Titel:
Hinweisbeschluss zur Zurücknahme einer Berufung aufgrund offensichtlicher Erfolgslosigkeit
Normenketten:
BGB § 492 Abs. 2
ZPO § 148, § 522 Abs. 2
Leitsatz:
Der Senat beabsichtigt vorliegend, die Berufung zurückzuweisen, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senates, die den Klägervertretern aus diversen Parallelverfahren bekannt ist, hat der BGH nicht beanstandet bzw. ausdrücklich bestätigt. (Rn. 1 – 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berufung, keien Aussicht auf Erfolg, Darlehensvertrag, Widerrufsrecht, Gesetzlichkeitsfiktion
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 10.08.2020 – 28 O 3733/20
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 25.02.2021 – 19 U 5398/20
BGH Karlsruhe, Urteil vom 26.07.2022 – XI ZR 153/21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 59288
Entscheidungsgründe
1
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 10.08.2020, Az. 28 O 3733/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
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Die Entscheidung des Landgerichts, die Klage abzuweisen ist, erweist sich als zutreffend. Die hiergegen von der Berufung erhobenen Einwendungen greifen nicht. Dem Kläger stand zwar beim Abschluss des Darlehensvertrags vom 18.12.2014 gemäß § 495 Abs. 1 BGB (in der vom 13.06.2014 bis 20.03.2016 geltenden Fassung) in Verbindung mit § 355 BGB (in der ab 13.06.2014 geltenden Fassung) ein Widerrufsrecht zu, bei dem die Widerrufsfrist nach § 356b Abs. 2 BGB in der ab 13.06.2014 geltenden Fassung, nachfolgend a.F. nicht begann, bevor der Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB in der ab 13.06.2014 geltenden Fassung, nachfolgend a.F. erhalten hatte. Zu diesen Pflichtangaben gehörte nach § 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB in der ab 13.06.2014 geltenden Fassung, nachfolgend a.F. auch die Erteilung einer wirksamen Widerrufsinformation. Dem Kläger wurden jedoch die von ihm als fehlend bzw. als fehlerhaft gerügten Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB im streitgegenständlichen Darlehensvertrag zutreffend und in hinreichend klarer und verständlicher Form erteilt, so dass sich sein Widerruf vom 03.09.2018 als verfristet erweist.
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1. Der Bundesgerichtshof hat sich mittlerweile vielfach in Parallelfällen mit den in der Berufungsbegründung vorgebrachten und dem Senat aus einer Vielzahl von Parallelverfahren geläufigen Rügen
- optische Hervorhebung (BB Seite 8 f)
- Vorfälligkeitsentschädigung (BB Seite 6 f)
- zum Verzugszins (BB Seite 4 ff),
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Der Bundesgerichtshof hat jeweils die Erfolgsaussichten einer Revision geprüft und verneint und weder Anlass gesehen, das Verfahren nach § 148 ZPO auszusetzen, um die avisierte EuGH-Entscheidung abzuwarten, noch gar selbst eine Vorlage nach Art. 267 AEUV vorzunehmen.
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Dabei hat der Bundesgerichtshof die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senates, die den Klägervertretern aus diversen Parallelverfahren bekannt ist, nicht beanstandet bzw. ausdrücklich bestätigt.
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Den dort nachzulesenden Ausführungen des Bundesgerichtshofes, insbesondere auch zu der beantragten hilfsweisen Aussetzung des Verfahrens (BB Seite 15 ff), schließt sich der Senat in jeder Hinsicht an. Weitere Ausführungen des Senats sind insoweit nicht veranlasst. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf das Urteil des BGH vom 05.11.2019 - XI ZR 650/18, aber auch die Beschlüsse vom 04.02.2020 - XI ZR 175/19 und vom 11.02.2020 - XI ZR 648/18 und XI ZR 630/18 sowie vom 31.03.2020 - XI ZR 198/19 verwiesen. In den Beschlüssen vom 11.02.2020 - XI ZR 648/18 sowie XI ZR 630/18 etwa hat der Bundesgerichtshof jeweils Nichtzulassungsbeschwerden gegen Beschlüsse des erkennenden Senates in Parallelverfahren gemäß § 522 Abs. 2 ZPO (Az. 19 U 2893/18 bzw. 19 U 2544/18) - im erstgenannten Fall mit ausführlicher Begründung, auf die verwiesen wird - zurückgewiesen und dabei jeweils ausdrücklich erklärt, dass er die „Erfolgsaussichten einer Revision geprüft und verneint“ habe. Die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senates hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 31.03.2020 - XI ZR 198/19, mit dem er eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen Zurückweisungsbeschluss des erkennenden Senates nach § 522 Abs. 2 ZPO (Az. 19 U 80/19) in einem Parallelfall zurückgewiesen hat, ein weiteres Mal ausdrücklich bestätigt und auch hierbei (Rz. 5) ausgeführt: „Dabei hat der Senat die Erfolgsaussichten einer Revision geprüft und verneint“.
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Weiter verweist der Senat auf die den Klägervertretern ohne Zweifel bekannten Entscheidungsserien des Bundesgerichtshofes vom 26.05.2020, vom 30.06.2020, vom 21.07.2020, vom 25.08.2020 und vom 15.09.2020. Um den Hinweis nicht zu überfrachten, beschränkt sich der Senat darauf, nur die Beschlüsse des Bundesgerichtshofes aufzuzählen, in denen der Bundesgerichtshof Nichtzulassungsbeschwerden gegen Zurückweisungsbeschlüsse des erkennenden Senates in Parallelverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen hat. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen:
BGH, Beschluss vom 26.05.2020 - XI ZR 252/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 19.02.2019 - 19 U 205/19),
BGH, Beschluss vom 26.05.2020 - XI ZR 261/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 09.05.2019 - 19 U 680/19),
BGH, Beschluss vom 26.05.2020 - XI ZR 262/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 30.04.2019 - 19 U 889/19),
BGH, Beschluss vom 26.05.2020 - XI ZR 372/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 02.07.2019 - 19 U 1700/19),
BGH, Beschluss vom 26.05.2020 - XI ZR 413/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 15.07.2019 - 19 U 2026/19),
BGH, Beschluss vom 26.05.2020 - XI ZR 424/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 01.08.2019 - 19 U 2278/19),
BGH, Beschluss vom 26.05.2020 - XI ZR 434/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 21.08.2019 - 19 U 3407/19),
BGH, Beschluss vom 26.05.2020 - XI ZR 444/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 13.08.2019 - 19 U 2225/19),
BGH, Beschluss vom 26.05.2020 - XI ZR 570/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 28.10.2019 - 19 U 3839/19).
BGH, Beschluss vom 30.06.2020 - XI ZR 132/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 28.02.2019 - 19 U 4374/18),
BGH, Beschluss vom 30.06.2020 - XI ZR 326/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 04.06.2019 - 19 U 173/18),
BGH, Beschluss vom 30.06.2020 - XI ZR 365/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 12.07.2019 - 19 U 1979/19),
BGH, Beschluss vom 30.06.2020 - XI ZR 382/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 04.07.2019 - 19 U 1472/19),
BGH, Beschluss vom 30.06.2020 - XI ZR 398/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 30.07.2019 - 19 U 2142/19),
BGH, Beschluss vom 30.06.2020 – XI ZR 403/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 25.07.2019 – 19 U 2600/19)
BGH, Beschluss vom 30.06.2020 - XI ZR 405/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 28.02.2019 - 19 U 1766/19),
BGH, Beschluss vom 30.06.2020 - XI ZR 510/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 30.09.2019 - 19 U 2696/19),
BGH, Beschluss vom 30.06.2020 - XI ZR 571/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 24.10.2019 - 19 U 1719/19),
BGH, Beschluss vom 30.06.2020 - XI ZR 587/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 20.11.2019 - 19 U 4351/19),
BGH, Beschluss vom 30.06.2020 - XI ZR 597/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 07.11.2019 - 19 U 4846/19).
BGH, Beschluss vom 30.06.2020 – XI ZR 603/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 27.11.2019 – 19 U 4410/19),
BGH, Beschluss vom 30.06.2020 – XI ZR 456/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 11.09.2019 – 19 U 1914/19),
BGH, Beschluss vom 21.07.2020 – XI ZR 433/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 27.08.2019 – 19 U 2563/19),
BGH, Beschluss vom 21.07.2020 – XI ZR 441/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 12.08.2019 – 19 U 4269/18),
BGH, Beschluss vom 25.08.2020 – XI ZR 190/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 27.03.2019 – 19 U 486/19),
BGH, Beschluss vom 25.08.2020 – XI ZR 47/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 30.12.2019 – 19 U 5879/19),
BGH, Beschluss vom 25.08.2020 – XI ZR 93/20 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 07.02.2020 – 19 U 5997/19),
BGH, Beschluss vom 25.08.2020 – XI ZR 244/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 26.04.2018 – 19 U 609/19),
BGH, Beschluss vom 25.08.2020 – XI ZR 115/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 26.04.2018 – 19 U 3932/19),
BGH, Beschluss vom 25.08.2020 – XI ZR 249/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 30.04.2018 – 19 U 202/19),
BGH, Beschluss vom 15.09.2020 – XI ZR 606/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 19.11.2019 – 19 U 4927/19),
BGH, Beschluss vom 15.09.2020 – XI ZR 364/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 26.06.2019 – 19 U 754/19),
BGH, Beschluss vom 15.09.2020 – XI ZR 128/20 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 18.02.2020 – 19 U 6521/19)
BGH, Beschluss vom 15.09.2020 – XI ZR 55/20 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 08.01.2020 – 19 U 5338/19) und
BGH, Beschluss vom 15.09.2020 – XI ZR 260/19 (Vorinstanz OLG München, Senatsbeschluss vom 19.04.2019 – 19 U 384/19). 2.
2. Ergänzend ist noch auszuführen:
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a) Die Beklagte hat ihre aus § 492 Abs. 2 BGB a.F. i.V.m Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB a.F. resultierende Verpflichtung, klar und verständlich über das nach § 495 BGB a.F. bestehende Widerrufsrecht zu informieren, mit der streitgegenständlichen Widerrufsinformation erfüllt. Diese entspricht in hinreichend hervorgehobener und deutlich gestalteter Form dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB a.F., so dass zugunsten der Beklagten die Gesetzlichkeitsfiktion greift.
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Soweit die Berufung rügt, die Beklagte könne sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen, da sie den Tageszins nicht - wie geschehen - mit 0,00 € hätte angeben dürfen, ist ihr kein Erfolg beschieden. Nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB a.F. muss im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts nach § 495 BGB a.F. ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten sein, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 2 EGBGB a.F. ist der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag anzugeben. Dabei ist grundsätzlich der sich aus dem vereinbarten Sollzinssatz errechnete Tagesbetrag einzusetzen, es sie denn die Beklagte hat auf den ihr zustehenden Zinsanspruch - wie hier - verzichtet (vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 05.11.2019 - XI ZR 650/18, Rz. 20-25; BGH, Urteil vom 05.11.2019 - XI ZR 11/19, Rz. 18 - 23; BGH, Beschluss vom 31.03.2020 - XI ZR 198/19, Rz. 9).
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b) Selbst wenn die Angaben der Beklagten im Darlehensvertrag zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung nicht hinreichend wären, hinderte dies nicht das Anlaufen der Widerrufsfrist (vgl. BGH, Urteil vom 28.07.2020 - XI ZR 288/19).
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c) Soweit die Berufung rügt, es läge ein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot vor, da die optische Gestaltung der Pflichtangaben unzureichend sei, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar.
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Die gewählte Schrift ist gut lesbar, der Zeilenabstand groß. Der gesamte Text ist gut gegliedert. Zudem gibt es fettgedruckte Zwischenüberschriften, was die Kenntnisnahme vereinfacht. Nichts anderes ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der in sämtlichen oben zitierten Entscheidungen über die identischen Belehrungen zu befinden hatte und in keinem seiner Urteile und Beschlüsse an der Gestaltung Anstoß genommen hat.
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3. Bei dieser Sachlage wird schon aus Kostengründen empfohlen, die Berufung zurückzunehmen. Im Falle der Berufungsrücknahme vor Eingang der Berufungsbegründung bei Gericht ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 1,0 Gebühren (vgl. Nr. 1221 des Kostenverzeichnisses zum GKG) und nach deren Eingang von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
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4. Zu diesen Hinweisen kann der Berufungsführer binnen 3 Wochen ab Zugang Stellung nehmen. Der Senat soll nach der gesetzlichen Regelung die Berufung unverzüglich durch Beschluss zurückweisen, wenn sich Änderungen nicht ergeben. Mit einer einmaligen Verlängerung dieser Frist um maximal weitere 3 Wochen ist daher nur bei Glaubhaftmachung konkreter, triftiger Gründe zu rechnen (vgl. OLG Rostock, OLGR 2004, 127 ff.). Eine Fristverlängerung um insgesamt mehr als einen Monat ist daneben entsprechend § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO nur mit Zustimmung des Gegners möglich.