Inhalt

VG Regensburg, Urteil v. 22.06.2020 – RN 7 K 17.1487
Titel:

Abwehransprüche des Nachbarn gegen Lärmimmissionen einer Feuerwehrsirene

Normenketten:
BImSchG § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1
BGB § 906, § 1004
Leitsätze:
Die Zumutbarkeit des Lärms einer Feueralarmsirene reicht dabei nicht bis zur Grenze der Gesundheitsgefahr oder des schweren und unerträglichen Eingriffs in das Eigentum. Unzumutbar ist bereits eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG. Bei der Beurteilung der Erheblichkeit darf aber der Alarmzweck der Sirene nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1988 - 7 C 33/87). (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wo die Grenze der Erheblichkeit im Einzelfall verläuft, hängt von den jeweiligen Tatumständen ab. Dabei kommt es bei Geräuschimmissionen unterhalb der Schwelle der Gesundheitsgefahr nicht allein auf die Höhe des Geräuschpegels, sondern auch auf die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz des Geräuschs mit an. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Lärmimmissionen von gemeindlicher Feuerwehrsirene, Grenze der Zumutbarkeit für Sirenenlärm, Standortwahl der Gemeinde, Anderweitige Alarmierungsmöglichkeiten, Güterabwägung, Lärmimmissionen, gemeindliche Feuerwehrsirene, Sirenenlärm, Zumutbarkeit, Standortwahl, anderweitige Alarmierungsmöglichkeiten, Gesundheitsgefahr, Zweitwohnsitz
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 29.04.2022 – 22 ZB 20.1957
Fundstelle:
BeckRS 2020, 57432

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Immissionen einer Feuerwehrsirene.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens L. … 2 im Gemeindebereich der Beklagten. Die Auflassung erfolgte ausweislich des Grundbuchsauszugs des Amtsgerichts E. … am 17.1.2014, die Eintragung ins Grundbuch am 3.6.2014. Der Kläger hat dort ausweislich des Melderegisterauszugs der Beklagten (Bl. 1.. der Gerichtsakte) seinen Zweitwohnsitz. Der W. L. … besteht daneben noch aus dem Anwesen L. … 1, das östlich davon, getrennt durch eine Straße, liegt. Am 11.7.2017 hat die Beklagte auf dem Dach des an der Straße gelegenen Gebäudes des Anwesens L. … 1 eine neue Feuerwehrsirene als Ersatz für eine früher auf dem Anwesen des Klägers L. … 2 befindliche Feuerwehrsirene anbringen lassen.
3
Mit Schreiben vom 17.8.2017, bei Gericht am 21.8.2017 eingegangen, hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg mit dem Ziel der Beseitigung der Feuerwehrsirene erheben lassen.
4
Gleichzeitig sucht er um einstweiligen Rechtsschutz nach. Zur Begründung wird ausgeführt, die Signalhörner der neuen Feuerwehrsirene seien unmittelbar auf das Anwesen des Klägers ausgerichtet und lediglich etwa 20 m von seinem Schlafzimmer entfernt. Die Beklagte habe bereits seit zwei Jahren einen neuen Standort für die Sirene gesucht und der Kläger habe Alternativstandorte angeboten. Der nun gewählte Standort führe für ihn zur größtmöglichen Beeinträchtigung, die Anbringung an einem anderen Standort sei ohne Weiteres möglich gewesen. Bereits bei einer ersten Sirenenbeschallung, bei der sich der Kläger in einer Entfernung von 15 m wegen Ausbesserungsarbeiten auf dem Dach befunden habe, habe er einen Tinnitus und extreme Ohrenschmerzen bekommen. Das Anwesen des Klägers sei ein V., die Sirenenbeschallung erfolge über das östliche Satteldach des Klägers direkt in den geschlossenen Innenhof und fange sich dort wie in einem Trichter. Als der Kläger am 5.8.2017 mit einem Lautstärkemessgerät die Intensität der Beschallung habe ermitteln wollen, habe das Gerät bei 100 Dezibel angeschlagen, der Maximalmessleistung dieses Geräts. Es sei davon auszugehen, dass die tatsächliche Lärmentwicklung wesentlich höher liege. Es drohten bereits durch die kurzfristige weitere Nutzung der Sirene erhebliche Gesundheitsschäden für den Kläger. Der Kläger legte eine eidesstattliche Versicherung sowie einen ärztlichen Bericht vom 25.8.2017 vor. Ergänzend wurde vorgebracht, die Sirene würde auch seine östlichen Stallungen für eine Tierhaltung unbrauchbar machen und eine nur 15 m von der neuen Sirene lebende Spatzenkolonie würde gefährdet. Auch eine Nachtigall niste jedes Jahr in der Nähe.
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Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 20.11.2017 (Az. RN 7 E 17.1486) wurde der Antrag des Klägers, dass es die Beklagte zu unterlassen habe, bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren die auf dem Gebäude L. … 1, 8. F. … befindliche Feuerwehrsirene zu betreiben, abgelehnt.
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Zur Begründung führt das Gericht im Wesentlichen aus, dass der Kläger weder einen Anordnungsanspruch, noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht habe. Zwar komme grundsätzlich ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch (z.B. aus §§ 1004, 906 BGB analog oder Art. 2 Abs. 2, 14 GG, vgl. BVerwG vom 29.4.1988 - 7 C 33/87 - juris) gegen die Beklagte in Betracht. Voraussetzung hier sei jedoch, dass der mit der Sirene verbundene Lärm die Grenze der Zumutbarkeit im Sinne der §§ 22, 3 Abs. 1 BImSchG überschreite, wofür die jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgeblich seien. Jenseits der Grenze der Gesundheitsschädigung oder des schweren unzumutbaren Eigentumseingriffs sei insoweit wesentlich unter anderem auch die Höhe des Geräuschpegels, auf die soziale Adäquanz und auf eine damit verbundene Güterabwägung abzustellen. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass Feuerwehsirenen gerade in öffentlichen Bereichen auch in der Nähe zu Wohngebäuden üblich seien und hingenommen würden, wie auch die Zustimmung des Eigentümers des Anwesens L. … 1 zeige, auf dem die Sirene angebracht sei. Feuerwehrsirenen seien zur Alarmierung der Feuerwehrkräfte im Rahmen des Brand- und Katastrophenschutzes nach wie vor erforderlich. Zudem sei zu berücksichtigen, dass nach dem Vorbringen des Klägers die schutzbedürftigen Räume zum Innenhof seines Anwesens ausgerichtet seien und nicht nach Osten in Richtung der Sirene, so dass der von der Sirene ausgelöste Schall nicht unmittelbar auf die Räume bzw. Fenster einwirke, sondern die Räume auf der der Sirene abgewandten Seite liegen und daher abgeschirmt seien. Es sei schon auf Grund der örtlichen Verhältnisse offen und für das Gericht nicht ausreichend abschätzbar, welche von der Sirene ausgelösten Geräuschpegel letztlich an den vom Kläger als schutzbedürftig angegebenen Räumen ankommen. Zudem gehe es im Rahmen der Obliegenheit des Klägers zur Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs zu seinen Lasten, wenn er der Beklagten bzw. den von ihr beauftragten Firmen von vornherein den Zutritt verweigere, dass diese den Sachverhalt weiter aufklären und entsprechende Messungen vornehmen könnten. Nach alledem sei nicht glaubhaft gemacht, dass von der Sirene im konkreten Einzelfall eine unzumutbare Geräuschbelästigung ausgehe.
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Mit Beschluss des BayVGH vom 24.1.2018 (Az. 22 C 17.2457) wurde die Beschwerde des Klägers verworfen. Die Beschwerde habe schon keinen konkreten Antrag enthalten. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellen würde, er wolle mit der Beschwerde immer noch das vollständige Unterlassen des Sirenenbetriebs erreichen und lediglich hilfsweise Verbesserungsmaßnahmen in Bezug auf die Lärmeinwirkung durchsetzen, habe das Verwaltungsgericht auf Seite 5 seines Beschlusses zu Recht ausgeführt, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Erzeugung von unzumutbaren Immissionen vor seinem Schlafzimmerfenster (oder anderen Wohnräumen) aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch haben könne (vgl. Jaras, Kommentar zum BImSchG, 12. Auflage 2017, § 22 Rn. 66). Es habe auch richtig angenommen, dass der mit der Sirene verbundene Lärm dafür die Grenze der Zumutbarkeit im Sinne der §§ 22, 3 Abs. 1 des BImSchG überschreiten müsse, wofür die jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgeblich seien. Die Beklagte sei zwar nicht befugt, ihre Sirenen unabhängig von den Anforderungen des Immissionsschutzes an jedem beliebigen Standort im Gemeindegebiet aufzustellen. Auch die bloße Erwägung, dass die alte (möglicherweise schon länger nicht mehr funktionierende) Sirene früher in unmittelbarer Nähe zum jetzigen Standort aufgestellt gewesen sei, rechtfertige die Standortwahl nicht. Allerdings würden diese Umstände noch keine Verpflichtung der Beklagten ergeben, den Betrieb der neuen Sirene einstweilen vollständig zu unterlassen. Zur Frage der Standortwahl für die neue Sirene habe die Beklagte ausweislich der Gerichtsakten zumindest rudimentär vorgetragen. Im Aktenvermerk der Gemeindeverwaltung vom 12.9.2017 (vgl. Bl.27 der Gerichtsakte) schienen einige Überlegungen zur Standortwahl angestellt worden zu sein, so dass ein Unterlassungsanspruch wegen völlig fehlender Ermittlung von Standortalternativen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in Betracht komme. Der Frage, ob die Standortauswahl ausreichend gewesen sei, und nicht doch andere Standorte für die Aufstellung der Sirene in Betracht gekommen wären, werde im Hauptsacheverfahren mit Blick auf die oben zitierten Entscheidungen vertieft nachzugehen sein. Sie sei derzeit noch offen, so dass ein Anordnungsanspruch auf Unterlassung des Betriebs derzeit nicht glaubhaft gemacht sei.
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Zur Begründung seiner Klage verweist der Kläger auf den Vortrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Az. RN 7 E 17.1486). Mit Schreiben vom 29.8.2017 wird zum Nachweis der Gesundheitsbeeinträchtigung des Klägers ein ärztlicher Bericht der Gemeinschaftspraxis Dres. K. … und D. … vom 25.8.2017 mit den Diagnosen Knalltrauma links, Tinnitus aurium und Schwindel unklarer Genese vorgelegt.
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Mit Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 6.8.2018 wurde den Beteiligten mitgeteilt, dass in der Verwaltungsstreitsache zum weiteren Fortgang beabsichtigt sei, eine immissionsschutzfachliche Stellungnahme des Sachgebietes „technischer Umweltschutz“ der Regierung von N. einzuholen und im Rahmen der Beteiligung als Vertreter des öffentlichen Interesses dem zuständigen Umweltschutzingenieur einen Auszug aus den Akten zu übersenden.
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Mit Schreiben der Bevollmächtigten des Klägers vom 20.8.2018 teilen diese mit, dass grundsätzlich Einverständnis damit bestehe, dass eine immissionsschutzfachliche Stellungnahme des Sachgebiets technischer Umweltschutz der Regierung von N. eingeholt werde. Aus Sicht des Klägers erscheine es allerdings unabdingbar, hier einen Ortstermin und eine entsprechende Messung durchzuführen. Diese Messung solle zum regelmäßigen Betrieb der Sirenenanlage, also am ersten Samstag im Monat zwischen 11.00 Uhr und 11.30 Uhr durchgeführt werden. Es werde ersucht, den Kläger rechtzeitig von einem entsprechenden Ortstermin zu informieren, damit er an diesem teilnehmen könne. Zudem solle aus Sicht des Klägers sichergestellt sein, dass nicht unmittelbar vor Einschaltung der Sirene die Lautstärke „heruntergefahren“ werde, um positivere Untersuchungsergebnisse zu erzielen. Es solle auf jeden Fall eine Untersuchung bei ortsüblichen Verhältnissen durchgeführt werden. Die Bevollmächtigten der Beklagten erteilten mit Schreiben vom 20.8.2018 ihr Einverständnis mit der beabsichtigten Vorgehensweise.
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Mit weiterem Schreiben des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 29.8.2018 wurde die Beklagte gebeten, im Hinblick auf die Ausführungen des BayVGH im Beschluss vom 24.1.2018 (Seite 9, 3. Absatz) vertieft zur Frage der Standortwahl und möglichen Alternativen Stellung zu nehmen.
12
Mit Schreiben von Herrn B. H. …, technischer Umweltschutz der Regierung von N. vom 12.10.2018, wurde mit dem Kläger und der Beklagten ein Messtermin am 9.10.2018 vereinbart. Die Messungen sollten in der Zeit zwischen 10.00 Uhr und 10.30 Uhr durchgeführt werden. Als Ergebnis der Messungen wurde festgehalten, dass die Lärmproblematik Sirenenlärm nicht durch eine schematische Anwendung der TA Lärm beurteilt werden könne. Es sei vielmehr eine Sonderfallbeurteilung erforderlich. Dafür seien 1988 vom BVerwG und 1992 vom BayVGH Zumutbarkeitsgrenzen formuliert worden. 0,5 m vor dem geöffneten Fenster des nächstgelegenen Aufenthaltsraumes solle ein Schallpegel von 97 dB(A) nicht überschritten werden. Die Ergebnisse der Messung seien in den folgenden Pegel-Zeit-Verläufen dargestellt. Beurteilungsrelevant sei im Sinne der Rechtsprechung der bei den Sirenenhüben gemessene Maximalpegel. Die Messung 1 am Messpunkt 1 (OG 1 vor geöffneter Balkontüre) ergab einen maximalen Schallpegel von 102 dB(A). Die Messung 2 am Messpunkt 2 (OG 1 im Wohnraum hinter Balkontüre) ergab einen maximalen Schallpegel von 79 dB(A). Die Messung 3 am Messpunkt 3 (OG 1 im Nebengebäude Ost) zeigte einen maximalen Schallpegel von 102 dB(A). Die Beurteilung der Messergebnisse erfolgte dahingehend, dass es wenig Sinn mache, die vorliegenden Messergebnisse schematisch nach den Vorgaben der TA Lärm auszuwerten (Mittelungspegel, Maximalpegel, Zeitbewertung usw.). Der technische Umweltschutz sehe deshalb die aus den Pegel-Zeit-Verläufen ermittelten Maximalpegel als belastbare Entscheidungsgrundlage für das VG Regensburg. Abschließend sollen aus Sicht des Lärmschutzes relevante Gesichtspunkte der bisher vorliegenden Rechtsprechung zusammengefasst werden: Die Gemeinde habe bei der Standortwahl auch die Anforderungen des Immissionsschutzes zu prüfen und bei der Standortentscheidung zu berücksichtigen. Bei durchschnittlich lärmempfindlichen Menschen solle eine Alarmierung in der Nachtzeit keine Schreckreaktion, Schmerz oder deutlich spürbare Nachwirkungen (z.B. Einschlafstörungen) hervorrufen. Seien solche Auswirkungen an einem Standort zu befürchten, könne die Gemeinde einen günstigen Standort nicht mit Hinweis auf Mehrkosten oder besondere organisatorische Schwierigkeiten ablehnen. Die Zumutbarkeitsschwelle sei vom BVerwG und vom BayVGH bei einem Außenpegel (0,5 m vor dem geöffneten Fenster) von 97 dB(A) angesetzt worden. Wenn die Verlagerung an einen lärmtechnisch günstigen Standort zu einer Beeinträchtigung der Alarmfunktion führe oder für die Gemeinde mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden sei, komme ein zweckgebundener finanzieller Ausgleich für passive Schallschutzmaßnahmen in Betracht. Aus technischer Sicht werde auch die Möglichkeit gesehen, den Schallpegel am Anwesen des Klägers durch Maßnahmen an der Sirene zu reduzieren. In Betracht käme eventuell eine andere Ausrichtung der Sirenenlautsprecher (statt bisher Ost-West in Richtung des Klägeranwesens zukünftig nach Nord-Süd). Ob damit eine relevante Pegelminderung am Klägeranwesen zu erreichen sei, solle ggf. durch den Hersteller, die Firma S. …, geklärt werden. Darüber hinaus könne durch die Firma S. … ebenfalls geklärt werden, ob eine Pegelreduzierung durch eine Leistungsbegrenzung der Sirenenlautsprecher möglich sei, ohne die Alarmfunktion zu beeinträchtigen.
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Die Bevollmächtigten der Beklagten führen zum Schreiben der Regierung von N. vom 12.10.2018 und zur Standortwahl für die streitgegenständliche Sirene mit Schreiben vom 15.11.2018 aus, dass gegen die Feststellungen der Regierung keine Einwände erhoben würden. Die alte Sirene sei auf dem Dach des klägerischen Anwesens angebracht gewesen, nach den Ermittlungen der Beklagten seit etwa 1973. Im Jahre 1992 sei diese Sirene von der Bundesrepublik Deutschland, diese vertreten durch das Landratsamt R. …, als Katastrophenschutzsirene übernommen worden, welche auch als Feuersirene genutzt werden. Wie bereits dem Aktenvermerk der Beklagten vom 11.9.2017 zu entnehmen sei, beschwerte sich der Kläger bei der Beklagten, nachdem er im Jahr 2014 als Grundstückseigentümer eingetragen worden sei, mehrfach über den Standort der Sirene und forderte deren Umsetzung. Für die alte Sirenenanlage habe keine Dienstbarkeit und auch sonst keine schriftliche Vereinbarung bestanden. Als eine kostenträchtige Reparatur dieser alten Sirenenanlage angestanden habe, habe sich die Beklagte für die Anschaffung einer neuen Sirene entschieden. In diesem Zusammenhang sei nach einem neuen Standort für die neue Sirene gesucht worden. Dass die Sirene am Standort L. … zwingend erforderlich sei, sei bereits mit Schreiben des Landratsamtes vom 8.9.2017 bestätigt worden. Letztlich sei es daher für die Beklagte nur darum gegangen, auf dem Anwesen des Klägers oder aber dem benachbarten Anwesen H1. … einen geeigneten Standort zu finden. Diesbezüglich werde als Anlage eine Planzeichnung mit den im Einzelnen geprüften Standortalternativen eingereicht (Bl. .. der Gerichtsakte).
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Auf Grund der Haltung des Klägers sei davon auszugehen gewesen, dass dieser generell mit einer Anbringung der neuen Sirene auf seinem Grundstück nicht einverstanden gewesen wäre und insbesondere die Eintragung der erforderlichen Dienstbarkeit abgelehnt hätte. Gleichwohl habe die Beklagte die Geeignetheit eines Standorts im westlichen Grundstücksbereich des Klägers nahe des dort befindlichen Stromtransformators geprüft. Nach einer Rücksprache der Beklagten mit dem B. habe dieser Standort jedoch ausscheiden müssen, da hier sehr große Abstandsflächen zu dem Stromtransformator gefordert worden seien. Dieser Standort sei daher in der weiteren Prüfung ausgeschieden, wobei es auf eine etwaige Zustimmung des Klägers gar nicht mehr angekommen sei. Seitens der Beklagten wurde die Anbringung auf dem südlich gelegenen Nebengebäude der Firma H1. … (Fl.Nr. .... der Gemarkung F.….) vorgeschlagen. Dieser Standort sei seitens der Familie H1. … abgelehnt worden, da sich auf diesem Nebengebäude eine PV-Anlage befinde. Die Familie habe durch die Sirene eine erhöhte Blitzschlaggefahr als gegeben angesehen und habe diesen Standort abgelehnt. Als weitere Standortalternative sei das im Osten gelegene Fahrsilo ins Auge gefasst worden. Auch dieser Standort sei von der Familie H1. … abgelehnt worden. Ein Argument sei hier der fehlende Stromanschluss gewesen, der erst neu hätte verlegt werden müssen. Der tatsächlich gewählte Standort im Bereich der westlichen Grunstücksgrenze sei von der Familie H1. … selbst vorgeschlagen worden und dieser Standort sei der Beklagten als geeignet erschienen, weil das ehemalige Stallgebäude alle Voraussetzungen für einen unkomplizierten Anschluss der Sirenenanlage geboten habe, insbesondere sei der erforderliche Stromanschluss und der Blitzschutz vorhanden gewesen. Das Stallgebäude sei auch ausreichend hoch für die Anbringung der Sirene.
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Letztlich habe sich aus den genannten Gründen die Beklagte für den gewählten Standort entschieden. Maßgebliches Argument sei das Einverständnis der Grundeigentümer gewesen. Daneben sei der Standort auch aus wirtschaftlicher Sicht am geeignetsten eingeschätzt worden, so dass sich die Beklagte im Sinne einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung (Art. 61 Abs. 2 GO) für diesen Standort entschieden habe. Auf Grund des hohen Gewichts der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, hier insbesondere der Feuer- und Katastrophenschutzalarmierung, betrachte es die Beklagte als zumutbar für den Kläger, in den wenigen Fällen der Alarmierung durch die Sirene eine Beeinträchtigung durch Lärmimmissionen in der ermittelten Lautstärke hinzunehmen. Gleichwohl würde sich die Beklagte einer Lösung wie im Schreiben der Regierung vom 12.10.2018 am Ende vorgeschlagen nicht verschließen. Es könne die Ausrichtung der Sirenenlautsprecher abgeändert werden. Des Weiteren könne eine Leistungsbegrenzung vorgenommen werden, sofern hierdurch die Alarmfunktion nicht beeinträchtigt werde. Dieser Vorschlag entspreche dem, was auch die Beklagte bereits im vorangegangenen Eilverfahren vorgeschlagen habe. Die erforderlichen Arbeiten könnten von der Firma S. … vorgenommen werden. Voraussetzung sei aber dafür wiederum, dass der Kläger die Vornahme von Messungen an dem von der Regierung bestimmten Messpunkt 1 dulde. Gegebenenfalls wäre es auch denkbar, dass das Ergebnis abschließend nochmals von der Regierung von N. überprüft werde im Hinblick auf die dann erreichten Lärmwerte.
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Die Bevollmächtigten des Klägers erwidern mit Schriftsatz vom 29.11.2018, dass sich aus dem Gutachten der Regierung von N. vom 12.10.2018 ergebe, dass die maßgeblichen Zumutbarkeitsgrenzen erheblich überschritten würden. Offenbar träte nicht nur eine Beeinträchtigung des Klägers und seiner Mitbewohner, sondern auch der in der Umgebung befindlichen Tierwelt ein. So weise der Kläger richtigerweise auf die Beeinträchtigung der von ihm gehaltenen Ziegen, Hasen und Gänse hin. Darüber hinaus seien offensichtlich aber auch Spatzen und Bienen beeinträchtigt sowie sonstige Wildtiere.
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Nachdem vor Anbringung der Sirene offensichtlich viele Jahre lang eine Feuerwehrsirene am Standort in L. … nicht erforderlich gewesen sei, stellte sich die Frage, ob diese nunmehr zwingend erforderlich sei. Wie der Kläger ausführe, habe er vor Inbetriebnahme der Sirene in der Umgebung 5 Sirenen hören können, die nun möglicherweise teilweise abgeschaltet worden seien. Dies führe wiederum zur völlig unangemessenen Beeinträchtigung des Klägers. Nach Auffassung des Klägers sei außerdem am Messtag die Sirene offensichtlich bereits teilweise gedrosselt worden, da der Kläger selbst noch erheblich höhere Lärmwerte gemessen habe. Vor diesem Hintergrund erscheine der beklagtenseits unterbreitete Abhilfevorschlag nicht ausreichend.
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Zudem wird ein Schreiben des Klägers selbst vom 26.11.2018 eingereicht. Darin erklärt der Kläger, dass die Feuersirenenbeschallung, die extra zur Schallpegelmessung von Herrn H. … von der Regierung von N. beauftragt worden sei und am 9.10.2018 stattgefunden habe, etwas leiser als sonstige Beschallungen zuvor gewesen sei. Am Messtag habe die Sirenenbeschallung leicht über 100 dB(A) gelegen, wie die Messung des Gutachters sowie seine eigene Messung ergeben habe. Er selbst habe aber an anderen zuvor über das Jahr verteilten Sirenenbeschallungstagen auf den Messpunkten 1 sowie 2 und 3 wesentlich höhere Messergebnisse festgestellt, die zwischen 115 und 117 dB(A) gelegen hätten. Er gehe daher von einer absichtlichen Sirenenbeschallungsdrosselung zum Gutachtermesstag am 9.10.2018 aus. Soweit der Gutachter vermerkt habe, dass er das Schlafzimmer des Klägers nicht betreten habe dürfen, habe ihm diese Auskunft sein Rechtsanwalt gegeben. Zudem hätte er gerade seine zwei Nymphensittiche dort im Freiflug gehabt, die aber Panik vor Fremden hätten. Zum Messpunkt 3 weise er darauf hin, dass dieser etwas unterhalb der direkten Sirenenhornbeschallung liege. Dieser Messpunkt liege am Treppenaufgang zwischen Wohnhaus und östlichem Stallgebäude unter dem Dach. Der Ort, wo er bei den Dachreparaturarbeiten beim ersten unerwarteten Sireneneinsatz sein Knalltrauma erlitten habe, liege etwa 15 m weiter südlich und etwas höher als der Messpunkt 3. Dorthin habe sich der Gutachter aber nicht hingehen getraut, da dort die Bodenbretter marode seien. In diesen östlichen Stallungen beim Messpunkt 3 seien Ziegen, zudem Hasen und Gänse untergebracht. Die Tiere litten ebenso wie der Kläger unter der Sirenenbeschallung, wobei es bei den Tieren öfters zu Panikattacken mit Verletzungen komme. Auch andere Tiere litten darunter. Am Bienenkasten an seinem Balkon beim Messpunkt 1 und 2 sei immer nach einer Sirenenbeschallung ein übernatürliches Bienensterben zu beobachten. Sein Recht auf körperliche Unversehrtheit sei durch den Sireneneinsatz und Beschallung aus kürzester Entfernung bereits verletzt worden, als er bei Dachreparaturarbeiten seines östlichen Stalls ein Knalltrauma erlitten habe mit bleibendem Tinnitusschaden. Ein ärztlicher Befund sei bereits vorgelegt worden. Er weise nochmals darauf hin, dass 15 Jahre lang hier kein funktionierender Sirenenstandort mehr gewesen sei. Die neue Sirene habe die Gemeinde sowie die Firma S. … wissentlich falsch ausgerichtet und diene nur zu seiner Schikane, da man ihn und seine Tiere von hier vertreiben wolle. Vor dem Betrieb der neuen Sirene habe man an jedem ersten Samstag im Monat um ca. 11.00 Uhr bereits fünf andere Sirenen in der Umgebung von L. … gehört. Der Sirenenstandort sei daher völlig überflüssig.
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Mit weiterem Schreiben vom 19.12.2018 legt der Klägerbevollmächtigte eine weitere Stellungnahme des Klägers vom 15.12.2018 vor sowie ein Lichtbild (Bl. 8. der Gerichtsakte), auf dem links die neu errichtete Sirene auf dem Dach des Gebäudes zu sehen sei, rechts gegenüber der Schuppen des Klägers, in dessen Dach er wiederholt Arbeiten durchführen müsse und der extrem beschallt werde. Weiterhin wird ein Bild des Kamins vorgelegt, an dessen Stelle sich nunmehr die Sirene befinde. Es sei ersichtlich, dass in diesen Kamin der Blitz eingeschlagen habe und er aus diesem Grund erheblich beschädigt gewesen sei. Eine Blitzableitervorrichtung sei nicht zu erkennen.
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Der Kläger bestehe weiterhin auf einer vollständigen Entfernung der Sirene, da diese nach Auffassung des Klägers am derzeitigen Standort schlicht nicht erforderlich sei und auch durch Drehen bzw. Drosselung der Sirene ein rechtskonformer Zustand nicht zu erreichen sein werde.
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In der Stellungnahme des Klägers vom 15.12.2018 weist dieser erneut darauf hin, dass die alte Sirene auf seinem Dach seit mindestens 15 Jahren laut den Aussagen des Grundstücksvorbesitzers nicht mehr gegangen sei, was er auch selbst festgestellt habe. Nur wenn die Feuerwehr vor seinem Hof gestanden sei und diese per Funk eingeschaltet habe, sei die Sirene angegangen. Auch seien die letzten 15 Jahre keine Wartungsarbeiten mehr an der alten Feuerwehrsirene durchgeführt worden. L. … sei seit Schließung der Kaserne vor über 15 Jahren somit ein überflüssiger Sirenenstandort. Als er vor Jahren wegen des Abbaus der alten Feuerwehrsirene beim Bauamt der Gemeinde F. … nachgefragt habe, habe der dortige Sachbearbeiter gemeint, dass die Sirene dort schon lange nicht mehr existiere. Bei der monatlichen Feuersirenenübung/Test höre man aus der Umgebung in L. … aus allen Richtungen bereits Feuersirenen heulen. Der Standort L. …, der zudem nahe der Gemeindegrenze liege, wäre daher überflüssig gewesen. Die von L. … aus zu beschallenden Orte der Umgebung seien meistens nur Einzelhöfe, die zudem nicht bei der Feuerwehr seien, und auf denen lediglich Kühe und Schweine gehalten würden. Der Ort Kasten, der nördlich von L. … liege und der laut der Bürgermeisterin hauptsächlich von L. … aus mit der neuen Feuersirene beschallt werden solle, hätte selbst die besten Voraussetzungen für einen Sirenenstandort. Zudem wohnten dort aktive Mitglieder der Feuerwehr. Es stelle sich somit die Frage, warum man die Feuerwehrsirenen nicht dorthin baue. Zudem gingen diese Sirenenbeschallungshörner in Richtung seines Innenhofes und die andere Sirenenhornausrichtung nicht nach Süden zu den angeblichen zu beschallenden Bauernhöfen, sondern nach Osten, wo sich nur ein einzelner Bauernhof befinde und danach die Gemeindegrenze. Die Falschausrichtung sei nur deswegen erfolgt, dass die Sirenenbeschallung vom Wohnhaus seiner Nachbarn H1. … und B.… abgedreht sei, obwohl die zu beschallenden Orte der Gemeinde gerade meist im Süden liegen würden. Zu der Alternativstandortwahl, die im Schreiben der Beklagten beschrieben sei, weise er darauf hin, dass in den östlichen Gebäuden der Familie H1. … (Besitzerin) und dessen Eltern B. … sehr wohl Strom vorhanden sei und somit auch als Sirenenstandort geeignet wäre.
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Am tatsächlichen jetzigen Standort habe wenige Monate zuvor dort noch ein baufälliger einsturzgefährdeter Entlüftungskamin gestanden, in den der Blitz eingeschlagen habe. Der Platz am Dach der S. sei nun als Sirenenstandort (Wunschstandort) der Familie H1. … auserkoren worden, womit die Kosten, die durch den einsturzgefährdeten Entlüftungskamin ohnehin entstanden wären, von der Gemeinde übernommen worden seien. Auch habe die Gemeinde unter Leitung der Bürgermeisterin die Schwarzbauten der Schreinerei H1. … abgesegnet unter Hinweis darauf, dass er als Nachbar baurechtlich gar nicht existiere. Es sei auch falsch, dass der Blitzschutz für die neue Feuersirene schon vorhanden gewesen und deshalb der Standort gewählt worden sei. Er selbst habe gesehen, dass die neue Sirene nach Abbruch des baufälligen Abluftkamins aufgestellt worden und danach erst der Blitzschutz aufgebaut worden sei. Die Lärmimmissionen der Feuersirene seien an manchen Tagen auch wesentlich höher als bei der Messung des gerichtlich bestellten Gutachters. Die Sirenenbeschallung sei auch nicht unerheblich, sondern finde sogar drei bis vier Mal im Monat statt. Die Beschallung übersteige jedes Mal den gesetzlichen Grenzwert und liege in seiner Hofmitte teils unter 120 dB(A). Dabei handle es sich um gesundheitsgefährdende Werte. Er beantrage daher den kompletten Abbau der neuen Feuersirene von L. … Diese solle entweder nach Kasten (Ort nördlich von L. ….) verlegt werden, wo die besten Bedingungen dafür vorlägen und die aktiven Mitglieder der Feuerwehr wohnen würden. Zumindest sollte die Sirene aber auf die Gebäudeostseite seines Nachbarn verlegt werden (Alternativstandort der Gemeinde F. ….), da dort entgegen der Angaben der Beklagten sehr wohl Strom vorhanden sei.
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Mit Schreiben des Klägers vom 26.5.2020 weist der Kläger nochmals darauf hin, dass sein Schlafzimmerfenster nur ca. 20 m entfernt von der Feuerwehrsirene entfernt sei und legt nochmals das ärztliche Attest vom 25.8.2017 vor. Der Sirenenschall zerstöre seine alten Dachplatten, die über 100 Jahre alt und nicht mehr zu kaufen seien. Auch sei der Sirenenstandort an der Gemeindegrenze, wo fast keiner wohne, überflüssig. Es sei auch nicht verständlich, warum der nordwestlich von F. … gelegene große Ort D. … keine Feuerwehrsirene habe.
24
Der Kläger beantragt,
Die Beklagte wird verurteilt, die auf dem Dach des Anwesens L. … 1, 8. … F. … angebrachte Feuerwehrsirene zu beseitigen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wird mit Schreiben vom 15.9.2017 vorgetragen, dass sich die alte Sirenenanlage für das Gebiet um L.… zunächst auf dem Dach des klägerischen Hauses befunden habe und noch in Betrieb gewesen sei, als der Kläger das Anwesen 2014 gekauft habe. In der Folge habe der Kläger wiederholt von der Beklagten verlangt, dass diese die Sirene von seinem Dach entfernen solle. Zu Beginn des Jahres 2017 wäre eine größere Reparatur der alten Sirenenanlage angestanden. Da dies aus Sicht der Beklagten nicht mehr wirtschaftlich gewesen wäre, habe man sich für die Anschaffung einer neuen Sirenenanlage entschieden. Um dem Kläger entgegen zu kommen, habe sich die Beklagte um einen anderen Standort für die neue Sirenenanlage bemüht. Die Nachbarn des Klägers, die Familie H1. …, sei mit einer Anbringung der Sirenenanlage auf deren Grundstück auf einem ehemaligen Stallgebäude einverstanden gewesen. Zur Veranschaulichung der örtlichen Situation werde ein Lageplan als Anlage eingereicht (Bl. 26 der Gerichtsakte RN 7 E 17.1486). Die Beklagte habe bei der Auswahl des neuen Standorts mehrere Alternativen geprüft. Entscheidend für den gewählten neuen Standort seien zum einen das Einverständnis der Familie H1. … und zum anderen wirtschaftliche Erwägungen gewesen (vgl. den Aktenvermerk des Sachbearbeiters der Beklagten, aus dem sich der wesentliche Ablauf ergebe, Bl. 27 der Gerichtsakte RN 7 E 17.1486). Am 28.6.2017 habe der Gemeinderat der Beklagten die Anbringung der neuen Sirenenanlage auf dem Anwesen L. … 1 beschlossen (vgl. Gemeinderatsbeschluss, Bl. 28). Angeschafft worden sei eine neue Sirenenanlage der Firma S. … E1. AG, Typ SDS-600-COMP-180 (vgl. die zugehörige Kostenrechnung für die Neuanschaffung als Anlage, Bl. 29 - 34 und die zugehörige Konformitätserklärung, Bl. 36 - 37). Weitere Akten würden in dieser Angelegenheit nicht existieren.
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Die streitgegenständliche Sirenenanlage in L. … sei jedenfalls erforderlich. Der Feuerwehrkommandant der Beklagten bestätige, dass die Sirene für eine Alarmierung der Feuerwehrleute in den Orten um L. … dringend erforderlich sei, um eine optimale Einsatzbereitschaft der Feuerwehr F. … gewährleisten zu können (vgl. Schreiben des Kommandanten S1. … als Anlage, Bl. 38). Die Beklagte könne auch nicht auf eine Alarmierung mittels Pager/Piepser verwiesen werden, da gerade in ländlichen Bereichen eine derartige Alarmierungsmethode noch in keiner Weise üblich bzw. verbreitet sei. Zudem diene die Sirene im vorliegenden Fall nicht nur der Alarmierung der Feuerwehr, sondern in besonderem Maß auch dem Katastrophenschutz. Zudem falle die Sirene in L. … in den 10 Km-Radius des Störfallbetriebs T. … E2. GmbH, U. … Daher sei auch aus Gründen des Katastrophenschutzes dieser Sirenenstandort nicht entbehrlich (vgl. Bestätigung des Landratsamtes R. … als Anlage, Bl. 39).
28
Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, vollständig von Immissionen im Zusammenhang mit der Sirenenanlage befreit zu werden. Ein Anspruch darauf, von Lärm befreit zu werden, bestehe nur, soweit dieser die Zumutbarkeitsschwelle des Klägers übersteige (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1988, BVerwGE 79, 254 (266) sowie BayVGH, U.v. 16.1.1992 - 4 B 88.1782 - juris. Daher werde im konkreten Fall zunächst zu ermitteln sein, wo die betreffende Zumutbarkeitsschwelle liege (was im Einzelfall variieren könne) und ob diese Zumutbarkeitsschwelle überschritten werde. Es werde bestritten, dass die Sirene in den Wohnräumen des Klägers eine Lautstärke von 100 dB(A) oder darüber erreiche. Ferner werde bestritten, dass eine etwaige Gesundheitsschädigung des Klägers kausal auf das Sirenengeräusch zurückzuführen sei. Selbst wenn tatsächlich die Zumutbarkeitsschwelle überschritten sein sollte, ist zu prüfen, ob vom Kläger aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch eine Überschreitung dieser Zumutbarkeitsschwelle hinzunehmen sei. Soweit der Klageantrag dahingehe, die Feuerwehrsirene zu beseitigen, könne der Kläger dies in dieser Form nicht verlangen. Bereits aus der oben dargelegten Notwendigkeit des Sirenenbetriebs am maßgeblichen Standort L.… ergebe sich, dass auf den Betrieb der Sirene nicht verzichtet werden könne.
29
Die Beklagte biete jedenfalls als Vergleichsvorschlag im Eilverfahren an, die Hörner der Sirene um jeweils 90 Grad zu drehen. Dies würde zu einer Ausrichtung Süd-Nord, statt der derzeit Ost-West führen, die Hörner der Sirene wären daher nicht mehr unmittelbar auf das Haus des Klägers ausgerichtet, was zu einer deutlichen Lärmminderung führen dürfte. Des Weiteren biete die Beklagte an, die Sirene vorläufig so weit zu drosseln, dass auf Höhe des Schlafzimmerfensters des Klägers nur noch eine Lautstärke von maximal 97 dB(A) erreicht werde. Die Beklagte orientiere sich hierbei an dem vom BayVGH im Urteil vom 16.1.1992 (4 B 88.1782) zu Grunde gelegten Grenzwert. Soweit der Kläger hiermit einverstanden sei, würde die Beklagte die kurzfristige Umsetzung durch die Firma S. … in Auftrag geben. Die Firma S. … würde auch die entsprechende Messung durchführen, wofür jedoch Voraussetzung sei, dass die Mitarbeiter der Firma das Grundstück und Haus des Klägers betreten dürften. Es werde jedoch darauf hingewiesen, dass es sich hierbei nur um eine vorläufige Regelung handeln könne. Nach erfolgter Drosselung der Sirene werde durch weitergehende Messung zu prüfen sein, ob die Sirene im gedrosselten Umfang noch ausreichend sei, um in sämtlichen Gebieten rund um L.… eine ordnungsgemäße Alarmierungsfunktion zu übernehmen. Erst wenn dies abschließend geklärt sei, könne über eine endgültige Lösung verhandelt werden.
30
Mit weiterem Schreiben vom 19.10.2017 trägt die Beklagte vor, dass sie zur Kenntnis genommen habe, dass der Kläger nicht bereit sei, eine Messung durch die Firma S. … auf seinem Grundstück durchzuführen und hierbei sein Grundstück betreten zu lassen. Die Beklagte sei ihrerseits nicht bereit, einen Dritten (zu denken wäre wohl an eine anerkannte Messstelle im Sinne des Immissionsschutzgesetzes) mit der Vornahme der Messung zu beauftragen. Zum einen würde dies zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung führen, zum anderen wäre eine solche Beauftragung auch mit erheblichen Kosten verbunden. Ebenso wenig sei die Beklagte bereit, eine Messung vor dem Grundstück des Klägers zu beauftragen, da eine solche Messung keine verlässlichen Werte liefern würde. Maßgeblicher Messort nach der TA Lärm sei 0,5 m vor der Mitte des geöffneten Fensters am Immissionsort. Wenn der Kläger auf die zu geringe Entfernung der Feuerwehrsirene vor seinem Schlafzimmer hinweise, so werde er nun offenbaren müssen, wo sich sein Schlafzimmerfenster tatsächlich befinde. Dort werde er dann eine Messung zulassen müssen.
31
Bis wann die alte Sirene auf dem Gebäude des Klägers in Betrieb bzw. funktionsfähig gewesen sei, sei nur noch bedingt nachvollziehbar. Es stehe jedoch fest, dass die alte Sirene niemals offiziell abgeschaltet worden sei. Es sei auch unrichtig, dass die alte Sirene jahrelang funktionsunfähig gewesen sei. Dem Kläger sei bei Erwerb seines Grundstücks auch nicht von Seiten der Beklagten mitgeteilt worden, dass diese Sirene außer Betrieb sei. Erst Anfang März 2016 sei von Seiten eines ehemaligen Feuerwehrmanns an die Beklagte herangetragen worden, dass die Sirene offenbar beim monatlichen Probelarm nicht funktioniert hätte. Die Beklagte habe daraufhin ihren Bauhofmitarbeiter und gelernten Elektriker Herrn H2 … zum Anwesen des Klägers geschickt, um die Sirene zu überprüfen. Durch eine Inspektion des Schaltschrankes habe aber die Ursache für die Fehlfunktion der Sirene nicht ermittelt werden können. Etwa zeitgleich habe der Kläger bei Frau K1. … im Haus der Beklagten angefragt, ob ihm nicht eine Aufwandsentschädigung für den von der Sirene benötigten Strom zustehe. Frau K1. … habe diese Anfrage ans Landratsamt R. … weitergeleitet (vgl. die betreffende E-Mail vom 9.3.2016, Bl. 36 der Gerichtsakte). Die Anfrage belege, dass die Behauptung des Klägers unzutreffend sei, dass die Sirene wohl jahrelang nicht mehr funktioniert habe. In der Folgezeit sei seitens der Beklagten nur noch feststellbar, dass die Sirene sporadisch funktioniert habe. Bereits Mitte Mai 2016 habe die Beklagte dann die Firma S. … um die Erstellung eines Angebots für eine neue Sirene gebeten, weswegen eine umfassende Überprüfung und auch ggf. notwendige Reparatur der alten Sirene unterblieben sei. Im Ergebnis sei die alte Sirene daher etwa ein Jahr lang außer Betrieb gewesen. Eine Nachfrage beim Feuerwehrkommandanten habe ergeben, dass in der Umgebung von L. … insgesamt 17 aktive Feuerwehrmänner wohnten und von der streitgegenständlichen Sirene alarmiert würden. Dies entspreche rund 20% der gesamten aktiven Feuerwehreinsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr F. … Im Zeitraum von Mitte 2016 bis zur Inbetriebnahme der neuen Sirene seien die Feuerwehrkräfte behelfsweise durch SMS benachrichtigt worden. Hierbei handele es sich aber nicht um eine ordnungsgemäße Alarmierung im Sinne des Feuerwehrgesetzes. Hinsichtlich des Schallleistungspegels der aktuellen Sirene habe die Beklagte nochmals bei der Firma S. … nachgefragt (vgl. Antwortschreiben vom 12.10.2017, Bl. 37 - 39 der Gerichtsakte). Eine behördliche Genehmigung für die Errichtung der Anlage sei auch nicht notwendig gewesen, da für das Anbringen einer Feuerwehrsirene auf einem Hausdach keine baurechtliche oder immissionsschutzrechtliche Genehmigung erforderlich sei (vgl. auch E-Mail des Landratsamtes R. … vom 11.10.2017, Bl. 40 der Gerichtsakte).
32
Die Alarmierung über die streitgegenständliche Sirene sei in der aktuellen Lautstärke auch zwingend erforderlich, um das Ziel einer flächendeckenden Warnung und Alarmierung der Bevölkerung und damit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Dem Kläger sei ein Betreiben der Sirene am derzeitigen Standort und in der derzeitigen Lautstärke auch zumutbar, selbst wenn hier ggf. die vom VGH angesetzte Zumutbarkeitsschwelle von 97 dB(A) überschritten würde. Auf die monatlichen Probealarme könne sich der Kläger vorbereiten und sich davor schützen, da diese immer an dem selben Tag und zur selben Uhrzeit stattfinden würden. Die Dauer des monatlichen Probealarms betrage 60 Sekunden und erfolge in drei Mal 12 Sekunden Dauerton sowie zwei Mal 12 Sekunden Pause. Zudem habe sich die frühere Sirene sogar auf dem Hausdach des Klägers befunden, so dass die jetzige Positionierung auf dem Nachbargebäude jedenfalls eine Verbesserung für den Kläger darstelle. Zudem habe sich für die Freiwillige Feuerwehr F. … die Alarmierung seit Kurzem dahingehend geändert, dass eine Alarmierung über Sirene nur noch bei Notfallsituationen und größeren Einsätzen erfolge, bei denen die gesamte Mannschaftsstärke benötigt werde. Bei kleineren Einsätzen erfolge lediglich eine stille Alarmierung, mit welcher dann allerdings auch nur ein kleiner Bruchteil der aktiven Feuerwehrleute erreicht werde. Die Sirenenalarmierung werde sich somit in Zukunft auf wenige Tage reduzieren.
33
Mit Schreiben vom 20.3.2020 wurden zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung noch folgende Unterlagen eingereicht: Die aktuelle Meldebescheinigung des Klägers, der lediglich mit Nebenwohnsitz in L. … gemeldet sei, eine Bestätigung der Firma S. …, dass die betreffende Sirene nicht nur als Feuerwehrsirene, sondern auch dem Katstrophenalarm diene, eine Aufstellung sämtlicher 13 Sirenenstandorte im Gemeindegebiet F. …, eine vom Landratsamt übermittelte Karte, auf der die betreffenden 13 Standorte mit Nummern gekennzeichnet seien. Weiterhin eine Stellungnahme der Beklagten zu sämtlichen Sirenenstandorten, eine Aufstellung der wesentlichen Entfernungen der Sirenen, insbesondere hinsichtlich der umliegenden Sirenen Nr. 1, 2, 3 und 4 sowie schließlich noch einen vergrößerten Kartenausschnitt, auf dem lediglich der streitgegenständliche Sirenenstandort L. … und die drei nächstgelegenen Standorte Rathaus F. …, FFW-Haus A. … und O. … enthalten seien. Aus dieser maßstäblichen Karte könnten auch die jeweiligen Entfernungen entnommen werden. Darüber hinaus seien diejenigen Ortsteile gekennzeichnet, die der Feuerwehrkommandant in seiner Stellungnahme vom 30.8.2017 erwähnt habe und die über die Sirene L. … erreicht werden sollten.
34
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (die vorliegende und die des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens RN 7 E 17.1486) sowie die eingereichten Behördenakten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 22.6.2020 verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

35
Über die Klage konnte - worauf in der Ladung auch hingewiesen wurde - gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz Ausbleibens der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung mündlich verhandelt und entschieden werden.
36
I. Der Kläger hat mit seinem Antrag im Schriftsatz vom 17.8.2017 ausdrücklich beantragt, die auf dem Dach des Anwesens L. … 1 angebrachte Feuerwehrsirene zu beseitigen. Dieses Klagebegehren wurde vom Kläger auch in den im Verfahren eingereichten Schriftsätzen mehrmals klargestellt. Mit Schreiben vom 19.12.2018 verlangt der Kläger eine vollständige Beseitigung der Sirene bzw. einen kompletten Abbau der neuen Feuerwehrsirene. Mit Schreiben vom 22.6.2020 begehrt der Kläger zuletzt, dass die Beklagte die neue Feuerwehrsirene dort (also am bisherigen Standort) umgehend abzubauen habe.
37
Der Antrag ist nach Auffassung der Kammer auch nicht dahingehend auszulegen (§§ 82 S. 1, 88 VwGO), dass der Kläger als Minus in dem Klageantrag enthalten hilfsweise auch eine Minimierung des Lärmpegels durch aktive oder passive Schallschutzmaßnahmen begehrt. In seiner Entscheidung vom 24.1.2018 hat der BayVGH (Az. 22 CE 17.2457, juris Rn. 21) diese Frage offen gelassen und ausgeführt, dass man ein solches Rechtsschutzziel allenfalls als Minus zum vollständigen Unterlassungsanspruch ansehen könnte. Aufgrund der Angebote der Beklagten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, auf die der Kläger nicht eingegangen ist, habe ihm dafür aber das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt. Aufgrund der ausdrücklichen Präzisierungen des Klägers in seinen weiteren Schreiben im Gerichtsverfahren entspricht dies aber offensichtlich nicht seinem Rechtsschutzziel. Nachdem er an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat und zu seinem Rechtsschutzziel nicht befragt werden konnte, verbleibt es bei seinem bisherigen ausdrücklich geäußerten Begehren auf eine komplette Beseitigung der Feuerwehrsirene.
38
II. Die Klage ist zulässig.
39
Für die Klage auf Abwehr von Lärm einer Feueralarmsirene mit einem öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO und als zulässige Klageart die allgemeine Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage gegeben (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1988 - 7 C 33/87 - juris). Grundlage für den gegen einen Hoheitsträger als Störer gerichteten Anspruch auf Unterlassung sind entweder die analog anzuwendenden §§ 1004, 906 BGB oder die Art. 2 Abs. 2 und 14 Abs. 1 GG.
40
Der durch eine allgemeine Leistungsklage geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Lärmimmissionen besteht auch parallel neben dem Anspruch auf Erlass einer nachträglichen Anordnung nach § 24 BImSchG. Ein Vorrangverhältnis im Sinne eines lex specialis, wonach dem vom Kläger geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch das Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde, ist nicht gegeben. Beide Ansprüche richten sich zudem gegen unterschiedliche Rechtsträger.
41
III. Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine vollständige Beseitigung der Feuerwehrsirene.
42
1. Die allgemeine Leistungsklage auf vollständige Beseitigung der streitgegenständlichen Feuersirene auf dem Dach des Anwesens L. … 1, 8. … F. … ist nur dann begründet, wenn der mit der Sirene verbundene Lärm die Grenze der Zumutbarkeit im Sinne der §§ 22, 3 Abs. 1 BImSchG überschreitet und der Lärm auch nicht unter Berücksichtigung wertender Elemente wie der Herkömmlichkeit, der sozialen Adäquanz und einer allgemeinen Akzeptanz hinzunehmen ist.
43
Für die Frage der Erheblichkeit des Lärms ist aber nicht nur die Überschreitung des in der obergerichtlichen Rechtsprechung des BayVGH und des BVerwG aufgestellten Lärmgrenzwerts von 97 dB(A) von Bedeutung, sondern sind vielmehr auch die jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Insoweit ist wesentlich unter anderem auch auf die Höhe des Geräuschpegels, die Sozialadäquanz und eine damit verbundene Güterabwägung abzustellen. Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass Feuerwehrsirenen gerade in dörflichen Bereichen auch in Nähe zu Wohngebäuden üblich sind und hingenommen werden müssen, wie auch die Zustimmung des Eigentümers des Anwesens L. … 1 zeigt, auf dem die Sirene angebracht ist. Feuerwehrsirenen sind zur Alarmierung der Feuerwehrkräfte im Rahmen des Brand- und Katastrophenschutzes nach wie vor erforderlich, wenn insbesondere im ländlich geprägten Raum aufgrund der konkreten Siedlungsstruktur (mehrere verstreute Siedlungseinheiten) und der topographischen Gegebenheiten (viele Höhen- und Tieflagen mit Funklöchern) eine anderweitige Alarmierung mittels Funk oder Pagern die Warnung und Information der Bevölkerung im Alarmierungsfall nicht hinreichend gewährleistet.
44
Die Zumutbarkeit des Lärms einer Feueralarmsirene reicht dabei nicht bis zur Grenze der Gesundheitsgefahr oder des schweren und unerträglichen Eingriffs in das Eigentum. Unzumutbar ist bereits eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG. Bei der Beurteilung der Erheblichkeit darf aber der Alarmzweck der Sirene nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1988 - 7 C 33/87 - juris Rn. 15 ff.). Wo die Grenze der Erheblichkeit im Einzelfall verläuft, hängt von den jeweiligen Tatumständen ab. Dabei kommt es bei Geräuschimmissionen unterhalb der Schwelle der Gesundheitsgefahr nicht allein auf die Höhe des Geräuschpegels, sondern auch auf die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz des Geräuschs mit an. Das BVerwG führt in seiner o.g. Entscheidung an:
„Der Senat hat schon im Urteil zum liturgischen Glockengeläut (BVerwGE 68, 62) zum Ausdruck gebracht, daß die Erheblichkeit und damit die Zumutbarkeit von Geräuschimmissionen von wertenden Elementen wie solchen der Herkömmlichkeit, der sozialen Adäquanz und einer allgemeinen Akzeptanz (vgl. hierzu schon Urteile des 4. Senats vom 21. Mai 1976 - 4 C 80.74 - BVerwGE 51, 15 <34> und vom 22. Mai 1987 - 4 C 33-35.83 - BVerwGE 77, 285 <289 f.> zum Straßenverkehrslärm) mitgeprägt wird. Die Beurteilung der Erheblichkeit von Lärm setzt eine Wertung voraus, die im Sinne einer „Güterabwägung“ die konkreten Gegebenheiten zum einen der emittierenden Nutzung, zum anderen der immissionsbetroffenen Nutzung in Betracht zieht (BVerwGE 51, 15 <29>). Bei dieser „Güterabwägung“ sind auch gesetzliche Wertungen zu berücksichtigen, wie hier diejenigen in den Landesfeuerwehrgesetzen, die den Gemeinden die Errichtung und den Betrieb von Feueralarmanlagen aufgeben. Die öffentliche Aufgabe des vorbeugenden Brandschutzes, in deren Wahrnehmung herkömmlicherweise Alarmsirenen aufgestellt und betätigt werden, kann wirksam nur erfüllt werden, wenn gewährleistet ist, dass die Alarmanlage jederzeit zuverlässig und gleichmäßig funktioniert. Abwehransprüche können deshalb grundsätzlich nicht damit begründet werden, der Alarm könne bei den heutigen technischen Möglichkeiten auch ohne Lärm, nämlich z.B. über Funk („stille Alarmierung“), ausgelöst werden. Welche Art der Alarmierung die Gemeinde wählt, steht in ihrem Ermessen. Bei den von ihr anzustellenden Zweckmäßigkeitserwägungen haben indes nicht nur Gesichtspunkte der Wirksamkeit des Alarms und der Gewährleistung eines schnellen Einsatzes der Feuerwehr, sondern auch Kostengesichtspunkte einen berechtigten Platz. Dass insbesondere in ländlichen Gemeinden und für den Einsatz der freiwilligen Feuerwehr eine Alarmierung mittels Sirenen nicht ermessensfehlerhaft ist, liegt auf der Hand. Das Berufungsgericht hat deshalb zu Recht eine Verpflichtung der beklagten Gemeinde auf Einführung der sog. stillen Alarmierung abgelehnt (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 16 bzw. BayVGH, U.v. 16.1.1992 - 4 B 88.1782 - juris Rn. 22).“
45
Ein Betroffener hat zudem keinen Anspruch auf bestimmte Maßnahmen, sondern nur darauf, dass Lärmbelästigungen oberhalb der Zumutbarkeitsschwelle unterbleiben. Er hat Anspruch auf Unterlassung von Lärmbelästigungen oberhalb der zu ermittelnden Zumutbarkeitsschwelle oder, falls dies nicht ohne Beeinträchtigung der Alarmfunktion oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist, Anspruch auf Geldausgleich für den Einbau von Schallschutzfenstern (vgl. Leitsatz 2 im Urteil des BayVGH vom 16.1.1992- 4 B 88.1782 - juris).
46
2. Für die Ermittlung der Zumutbarkeitsgrenze für Sirenenlärm hat das BVerwG und der BayVGH in dem konkreten Verfahren einen Maximalpegel von 97 dB(A) ermittelt (vgl. BayVGH, U.v. 16.1.1992 - 4 B 88.1782 - juris Rn. 26):
„Danach liegt die Zumutbarkeitsgrenze für den Sirenenlärm - bei der Meßmethode des Landesamts für Umweltschutz in Gestalt eines 0,5 m vor dem geöffneten Fenster des nächstgelegenen Aufenthaltsraumes zu messenden Außenwertes (vgl. Abschn. 2.421.1 Buchst. a TA Lärm) - bei 97 dB(A). Für die Ermittlung der Zumutbarkeitsgrenze hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Revisionsentscheidung zwar die Anwendbarkeit der bekannten technischen Regelwerke und Richtlinien verneint. Gleichzeitig hat es aber eine Abschichtung dahin getroffen, daß nach diesen Materialien im Dorf- bzw. Mischgebiet in der Nachbarschaft von Wohnbebauung kurzfristige Geräuschspitzen bzw. Maximalpegel bei seltenen Störereignissen tagsüber 90 dB(A) und nachts 65 dB(A) nicht überschreiten sollen, wogegen der Feueralarm im konkreten Fall nicht während jedes sonst beurteilungserheblichen Zeitintervalls von einem Tag bzw. einer Nacht (ein oder mehrere Male) vorkomme und außerdem einen gesetzlich begründeten Alarmierungszweck erfülle. Eine weitere zumutbarkeitsrelevante Eigenheit des Sirenenbetriebs liegt darin, daß, wie die Erläuterung des Gutachtens des Landesamts für Umweltschutz in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs ergeben hat, hier die Schreckreaktion bei durchschnittlich lärmempfindlichen Menschen insgesamt nicht allzu ausgeprägt ist, weil der Anstieg des Geräuschpegels auf seinen Höchstwert jeweils erst während eines insoweit nicht ganz kurzen Zeitraums von vier bis fünf Sekunden erfolgt und die Ursache des Geräuschs den betroffenen Anwohnern auch bekannt und es ihnen im Falle des periodischen Probealarms darüber hinaus möglich ist, sich auf das Geräusch „einzurichten“. Bei einer Gesamtbetrachtung dieser drei grenzwerterhöhenden Umstände sieht der Verwaltungsgerichtshof deshalb einen Zuschlag von insgesamt 7 dB(A) zu dem im allgemeinen befürworteten Maximalpegel von 90 dB(A) als geboten an und gelangt so zu einem Grenzwert von 97 dB(A). Ein solcher Wert ist für den Tag und für die Nacht maßgeblich; der Ansatz eines niedrigeren Nachtwerts scheitert, auch nach dem Revisionsurteil des Bundesverwaltungsgerichts, der Sache nach daran, daß eine Alarmierung die Durchbrechung der Nachtruhe der Bevölkerung gerade bezweckt, also notwendig Aufweckfunktion haben muß. Die vorstehende Bewertung greift unabhängig davon Platz, ob die Angaben des Klägers oder der Beklagten über die durchschnittliche Zahl der jährlichen Probe- bzw. Ernstfall-Alarme zutreffen.“
47
a) Ausweislich der Stellungnahme des fachlichen Immissionsschutzes der Regierung von N., Herr H. … vom 12.10.2018 kommt am maßgeblichen Immissionsort (nämlich dem Messpunkt 1, OG 1 vor geöffneter Balkontüre) ein maximaler Schallpegel von 102 dB(A) an. Dass eine Messung vor dem geöffneten Schlafzimmerfenster aus vom Kläger zu vertretenden Gründen nicht möglich gewesen ist, ist insoweit unschädlich, da Herr H.… in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass das Fenster des Wohnraumes bei dem er die Messung 1 vorgenommen hat, unmittelbar neben dem Schlafzimmerfenster liegt und sich eine wesentliche Erhöhung des dort ankommenden Schallpegels dadurch auch nicht ergeben hätte.
48
Grundsätzlich sprechen auch die Herstellerdaten der Firma S. … (vgl. E-Mail vom 12.10.2017, Bl. 37 der Gerichtsakte) ebenfalls dafür, dass der von der Sirene ausgehende Lärm die von der Rechtsprechung ermittelte Grenze von 97 dB(A) übersteigen könnte. Danach beträgt der Schalldruckpegel in einem Abstand von ca. 30 Meter <= 109 dB(A). Jedoch wird auch ausgeführt, dass diese Schalldruckpegel-Werte nur theoretisch bei einer offenen Fläche ohne nennenswerte Bebauung gelten. Bei einer bebauten Fläche ist die zu erwartende Dämpfung höher, so dass der Schalldruckpegel in der Regel geringer ausfällt. Durch Abschattungen und Reflexionen können sich zwischen Gebäuden, bei gleichen Abständen und leicht versetzten Messstellen Unterschiede von deutlich mehr als 6 dB(A) ergeben. Insoweit ist der vom fachlichen Immissionsschutz bei seiner Messung am 9.10.2018 festgestellte Wert von 102 dB(A) ein durchaus realistischer Anhaltspunkt.
49
b) Ohne dass es vorliegend unter Berücksichtigung des konkreten Rechtsschutzziels des Klägers, das nicht (auch) auf eine Pegelreduzierung durch aktive oder passive Schallschutzmaßnahmen gerichtet ist, sondern auf die vollständige Beseitigung bzw. Verlegung der Feuerwehrsirene, noch darauf ankommen würde, sind nach der für das Gericht nachvollziehbaren Stellungnahme von Herrn H. … Pegelreduzierungen am Grundstück des Klägers möglich. Insoweit hat der fachliche Umweltschutzingenieur der Regierung von N. Herr H. … in seiner Stellungnahme vom 12.10.2018 darauf hingewiesen, dass Möglichkeiten bestehen, den Schallpegel am Anwesen des Klägers durch Maßnahmen an der Sirene (aktiver Schallschutz) zu reduzieren. In Betracht kommt danach eine andere Ausrichtung der Sirenenlautsprecher (statt bisher Ost-West in Richtung des Klägeranwesens zukünftig nach Nord-Süd). Sollte dies eine relevante Pegelminderung am Klägeranwesens nicht erreichen, kann darüber hinaus durch die Firma S. … abgeklärt werden, ob eine Pegelreduzierung auch durch eine Leistungsbegrenzung der Sirenenlautsprecher möglich ist, ohne die Alarmfunktion zu beeinträchtigen. Dies wird nochmals durch die E-Mail von Herrn H. … vom 17.6.2020 bestätigt. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 22.6.2020 bestätigte er diese Aussagen nochmals.
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Die Beklagte wäre auch nach wie vor - wie bereits schriftsätzlich im Verfahren vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt - einverstanden, mit der Firma S. … eine Drehung der Sireneneinrichtung, gegebenenfalls auch eine Pegelreduzierung durchführen zu lassen, soweit die Alarmierungsfunktion dadurch weiterhin gewährleistet bleibt. Insoweit wäre einem Antrag des Klägers auf eine Pegelreduzierung, soweit man dieses Rechtsschutzziel noch hilfsweise als Minus im beantragten vollständigen Unterlassungsanspruch enthalten ansehen wollte, auch der Boden entzogen. Denn dafür fehlt es dem Kläger an einem Rechtsschutzbedürfnis (vgl. auch insoweit die Ausführungen des BayVGH im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, B.v. 24.1.2018 - 22 CE 17.2457 - juris Rn. 21).
51
c) Soweit der Kläger im Verfahren auch die Frage der Voreingenommenheit der Firma S. … angesprochen hat, ist auf die Ausführungen des BayVGH in seinem Beschluss a.a.O. in Rn. 21 hinzuweisen. Danach bestehen hierfür keine Anhaltspunkte, nachdem die Firma ausweislich des Akteninhalts nicht in die Auswahlentscheidung des Standorts eingebunden war. Zudem kann eine Lärmmessung der Beklagten mit der Firma S. … unter veränderten Bedingungen (Ausrichtung der Sirene, Leistungsbegrenzung der Sirenenlautsprecher) auch unter fachlicher Begleitung und Überwachung des Umweltschutzingenieurs des Landratsamtes R. … oder gegebenenfalls erneut unter Einschaltung von Herrn H. … von der Regierung von N. erfolgen.
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3. Auch wenn die Lärmmessungen Werte von 102 dB(A) ergeben haben und der mithin unter anderem maßgebliche Grenzwert von 97 dB(A) durch die streitbefangene Sirene in Bezug auf das Grundstück des Klägers nicht eingehalten wird, steht dem Kläger kein aktiver, auf Unterlassung von Lärmbelästigungen oberhalb des Grenzwertes gerichteter Lärmschutz dergestalt zu, dass die Feuerwehrsirene gänzlich zu beseitigen ist. Die Feuerwehrsirene ist nämlich am Standort L. … grundsätzlich erforderlich, um die Alarmierungsfunktion der Bevölkerung im Brand- und Katastrophenfall zu gewährleisten (im Folgenden a)), auch der konkrete Standort in L.… ist nicht zu beanstanden (im Folgenden b)). Die Erforderlichkeit der Sirene am Standort L. … ist auch nicht deswegen entfallen, weil die Sirene nach den Ausführungen des Klägers ohnehin schon längere Zeit nicht mehr funktionsfähig gewesen ist (im Folgenden c)) bzw. auch eine anderweitige Alarmierung möglich und ausreichend ist (im Folgenden d)).
53
a) Die ersatzlose Abschaltung der streitbefangenen Sirene würde die Alarmierungsfunktion im Gemeindegebiet der Beklagten nicht mehr ausreichend gewährleisten. Dass es sich bei dem Standort auf dem Anwesen L. … 1 als Ersatz für die vorhandene Sirenenanlage auf dem Anwesen L. … 2 um einen geeigneten und erforderlichen Standort handelt, wird zunächst durch das Bestätigungsschreiben des Feuerwehrkommandanten der Freiwilligen Feuerwehr F. …, Herrn M. … S1. … vom 30.8.2017 an die Beklagte bestätigt (vgl. Bl. 38 im Eilverfahren RN 7 E 17.1486). Die streitgegenständliche Sirene am Standort L. … dient zudem nicht nur als Feuerwehrsirene, sondern auch zum Einsatz für den Katastrophenschutz (vgl. die Bestätigung des Landratsamtes R. … vom 8.9.2017 an die Beklagte, Bl. 39 der Gerichtsakte im Eilverfahren). Hinzu kommt, dass die streitgegenständliche Sirene am Standort L. … auch so programmiert ist, dass sie das Störfallsignal aussenden kann. Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung, da innerhalb des 10-Km-Radius der Störfallbetrieb T. … liegt (vgl. insoweit auch die o.g. Bestätigung des Landratsamtes vom 8.9.2017 und die als Anlage B 14 vorgelegte Karte, die 2016 auf Abfrage des Bayerischen Staatsministeriums des Innern bei der Suche nach geeigneten Standorten von Sirenen innerhalb des 10-Km-Radius erstellt worden sei).
54
Hinzu kommt nach den Ausführungen des Kreisbrandrates L1. … in der mündlichen Verhandlung die grundsätzlich günstige Lage des Standorts L.… auf einer Anhöhe von 478 Metern. Deswegen sei der Standort besonders günstig und auch bereits in der Vergangenheit genutzt worden (nach den insoweit vom Kläger nicht bestrittenen Ermittlungen des Beklagten wohl seit dem Jahr 1973, als die streitgegenständliche Sirene noch im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland gestanden hat bis zum Jahr 1992 als sie dann als Katastrophenschutzsirene übernommen worden sei). Nach den weiteren Ausführungen des Kreisbrandrates in der mündlichen Verhandlung sei der gesamte Landkreis R. … geprägt von einer Vielzahl von Streusiedlungen und insbesondere das Gemeindegebiet der Beklagten bestehe aus sehr vielen W. bzw. verstreuten Dörfern (nach dem Internetauszug aus Wikipedia https://de...org/w./F. …_(N.) ist das Gemeindegebiet der Beklagten in 106 Ortsteile gegliedert) und weise von der Topographie ein sehr hügeliges Gelände auf. Eine Verlegung der Feuerwehrsirene von L. … wie vom Kläger vorgeschlagen in eine andere Ortschaft, z. B. nach Kasten, sei nicht günstig, weil sich dieser Ort in einer Tallage befinde. Die südlich von L. … gelegenen Ortschaften wären daher möglicherweise nicht mehr ausreichend erreichbar.
55
Insoweit erklärt auch der Umweltingenieur der Regierung von N. in der mündlichen nachvollziehbar, dass die Reichweite von Feuerwehrsirenen ein sehr komplexes Thema sei, aber jedenfalls klar sei, dass je höher eine Sirene liege, desto größer ihre Reichweite sei. Die fachliche Stellungnahme spricht somit für eine besondere Geeignetheit des Betriebs einer Feuerwehrsirene in der Ortschaft L. … Auch die vom Gericht im B. eingesehen Pläne hinsichtlich der topographischen Lage von L. … und der näheren Umgebung ergeben, dass der Standort auf Grund seiner Höhenlage für die Alarmierungsfunktion der näheren Umgebung besonders geeignet ist.
56
Andere vom Kläger vorgeschlagene Standorte, wie zum Beispiel die größere Ortschaft D. …, die nordwestlich von L. … liegt, besitzen bereits eine Feuerwehrsirene (vgl. insoweit die Aufstellung der Beklagten über sämtliche 13 Sirenenstandorte von F. …, Anlage B 13, Bl. 114 der Gerichtsakte). Zu den einzelnen Sirenenstandorten in der Gemeinde F. … ist auf die Anlage B 15 (Bl. 116 - 118 der Gerichtsakte) sowie die Entfernungen der Sirene am Standort L. … zu den anderen Sirenenstandorten im Gemeindegebiet auf die Anlage B .. (Bl. 119 der Gerichtsakte) zu verweisen. Substantiierte Einwendungen dagegen erfolgten seitens des Klägers nicht.
57
Soweit der Kläger insoweit pauschal einwendet, dass die Lage der Feuerwehrsirene in L. … im östlichen Gemeindegebiet nahe der Grenze zur benachbarten Gemeinde völlig ungeeignet sei, kann dies vom Gericht aufgrund der Darlegungen der Beklagten nebst den eingereichten Karten, den Ausführungen des Kreisbrandrates Herrn L1. … in der mündlichen Verhandlung und anhand der eingesehenen Karten aus dem B.-A. nicht nachvollzogen werden. Die Feuerwehrsirene am Standort L. … erreicht danach aufgrund ihrer Entfernung gerade die anderen 12 Sirenenstandorte im Gemeindegebiet (Anlage B 16, Bl. 119 der Gerichtsakte) besonders gut und bildet zusammen mit diesen Standorten ein zusammenhängendes Netz für eine effektive Abdeckung des Gemeindegebietes im Alarmierungsfall (vgl. Anlage B15, Bl. 116 bis 119 sowie die eingereichten Karten als Anlage B14 (Bl. 115) und Anlage B17 (Bl. 120).
58
Aus der Bestätigung des Feuerwehrkommandanten der Beklagten vom 30.8.2017 geht zudem hervor, dass insbesondere im näheren Umkreis von L.… viele aktive Feuerwehrleute leben und arbeiten würden, die aus einem ländlich-bäuerlichen Bereich kommen und deshalb aus zeitlichen und beruflichen Gründen bei notwendigen Einsätzen in der Regel immer zur Verfügung stehen würden. Die Beklagte hat dies im Schriftsatz vom 19.10.2017 dahingehend konkretisiert, dass in der Umgebung von L. … insgesamt 17 aktive Feuerwehrmänner wohnen und von der streitgegenständlichen Sirene alarmiert würden. Dies entspreche rund 20% der gesamten aktiven Feuerwehreinsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr F. …
59
b) Auch die konkrete Situierung der neuen Feuerwehrsirene am jetzigen Standort am Anwesen L. … 1 ist nach den Darlegungen der Beklagten zur Standortauswahl vom Gericht nicht zu beanstanden.
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Zur konkreten Situierung der Feuerwehrsirene in dem W. L. … auf dem Nachbaranwesen des Klägers L. … 1 existiert bereits ein Aktenvermerk der Beklagten vom 12.9.2017 (vgl. Bl. 27 der Akte des Eilverfahrens), in dem einige Überlegungen zur Standortwahl angestellt worden sind. Weitere detaillierte und für das Gericht nachvollziehbare Erwägungen hierzu finden sich in dem Schriftsatz der Beklagten vom 15.11.2018 (Bl. 68 - Bl. 70 der Gerichtsakte). Danach sei es aufgrund der grundsätzlichen Erforderlichkeit des Standortes L. … für die Beklagte letztlich nur noch darum gegangen, einen geeigneten Standort für die Feuerwehrsirene auf dem Anwesen des Klägers oder dem benachbarten Anwesen H1. … zu finden. Diesbezüglich hat die Beklagte auch eine Planzeichnung mit den im Einzelnen geprüften Standortalternativen als Anlage eigereicht (Bl. 71 der Gerichtsakte).
61
Die Feuerwehrsirene hat sich zunächst über viele Jahre hinweg unmittelbar auf dem Anwesen L. … 2 befunden, das nunmehr im Eigentum des Klägers steht. Auf Grund der Haltung des Klägers ist die Beklagte davon ausgegangen, dass dieser generell mit einer Anbringung der neuen Sirene auf seinem Grundstück nicht einverstanden gewesen wäre und insbesondere die Eintragung der erforderlichen Dienstbarkeit abgelehnt hätte. Gleichwohl habe die Beklagte die Geeignetheit eines Standorts im westlichen Grundstücksbereich des Klägers nahe des dort befindlichen Stromtransformators geprüft. Nach einer Rücksprache der Beklagten mit dem B. habe dieser Standort jedoch ausscheiden müssen, da hier sehr große Abstandsflächen zu dem Stromtransformator gefordert worden seien. Auf eine etwaige Zustimmung des Klägers sei es gar nicht mehr angekommen.
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Seitens der Beklagten wurde die Anbringung auf dem südlich gelegenen Nebengebäude der Familie H1. … (Flur Nr. ....) vorgeschlagen. Dieser Standort sei aber seitens der Familie H1. … abgelehnt worden, da sich auf diesem Nebengebäude eine PV-Anlage befinde. Die Familie sah durch die Sirene eine erhöhte Blitzschlaggefahr als gegeben an und habe diesen Standort abgelehnt. Als weitere Standortalternative sei das im Osten gelegene Fahrsilo ins Auge gefasst worden, der aber von der Familie H1.… ebenfalls abgelehnt worden sei, weil ein Stromanschluss gefehlt habe, der erst neu hätte verlegt werden müssen. Der nunmehr gewählte Standort im Bereich der westlichen Grundstücksgrenze sei von der Familie H1. … selbst vorgeschlagen worden und habe der Beklagten auch als geeignet erschienen, weil das ehemalige Stallgebäude alle Voraussetzungen für einen unkomplizierten Anschluss der Sirenenanlage geboten habe. Insbesondere war der erforderliche Stromanschluss vorhanden, ebenso der Blitzschutz gewährleistet. Das Stallgebäude sei auch ausreichend hoch für die Anbringung der Sirene.
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c) Die grundsätzliche Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Feuerwehrsirene an dem Standort L. … wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die alte Sirene nach den Ausführungen des Klägers angeblich schon jahrelang funktionsunfähig gewesen sein soll und somit für die Alarmierung im Brand- und Katastrophenfall keine Rolle gespielt habe.
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Nach den glaubhaften Ausführungen der Beklagten sei nur noch bedingt nachvollziehbar, bis wann die alte Sirene auf dem Gebäude des Klägers in Betrieb bzw. funktionsfähig gewesen sei. Jedenfalls sei die alte Sirene niemals offiziell abgeschaltet worden und es sei auch unrichtig, dass die alte Sirene jahrelang nicht mehr funktionsfähig gewesen sei. Dem Kläger sei bei Erwerb seines Grundstücks auch nicht von Seiten der Beklagten mitgeteilt worden, dass diese Sirene außer Betrieb sei. Aus dem Aktenvermerk der Beklagten mit dem Betreff: Sirene L. … vom 12.9.2017 (Bl. 27 der Gerichtsakte RN 7 E 17.1486) ergibt sich, dass sich der Kläger seit seiner Eintragung im Grundbuch am 3.6.2014 mehrfach mündlich bei der Beklagten über die Sirene beschwert habe. Nach den Ausführungen der Beklagten sei Anfang März 2016 von Seiten eines ehemaligen Feuerwehrmanns an die Beklagte herangetragen worden, dass die Sirene offenbar beim monatlichen Probelarm nicht funktioniert habe. Die Beklagte habe daraufhin einen Bauhofmitarbeiter zum Anwesen des Klägers geschickt, um die Sirene zu überprüfen. Durch eine Inspektion des Schaltschrankes habe aber die Ursache für die Fehlfunktion der Sirene nicht ermittelt werden können. Etwa zeitgleich habe der Kläger bei der Beklagten nachgefragt, ob ihm nicht eine Aufwandsentschädigung für den von der Sirene benötigten Strom zustehe. Eine Mitarbeiterin habe diese Anfrage ans Landratsamt R. … weitergeleitet (vgl. die betreffende E-Mail vom 9.3.2016, Bl. 36 der Gerichtsakte). Die Anfrage des Klägers belegt, dass die Sirene wohl jedenfalls bis zum März 2016 funktionsfähig gewesen ist.
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In der Folgezeit sei seitens der Beklagten nur noch feststellbar, dass die Sirene jedenfalls sporadisch funktioniert habe. Nach den Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung habe sich der Kläger im April 2016 auch wieder an die Beklagte gewandt und sich über die Sirene beschwert. Obwohl um den Standort L. … viele aktive Feuerwehrleute wohnten, habe sich nie jemand beschwert, dass die Alarmierung nicht funktioniert hätte. Bereits Mitte Mai 2016 habe die Beklagte dann die Firma S. … um die Erstellung eines Angebots für eine neue Sirene gebeten, weswegen eine umfassende Überprüfung und auch ggf. notwendige Reparatur der alten Sirene unterblieben sei. Im Ergebnis ist die alte Sirene am Standort L. … 2 wohl daher allenfalls kurzfristig und jedenfalls nicht wie der Kläger mutmaßt über einen längeren Zeitraum außer Betrieb gewesen. In diesem Zeitraum bis zur Inbetriebnahme der neuen Sirene sollen nach Auskunft des örtlichen Feuerwehrkommandanten die Feuerwehrkräfte behelfsweise durch SMS benachrichtigt worden sein. Hierbei handele es sich aber nicht um eine ordnungsgemäße Alarmierung im Sinne der einschlägigen Vorschriften (Bayerisches Feuerwehrgesetz und Alarmierung im Rettungsdienst, Brand- und Katastrophenschutz in Bayern (Alarmierungsbekanntmachung - ABek).
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d) Der Frage einer anderweitigen Alarmierung mittels Pager, Handy oder Funk („stille Alarmierung“) etc. braucht nicht näher nachgegangen werde.
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Der Kreisbrandrat Herr L1. … erklärte in der mündlichen Verhandlung insoweit nachvollziehbar, dass eine Alarmierung mittels Pager/Piepser nicht zielführend und auf gleiche Weise geeignet sei, da gerade in den ländlichen Bereichen und auf Grund der topographischen Verhältnisse eine derartige Alarmierungsmethode noch in keiner Weise üblich bzw. verbreitet sei. Auch bestehe die Gefahr von Funklöchern. Diese Art der Alarmierung könne lediglich ergänzend zu der akustischen Alarmierung hinzutreten. Hinzukommt, dass die Feuerwehrleute im ländlichen und bäuerlich geprägten Bereich auch überwiegend in der Landwirtschaft und damit im Freien arbeiten, so dass deren Erreichbarkeit über Pager oder Handys im Falle einer Alarmierung auch nicht immer hinreichend gewährleistet ist.
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Zudem hat das BVerwG in dem oben zitierten Grundsatzurteil vom 29.4.1988 (Az. 7 C 33/87 - juris Rn. 16) auch ausgeführt, dass die öffentliche Aufgabe des vorbeugenden Brandschutzes, in deren Wahrnehmung herkömmlicherweise Alarmsirenen aufgestellt und betätigt werden, wirksam nur dann erfüllt werden könne, wenn gewährleistet sei, dass die Alarmanlage jederzeit zuverlässig und gleichmäßig funktioniere. Abwehransprüche könnten deshalb grundsätzlich nicht damit begründet werden, der Alarm könne bei den heutigen technischen Möglichkeiten auch ohne Lärm, nämlich z.B. über Funk („stille Alarmierung“), ausgelöst werden. Welche Art der Alarmierung die Gemeinde wähle, stehe in ihrem Ermessen. Insbesondere in ländlichen Gemeinden und für den Einsatz der freiwilligen Feuerwehr sei eine Alarmierung mittels Sirenen jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft.
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4. Schließlich ist für die Frage, wo die Grenze der Erheblichkeit und damit die Zumutbarkeit von Lärmimmissionen im Einzelfall verläuft, immer auch eine Wertung zu treffen, die im Sinne einer „Güterabwägung“ die konkreten Gegebenheiten der emittierenden Nutzung einerseits und der emissionsbetroffenen Nutzung andererseits berücksichtigt.
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Bei dieser „Güterabwägung“ sind auch gesetzliche Wertungen zu berücksichtigen, wie hier diejenigen in den Landesfeuerwehrgesetzen, die den Gemeinden die Errichtung und den Betrieb von Feueralarmanlagen aufgeben. Dass insbesondere in den ländlichen Gemeinden und für den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr eine Alarmierung mittels Sirenen nicht ermessensfehlerhaft ist, liegt wie bereits oben ausgeführt auf der Hand. Auch die oben unter 3. erfolgten Ausführungen zur grundsätzlichen Erforderlichkeit der Sirene am jetzigen Standort, sind im Rahmen der Güterabwägung mit zu berücksichtigen.
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In die Güterabwägung ist des Weiteren einzustellen, dass es sich bei dem Wohnsitz des Klägers nur um seinen Zweitwohnsitz und ein im Außenbereich liegendes Anwesen handelt. Der Kläger besitzt auch keinen Anspruch darauf, von jeglichen Immissionen verschont zu werden, die es ihm verwehren würden, auch noch ein leises Knacken von Brettern bei Durchführung seiner Dacharbeiten zu hören. Ein derartiger Ruheanspruch ist für das im Außenbereich gelegene Anwesen gerade nicht durchsetzbar (vgl. insoweit auch BayVGH, B. v. 24.1.2018 - 22 CE 17.2457 - juris Rn. 19). Hinzu kommt, dass die schutzwürdigen Räume des Klägers zum Innenhof seines Anwesens situiert sind und nicht nach Osten in Richtung zu der Sirene hin. Zudem hat sich die alte Sirene früher sogar unmittelbar auf dem Anwesen des Klägers L. … 2 und somit noch näher zu seinen schutzwürdigen Räumen befunden, so dass die jetzige Positionierung auf dem Nachbargebäude jedenfalls eine Verbesserung für den Kläger darstellt.
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Hinsichtlich der lärmmäßigen Betroffenheit des Klägers ist weiterhin zu berücksichtigen, dass ein Probealarm nur einmal im Monat und immer zu einem von vornherein festgelegten und vorhersehbaren Zeitpunkt stattfindet, auf den sich der Kläger auch ohne Weiteres einstellen kann. Die Dauer des monatlichen Probealarms beträgt nach den nachvollziehbaren Aussagen der Beklagten im ihrem Schriftsatz vom 19.10.2017 nur 60 Sekunden und erfolgt in drei Mal 12 Sekunden Dauerton sowie zwei Mal 12 Sekunden Pause. In den außerplanmäßigen Fällen einer erforderlichen Alarmierung im Brand- oder Katastrophenschutzfall wird es sich in der Regel auch nicht um häufig im Monat vorkommende Ereignisse handeln. Zudem hat die Beklagte in dem o.g. Schriftsatz ausgeführt, dass sich für die Freiwillige Feuerwehr F. … die Alarmierung seit Kurzem dahingehend geändert habe, dass eine Alarmierung über Sirene nur noch bei Notfallsituationen und größeren Einsätzen erfolge, bei denen die gesamte Mannschaftsstärke benötigt werde. Bei kleineren Einsätzen erfolge lediglich eine stille Alarmierung, mit welcher dann allerdings auch nur ein kleiner Bruchteil der aktiven Feuerwehrleute erreicht werde. Die Sirenenalarmierung werde sich somit in Zukunft auf wenige Tage reduzieren.
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Im Rahmen der Güterabwägung kommt das Gericht vorliegend zu dem Ergebnis, dass hier auch eine Überschreitung des Grenzwertes von 97 dB (A) gerechtfertigt ist und der Kläger die von der Feuerwehrsirene ausgehenden Lärmimmissionen, zumal diese nur gelegentlich beim monatlichen Probealarm bzw. im Alarmierungsfall auf sein Grundstück einwirken, hinzunehmen hat. Zudem kann der Anspruch des Klägers aufgrund der Umstände in diesem Verfahren nicht auf eine ersatzlose Abschaltung der Sirene gerichtet sein, sondern allenfalls auf vorliegend aber nicht beantragte pegelreduzierende Maßnahmen. Diesen würde sich die Beklagte aber nicht verschließen, soweit die Alarmierungsfunktion weiterhin gewährleistet ist.
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5. Der im Schreiben des Klägers vom 22.6.2020 schließlich noch beantragten Inaugenscheinnahme der Feuerwehrsirene und des Standortes war nicht weiter nachzugehen, da diese für das Gericht nicht entscheidungserheblich gewesen ist für die zu beurteilenden Fragen der Zumutbarkeit von auf das Grundstück des Klägers einwirkende Lärmimmissionen (zumal insoweit eine fachtechnische Stellungnahme von Herrn B. H. … von der Regierung von N. vom 12.10.2018 vorgelegen hat) und der Standortwahl der Feuerwehrsirene (vgl. insoweit die vorliegenden Stellungnahmen der Beklagten, des Feuerwehrkommandanten der Beklagten, des Landratsamtes R. … und der Aussagen von Herrn K. L1 … in der mündlichen Verhandlung).
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.