Titel:
Schadensersatz, Fahrzeug, Schadensersatzanspruch, Prospekt, Kaufpreis, Haftung, Pkw, Streitwert, Anspruch, Form, Anrechnung, Bank, Darlehen, Einspruch, Kosten des Rechtsstreits, kein Anspruch, konkrete Anhaltspunkte
Schlagworte:
Schadensersatz, Fahrzeug, Schadensersatzanspruch, Prospekt, Kaufpreis, Haftung, Pkw, Streitwert, Anspruch, Form, Anrechnung, Bank, Darlehen, Einspruch, Kosten des Rechtsstreits, kein Anspruch, konkrete Anhaltspunkte
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 31.05.2021 – 21 U 83/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 06.04.2022 – VII ZR 655/21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 57647
Tenor
Das Versäumnisurteil vom 21.11.2019 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten ihrer Säumnis, im Übrigen trägt der Kläger die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Der Streitwert wird bis 20.11.2020 auf 44.166,00 € und ab dem 21.11.2020 auf 33.282,58 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz nach einem Pkw-Kauf wegen einer angeblichen Manipulation an dem von der Klagepartei erworbenen Pkw.
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Der Kläger erwarb am 06.10.2015 bei dem Autohaus in den gebrauchten Pkw zum Kaufpreis von 42.834,00 €. Bei Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs betrug die Laufleistung 21.833 km. In dem Fahrzeug ist ein 3.0 Liter V6-Turbodieselmotor (150 kW, 204 PS) mit der Abgasnorm Euro 5plus verbaut.
3
Der Kaufpreis wurde teilweise über ein Darlehen der finanziert. Die Finanzierung ist zwischenzeitlich beendet. Der Kläger ist Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs. In dem Fahrzeug ist ein sogenanntes „Thermofenster“ integriert.
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Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung betrug der aktuelle Kilometerstand 102.875 km. Mit dem Schriftsatz vom 07.01.2019 begehrte die Klagepartei Schadensersatz gegen die Beklagte Zugum-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Pkw abzüglich einer Nutzungsentschädigung und setzte der Beklagten eine Frist bis 14.01.2019.
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Die Klagepartei behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug sei von dem sog. „Abgasskandal“ betroffen, da in dem Fahrzeug eine Abschalteinrichtung verbaut sei, um im Falle eines Abgastests die zulässigen Abgaswerte zu erreichen.
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Die Klagepartei trägt im Wesentlichen vor:
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In dem Fahrzeug sei ein Motor mit der Typenbezeichnung EA897 verbaut. Es finde eine unterschiedliche Emissionsbehandlung statt, je nachdem, ob sich das Fahrzeug im Prüfverfahren des NEFZ oder im Normalbetrieb befinde. So erkenne das Fahrzeug, ob es sich auf dem technischen Prüfstand oder im normalen Straßenbetrieb befinde (sog. „Rollenprüfstandmodus“). Während auf dem Prüfstand die zulässigen Stickoxid-Grenzwerte eingehalten würden, sei dies im Realbetrieb nicht der Fall, da hier die Abgasrückführungsquote zurückgefahren werde. Auf dem Prüfstand finde eine Leistungsreduzierung statt, um die CO²-Werte zu senken. Im Normalbetrieb seien die NOx-Emissionen hingegen erheblich höher. Die Klägerseite verweist unter anderem auf Messergebnisse der Deutschen Umwelthilfe sowie den Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen des Bundesverkehrsministeriums. Die Grenzwerte müssten nach Auffassung der Klagepartei jedoch auch im normalen Fahrzeugbetrieb eingehalten werden. Zudem habe die Beklagte auch über das On-Board-Diagnosesystem (OBD) getäuscht. Auch sei in dem Fahrzeug nach Auffassung der Klagepartei ein zusätzliches Steuergerät in Form des sog. Auxilliary Emission Control Device“ (AECD) verbaut. Auf dem Prüfstand werde zudem im Rahmen der Verwendung eines SCR-Katalysators mehr AdBlue eingespritzt als im normalen Straßenbetrieb. Auch sei der Pkw im Prospekt falsch beworben. Gerade ein geringer Kraftstoffverbrauch bei hoher Leistung und ein geringer Ausstoß von CO² sei entscheidend für die Kaufentscheidung der Klagepartei gewesen.
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Die Klagepartei ist der Auffassung, auch das unstreitig in dem streitgegenständlichen Pkw verbaute Thermofenster stelle eine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Zudem kämen in dem streitgegenständlichen Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen in Form der „Aufheizstrategie“ und der „Lenkwinkelerkennung“ zum Einsatz. Die Klagepartei verweist in diesem Zusammenhang auf bereits ergangene Rückrufbescheide des KBA, von denen auch das streitgegenständliche Fahrzeug erfasst sei.
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Die Erkenntnisse aus den USA im Zusammenhang mit 3-Liter-Fahrzeugen seien nach Auffassung der Klagepartei auf Deutschland übertragbar.
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Die Klagepartei sieht den Schaden unter anderem in dem ungewollten Vertragsschluss.
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Die Klagepartei begründet einen Anspruch unter anderem aus §§ 311 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, 826 BGB bzw. §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bzw. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV sowie § 831 BGB. Die Täuschung der Beklagten sei kausal für den Autokauf der Klagepartei geworden. Das vorsätzliche Handeln der Organe der Beklagten müsse sich diese zurechnen lassen.
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In der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2019 erging auf Antrag der Klagepartei ein Versäumnisurteil, nachdem für die beklagte Partei niemand erschienen war. Die Beklagte hat gegen das am 05.12.2019 zugestellte Versäumnisurteil am 17.12.2019 form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.
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Die Klagepartei beantragte in der mündlichen Verhandlung zuletzt,
das Versäumnisurteil vom 21.11.2019 mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 10.883,42 € abzuziehen ist.
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Die Beklagte beantragte das Versäumnisurteil vom 21.11.2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, der Vortrag der Klagepartei zu den behaupteten Abschalteinrichtungen bzw. Manipulationen sei zu unsubstantiiert. Eine Täuschung oder sittenwidriges Verhalten der Beklagten liege nicht vor. Es fehle auch an der Kausalität sowie am Schaden der Klagepartei für einen deliktischen Anspruch gegen die Beklagte. Das streitgegenständliche Fahrzeug verfüge über einen Motor des Typs EA896Gen2. Es werde auf dem Prüfstand kein optimierter Modus angewandt. Es sei unzutreffend, dass Fahrzeuge im Straßenverkehr dieselben Grenzwerte einhalten müssen, wie im Testzyklus. Zudem stelle die Verwendung eines Thermofensters keine unzulässige Abschalteinrichtung dar. In dem Pkw sei kein SCR-Katalysator zum Einsatz gekommen. Eine Täuschung über das OBD habe nicht stattgefunden. Das AECD stelle entgegen der Auffassung der Klagepartei kein zusätzliches Steuergerät dar.
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Bezüglich des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat mündlich am 20.11.2020 zur Sache verhandelt und den Kläger informatorisch angehört. Bezüglich des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 20.11.2020 verwiesen. -
Entscheidungsgründe
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Der Einspruch ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
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Der Einspruch hat auch in der Sache Erfolg, da die Klage unbegründet ist.
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I. Die Klage ist zulässig.
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II. Die Klage ist unbegründet.
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Die Klagepartei hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen, auch nicht Zugum-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs und Anrechnung einer Nutzungsentschädigung.
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Der Klagepartei stehen die geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
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1. Von der Klagepartei wurden die tatsächlichen Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nicht schlüssig vorgetragen.
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a) Zwischen den Parteien besteht bereits kein Vertragsverhältnis.
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b) Der Klagepartei steht auch kein Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 311 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB zu.
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Die Klagepartei trägt indes die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen.
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Die Klagepartei stützt den Schadensersatzanspruch darauf, dass die Beklagte als Herstellerin des Fahrzeugs durch das Ausstellen der Übereinstimmungsbescheinigung besonderes Vertrauen in Anspruch genommen habe.
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Das Gericht ist der Auffassung, dass durch das Ausstellen der EG-Übereinstimmungsbescheinigung bereits keine vertragsähnliche Sonderbeziehung zwischen den Parteien entstanden ist, mithin ein Rechtsverhältnis i.S.d. § 241 Abs. 2 BGB.
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Die Angaben in der EG-Übereinstimmungsbescheinigung begründen vorliegend keine Haftung der Beklagten aus den genannten Vorschriften. Die Beklagte legt als Hersteller von Kraftfahrzeugen ihren Produkten diese Übereinstimmungsbescheinigungen bei, da sie nach den Vorschriften des EG-FGV hierzu verpflichtet ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte als Herstellerin für die in der Übereinstimmungsbescheinigung mitgeteilten Daten in besonderer Weise einstehen möchte oder ein besonderes Vertrauen hinsichtlich der dort genannten Daten vermittelt.
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Hinzukommt, dass für das besondere Vertrauen i.S.d. § 311 Abs. 3 BGB zumindest erforderlich wäre, dass die Beklagte unmittelbar oder mittelbar durch eine für sie handelnde Person an den Verhandlungen teilgenommen hat (Vgl. Palandt/Grüneberg, § 311 Rn. 63). Der Kläger hat das Fahrzeug vorliegend über das Autohaus Mühlenberg in Ludwigshafen bezogen. Die Beklagte war an etwaigen Vertragsverhandlungen nicht beteiligt.
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Soweit die Klagepartei mit Anlage K9 ferner eine sog. „Preisliste“ der Beklagten zu dem Fahrzeugmodell A6 vorlegt, ist nicht ersichtlich woraus sich hier eine Haftung der Beklagten im Form der sog. „Prospekthaftung“ ergeben soll. Zwar erfolgten im Rahmen dieser „Preisliste“ auch Angaben zum Verbrauch sowie den CO²-Emissionen. Die Klagepartei vertritt die Auffassung, das streitgegenständliche Fahrzeug sei hinsichtlich der Angaben durchschnittlicher Verbrauch 7,0 Liter / 100 Kilometer in dem Prospekt falsch beworben worden (Vgl. Klage S. 25). Die Klagepartei habe die gesetzlich festgelegte Normrunde nachgefahren und versucht die Verbrauchsangaben annähernd zu erreichen. Dies sei ihr unmöglich gewesen.
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Das Gericht hat diese Preisliste gesichtet. So konnte das Gericht feststellen, dass die Beklagte bei den Angaben zum Verbrauch auf Fußnote 1 verweist, wonach das Fahrverhalten und andere nichttechnische Faktoren das Erreichen der angegebenen Werte beeinflussen können. Die Angaben in dem Prospekt können daher nicht vollständig auf den Verbrauch im Realbetrieb übertragen werden, zumal insbesondere das individuelle Fahrverhalten eine bedeutende Rolle spielt. Im Übrigen dürfte bekannt sein, dass es sich bei den angegebenen Werten allein um Durchschnittswerte handelt. Auch die Tatsache, dass ein Fahrzeug im normalen Fahrbetrieb höhere Emissionen bzw. einen höheren Kraftstoffverbrauch aufweist als im Prüfverfahren, ist ebenfalls allgemein bekannt.
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Es kommt daher allenfalls eine deliktische Haftung der Beklagten in Betracht.
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c) Auch ein Anspruch gemäß § 826 BGB besteht nicht.
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Nach § 826 BGB ist zum Schadensersatz verpflichtet, wer einem anderen in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt.
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Es fehlt bereits an einem hinreichend substantiiertem Vortrag der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klagepartei zu einer sittenwidrigen Handlung durch die Beklagte.
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Insbesondere trägt die Klagepartei nicht hinreichend konkrete Anhaltspunkte vor, die den zulässigen Schluss begründen können, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut sein sollen.
38
Der Vortrag der Klagepartei genügt nicht den Anforderungen an das Aufstellen einer Behauptung nach zivilprozessualen Grundsätzen. Grundsätzlich ist es einer Partei im Zivilprozess zulässig Tatsachen zu behaupten, über die sie mangels eigener Sinneswahrnehmung oder Sachkunde keine genaue Kenntnis haben kann, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält (BeckOK ZPO/von Selle, § 138 Rn. 32). Prozessual unzulässig wird eine solche Behauptung von Tatsachen erst dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „ins Blaue hinein“ aufstellt (BGH, Beschluss vom 15.10.2019, VI ZR 377/18, BeckRS 2019, 29144, Rn. 10). Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist jedoch Zurückhaltung geboten, in der Regel wird Willkür nur bei Fehlen jeglicher Anhaltspunkte anzunehmen sein (BGH, Beschluss vom 15.10.2019, VI ZR 377/18, BeckRS 2019, 29144, Rn. 10).
aa) „Thermofenster“ Deliktische Ansprüche ergeben sich jedenfalls nicht wegen des in dem streitgegenständlichen Fahrzeugs verbauten Thermofensters.
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Für die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale ist die Klagepartei vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet. Die Klagepartei müsste neben der Tatsache, dass es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, auch ein vorsätzliches oder gar sittenwidriges Handeln der Beklagten beweisen.
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Die Klagepartei stuft das Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 EG VO Nr. 715/2007 ein. Die Beklagte hat dies bestritten und sich auf den Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 S. 2 lit.a) EG VO Nr. 715/2007 berufen, da die Maßnahme zum Schutz von Bauteilen erforderlich sei.
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Es ist bereits nicht klar, ob es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Die Gesetzeslage hierzu ist aufgrund des zuvor genannten Ausnahmetatbestandes keinesfalls eindeutig. Der Einsatz von Thermofenstern kann jedenfalls nicht ohne weiteres als rechtswidrig beurteilt werden, worauf das KBA auch hingewiesen hat (Vgl. OLG München, Urteil vom 03.04.2020, Az. 5 U 941/20). Gegen das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung spricht bereits die Tatsache, dass das hier in Rede stehende Thermofenster vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeitet wie auf dem Prüfstand, während beispielsweise die in den EA189-Motoren verbaute Software auf einer Umschaltlogik basierte, so dass der Schadstoffausstoß nur auf dem Rollenprüfstand vermindert wurde.
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Thermofenster werden von sämtlichen Herstellern eingesetzt und sind allgemein anerkannte technische Einrichtungen. Sie kommen branchenweit bei sämtlichen Dieselmotoren zum Einsatz. Der Zweck der Thermofenster liegt darin, eine „Versottung“ von Bauteilen bei Kondensierung von unverbrannten Rückständen in den kalten Rohrleitungen mittels einer von der Außentemperatur abhängigen Abgasrückführung zu verhindern. Sie dienen mithin dem Schutz von Bauteilen. Nicht jedes Thermofenster stellt zwingend eine unzulässige Abschalteinrichtung dar.
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Ob es sich bei dem konkreten Thermofenster des streitgegenständlichen Fahrzeugs um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, kann im Ergebnis jedoch dahinstehen. Denn das Gericht ist der Überzeugung, dass sich das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs wegen dem verbauten Thermofenster jedenfalls nicht als vorsätzliche sittenwidrige Handlung qualifizieren lässt. Es fehlt in diesem Zusammenhang an einer Darlegung der subjektiven Haftungsvoraussetzungen.
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Das bloße Vorhandensein einer (behaupteten) objektiv unzulässigen Abschalteinrichtung ist allein nicht geeignet, Ansprüche der Klagepartei aus § 826 BGB zu begründen. Ein Schädigungsvorsatz liegt nur dann vor, wenn über die bloße Kenntnis von dem Einbau einer Einrichtung mit der in Rede stehenden Funktionsweise in dem konkreten Motor hinaus zugleich auch Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies von Seiten der Beklagten in dem Bewusstsein geschah, hiermit möglicherweise gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen, und dieser Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde.
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Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte mit der Unzulässigkeit des eingesetzten Thermofensters gerechnet hätte.
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Es ist vorliegend höchst umstritten, ob es sich bei der Verwendung des sog. Thermofensters um eine zulässige Motorschutzmaßnahme handelt. Die Gesetzeslage ist hierzu problematisch. So kann ein Thermofenster, wie die auslegungsfähige Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 lit.a) EG VO Nr. 715/2007 belegt, durchaus zulässig sein.
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Eine klare und eindeutige Rechtslage ist keinesfalls gegeben. Anders als bei dem Einsatz einer versteckten Software, kann damit bei der vorliegenden Sachlage nicht ohne weiteres von einem vorsätzlichen Rechtsverstoß ausgegangen werden. Im streitgegenständlichen Fall kann ein Vorsatz der Beklagten nicht per se unterstellt werden. Vielmehr kann dann eine möglicherweise falsche, aber dennoch vertretbare Gesetzesauslegung - bzw. anwendung durch die Organe der Beklagten in Betracht gezogen werden. Eine Auslegung, wonach ein Thermofenster eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt ist jedenfalls nicht unvertretbar. Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann nicht als besonders verwerfliches Verhalten angesehen werden (Vgl. OLG Stuttgart, Urteil v. 30.07.2019, 10 U 134/19, Rn. 90).
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bb) Übrige unzulässige Abschalteinrichtungen
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Der weitere Vortrag der Klagepartei hinsichtlich der Behauptung weiterer unzulässiger Abschalteinrichtungen, welche in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut sein sollen, ist jedenfalls zu unsubstantiiert, um eine Beweiserhebungspflicht des Gerichts auszulösen, so dass auch diesbezüglich die Klage abzuweisen war.
50
Für das streitgegenständliche Fahrzeug liegt entgegen des schriftsätzlichen Vortrags der Klagepartei kein Rückrufbescheid des Kraftfahrtbundesamtes vor. Die Beklagte hat dies stets bestritten.
51
Es ergaben sich vorliegend keine Erkenntnisse, dass die von der Klagepartei im Rahmen der Schriftsätze bezeichneten Rückrufbescheide des KBA auch das streitgegenständliche Fahrzeug betrafen.
52
So lassen sich die klägerischen Ausführungen zu dem Rückrufbescheid mit der KBA-Referenznummer 7130 bereits nicht auf das streitgegenständliche Fahrzeug übertragen. Aus der aktuellen Veröffentlichung des Kraftfahrtbundesamtes zu der KBA-Referenznummer 7130 ergibt sich, dass ausschließlich Fahrzeuge des Typs bzw. betroffen sind. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der Abbildung in dem Schriftsatz der Klagepartei vom 25.06.2020, S.
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4. Bei dem streitgegenständlichen Pkw handelt es sich indes um einen.
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Auch die klägerischen Ausführungen zu dem Rückrufbescheid mit der KBA-Referenznummer 9387 lassen keine andere Beurteilung zu. Auch hier ergaben sich keine Anhaltspunkte, dass der streitgegenständliche Pkw von dieser Rückrufaktion betroffen ist. Zwar ist zutreffend, dass die Rückrufaktion mit der KBA-Referenznummer 9387 grundsätzlich auch Fahrzeuge des Typs betrifft. Gleichwohl ist eine pauschale Übertragung auf jegliche Fahrzeuge mit dieser Typbezeichnung fernliegend. Das KBA betont im Rahmen der Rückrufaktionen, was aus der Formulierung der jeweiligen Veröffentlichungen zweifelsfrei hervorgeht, stets, dass in der Regel nicht alle Fahrzeuge des jeweiligen Typs von der Rückrufaktion betroffen sind. Vielmehr sind nur vereinzelte Emissions-Genehmigungen und begrenzte Produktionszeiträume überhaupt von einer etwaigen Maßnahme betroffen. Etwaige Rückrufaktionen des KBA können daher in der Regel nicht pauschal auf alle Fahrzeuge des jeweiligen Typs übertragen werden. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Motor einer Serie von der Problematik betroffen ist.
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In der Klageschrift (dort S. 22ff.) wird zur Untermauerung der Behauptung, das streitgegenständliche Fahrzeug sei mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet, eine Reihe von Rückrufen von Euro-6-Fahrzeugen der Beklagten aufgezählt und dann gefolgert, es „folgte dann auch der zwingende Rückruf auch für das streitgegenständliche Fahrzeug als Euro6-Modell“. Dem Gericht erschließen sich diese Ausführungen nicht, zumal es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug unstreitig um ein sog. Euro-5-Modell handelt.
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Soweit die Klagepartei auf weitere Rückrufaktionen des KBA Bezug nimmt, gelten die zuvor gemachten Ausführungen. Es ergaben sich keine Erkenntnisse, dass das streitgegenständliche Fahrzeug konkret von einer Rückrufaktion des KBA betroffen war. Die Ausführungen der Klagepartei in dem Schriftsatz vom 13.10.2020 gehen ins Leere.
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Auch der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts an, dass ihm lediglich ein Schreiben der Beklagten mit dem Hinweis auf eine „freiwillige Servicemaßnahme“ zugegangen sei.
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Auch die Tatsache, dass das KBA am 29.11.2019 ein Anhörungsschreiben für bestimmte Fahrzeuge wegen des Emissionsverhaltens der Beklagten versandt hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Ein Rückrufbescheid ist auf der Grundlage des Anhörungsverfahrens nicht ergangen. Im Übrigen teilte die Beklagte in dem Schriftsatz vom 04.11.2020 mit, dass das KBA nach mehrmonatiger Prüfung an die Beklagte mitgeteilt habe, dass es keinen Bescheid wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung wegen des Emissionsverhaltens des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps erlassen wird.
59
Zwar ist die Frage, ob in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist, grundsätzlich nicht abhängig von einem KBA-Rückruf für den betreffenden Pkw. Ein erfolgter Rückrufbescheid des KBA entfaltet diesbezüglich jedoch Tatbestandswirkung, wenn der Rückruf wegen des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung erfolgt ist. Zweifellos kann auch dann eine unzulässige Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut sein, wenn - wie hier - kein KBA-Rückruf vorliegt. In diesem Fall kommt es jedoch darauf an, ob der Vortrag der Klagepartei substantiiert genug ist, eine Beweiserhebungspflicht des Gerichts auszulösen, dies auch unter Berücksichtigung der von der Klagepartei Bezug genommenen Entscheidung des BGH vom 28.01.2020 (Az. VIII ZR 57/19).
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In Abweichung von der zitierten BGH-Entscheidung kommen vorliegend nur deliktische Ansprüche gegen die Beklagte in Betracht. Die zitierte BGH-Entscheidung befasst sich indes lediglich mit einer übermäßigen Überspannung der Substantiierungsanforderungen an die Darlegung des Vorhandenseins eines Sachmangels. Die Anforderungen an einen substantiierten Vortrag der Klagepartei sind daher vorliegend anders gelagert als in dem vom BGH entschiedenen Fall. So genügt es nicht, Anhaltspunkte für einen evtl. vorhandenen Mangel der (Kauf-)Sache zu liefern (wie in dem vom BGH entschiedenen Fall); vielmehr muss eine rechtswidrige Schädigungshandlung schlüssig dargetan werden, welche von der Beklagten in zurechenbarer Weise mit entsprechendem Schädigungsvorsatz ausgeübt worden sein und beim Kläger zu einem kausalen Schaden geführt haben muss; darüber hinaus muss, da in Fällen wie dem Vorliegenden regelmäßig ein Anspruch nach § 826 bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB zu überprüfen sein wird - evtl. auch zu einer möglichen Sittenwidrigkeit/besonderen Verwerflichkeit des Handelns der Beklagten vorgetragen werden. Auch unter Berücksichtigung der vom BGH in dem genannten Urteil aufgestellten Maßstäbe erscheint der Vortrag der Klagepartei vor diesem Hintergrund als nicht hinreichend konkret (vgl. auch OLG München, B. v. 17.03.2020, 21 U 6698/19).
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(a) In diesem Zusammenhang weist das Gericht zunächst auf das teilweise unzutreffende Vorbringen der Klagepartei hin. Wenn z.B. in der Klageschrift auf die verminderte AdBlue-Einspritzung im Realbetrieb und Manipulationen in Zusammenhang mit einem SCR-Katalysator Bezug genommen wird, so ist festzustellen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug bereits nicht über einen SCR-Katalysator verfügt und daher auch kein AdBlue benötigt wird. Die Beklagte hatte dies auch bereits in der Klageerwiderung bestritten. Dementsprechend sind die Ausführungen der Klagepartei hierzu verfehlt.
62
(b) Der Vortrag der Klagepartei zu den behaupteten Abschalteinrichtungen in dem streitgegenständlichen Pkw lässt im Übrigen jeglichen Bezug zum konkreten Fall vermissen. Soweit die Klagepartei eine höhere Abgasrückführungsquote auf dem Rollenprüfstand behauptet, wird dieser Umstand - ähnlich den EA189-Fällen - hier einfach in den Raum gestellt. Auch wenn die konkrete Motorenbezeichnung im Einzelfall streitig blieb, handelt es sich unstreitig vorliegend gerade nicht um einen Motor mit der Kennzeichnung EA189, so dass ein Bezug zum vorliegenden Fall nicht erkennbar ist.
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(c) Soweit sich die Klagepartei auf den Bericht der Untersuchungskommission des BMVI bezieht sowie Messergebnisse der Deutschen Umwelthilfe heranzieht, sind zwar zum Teil deutliche Grenzwertüberschreitungen festgestellt worden. Die Klagepartei zieht dies als Indiz dafür heran, dass in dem streitgegenständlichen Pkw eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sein müsse. Dies lässt jedoch nach Auffassung des Gerichts keinen Rückschluss auf das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug zu. Die Tatsache, dass ein Fahrzeug im normalen Fahrbetrieb höhere Emissionen aufweist als im - für die Überprüfung der Einhaltung der Werte der Euro 5 - Norm maßgeblichen - NEFZ, ist allgemein bekannt. Die für die Einhaltung der Euro 5 - Norm relevanten, im sog. NEFZ-Verfahren gemessenen Werte entsprechen grundsätzlich auch ohne unzulässige Beeinflussung des Messverfahrens nicht den im Rahmen des tatsächlichen Gebrauchs des Fahrzeugs anfallenden Emissionswerten (so auch OLG München, Endurteil vom 05.09.2019 - 14 U 416/19, BeckRS 2019, 26072 Rn. 168). Es ist allgemein bekannt, dass der Straßenbetrieb mit der Prüfstandsituation nicht vergleichbar ist. Dies gilt sowohl hinsichtlich der angegebenen Kraftstoffverbräuche als auch der Grenzwerte für Emissionen. Auf dem Prüfstand wird eine bestimmte „ideale“, nicht der Praxis entsprechende Situation vorgegeben, etwa hinsichtlich der Umgebungstemperatur, der Kraftentfaltung (Beschleunigung und Geschwindigkeit), Abschaltung der Klimaanlage usw., sodass der erzielte Wert zwar zu einer relativen Vergleichbarkeit unter den verschiedenen Fahrzeugfabrikaten und -modellen führen mag, absolut genommen aber jeweils nicht mit dem Straßenbetrieb übereinstimmt. Im Straßenbetrieb liegen sowohl der Kraftstoffverbrauch als auch der Schadstoffausstoß erheblich höher, wie schon seit Jahren aufgrund entsprechender Tests etwa von Automobilclubs und der dadurch ausgelösten öffentlichen Diskussion bekannt ist. Gerade deshalb hat der europäische Gesetzgeber auf Druck der Umweltverbände und Umweltparteien zwischenzeitlich den früher geltenden gesetzlichen Prüfzyklus NEFZ durch einen geänderten Zyklus ersetzt (OLG Celle, Urteil vom 13.11.2019 - 7 U 367/18, BeckRS 2019, 29587 Rn. 28 f.).
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Schließlich hat auch der BGH in seinem Hinweisbeschluss vom 08.01.2019 - VIII ZR 225/17 - bezüglich des Motors EA189 darauf abgestellt, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG deshalb vorliege, weil diese erkenne, ob sich das Fahrzeug in einem Prüfzyklus zur Ermittlung der Emissionswerte befinde, und in diesem Fall in einen Modus schalte, bei dem verstärkt Abgase in den Motor zurückgelangen und sich so der Ausstoß an Stickoxiden (NOx-Werte) verringere. Im normalen Fahrbetrieb hingegen aktiviere eine solche Software einen anderen Modus, bei dem eine Abgasrückführung nur in geringerem Umfang stattfindet; sie ermittele also aufgrund technischer Parameter die betreffende Betriebsart des Fahrzeugs - Prüfstand oder Realbetrieb - und aktiviere oder deaktivierte dementsprechend die Abgasrückführung, was unmittelbar die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems beeinträchtige (BGH a.a.O. Rn. 12, juris). Auf eine bloße Abweichung von Emissionen im Prüfstand und auf der Straße kommt es danach nicht an (so auch OLG Stuttgart, Verfügung v. 23.3.2020 - 16a U 79/19, BeckRS 2020, 5779, beckonline).
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(d) Soweit sich die Klägerin auf Erkenntnisse und Vorgänge in den USA beruft und daraus das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung in ihrem PKW ableiten will, erschließt sich der Kammer bereits nicht, warum die genannten Vorgänge in den USA auf den deutschen Markt und das deutsche Rechtssystem übertragbar sein sollen. Es ist allgemein bekannt, dass die für den USamerikanischen Markt produzierten Motoren sich - bereits wegen der unterschiedlichen Grenzwerte in USA und Europa - deutlich unterscheiden. Dass das Fahrzeug der Klagepartei mit einem für den amerikanischen Markt produzierten Motor ausgestattet sei, trägt selbst die Klagepartei nicht vor. Die pauschale Behauptung der Klagepartei, die Beklagte habe ihre Betrugsstrategie in den USA auf Deutschland übertragen, erweist sich daher als reine Spekulation dar.
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(e) Der klägerische Vortrag zum „AECD“ ist ebenfalls zu pauschal und unbegründet um eine Beweiserhebungspflicht des Gerichts auszulösen.
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Die Klagepartei ist der Auffassung, dass es sich bei dem AECD um ein zusätzliches Steuergerät handelt, welches nicht nur auf den Rollenprüfstand abgestimmt würde, sondern auch unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren wie gemessener Außentemperatur, Geschwindigkeit des Fahrzeugs und Umgehungsgeschwindigkeit des Motors arbeite. Über diese zusätzlichen Parameter lasse sich nach Auffassung der Klagepartei das Emissionskontrollsystem sehr viel besser auf Prüfstandmodi einstellen. Die Klagepartei verweist insoweit auch auf das Vorgehen in den USA sowie der dort beabsichtigten Einstufung als sog. „Defeat Device“. Die Beklagte stellte bereits in der Klageerwiderung klar, dass das „AECD“ kein zusätzliches Steuergerät sei, wie von der Klagepartei behauptet. Jedenfalls kommt eine pauschale Übertragbarkeit der Erkenntnisse aus den USA bereits aus den unter (d) genannten Gründen nicht in Betracht.
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(f) Auch die Ausführungen der Klagepartei, in dem streitgegenständlichen Fahrzeug seien unzulässige Abschalteinrichtungen in Form der „Aufheizstrategie“ bzw. der „Lenkwinkelerkennung“ vorhanden sowie eine angebliche Manipulation des On-Board-Diagnosesystems (OBD) erfolgt, sind vorliegend zu pauschal und lösen keine Beweiserhebungspflicht des Gerichts aus.
69
Die Klagepartei führt hinsichtlich der sog. „Aufheizstrategie“ sowie der „Lenkwinkelerkennung“ unter anderem Erkenntnisse in Bezug auf Rückrufbescheide des KBA aus (Vgl. Schriftsatz der Klagepartei vom 25.06.2020, S. 2ff.) und überträgt diese pauschal auch auf das streitgegenständliche Fahrzeug. Wie oben bereits dargelegt, betreffen die dort genannten Rückrufbescheide gerade nicht das streitgegenständliche Fahrzeug. Bereits aus diesem Grund hält das Gericht die Ausführungen der Klagepartei zu den behaupteten Abschalteinrichtungen für unzutreffend.
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Die Beklagte führte zudem in dem Schriftsatz vom 02.07.2020 nachvollziehbar aus, dass der von der Klagepartei genannte Rückrufbescheid von Oktober 2019 sowie die dort beanstandete Aufheizstrategie, lediglich Fahrzeuge mit dem sog. BiTurbo-Motor betrifft. In dem streitgegenständlichen Fahrzeug ist hingegen ein sog. Mono-Turbo-Motor verbaut. Ein Bezug zum konkreten Einzelfall ist mithin nicht ersichtlich.
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Rein spekulative und pauschale Verdachtsäußerungen, die ohne Bezug auf den konkreten Einzelfall zunächst in einer Art Generalverdacht vorgetragen werden und von denen das Gericht sich quasi die passenden heraussuchen soll, können nicht als hinreichend konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung dienen. Abschließend bleibt festzuhalten, dass zwar allgemein bekannt ist, dass es im Volkswagenkonzern in der Vergangenheit zum Einsatz von unerlaubten Abschalteinrichtungen kam. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass die Klagepartei im konkreten Fall nicht mehr konkret darlegen muss, weshalb auch gerade in ihrem Fall konkrete Anhaltspunkte für eine solche Abschalteinrichtung im jeweils streitgegenständlichen Fahrzeug vorliegen.
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Zwar ist es der Klagepartei prozessual nicht verwehrt, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse hat, die sie jedoch für wahrscheinlich hält. Jedoch muss, um eine ausufernde Beweiserhebungspflicht des Gerichts zu vermeiden, zunächst der Vortrag der Klagepartei zu den behaupteten Anspruchsgrundlagen hinreichend konkret sein.
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Dies ist aus den genannten Gründen nicht der Fall.
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d) Auch andere Anspruchsgrundlagen kommen vorliegend nicht in Betracht.
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Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB scheitert angesichts der vorstehenden Ausführungen jedenfalls daran, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern die Beklagte die Klagepartei vorsätzlich getäuscht hat (vgl. OLG Koblenz, Urt. V. 18.06.2019, Az.3 U 416/19).
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Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m §§ 6,27 EG-FGV kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei den genannten Vorschriften, insbesondere des EG-FGV nicht um ein Schutzgesetz handelt. Darüber hinaus liegt jedenfalls eine ungültige Übereinstimmungsbescheinigung nicht vor, weil - wie vorstehend ausgeführt - nicht festgestellt ist, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt. Ein Rückrufbescheid des KBA ist nicht ergangen.
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Ein Anspruch aus § 831 BGB scheitert daran, dass das Vorliegen einer unerlaubten Handlung eines Verrichtungsgehilfen der Beklagten nicht dargelegt ist.
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2. Mangels Anspruch in der Hauptsache war nicht festzustellen, dass die Beklagte mit der 83 O 1059/19 - Seite 13 - Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug ist.
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III. Auch der Antrag der Klagepartei auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist mangels Anspruch in der Hauptsache unbegründet.
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Auch ein Anspruch auf Verzinsung scheidet aus.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Klagepartei hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
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Die Kosten der Säumnis trägt gemäß § 344 ZPO die Beklagte.
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V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 2 ZPO.