Inhalt

LG München I, Endurteil v. 28.04.2020 – 3 O 7627/18
Titel:

Unwirksamkeit einer Notarurkunde sowie die Rückzahlung von zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus der Urkunde bzw. der in der Urkunde bestellten Grundschuld bezahlten Beträgen

Normenketten:
BGB § 123, § 138, § 181, § 823, § 826, § 830, § 1183
ZPO § 263, § 767, § 784 Abs. 1 Nr. 5
StGB § 253, § 266
Leitsätze:
1. Für eine Erledigung ist kein Raum, wenn die Klage bereits vor oder ohne den Eintritt des Erledigungsereignisses unzulässig oder unbegründet gewesen ist. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Anspruch aus § 826 setzt Schädigungsvorsatz voraus. Fahrlässigkeit, auch grobe, genügt nicht. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Willensbeeinflussung durch Drohung (§ 123 Abs. 1 BGB) ist auch dann widerrechtlich, wenn zwar Mittel und Zweck für sich betrachtet nicht anstößig sind, jedoch die Verbindung, die Benutzung dieses Mittels zu diesem Zweck gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unwirksamkeit, Notarurkunde, Zwangsvollstreckung, Urkunde, Grundschuld, Staatsanwaltschaft, Leistungen, Kaufvertrag, Abfindung, Kaufpreis, Widerspruchsrecht, Gesellschaft, Erpressung, Zwangsversteigerung, Erledigung, Kommanditist, Vollstreckungsabwehrklage, Titelgegenklage, Kollusion, abstraktes Schuldversprechen, Titelherausgabe, Klageänderung, Klageerweiterung, Untreue, Schutzgesetz, Schaden, Schädigungsvorsatz, Anfechtung, Drohung
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Endurteil vom 28.09.2022 – 7 U 3238/20
BGH Karlsruhe vom -- – II ZR 177/22
Fundstelle:
BeckRS 2020, 60162

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klagepartei.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert für den Rechtsstreit wird festgesetzt bis zum 19. Juli 2018 auf € 1.800.000,00, ab dem 19. Juli 2018 auf € 2.443.657,80.

Tatbestand

1
Die Klägerin ist eine Projektgesellschaft zur Durchführung von Immobilienvorhaben und war Eigentümerin des Grundstücks in München, … (Gesellschaftsvertrag vom 02.03.2016, K1). Innerhalb der Klägerin gab es zwei Gruppen von Gesellschaftern, nämlich die sogenannte … sowie die …. Persönlich haftende Gesellschafter mit Einzelvertretungsmacht und Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB waren die … GmbH, vertreten durch die Geschäftsführerin …, sowie die … GmbH, vertreten durch den alleinigen Geschäftsführer …. Gemäß § 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags gilt im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern, dass bei Geschäften, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, den Kommanditisten ein Widerspruchsrecht zusteht. Als derartig außergewöhnliche Geschäfte werden hierbei definiert der Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten sowie Rechten an Grundstücken und an grundstücksgleichen Rechten, sowie die Aufnahme und Gewährung von Darlehen und Eingehen von Verbindlichkeiten, die im Einzelfall einen Betrag von 50.000,00 € übersteigen. Wenn ein Kommanditist von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch macht, ist hiernach ein Beschluss sämtlicher Gesellschafter erforderlich. Gem. § 15 des Gesellschaftsvertrags ist in allen Fällen des Ausscheidens eines Kommanditisten diesem eine Abfindung zu zahlen, wobei der Wert des Geschäftsanteils zum Zeitpunkt des Ausscheidens anzusetzen ist.
2
Die Beklagte ist die Vermögensverwaltungsgesellschaft von Herrn …, der im Rahmen der Gründung der Klägerin eine Finanzierungspflicht für das Projekt … München übernommen hat. Gemäß Gesellschaftervereinbarung vom 15.02.2016 (K6) sollte Herr … die gesamte Projektfinanzierung nach Kalkulation und Finanzierungsplan übernehmen, dies konkret durch Zurverfügungstellung eines entsprechenden Eigenkapitalanteils, welcher durch die jeweils finanzierende Bank gefordert wird, Stellung der Bankfinanzierung für die gesamte Maßnahme sowie Vorhalt anfallender Neben- und Vorkosten.
3
Hinsichtlich einer Darlehensvereinbarung gab es Korrespondenz zwischen den Parteien. So übermittelte der im Bereich der … stehende Herr … an Herrn … unter dem 30.06.2016 den Entwurf einer Darlehensvereinbarung (K39). 8 von 10 Überweisungen an die Klagepartei sind mit Verwendungszweck „Darlehen“ bezeichnet.
4
Die Klägerin erhielt von der Beklagten einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.619.000,00 €. Dieser setzt sich nach Ansicht der Beklagten aus Darlehensauszahlungen der Beklagten an die Klagepartei zusammen.
5
Mit Schreiben vom 17.2.2017 (K8) hatten Herr … und die … GmbH ihre Beteiligung an der klägerischen Gesellschaft zum 31.12.2017 gekündigt.
6
Herr …, handelnd für die … GmbH, diese wiederum handelnd für die Klagepartei, bestellte für die Beklagte mit Notarvertrag vom 29.09.2017 (Urkunde der Notarin …, UrNr. …) im Namen der Klägerin als damalige Eigentümerin des Grundstücks …, München, eine Grundschuld ohne Brief in Höhe von 1.800.000,00 € mit Verzinsung von 6% p. a. Die Klagepartei unterwarf sich dabei gem. Ziff. II dieses Notarvertrags wegen des Grundschuldkapitals nebst Zinsen der sofortigen Zwangsvollstreckung und übernahm in Ziff. III des Notarvertrags unabhängig von der Grundschuld eine persönliche Haftung nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung (Notarvertrag, K12).
7
Die … GmbH, vertreten durch die Geschäftsführerin …, erstattete bei der Staatsanwaltschaft München I gegen … Strafanzeige wegen Untreue (Gz. Staatsanwaltschaft München I: 320 Js 100036/18). Sie trug vor, Herr … habe bei Bestellung der Buchgrundschuld ohne entsprechenden Gesellschafterbeschluss die Befugnis über das Vermögen der Klägerin zu verfügen im Innenverhältnis überschritten, wodurch dieser ein entsprechender Vermögensnachteil entstand. Bei wirtschaftlicher Betrachtung habe sich dieser zu seinen eigenen Gunsten eine Grundschuld von 1,8 Mio. € in ein Immobilienprojekt der Klagepartei eintragen lassen, welches praktisch das gesamte Vermögen der Gesellschaft repräsentierte. Das Ermittlungsverfahren wurde durch die Staatsanwaltschaft München I mit Verfügung vom 27.07.2018 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Zur Begründung führte die Staatsanwaltschaft München I aus, Herr … habe konkrete Nachweise dafür erbringen können, dass unstreitige Zahlungen in einer Gesamthöhe von € 1.619.000,00 auf Grundlage einer Darlehensabrede zwischen Herrn … und den hinter der Klagepartei stehenden Herren … und … erfolgt waren. Insoweit bezieht sich die Staatsanwaltschaft München I auf E-Mail-Korrespondenz zwischen … und … vom 30.06.2016 sowie zwischen den Rechtsanwälten … und … vom 21.07.2017, aus der sich unzweifelhaft erkennen lasse, dass diesen Zahlungen eine - wenngleich lediglich mündliche - Darlehensabrede zugrunde gelegen habe. Beschwerden und Eingaben gegen diese Einstellung blieben erfolglos.
8
Herr …, vertreten durch Rechtsanwalt …, erhob wiederum gegen die Gesellschafter der Klagepartei … und … sowie Frau … Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft München I wegen Verdacht des Betrugs und der Untreue zum Nachteil des Gesellschaftsvermögens (Gz. Staatsanwaltschaft München I: 320 Js 130105/18). Dieses Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft München I mit Verfügung vom 10.02.2020 ebenfalls gem. § 170 Abs. 2 StPO ein (K51).
9
Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 07.03.2019 das Zwangsversteigerungsverfahren in das Grundstück … in München wegen einer Hauptsacheforderung in Höhe von 1,8 Mio. € sowie wiederkehrende Leistungen aus der Hauptsache in Höhe von 6% p. a. seit 28.09.2017. Der Versteigerungsvermerk wurde am 13.04.2018 in das Grundbuch eingetragen (K19, K20). Das Zwangsversteigerungsverfahren ist zwischenzeitlich abgeschlossen, der Beschlagnahmebeschluss wurde vom Amtsgericht München am 27.07.2018 (Gz. 1540 K 72/18, B1) aufgehoben und der Vollstreckungstitel an die Klagepartei herausgegeben.
10
Mit notariellem Vertrag vom 27.04.2018 (K24) veräußerte die Klägerin das Grundstück für € 5.350.000,00 an die … (Vertrag Notar …, UrNr. …). Die Beklagte erteilte nach Korrespondenz unter den Parteien (so Konvulut K29f) dem beurkundenden Notar … einen Treuhandauftrag (K31), in dem erklärt wurde, dass der Notar über die beigefügte Löschungsbewilligung und den Rücknahmeantrag zum Zwangsversteigerungsvermerk verfügen darf, wenn € 2.432.413,98 zuzüglich Tageszinsen von € 295,89 seit 10.05.2018 vorbehaltlos und unter Verzicht auf das Recht der Rückforderung auf das Konto der Beklagten bezahlt wird. Die Klägerin schrieb dazu am 24.05. (K32) an den Notar, dass „um die Erfüllung bzw. Abwicklung des Kaufvertrags nicht zu riskieren … die Zahlungsauflagen der Gläubigerin … … entgegengenommen und berücksichtigt werden dürfen“.
11
Am 18.06.2018 zahlte die Käuferin den Kaufpreis, wobei sie € 2.443.657,80 an die Beklagte überwies (K39). Der Ablösebetrag in Höhe von € 2.443.657,80 ergibt sich aus Sicht der Beklagten (so Schreiben vom 09.05.2018 - K27, vom 14.05.2018 - K28) aus dem Grundschuldbetrag von 1,8 Mio. €, berechneten Grundschuldzinsen in Höhe von € 62.728,76, € 500.000,00 zur Abgeltung von Auseinandersetzungsansprüchen der Gesellschaft sowie weiteren Kosten unter anderem anwaltlicher oder gerichtlicher Art.
12
Am 28.11.2017 wurden Herr … und die … GmbH mit Gesellschafterversammlungsbeschluss aus der Klagepartei ausgeschlossen. Mit Endurteil vom 30.01.2019 (Landgericht München I, 10 HK O 19617/17) stellte das Landgericht München I fest, dass … und die … GmbH letztendlich aufgrund von ihnen selbst am 17.02.2017 ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen zum 31.12.2017 aus der Gesellschaft ausgeschieden seien. Umgekehrt erhoben … sowie die … GmbH unter dem Geschäftszeichen 3 HK O 19561/17 beim Landgericht München I Klage mit der Zielrichtung festzustellen, dass der Ausschluss nichtig ist. Insoweit setzte das Landgericht München I den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens 10 HK O 19617/17 gem. § 148 ZPO aus. Das Berufungsverfahren letzteren Rechtsstreits war zum maßgebenden Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.
13
Mit der mit Schriftsatz vom 05.06.2018 erhobenen Klage begehrt die Klagepartei zunächst die Zwangsvollstreckung aus der Notarurkunde vom 28.09.2017 der Notarin … (K12) für unzulässig zu erklären sowie festzustellen, dass diese Urkunde keine Verpflichtungen der Klägerin und keine Ansprüche gegen die Klägerin begründet. Ferner wurde die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung beantragt. Mit gleichem Schriftsatz beantragte die Klägerin eine einstweilige Anordnung, die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde vom 28.09.2017 gegen Sicherheitsleistung bis zur Entscheidung des vorläufigen Rechtsstreits einzustellen sowie einstweilig anzuordnen, dass die Käuferin einen Betrag in Höhe von € 2.432.413,98 zuzüglich Tageszinsen nicht an die Beklagte, sondern schuldbefreiend auf die Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts München zu leisten hat. Dieser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde mit Beschluss vom 18.06.2018 abgelehnt (Blatt 66/70 d. A.).
14
Nach Beendigung des Zwangsversteigerungsverfahrens erklärte die Klägerin den Rechtsstreit in Bezug auf die begehrte Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungstitel, die begehrte Feststellung der Nichtschuld aus der Grundschuldurkunde sowie die Verpflichtung zur Titelherausgabe für erledigt (Blatt 155 d. A.). Die Beklagte schloss sich der Erledigterklärung nicht an.
15
Mit Schriftsatz vom 19.07.2018 hatte die Klagepartei die Klage um Schadensersatzansprüche erweitert (Blatt 105 d. A.). Die Klagepartei beantragt insoweit, die Beklagte zur Zahlung von € 2.443.657,80 € zu verurteilen. Sie leitet hierbei ihre Ansprüche aus unerlaubter Handlung sowie Bereicherungsrecht her.
16
Die Klägerin trägt vor, die notarielle Grundschuldbestellung vom 28.09.2017 (K12) sei auf Veranlassung von … unter Missachtung des gem. § 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags geregelten Zustimmungserfordernisses der Kommanditisten sowie unter Missbrauch der Vertretungsmacht zustande gekommen und damit nichtig. In der Folge sei beklagtenseits der nichtige Titel ausgenutzt worden und die Klagepartei erpresserisch gezwungen worden, Zahlungsforderungen der Beklagten nachzukommen. Eine vorsätzliche und rücksichtslose Ausnutzung der Zwangslage ergebe sich schon daraus, weil die finanzierende W. Bank das Darlehen mit einem Betrag von insgesamt über 2 Mio. € mit Schreiben vom 12.04.2017 fristlos zur Rückzahlung gekündigt habe (K37). Die Beklagte habe also gewusst, dass die Klagepartei zur Abwendung der Insolvenz keine andere Wahl hatte, als den Grundstückskaufvertrag praktisch um jeden Preis zum Vollzug zu bringen.
17
Die Beklagtenpartei könne keinen Anspruch aus dem sogenannten Treuhandauftrag (K31) herleiten. Bereits im Kaufvertrag mit der Käuferin vom 27.04.2018 (K24) habe sich die Klagepartei vorbehalten, sämtliche Zahlungen vom Grundschuldgläubiger zurückzuverlangen (dort Seite 9). Die Klagepartei habe die Beklagte immer darauf aufmerksam gemacht, dass sie deren Vorgehensweise als „rechtswidriges Werk“ beurteile. Im Übrigen ficht die Klägerin „höchst vorsorglich“ eine etwaige Vereinbarung über einen Anspruchsausschluss wegen widerrechtlicher Drohung gem. § 123 BGB an (Blatt 109 d. A.). Die Beklagte habe sich die Grundschuld durch Nötigungsmittel kollusiv verschafft. Diese habe keinen Anspruch auf die geforderten Beträge gehabt. Somit habe sie dem klägerischen Vermögen einen Nachteil von € 2.443.657,80 zugefügt. Es bestünden daher Schadensersatzansprüche gem. § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 253 Abs. 1 StGB, §§ 853 Abs. 2, 830 BGB in Verbindung mit § 266 StGB und gem. § 826 BGB. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung ergebe sich aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, 818 Abs. 2 BGB. Die Beklagte sei in Höhe von € 2.443.657,80 ungerechtfertigt bereichert, jedenfalls aber in Höhe von € 624.657,80. Bereits die Grundschuld sei höher gewesen als die an die Klägerin gewährte Finanzierung. Die Forderung eines Auseinandersetzungsanspruchs in Höhe von € 500.000,00 sei widersprüchlich. Die Beklagte sehe ja die Ausschlüsse aus der Gesellschaft als unwirksam an.
18
Daher beantragt die Klägerin zuletzt,
festzustellen, dass sich die Anträge,
die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde der Notarin …, München, vom 28.09.2017, UrNr. …, wird für unzulässig erklärt, es wird festgestellt, dass die Urkunde der Notarin …, München, vom 28.09.2017, UrNr. …, keine Verpflichtungen der Klägerin und keine Ansprüche gegen die Klägerin begründet,
die Beklagte wird verurteilt, die vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde der Notarin …, München, vom 28.09.2017, UrNr. …, an die Klägerin herauszugeben,
in der Hauptsache erledigt haben.
Weiter beantragt die Klägerin hilfsweise die Feststellung,
dass die Urkunde der Urkunde der Notarin …, München, vom 28.09.2017, UrNr. …, keine Verpflichtungen der Klägerin und keine Ansprüche gegen die Klägerin begründet.
Darüber hinaus beantragt die Klägerin,
die Beklagte zur verurteilen, an die Klägerin € 2.443.657,80 nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 19.06.2018 zu bezahlen.
19
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
20
Die ursprünglich erhobene Vollstreckungsgegenklage sei bereits unzulässig. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seien zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht zu besorgen gewesen. Die Käuferin des Grundstücks habe als Dritte nicht angewiesen werden können, einen Teil des Kaufpreises zu hinterlegen. Die Grundschuldbestellung und der Notarvertrag seien im Sinne der Klägerin gewesen, diese stellten keinesfalls Untreuehandlungen zum Nachteil der Klagepartei dar. Eine Klageänderung bzw. Klageerweiterung im Hinblick auf einen Zahlungsanspruch sei nicht sachdienlich. Die Rückforderung sei, wie sich aus dem Treuhandvertrag ergebe, ausgeschlossen.
21
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 21.08.2018 sowie 20.08.2019 Bezug genommen.
22
Die Akten der Staatsanwaltschaft München I, 320 Js 100036/18 und 320 Js 130105/18, waren aufgrund Beschluss vom 25.09.2018 beigezogen.
23
Mit Beschluss vom 22.01.2019 hat das Landgericht nach Anhörung der Parteien den Rechtsstreit gem. §§ 148, 149 ZPO im Hinblick auf das Zivilverfahren 10 HK O 19617/17 vor dem Landgericht München I sowie das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München I, Geschäftszeichen 320 Js 130105/18, ausgesetzt. Diesen Aussetzungsbeschluss hob das Oberlandesgericht München mit Beschluss vom 12.12.2019 auf und ordnete die Fortsetzung des Verfahrens an.
24
Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 16.12.2019 (Blatt 335 d. A.), die Klagepartei mit Schriftsatz vom 28.01.2020 (Blatt 336/337 d. A.), dass schriftlich entschieden wird. Mit Beschluss vom 29.01.2020 wurde entschieden, dass mit Zustimmung der Parteien gem. § 128 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird sowie als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, der 03.03.2020 bestimmt wird.

Entscheidungsgründe

25
Die Klage erweist sich als insgesamt unbegründet. Dies bezieht sich sowohl auf die nunmehr gestellten Feststellungsanträge hinsichtlich der Erledigung der ursprünglichen Vollstreckungsabwehrklageanträge, den dortigen Hilfsantrag sowie auf die Klageerweiterung eines Zahlungsantrags, letzterer begründet mit Schadensersatz aus Delikt sowie ungerechtfertigter Bereicherung.
I. Fragestellung der Vollstreckungsabwehrklage
26
Da Erledigterklärungen der Klagepartei einseitig verblieben sind, hatte das Gericht nunmehr zu entscheiden, ob die Klage tatsächlich erledigt ist und dies ggf. festzustellen (vgl. Zöller, ZPO, 32. Auflage, § 91a, Rn 34). Für eine Erledigung ist jedoch kein Raum, wenn die Klage bereits vor oder ohne den Eintritt des Erledigungsereignisses unzulässig oder unbegründet gewesen ist (Zöller, a.a.O., Rz 3). Gemessen an diesen Voraussetzungen war die Vollstreckungsgegenklage bzw. die Ausformung einer Titelgegenklage bereits die falsche Klageart.
1. Zum Antrag, die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde der Notarin … vom 28.09.2017, UrNr. …, für unzulässig zu erklären.
27
a) Die Urkunde vom 28.09.2017 ist zweifellos eine Urkunde im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, aus der die Zwangsvollstreckung stattfinden kann (K12). Diese Urkunde ist jedoch weder nichtig noch aus sonstigen Gründen unwirksam. Im Innenverhältnis der Klagepartei ist diese Urkunde unter Verstoß gegen Bestimmungen des § 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags zustande gekommen. Insoweit schließt sich dieses Gericht dem Hinweisbeschluss des OLG München vom 21.02.2020 (K52) im Berufungsverfahren 23 U 1212/19 zu 10 HK O 19617/17 (dort Seite 4 ff.) an. Ebensowenig wie nach Ansicht des OLG im zitierten Beschluss dies zu einer Ausschließung der dortigen Beklagten berechtigt, führt dies zu einer Nichtigkeit der Grundschuldbestellung gem. der Urkunde v. 28.9.2027 (K12). Im Außenverhältnis gilt was prüfbar ist. So hatte die Notarin aufgrund Einsicht in das Handelsregister festgestellt, dass letztendlich Herr … unter Befreiung der Beschränkungen des § 181 BGB als alleiniger Vertreter zu Errichtung der entsprechenden Urkunde handlungsberechtigt war (vgl. Vermerk Seite 2, K12). Dies bezog sich sowohl auf die Grundschuldbestellung in Höhe von 1,8 Mio. € als auch die dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung, als weiter auch auf die persönliche Haftungsübernahme und Zwangsvollstreckungsunterwerfung unabhängig von der bestellten Grundschuld gem. § 780 BGB (Schuldanerkenntnis). Die Vollmacht des Handelnden Herrn … war keineswegs nichtig. Sein Handeln war jedoch außerhalb seines internen Berechtigungskreises, da er die Zustimmung anderer Gesellschafter nicht eingeholt hatte. Die Fehlerfolge, welche § 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags ausdrücklich regelt, ist nicht, dass die Parteien diese Handlung von vorneherein als nichtig ansehen, sondern dass den Kommanditisten ein Widerspruchsrecht zusteht. Insbesondere begründet die Handlung keine Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 BGB. Ein Rechtsgeschäft verstößt dann gegen die guten Sitten, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dies kann beispielsweise in groben Missverhältnissen von Leistungen und Gegenleistungen liegen. Vorliegend hat offensichtlich Herr … aus seinem Bereich einen nicht unerheblichen Betrag in die Klägerin kreditiert, wobei ein verschriftlichter Kreditvertrag nicht niedergelegt worden war. Jedenfalls sind die 8 von 10 der entsprechenden Überweisungen aus dem Bereich … als „Darlehen“ - offenbar stets ohne internen Widerspruch der Klägerin oder anderer Gesellschafter - gekennzeichnet, so dass letztendlich die Motivation einer Sicherung eines entsprechenden Darlehens für Herrn … subjektiv vertretbar erscheinen konnte. Die Transaktionen hatten in zehn Einzeltransaktionen Zahlungen von 1.619.000,00 € bewirkt. Bei Zugrundelegung einer Verzinsung (die Parteien haben offensichtlich bei der Frage einer Kreditierung über 6% diskutiert - Mail des Herrn … v. 7.7.16 - K36) ist die Einräumung einer Sicherheit in Höhe von 1,8 Mio. € kein grobes betragsmäßiges Missverhältnis. Daher ergibt sich insoweit keine Nichtigkeit gem. § 138 BGB. Eine alleinige Verletzung der Vertretungsmacht im Innenverhältnis ergibt vorliegend keine Unwirksamkeit des Geschäfts. Das Risiko eines Missbrauchs der Vertretungsmacht trägt grundsätzlich der Vertretene (Palandt, BGB, 2020, § 164, Rz 13). Eine Nichtigkeit ergibt sich nur aus sogenannter „Kollusion“, wobei hier die Maßstäbe des § 138 BGB, also der Sittenwidrigkeit, heranzuziehen sind. Ein Verhalten, das - wie vom Senat des Oberlandesgerichts im Berufungsverfahren (K51) dargelegt - gerade nicht zum Ausschluss führt, ist in diesem Sinne nicht kollusiv. Sittenwidrigkeit liegt, wie dargelegt, nicht vor. Im Übrigen bedurfte es einer vorherigen Kündigung der Grundschuld im Sinne von § 1193 BGB nicht. Vorliegend war eine abweichende Vereinbarung zulässig (§ 1193 Abs. 2 Satz 1 BGB). Im Übrigen ist die Vollstreckung aus abstrakten Schuldversprechen möglich (Palandt, BGB, 2020, § 1193, Rz 4).
28
b) Soweit sich die Klagepartei auf eine analoge Anwendung des § 767 ZPO (Titelgegenklage) stützt, bleibt sie ebenfalls erfolglos. Der Titel ist - wie oben (lit. a) dargelegt - nicht nichtig, sondern wirksam.
29
c) Die Klägerin hatte ihren Anspruch nicht als rechtskraftdurchbrechende Deliktsklage nach § 826 BGB ausgestaltet (vgl. Zöller, ZPO, § 767, Rz 2 „Klage auf Herausgabe des Vollstreckungstitels“, Vor. § 322, Rz. 73). Wie dargelegt würde dies aber in der vorliegenden Konstellation auch nicht zum Erfolg geführt haben, da ein Fall der Nichtigkeit gerade nicht vorliegt (siehe oben).
30
2. Zum Feststellungsantrag, dass die Urkunde der Notarin … vom 28.09.2017 keine Verpflichtungen der Klägerin und keine Ansprüche gegen die Klägerin begründet.
31
Auch insoweit waren der Antrag festzustellen, dass sich dieser Antrag erledigt hat sowie im Hilfsantrag der eigentliche Feststellungsantrag abzuweisen. Wie bereits oben dargelegt sind die in dieser Urkunde abgegebenen Erklärungen nicht infolge Missbrauchs einer Vertretungsmacht oder aus sonstigen Gründen nichtig und unwirksam. Vielmehr ist die Urkunde wirksam. Das Überziehen der Vertretungsmacht war - wie dargelegt - vorliegend nicht dergestalt, dass es zur Nichtigkeit führte.
32
3. Antrag zur Feststellung der Erledigung des Antrags auf Titelherausgabe Der Rückgabeanspruch hinsichtlich der Urkunde besteht vorliegend nicht, da die Einleitung der Vollstreckung nicht aus materiellrechtlichen Gründen unzulässig war und der Titel auch nicht aus formellen Gründen unwirksam war (Situation umgekehrt Palandt, BGB, 2020§ 371, Rz 4).
33
Damit war die Klage insoweit abzuweisen, da die Feststellung der Erledigung ursprünglich erhobener Klageanträge bzw. hilfsweise die Feststellung der Verpflichtungslosigkeit einer Urkunde begehrt wird.
II. Zu den Ansprüchen aus unerlaubter Handlung
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Die Klage war ebenfalls abzuweisen, soweit die Klagepartei nunmehr Zahlung in Höhe von 2.443.657,80 € nebst Zinsen begehrt. Die Klagepartei sieht vorliegend Schadensersatzansprüche aus Delikt gem. § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 253 Abs. 1 StGB, §§ 823 Abs. 2, 830 BGB in Verbindung mit § 266 StGB und § 826 BGB.
1. Klageerweiterung
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Die vorliegende Klageerweiterung stellt letztendlich eine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO dar, da sie einen neuen weiteren Streitgegenstand einführt. Diese Klageänderung ist ohne Einwilligung der Beklagten vorliegend zulässig, da sie sachdienlich ist. Es kann mindestens ein weiterer Streitpunkt prozessual miterledigt werden und insoweit eine weitere Prozessführung vermieden werden.
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2. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB besteht jedoch nicht, da vorliegend weder das Schutzgesetz der Erpressung (§ 253 Abs. 1 StGB) noch der Untreue (§ 266 StGB) erfüllt sind. Das Gericht kommt vorliegend zu keiner anderen Wertung als die Staatsanwaltschaft München I in dem beigezogenem Verfahren 320 Js 100036/18 in Verbindung mit den Überprüfungen der Generalstaatsanwaltschaft München (301 Zs 287/19).
a) Zum Vorwurf der Erpressung
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Die Strafbarkeit Relevanz der Erpressung gem. § 253 Abs. 1 StGB besteht für denjenigen, welcher einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wobei gem. § 253 Abs. 2 StGB die Tat dann als rechtswidrig anzusehen ist, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
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Entsprechend der strafrechtlichen Bestimmung des § 253 StGB, welche ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB darstellt, besteht vorliegend kein haftungsbegründendes relevantes Verhalten der Beklagtenseite. Die Klageseite sieht haftungsrechtliche Relevanz, da die Drohung mit dem Scheitern eines Grundstückkaufvertrags ein empfindliches Übel darstelle, was zur Insolvenz der Klägerin geführt hätte. Erschwerend komme hinzu, dass sich die Beklagte das Nötigungsmittel - also die Grundschuld - kollusiv, das heißt vorsätzlich rechtswidrig, verschafft habe. Die Beklagte habe in der Absicht sich zu Unrecht bereichern gehandelt, da diese keinen Anspruch auf die geforderten Beträge gehabt habe.
39
Entsprechend der zutreffenden Argumentation der Staatsanwaltschaft München I (320 Js 100036/18) sowie der Generalstaatsanwaltschaft München I (301 Zs 287/19) ist hier der Tatbestand der Erpressung nicht erfüllt.
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Nach den vorliegenden Unterlagen (Email-Korrespondenz zur Darlehensvertragsbildung und Verwendungszwecke der Überweisungen mit „Darlehen“ in acht von zehn Fällen) ist hinsichtlich des Betrages von 1.619.000,00 € eine Erpressung nicht nachzuweisen. Der Vermögensnachteil im Sinne § 253 Abs. 1 StGB ist nicht gegeben, da insoweit die Dispositionsfreiheit des Vermögensinhabers nicht geschützt ist. Die gegebenenfalls nach internen Regularien und Abmachungen pflichtwidrige Bestellung einer Grundschuld stellt kein strafrechtlich relevantes Verhalten dar, wenn eine bestehende Forderung gesichert wird. Denn dadurch wird der Bestand des Vermögens gerade nicht verändert. Es handelt sich letztendlich nur um eine Beschränkung der Dispositionsfreiheit. Insoweit ist allerdings bei Wertung der vorliegenden Unterlagen, insbesondere aus der Beiakte der Staatsanwaltschaft München I ersichtlichen Ermittlungen (so beispielsweise Wortlaute der Verwendungszwecke mit Darlehen) aus Sicht des Gerichts eine Kreditierung naheliegend, die gegebenenfalls verzinslich wäre. Entsprechendes ergibt sich auch aus der Email-Korrespondenz (K36) über die Verschriftlichung eines Darlehensvertrags.
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Hinsichtlich der auf den Betrag von 2.443.657, 80 € hinaufsteigenden Summe, darunter ein sogenannter Abfindungsbetrag in Höhe von ca. 500.000,00 €, ist letztlich nicht ausgeschlossen, dass Herrn … ein entsprechender Anspruch zustehen kann. Dieser hat mit Anwaltsschreiben vom 17.02.2017 (K8) für die Beklagte sowie die … GmbH eine Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses zum 31.12.2017 herbeigeführt. Dies löst wiederum Rechtsfolgen gemäß § 15 des Gesellschaftsvertrags aus, wonach eine Bewertung und Abfindung zu leisten ist.
42
Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I konnte das Grundstück in der … in München für die Klagepartei zu einem Kaufpreis von ca. 2 Mio. € erworben werden, mit Kaufvertrag vom 27.04.2018 (K24) konnte es deutlich gewinnbringend zu einem Kaufpreis von 5.350.000,00 € verkauft werden. Dies legt einen erheblichen Abfindungsanspruch zu Gunsten der Beklagtenseite nahe, so dass zur Überzeugung des Gerichts auch unter diesem Aspekt ein in rechtswidriger verwerflicher Zweck-Mittel-Relation herbeigeführter Vermögensnachteil zu Lasten der Klägerin nicht mit einer für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit angenommen werden kann.
43
Hinzu kommt, dass § 253 StGB ein Vorsatzdelikt ist. Es wäre, wie ebenfalls die Staatsanwaltschaft zutreffend ausführt, der Beklagtenseite nicht mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachweisbar, dass dort in subjektiver Hinsicht nicht irrig von einer rechtmäßigen Forderungshöhe und Berechnungsart ausgegangen worden ist. Daher besteht ein Anspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung zu § 253 Abs. 1, 2 StGB nicht.
44
b) Ebensowenig besteht ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit§ 266 StGB. Gemäß § 266 Abs. 1 StGB (Untreue) wird derjenige bestraft, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen, die er zu betreuen hat, Nachteil zufügt.
45
Nach Ansicht der Klagepartei hat Herr … durch die Bestellung der Grundschuld den Tatbestand der Untreue verwirklicht, wobei die Beklagte, vertreten durch …, daran mitgewirkt habe, wobei die Beteiligungsform dahinstehen könne.
46
Tatsächlich stellt jedoch die Bestellung der Grundschuld (K12) keine Handlung dar, für die der mit einer Verurteilung erforderlichen Sicherheit erforderliche Strafbarkeitsvorwurf zutreffen würde. Tatsächlich handelt es sich bei der Bestellung dieser Grundschuld um eine Übertretung der Geschäftsführungsbefugnisse im Außenverhältnis (§ 15 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags). Diese Überschreitung führt jedoch noch nicht zu einer Untreuestrafbarkeit. Die Voraussetzung hierfür wäre ein Vermögensnachteil, der hier nicht für eine zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit festzustellen ist. Dies liegt - wie bereits oben ausgeführt - daran, dass eine Darlehensabrede über 1.619.000,00 € naheliegt (Verwendungszweck „Darlehen“ auf acht von zehn Überweisungen, Emailverkehr mit Austausch von Vereinbarungsentwurf). Aus diesen Unterlagen kann der umgekehrt zu führende Nachweis, dass es sich bei diesen Zahlungen um Gesellschaftereinlagen gehandelt hätte, gerade nicht geführt werden. Dies wäre aber Voraussetzung für eine Untreuestrafbarkeit. Wenn insoweit aber ein bestehender Rückzahlungsanspruch - was naheliegt - des Beklagten gesichert werden sollte, so fehlt es an dem Vermögensnachteil. Hinzu tritt wiederum, dass es sich bei § 266 StGB wieder um ein Vorsatzdelikt handelt, wobei die subjektive Sicht des Handelnden Herrn …, dass er auf die Rückzahlungen einen Anspruch gehabt hätte, naheliegt. Auch dies würde insoweit eine Strafbarkeit und daraus folgend einen zivilrechtlichen Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB ausschließen.
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c) Vorliegend besteht keine Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Sinne von § 826 BGB.
48
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist nach dieser Norm zum Schadensersatz verpflichtet.
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Die Klagepartei sieht derartige vorsätzliche sittenwidrige Schadenszufügungen in den dargestellten Deliktshandlungen sowie in der Ausnutzung der Grundschuld (K12).
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Schaden im Sinne von § 826 BGB bedeutet jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses oder Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (Palandt, BGB, 2020, § 826, Rdzi. 3). Dies kann auch in existenzvernichtendem Vermögensentzug (Palandt, a.a.O., Rdzi. 35) liegen.
51
Erforderlich wäre jedoch auch hier ein entsprechender Schädigungsvorsatz; Fahrlässigkeit, auch grobe, genügt nicht. Dies bedeutet, dass der Schädiger spätestens zum Zeitpunkt des Schadenseintritts Art und Richtung des Schadens und die Schadensfolgen vorausgesehen, die Schädigung im Sinne eines direkten Vorsatzes gewollt, oder jedenfalls billigend in Kauf genommen haben muss (Palandt, a.a.O., Rdzi. 11 ff). An diesem Maßstab ist vorliegend der Tatbestand einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nicht erfüllt. Die Bestellung einer Grundschuld unter Missachtung von § 5 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag) und deren nachfolgende Nutzung mag zivilrechtlich ruppig und beanstandenswert angesehen werden, stellt jedoch in vorliegender Konstellation keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung dar. Wie dargelegt, sind mit der für eine Verurteilung ausreichende Sicherheit die Straftatbestände der Erpressung sowie der Nötigung (§§ 253, 266 StGB) nicht erfüllt.
52
Weiter ist zu berücksichtigen, dass aus dem Bereich der Beklagtenseite das Gesellschaftsverhältnis bereits mit Anwaltsschreiben vom 17.02.2017 (K8) gekündigt war und aus Sicht des hinter der Beklagtenseite stehenden Herrn … einerseits Darlehensrückzahlungsansprüche, andererseits aber auch Ansprüche gemäß § 15 des Gesellschaftsvertrags gesehen werden konnten. Dies führt wiederum dazu, dass unter Abwägung dieser Aspekte eine - wenngleich ruppige - Forderungsabsicherung nicht per se als sittenwidrig zu qualifizieren wäre. Tatsächlich mag jedenfalls subjektiv das Bedürfnis einer Anspruchssicherung gegen eine in der Ursprungsform ohnehin nicht mehr zu haltende Gesellschaft begründet sein.
53
Hinzu kommt, dass sich aus der Vorkorrespondenz zu dem sogenannten Treuhandauftrag ergibt, dass die Beklagtenseite, insbesondere Herr …, davon ausgegangen sein kann, dass die Bedingungen des sogenannten „Treuhandauftrags“ erfüllt werden. Diese lauten: „Über diese Urkunden (Löschungsbewilligung zur Grundschuld über 1,8 Mio. €, Rücknahmeantrag zum Zwangsversteigerungsvermerk) dürfen Sie verfügen, sofern Sie die Zahlung eines Betrags in Höhe von € 2.432.413,98 zuzüglich Tageszinsen … auf unser folgendes Konto vorbehaltslos bezahlt ist und die Zahlung auf das u.g. Konto eingegangen ist. Auf das Recht der Rückforderung wird aus jeglichem Rechtsgrund verzichtet … Wir dürfen Sie höflich bitten, den Erhalt der Urkunde und des Treuhandauftrags sowie dessen Annahme zu bestätigen.“
54
Aus der Forderung einer Annahmebestätigung, der Forderung der Klageseite zu einem Treuhandauftrag sowie der Vorkorrespondenz (Konvolut K29 der Klageseite) sowie insbesondere der Formulierung, wonach die Beklagtenseite aufgefordert wurde, dem Notar einen entsprechenden Treuhandauftrag in Verbindung mit der konkreten Geldforderung vorzulegen, wobei von einem Freistellungsbetrag in Höhe von 2.425.727,50 € zuzüglich Tageszinsen ausgegangen werde (Seite 2 des Schreibens der Klageseite vom 17.05.2018, Konvolut K29), konnte die Beklagtenseite davon ausgehen, dass dies so von der Klageseite akzeptiert werde. Hinzu kommt, dass die Beklagtenseite mit Email vom 22.05.2018 (K30) Kosten eines sogenannten „Treuhandvertrag“ genannt hat, sowie mit Email vom gleichen Tage (ebenfalls Anlage K30) eine Änderung verlangt hatte. Insofern spricht die Beklagtenseite tatsächlich nicht von einem sogenannten „Treuhandauftrag“, sondern von einem Treuhandvertrag. Jedenfalls führt diese Konstellation dazu, dass entsprechend sittenwidriges Handeln nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit angenommen werden kann.
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Daher erfolgt keine Haftung gemäß § 826 BGB.
III. Ungerechtfertigte Bereicherung
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Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung besteht vorliegend nicht.
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Die Klagepartei sieht diesen Anspruch in Höhe von 2.443.657,80 €, mindestens aber in Höhe von 824.657,80 €. Letztendlich sei die Beklagtenpartei durch Zahlung der Grundstückskäuferseite um den Betrag bereichert. Einen etwaigen Anspruchsausschluss durch „Treuhandvertrag“ ficht die Klagepartei wegen widerrechtlicher Drohung gem. § 123 Abs. 1 BGB mit Schriftsatz vom 19.07.2018 an.
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Die Anfechtung greift vorliegend nicht erfolgreich durch, da es an einer widerrechtlichen ZweckMittel-Relation fehlt. Eine Willensbeeinflussung durch Drohung ist auch dann widerrechtlich, wenn zwar Mittel und Zweck für sich betrachtet nicht anstößig sind, jedoch die Verbindung, die Benutzung dieses Mittels zu diesem Zweck - gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (Palandt, BGB 2020, § 123, Rdzi. 21).
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Entscheidend ist, ob der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zweckes ein berechtigtes Interesse hat und die Drohung nach Treu und Glauben noch ein angemessenes Mittel zur Erreichung des Zwecks anzusehen ist (Palandt, a.a.O.).
60
Vorliegend besteht, wie dargelegt, jedenfalls aus Sicht der Beklagtenseite, ein Darlehensrückzahlungsanspruch. Weiterhin besteht nach Kündigung der Gesellschaft ein Auseinandersetzungsanspruch. In diesem Rahmen kann eine Treuhandabrede - wie vorliegend durch die Beklagtenseite formuliert - ein ruppig bestimmtes Geschäftsgebaren darstellen, jedoch noch nicht die Dimension einer inadäquaten Zweck-Mittel-Relation erreichen. Insoweit sieht das Gericht - insbesondere nach der dargestellten Vorkorrespondenz - die Treuhandabrede als dergestalt wirksam an, als die Beklagtenpartei hier erfolgreich diese entgegenhalten kann. Dies bezieht sich jedenfalls auf die Kaufpreiszahlung der Käuferin an die Beklagtenseite.
61
Hinzu kommt, dass die Gesellschafter ohnehin untereinander abrechnen müssen. Nach Kündigung der Gesellschaft durch die Beklagtenseite zum 31.12.2017 steht das Verfahren nach § 15 des Gesellschaftsvertrags offen, wonach die Positionen zu berechnen sind. Erst hiernach ist sichtbar, ob der Beklagtenseite ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen des erlangten Geldbetrags zusteht, etwa weil die Bewertung eines Geschäftsanteils dieses ergibt, oder andererseits der Klageseite aus diesem Rechtsgrund ein Zahlungsanspruch zusteht, weil etwa die Beklagte mit dem Betrag von 2.443.657,80 € bereits überzahlt wäre. Dies ist aber nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits und mag zwischen den Parteien weiter zu klären sein, wenn die Rechtsstreitigkeiten über das Ausscheiden von Herrn … und der … Gesellschaft aus der Klagepartei (Landgericht München I, 10 HK O 19617/17, sowie 3 HK O 19561717) beendet sind.
62
Daher war die Klage aus den von der Klageseite dargestellten Anspruchsgründen abzuweisen.
IV. Nebenentscheidungen
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.
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Hinsichtlich der Vollstreckungsgegenklage war der Streitwert mit 1,8 Mio. € anzusetzen. 3 O 7627/18 - Seite 16 - Mit Klageerweiterung auf den Schadensersatz- bzw. Bereicherungsbetrag war der Streitwert auf 2.443.657,80 € anzusetzen. Eine Addition dieser Streitwerte findet nicht statt, da die Beträge ineinander einfließen.