1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger … € zuzüglich Zinsen in Höhe von 2 % p.a. aus
… € vom 01.04.2013 bis 31.12.2013,
…€ vom 01.01.2014 bis 31.12.2014,
… € vom 01.01.2015 bis 31.12.2015,
… € vom 01.01.2016 bis 31.12.2016,
… € vom 01.01.2017 bis 31.01.2017,
… € vom 01.02.2017 bis 12.02.2018
und Zinsen aus … € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.02.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte aus der von gebundenen Rentenversicherung …, Versicherungsnummer …, des Klägers auf die Beklagte.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug mit der Zug um Zug-Abtretung der Rechte aus der oben genannten Rentenversicherung des Klägers auf die Beklagte befindet.
- 2.
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Kosten in Höhe von … € zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt:
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Die Beklagte trägt vor, bei dem Kläger handele es sich um einen Kaufmann mit tief gehenden wirtschaftlichen Erfahrungen. Er habe bereits im Jahre 2013 umfangreiche Expertise im Bereich des Finanzwesens gehabt sowie hohe wirtschaftliche Kompetenz gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten bewiesen. Er sei ohne weiteres in der Lage gewesen, auch komplexe Finanzprodukte zu verstehen. Er habe in der Vergangenheit bereits mehrfach Renten bzw. Lebensversicherungen abgeschlossen gehabt und damit auch speziell im Bereich der Versicherungsprodukte einschlägige Kenntnisse und Erfahrungen gehabt.
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Es sei richtig, dass im März 2013 ein Gespräch zwischen dem Mitarbeiter der Beklagten Herrn … und dem Kläger stattgefunden habe, in welchem der Abschluss der streitgegenständlichen Rentenversicherung besprochen worden sei.
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Herr … habe dem Kläger jedoch die Rentenversicherung nicht als „Steuersparmodell“ empfohlen. Auch die Behauptung, er habe erklärt, dass Versicherungsbeiträge von … € als Altersvorsorgeaufwand vollumfänglich steuermindernd berücksichtigt werden würden und somit eine hohe Steuerersparnis von ca. … € für 2013 die Folge wäre, träfen nicht zu. Auch habe Herr … dem Kläger auf die Gesamtlaufzeit der Versicherung keine Steuerersparnis von … € ausgerechnet. Ebenso frei erfunden sei die Behauptung, Herr … habe dem Kläger angepriesen, dass das eingezahlte Geld in voller Höhe als Sicherheit für neue Finanzierungen herangezogen werden könne. Er habe auch nicht erklärt, dass die eingezahlten Beträge des Klägers über die vereinbarte Laufzeit mit ca. 4 % verzinst würden. Über die fehlende Kündbarkeit sei aufgeklärt worden. Schließlich treffe es nicht zu, dass die Beklagte Abschluss- und Vertriebsprovisionen in Höhe von … € erhalten habe, worüber der Kläger nicht aufgeklärt worden sei.
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Vielmehr habe Herr … den Kläger zunächst zutreffend über die steuerliche Abzugsfähigkeit der Versicherungsbeiträge im Rahmen einer Basisrente aufgeklärt. Hierzu habe er ein von dem Versicherungsunternehmen zur Verfügung gestelltes Excel-Tool mit der Bezeichnung „Rürup-Rechner“ eingesetzt. Anhand dessen habe er dargelegt, dass im Jahre 2013 bei zusammenveranlagten Ehepaaren maximal … € an Versicherungsbeiträgen berücksichtigt und davon 76 % steuermindernd angerechnet werden würden. Das Ergebnis der Simulationsberechnung habe Herr … ausgedruckt und dies noch mal eingehend mit dem Kläger besprochen.
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Die Informationen über die streitgegenständliche Rentenversicherung habe Herr … auch anhand der entsprechenden Produktbroschüre (B 1) vorgenommen, aus welcher sich alle relevanten Informationen bezüglich der … BasisRente ergäben. Dort werde an mehreren Stellen auf die im Jahr 2013 gültige steuerliche Anrechnungsquote von 76 % hingewiesen, nämlich auf den Seite 1 und 2.
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Hinsichtlich der Renditeaussichten habe Herr … lediglich auf die durchschnittliche in der Vergangenheit erzielte Rentenrendite verwiesen, ausdrücklich aber erklärt, es gebe keine Gewähr dafür, dass eine entsprechende Rendite auch in Zukunft erzielt werde. Dass das Produkt nicht vorzeitig kündbar sei, ergebe sich unmittelbar aus der von Herrn … besprochenen Produktbroschüre, Seite 2.
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Auch über die anfallenden Kosten habe Herr … den Kläger zutreffend aufgeklärt, und zwar zum einen anhand des Excel-Tools, in welchem die Kostenbestandteile im einzelnen aufgeführt gewesen seien. Zum anderen sei in der Produktbroschüre auf Seite 3 unter Ziffer 6 „Kosten/Vertriebsvergütung“ ausdrücklich festgehalten, dass das Versicherungsunternehmen und die Beklagte von den Gesellschaften Rückvergütungen bis maximal 0,9 % p.a. aus den laufenden Kosten erhielten. Dies sei ebenfalls von Herrn … angesprochen worden.
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Die Beklagte bestreitet, dass die vom Kläger beanstandeten Fehlinformationen für seine Entscheidung für die Versicherung erheblich gewesen seien.
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Sämtliche Informationen habe der Kläger zudem aus den unmittelbar nach Abschluss der streitgegenständlichen Rentenversicherung zugesandt erhaltenen Vertragsunterlagen (K 1) ersehen können.
27
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf sämtliche eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Terminprotokolle Bezug genommen.
28
Das Gericht hat den Kläger persönlich formlos angehört. Auf das Protokoll vom 02.08.2019 wird Bezug genommen.
29
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen …. Auf das Protokoll vom 18.10.2019 wird insoweit Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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I. Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Dem Kläger steht gegen die Beklagten keine Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung bzw. gemäß § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu.
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1. Zwar ist unstreitig zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Anlage zustande gekommen.
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Nimmt ein Anlageinteressent nämlich bei einer konkreten Anlageentscheidung die Hilfe eines Kreditinstituts oder eines Beratungsunternehmens in Anspruch und lässt sich dieses auf eine Beratung ein, kommt auch ohne eine entsprechende ausdrückliche Abrede oder Vereinbarung eines Entgelts ein Beratungsvertrag zustande (vgl. BGH XI ZR 431, 11). Hierbei ist ein stillschweigender Vertragsschluss bereits dann zu bejahen, wenn der Berater erkennt, dass der Kunde das Ergebnis der Beratung zur Grundlage einer Anlageentscheidung machen will.
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Der Berater hat den Kunden über alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände zu informieren und die erteilten Informationen fachkundig zu beurteilen (vgl. BGH XI ZR 33/10). Er schuldet eine anlegergerechte und objektgerechte Beratung (BGH a.a.O.). Schließlich hat der Berater den Kunden auch über einen schwerwiegenden Interessenkonflikt aufzuklären. Der BGH hat eine Aufklärungspflicht insoweit für die Aufklärung über sogenannte Rückvergütungen angenommen (vgl. Palandt, BGB, 79. Aufl., § 280, Rn. 47 ff. m.w.N.).
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2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die insoweit Darlegung und beweisbelastete Klagepartei jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichtes nachgewiesen, von der Beklagten im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Anlage fehlerhaft aufgeklärt worden zu sein.
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2.1. Der Kläger hat in seiner formlosen Anhörung bestätigt, es sei ihm auf die steuerliche Wirksamkeit der Rentenversicherung, auf die Frage, ob er damit eine Sicherheit würde bestellen können und ob er jederzeit an das Geld wieder herankäme, angekommen. Das habe er Herrn … bei dem Beratungsgespräch in der Filiale der Beklagten in der … auch gesagt. Er habe bereits in der Vergangenheit Immobilienfinanzierungen bei der Beklagten abgewickelt, wobei er zwei Rentenversicherungen, die … und eine … abgeschlossen gehabt habe. Diese beiden Rentenversicherungen habe er beim Beratungsgespräch im Kopf gehabt. Da er beabsichtigt habe, sich auch weiterhin mit Immobilien zu befassen, habe er sich gedacht, es würde für ihn sinnvoll sein, eine neue Rentenversicherung abzuschließen. Herr … habe ihm zugesagt, dass er die Rentenversicherung als Sicherheit würde verwenden können, dass sie kündbar sei und dass sie mit … € steuerlich wirksam sei. Unterlagen habe er beim Gespräch nicht verwendet. Er habe ihm lediglich am PC eine Exceltabelle gezeigt, in der die steuerlichen Vorteile vermerkt gewesen seien. Die von der Beklagtenseite vorgelegte Produktinformation (B1) habe er nie gesehen. Im Anschluss an das Gespräch habe er ein Antragsformular unterschrieben (K 7), später habe er dann per Post die Anlagen K 1 und B 2 bekommen. Er habe sich die erhaltenen Unterlagen angeschaut, so wie man sich halt 50 Seiten anschaue. Er habe zwar geplant, die Rentenversicherung bis zum Ablauf zu halten, aber mit der Option, sie im Notfall als Sicherheit heranziehen zu können. Dies habe er Herrn … auch so erklärt.
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2.2. Demgegenüber gab der Zeuge … an, bei der Beratung Material zur Unterstützung verwendet zu haben, das der … von der …-Versicherung zur Verfügung gestellt worden sei. Zum einen sei es ein sogenannter „Rürup-Rechner“ gewesen, eine Excel-Tabelle, die bereits vorbelegt gewesen sei und die er selbst mit ergänzenden Angaben am Computer ausgefüllt habe. Zum anderen habe es sich um ein Produktprofil (B 1) gehandelt, das man als eine Art Beipackzettel mit der Beschreibung des Produktes bezeichnen könne. Anhand dieser Unterlagen habe er dem Kläger das Produkt erklärt. Es sei dem Kläger ja besonders um Steuerersparnis ergangen gegangen. Thema des Gespräches sei es gewesen, welche steuerliche Anrechenbarkeit habe erzielt werden können. Diese sei ja auch in der Produktinformation beispielhaft aufgeführt gewesen. Als der Kläger ihn, den Zeugen, im Jahr 2017 telefonisch wegen der streitgegenständlichen Anlage kontaktiert habe, habe sich herausgestellt, dass er wohl verstanden gehabt habe, er bekomme 100 % Anrechenbarkeit. Das sei indes falsch gewesen bzw. eigentlich auch nicht, weil es ja ab 2025 stimme. Bei diesem „Rürup-Produkt sei es nämlich so gewesen, dass jedes Jahr 2 % Anrechenbarkeit dazu gekommen seien, sodass letztlich dann 2025 100 % erreicht worden wären. Der Kläger habe jedoch seine Ausführungen eigentlich nicht missverstehen können. Er glaube nämlich, er habe ausdrücklich gesagt, die Anrechenbarkeit würde erst 2025 erreicht. Anhand der Produktinformation sei der Zeuge mit dem Kläger alle wesentlichen Punkte durchgegangen. Er könne sich nicht zu 100 % erinnern, ob er etwas zur Kündbarkeit gesagt habe. Auf jeden Fall habe er aber die Langfristigkeit erwähnt. Bei Rürup sei es ja so, dass es nur Verrentung gebe und keine Auszahlung. Ob er darauf hingewiesen habe, dass eine vorzeitige Auflösung beim streitgegenständlichen Produkt nicht gehe, wisse er nicht mehr. Die Abschluss-, Vertriebs- und Verwaltungskosten seien nach seiner Erinnerung im Antragsformular (K 7) erwähnt.
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2.3. Das Gericht hat keinerlei Anlass, an der Glaubwürdigkeit des von der Klageseite selbst zum Beweis ihrer Behauptungen angebotenen Zeugen … zu zweifeln. Dessen glaubhafte Angaben bestätigen indes die von der Klageseite gerügten Beratungsfehler seitens der Beklagten gerade nicht.
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2.4. Im Übrigen ist im sog. Produktprofil (B 1), anhand dessen der Zeuge nach eigenen Angaben dem Kläger die streitgegenständliche fondsgebundene Rentenversicherung … erklärt hat, auf Seite 1 unter „Produktdetails“ und auf Seite 2 unter „Eckdaten“ eindeutig erläutert, dass die eingezahlten Beträge im Jahre 2013 nicht vollumfänglich, sondern nur zu 76 %, maximal … € für Ledige und … € bei zusammen veranlagten Ehepaaren, als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden können. Dort findet sich auch der ausdrückliche Hinweis, dass der Prozentsatz von 76 % pro Jahr um 2 % Punkte ansteigt, bis im Jahre 2025 100 % erreicht sind.
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2.5. In der „Vorsorge Lebensversicherung-Versicherungsurkunde“ findet sich der Hinweis auf die feste Vertragslaufzeit vom 01.04.2013 bis 1. 04.02.2034 (Ziffer 3.1.) sowie darauf, dass diese Versicherung nicht vorzeitig beendet werden kann und nicht kapitalisierbar ist (Ziffer 9.); unter Ziffer 3.2.1 sind die Abschluss und Vertriebskosten vor Beginn der Rentenzahlung in Höhe von einmalig … € erwähnt; unter Ziffer 2 Stichwort „Altersrentenversicherung“ heißt es: „(…) Die Höhe der Rente hängt von der Wertentwicklung der ihrer Versicherung gutgeschriebenen Anteileinheiten (Fondsguthaben) ab. Sie haben die Chance bei Kurssteigerungen einen Wertzuwachs zu erzielen; bei Kursrückgängen tragen Sie das Risiko der Wertminderung.“. Unter Ziffer 2 Stichwort „Überschussbeteiligung“ heißt es: „Unsere Leistungen können sich um eine Überschussbeteiligung erhöhen. Die Höhe können wir nicht garantieren. Über die Entwicklung der Überschussbeteiligung ihres Vertrages informieren wir Sie jährlich.“. Somit befinden sich in der Vorsorge Lebensversicherung-Versicherungsurkunde sämtliche weiteren Informationen, die Kläger vorliegend vermisst.
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Zwar hat der Kläger unstreitig diese Versicherungsurkunde vor Abschluss des Vertrages nicht erhalten.
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Dies geschah jedoch nur deshalb, weil der Kläger selbst ausdrücklich im Anfragsformular (K 7) auf Mitteilung der Verbraucherinformationen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie der in der Informationspflichten-Verordnung vorgesehenen Informationen rechtzeitig vor Abgabe seiner Versicherungserklärung verzichtet hatte und damit seine grundsätzlich unverbindliche Anfrage in einen für ihn verbindlichen Antrag umgewandelt hatte (vgl. K 7). Dies führte wiederum dazu, dass mit der Übersendung der Versicherungsurkunde seitens der Beklagten ohne weiteres Zutun, insbesondere ohne eine Annahmeerklärung des Klägers, der Versicherungsvertrag zustande kam und ihn daher die in der Versicherungsurkunde enthaltenen Informationen erst nach Vertragsabschluss erreichen konnte. Ursache dafür war aber nicht etwa - wie die Klagepartei meint - eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten im Rahmen des Beratungsvertrages mit dem Kläger, sondern der ausdrückliche Verzicht des Klägers auf weitere vorvertragliche Informationen in seiner Anfrage-Erklärung.
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Damit war die Klage abzuweisen.
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II. Kosten: §§ 91 ZPO.
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III. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 S. 1, 2, 3 ZPO.