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OLG München, Verfügung v. 22.09.2020 – 28 U 1417/20
Titel:

Schadensersatz wegen Erwerbs eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs

Normenketten:
ZPO § 287
BGB § 849
Leitsätze:
1. Die Gesamtkilometerlaufleistung eines Fahrzeugs kann zur Bestimmung der Nutzungsentschädigung richterlich geschätzt werden. Die Annahme einer Laufleistung von 300.000 km begegnet keinen Bedenken. (Rn. 5 – 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Deliktszinsen nach § 849 BGB können nicht verlangt werden, wenn der Geschädigte für die Hingabe seines Geldes im Wege des Leistungsaustauschs eine in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbare Gegenleistung erhält. In diesem Fall kompensiert die tatsächliche Nutzbarkeit der Gegenleistung die Nutzungsmöglichkeit des Geldes (ebenso BGH BeckRS 2020, 19274). (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schätzung, Gesamtkilometer, Dieselskandal, EA 189, Deliktszinsen
Vorinstanz:
LG Ingolstadt, Endurteil vom 07.02.2020 – 31 O 2539/18
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Endurteil vom 01.12.2020 – 28 U 1417/20
BGH Karlsruhe, Urteil vom 24.03.2022 – VII ZR 266/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 57189

Tenor

Der Senat hat mit Verfügung vom 3.6.2020 einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Nachdem zwischenzeitlich mehrere höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum sog. „Dieselskandal“ vorliegen und der Senat bereits vielfach diesbezüglich Rechtsstreitigkeiten entschieden hat, liegen nunmehr - anders noch als bei der Terminierung - die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vor.
Der Senat beabsichtigt daher, die beiden Berufungen gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 07.02.2020, Az. 31 O 2539/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er nunmehr einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Entscheidungsgründe

I. Entscheidung des Landgerichts
1
Das Landgericht gab der Klage überwiegend statt und verurteilte die Beklagte u.a. zur Zahlung von knapp 18.000 Euro Zugum-Zug gegen Rückgabe des Pkws. Der Kläger habe am 14.9.2015 einem vom Dieselskandal betroffenen Audi A 4 mit dem Motor EA 189 erworben und ihm stünden daher Schadensersatzansprüche zu. Hinsichtlich der Nutzungsentschädigung setzte das Erstgericht eine Laufleistung von 300.000 km an; eine Verzinsung nach § 849 BGB sei nicht geschuldet.
II. Berufung des Klägers
2
Der Kläger ist der Ansicht, dass eine höhere Laufleistung anzusetzen sei und sich der Zinsanspruch aus § 849 BGB ergebe.
III. Berufung der Beklagten
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Die Beklagte ist der Ansicht, dass Ansprüche dem Grunde nach nicht bestünden.
IV. Gegenwärtige Einschätzung des Senats
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1. Die Entscheidung des Erstgerichts, wonach die Beklagte dem Grunde nach haftet, entspricht der nunmehr ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung.
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2. Mit dem Erstgericht ist der Senat der Auffassung, dass die Gesamtkilometerlaufleistung richterlich geschätzt werden kann.
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Der Senat beanstandet die erstgerichtliche Schätzung nicht und macht sie sich zu Eigen.
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3. Hinsichtlich der Zinsen hat der Bundesgerichtshof deutlich gemacht, dass § 849 BGB nicht zur Anwendung kommt.
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4. Hinsichtlich des Annahmeverzugs hat der Kläger von Anfang an deutlich gemacht (Schreiben vom 6.12.2018, Anlage K 10), dass eine Nutzungsentschädigung mindernd zu berücksichtigen ist.
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Vor diesem Hintergrund erweist sich die erstinstanzliche Entscheidung als zutreffend.
10
Der Senat regt die Rücknahme der Berufungen an und erwägt, den Termin abzusetzen. Hierzu bzw. zur Stellungnahme zu diesem Hinweis besteht Gelegenheit bis zum 21.10.2020.
2. Verfügung vom 22.09.2020 hinausgeben an:
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Prozessbevollmächtigte des Berufungsbeklagten … Prozessbevollmächtigte der Berufungsklägerin …
3. Wiedervorlage mit Fristablauf