Inhalt

AG Schweinfurt, Endurteil v. 24.03.2020 – 3 C 973/18
Titel:

Verkehrsunfall, Mietwagenkosten, Reparaturkosten, Ersatzfahrzeug, Normaltarif, Fahrzeug, Mietfahrzeug, Schwacke, Selbstbehalt, Streitwert, Autovermietung, Unfallfahrzeug, Vollstreckung, Unfallersatztarif, Kosten des Rechtsstreits, merkantiler Minderwert, Zeitpunkt der Entscheidung

Schlagworte:
Verkehrsunfall, Mietwagenkosten, Reparaturkosten, Ersatzfahrzeug, Normaltarif, Fahrzeug, Mietfahrzeug, Schwacke, Selbstbehalt, Streitwert, Autovermietung, Unfallfahrzeug, Vollstreckung, Unfallersatztarif, Kosten des Rechtsstreits, merkantiler Minderwert, Zeitpunkt der Entscheidung
Rechtsmittelinstanz:
LG Schweinfurt, Endurteil vom 23.11.2020 – 32 S 29/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 59110

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 665,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.05.2018 zu bezahlen
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 57 % und die Beklagte 43 % zu tragen. Die Beklagte trägt zudem 43 % der Kosten der Streithelferin. Im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.  
3.Das Urteil ist jeweils vorläufig vollstreckbar. Der Parteien können die Vollstreckung des jeweils anderen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweils andere vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.  
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.536,37 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Der Kläger macht gegen die Beklagte restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 04.01.2018 gegen 14:30 Uhr in Sch. geltend.
2
Der Kläger ist Eigentümer und Halter des Pkw, VW Touran, amtliches Kennzeichen: .... Unfallhergang und die volle Haftung der Beklagten sind unstreitig.
3
Der Generalbevollmächtigte des Klägers mietete für 12 Tage vom 08.01.2018 bis 19.01.2018 beim Autoverleih M. ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug der Mietwagengruppe 7 an. Die Reparatur des Unfallfahrzeugs wurde am 19.01.2018 fertiggestellt. Mit dem Mietfahrzeug wurden insgesamt 588 km zurückgelegt. Das Mietfahrzeug wurde dem Generalbevollmächtigten des Klägers zur Reparaturfirma zugestellt und dort auch wieder abgeholt. Das Mietfahrzeug war mit Navigationsgerät und Automatikgetriebe ausgestattet ebenso wie das Unfallfahrzeug.
4
Der Kläger macht folgende Schäden geltend:
Reparaturkosten brutto 8934,25 €
merkantiler Minderwert 400,00 €
Mietwagenkosten 2222,92 €
Auslagenpauschale 30,00 €
12.479,81 € Gesamtsumme
5
Sachverständigenkosten und merkantiler Minderwert sind unstreitig.
6
Auf die Reparaturkosten zahlte der Beklagte lediglich 8435,80 €, sodass 498,45 € offenstehen. Auf die Mietwagenkosten zahlte die Beklagte 1190 €, sodass ein Betrag in Höhe von 1032,92 € offensteht.
7
Auf die Auslagenpauschale zahlte die Beklagte 25 €, sodass weitere 5 € offenstehen.
8
Mit Schreiben vom 23.05.2018, zugegangen am 25.05.2018, lehnte die Beklagte eine Zahlung ab.
9
Der Kläger trägt vor, dass die Reparaturarbeiten vollumfänglich erforderlich gewesen seien. Insbesondere sei es erforderlich gewesen zur Beseitigung des unfallbedingten Schadens 4 neue Felgen aufzuziehen. Zwar sei nur eine Felge beschädigt gewesen, allerdings werden diese Felgen nicht mehr produziert und seien nicht mehr erhältlich gewesen, so dass 4 neue Felgen angeschafft werden mussten. Es sei dem Kläger nicht zumutbar, sein Fahrzeug mit jeweils 2 verschiedenen Felgen bestücken zu lassen. Die Beklagte habe den Zustand herzustellen, der vor dem Unfallereignis bestand. Die Fahrzeugverbringung sei tatsächlich angefallen, da das Fahrzeug zum Lackierbetrieb Gü. in Bu. verbracht wurde. Im Übrigen sei die Verbringung in dem Umfang erbracht worden, die auch im Reparaturgutachten ausgewiesen sei.
10
Vor der Anmietung des Ersatzfahrzeugs habe der Vermiet-Assistent des Autoverleih Mu., H. He., einen Preisvergleich durchgeführt. Eine Anmietung am 08.01.2018 sei bei Eu. Autovermietung und S. Autovermietung nicht möglich gewesen. Im Übrigen müsse man bei beiden Firmen Vorauszahlung und Kaution per Kreditkarte leisten. Der Kläger besitze keine Kreditkarte. Daher sei ein Aufschlag von 20% auf die Mietwagenkosten gerechtfertigt. Das Ersatzfahrzeug sei mit Winterreifen ausgestattet gewesen. Sowohl das Unfallfahrzeug als auch das Ersatzfahrzeug seien mit Navigationssystem ausgestattet gewesen. Das unfallbeschädigte Fahrzeug sei vollkaskoversichert gewesen.
11
Das Fahrzeug sei nach dem Unfall nicht mehr verkehrssicher gewesen. Der Kläger sei aber auf ein Fahrzeug angewiesen gewesen.
12
Das Zustellen / Abholen des Fahrzeugs sei erforderlich gewesen, da sich die Reparaturwerkstatt Autohaus Sp. in der M2.straße ..., ... K2. befinde und die Zweigniederlassung des Autoverleih M. in der M3. Straße ... in ... K3., d. h. in einer Entfernung von mehr als 4 km.
13
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Mietwagenkosten nicht zu schätzen seien, da der Kläger umfangreich Vergleichsangebote eingeholt habe und daher die tatsächlichen Kosten zu erstatten seien. Im Übrigen sei die Schwacke Liste 2017 anzuwenden, da der Unfall vor dem Erhebungszeitraum (ab März 2018) erfolgte.
14
Die Auslagenpauschale sei mit 30 € anzusetzen.
15
Dem Autoverleih M. wurde der Streit verkündet. Mit Schriftsatz vom 15.11.2018 trat die Streithelferin der Klagepartei bei. Am 18.01.2019 verstarb der Streithelfer M. M. e.K.
16
Erbe wurde Autoverleih M. Ch. M. & P. M1. GbR.
17
Der Kläger beantragte,
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1536,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.05.2018 zu bezahlen.
18
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
19
Die Beklagte trägt vor, dass die Reparaturkosten nicht bezahlt seien. Indizwirkung entfalte lediglich eine bezahlte Rechnung. Nachdem nicht bezahlt sei, komme es auf die Erforderlichkeit an. Die Erneuerung aller 4 Felgen für die Instandsetzung des Schadens sei nicht erforderlich. Die Rechnung sei daher um 376,16 € netto/447,63 € brutto zu kürzen. Weiter seien die Verbringungskosten in Höhe von 50,80 € brutto überhöht, nicht ortsüblich und angemessen.
20
Die Beklagte trägt im Hinblick auf die Mietwagenkosten vor, dass die Reparatur keine 12 Tage in Anspruch genommen habe, da im Sachverständigengutachten eine Reparaturdauer von 5-6 Arbeitstagen kalkuliert sei. Zustell- und Abholkosten seien nicht angefallen, da eine Zustellung innerhalb Kitzingens erfolgte und diese daher nicht erforderlich gewesen seien. Die Voraussetzungen für die Gewährung eine 20-prozentigen Aufschlags liege nicht vor, da keine Notsituation vorliege. Das Mietfahrzeug sei nicht mit Winterreifen ausgestattet gewesen, sondern lediglich mit Allwetterreifen. Ein Automatikgetriebe sei nicht extra zu vergüten, da dies in der Nebenkostentabelle der Schwacke Liste nicht aufgenommen sei. Die Haftungsbeschränkung sei nicht zu erstatten, da nicht nachgewiesen sei, dass das verunfallte Fahrzeug vollkaskoversichert gewesen sei. Im Übrigen seien die Kosten überhöht, da im Schwacke Tarif ein Selbstbehalt von 500 € bereits eingepreist sei und vorliegend lediglich eine Reduzierung auf einen Selbstbehalt von 300 € erfolgt sei. Das Navigationsgerät sei nicht zu erstatten, da dieses bei einem VW Golf GTD 2.0 zur Serienausstattung gehöre. Das Mietfahrzeug habe kein mobiles Navigationsgerät gehabt.
21
Der Kläger habe sich nicht bei anderen Autovermieterfirmen nach deren Tarifen erkundigt. Er hätte sich bei der Beklagten nach einer Mietwagenfirma erkundigen müssen.
22
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Schwacke-Liste für die Abrechnung der Mietwagenkosten nicht geeignet sei.
23
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Reparaturkosten, die Mietwagenkosten und die Unkostenpauschale in ausreichender und angemessener Höhe reguliert seien.
24
Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, die Sitzungsniederschrift vom 14.05.2019 sowie das Sachverständigengutachten vom 21.01.2020 verwiesen.
25
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Erholung eines Sachverständigengutachtens durch Dipl.- Ing. Br. sowie durch die Vernehmung der Zeugin W2. und H..
26
Mit Beschluss vom 17.02.2020 ordnete das Gericht an, ohne mündliche Verhandlung gem. § 128 Abs. 2 ZPO zu entscheiden. Als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, wurde der 16.03.2020 bestimmen.

Entscheidungsgründe

A.
27
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
I.
28
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Schweinfurt gem. den §§ 20 StVG, 32 ZPO örtlich und gem. den §§ 1 ZPO, 23 Nr. 1,71 Abs. 1 GVG sachlich zuständig.
II.
29
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 665,63 € gem. den §§ 7, 17 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG, 823, 249 ff. BGB zu.
30
1. Dem Kläger sind im Hinblick auf die Reparaturkosten weitere 498,45 € zu erstatten.
31
a. Dem Kläger sind auch die Kosten für die Erneuerung der 3 Felgen, welche bei dem Unfall nicht beschädigt wurden, zu ersetzen. Dies umfasst eine Summe von 376,16 € netto bzw. 447,63 € brutto.
32
Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass zum Zeitpunkt der Reparatur eine Ersatzfelge für die eine beschädigte Felge vom Hersteller „Dezent“ nicht lieferbar war. Dies ergibt sich zum einen aus der Zeugenaussage des Zeugen W2. zum anderen aus der Rechnungsprüfung des Sachverständigen N. (Anlage K9) sowie aus den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. B..
33
Es ist dem Geschädigten nicht zuzumuten verschiedene Felgen auf sein Fahrzeug zu montieren. Dies würde sich nach Auffassung des Gerichts sowohl auf die Optik als auch unter Umständen auf das Fahrverhalten des Fahrzeugs auswirken.
34
Die Mehrkosten, die dadurch entstanden sind, dass die Reparaturfirma nicht bei verschiedenen Lieferanten anfragte, ob die Felge dort verfügbar sei, gehen nicht zulasten des Geschädigten. Das Prognoserisiko trägt der Schädiger, vgl. Palandt, 77. Auflage 2018, § 249 BGB Rn. 13. Danach haftet der Schädiger auch für Mehrkosten, die ohne Schuld des Geschädigten durch unsachgemäße Maßnahmen der von ihm beauftragten Werkstatt verursacht worden sind, vgl. BGH NJW-RR 2005, 248.
35
Der Sachverständige Dipl.-Ing. B. führte aus, dass die beschädigte Felge der Firma D., TD Dark, Größe 7J x17, Einpresstiefe 48 mm aufgrund der Beschädigungen zu ersetzen gewesen sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen N. sei zum Reparaturzeitpunkt kein Ersatz für die Felge zu bekommen gewesen. Wäre dies so, so seien aus technischer Sicht alle 4 Felgen zu ersetzen. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens sei die Felge beim Felgenhersteller nicht bestellbar gewesen. Allerdings konnten die Felgen bei 3 anderen Anbietern bestellt werden. Ob dies zum Zeitpunkt der Reparatur im Januar 2018 auch so gewesen sei, könne rückwirkend nicht beurteilt werden.
36
Das Gericht schließt sich aus eigener Überzeugung den in sich logischen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen an.
37
Letztlich sind dem Geschädigten damit die Kosten für den Ersatz aller 4 Felgen zu erstatten.
38
b. Auch sind dem Geschädigten die zusätzlichen Kosten für die Verbringung des Fahrzeugs zur Lackierwerkstatt in Höhe von zusätzlich 50,80 € zu erstatten.
39
Zur Überzeugung des erkennenden Gerichts steht fest, dass die Reparaturwerkstatt Sp. in Ki. keinen Lackierbetrieb hat und daher Verbringungskosten in Höhe von 1 Stunde, d. h. 142,70 € netto / 150,80 € brutto angefallen sind. Nachdem die Beklagte bereits 100 € beglichen hat, stehen dem Kläger weitere 50,80 € zu.
40
Der Sachverständige Dipl.-Ing. B. führte aus, dass bei Nichtvorhandensein einer Lackierwerkstatt im Reparaturbetrieb üblicherweise 1 Stunde Verbringungskosten in Ansatz gebracht werden. Das Gericht schließt sich aus eigener Überzeugung der in sich logischen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen an.
41
Der Zeuge W2. führte glaubhaft aus, dass die Werkstatt Sp. keinen Lackierbetrieb habe und das Fahrzeug zum Lackieren nach Burgebrach verbracht wurde.
2. Mietwagenkosten
42
Der Höhe nach kann der Kläger von der Beklagten Ersatz der Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 1352,18 € verlangen. In Höhe von 1190 € ist die Forderung durch die bereits erfolgte Zahlung von Seiten der Beklagten erloschen, § 362 BGB. Dem Kläger steht demnach jedenfalls ein weiterer Betrag in Höhe von 162,18 € zu.
43
a) Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Kläger von der Beklagten den für die unfallbedingte Anmietung eines Ersatzfahrzeugs erforderlichen Geldbetrag verlangen. Erforderlich sind dabei die Aufwendungen, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (BGH NJW 2012, 50; 2015, 1298). Nach der Rechtsprechung des BGH ist für die Beantwortung der Frage, welche Aufwendungen für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges erforderlich sind, zunächst der Normaltarif heranzuziehen. Diesen Normaltarif ermittelt das Gericht - entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Amtsgerichts Schweinfurt - in Ausübung seines tatrichterlichen Ermessens im Rahmen der Schadensschätzung gem. § 287 ZPO auf der Grundlage der jeweils gültigen Schwacke-Liste (vgl. auch BGH NJW 10, 1445).
44
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters (BGH, NJW 1984, 2282; NJW 1988, 1835; NJW 2005, 277; NJW 2009, 1066; NJW 2009, 3022; NJW-RR 2011, 823). Die Art der Schätzgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor, wobei gleichwohl in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH MDR 2007, S. 722, BGH, NJW-RR 2011, 823), sind sowohl die Schwacke-Liste als auch der Fraunhofer Mietpreisspiegel grundsätzlich zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten geeignet. Da die Listen nur als Grundlage für eine Schätzung herangezogen werden, kann der Tatrichter im Rahmen seines Ermessens nach § 287 ZPO von dem sich aus den Listen ergebenden Tarif - durch Zuschläge bzw. Abschläge - grundsätzlich abweichen.
45
Das beschädigte Fahrzeug des Klägers ist unstreitig der Fahrzeugklasse 7 zuzuordnen, § 287 ZPO.
46
Die Mietwagenkosten sind für einen Zeitraum von 12 Tagen zu erstatten, da die tatsächliche Reparaturdauer 12 Tage umfasste. Bei einer konkreten Abrechnung ist auf die konkrete Reparaturdauer abzustellen.
47
Weiterhin ist die Schwacke Liste 2018 heranzuziehen, obwohl die Schwacke Liste 2018 erst im Laufe des Jahres 2018 erscheint. Maßgeblich ist in diesem Fall, ob die Schwacke Liste des entsprechenden Jahres im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes verfügbar ist. Dies ist vorliegend der Fall. Im Übrigen liegt der Erhebungszeitraum März bis Mai 2018 näher am Mietzeitraum als der Erhebungszeitraum der Schwacke Liste 2017 (März bis Mai 2017). Insofern entsprechen die Werte der Schwacke Liste 2018 eher den realen Preisen als die Schwacke Liste 2017.
48
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass sich der Normaltarif für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 08.01.2018 bis zum 19.01.2018, mithin für 12 Tage, wie folgt berechnet:
Gruppe 7 - Schwacke-Liste 2018 - Postleitzahl  … Wochenpauschale 534,31 € : 7 × 12.915,96 € Grundtarif 915,96 €
49
b) Von diesem ermittelten Grundtarif ist jedoch ein Abzug in Höhe von 3% für die ersparten Eigenaufwendungen im Hinblick auf die Nichtnutzung des eigenen Fahrzeugs des Klägers anzurechnen. Unstreitig wurde im vorliegenden Fall ein gleichwertiges Fahrzeug angemietet, sodass ein Entfallen des Abzuges nicht in Betracht kommt. Die ersparten Eigenaufwendungen werden vom Gericht auf 3% geschätzt. Insbesondere unter Berücksichtigung der unstreitig mit dem Mietfahrzeug zurückgelegten Wegstrecke von 588 km während der Mietzeit erachtet das Gericht einen Abzug von 3% als ausreichend und angemessen.
50
c) Sofern der Kläger einen pauschalen Aufschlag von 20% auf den Grundtarif vornimmt, obliegt es ihm, darzulegen und zu beweisen, dass für ihn im konkreten Fall kein wesentlich günstigerer Tarif erreichbar war (BGH, NJW 2010, 2569, 2570 m.w.N.). Allerdings liegen die Kosten für einen Unfallersatztarif dann nicht außerhalb des nach § 249 Abs. 2 BGB erforderlichen Geldbetrags, wenn die Besonderheiten des Unfalltarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Unfallersatztarif rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn der Mehrbetrag aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine notwendige Reaktion auf die Besonderheiten der Unfallsituation darstellt (BGH, NJW 2008, 2910 m.w.N.). Sollten derartige besondere Umstände gegeben sein, genügt es, auf Grundlage des § 287 ZPO einen pauschalen Aufschlag auf den Normaltarif vorzunehmen.
51
Besondere, einen erhöhten Tarif rechtfertigende Umstände sind vom Kläger dargelegt und bewiesen worden. Er trägt vor, dass der Kläger über keine Kreditkarte verfügt und die angefragten Mietwagenunternehmen (Sixt und Europcar) lediglich vermieten, sofern eine Kreditkarte vorhanden ist. Das Gericht hält insoweit einen Aufschlag von 20% für gerechtfertigt, § 287 ZPO.
52
d) Die Zusatzentgelte für Winterreifen, Zustellen und Abholen des Fahrzeugs sowie zur Verfügung stellen eines Navigationsgeräts kann der Kläger nach § 249 Abs. 2 BGB grundsätzlich von der Beklagten ersetzt verlangen, da diese auch nach der Schwacke-Liste 2018 gesondert berechnet werden.
53
(1) Sowohl das Mietfahrzeug als auch das klägerische Fahrzeug waren mit Winterreifen ausgestattet. Dies ergibt sich aus dem Sachverständigengutachten des Sachverständigen N. für das klägerische Fahrzeug und für das Mietfahrzeug aus der Zeugenaussage des Zeugen H.. Das Mietwagenunternehmen schuldet zwar die Überlassung eines verkehrssicheren, d.h. im Anmietzeitraum Januar mit Winterreifen ausgestatteten Fahrzeugs (vgl. § 2 Abs. 3a StVO). Für diese Ausstattung kann aber dennoch eine besondere Vergütung verlangt werden (BGH, Urteil vom 05.03.2013, VI ZR 245/11).
54
Das Mietfahrzeug wurde dem Kläger sowohl zugestellt als auch abgeholt. Auch innerhalb eines Ortsgebiets ist eine Zustell- bzw. Abholgebühr zu ersetzen, wenn die Entfernung zwischen Reparaturbetrieb und Mietwagenservice nicht fußläufig ist. Dies ist bei einer Distanz von ca. 4 km nicht gegeben.
55
(2) Sowohl das Mietfahrzeug als auch das klägerische Fahrzeug waren mit einem Navigationsgerät ausgestattet. Insofern kann der Kläger ein Fahrzeug mit Navigationsgerät verlangen. Die Mietwagenfirma darf das Navigationsgerät dann auch in Rechnung stellen.
56
(3) Für das Automatikgetriebe kann keine Extravergütung verlangt werden, da dies in der Nebenkostentabelle der Schwackeliste nicht aufgeführt ist.
57
(4) Auch für eine zusätzliche Haftungsbeschränkung ohne Selbstbehalt kann keine Vergütung verlangt werden, da die Kosten für diese Haftungsbeschränkung nicht im Verhältnis zu den Gesamtmietkosten stehen würden. Ein vernünftiger Mieter würde dies in Anbetracht der immensen Kosten und des Nutzens nicht vereinbaren. Von daher können diese Kosten auch nicht dem Schädiger in Rechnung gestellt werden.
58
e) Insgesamt kann der Kläger die Mietwagenkosten wie folgt abrechnen:
Grundtarif 915,96 €

abzgl. 3% Eigenersparnis auf Grundtarif

888,48 €

zzgl. 20% Aufschlag auf Grundtarif

1066,18 €

Zwischensumme

1066,18 €

12 x Winterreifen zu je 10,00 €

120,00 €

12 x Navigationsgerät zu je 10,00 €

120,00 €

Zustellen/Abholen je 23 €

46,00 €

Gesamt inkl. Nebenkosten (brutto)

1352,18 €

abzgl. Zahlung

1190,00 €

Gesamt

162,18 €

59
Nach vorgerichtlicher Zahlung der Beklagten von 1190 € verbleibt jedenfalls ein weiterer Betrag in Höhe von 162,18 €.
60
3. Das Gericht hält eine Auslagenpauschale in Höhe von 30 € für angemessen, § 287 ZPO. Das bedeutet, dass dem Kläger weitere 5 € zustehen.
61
Die Klageforderung ist ab dem 26.05.2018 gem. den §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu verzinsen, da die Beklagte mit Schreiben vom 23.05.2018, zugegangen am 25.05.2018, eine Zahlung ablehnte. 3 C 973/18 - Seite 10 - Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 101 ZPO.
C.
62
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.