Inhalt

LG Regensburg, Endurteil v. 15.09.2020 – 63 O 483/20
Titel:

Schadensersatz wegen behaupteter unzutreffender Testate

Normenketten:
ZPO § 3, § 12, § 13, § 32 b, § 91, § 708 Nr. 11, § 709
HGB § 267 Abs. 3, § 316 Abs. 1 S. 1, § 332
InsO § 134
BGB § 311 Abs. 3, § 823 Abs. 2
KapMuG § 2
Leitsatz:
Mit der Neufassung des § 32 b I ZPO, d.h. der Einfügung von § 32 b I Nr. 2 ZPO sollte der Anwendungsbereich der Vorschrift erweitert werden, weil bislang die Verwendung von öffentlichen Kapitalmarktinformationen durch einen Anlageberater oder - vermittler nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. Beschluss v. 03.05.2011, X ARZ 101/11) nicht von § 32 b I Nr. 1 ZPO erfasst wurde. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anleger, Anspruch, Containerverkauf, Container-Anlage, Bestätigungsvermerk, Schneeballsystem, Insolvenzverfahren, Haftung, Gerichtsstand, Kapitalmarktinformation, Mietforderungen, Mietzahlung, Pflichtverletzung, Prospekthaftung, Schadensersatzanspruch, Schadensersatz, Streitwertfestsetzung, Testat
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 24.11.2020 – 15 U 3220/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 56885

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 39.165,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen behaupteter unzutreffender Testate auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Klägerin hat im Sommer 2014 einen Vertrag mit der … über den Erwerb von 21 Containern zum Gesamtpreis von 39.165,- € sowie über die Verwaltung dieser Container für 5 Jahre bei einer garantierten Tagesmiete von 0,49 € pro Container (Anlage K1) geschlossen.
3
Der Beklagte war seit 2006 als Wirtschaftsprüfer für den … tätig; dies in zweierlei Hinsicht:
- Zum einen war der Beklagte Jahresabschlussprüfer der vier … sowie der … seit letztere im Jahre 2012 konstituiert worden war, gewesen.
- Zum anderen hat der Beklagte gesellschaftsübergreifende Testate sui generis erteilt in denen er bestätigte, dass … in der Vergangenheit die Mietzahlungen und die Rückkaufpreise für die Container immer pünktlich und vollständig beglichen habe.
4
Am 07.03.2014 (Anlage K2) erstellte der Beklagte den Bestätigungsvermerk für den Jahresabschluss der … für 2012 (erstellt am 27.03.2014). Am 12.08.2013 (Anlage K11b) erstellte der Beklagte einen Bericht zur Geschäftstätigkeit sowie zu den bisher durchgeführten Prüfungen de… Bei dem Testat (Anlage K2) hat es sich um eine Pflichtprüfung gehandelt, während es sich bei dem Bericht um eine Leistung gehandelt hat, für die keine gesetzliche Verpflichtung bestand.
5
Im Frühjahr 2018 ist der … zusammengebrochen. Das Insolvenzverfahren der … wird beim AG München unter dem Az. … geführt.
6
Nach dem Vorbringen der Klägerin ergäbe sich die Zuständigkeit des Landgerichts Regensburg aus §§ 12, 13 ZPO.
7
Eine ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth ergäbe sich nicht aus § 32 b ZPO in Verbindung mit Vorschriften des bayerischen Landes-Verordnungsrechts. Nach dem eindeutigen Wortlaut in § 32 b Abs. 1 Hs. 2 ZPO finde diese Vorschrift nur Anwendung, wenn sich die Klage „zumindest auch gegen den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft“ richtet. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der hiesige Beklagte wird allein in Anspruch genommen. Er sei weder Emittent noch Anbieter der streitgegenständlichen Container-Investments gewesen. Auch unter den Begriff der Zielgesellschaft könne man ihn nicht subsumieren.
8
Alle genannten … seien „große Kapitalgesellschaften“ gem. § 267 Abs. 3 HGB; alle Prüfungen seien also „Pflichtprüfungen“ gem. § 316 Abs. 1 S. 1 HGB gewesen.
9
Bei beiden Typen von Testaten habe der Beklagte nicht bemerkt, zumindest aber nicht warnend in die Testate aufgenommen, dass sich bei … das größte Schneeballsystem der deutschen Rechtsgeschichte aufgebaut habe:
- Laut Buchhaltung hätten bei … ca. 1,6 Millionen Seefrachtcontainer vorhanden sein müssen, dies entspräche ca. 6 % der Welt-Containerflotte. Denn Container in dieser Anzahl wären von … angeblich erworben und an Anleger weiterverkauft worden, darunter auch an die hiesige Klägerin.
- Von diesen 1,6 Millionen Seefrachtcontainern hätten in Wahrheit nur ca. 617.000, also nur ein gutes Drittel existiert. Den Rest habe es schlichtweg nicht gegeben. Insgesamt sei den Anlegern nach Schätzungen des Insolvenzverwalters … Schaden in Höhe von 2,5 bis 3 Milliarden EURO entstanden (Anlage K6).
- Eine zentrale Rolle habe hierbei die in der Schweiz ansässige Schwestergesellschaft … gespielt, die für den Ankauf und die Vermietung der Container zuständig gewesen sei und für die Garantiemieten den deutschen Gesellschaften gerade stehen sollte. Die deutschen … hätten daher zunehmend Mietforderungen gegen die Schweizer Schwestergesellschaft in dreistelliger Millionen-EURO-Höhe in den Büchern gehabt, die nur theoretischer Natur und de facto uneinbringlich gewesen seien. Der Wirtschaftsprüfer der … weise für das Jahr 2012 - so auch schon vorher - selbst darauf hin, dass diese Gesellschaft „überschuldet“ sei (Anlagen K7, K8).
10
Dem Beklagten hätte bei der Jahresabschlussprüfung der deutschen Gesellschaften das Schneeballsystem auffallen können und müssen, und er hätte die Testate verweigern müssen („red flags“):
- Der Beklagte hätte eine dreistellige Millionen-EURO-Bilanz, die auf der Aktivseite im Wesentlichen nur aus Forderungen gegen ein einziges Schweizer Unternehmen bestanden habe, nicht einfach so „abnicken“ dürfen, sondern er hätte die genaue Natur und die Werthaltigkeit dieser aktivierten Forderungen überprüfen müssen. Dies sei nicht geschehen.
- Der nahezu gänzlich fehlende Zahlungsfluss in die Schweiz, jedenfalls das krasse Missverhältnis der geleisteten Zahlungen zu den angeblich anzuschaffenden Containern, hätte dem Beklagten auffallen müssen.
- Die anzustellenden Untersuchungen hätten den Beklagten darauf gestoßen, dass die Annahmen in den deutschen Geschäftsberichten zu erzielbaren Containermieten und -kaufpreisen keinen Bezug zur Realität hatten, sondern dass mit weit überzogenen Preisannahmen operierte.
- Der Beklagte habe überhaupt keine, auch keine stichprobenhafte, Überprüfung der angeblich angeschafften Containerbestände vorgenommen.
11
Der Beklagte habe unzutreffend testiert, dass die Auszahlung der Mieten und der Rückkaufpreisestets pünktlich und vollständig erfolgt sei.
- Dies sei zum einen sachlich falsch, denn jedenfalls gegenüber den aus Österreich stammenden … habe es wiederholte und substantielle Zahlungsverzögerungen gegeben. (Anlage K10).
- Zum Andern lasse der Beklagte bei Erteilung dieser Testate die für ihn sich aufdrängende Erkenntnis unerwähnt, dass die Auszahlung von Mieten und Rückkaufpreisen, soweit sie denn erfolgt war, nicht als Rückfluss aus wirklichen Containerinvestments stamme, sondern sich als vertragswidrige Auszahlung der Gelder von Neuinvestoren an bereits vorhandene Investoren darstelle. … habe die Testate, die der Beklagte erstellte, aktiv zur Kundenwerbung eingesetzt (Anlagen K4 und K5).
12
Bevor die Klägerin das streitgegenständliche Investment getätigt hat, hätten ihr die vom Beklagten erteilten Testate zur Verfügung gestanden. Die Klägerin habe sich auf die Richtigkeit dieser Testate verlassen. Hätten diese Bestätigungen nicht vorgelegen, hätte die Klägerin ihr Investment nicht getätigt. Die Klägerin könne sich auch auf die Vermutung berufen, dass falsche Testate für ihren Beteiligungsentschluss maßgeblich waren (BGH ZIP 2020, 1024).
13
Hätte der Beklagte den … und deren Mutter-AG nicht seine Dienste zur Verfügung gestellt und falsche Testate erteilt, so wären die Betriebsgesellschaften mindestens seit dem Jahre 2010 nicht mehr im Geschäft gewesen und es hätten daher überhaupt keine Investoren mehr einwerben können, auch nicht durch die hiesige Klägerin.
14
Die Klägerin geht davon aus, ihr gesamtes Investment verloren zu haben; es sei nicht erkennbar, ob und wann eine Insolvenzquote zur Auszahlung gelangen könne. Für den Fall, dass noch Restwerte irgendwann erzielbar sein sollten, bietet die Klägerin in Klageantrag Ziffer 1. ihre Ansprüche zur Zug-um-Zug-Übertragung an.
15
Die Klägerin habe zwar während der Laufzeit der Verträge Mietzahlungen für die Container erhalten, die die gezahlten Kaufpreise zu einem geringen Teil kompensiert haben. Jedoch habe der Insolvenzverwalter … bereits (unstreitig) angekündigt, diese Mietzahlungen auf Grundlage des § 134 InsO zur Masse zurückzufordern. Die Klägerin will sich die Mietzahlungen daher nicht schadensmindernd abziehen lassen.
16
Die Klägerin meint, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin in mehrfacher Hinsicht für die falschen Testate einzustehen habe, wobei er sich nicht auf den eingeschränkten Bestätigungsvermerk berufen könne:
- aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter,
- aus culpa in contrahendo in Verbindung mit § 311 Abs. 3 BGB, denn die Testate des Beklagten seien von … planvoll und systematisch zur Kundenwerbung genutzt worden, auch gegenüber der hiesigen Klägerin
- § 332 HGB in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB.
17
Die Klägerin beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 39.165,- zu bezahlen, Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche der Klägerin mit Bezug auf den Kauf- und Verwaltungsvertrag mit der Nummer … geschlossen zwischen der Klägerin und der … am 30.07./06.08.2014.
2. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Annahme der in Klageantrag Ziffer 1. genannten Ansprüche im Verzüge befindet.
18
Der Beklagte beantragt:
Klageabweisung
19
Nach dem Vorbringen des Beklagten, sei die … kein Schwesterunternehmen, da sie keine gemeinsame Mutter mit den deutschen Gesellschaften habe.
20
Weder seien jede der vier deutschen … noch die deutsche durchgängig große Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Abs. 3 HGB gewesen. Auch sei nicht jede dieser Gesellschaften durchgängig prüfungspflichtig gewesen.
21
Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass auch bei der streitgegenständlichen … ein Containerfehlbestand zu verzeichnen gewesen sei, sowie die angeblichen fehlenden Erträge aus dem Vermietungsgeschäft, die angeblichen Verwendung der Gelder von Neuanlegern für die Bedienung von Verbindlichkeiten gegenüber Altanlegern und der deshalb angeblich fehlenden positiven Fortführungsprognose.
22
Die deutschen … hätten keinen Containerbestand bilanziert, dessen angebliches Fehlen der Beklagte hätte feststellen können, da die Container im Eigentum der Investoren standen.
23
Die vom Beklagten geprüften Jahresabschlüsse (K2) seien nicht unrichtig. Sie enthielten vielmehr am Ende Warnhinweise. Irgendwelche angeblichen Container-Fehlbestände, ein vermeintliches Schneeballsystem oder eine etwaige Zahlungsunfähigkeit der Schweizer … habe der Beklagte dagegen nicht festgestellt, so dass er hierauf auch nicht in seinen Bestätigungsvermerken hinzuweisen hatte.
24
Der Beklagte bestreitet das angebliche Fehlen einer positiven Fortführungsprognose der hier streitgegenständlichen … (wie auch der übrigen deutschen …); dies werde in der Klage auch nicht dargelegt.
25
Der Beklagte bestreitet, dass Verbindlichkeiten aus Containerankäufen angeblich nicht bedient worden seien bzw. nicht hätten bedient werden können, und dies sei vom Beklagten auch zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden; vielmehr hätten seine ordnungsgemäß durchgeführten Prüfungen keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass die Menge der von den deutschen … aus der Schweiz gekauften Container der an die Anleger verkauften Menge entsprach.
26
Der Beklagte bestreitet die, seiner Auffassung nach unsubstantiierte, Behauptung, dass die deutschen „zunehmend Mietforderungen“ gegen die Schweizer … „in dreistelliger Millionen-EURO-Höhe in den Büchern“ gehabt hätten, diese „nur theoretischer Natur und de facto uneinbringlich“ gewesen seien. Zudem sei die pauschale Behauptung der Überschuldung der Schweizer zum 31.12.2012 nicht geeignet, um eine vermeintliche Uneinbringlichkeit irgendwelcher Mietforderungen (noch dazu zeitlich unbegrenzt) anzunehmen. Dem Beklagten sei weder der Bericht bzw. Berichtsauszug in Anlage K8 noch der E-Mail Verkehr (Anlage K9) bekannt gewesen und er sei auch sonst in diese Vorgänge nicht involviert gewesen.
27
Bei der Prüfung sei keine Pflichtverletzung begangen worden:
- Es hätten sich keine Zweifel an der Werthaltigkeit der Forderungen ergeben
- Der Beklagte habe die von der schweizerischen … ausgestellten Rechnungen für Containerverkäufe pflichtgemäß in Stichproben geprüft und dabei keine Auffälligkeiten festgestellt. Er habe außerdem in Stichproben die von der schweizerischen … erworbenen Container, die zur Unterscheidung mit Nummern versehen gewesen seien, mit der Anzahl der von den Investoren erworbenen Containern entsprechend den abgeschlossenen Kauf- und Verwaltungsverträgen abgestimmt, und anhand der im … hinterlegten Nummern - ebenfalls in Stichproben - die damit verbundenen Übereignungsvorgänge nachvollzogen. Auch dabei habe der Beklagte keine Auffälligkeiten feststellen können, insbesondere nicht das Fehlen von Containern.
- Soweit die Klagepartei ferner die Höhe der Containermieten und -kaufpreise bemängele und meint, der Beklagte habe diese als unrealistisch, da angeblich nicht mit den Marktverhältnissen vereinbar, beanstanden müssen, so verbleibe auch dieser Vortrag unschlüssig, unsubstantiiert und zu bestreiten.
28
Bei dem Bericht (K11b) handle es sich nicht um eine eigenständige Prüfung, an deren Ende ein Prüfergebnis bzw. Testat stünde, sondern um eine kurze Stellungnahme zur Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und insbesondere zu den bereits durchgeführten Prüfungen und nochmaligen Verweis auf die eingeschränkten Bestätigungsvermerke.
29
Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass mit allen erteilten Testaten immer aktiv um Kapitalanleger geworben worden sei; zumindest habe der Beklagte hiervon keine Kenntnis gehabt.
30
Die Webseite (Anlage K4) habe 2014 nicht mit dem dargestellten Inhalt zur Verfügung gestanden. Hinsichtlich der Werbebroschüre (Anlage K5) werde bestritten, dass diese schon 2014 bestand; sie enthalte zudem keine Hinweise auf die Prüfungen des Beklagten.
31
Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Klagepartei die in Anlagen K 2 bis K 5 vorgelegten Unterlagen ihrer Anlageentscheidung zugrunde gelegt habe
32
Mit Nichtwissen sei vorsorglich zu bestreiten, dass der Kaufpreis tatsächlich von der Klagepartei gezahlt wurde und nicht etwa aus einer vorherigen auslaufenden Investition stamme.
33
Mit Nichtwissen wird ferner bestritten, dass die Klagepartei ihr streitgegenständliches „Investment vollständig verloren“ habe. Dem stehe entgegen, dass gemäß dem vorgelegten Kauf- und Verwaltungsvertrag (Anlage K1) die Klagepartei Eigentum an den streitgegenständlichen Containern erwerbe, wenn sie den hierfür erforderlichen Kaufpreis bezahle. Allein aus dem behaupteten angeblichen Fehlen von Containern könne nämlich keineswegs abgeleitet werden, dass damit ausgerechnet auch die streitgegenständlichen Container der Klagepartei nicht vorhanden seien.
34
Ob der Insolvenzverwalter … Garantiemietauszahlungen von irgendwelchen Anlegern zurückfordert, sei dem Beklagten ebenso wenig bekannt wie der von ihm angeblich geltend gemachte Rechtsgrund (§ 134 InsO), so dass diese Behauptungen mit Nichtwissen zu bestreiten seien.
35
Zudem habe die Klägerin ihre Schadensminderungspflicht durch Nichtanmeldung ihrer Ansprüche zur Insolvenztabelle verletzt.
36
Der Beklagte meint, dass es sich bei dem Bestätigungsvermerk um einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk handle.
37
Der Beklagte habe seine Prüfungen und Testate bewusst nur für seinen jeweiligen Auftraggeber, d.h. die jeweilige … und nicht nach außen hin für irgendwelche Anleger oder die Klagepartei, durchgeführt bzw. erstellt. Einen Willen, Dritte, in den Leistungs- und Schutzbereich des jeweiligen Prüfauftrages einzubeziehen, habe auch bei seinem jeweiligen Vertragspartner nicht bestanden. Aus der, der Anlage K11b zugrundeliegenden Vereinbarung sollte ein Dritter (hier die Investoren) jedenfalls keinen eigenen Leistungsanspruch aus dem Auftrag, wie er unter Ziff. 1 der Stellungnahme (Anlage K11b, S. 3) beschrieben ist, erhalten. Die Klagepartei habe sich die Bestimmungen der §§ 316 ff., 323 Abs. 1 Satz 3 HGB vorhalten zu lassen, nach welcher schon vom Grundsatz her Abschlussprüfer im Sinne des § 318 HGB nicht gegenüber Dritten haften, sondern (in den Grenzen des § 323 Abs. 2 HGB) nur gegenüber ihrem jeweiligen Auftraggeber und ggf. mit diesem verbundenen Unternehmen (BGH vom 23.01.2019, VII ZR 3/18).
38
Eine Haftung des Beklagten aus § 311 Abs. 3 BGB sei ausgeschlossen; die Klagepartei habe kein besonderes persönliches Vertrauen aufgezeigt, das für einen Haftungsanspruch jedoch erforderlich wäre.
39
Auch deliktische Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 332 HGB sei nicht gegeben, da kein klägerischer Vortrag zu vorsätzlichem Verhalten gegeben sei.
40
Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf das Vorbringen im Termin verwiesen.
41
Das Gericht hat keinen Beweis erhoben.

Entscheidungsgründe

42
Die Klage ist abzuweisen, da das Landgericht Regensburg nicht zuständig ist.
43
1. Es ist die ausschließliche Zuständigkeit des LG Nürnberg - Fürth gemäß §§ 32 b I Nr. 1 ZPO, 37 GZVJu (v. 11.6.2012, GVBl 295) gegeben.
44
Im vorliegenden Fall wird ein Schadensersatzanspruch wegen behaupteter falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation gegen den Beklagten als Wirtschaftsprüfer der … geltend gemacht, so dass sich die Zuständigkeit nach § 32 b I Nr. 1 ZPO richtet. Der Gerichtsstand besteht unabhängig davon, ob tatsächlich ein Antrag nach § 2 KapMuG gestellt wird (Zöller, ZPO, 33. Aufl., 2020, Rz. 1).
45
a) Über den Wortlaut des § 32 b ZPO hinaus können auch weitere verantwortliche Personen in Betracht kommen. Es darf hierzu auf die Kommentierung zu § 32 b ZPO in Zöller, ZPO, 33. Aufl., 2020, Rz. 4 a verwiesen werden, wonach ausdrücklich auch Wirtschaftsprüfer in Betracht kommen.
46
Es geht vorliegend nicht um die klassische Prospekthaftung, sondern um eine sonstige Kapitalmarktinformation durch das angegriffene Testat und den angegriffenen Bericht.
47
b) Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift des § 32 b I Halbs. 2 ZPO, wonach sich die Klage auch gegen den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft richten muss, ist diese Voraussetzung jedoch für § 32 b I Nr. 1 ZPO nicht erforderlich.
48
Der BGH (Beschluss v. 30.07.2013 - X ARZ 320/13, juris) hat hierzu festgestellt, dass dem Wortlaut keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden kann (Rz. 28). Aus dem Sinn und Zweck der seit 1.12.2012 geltenden Fassung dieser Vorschrift ergibt sich, dass diese neu in den Gesetzestext eingefügte Voraussetzung eines weiteren Beklagten enger zu interpretieren ist als ihr Wortlaut vorzugeben scheint. Die Vorschrift des § 32 b I ZPO soll eine einheitliche Beurteilung von öffentlichen Kapitalmarktinformationen sichern (BGH, a.a.O., Rz. 15). Mit der Neufassung des § 32 b I ZPO, d.h. der Einfügung von § 32 b I Nr. 2 ZPO sollte der Anwendungsbereich der Vorschrift erweitert werden, weil bislang die Verwendung von öffentlichen Kapitalmarktinformationen durch einen Anlageberater oder - vermittler nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss v. 03.05.2011, X ARZ 101/11, Rz. 15, juris) nicht von § 32 b I Nr. 1 ZPO erfasst wurde. Nachdem sich oftmals der Sitz des Beklagten, z.B. eines Anlageberaters oder Anlagevermittlers in örtlicher Nähe zum Kläger befindet, wollte der Gesetzgeber jedoch keinen ausschließlichen Gerichtsstand an einem möglicherweise weit entfernten Ort begründen (BT-Dr 17/8799, S. 27) und hat deshalb für diesen Fall das Erfordernis eines weiteren Beklagten in der Vorschrift des § 32 b I 2. Halbs. ZPO mit aufgenommen. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich jedoch nicht, dass dadurch der Anwendungsbereich des § 32 b I Nr. 1 ZPO eingeschränkt werden sollte. Dies erscheint im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift vielmehr ausgeschlossen (BGH, a.a.O., Rz. 25).
49
Dies ist auch bei den im Schriftsatz vom 30.05.2020 zitierten Entscheidungen mitzuberücksichtigen.
50
Soweit auf Tz. 24 der BGH-Entscheidung abgestellt wird, ist festzuhalten dass sich die Aussagen des BGH nur auf Anlageberater und vergleichbare Berufsgruppen bezieht. Der Wirtschaftsprüfer, der eigenverantwortliche Testate erstellt kann jedoch mit Berufsgruppen aus dem Vertrieb der Kapitalanlagen nicht gleichgesetzt werden.
51
Auch die Entscheidung des OLG Hamburg betrifft die Haftung eines Anlageberaters und einer Person, die unberechtigt Zahlungen freigegeben haben soll. Sie kann daher ebenfalls für die Beurteilung der Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers nicht herangezogen werden.
52
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO und für die Streitwertfestsetzung waren § 3 ZPO, 48 GKG maßgeblich.