Inhalt

AG Schwabach, Endurteil v. 16.12.2020 – 9 C 448/20 WEG
Titel:

Schadensersatzansprüche aus Verletzung des Verwaltervertrages

Normenketten:
WEG § 10
ZPO § 708 Nr. 11
Leitsatz:
Es handelt sich bei dem behaupteten Schadenersatzanspruch um einen gemeinschaftsbezogenen Anspruch, in der Form des geltend gemachten Freistellungsanspruchs gegen die beklagte Verwaltung, der der Kläger Vertragspflichtverletzung vorwirft. Das bedeutet, dass originär die WEG diesen Anspruch gegen die Verwaltung geltend machen oder alternativ ein Beschluss der Wohnungseigentümer den Kläger ermächtigen müsste, den Anspruch allein geltend machen zu können. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Wohnungseigentum
Fundstellen:
ZMR 2022, 427
LSK 2020, 57668
BeckRS 2020, 57668

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 4.331,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Der Kläger ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft …. Die Beklagte ist die Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger ist seit 1988 Eigentümer eines Miteigentumsanteils von 151/1.000stel an dem Grundstück dieser WEG, verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan der Teilungserklärung mit Nr. IX bezeichneten Laden an der ….
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Das WEG-Grundstück ist nach der zugrundeliegenden Teilungserklärung vom 10.06.1969 - nebst Nachtrag vom 05.02.1975 - aufgeteilt in 168 Wohneinheiten, diese verteilt auf sieben Gebäude. Außerdem gibt es noch ein weiteres Flachdachgebäude, in dem sich ausschließlich das Sondereigentum „Laden“ des Klägers befindet. In Ziffer V. der Teilungserklärung ist geregelt, was zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört, darunter unter b) „diejenigen Räume und Gebäudeteile, die nicht zum Sondereigentum gehören. Die Dächer der einzelnen Gebäude sind in der Teilungserklärung nicht als Sondereigentum definiert. In Ziff. VIII der Teilungserklärung findet sich außerdem unter Bezugnahme auf den Aufteilungsplan eine Gebrauchsregelung für das gemeinschaftliche Eigentum, dort im Plan mit „g“ gekennzeichnet.
3
Unter Ziffer VII, 8. Der Teilungserklärung heißt es: „Die Wohnungseigentümer haben jeweils für ihren Wohnblock in dem Verhältnis der Größe ihrer Wohnungen zu einer Instandhaltungsrücklage, zu den Bewirtschaftungskosten und Zins- und Tilgungszahlungen auf die Schulden und Lasten, soweit sie gemeinschaftlich sind, beizutragen. Im Aufteilungsplan für das Ladengebäude, in dem der Kläger sein Sondereigentum hat, findet sich keine Bezeichnung mit „g“.
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Anfang Dezember 2018 stellte der Kläger fest, dass im Bereich des Schaufensters seiner Ladeneinheit Regenwasser über das Dach in sein Sondereigentum eindrang und es folgte Schriftverkehr mit der Beklagten per E-Mail und schließlich mit anwaltlichem Schreiben vom 28.01.2019, mit dem die Beklagte nochmals aufgefordert wurde, tätig zu werden. Mit E-Mail der Beklagten vom 28.01.2019 teilte diese dem Kläger mit, zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und der Firma … seien ein Bauvertrag über Reparaturarbeiten an dem Flachdach geschlossen worden. Im Februar 2019 wurden dann am Flachdach des Ladengebäudes Abdichtungsmaßnahmen durchgeführt, die die Firma … der WEG mit einem Pauschalbetrag von netto 4.900,00 €, folglich 5.831,00 € brutto in Rechnung stellte. Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 11.03.2019 zur Zahlung dieser Kosten an die WEG auf, was der Kläger ablehnte und der Beklagten mitteilen ließ, der Rechnungsbetrag sei der Höhe nach unangemessen und deutlich überzogen. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zahlte er jedoch am 16.05.2019 einen Betrag von 1.500,00 € an die WEG. Nach einem neuerlichen Wassereintritt an derselben Stelle der Ladeneinheit Ende Oktober 2019 ließ der Kläger die weitere Reparatur durch die von ihm beauftragte Firma … ausführen.
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Am 17.03.2020 wurde in der Eigentümerversammlung die Jahresgesamt- und Einzelabrechnung für 2019 bestandskräftig beschlossen, in der die seitens der WEG an die Firma … bezahlten 5.831,00 € komplett dem Kläger unter Abzug der Teilzahlung von 1.500,00 € in seiner Einzelabrechnung auferlegt wurden. Der Kläger ist im rechnerischen Ergebnis der Jahresabrechnung 2019 bezüglich der durch die Beklagte veranlassten Dacharbeiten in Höhe von 4.331,00 € weiterhin belastet.
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Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe viel zu spät auf den Wassereinbruch reagiert, wodurch sich dieser noch vergrößert habe. Das Vertragsverhältnis zwischen der WEG und der Firma … sei nicht nachvollziehbar, insbesondere nicht bezüglich der Vergütung. Auch sei nicht ersichtlich, ob, warum und auf welcher Vertragsgrundlage die Firma D… die Arbeiten am Flachdach des Ladengebäudes ausgeführt habe. Diese Arbeiten seien außerdem keine erforderlichen Notmaßnahmen, sondern eine - vermeintlich - vollständige Reparatur zu einer erhöhten Vergütung gewesen. Die Arbeiten seien jedoch in jedem Fall mangelhaft gewesen, was sich an dem erneuten Wassereinbruch im Oktober 2019 gezeigt habe.
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Der Kläger ist der Meinung, in Höhe der ihm aus der Jahresabrechnung belastenden 4.331,00 € stünden ihm Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aus Verletzung des Verwaltervertrages zu. Dieser habe auch Schutzwirkung zu seinen Gunsten.
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Der Kläger beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von seiner Zahlungspflicht gegenüber der … au der Jahreseinzelabrechnung 2019 betreffend seine Sondereigentumseinheit Ladengebäude, in Höhe von 3.455,33 € freizustellen.
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Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 875,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
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Die Beklagte wird ferner verurteilt, dem Kläger vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Sie ist der Meinung, ihre Inanspruchnahme sei nicht mehr möglich, nachdem ihr durch Beschluss bei der Eigentümerversammlung vom 17.03.2020 Entlastung für das Jahr 2019 erteilt worden sei. Außerdem sei der Kläger nicht berechtigt, originäre Ansprüche der Gemeinschaft gegenüber der Beklagten geltend zu machen, da sich die Zahlungsverpflichtung des Klägers auf Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum beziehe.
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Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
14
Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unzulässig, denn der Kläger ist nicht prozessführungsbefugt.
16
Streitgegenstand ist ein eigener Schadensersatzanspruch des Klägers, den er zwar grundsätzlich als Freistellungsanspruch geltend machen kann. Auch fällt der Kläger nach Ansicht des Gerichts durchaus in den Schutzbereich des Verwaltervertrages. Jedoch fehlt ihm die Prozessführungsbefugnis. Gegenstand des Schadenersatzanspruchs ist nicht der unmittelbar am Dach der Ladeneinheit entstandene Schaden, sondern infolge behaupteter Pflichtverletzung der Beklagten der für die Reparatur des Daches aufgewendete, nach Ansicht des Klägers überhöhte Betrag, der dem Kläger in der bestandskräftig beschlossenen Jahresabrechnung 2019 zu 100 % übertragen worden ist. Das Ladengebäude ist ein freistehendes Gebäude und insofern vergleichbar mit den einzelnen Wohnblocks des Anwesens. Sondereigentum des Klägers ist lediglich der sich in diesem Gebäude befindende Laden, während das Dach - wie auch die Dächer der anderen einzelnen Gebäude - in der Teilungserklärung nicht als Sondereigentum bezeichnet und daher Gemeinschaftseigentum ist. Aus dem Aufteilungsplan zur Teilungserklärung geht nichts anderes hervor. Zwar ist dort gemeinschaftliches Eigentum zum Teil mit „g“ gekennzeichnet. Jedoch führt die fehlende Bezeichnung des Dachs des Ladengebäudes mit „g“ nicht zu dem Umkehrschluss, es handele sich bei diesem Dach um Sondereigentum des Klägers. Dies ergibt sich schließlich auch nicht aus Ziff. VIII der Gemeinschaftsordnung, die eben die Bezeichnung des gemeinschaftlichen Eigentums im Aufteilungsplan mit „g“ regelt, allerdings als im weiteren detailliert dargelegte Gebrauchsregelung, die inhaltlich nicht auf das Dach des Ladengebäudes und im Übrigen auch nicht auf die anderen Dächer der Wohnblocks anwendbar ist. Es geht in dieser Regelung nur um die Nutzung von Räumen, unter anderem auch um Dachräume, aber eben nicht um das jeweilige Dach selbst, das in diesem Sinne nicht benutzt werden kann. Da es sich also bei dem Dach des Ladengebäudes um Gemeinschaftseigentum handelt, trifft die Pflicht zur Instandsetzung im Fall eines dort entstandenen Schadens grundsätzlich die Wohnungseigentümergemeinschaft, es sei denn, diese Pflicht wäre durch die Gemeinschaftsordnung auf den Sondereigentümer übertragen worden. Der Kläger hat, unbestritten seitens der Beklagten, vorgetragen, über das Dach sei Wasser in sein Sondereigentum eingedrungen. Es war folglich im Verfahren nie davon die Rede, der Wasserschaden sei unmittelbar im Sondereigentum des Klägers entstanden.
17
In der Gemeinschaftsordnung Ziff. VII 8 ist im Einzelnen geregelt, dass, wofür und nach welchem Maßstab die Wohnungseigentümer für gemeinschaftliche Kosten „ihres Wohnblocks“ - in diesem Sinne der Kläger für „sein Ladengebäude“ - beizutragen haben. Aus dem Wortlaut ist nicht zu ersehen, dass auch Instandsetzungskosten von den Wohnungseigentümern „für ihren Wohnblock“ allein zu zahlen sind. Erwähnt sind dort nur unter anderem eine Instandhaltungsrücklage und die Bewirtschaftungskosten. Gegenteiliges ergibt sich auch aus den weiteren regelungen der Gemeinschaftsordnung nicht.
18
Es handelt sich daher bei dem behaupteten Schadenersatzanspruch um einen gemeinschaftsbezogenen Anspruch, auch in der Form des geltend gemachten Freistellungsanspruchs gegen die beklagte Verwaltung, der der Kläger Vertragspflichtverletzung vorwirft. Das bedeutet, dass originär die WEG diesen Anspruch gegen die Verwaltung geltend machen oder alternativ ein Beschluss der Wohnungseigentümer den Kläger ermächtigen müsste, den Anspruch allein geltend machen zu können. Der Kläger hat keine konkreten Schadenspositionen bezüglich seines Sondereigentums geltend gemacht. Er hat lediglich ganz allgemein und insofern unsubstantiiert vorgetragen, durch den Wassereinbruch infolge Abdichtungsschäden am Dach seien auch an seinem Sondereigentum Schäden entstanden. Im Einzelnen benannt hat er diese nicht, ohne dass es allerdings darauf entscheidend ankäme. Denn der vom Kläger behauptete Schaden besteht ja nicht in seiner Verpflichtung der WEG gegenüber, die von dieser verauslagten Reparaturkosten im Innenverhältnis auszugleichen, nachdem die Jahresabrechnung bestandskräftig und vom Kläger akzeptiert worden ist, sondern in unberechtigten, überhöhten Kosten infolge verzögertem und vertragspflichtverletzendem Verhalten der Beklagten der WEG gegenüber. Es handelt sich um gemeinschaftsbezogene Ansprüche, für die eine geborene Ausübungsbefugnis der WEG besteht, die allein prozessführungsbefugt ist (Bärmann 14. Aufl. Rdnr. 256 zu § 10 WEG).
19
Die Klage wäre im Übrigen aus den teilweise identischen Gründen auch unbegründet. Der Kläger hat, wie dargelegt, nicht substantiiert vorgetragen, worin sein eigener, nicht gemeinschaftsbezogener Schaden bestehen soll. Sofern er der Beklagten - von ihr bestrittene - Vertragspflichtverletzungen vorwirft, hätte dies alles im Rahmen eines Beschlussanfechtungsverfahrens bezüglich der Genehmigung der Jahresabrechnung 2019 erörtert werden können mit dem zumindest denkbaren Ergebnis, dass die Einstellung der Reparaturkosten für das Dach in dieser Höhe und die vollständige Übertragung auf den Kläger in seiner Einzelabrechnung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen hätte. Der - nicht streitgegenständliche - Beschluss ist jedoch bestandskräftig. Nichtigkeitsgründe sind nicht erkennbar und auch nicht behauptet worden.
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Auf die weiteren Fragen, in welchem Vertragsverhältnis die reparaturausführende Firma zu der von der seitens der WEG beauftragten Firma … steht, ob die ausführende Firma nur eine vorübergehende Abhilfemaßnahme, wie vom Kläger verlangt, oder eine endgültige Reparatur durchgeführt hat, ob die Reparaturarbeiten mängelbehaftet waren, ob die Beklagte ihre vertragglichen Verpflichtungen verletzt hat etc. kommt es, jedenfalls im Rahmen des vorliegenden Verfahrens, nicht mehr an.
21
Im Ergebnis war die Klage abzuweisen.
Kosten: § 91 ZPO
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 708 Nr. 11 ZPO