Inhalt

VG Regensburg, Urteil v. 20.01.2020 – RN 10A DB 18.1284
Titel:

Geldbuße wegen Verstoßes gegen innerdienstliche Weisung und monatelanger Arbeitsverweigerung

Normenketten:
StPO § 153a Abs. 2
BayDG Art. 6 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1 S. 1, Art. 14 Abs. 1 S. 2, Art. 16, Art. 26 Abs. 2, Art. 58 Abs. 3, Art. 60, Art. 72 Abs. 4 S. 1
AGO § 10 Abs. 4 S. 3
BeamtStG § 34 S. 1, § 35 S. 2, § 47 Abs. 1 S. 2
StGB § 44, § 52, § 223 Abs. 1, § 230 Abs. 1, § 315c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3 Nr. 2
VwGO § 67 Abs. 4 S. 4
LBG NRW § 57 S. 3, § 83 Abs. 1 S. 2
RDGEG § 3, § 5
Leitsätze:
1. Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. BVerfG BeckRS 2011, 54047). (Rn. 71)  (redaktioneller Leitsatz)
2. Außerdienstliche Dienstvergehen lösen regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis aus, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt (stRspr BVerwG BeckRS 2011, 54047), mit der Folge, dass eine außerdienstlich begangene Körperverletzung disziplinarrechtlich relevant ist. (Rn. 25 und 73) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zur Ahndung des Dienstvergehens (hier: Missachtung dienstlicher Weisungen und dienstlicher Anordnungen, der Pflicht zur Wahrnehmung allgemeiner Richtlinien, strafrechtlich relevante Körperverletzung) ist die Disziplinarmaßnahme der Geldbuße erforderlich und angemessen; die Schwere des Dienstvergehens gebietet noch keine Kürzung der Dienstbezüge. (Rn. 80 – 81) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
außerdienstliches Dienstvergehen, Aufwandsentschädigung, Arbeitszeit, amtliches Kennzeichen, Außerdienstliches Verhalten, Beamter, Beweisantrag, Disziplinarverfahren, Fahrverbot, Besoldungsgruppe, Dienstliche Äußerung, Disziplinarverfügung, Innerdienstliches Dienstvergehen, Reisekostenvergütung, Wegstreckenentschädigung, Erledigung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Urteil vom 27.04.2022 – 16a D 20.1604
Fundstelle:
BeckRS 2020, 57838

Tenor

I. Unter Abänderung der Disziplinarverfügung des Beklagten vom 16. Juli 2018 wird gegen den Kläger die Disziplinarmaßnahme einer Geldbuße in Höhe von 3.000 € verhängt.
II. Die Kosten des gebührenfreien Verfahrens tragen der Kläger zu einem Drittel und der Beklagte zu zwei Drittel.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Aufhebung einer disziplinarischen Kürzung seiner Dienstbezüge. Der Beklagte ist insbesondere der Ansicht, dass er gegen dienstliche Weisungen verstoßen und sich außerdienstlich der vorsätzlichen Körperverletzung sowie der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs strafbar gemacht hat.
2
Der am … 1960 geborene Kläger wurde mit Urkunde vom 28. November 1985 zum Regierungsinspektor z. A. ernannt und trat seinen Dienst beim Forstamt D. … an. Er wurde mit Wirkung vom 1. Juni 1988 zum R. ernannt und mit Wirkung vom 28. Juni 1989 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Mit Wirkung vom 2. Dezember 1991 wurde er zum R. ernannt. Mit Wirkung vom 17. April 2001 wurde der Kläger an das Forstamt S. … abgeordnet und zum 1. September 2002 dorthin versetzt. Mit Wirkung vom 1. Juli 2005 wurde er an das Amt für Landwirtschaft und Forsten L. … versetzt. Für den Zeitraum 12. September 2005 bis 9. September 2007 wurde der Kläger in den Geschäftsbereich des B. S. für Unterricht und Kultus zur Nachqualifikation als L. im Schuldienst (Realschule) abgeordnet. Die Abordnung wurde mit Ablauf des 11. Juni 2006 mangels Eignung aufgehoben. Der Kläger wurde mit Wirkung vom 12. Juni 2006 an das Amt für Landwirtschaft und Forsten E. … als „Sachbearbeiter zur Unterstützung“ abgeordnet. Mit Wirkung vom 1. Januar 2007 wurde er an das Amt für Landwirtschaft und Forsten L1. … als „Sachbearbeiter zur Unterstützung“ bei der „Zentralen Jäger- und Falknerprüfungsbehörde“ versetzt. Zum 1. Oktober 2009 wurde er zum Controller für den Bereich Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten L1. … bestellt.
3
Der Kläger erhielt in den periodischen Beurteilungen für die Zeiträume 28. Juni 1989 bis 30. April 1991, 1. Mai 1991 bis 30. April 1994 und 1. Mai 1994 bis 30. April 1997 jeweils das Gesamturteil „entspricht voll den Anforderungen“. Er erhielt in der periodischen Beurteilung für den Zeitraum 1. Mai 1997 bis 30. April 2000 das Gesamturteil 4 Punkte, für den Zeitraum 1. Mai 2000 bis 30. April 2003 6 Punkte, für den Zeitraum 1. Mai 2003 bis 30. April 2006 7 Punkte, für den Zeitraum 1. Mai 2006 bis 31. Dezember 2008 7 Punkte, für den Zeitraum 1. Januar 2009 bis 30. April 2012 7 Punkte und für den Zeitraum 1. Mai 2012 bis 30. April 2015 8 Punkte. Der Kläger ist nicht verheiratet und disziplinarrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten.
4
Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten L1. … informierte die Landesanwaltschaft Bayern - Disziplinarbehörde - mit Schreiben vom 29. September 2016 über den Verdacht eines Dienstvergehens und bat um die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Die Landesanwaltschaft leitete mit Verfügung vom 26. Oktober 2016 ein Disziplinarverfahren ein. Das Amtsgericht L1. … übersandte mit Schreiben vom 7. April 2017 die Abschrift des nicht rechtskräftigen Strafbefehls in Höhe von 7.200 € vom 21. März 2017 (Az. 17 Cs 405 Js 527/17). Die Landesanwaltschaft dehnte das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 26. April 2017 auf den im Strafbefehl vorgeworfenen Sachverhalt aus.
5
Das Amtsgericht L1. … stellte das Strafverfahren mit Beschluss vom 18. Mai 2017 in der Hauptverhandlung gemäß § 153 a Abs. 2 StPO vorläufig ein (Az. 17 Cs 405 Js 527/17 jug). Dem Kläger wurde auferlegt, einen Geldbetrag in Höhe von 7.200 € an eine gemeinnützige Einrichtung zu bezahlen. Das Amtsgericht L1. … stellte das Verfahren mit Beschluss vom 28. November 2017 nach Erfüllung der Auflage endgültig ein.
6
Der Kläger ließ am 7. Juni 2018 bei Gericht einen Antrag auf Fristsetzung gemäß Art. 60 BayDG stellen (Az. RN 10A DS 18.851). Mit streitgegenständlicher Disziplinarverfügung vom 16. Juli 2018 verhängte die Landesanwaltschaft die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge i. H. v. 1/10 auf die Dauer von 24 Monaten. Das Verfahren gemäß Art. 60 BayDG stellte das Gericht nach Erledigungserklärungen mit Beschluss vom 17. August 2018 ein. Der Disziplinarverfügung legte die Landesanwaltschaft folgende Sachverhalte zugrunde:
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1. Im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs am 02.12.2015 wurde zwischen dem Beamten, der ausweislich der Stellenbeschreibung vom 14.11.2014 (BI.3 ff Beiakte 1) als Sachbearbeiter zur Unterstützung tätig ist, und seinem Vorgesetzten, dem Bereichsleiter Forsten Herrn F.D. L2. … vereinbart, dass der Beamte künftig die Aufgabe der Überprüfung der Fahrtenbücher inkl. der Folgearbeiten übernehmen würde. Der Beamte teilte dem Zeugen L2. … in diesem Zusammenhang mit, dass er diese Aufgabe bereits im Forstamt D. … wahrgenommen habe.
8
Nachdem der Beamte die Berechnung der Wegstreckenentschädigungen für den Monat Januar 2016 nicht zeitgerecht vorgelegt hatte, bat der Zeuge L2. … ihn mit E-Mail vom 09.03.2016 „bis zum Ende der kommenden Woche“ - also bis zum 18.03.2016 - die Fahrtenbücher zu bearbeiten. Die Abrechnung der Wegstreckenentschädigungen für den Monat Januar 2016 erfolgte durch den Beamten erst am 23.03.2016 (Bl. 11, Beiakte 1). Die entsprechende Berechnung für den Monat Februar 2016 erfolgte am 24.03.2016 (Bl. 15, Beiakte 1).
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Die Zahlungen für die Monate Januar und Februar 2016 wurden den betreffenden Beamten dadurch entgegen Ziff. 14.4 KfzR erst am 24.03.2016 angewiesen (Bl. 11 und 15 Beiakte 1).
10
Der Sachverhalt steht fest aufgrund der Einlassung des Beamten, soweit ihr gefolgt werden kann, dem Inhalt der Beiakte 1 und der Aussage des Zeugen L2. … Der Beamte hat sich dahingehend geäußert, dass es ihm aus urlaubs- und krankheitsbedingten Gründen nicht möglich gewesen sei, die Fahrtenbücher für die Monate Januar und Februar 2016 früher abzurechnen. Im Rahmen der Beweisaufnahme am 24.07.2017 legte er Auszüge aus seinem Zeitkonto für die Monate Februar und März 2016 vor (Bl. 234 f DA), denen zu entnehmen ist, dass er bis 05.02.2016 in Urlaub und im Anschluss daran bis 26.02.2016 erkrankt war. Nach Angaben der Bevollmächtigten begann der Urlaub am 21.01.2016. Im Monat März 2016 war der Beamte bis auf krankheitsbedingte Abwesenheiten am 03., 04., 09. und 21.03.2016 im Dienst. Danach hätte er ausreichend Zeit gehabt, die Wegstreckenentschädigungen zeitgerecht entsprechend Ziff. 14.4 KfzR und auch entsprechend der Weisung vom 09.03.2016 zu berechnen. Dies gilt umso mehr, als der Beamte bestätigt hatte, dass er die entsprechenden Abrechnungen bereits im Forstamt D.… bearbeitet hat und ihm die Regelungen der KfzR daher bekannt sein mussten. Soweit der Beamte in der Stellungnahme zur abschließenden Anhörung vom 09.07.2018 vorträgt, dass er die Überprüfung von Fahrtenbüchern am Forstamt D.… letztmals im März 2001 durchgeführt habe und daher nicht davon ausgegangen werden könne, dass er die entsprechenden Regelungen, die sich auch verändert haben könnten, im Jahre 2015 noch gewusst habe, ist dem entgegenzuhalten, dass er nach Übertragung der Aufgabe im Rahmen des Mitarbeitergesprächs am 02.12.2015 bis zu seinem Urlaubsantritt am 21.01.2016 ausreichend Zeit hatte, sich mit den entsprechenden Regelungen zu beschäftigen. Darüber hinaus handelt es sich wie dargestellt letztlich um eine einfache Rechenaufgabe, deren Erfüllung von einem Beamten der 3. Qualifikationsebene ohne weiteres erwartet werden kann. Die von der Bevollmächtigten angeführten Unklarheiten bei der Ausfüllung der Fahrtenbücher durch die Außendienstkollegen sind nicht nachvollziehbar, da die Arbeiten bis November 2015 von der Zeugin K. … problemlos erledigt werden konnten, wie diese in ihrer Zeugenaussage angab. Sie habe für die Abrechnung ca. zwei Tage im Monat benötigt, wobei sie bei diesen Arbeiten ständig unterbrochen wurde, da sie zentrale Aufgabe zu erledigen habe. Sie habe dem Beamten im Januar 2016 die Unterlagen, auch eine Excelliste zur Abrechnung der Kilometerentschädigungen, per Mail zugeschickt und ihm persönlich gesagt, dass er sich bei Nachfragen an sie wenden könne. Davon habe er aber keinen Gebrauch gemacht. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Beamte mit seinen Aufgaben - auch unter Berücksichtigung der ab Januar 2016 neu hinzugetretenen Tätigkeiten - nicht ausgelastet war. Wie der Zeuge L2. … aussagte, traf er den Beamten regelmäßig beim Lesen der Tageszeitung an, wenn er ihn in seinem Büro aufsuchte. In dem vom Dienstvorgesetzten aktuellen Persönlichkeitsbild wird auch ausgeführt, dass der Beamte in Summe - nach wie vor - nur zu rund 30% seiner Arbeitszeit beschäftigt ist. Zwischen der Mail des Zeugen L2. … vom 09.03.2016 und dem gesetzten Erledigungstermin 18.03.2016 lagen überdies sieben Arbeitstage an denen der Beamte anwesend war und die Arbeiten hätte erledigen können. Insgesamt spricht aus Sicht der Disziplinarbehörde daher nichts dafür, dass es dem Beamten nicht möglich gewesen wäre, die Fahrtenbücher für die Monate Januar und Februar zeitgerecht abzurechnen.
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2. Bis Ende des Jahres 2015 war es Aufgabe der Verwaltungsangestellten, der Zeugin K. …, die Fahrtenbücher zu überprüfen und die entsprechenden Folgearbeiten, also die Berechnung der Wegstreckenentschädigung und die steuerliche Geltendmachung der Reisekostenvergütung durchzuführen. Wie sie in ihrer Zeugenaussage angab, erfolgte die steuerliche Abrechnung halbjährlich, sie habe sie jeweils im Juni beziehungsweise Januar durchgeführt. Im Rahmen der monatlichen Abrechnung der Wegstreckenentschädigungen habe sie die Revierleiter gebeten, gleich auch entsprechende Angaben dazu zu machen, wie viele Stunden sie jeweils unterwegs waren, ob sie einen Mitfahrer hatten und Ähnliches. Sie habe die entsprechenden Daten dann gleich in die sogenannte „Pendellisten“ (14.3 KfzR, Anlage 3 zur KfzR, Bl. 25 DA) eingetragen, mit deren Hilfe das Amt die Einhaltung der jeweiligen Jahreshöchstbeträge und die Auszahlung der Reisekostenvergütung an die jeweiligen Mitarbeiter überwacht. Sie orientierte sich dabei an der Tabelle Ziffer 2.1 Bekanntmachung des StMFLH (Bl. 28, 249 DA). Die Pendellisten seien nicht ausgedruckt, sondern im Computer als Exceltabellen hinterlegt. Für die Ausfüllung des entsprechenden Steuerformblatts zur Übersendung an das Landesamt für Finanzen habe sie dann je Mitarbeiter ca. 2 Stunden benötigt.
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Da der Zeuge L2. … zu der Auffassung kam, dass die steuerliche Abrechnung von dem Beamten mit zu erledigen sei, teilte er mit E-Mail vom 25.01.2016 (Blatt 7, Beiakte 1) diesem Einzelheiten zur Berechnung der Wegstreckenentschädigung, den Grundlagen für die steuerliche Berechnung der Aufwandsentschädigung und die halbjährliche Meldung an das Landesamt für Finanzen mit. Er bat ihn ausdrücklich, die betreffenden Daten in die Pendellisten beziehungsweise das Formblatt Reisekostenvergütung (mit zu versteuernden Beträgen) einzupflegen und dieses halbjährlich an das Landesamt für Finanzen zu versenden.
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Die Zeugin K. … schickte dem Beamten im Januar 2016 per Mail das Steuerformblatt, welches an das Landesamt für Finanzen geschickt werden muss, und die Pendelliste. Im Februar oder März 2016 sprach die Zeugin S1. … den Beamten auf die steuerliche Abrechnung an. Nachdem ihr dieser sagte, dass er diese Tätigkeit nicht machen wolle, schickte sie ihm per Mail eine Excel-Tabelle, in welcher nach Eintragung der jeweiligen Aufwandsentschädigung und der jeweiligen Tage der steuerliche Betrag automatisch ausgewiesen wird. Im April 2016 führte die Zeugin S1. … dann nochmals ein Gespräch mit dem Beamten. Er lehnte wiederum die steuerliche Geltendmachung der Aufwandspauschale ab mit dem Hinweis, er sei dafür nicht ausgebildet, kein Steuerberater und lasse sich nicht einsperren, wenn etwas schieflaufe. Die Zeugin konnte dies nicht nachvollziehen, da die Unterlagen im Amt vorhanden waren und sie ihm auch Hilfe angeboten hatte.
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Nachdem der Beamte die übertragene Aufgabe nicht erledigte, führte auch der Zeuge L2. … zahlreiche Gespräche mit dem Beamten, in denen der Beamte die Erklärungsversuche des Zeugen L2. … verbal und nonverbal ablehnte. Nachdem der Beamte sich im weiteren Verlauf trotz der zahlreichen Gespräche weigerte, die Berechnung der steuerlichen Anteile der Aufwandsentschädigung und deren Meldung durchzuführen, schlug ihm der Zeuge L2. … mit E-Mail vom 11.07.2016 (Bl. 17, Beiakte 1) einen Termin für ein Übergabegespräch mit Frau K. … vor. Nachdem der Beamte mit Schreiben vom 11.07.2016 (Bl. 19, Beiakte 1) mitteilte, dass er von der steuerlichen Berechnung der Aufwandsentschädigung im Fahrtenbuch absolut keine Ahnung habe und sich weigerte, ein solches Gespräch zu führen, erläuterte ihm der Zeuge L2. … mit Schreiben vom 12.07.2016 (Bl. 20, Beiakte 1) nochmals die Gründe für die Übergabe der Überprüfung der Fahrtenbücher inkl. der Folgearbeiten und wies ihn ausdrücklich an, die entsprechenden Folgearbeiten nach Überprüfung der Fahrtenbücher nach bestem Wissen und Gewissen sowie ordnungsgemäß zu übernehmen und zu erledigen und ihm bis spätestens zum 16.09.2016 über den Stand der Aufgabenerledigung zu berichten. Für Rückfragen, welche Tätigkeiten nach der Überprüfung der Fahrtenbücher konkret und in welcher Form diese zu erledigen seien, stünden ihm Frau K. … und Frau S1. … zur Verfügung. Der Beamte führte daraufhin nochmals ein Gespräch mit der Zeugin S1. …, in welchem ihm diese die Berechnung der Versteuerung nochmals erklärte. Da der Beamte ab Juli 2016 den Zeugen L2. … mehrmals um Übergabe der rechtlichen Bestimmungen in Zusammenhang mit der steuerlichen Abrechnung bat, verwies ihn dieser auf die im Amt jederzeit verfügbare F..
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Der Beamte ließ die Frist zum 16.09.2016 verstreichen. Mit Schreiben vom 16.09.2016 (Bl. 30, Beiakte 1) stellte der Zeuge L2. … fest, dass der Beamte die Frist zum Bericht über den Stand der Erledigung der ihm übertragenen Aufgabe - „die Herleitung der zu versteuernden Beträge aus den Reisekostenvergütungen im Rahmen der Überprüfung der Fahrtenbücher“ - habe verstreichen lassen und forderte ihn unter Hinweis auf seine Beamtenpflichten auf, alle Dokumente zur ordnungsgemäßen Erledigung dieser Aufgabe spätestens bis zum 23.09.2016 nach bestem Wissen und Gewissen zu erledigen. Weiterhin wies er den Beamten an, ihm die zu erstellenden Unterlagen nach Erledigung und Versand an das Landesamt für Finanzen am gleichen Tag zur Kontrolle vorzulegen.
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Der Beamte legte daraufhin mit Schreiben vom 22.09.2016 (Bl. 36 ff, Beiakte 1), in dem er eine Gewähr für die Richtigkeit der ermittelten steuerlichen Daten ausdrücklich ausschloss, die ausgefüllten Formblätter zur Berechnung der zu versteuernden Beträge vor. Diese waren allerdings weder unterschrieben, noch leitete der Beamte sie an die zuständige Bezügestelle, das Landesamt für Finanzen, weiter.
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Der Sachverhalt steht fest aufgrund des Inhalts der vorliegenden Akten, den Aussagen der Zeugen L2. …, K. … und S1. … sowie der Einlassung des Beamten, soweit ihr gefolgt werden kann. Der Beamte hat sich im Wesentlichen dahingehend geäußert, dass ihm nicht mitgeteilt worden sei, auf welcher Rechtsgrundlage die steuerliche Berechnung erfolgen sollte und ihm die erforderlichen Kenntnisse gefehlt hätten. Die ihm von der Zeugin S1. … überlassenen Unterlagen seien unvollständig gewesen. Die erbetenen rechtlichen Vorgaben für die Durchführung dieser Arbeiten seien ihm erst im Januar 2017 von seinem Vorgesetzten zur Verfügung gestellt worden. Er habe die mit Schreiben vom 22.09.2016 vorgelegten Unterlagen weder unterschrieben noch versandt, da er sich nicht sicher gewesen sei, ob seine Berechnungen zutreffend gewesen seien. Zusätzlich sei hervorzuheben, dass ihm von den betreffenden Außendienstkollegen berichtet worden sei, dass im Vorjahr die angegebenen steuerlichen Daten kritisiert und teilweise nicht anerkannt worden seien, was eine Neuermittlung der monatlichen Außendienstaufwandsentschädigung ab 2016 zur Folge gehabt habe.
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Diese Ausführungen sind nicht nachvollziehbar. Wie dargelegt wurden dem Beamten mehrfach die Berechnungsgrundlagen übermittelt, es fanden Besprechungen statt und es wurde auf die Regelungen in der Vorschriftensammlung „Reisekosten, Umzugskosten und Trennungsgeld in der Forstverwaltung -F.“ verwiesen, die für jeden Beschäftigten des Amtes verfügbar ist. Nach Aussage des Zeugen L2. … befindet sich diese Vorschriftensammlung, deren Aktualität durch Ergänzungslieferungen gesichert ist (S. Bl. 14 ff DA), im Büro der Zeugin S1. …, welches dem Büro des Beamten gegenüber liegt. Als Beamten der 3. Qualifikationsebene sollte es dem Beamten darüber hinaus ohne weiteres möglich sein, sich diesbezüglich kundig zu machen, selbst wenn dies unter Umständen mit einigem Aufwand verbunden wäre. Es ist nicht ersichtlich, dass ein Beamten mit dieser Qualifikation nicht in der Lage ist, sich in einem Zeitraum, der letztlich von Januar bis September 2016 reichte, sich eigenständig über die rechtlichen Vorschriften zu informieren. Wie dem Persönlichkeitsbild vom 23.01.2018 zu entnehmen ist, ist der Beamte nur zu rund 30% seiner Arbeitszeit beschäftigt, sodass er auch ausreichend Zeit und Gelegenheit hatte, sich mit den Vorschriften auseinanderzusetzen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass zur Berechnung der steuerlichen Anteile eine entsprechende Vorbildung notwendig ist. Schwierigkeiten im Hinblick auf die pauschale Aufwandsentschädigung sind dem Dienstvorgesetzten nicht bekannt. Deren Berechnung ist auch nicht Aufgabe des Beamten. Wie die Zeugin S1. … ausführte, berechnete sie im Jahre 2015 die Aufwandsentschädigungen neu. Dies entspricht der Regelung in Nr. 12.2 Satz 5 KfzR.
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3. Der Beamte hat am 16.09.2016 entgegen § 10 Abs. 4 Satz 3 AGO das dienstlich zur Verfügung gestellte Faxgerät für private Zwecke genutzt und insgesamt 15 Seiten an seine Bevollmächtigten in M. gefaxt.
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Der Sachverhalt steht aufgrund der vorliegenden Akten fest. Das entsprechende Faxprotokoll findet sich auf Bl. 32, Beiakte 1. Er wird von dem Beamten auch nicht in Abrede gestellt. In der Stellungnahme der Bevollmächtigten vom 19.12.2016 wird behauptet, dass das dienstliche Faxgerät praktisch von allen Mitarbeitern auch für private Zwecke benutzt werde. Eine Weisung, wonach dies nicht zulässig sei, existiere nicht. Hierzu ist festzustellen, dass es aufgrund der genannten Regelung in der AGO keiner besonderen Weisung zur Untersagung der privaten Nutzung bedarf. Aus der Stellungnahme des Dienstvorgesetzten vom 03.02.2017 geht im Übrigen hervor, dass es keine Zustimmung dahingehend gibt, dass die dienstlichen Faxgeräte auch nur in geringfügigem Umfang für private Zwecke genutzt werden dürfen.
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4. Der Strafbefehl des Amtsgerichts L1. … vom 21.03.2017, Az. 17 Cs 405 Js 527/17, dem nach Einspruch des Beamten eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 7.200,00 Euro - welche 90 Tagessätzen zu je 80,00 Euro entspricht - folgte, enthielt folgende Feststellungen:
„Am 07.10.2016 gegen 14:50 Uhr verletzten Sie am Straßenrand in der Z. … auf Höhe der Hausnummer 7.. in … L1. … den Geschädigten C. …, geboren am … 2002, sowie den Geschädigten B. …, indem Sie mit der Faust auf diese einschlugen. Den Geschädigten C. … schlugen Sie einmal mit der Faust gegen den Hals, wodurch dieser nicht unerhebliche Schmerzen verspürte. Den Geschädigten B. … schlugen Sie mit der Faust gegen das Ohr sowie das Genick. Der Geschädigte erlitt hierdurch eine Schädelprellung mit Hämatom am Iinken Ohr und an der Schläfe sowie Kopfschmerzen. Dies nahmen Sie zumindest billigend in Kauf.“
22
Der Beamte wurde daher im Strafverfahren der vorsätzlichen Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen gemäß §§ 223 Abs. 1, 230 Abs. 1, 52 StGB beschuldigt.
23
Die Tatsache, dass das Strafverfahren nach § 153 a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 7.200,00 Euro eingestellt wurde, ändert nichts an der disziplinarrechtlichen Relevanz des Vorwurfs (siehe Abschnitt IV.). Der genaue Tathergang ist den Aussagen der Zeugen C. …, G. … und B. … zu entnehmen, welche diese am 07.10 2016 vor der Polizeiinspektion L1. … machten.
24
Danach hat sich Folgendes zugetragen:
25
Am 07.10.2016 gegen 14:50 Uhr stellte ein unbekannter Fahrer seinen silbernen Pkw in L1. …, Z. … in Höhe der Hausnummer 7.. am Straßenrand ab. Im Anschluss daran benutzte er sein Mobiltelefon. Der Beamte stellte sich vor diesen Pkw und sagte bzw. schrie den Fahrer mit den Worten „Sie überfahren uns alle noch“ an. Als der Fahrzeugführer daraufhin mehrmals zurücksetzen wollte, um ausparken zu können, ging der Beamte jeweils nach, um das Wegfahren zu verhindern. Die Zeugen C. … und G. … gingen dann zu dem Beamten und baten diesen, sich von der Fahrbahn zu entfernen, damit der Fahrer ausparken könne. Während dieses Wortwechsels schlug der Beamte den Zeugen C. … einmal mit der Faust in den Hals. Der Zeuge B. …, welcher das Geschehen mitbekam, ging dazwischen, woraufhin der Beamte mit Faustschlägen auf ihn losging. Der Beamte traf den Zeugen B. … mit der rechten Faust am linken Ohr und Genick, was bei diesem ausweislich des in der Strafakte beigefügten ärztlichen Attestes zu einer Schädelprellung mit Hämatom des linken Ohres sowie massiven Kopfschmerzen und einer Prellung der rechten Hand führte. Die Zeugen C. …, G. … und B. … brachten den Beamten daraufhin zu Boden und konnten ihn mit Hilfe anderer Passanten bis zum Eintreffen der Polizei fixieren. Der Beamte blieb bis zum Eintreffen der Polizei gewalttätig.
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Der Sachverhalt steht aufgrund des Inhalts der Strafakte der Staatsanwaltschaft L1. …, Az. 405 Js 527/17 fest. Die Aussagen der Zeugen C. …, G. … und B. … werden gem. Art. 26 Abs. 2 BayDG ohne erneute Beweiserhebung im Disziplinarverfahren verwertet. Im Rahmen der Stellungnahme zur abschließenden Anhörung vom 09.07.2018 wird versucht, die Glaubhaftigkeit der Zeugen in Frage zu stellen, indem auf deren persönliche Verhältnisse abgestellt wird. Dieses Vorbringen ist nicht substantiiert und daher nicht geeignet, die Aussagen der Zeugen im Strafverfahren in Zweifel zu ziehen. Es wird im Übrigen lediglich pauschal behauptet, dass sich der Sachverhalt anders zugetragen habe ohne eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung. Auch dem Protokoll über die Hauptverhandlung am 18.05.2017 ist diesbezüglich nichts zu entnehmen. Es findet sich allerdings auf Blatt 11 der Strafakten die Stellungnahme der Polizeiobermeisterin M. … vom 09.10.2016, welche aus eigener Wahrnehmung die Aussagen der Zeugen bestätigt. Es besteht daher keine Veranlassung, die Zeugenaussagen nicht nach Art. 26 Abs. 2 BayDG ohne erneute Beweiserhebung zu verwerten.
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5. Mit Schreiben vom 26.02.2018 (Bl. 274a DA) übersandte die Staatsanwaltschaft L1. … die Strafakte zum Verfahren 10 Js 24920/01. Dieser Strafakte ist ein seit 28.03.2002 rechtskräftiger Strafbefehl des Amtsgerichts L1. … (Az. 02 Cs 10 Js 24920/01) vom 21.02.2002 zu entnehmen, der folgende tatsächliche Feststellungen enthält:
„Sie fuhren am 17.07.2001 gegen 08:05 Uhr mit dem Pkw, Typ Audi, Kennzeichen …, auf der Bundesstraße B 299 bei N. … auf Höhe km 25,000 in Fahrtrichtung N1. …D1. … Unter grober Außerachtlassung der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt überholten Sie in einer von Ihnen aus gesehen unübersichtlichen Linkskurve trotz Gegenverkehrs mehrere vor Ihnen fahrende Fahrzeuge.
Sie ließen aus Gleichgültigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern und um Ihres schnelleren Fortkommens willen von vorneherein keine Bedenken gegen Ihre Fahrweise aufkommen.
Dies hatte für Sie vorhersehbar und vermeidbar zur Folge, daß der Ihnen mit seinem Pkw Audi, amtl. Kennzeichen …, entgegenkommende Zeuge G1. … W. …, um einen Frontalzusammenstoß mit Ihrem Fahrzeug zu verhindern, ganz nach rechts ausweichen und sein Fahrzeug fast bis zum Stillstand abbremsen mußte, damit auf der Fahrbahn so viel Platz entstand, daß Sie mit Ihrem Fahrzeug gerade zwischen dem vorbenannten Zeugen und der Kolonne Platz hatten und auch durchfuhren. Ebenfalls für Sie vorhersehbar und vermeidbar konnte sich jedoch der dem Geschädigten W. … mit dem Pkw Renault, amtliches Kennzeichen …, nachfolgende Zeuge C1. … A. … nicht mehr rechtzeitig auf die Situation einstellen und fuhr auf das Heck des vor ihm abrupt abgebremsten Pkw des Zeugen W. … auf. Hierdurch entstand am Pkw A. … ein Sachschaden in Höhe von rund 3.000, 00 DM, an dem des Zeugen W. … ein solcher in Höhe von rund 8.000, 00 DM.
Sie werden daher beschuldigt, grob verkehrswidrig und rücksichtslos falsch überholt zu haben oder sonst bei Überholvorgängen falsch gefahren zu sein, und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet zu haben, wobei Sie fahrlässig handelten und die Gefahr fahrlässig verursachten.“
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Der Beamte wurde daher im Strafverfahren der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs gem. §§ 315c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3 Nr. 2, 44 StGB beschuldigt und eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu je 60,00 Euro sowie ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten verhängt.
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Der Sachverhalt steht aufgrund der Indizwirkung des Strafbefehls nach Art. 25 Abs. 2 BayDG fest und wird von dem Beamten auch nicht in Abrede gestellt.
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Einer Einbeziehung dieses Vorwurfs in das Disziplinarverfahren steht, entgegen der Rechtsauffassung der Bevollmächtigten in der Stellungnahme zur abschließenden Anhörung, aufgrund des Grundsatzes der Einheit des Dienstvergehens kein Verbot im Sinne von Art. 16 BayDG entgegen. Der Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens gilt sowohl für innerdienstliche als auch für außerdienstliche Pflichtverletzungen und für das Zusammentreffen innerdienstlicher und außerdienstlicher Verfehlungen. Aus der Zusammenfassung sämtlicher Dienstpflichtverletzungen zu einem Dienstvergehen folgt, dass zur Beurteilung der Gesamtpersönlichkeit des Beamten unter dem Blickwinkel, ob er für den öffentlichen Dienst noch tragbar ist oder zur Vermeidung des Eintritts der Untragbarkeit wenigstens eine erzieherische Disziplinarmaßnahme erforderlich ist (Spezialprävention), auch auf längere Zeit zurückliegende Pflichtverstöße zurückgegriffen werden darf. Dies gilt auch dann, wenn für eine bereits längere Zeit zurückliegende Verfehlung bei isolierter Betrachtung wegen des Zeitablaufs der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme ein Maßnahmeverbot des Art. 16 BayDG entgegenstünde. Die Einbeziehung länger zurückliegender Verfehlungen, für die bei isolierter Betrachtung das Maßnahmeverbot des Art. 16 BayDG durchgreifen würde, steht im pflichtgemäßen Ermessen. Die Einbeziehung ist ermessensgerecht, wenn zwischen den früheren und den späteren Verfehlungen ein innerer und äußerer Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang besteht z.B., wenn eine bestimmte Neigung des Beamten, ein gewisser Charakterzug die gemeinsame innere Wurzel für das Fehlverhalten bei den zu beurteilenden Pflichtverletzungen bildet (Zängl, Bayer. Disziplinarrecht, Rn. 64b und 64c MATR/I mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).
31
Wie im Rahmen der Maßnahmebemessung unter Abschnitt V. dargelegt, ist der dargestellte Vorwurf im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Beamten zu sehen, der dazu neigt, sich dienstlich wie außerdienstlich Maßstäbe nach eigenen Vorstellungen und Interessen zu setzen und diese dann gegenüber dem Dienstherrn und gegenüber Mitbürgern durchzusetzen. Im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens wird dieser Vorwurf daher in das Disziplinarverfahren einbezogen.“
32
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass Beamte ein innerdienstliches Dienstvergehen begehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes sei nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Auch bei mehreren schuldhaft begangenen Dienstpflichtverletzungen sei aufgrund des Grundsatzes der Einheit des Dienstvergehens von einem einheitlichen Dienstvergehen auszugehen.
33
Durch das unter Ziffer 1. dargestellte Verhalten habe der Kläger innerdienstlich gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Dienstausübung nach § 34 Satz 1 BeamtStG und gegen die Pflicht, dienstliche Anordnungen auszuführen nach § 35 Satz 2 BeamtStG verstoßen. Durch die Missachtung der unter Ziffer 2. dargestellten dienstlichen Weisungen habe er ebenfalls gegen diese Pflichten verstoßen. Durch das in Ziffer 3. dargestellte Verhalten habe er innerdienstlich gegen die Pflicht zur uneigennützigen Aufgabenwahrnehmung nach § 34 Satz 2 BeamtStG und die Pflicht, allgemeine Richtlinien zu befolgen, nach § 35 Satz 2 BeamtStG verstoßen. Soweit er irrtümlich davon ausgegangen sei, dass eine einmalige private Nutzung des Faxgerätes zulässig sei, würde es sich um einen Verbotsirrtum handeln, der jedoch vermeidbar war, da die Regelungen der AGO dem Beamten bekannt sein müssen.
34
Durch die unter Ziffer 4. und 5. beschriebenen Straftaten hat der Kläger ein außerdienstliches Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG begangen. Die disziplinarrechtliche Relevanz des außerdienstlichen Verhaltens ergebe sich aus dem betroffenen Ansehen und Vertrauen der Bevölkerung in das Beamtentum als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung. Nach der Rechtsprechung löse ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig dann ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis aus, wenn es sich dabei um eine Straftat handle, deren gesetzlicher Rahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Vorliegend ergebe sich die Disziplinarwürdigkeit aus dem Strafrahmen der vorgeworfenen vorsätzlichen Körperverletzung, die bis zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren reicht und dem Strafrahmen des § 315 c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3 Nr. 2 StGB, die bis zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren reicht. Der Kläger hat gegen die Pflicht, die Gesetze zu beachten, sowie gegen die Verpflichtung, sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten verstoßen. Er habe im Hinblick auf Ziffer 1 bis 4. vorsätzlich und im Hinblick auf Ziffer 5. fahrlässig gehandelt. Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
35
Den Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung bilde die Schwere des Dienstvergehens. Sofern der Beamte, wie hier, mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen habe, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, bestimme sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwereren Verfehlung. Dies sei vorliegend die unter Ziffer 2. dargestellte Arbeitsverweigerung im Hinblick auf die steuerliche Berechnung der Wegstreckenentschädigung. Zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebes sei die Verwaltung darauf angewiesen, dass die Beamten dienstlichen Weisungen Folge leisten, zumal es sich hier um eine Aufgabe handle, deren Erfüllung von einem Beamten der 3. Qualifikationsebene ohne weiteres verlangt werden kann und zwar auch ohne, dass ihm, wie vorliegend, zahlreiche Hilfestellungen angeboten werden. Die Verweigerung der ihm aufgetragenen steuerlichen Berechnung der Wegstreckenentschädigung unter nicht nachvollziehbaren Vorwänden und das damit verbundene konfliktträchtige Verhalten des Beamten machten deutlich, dass der Beamte in uneinsichtiger und rechthaberischer Weise versuche, seine Positionen durchzusetzen und dienstliche Weisungen für ihn keine besondere Relevanz haben.
36
In Einklang damit stehen auch die unter Ziffer 4. und 5. vorgeworfenen Straftaten. Insbesondere der Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung sei - gerade auch in Zusammenhang mit dem sich aus den Zeugenaussagen ergebenden rechthaberischen, bevormundenden und uneinsichtigen Verhalten des Beamten - in hohem Maße ansehensschädigend und würde für sich genommen trotz der im Strafverfahren erfolgten Einstellung nach § 153 a StPO schon zu einer Disziplinarmaßnahme im mittleren Bereich des Maßnahmenkatalogs führen. Das unter Ziffer 5. beschriebene Verhalten der groben Außerachtlassung der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt um des eigenen schnelleren Fortkommens willen deute ebenfalls auf eine Persönlichkeit hin, die geneigt ist, in konfliktträchtiger und uneinsichtiger Weise ihre Interessen durchzusetzen. Erschwerend kämen die unter Ziffer 1. und 3. dargestellten Dienstpflichtverletzungen hinzu.
37
Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sei von einem Dienstvergehen im mittelschweren Bereich auszugehen. Das mit Schreiben des Dienstvorgesetzten erstellte Persönlichkeitsbild bestätige die im Rahmen der disziplinarischen Vorwürfe zu Tage tretende Persönlichkeit. Dieses Persönlichkeitsbild zeige das konfliktträchtige Verhalten des Klägers auf, der trotz geringer Arbeitsauslastung in uneinsichtiger und rechthaberischer Weise versuche, seine Positionen durchzusetzen. Zu seinen Gunsten spreche lediglich, dass er disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist. Weitere Milderungsgründe lägen nicht vor. Bei einer Gegenüberstellung der Erschwernisgründe einerseits und der Milderungsgründe andererseits komme die Disziplinarbehörde zu dem Schluss, dass aufgrund des insbesondere durch das Persönlichkeitsbild bestätigten Verhaltens des Beamten eine deutliche Pflichtenmahnung erforderlich ist. Es erscheine angemessen, aber auch ausreichend, eine Kürzung der Dienstbezüge für die Dauer von 24 Monaten bei einem Kürzungsbruchteil von 1/10 zu verhängen.
38
Der Kläger ließ am 10. August 2018 Klage erheben. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht, dass das streitgegenständliche Verhalten nicht die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme rechtfertige. Insofern lasse sich aus ihr ableiten, dass der Kläger offensichtlich als „schwieriger“ Beamter angesehen wird, dem man nun mit Hilfe einer Disziplinarverfügung klar machen möchte, dass er widerspruchslos das auszuführen habe, was ihm aufgetragen wird.
39
Gerade auch die Auseinandersetzung um die steuerliche Bearbeitung der Fahrtenbücher zeige, dass die Vorgesetzten des Klägers nicht bereit seien, in vernünftiger Art und Weise mit ihm zusammenzuarbeiten. So habe der Bereichsleiter L2. …, bei seiner Vernehmung durch die Landesanwaltschaft bestätigt, dass der Kläger immer wieder darum gebeten habe, über die Rechtsgrundlagen der steuerlichen Bearbeitung der Fahrtenbücher informiert zu werden, ohne dass man dieser Bitte nachgekommen wäre. Auch wenn der Vorgesetzte ausgeführt habe, er sei der Meinung gewesen, ein Beamter der 3. Q. müsse in der Lage sein, sich die einschlägigen Rechtsnormen für seine Tätigkeit selbst herauszusuchen, sei für ihn unschwer aufgrund der immer wiederholten Bitten des Klägers zu erkennen gewesen, dass dieser die benötigten Vorschriften wohl nicht gefunden hatte. Statt sie ihm zur Verfügung zu stellen oder ihm mitzuteilen, wo diese Vorschriften zu finden seien, habe man ihn nur unter Druck gesetzt (ohne Kenntnis der einschlägigen steuerlichen Bestimmungen), die steuerliche Bearbeitung der Fahrtenbücher vorzunehmen. Dies spreche nicht für eine Dienstpflichtverletzung des Klägers, der darauf hingewiesen habe, dass ihm die für die Bearbeitung notwendigen Kenntnisse und Unterlagen fehlen, sondern stelle eher eine Dienstpflichtverletzung des Vorgesetzten dar, der der begründeten Bitte seines Mitarbeiters nicht nachgekommen sei und diesen damit in eine für ihn problematische Lage versetzt habe.
40
Die Abrechnung der Fahrtenbücher habe der Kläger durchgeführt, ohne sich dabei einer Dienstpflichtverletzung schuldig zu machen. Zunächst sei festzustellen, dass der zuständige Beamte die Abrechnung der Fahrtenbücher nur dann durchführen könne, wenn ihm die entsprechenden Unterlagen von den Revierleitern vollständig zur Verfügung gestellt wurden. Wann dies bezüglich der Unterlagen für Januar und Februar 2016 der Fall war, sei bislang nicht geklärt. Sicher sei zumindest, dass für einen Beamten, Herrn K1. …, die Unterlagen erst gegen Ende März vorlagen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass es keine verbindlichen Vorgaben dafür gebe, wann die Abrechnungen zu erstellen sind. Für den Kläger sei bereits im Einzelnen dargelegt worden, dass er sich in der Zeit vom 21. Januar bis zum 5. Februar 2016 im Urlaub befand. Anschließend sei er bis zum 26. Februar 1016 dienstunfähig erkrankt. Weitere Erkrankungen lagen am 3., 4. und 9. März 2016 vor.
41
Der Kläger habe die Fahrtenbücher für den Monat Januar am 17. und 18. März 2016 bearbeitet, die Unterlagen für den Monat Februar 2016 am 23. und 24. März 2016. Dass er für die Bearbeitung zunächst jeweils ca. zwei Tage benötigt habe, sei nicht zu beanstanden, nachdem ihm die Aufgabe erst neu übertragen worden war und er sich daher in die entsprechenden Abläufe erst einarbeiten musste. Unbestritten sei, dass dem Vorgesetzten die Unterlagen für Januar 2016 spätestens am 23. März 2016 vorlagen, die Unterlagen für den Monat Februar 2016 spätestens am 24. März 2016. Eine Vorlage zum 18. März 2016 wäre noch als fristgerecht angesehen worden. Der 18. März 2016 sei ein Freitag gewesen. Die Vorlage der Unterlagen sei demgemäß nur (unter Außerachtlassung des Wochenendes) um drei Tage „verspätet“.
42
Die mit der Abrechnung der Fahrtenbücher verbundenen steuerlichen Aufgaben müssten nur jeweils halbjährlich erledigt werden. Die entsprechenden Arbeiten mussten also nicht in den ersten Monaten des Jahres 2016 erledigt werden. Zudem hatte der Kläger solche steuerlichen Nebenarbeiten bis zu diesem Zeitpunkt noch nie erledigt. Ihm sei nicht bekannt gewesen, nach welchen Gesichtspunkten sich diese richten. Aus diesem Grunde hat er seinen Vorgesetzten mehrfach mündlich und auch schriftlich gebeten, ihm die Vorschriften mitzuteilen. Diesem Wunsch sei der Vorgesetzte erst im Januar 2017 nachgekommen. Darüber hinaus sei festzustellen, dass auch die Unterstützung des Klägers durch die früher zuständigen Damen nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Es sei dem Kläger im Wesentlichen darum gegangen, die steuerlichen Aspekte zutreffend zu ermitteln und darzustellen. Er habe nicht durch falsche Angaben eine Straftat begehen wollen.
43
Der Kläger habe nicht bestritten, dass er im September 2016 einige Seiten an seine Prozessbevollmächtigte mit dem dienstlich zur Verfügung gestellten Faxgerät übermittelt habe. Ihm sei keine Vorschrift bekannt, nach der die private Nutzung des Faxgerätes untersagt wäre. Zudem sei das dienstliche Faxgerät auch von weiteren Mitarbeitern zur Versendung privater Telefaxbriefe benutzt worden.
44
Hinsichtlich der Verurteilung sei aus der Darstellung des Verfahrensablaufes zu ersehen, dass zu keinem Zeitpunkt endgültig ermittelt worden sei, was wirklich passierte. Aus der Stellungnahme der von der Landesanwaltschaft zitierten Polizeiobermeisterin M. … ergebe sich, dass 2 Passanten den Kläger von einem Fahrzeug wegziehen wollten. Sie hätten ihn dabei an den Schultern festgehalten. Hiergegen habe er sich gewehrt. Die Darstellung sei unrichtig. Die Zeugen B. … und C. … hätten den Kläger unvermittelt angegriffen und wortlos zu Boden gebracht. Sie hätten ihn dort auf dem Bauch liegend fixiert. Der Kläger habe dann lauthals um Hilfe geschrien und sich gegen diese Behandlung gewehrt.
45
Selbst wenn hier eine Körperverletzung vorliegen sollte, sei zu fragen, ob dieses außerdienstliche Verhalten eine Dienstpflichtverletzung darstelle. Eine Dienstpflichtverletzung könne in einem außerdienstlichen Verhalten nur dann gesehen werden, wenn durch dieses private Verhalten des Beamten die ihm amtlich übertragenen Aufgaben oder die Beziehungen zur eigenen Behörde konkret und in besonders bedeutsamen Maße tangiert sind. Dabei stelle nicht jeder außerdienstliche Verstoß gegen die Rechtsordnung und noch nicht einmal jeder Verstoß gegen Strafgesetze ein solches disziplinarrechtlich erhebliches Verhalten dar. Mit den dienstlichen Aufgaben des Klägers habe sein Verhalten in diesem Zusammenhang nichts zu tun gehabt. Der Vorfall sei auch nicht weiter bekannt geworden, sodass eine konkrete Schädigung des Ansehens der Behörde nicht erfolgt sei.
46
Bei dem anderen Vorfall habe sich der Kläger bei einem Überholvorgang im Straßenverkehr verschätzt und dadurch eine gefährliche Situation heraufbeschworen. Dabei habe es sich um einen Vorfall gehandelt, der täglich zu tausenden im Straßenverkehr vorkomme. Abgesehen davon, dass der Vorfall mehr als 17 Jahre zurückliege und daher an sich nicht mehr zur Verhängung einer Disziplinarmaßnahme herangezogen werden dürfe, lägen auch die Voraussetzungen, unter denen die Berücksichtigung solcher lange zurückliegender Ereignisse noch möglich sein solle nicht vor. Die für eine solche Möglichkeit angeführte Rechtsprechung sei inzwischen ca. 40 Jahre alt. Während das Disziplinarrecht vorher dem Strafrecht angenähert war, sei nunmehr in den Disziplinargesetzen eindeutig geregelt, dass es um Verwaltungsunrecht geht. Zudem habe sich auch die Auffassung im Hinblick auf außerdienstliche Verhaltensweisen geändert. Bezogen auf den Vorfall vom 17. Juli 2001 bedeute dies, dass ein solcher Vorfall schon keine Dienstpflichtverletzung darstelle. Der Kläger sei dienstlich nicht mit der Führung von Kraftfahrzeugen beauftragt. Dass ihm bei der privaten Nutzung seines Kraftfahrzeuges ein Fahrfehler unterlaufe, könne nicht als besonders schwerwiegendes Fehlverhalten eingestuft werden, das noch nach über 17 Jahren eine Verschärfung einer Disziplinarmaßnahme begründen könnte. Es sei in dem einmaligen Fehlverhalten im Straßenverkehr kein Charakterzug zu erkennen, der es erlauben würde, die lange zurückliegende Tat nun zur Rechtfertigung der hier vorgesehenen Maßnahme heranzuziehen. Selbst wenn man von einem Dienstvergehen ausgehe, sei die Maßnahme völlig überhöht.
47
Der Kläger lässt beantragen,
die Disziplinarverfügung der Landesanwaltschaft Bayern - Disziplinarbehörde - vom 16.07.2018, Az. LAB 2 DV 16.088 - aufzuheben.
48
Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
49
Im Hinblick auf die Abrechnung der Fahrtenbücher für die Monate Januar und Februar 2016 sei festzustellen, dass der Kläger in seiner Stellungnahme vom 9. Juli 2018 erklärt habe, dass er die erforderlichen Unterlagen für die Abrechnung im Februar 2016 erhielt. Die verspätete Bearbeitung entgegen der Weisung des Dienstvorgesetzten sei als Dienstpflichtverletzung zu werten. Es wäre dem Kläger ohne weiteres möglich gewesen, diese Arbeiten - insbesondere im Hinblick auf den Monat Januar 2016 - fristgerecht zu erledigen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Außendienstmitarbeiter die entsprechenden Beträge vorschießen. Nach der Aussage des Zeugen L2. … würden diese ca. 1.000 Kilometer im Monat fahren, die mit 0,36 €/km abgegolten werden. Schon aufgrund der Höhe dieser Beträge sei eine zeitnahe Abrechnung, wie auch in Nr. 14.4 KfzR festgelegt, notwendig. Dem Kläger sei sowohl seitens des Zeugen L2. …, als auch der Zeuginnen K. … und S1. … mehrfach und wiederholt Unterstützung angeboten worden. Es sei allerdings nach wie vor dem Kläger als Beamten der 3. Qualifikationsebene zuzumuten, sich selbständig über die rechtlichen Grundlagen der Berechnungen zu informieren.
50
Insbesondere der Tatvorwurf in Zusammenhang mit dem Strafverfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung sei in hohem Maße ansehens- und vertrauensschädigend. Hierzu sei zunächst festzuhalten, dass die gezahlte Geldauflage genau dem Betrag entspreche, der ursprünglich im Strafbefehl des Amtsgerichts L1. … festgesetzt wurde. Dies mache deutlich, dass auch das Amtsgericht L1. … hier nicht von einer nur geringfügigen Straftat ausgegangen sei. Soweit seitens des Klägers der Sachverhalt in Zweifel gezogen und die Einvernahme der an dem Vorgang beteiligten Zeugen beantragt werde, sei darauf hinzuweisen, dass die stichwortartigen Behauptungen nicht geeignet seien, die ausführlichen Aussagen der Zeugen zu widerlegen. Im Hinblick auf das Strafverfahren wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs aus dem Jahr 2002 sei darauf hinzuweisen, dass der dort geschilderte Sachverhalt das Persönlichkeitsbild des Klägers bestätige, wie im Rahmen der Maßnahmebemessung auch dargelegt wurde.
51
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Behördenunterlagen und das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen. Der Gerichtsakt in dem Verfahren Az. RN 10A DS 18.851 wurde beigezogen.

Entscheidungsgründe

52
Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg. Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger die ihm in der streitgegenständlichen Verfügung vorgeworfenen Dienstverstöße zum Teil begangen hat. Deshalb ist das Gericht unter Ausübung des ihm gemäß Art. 58 Abs. 3 BayDG eröffneten Ermessens zu der Auffassung gelangt, dass die Disziplinarmaßnahme einer Geldbuße in Höhe von 3.000 € zu verhängen ist.
53
A. Das Gericht legt der disziplinarrechtlichen Würdigung die tatsächlichen Feststellungen in der Ziffer III. Nr. 1, 2, 3 und 4 der streitgegenständlichen Disziplinarverfügung zugrunde. Dagegen hält das Gericht den unter Nr. 5 dargestellten außerdienstlichen Sachverhalt für keine disziplinarwürdige Dienstpflichtverletzung.
54
I. Der Vorgesetzte des Klägers F.D. L2. … schrieb diesem mit E-Mail vom 9. März 2016, gesendet um 8:44 Uhr, u.a. folgendes (siehe Blatt 8 der Beiakte 1):
„Ferner bitte ich dich, bis zum Ende der kommenden Woche die Fahrtenbücher zu bearbeiten.“
55
Das Ende der kommenden Woche war Freitag, der 18. März 2016. Der Kläger legte die von ihm bearbeiteten Abrechnungen für den Monat Januar erst am 23. März 2016 (Blatt 11 der Beiakte 1) und für den Monat Februar am 24. März 2016 (Blatt 15 der Beiakte 1) vor. Eine Entschuldigung für diese verzögerte Bearbeitung sowie eine Erklärung hierfür lässt sich den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen.
56
Damit geht das Gericht davon aus, dass der Kläger die ihm obliegende Berechnung der Kilometerentschädigung, bei der es sich um einfachste Rechenaufgaben handelt, die innerhalb des ihm gesetzten Zeitraums hätte erledigt werden können, unentschuldigt nicht termingerecht erledigte. Es lässt sich den vorliegenden Unterlagen auch nicht entnehmen, dass eine Abrechnung bis zum 18. März 2016 aufgrund der dienstlichen Weisung vom 9. März 2016 nicht möglich gewesen wäre. Zumindest hinsichtlich dieses Zeitraums konnte der Kläger belegt, dass ihm die hierfür erforderlichen Daten nicht vorlagen. Ein solcher Beleg liegt nicht darin, dass eine Abrechnung des Vorgesetzten F.D. L2. … vom Januar 2016 verspätet vorgelegt wurde, da dies den hier nicht relevanten Zeitraum Dezember 2015 betrifft. Der Kläger selbst gab in der mündlichen Verhandlung an, dass für ihn gegenwärtig nicht mehr für alle Fahrtenbücher nachvollziehbar sei, ob diese zum 18. März 2016 vorgelegen hätten. Einen Beleg hierfür lieferte er nicht. Für das Gericht steht damit fest, dass er die Abrechnung bis 18. März 2016 hätte machen können, zumal er nach der dienstlichen Äußerung vom 23. Januar 2018 ohnehin nur zu 30% seiner Arbeitszeit beschäftigt ist.
57
II. Der Kläger führte die ihm obliegende Berechnung der Wegstreckenentschädigung und die steuerliche Geltendmachung der Reisekostenvergütung nicht weisungsgemäß rechtzeitig durch (Ziffer III. Nr. 2).
58
Der Vorgesetzte des Klägers F.D. L2. … teilte diesem mit E-Mail vom 25. Januar 2016 (Blatt 7 der Beiakte 1) u.a. mit, dass nach der Kontrolle der Fahrtenbücher, der Berechnung der Kilometerentschädigung und der Herleitung der Grundlagen für die Besteuerung der Aufwandsentschädigung diese Daten in die sog. „Pendellisten“ bzw. das Formblatt „Reisekostenvergütung“ (mit zu versteuernde Beträge) einzupflegen sei. Letzteres sei halbjährlich an das L. zu versenden. Auch diese Aufgabe bitte er ihn ab sofort zu übernehmen. Da der Kläger dem bis in den Juli 2016 nicht nachkam, wies ihn F.D. L2. … mit Schreiben vom 12. Juli 2016 (Blatt 20 der Beiakte 1) an, die „Folgearbeiten nach Überprüfung der Fahrtenbücher nach bestem Wissen und Gewissen sowie ordnungsgemäß zu übernehmen und zu erledigen“. Zugleich bat er um Berichterstattung zum Stand der Aufgabenerledigung bis spätestens 16. September 2016. Da eine solche Berichterstattung nicht erfolgte, ordnete F.D. L2. … mit Schreiben vom 16. September 2019 (Blatt 30 der Beiakte 1) an, dass der Kläger alle Dokumente zur ordnungsgemäßen Erledigung der ihm seit mittlerweile nahezu neun Monaten übertragenen (und bis heute nicht vollzogenen) Aufgabe spätestens bis kommenden Freitag, den 23. September 2016 nach bestem Wissen und Gewissen zu erledigen habe. Er ordnete zugleich an, ihm die zu erstellenden Unterlagen nach Erledigung und Versand an das Landesamt für Finanzen am gleichen Tag zur Kontrolle vorzulegen. Der Kläger legte mit Schreiben vom 22. September 2016 (Blatt 36 der Beiakte 1) die ausgefüllten Formblätter zur Berechnung der zu versteuernden Beträge vor und teilte mit, dass er eine Gewähr für die Richtigkeit der ermittelten steuerlichen Daten nicht übernehmen könne. Die Formblätter waren nicht unterschrieben. Der Kläger leitete sie auch nicht an das Landesamt für Finanzen weiter.
59
Der Kläger hätte der ihm mit Weisung vom 25. Januar 2016 übertragenen Aufgabe bis spätestens Ende Juni/Anfang Juli 2016 für das erste Halbjahr 2016 nachkommen müssen. Zwar lässt sich Nr. 4.1.2. der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 23. Dezember 2013 (Az. 24/21/34 - P 1700 - 087 - 46 705/13) insoweit nur entnehmen, dass die Abrechnungsstellen die steuerpflichtigen Anteile laufend, möglichst zeitnah zum Auszahlungsmonat, mitzuteilen haben. Wie dem Kläger bekannt sein musste und ihm außerdem auch in der E-Mail vom 25. Januar 2016 mitgeteilt wurde, erfolgte und erfolgt die Meldung im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten L1. … „halbjährig“.
60
Ferner erstattete der Kläger entgegen dem Schreiben vom 12. Juli 2016 keinen Bericht zum Stand der Aufgabenerledigung bis spätestens 16. September 2016 und handelte damit gegen eine ausdrückliche Weisung. Schließlich handelte er entgegen der ihm mit Schreiben vom 16. September 2019 erteilten Weisung, indem er die von ihm zu erstellenden Unterlagen nicht nach Erledigung und Versand an das Landesamt für Finanzen am 23. September 2019 zur Kontrolle, sondern einen Tag zuvor ohne Unterschrift und nicht versendet, vorlegte.
61
Zunächst kann das Gericht nicht nachvollziehen, warum es dem Kläger nicht möglich gewesen sein sollte, sich in dem Zeitraum bis Juni 2016 eigenständig über die rechtlichen Bestimmungen zu informieren. Wie der Kläger in seinem Schreiben vom 11. Juli 2016 (Blatt 19 der Beiakte 1) ausführte, war er arbeitsmäßig nicht ausgelastet. Soweit in der dienstlichen Äußerung darauf hingewiesen wird, dass der Kläger nach wie vor nur zu rund 30% seiner Arbeitszeit beschäftigt ist, wird ihm dies nicht zum Vorwurf gemacht, sondern nur, dass er genügend Zeit gehabt hätte, sich die einschlägigen rechtlichen Vorschriften anzueignen. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken, zumal es sich insoweit um einfachste Verwaltungstätigkeiten handelt, die bei einem Beamten der 3. Qualifikationsebene in der Besoldungsgruppe A10 ohne weiteres erwartet werden müssen. Für das Gericht entstand der Eindruck, dass der Kläger die Aufgabe nicht ausführen wollte, da es sich um „lästige Arbeiten“ handle, von denen er den Eindruck hatte, dass „die auf mich abgewälzt werden sollen“ (vgl. Blatt 19 der Beiakte 1).
62
Dass der Kläger rechtliche Bedenken hatte, hält das Gericht für eine Schutzbehauptung. Er hätte sich bei rechtlichen Bedenken eigenständig über die einschlägigen Vorschriften informieren müssen. Es liegt in der Natur der Sache, dass man bei der Übernahme neuer Aufgaben zum Anfang keine oder wenig Ahnung von der Materie hat. Ein Beamter kann jedoch nicht erwarten, dass ihm alles so präsentiert wird, dass er möglichst keine oder nur wenig Eigeninitiative entfalten muss. Abgesehen hiervon wurde dem Kläger immer wieder Hilfe angeboten. Selbst wenn er durchgreifende rechtliche Bedenken gehabt hätte, hätte er von seinem Remonstrationsrecht Gebrauch machen können. Ein Beamter muss nach erfolgloser Durchführung des Remonstrationsverfahrens eine von ihm als rechtswidrig angesehene Anordnung nämlich grundsätzlich ausführen, ist aber von der eigenen Verantwortung für die Rechtmäßigkeit des ihm dienstlich aufgetragenen Verhaltens befreit, vgl. § 36 BeamtStG.
63
III. Hinsichtlich Ziffer III. Nr. 3 geht das Gericht davon aus, dass der Beklagte am 16. September 2016 ein dienstliches Faxgerät für private Zwecke nutzte und insgesamt 15 Seiten an seine Bevollmächtigten in M. faxte. Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Faxprotokoll (Seite 32 der Beiakte 1) und wird auch nicht bestritten.
64
Hierin sieht das Gericht einen Verstoß gegen § 10 Abs. 4 Satz 3 der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO). Danach dürfen dienstlich bereitgestellte Geräte, Programme und Netzzugänge grundsätzlich nicht für private Zwecke verwendet werden; besondere Regelungen über die Einrichtung und Benutzung dienstlicher Telekommunikationsanlagen (Dienstanschlussvorschriften) bleiben unberührt. Da es solche besondere Regelungen nicht gibt, ist die private Nutzung verboten, ohne dass es eines ausdrücklichen Verbots bedurft hätte. Dies hätte dem Kläger zumindest bewusst sein müssen.
65
IV. Bezüglich Ziffer III. Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheids geht das Gericht davon aus, dass das dort geschilderte Geschehen ein außerdienstliches Dienstvergehen ist.
66
1. Die Disziplinarbehörde durfte die in der Strafakte der Staatsanwaltschaft L1. … (Az. 405 Js 527/17) enthaltenen Aussagen der Zeugen C. …, G. … und B. … sowie die Stellungnahme der Polizeiobermeisterin M. … ohne weitere Beweiserhebung verwerten.
67
Gemäß Art. 26 Abs. 2 BayDG können Niederschriften über Aussagen von Personen, die schon in einem gesetzlich geordneten Verfahren vernommen worden sind, sowie Niederschriften über einen richterlichen Augenschein ohne erneute Beweiserhebung verwertet werden. Über einen Beweisantrag des Beamten oder der Beamtin ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, Art. 26 Abs. 3 Satz 1 BayDG. Dem Beweisantrag ist gemäß Art. 26 Abs. 3 Satz 2 BayDG stattzugeben, soweit er für die Tat- oder Schuldfrage oder für die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein kann. Daraus folgt, dass über einen solchen Antrag grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden ist, allerdings eine wichtige Ermessensschranke zugunsten des Beamten dann besteht, wenn der Beweisantrag von Bedeutung sein kann. Einem vom Beamten gestellten Beweisantrag kommt unter anderem dann keine Bedeutung zu, wenn die Ermittlungsbehörde durch die vorhandenen Beweise bereits das Gegenteil von dem als bewiesen betrachtet, was der Beamte mit seinem Beweisantrag anstrebt, und der Beweisantrag des Beamten nicht geeignet ist, die bestehende Beweislage zu erschüttern (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Art. 26, Rdnr. 68).
68
Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Disziplinarbehörde durfte vor dem Hintergrund der protokollierten Zeugenvernehmungen vom 7. Oktober 2016 davon ausgehen, dass sich das Geschehen im Wesentlichen so abspielte wie in dem Bescheid dargelegt. Die Zeugenaussagen sind in den wesentlichen Punkten deckungsgleich und bestätigen, dass die Aggression von dem Kläger und nicht wie behauptet von den Zeugen ausging. Diese Aussagen konnte der Kläger weder im Disziplinar- noch im Klageverfahren ernsthaft erschüttern. Hierzu genügt alleine die Behauptung, dass der Kläger angegriffen wurde nicht, zumal er keinen solchen alternativen Geschehensablauf substantiiert und nachvollziehbar darlegte. Zweifel an der Richtigkeit der Angaben ergeben sich auch nicht daraus, dass die Zeugen nach den Angaben des Klägers einen problematischen L. hätten. Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Richtigkeit des geschilderten Geschehensablaufs nachhaltig zu erschüttern. Hinzu kommt, dass die P. M. … in ihrer Stellungnahme vom 9. Oktober 2016 das aggressive Verhalten des Klägers ebenfalls schilderte und den Geschehensablauf insoweit bestätigte. Vor diesem Hintergrund konnte auch der entsprechende Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung abgelehnt werden.
69
2. Das Gericht geht davon aus, dass dieses Fehlverhalten des Klägers dem außerdienstlichen Bereich zuzurechnen ist. Als Dienstvergehen ist das außerdienstliche Verhalten von Beamten gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG nur zu qualifizieren, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei von folgenden Grundsätzen auszugehen (vgl. BVerwG vom 18.6.2015 Az. 2 C 9/14):
„Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. Juli 1967 (BGBl. I S. 725) reicht bei außerdienstlichen Verfehlungen nicht bereits die Pflichtverletzung selbst zur Annahme eines Dienstvergehens aus, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch eine Straftat begangen worden ist (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 14). Hinzutreten müssen weitere, auf die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung bezogene Umstände. Nur soweit es um die Wahrung des Vertrauens der Bürger in die Integrität der Amtsführung und damit in die künftige Aufgabenwahrnehmung geht, vermag das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Interesse an der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums die im privaten Bereich des Beamten wirkenden Grundrechte einzuschränken (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <254>).
70
Unterhalb dieser Schwelle erwartet der Gesetzgeber von Beamten kein wesentlich anderes Sozialverhalten mehr als von jedem anderen Bürger (BT-Drs. 16/7076 S. 117 zum BBG sowie BT-Drs. 16/4027 S. 34 zum BeamtStG; hierzu auch BVerwG, Urteile vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <26 f.> und vom 27. Juni 2013 - 2 A 2.12 - BVerwGE 147, 127 Rn. 24). Private Straßenverkehrsdelikte etwa begründen daher in der Regel kein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 2000 - 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23> zur einmaligen Trunkenheitsfahrt).
71
Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - NVwZ 2003, 1504 Rn. 30). Dabei kommt vorsätzlichen (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) Straftaten eine besondere Bedeutung zu (BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 24). Maßgeblich ist auch, ob der Pflichtenverstoß des Beamten einen Bezug zu seinem Amt aufweist.
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c) Bezugspunkt hierfür ist das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne; soweit in der bisherigen Rechtsprechung auf das Amt im konkret-funktionellen Sinne (den Dienstposten) abgestellt worden ist, hält der Senat hieran nicht mehr fest.
73
Das strafrechtlich relevante Verhalten des Klägers beeinträchtigt das für sein Amt erforderliche Vertrauen, da es sich um die Straftat einer vorsätzlichen Körperverletzung handelt. An der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht, dass diese Körperverletzung keinen Bezug zu dem Amt des Klägers aufweist, da dieser als Forstbeamter (im Innendienst) tätig ist, hält das Gericht nicht fest. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lösen außerdienstliche Dienstvergehen regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis aus, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt (vgl. BVerwG vom 28.7.2011 Az. 2 C 16/10). Dieser Entscheidung lässt sich hierzu folgendes entnehmen:
„Der Senat hat diese gesetzlichen Vorgaben dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Beamtentums in einer Weise beschädigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann. An dem objektiven Maßstab des gesetzlichen Strafrahmens hat sich die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe der § 57 Satz 3, § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW zu orientieren. Eine derartige Straftat eines Beamten ist nur dann nicht disziplinarrechtlich relevant, wenn ihr Unrechtsgehalt nach den konkreten Umständen des Falles erkennbar an der unteren Schwelle liegt (Urteile vom 25. März 2010 a.a.O. <jeweils Rn. 14 ff.> und vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 17).“
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Eine Körperverletzung wird gemäß § 223 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Das Strafmaß reicht also weit über zwei Jahre hinaus. Nach den konkreten Umständen des Falls, die sich aus den Zeugenaussagen und der Stellungnahme der P. M. … ergeben, kann von einem Unrechtsgehalt an der unteren Schwelle nicht die Rede sein.
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V. Dagegen kann dem Kläger das Geschehen unter Ziffer III. Nr. 5 disziplinarisch nicht mehr zum Vorwurf gemacht werden kann.
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Die tatsächlichen Feststellungen eines Strafbefehls sind zwar nicht gemäß Art. 55 i.V.m. 25 Abs. 1 BayDG für ein Disziplinar(-klage) verfahren bindend. Das Gericht kann sie jedoch gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG seiner Entscheidung ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen, zumal der Kläger diese Feststellungen weder im Disziplinar- noch im Klageverfahren - substantiiert - bestritten hat. Hinzu kommt, dass den in einem rechtskräftigen Strafbefehl getroffenen tatsächlichen Feststellungen eine erhebliche Indizwirkung zukommt (vgl. z.B. BayVGH vom 1.6.2005 Az. 16a D 04.3502).
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Das Gericht hält jedoch die Einbeziehung dieses Vorfalls am 17. Juli 2001 nicht für ermessensgerecht, da der hierfür erforderliche innerliche und äußere Zusammenhang nicht besteht (vgl. hierzu Zängl, Bayerische Disziplinarrecht, MatR/I, Rdnr. 64c). Zwar steht nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens einer Einbeziehung dieses Strafbefehls das Maßnahmeverbot des Art. 16 BayDG wegen Zeitablaufs nicht unbedingt entgegen, wenn es auch isoliert betrachtet Anwendung finden würde. Dabei ist aber auch zu beachten, dass der Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens nicht dazu dienen darf, die Vorschrift des Art. 16 BayDG zu umgehen.
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Es mag sein, dass sich im Verhalten des Klägers ein gewisser Zug zu Rücksichtslosigkeit und Egoismus zeigt. Allerdings sieht das Gericht keinen so engen Zusammenhang zwischen den Ereignissen in den Jahren 2001 und 2016, dass dies einheitlich disziplinarisch gewürdigt werden müsste. Dies beruht darauf, dass gegen den Kläger mit Strafbefehl vom 21. Februar 2002 eine Geldstrafe sowie ein Fahrverbot wegen der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs gem. §§ 315c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3 Nr. 2, 44 StGB verhängt wurde. Zum einen handelt es sich dabei um ein Fahrlässigkeitsdelikt, nicht um eine vorsätzliche Straftat, der im Disziplinarverfahren besondere Bedeutung zukommt. Zum anderen wird das Delikt mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, erreicht also bei der abstrakten Strafandrohung gerade noch das erforderliche Strafmaß von zwei Jahren (s.o.). Hinzu kommt, dass nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts private Straßenverkehrsdelikte in der Regel kein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis begründen. Dies gilt nach Auffassung des Gerichts insbesondere dann, wenn der Beamte - wie hier - nicht beruflich mit dem Führen von Kraftfahrzeugen betraut ist.
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B. Der Kläger hat durch sein Verhalten zumindest grob fahrlässig und schuldhaft ein einheitliches innerdienstliches und außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BeamtStG begangen.
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In der Missachtung dienstlicher Weisungen liegt ein Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Dienstausübung (§ 34 Satz 1 BeamtStG) und gegen die Pflicht, dienstliche Anordnungen auszuführen, § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Ferner liegt ein innerdienstlicher Verstoß gegen die Pflicht zur uneigennützigen Aufgabenwahrnehmung nach § 34 Satz 2 BeamtStG und die Pflicht, allgemeine Richtlinien zu befolgen vor, § 35 Satz 2 BeamtStG. Durch sein strafrechtlich relevantes Verhalten hat der Kläger gegen die ihm obliegende Pflicht verstoßen, die Gesetze zu beachten.
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C. Zur Ahndung des Dienstvergehens ist die Disziplinarmaßnahme der Geldbuße erforderlich und angemessen. Die Schwere des Dienstvergehens gebietet noch keine Kürzung der Dienstbezüge.
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Die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme ergeht gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayDG nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen, Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 Az. 2 C 6/14). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (vgl. BVerfG vom 8.12.2004 Az. 2 BvR 52/02). Eine Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG vom 20.10.2005 Az. 2 C 12.04). Bei der Ausübung des den Gerichten eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind, ist jede Schematisierung zu vermeiden. Da die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen einer der in Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen.
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Unter Anwendung dieser Grundsätze gilt zunächst, dass hier ein einheitliches innerdienstliches und außerdienstliches Dienstvergehen vorliegt, dessen Schwere in einem leichten bis mittleren Bereich der Dienstpflichtverletzungen anzusiedeln ist. Am schwersten wiegen die Dienstverstöße unter Ziffer III. Nr. 2 und Nr. 4. Die zeitlichen Verzögerungen unter Ziffer III. Nr. 1 ist als eher geringfügiger Verstoß anzusehen. Das Versenden des Telefaxes ist so geringfügig, dass es unter „normalen Umständen“ wohl disziplinarisch nicht gewürdigt worden wäre.
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Zugunsten des Klägers ist zu berücksichtigen, dass er disziplinarrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten ist. Die dienstliche Äußerung seines Vorgesetzten vom 23. Januar 2018 ist weitgehend als negativ zu werten. Den vorliegenden Beurteilungen und dem Akteninhalt lassen sich in Teilen unterdurchschnittliche Leistungen aber auch ein gewisse Steigerung entnehmen. Für das Gericht nicht nachvollziehbar ist jedoch, dass der seit dem Jahr 1985 im Dienst des Freistaats B. stehende Kläger „erstaunlich viele Stationen durchlaufen“ haben soll. Das Gericht hatte in der mündlichen Verhandlung den Eindruck, dass der Kläger eine gewisse Unbelehrbarkeit und Beratungsresistenz an den Tag legte.
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Als Disziplinarmaßnahme ist nach einer prognostischen Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände auf die Disziplinarmaßnahme einer Geldbuße in Höhe von 3.000 € zu erkennen. Der Kläger hat hier ein leichtes bis mittelschweres erstmaliges Dienstvergehen begangen, das nicht ein solches Gewicht aufweist, dass eine Kürzung der Dienstbezüge veranlasst wäre. Das Gericht hält jedoch eine deutliche Pflichtenmahnung durch eine Geldbuße für geboten, deren Höhe sich im Rahmen des Art. 8 Abs. 1 Satz 1 BayDG bewegt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch wenn das Gericht auf eine mildere Disziplinarmaßnahme erkannt hat, hat die Klage nur teilweisen Erfolg. Das Verfahren ist gebührenfrei, Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG.