Inhalt

VG Regensburg, Gerichtsbescheid v. 17.02.2020 – RO 3 K 18.539
Titel:

Rücknahme einer rechtswidrigen Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung (sog. Witwengeld) mit Wirkung für die Zukunft

Normenketten:
BayAbgG Art. 12 Abs. 1, Abs. 2, Art. 18, Art. 19
BayBeamtVG Art. 35 Abs. 2 Nr. 2
BayVwVfG Art. 48 Abs. 4 S. 1
VwGO § 67 Abs. 4 S. 4, § 84 Abs. 1 S. 1, § 101 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1, § 114 S. 2, § 154 Abs. 1, § 167
BayKWBG Art. 60
Leitsätze:
Art. 14 GG schütz nicht das bloße Vermögen (vgl. BVerfG, U.v. 20.7.1954 - 1 BvR 459/52 - BVerfGE 4, 7).  (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Verzicht einer ehrenamtlichen Bürgermeisterin auf eine erneute Kandidatur stellt im Hinblick auf die demokratische Entscheidungsfreiheit der Wahlberechtigten keine – einen eventuellen Vertrauensschutz begründende – Vermögensdisposition iSv Art. 48 Abs. 2 S. 2 BayVwVfG dar. (Rn. 39 – 43) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Vertrauen des von einem rechtswidrigen Verwaltungsakt Begünstigten (hier: Zahlung von Witwengeld) auf dessen Fortbestand hat dann für die Zukunft gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände zurückzutreten, wenn der Verwaltungsakt regelmäßige Bezüge aus öffentlichen Mitteln regelt. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Verwirkung der Rücknahmebefugnis scheidet aus, wenn die Behörde nach Kenntnis der Rücknehmbarkeit der Gewährung von Witwengeld keinen besonderen Vertrauensschutz gesetzt, sondern keinen Zweifel gegenüber der Versorgungsempfängerin daran gelassen hat, dass die Gewährung von Witwengeld für die Zukunft eingestellt werden müsse. (Rn. 52 – 53) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rücknahme eines Bescheides, Erwerbseinkommen, Altersrente, Hinterbliebenenversorgung, Kürzungsbeträge, Bezüge aus öffentlichen Mitteln, Kandidatur für ein Bürgermeisteramt, Jahresfrist, Versorgungsausgleich, Witwengeld, Verwirkung der Rücknahmebefugnis
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 21.04.2022 – 5 ZB 20.724
Fundstelle:
BeckRS 2020, 56797

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Gerichtsbescheid ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin, geboren … 1949, wendet sich gegen den Bescheid des Beklagten vom 12. März 2018, in welchem der monatliche Unterhaltsbeitrag gemäß Art. 19 BayAbgG i.V.m. Art. 38 BayBeamtVG für die Zeit ab 1. April 2020 auf 131,00 € festgesetzt wird und die bisher ergangenen Festsetzungsverwaltungsakte betreffend die Gewährung eines Witwengelds nach Art. 18 BayAbgG zurückgenommen werden, soweit sie dem entgegenstehen.
2
Die Klägerin ist die Witwe des am … 1929 geborenen und am … 2011 verstorbenen ehemaligen Abgeordneten O. B. Die Verehelichung datiert vom … 1997. Der verstorbene Ehegatte der Klägerin bezog seit 1. Januar 1992 eine Altersentschädigung nach dem Bayerischen Abgeordnetengesetz, welche mit Bescheid vom 20. August 1991 festgesetzt worden war. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2011 wurde der Klägerin aufgrund des Todes des Ehegatten O. B. ab 1. Dezember 2011 die Zahlung der Altersentschädigung für Herrn O. B. mit Ablauf des Monats November 2011 eingestellt (Ziffer 1). In Ziffer 3 des Bescheids wurde festgelegt, dass die Klägerin ab 1. Dezember 2011 ein monatliches Witwengeld nach dem Bayerischen Abgeordnetengesetz in Höhe von 1.126,00 € erhielt. Nach einer Mitteilung der Klägerin vom 11. Dezember 2011 erhalte sie eine weitere Witwenrente von voraussichtlich 438,00 €, daneben erhalte sie als ehrenamtliche 1. Bürgermeisterin des Marktes L. anrechenbare Bezüge in Höhe von 2.189,55 €. Nach einem Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 5. März 2014 erhält die Klägerin eine Altersrente seit 1. Mai 2014 (ab 1.5.2014 laufend monatlich 1.266,59 €). Daneben erhält sie laut Bescheid von der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 13. März 2014 eine sog. große Witwenrente (für die Zeit ab 1.5.2014 laufend monatlich 423,00 €).
3
Laut Änderungsbescheid des Bayerischen Landtags vom 24. April 2014 wurde das monatliche Witwengeld nach dem Bayerischen Abgeordnetengesetz ab 1. Juni 2014 auf 1.185,00 € festgesetzt. Nach einem Vermerk vom 3. März 2017 lägen im Fall der Klägerin die Voraussetzungen von Art. 35 Abs. 2 Nr. 2 BayBeamtVG vor. Der Abgeordnete müsse bereits eine Altersentschädigung beziehen und er müsste zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits die Regelaltersgrenze nach Art. 12 Abs. 1 und 2 BayAbgG erreicht haben. In diesen Fällen sei die Gewährung des Witwengeldes ausgeschlossen. Es bestehe die Möglichkeit der Gewährung eines angemessenen Unterhaltsbeitrags. Es sei die Hinterbliebenenversorgung der Klägerin neu festzusetzen. Der Bescheid vom 16. Dezember 2011 müsse nach Art. 48 BayVwVfG für die Zukunft zurückgenommen werden. Zwar sei Herrn B. mit Schreiben vom 15. Januar 1997 mitgeteilt worden, in welchen Fällen ein Unterhaltsbeitrag statt eines Witwengelds zu gewähren sei. Das Schreiben enthalte jedoch keine Informationen zu den unterschiedlichen Anrechnungsbestimmungen von Einkommen auf einen Unterhaltsbeitrag und auf ein Witwengeld. Darüber hinaus könne bei der Klägerin keine Kenntnis des Schreibens unterstellt werden, da es nicht an sie adressiert gewesen sei und eine Ehe zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestanden habe. Bei Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Zukunft liege keine Überzahlung vor, so dass eine Rückforderung nicht erforderlich sei. Nach einem internen Vermerk zur Entscheidungsfindung innerhalb des Hauses des Bayerischen Landtags vom 26. April 2017 sei im Rahmen der durchgeführten Innenrevision aller laufenden Versorgungsfälle der Fall der Klägerin zutage getreten.
4
Mit Schreiben vom 2. August 2017 wurde die Klägerin dazu angehört, dass aufgrund der derzeitigen Aktenlage beabsichtigt sei, für die Zukunft die Hinterbliebenenbezüge neu festzusetzen. Die Festsetzung des Witwengeldes sei in ihrem Fall rechtsfehlerhaft, da stattdessen ein sog. Unterhaltsbeitrag hätte bewilligt werden müssen. Grund sei, dass der verstorbene Ehemann zum Zeitpunkt der Eheschließung das 65. Lebensjahr überschritten habe und daher bereits eine laufende Altersentschädigung bezogen habe. Mit Schreiben vom 15. Januar 1997 sei dem verstorbenen Ehemann erläutert worden, dass kein Anspruch auf Witwengeld bestehe und nur ein Unterhaltsbeitrag gewährt werden könne. Gleichwohl sei dieser Umstand bei der Festsetzung im Rahmen der damaligen Sachbearbeitung übersehen worden. Beim Unterhaltsbeitrag sei im Rahmen der Ermessensentscheidung die Dauer der Ehe sowie der zwischen den Ehepartnern bestehende Altersunterschied zu berücksichtigen. Zudem seien Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen im angemessenen Umfang anzurechnen. Für die Zukunft müsse die fehlerhafte Festsetzung korrigiert werden.
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Hierzu nahm die Klägerin mit Schreiben vom 19. August 2017 Stellung. Insbesondere wurde vorgetragen, die Jahresfrist nach Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG sei überschritten, zumal der Behörde die Rechtswidrigkeit der Gewährung von Witwengeld nach dem Schreiben vom 15. Januar 1997 positiv bekannt gewesen sei. Zudem sei ihr Vertrauen schutzwürdig, da sie Vermögensdispositionen getroffen habe, indem sie ihre Lebensführung auf die gewährte Leistung ausgerichtet habe. Sie hätte das Amt als ehrenamtliche Bürgermeisterin noch sechs weitere Jahre ausüben können. Ihr seien eine monatliche Aufwandsentschädigung von 2.900,00 € für die Jahre 2014 bis 2020, eine entsprechend höhere Altersrente und mindestens 5% an zusätzlichem Ehrensold entgangen. Eine Rückgängigmachung dieser Disposition sei nicht möglich. Sie habe auch ihre Pflegerentenversicherung gekündigt, da sie sicher gewesen sei, diese nicht mehr zu benötigen.
6
Zum 1. Juli 2017 erhielt die Klägerin an Alters- und Witwengeld insgesamt 1.804,64 €. Ferner erhielt sie an Ehrensold 952,20 €.
7
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2017 wurde die Klägerin bezüglich der Neufestsetzung eines Unterhaltsbeitrags anstelle eines Witwengelds ausführlich angehört.
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Mit Bescheid des Bayerischen Landtags, Landtagsamt, vom 12. März 2018, der Klägerin zugestellt am 13. März 2018, wurde der monatliche Unterhaltsbeitrag gemäß Art. 19 BayAbgG i.V.m. Art. 38 BayBeamtVG anstelle eines Witwengeldes nach Art. 18 BayAbgG für die Zeit ab 1. April 2020 auf 131,00 € festgesetzt (Ziffer 1). Die bisher ergangenen Festsetzungsverwaltungsakte wurden zurückgenommen, soweit sie dem entgegenstehen (Ziffer 2). In den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid vom 16. Dezember 2011, der der Klägerin aufgrund des Todes ihres verstorbenen Ehegatten O. B. ab 1. Dezember 2011 ein monatliches Witwengeld nach dem Bayerischen Abgeordnetengesetz bewilligte, sei rechtswidrig. Es hätte kein Witwengeld nach Art. 18 BayAbgG festgesetzt werden dürfen, sondern lediglich ein Unterhaltsbeitrag gemäß Art. 19 BayAbgG i.V.m. Art. 38 BayBeamtVG. Dies sei dem verstorbenen Ehemann auch bereits mit Schreiben des Landtagsamts vom 15. Januar 1997 erläutert worden. Dieser Umstand sei später bei der Festsetzung im Rahmen der damaligen Sachbearbeitung übersehen worden. Auch bei Erlass des Änderungsbescheids vom 24. April 2014 sei der Rechtsanwendungsfehler nicht gesehen worden. Grund sei gewesen, dass Gegenstand der Änderung lediglich die Anpassung des Kürzungsbetrags infolge eines Versorgungsausgleichs gewesen sei. Der grundsätzliche Anspruch auf Witwengeld sei nicht mehr geprüft worden, da es dafür keinen Anlass gegeben habe. Der Rechtsanwendungsfehler sei daher erst im Jahr 2017 im Rahmen einer Innenrevision des Landtagsamts entdeckt worden, im Zuge derer alle laufenden Versorgungsfälle einer grundsätzlichen routinemäßigen Überprüfung unterzogen worden seien. Rechtsgrundlage seien Art. 19 BayAbgG i.V.m. Art. 35 Abs. 2 Nr. 2 und Art. 38 BayBeamtVG. Art. 19 BayAbgG i.V.m. Art. 35 Abs. 2 Nr. 2 BayBeamtVG schließe den Anspruch auf Witwengeld dann aus, wenn ein Abgeordneter zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits eine Altersentschädigung beziehe und die Regelaltersgrenze nach Art. 12 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BayAbgG erreicht habe. Der verstorbene Ehemann O. B. habe zum Zeitpunkt der Verehelichung am 18. Juli 1997 eine Altersentschädigung (seit 1.1.1992) erhalten und auch das 65. Lebensjahr bereits vollendet, so dass beide Voraussetzungen für den Ausschluss des Witwengelds vorgelegen hätten. Aufgrund der Ehedauer und der Tatsache, dass die Klägerin nicht mehr als 20 Jahre jünger als ihr verstorbener Ehegatte sei, sei grundsätzlich nach Art. 19 BayAbgG i.V.m. Art. 36 Abs. 2 BayBeamtVG ein Unterhaltsbeitrag in Höhe des derzeitigen Witwengelds festzusetzen. Ferner sei ein Kürzungsbetrag aus dem Versorgungsausgleich in Abzug zu bringen, der sich mit dem Kürzungsbetrag der Altersentschädigung verrechne. Nach Art. 19 BayAbgG i.V.m. Art. 38 Satz 2 BeamtVG seien auf den Unterhaltsbeitrag, anders als auf das Witwengeld, Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen in angemessenem Umfang anzurechnen. Die Nachrangigkeit des Unterhaltsbeitrags gestatte es, dass der Versorgungsträger seine Pflicht durch eine anderweitige wirtschaftliche Absicherung als erfüllt sehe. Auf den ab 1. April 2020 zu gewährenden Unterhaltsbeitrag sei die Altersrente mit einem Betrag von derzeit 1.181,26 € (Stand: 1.7.2017 - Altersrente in Höhe von 1.489,76 € abzüglich Freibetrag in Höhe von 300,00 €) anzurechnen. In Abzug werde zudem 1/12 des Pauschbetrags nach § 9a Satz 1 Nr. 3 EStG in Höhe von 8,50 € gebracht. Nicht als Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen würden Hinterbliebenenrenten erfasst, so dass das Witwengeld in Höhe von 314,88 € (Stand: 1.7.2017) und der Ehrensold in Höhe von 952,20 € (Stand: 1.3.2017) unberücksichtigt blieben. Damit berechne sich der Unterhaltsbeitrag nach Anrechnung auf aufgerundet 131,00 €. Rechtsgrundlage für die Rücknahme der bisher ergangenen Festsetzungsverwaltungsakte sei Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Der Bescheid vom 16. Dezember 2011 sei rechtswidrig. Die Behörde mache vom Rücknahmeermessen in der Weise Gebrauch, dass die gegenständlichen Festsetzungsverwaltungsakte in dem unter Ziffer 2 des Bescheidstenors ersichtlichen Umfang zurückgenommen würden. Die Fehlerhaftigkeit des Bescheids liege nicht im Verantwortungsbereich der Klägerin und es werde auch nicht davon ausgegangen, dass sie Kenntnis vom Schreiben vom 15. Januar 1997 an den verstorbenen Ehegatten gehabt habe. Es werde daher davon ausgegangen, dass die Klägerin auf den Bestand des Bescheids vom 16. Dezember 2011 vertraut habe. Es komme darauf an, ob und in welchem Maße das Vertrauen des Betroffenen das öffentliche Interesse an der Herstellung des an sich gebotenen Rechtszustands überwiege. Das Vertrauen in den Bestand in den Verwaltungsakt sei in der Regel insoweit schutzwürdig, als der Betroffene die ihm gewährten Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen habe, die nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden könne. Die Kündigung der Pflegerentenversicherung falle nicht unter den Begriff der Vermögensdisposition im Sinne des Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG. Der Eintritt des Versicherungsfalls sei derzeit nicht ersichtlich. Die Klägerin sei nicht gehindert, erneut eine Pflegerentenversicherung abzuschließen. Sie habe sich durch die Kündigung in den vergangenen Jahren monatliche Beitragszahlungen erspart. Zudem sei davon auszugehen, dass im Zuge der Kündigung ein Teil der Beiträge als sog. Rückkaufswert zurückerstattet worden seien. Es fehlten hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Kündigung mehr als fünf Jahre später aufgrund Vertrauens in den Bescheid vom 16. November 2011 erfolgt sei. Hinsichtlich der Entscheidung, nicht mehr als erste ehrenamtliche Bürgermeisterin der Marktgemeinde L. zu kandidieren, wodurch der Klägerin für die Jahre 2014 bis 2020 die entsprechende monatliche Aufwandsentschädigung entgangen sei, seien zwar die Zahlungen einer Aufwandsentschädigung davon abhängig gewesen, dass die Klägerin überhaupt zur Bürgermeisterin gewählt worden wäre. Der klare Wahlsieg im Jahr 2008 werde aber als Indiz dafür gewertet, dass sie mit gewisser Wahrscheinlichkeit im Jahr 2014 wiedergewählt worden wäre. Diese Vermögensdisposition könne nicht mehr rückgängig gemacht werden. Soweit geltend gemacht worden sei, dass eine Bürgermeisterkandidatur über 2020 hinaus und damit zu einem Zeitpunkt zu dem die Klägerin das 70. Lebensjahr bereits vollendet habe, nicht ausgeschlossen gewesen wäre, werde diese Vorbringen als verfahrensangepasst gewertet und sei nicht hinreichend konkret, um als weitere schutzwürdige Vermögensdisposition Berücksichtigung zu finden. Aus Gründen des Vertrauensschutzes werde von einer Rücknahme des Bescheids mit Wirkung für die Vergangenheit sowie für die Zukunft bis 31. März 2020 und einer damit verbundenen Rückzahlung bisher erfolgter Überzahlungen abgesehen. Es erfolge eine Rücknahme der entgegenstehenden Regelungen für die spätere Zukunft mit Wirkung ab 1. April 2020. Zu diesem Zeitpunkt hätte eine angenommene weitere Amtszeit als erste ehrenamtliche Bürgermeisterin der Marktgemeinde L. infolge der voraussichtlich im März 2020 stattfindenden Neuwahlen geendet. Für die Zeit ab 1. April 2020 überwiege unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das öffentliche Interesse an der Herstellung des an sich nach maßgeblichen Rechtsvorschriften gebotenen Rechtszustands gegenüber dem Interesse an Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Bescheids. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung dürfe eine Behörde grundsätzlich bei der Abwägungsentscheidung im Rahmen von Art. 48 BayVwVfG davon ausgehen, dass das Vertrauen des von einem rechtswidrigen Verwaltungsakt Begünstigten jedenfalls auf dessen Fortbestand dann gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände zurückzutreten habe, wenn der Verwaltungsakt regelmäßige Bezüge aus öffentlichen Mitteln regle (BayVGH, U.v. 21.7.1982 - 3 B 81 A 40; v. 27.9.1979 - 30 III 78 und v. 30.6.1982 - 3 B 81 A 190). Die Landtagsverwaltung habe insoweit die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sowie das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu berücksichtigen. Die Allgemeinheit erwarte zu Recht, dass öffentliche Mittel ordnungs- und bestimmungsgemäß verwendet würden. Die Klägerin habe bis zu diesem Zeitpunkt noch zwei Jahre Zeit, um ihre Lebensumstände an die neue rechtmäßige finanzielle Situation anzupassen. Auch die Jahresfrist aus Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG stehe der Rücknahme nicht entgegen. Erst die positive Kenntnis aller Tatsachen, die für die Entscheidung der Behörde für die Rücknahme relevant seien oder sein könnten einschließlich der für die Ermessensentscheidung relevanten Tatsachen, setze die Frist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG in Lauf. Positive Kenntnis des in der Vergangenheit dem Landtagsamt unterlaufenden Rechtsanwendungsfehlers habe die nach der behördeninternen Geschäftsverteilung zuständige Sachbearbeiterin frühestens am 3. März 2017 erhalten, da ihr an diesem Tag die Akte über die Hinterbliebenenversorgung der Klägerin im Rahmen einer Innenrevision vorgelegen habe. Insbesondere sei dem Landtagsamt der Verzicht auf eine weitere Bürgermeisterkandidatur durch die Klägerin erst mit Eingang ihrer Stellungnahme im Anhörungsverfahren bekannt geworden, laut Eingangsstempel am 22. August 2017. Frühestens ab diesem Zeitpunkt habe das Landtagsamt positive Kenntnis über alle entscheidungserheblichen Tatsachen gehabt.
9
Am 12. April 2018 ließ die Klägerin Klage erheben.
10
Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen vorgetragen, richtig sei, dass Herr B. am … 1994 das 65. Lebensjahr vollendet und ab 1. Januar 1992 eine Altersentschädigung nach dem Bayerischen Abgeordnetengesetz bezogen habe. Die Klägerin habe weder die Umstände noch die Voraussetzungen einer Hinterbliebenenversorgung gekannt und habe auch keine Kenntnis vom Schreiben vom 15. Januar 1997 gehabt. Die Gewährung von Witwengeld sei ein begünstigender Verwaltungsakt einer laufenden Geldleistung, die nicht zurückgenommen werden könne, weil die Klägerin auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut habe und ihr Vertrauen schutzwürdig sei. Dies gelte auch unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme. Die Klägerin habe Vermögensdispositionen im Vertrauen auf die laufende monatliche Gewährung des bezogenen Witwengelds veranlasst, die ein schutzwürdiges Interesse an einer Weitergewährung auch über den 1. April 2020 hinaus begründen würden. Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG stelle gerade Leistungsbescheide unter einen besonderen Bestandsschutz. Vertrauensschutz habe insoweit Verfassungsrang. Das Vertrauen des Betroffenen habe grundsätzlich Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Die Klägerin habe durch den Bayerischen Landtag ein monatliches Witwengeld nach dem Bayerischen Abgeordnetengesetz bezogen. Damit habe nicht irgendeine Behörde gesetzliche Vorgaben vollzogen, sondern der Gesetzgeber an sich, der das Bayerische Abgeordnetengesetz geschaffen habe, habe auch die Leistung bewilligt. Der Klägerin sei die Leistung nahezu sieben Jahre hinweg unbeanstandet gewährt worden, auch noch unter Abänderung des Zahlbetrags mit Änderungsbescheid vom 24. April 2014. Der Beklagte habe mit dem Änderungsbescheid die Rechtmäßigkeit der Gewährung bestätigt und fortgeschrieben. Die Klägerin habe im schutzwürdigen Vertrauen auf die gewährten Leistungen Vermögensdispositionen getroffen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten und bei Versagung weiteren Witwengelds sich auf die aktuelle und künftige Lebenssituation der Klägerin finanziell negativ auswirken würden. Die Klägerin hätte weiter ab 2014, was ja auch der Beklagte unterstelle, und dann weiter bei Wiederwahl ab 2020, dann natürlich unter turnusmäßiger jährlicher Erhöhung von 50,00 € pro Jahr, ab 2020 eine Aufwandsentschädigung von monatlich ca. 3.000,00 € erzielt. Der Klägerin entgingen durch Verzicht auf eine weitere Kandidatur unter Berücksichtigung des monatlich geleisteten Ehrensolds von derzeit aktuell ca. 972,00 € monatliche Einkünfte von ca. 2.000,00 €. Das Vorbringen der Klägerin, dass für sie selbstverständlich noch eine Kandidatur zur Bürgermeisterin der Marktgemeinde L. angestanden hätte, sei nicht als verfahrensangepasstes Vorbringen zurückzuweisen. Im politischen Ehrenamt seien Altersgrenzen nicht existent und es sei auch nicht üblich, politische Tätigkeiten durch die üblichen rentenbedingten Altersgrenzen zu beeinflussen. Frau B. S., die aktuelle Landtagspräsidenten des Bayerischen Landtags, stelle sich mit 73 Jahren bei der im Herbst anstehenden Landtagswahl erneut dem Wählervotum. Unterstelle man zumindest bis März 2020 weiter eine Tätigkeit als ehrenamtliche Bürgermeisterin, werde die Klägerin unbillig dadurch benachteiligt, dass die Beklagte den Einfluss dieser weiteren Beschäftigung auf die Altersrente und den Ehrensold der Klägerin unberücksichtigt lasse. Für diesen Fall würde die Klägerin eine höhere Altersrente und einen höheren Ehrensold beziehen. Zudem hätte die Klägerin bis 2020 weitere Rentenversicherungsbeiträge in die deutsche Rentenversicherung bezahlt. Entsprechend anteilig hätte dies die Grundlage dafür geschaffen, höhere Rentenanwartschaften und einen höheren Ehrensold zu beziehen. Die Klägerin habe im April 2014, dem letzten Monat ihrer Tätigkeit als ehrenamtliche Bürgermeisterin, eine Bruttoaufwandsentschädigung ohne Fahrtkosten von 2.681,58 € bezogen. Die am 18. Februar 1949 geborene Klägerin sei 2014 65 Jahre alt geworden. Sie wäre bis zum Jahr 2020 über die Regelaltersgrenze hinaus berufstätig gewesen. Dies hätte zu einer überobligatorischen Erhöhung späterer Altersrentenbezüge geführt. Der Rentenanspruch sei gleich doppelt erhöht worden. Es ergäbe sich damit bei einem Altersrentenbezugsbeginn ab April 2020 eine erhöhte Altersrente von 558,00 €. Entsprechendes ergebe sich für den Ehrensold der Klägerin. Derzeit beziehe sie diesen in Höhe von monatlich ca. 972,00 €. Entsprechend Art. 60 BayKWBG erhöhe sich der Ehrensold pro Dienstjahr ab der Dienstzeit von zwölf Jahren um ca. 30,00 €. Nach einer Amtszeit von 18 Jahren betrage der Ehrensold nicht nur ein Drittel der zuletzt bezogenen Entschädigung, sondern 37%. Dies hätte eine monatliche Erhöhung des Ehrensolds von ca. 180,00 € zur Folge. Die Klägerin habe im Jahr 2008 eine Pflegeversicherung abgeschlossen mit einer bestimmten vereinbarten monatlichen Pflegerente. Vereinbarungsinhalt sei eine Beitragszahlungsdauer von zehn Jahren zu einem damaligen monatlichen Beitrag von 100,00 € gewesen. Die Klägerin habe im Vertrauen auf den Bestand des gewährten Witwengelds mit Datum vom 1. Dezember 2016 die Pflegeversicherung bzw. Pflegerentenversicherung zum Rückkaufswert gekündigt. Die Rückvergütung habe 10.625,91 € betragen. Durch die Kündigung entgehe ihr ein Betrag von monatlich bis zu 595,19 €. Durch die Kündigung habe sie auch nur im überschaubaren Umfang Beiträge erspart, da Beitragszahlungspflicht nur bis 2018 vorgesehen gewesen sei. Eine Abwägung müsse ergeben, dass das Vertrauen der Klägerin und eine Weitergewährung von Witwengeld über den 1. April 2020 schutzwürdig sei. Es sei der Klägerin nicht zuzumuten, mit dann ab April 2020 71 Jahren ihren gewohnten, über viele Jahre eingerichteten Lebensstandard maßgeblich einzuschränken. Entscheidungen der Klägerin zu ihrer weiteren Lebensführung habe sie im Hinblick auf ihre finanzielle Ausstattung und ihre monatlichen Einkünfte getroffen. Die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsakts sei auch entsprechend Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG unzulässig. Der Beklagte habe mit Stellungnahme vom 15. Januar 1997 geprüft und dazu Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen der Ehegattin von O. B. eine Hinterbliebenenversorgung zustehe. Gleichwohl seien die Bescheide vom 16. Dezember 2011 und 24. April 2014 erlassen worden. Die Ein-Jahres-Frist sei bereits abgelaufen gewesen und zum anderen sei es dem Beklagten nach Treu und Glauben insbesondere nach den Grundsätzen der Verwirkung versagt, sich auf eine laufende Unkenntnis zu berufen. Der Sachbearbeiterin zur Innenrevision habe am 3. März 2017 die streitgegenständliche Akte vorgelegen. Der Beklagte selbst habe ein bestehendes Rücknahmerecht verwirkt, wenn erst mehr als ein Jahr später die Rücknahme erfolge.
11
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 12. März 2018, soweit er die Fortgewährung von Witwengeld nach Art. 18 BayAbgG unter Zurücknahme der bisher ergangenen Festsetzungsverwaltungsakte ab 1. April 2020 verwehrt, aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin auch über den 1. April 2020 hinaus Witwengeld zu gewähren.
12
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
13
Der Bescheid vom 16. Dezember 2011 sei rechtswidrig. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2011 sei zu Gunsten der Klägerin Witwengeld nach dem Bayerischen Abgeordnetengesetz festgesetzt worden, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen für diese Versorgungsleistung nicht gegeben gewesen seien. Nach Art. 19 BayAbgG i.V.m. Art. 35 Abs. 2 Nr. 2 BayBeamtVG sei der Anspruch auf Witwengeld ausgeschlossen, wenn ein Abgeordneter zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits eine Altersentschädigung beziehe und die Regelaltersgrenze nach Art. 12 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BayAbgG erreicht habe. Dies sei für Abgeordnete wie Herrn B., der vor dem 1. Januar 1947 geboren sei, mit Vollendung des 65. Lebensjahres erreicht gewesen. Hintergrund der Ausschlussregelung sei, dass verhindert werden solle, dass die Versorgungslast für den Versorgungsträger unangemessen erhöht werde. Dies sei der Fall, wenn für eine Person, die bereits eine laufende Versorgung erhalte, durch die Eheschließung ein späterer Anspruch auf Witwengeld begründet werde. Eine solche zusätzliche Versorgungslast könne besonders bei einem sehr großen Altersunterschied recht erheblich sein. Herr B. sei zum Zeitpunkt der Eheschließung mit der Klägerin am 18. Juli 1997 bereits 68 Jahre alt gewesen und habe auch bereits seit 1. Januar 1992 eine Altersentschädigung nach dem Bayerischen Abgeordnetengesetz bezogen, welche mit Bescheid vom 20. August 1991 festgesetzt worden sei. Der Klägerin hätte ein angemessener Unterhaltsbeitrag nach Art. 19 BayAbgG i.V.m. Art. 38 BayBeamtVG festgesetzt werden müssen. Dies stelle keine alimentationsrechtliche Versorgung dar, sei gegenüber dem Anspruch auf Witwengeld nachrangig und weise die Besonderheit auf, dass nicht grundsätzlich in der vollen Höhe des Witwengelds, sondern nach Ermessen der Behörde der Betrag in angemessener Höhe festzusetzen sei unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie des zwischen den Ehepartnern bestehenden Altersunterschieds. Zudem sei aufgrund der Nachrangigkeit des Unterhaltsbeitrags Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen in angemessenem Umfang anzurechnen. Der Angemessenheit der Anrechnung von Erwerbseinkommen werde dadurch Rechnung getragen, dass von dem anrechenbaren Ersatzeinkommen gemäß Nr. 38.2.6.2 BayVV-Versorgung ein Freibetrag von 300,00 € in Abzug gebracht werde (VG Ansbach, U.v. 21.1.2015 - AN 1 K 12.1968). Die Nachrangigkeit des Unterhaltsbeitrags gestatte es, dass der Versorgungsträger seine Pflicht durch eine anderweitige wirtschaftliche Sicherung als erfüllt ansehen dürfe. Zwar wäre aufgrund der vergleichsweise langen Ehedauer und der Tatsache, dass die Klägerin nicht mehr als 20 Jahre jünger sei als ihr verstorbener Mann, grundsätzlich ein Unterhaltsbeitrag in Höhe des Witwengelds festzusetzen gewesen. Jedoch sei die Klägerin bereits durch den Bezug des Ehrensolds, der Altersrente und des Witwengelds in Höhe von insgesamt ca. 2.750,00 € monatlich wirtschaftlich abgesichert. Insgesamt wäre damit ein Unterhaltsbeitrag von 131,00 € verblieben. Die Ermessensentscheidung im Rahmen von Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG umfasse sowohl das „ob“ der Rücknahme als auch deren Umfang. Der Beklagte habe berücksichtigt, dass die Fehlerhaftigkeit der Witwengeldfestsetzung im Verantwortungsbereich des Beklagten gelegen habe und der Klägerin die Fehlerhaftigkeit nicht bekannt gewesen sei. Unzutreffend sei, dass der Änderungsbescheid vom 24. April 2014 die Rechtmäßigkeit der Witwengeldgewährung fortgeschrieben habe. Gegenstand des Änderungsbescheids sei die Anpassung des Kürzungsbetrags infolge eines Versorgungsausgleichs gewesen. Der Anspruch auf Witwengeld sei nicht überprüft worden. Im Änderungsbescheid vom 24. April 2014 werde darauf hingewiesen, dass dieser nur insofern eine neue anfechtbare Sachentscheidung darstelle als Versorgungsmerkmale in Abweichung von der bisherigen unanfechtbar geworden Regelung festgesetzt worden seien. Das Vertrauen der Klägerin auf den Bestand des Bescheids habe der Beklagte insofern berücksichtigt, als der durch die Klägerin vorgebrachte Verzicht auf eine weitere Kandidatur als ehrenamtliche Bürgermeisterin im Jahr 2014 und den damit einhergehenden Verlust der monatlichen Aufwandsentschädigung als grundsätzlich schutzwürdige Vermögensdisposition anerkannt sei, obwohl dies maßgeblich davon abhängig gewesen wäre, dass die Klägerin überhaupt erneut gewählt worden wäre. Soweit vorgetragen werde, dass die Klägerin im Fall der Fortführung der Bürgermeistertätigkeit auf die Beantragung der Altersrente verzichtet und stattdessen weiter Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt hätte, um die Rentenanwartschaften zu erhöhen, wäre dies für die Klägerin finanziell nicht vorteilhaft gewesen. Die Beantragung der Altersrente bei Erreichen der Regelaltersgrenze habe den Vorteil, dass eine Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die Altersrente ab diesem Zeitpunkt nicht mehr stattfinde. Neben der Altersrente hätte die Klägerin ab Juni 2014 ihre Aufwandsentschädigung anrechnungsfrei beziehen können. Eine durch den Beklagten erstellte Vergleichsberechnung zeige auf, dass der Klägerin, hätte sie auf Altersrente verzichtet, hierdurch im Zeitraum Juni 2014 bis März 2020 ein Verlust von 104.283,20 € entstanden wäre. Die durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin angeführte Erhöhung der Altersrente ab 1. April 2020 um 558,00 € monatlich würde diesen Verlust erst ab 1. Oktober 2035 ausgleichen. Der Vortrag, die Klägerin hätte im Jahr 2020 erneut für das Amt als ehrenamtliche Bürgermeisterin im Alter von 71 Jahren kandidiert, werde als verfahrensangepasster Vortrag gewertet. Die erneute Kandidatur von Frau S. entspringe politischer Überzeugung und nicht monetären Interessen. Fraglich sei, ob die behauptete bewusste Entscheidung im Jahr 2014, nicht mehr für das Amt zu kandidieren, seitens der Klägerin eine Vermögensdisposition darstelle, die zudem nicht mehr rückgängig gemacht werden können, da nicht unterstellt werden könne, dass die Klägerin erneut einen Wahlsieg davongetragen hätte. Einen solchen erneuten Wahlsieg im Jahr 2020 allein auf Grundlage des Wahlergebnisses aus dem Jahr 2008 zu unterstellen, sei bloße Spekulation. Zudem könnte sich die Klägerin im Jahr 2020 erneut für eine Kandidatur entscheiden. Demokratische Wahlen würden grundsätzlich immer von vielen Unwägbarkeiten geprägt, insbesondere dem Wählerwillen. Eine zuverlässige Prognose für die Bürgermeisterwahlen im Jahr 2020 könne nicht getroffen werden. Die Kündigung der Pflegeversicherung bzw. Pflegerentenversicherung zum 31. Dezember 2016 sei keine Vermögensdisposition im Sinn von Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG. Es fehle am geforderten engeren Zeitzusammenhang zwischen dem vertrauensbegründenden Witwengeldbescheid vom 16. November 2011 und der Kündigung der Versicherung mehr als fünf Jahre später. Die Klägerin könnte dies zudem rückgängig machen, da eine Pflegerentenversicherung noch bis zum 80., teilweise bis zum 85. Lebensjahr abgeschlossen werden könne. Die Klägerin habe zudem in den vergangenen Jahren monatliche Beiträge erspart und nach eigenem Vorbringen durch die Kündigung eine Rückvergütung von 10.625,91 € erhalten. Eine etwaige Erhöhung des Ehrensolds durch eine weitere Amtszeit würde den Ehrensold nicht um 180,00 €, sondern nur um 110,00 € erhöhen. Den Beschluss der Klägerin, im Jahr 2014 nicht mehr zu kandidieren, habe der Beklagte in seine Ermessensentscheidung einfließen lassen. Soweit hierbei nur auf die entgangene Aufwandsentschädigung und nicht auch explizit auf den erhöhten Ehrensold eingegangen worden sei, werde der entsprechende Vortrag gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt. Zudem hätte die Klägerin den Ehrensold auch erst nach Ausscheiden aus dem Amt im Jahr 2020 und nicht bereits seit Mai 2014 bezogen. Zudem schreibe Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG kein grundsätzliches Rücknahmeverbot vor, sondern nur die Grenzen des durch die Behörde auszuübenden Ermessens. Durch den Ausdruck „in der Regel“ mache der Gesetzgeber deutlich, dass das öffentliche Interesse auch bei Verbrauch der empfangenen Leistung oder einer vorgenommenen Vermögensdisposition Vorrang haben könne und eine Rücknahme bei Vorliegen besondere Gründe möglich sei. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung dürfe eine Behörde bei ihrer Abwägungsentscheidung im Rahmen von Art. 48 BayVwVfG davon ausgehen, dass das Vertrauen des von einem rechtswidrigen Verwaltungsakt Begünstigten auf dessen Fortbestand regelmäßig dann gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände zurückzutreten habe, wenn der Verwaltungsakt regelmäßige Bezüge aus öffentlichen Mitteln regle. Die öffentliche Hand könne nicht mit monatlich laufenden Geldleistungen in beträchtlicher Höhe belastet werden, deren Gewährungsende nicht absehbar sei, obwohl der Verwaltung wie auch dem Leistungsempfänger bekannt sei, dass die Geldleistung nicht gesetzmäßig sei. Die Summe der unrechtmäßig erfolgten Zahlungen zugunsten der Klägerin bis 31. März 2020 belaufe sich auf insgesamt 116.195,00 €. Eine weitere Belastung der öffentlichen Hand mit unrechtmäßigen Zahlungen über diesen Zeitpunkt hinaus wäre aus Sicht des Beklagten unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange sowie der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin nicht gerechtfertigt. Dem schutzwürdigen Vertrauen der Klägerin werde dadurch Genüge getan, dass keine Rückforderung rechtswidrig gezahlter Versorgungsleistungen erfolge und zudem bis 31. März 2020 weiterhin das an sich rechtswidrige Witwengeld gezahlt werde. Der Klägerin werde ein langer Zeitraum zugestanden, in welchem sie sich auf die finanziellen Veränderungen in ihren Einkünften einstellen und reagieren könne. Die Ermessensentscheidung sei im Übrigen nur dann zu bemängeln, wenn ein Ermessensnichtgebrauch, eine Ermessensüberschreitung, eine Ermessensunterschreitung, ein Ermessensfehlgebrauch oder ein Ermessensdefizit bei der ausführlichen Ermessensbegründung im Bescheid vom 12. März 2018 vorläge. Dies sei nicht der Fall. Die Entscheidung sei auch verhältnismäßig. Der Beklagte habe im Rahmen des Bescheids umfassend und dem Zweck der gesetzlichen Regelung entsprechend von dem ihm eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht. Auch die Jahresfrist sei eingehalten. Bei dem das Bayerische Abgeordnetengesetz vollziehenden Landtagsamt handle es sich nicht um eine gesetzgebende Körperschaft. Das Landtagsamt sei der Exekutive zuzuordnen. Der Beklagte habe frühestens mit Eingang der schriftlichen Stellungnahme der Klägerin vom 19. August 2017 im Rahmen des Anhörungsverfahrens, eingegangen beim Beklagten am 22. August 2017, Kenntnis über alle entscheidungserheblichen Tatsachen gehabt. Erst durch diese Stellungnahme habe der Beklage erstmals Kenntnis von Tatsachen erlangt, die für die später zu treffende Ermessensentscheidung von Bedeutung gewesen seien, so etwa der angeführte Verzicht auf eine weitere Kandidatur zur ehrenamtlichen Bürgermeisterin. Hinsichtlich des Schreibens vom 15. Januar 1997 an Herrn O. B. lasse sich allenfalls herleiten, dass der damals zuständige Sachbearbeiter dessen Rechtswidrigkeit hätte erkennen können. Bloße Erkennbarkeit reiche nach ständiger Rechtsprechung nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 24.1.2001 - 8 C 8/00, NJW 2001, 1440; B.v. 19.12.1984 - Gr. Sen. 1/84, Gr. Sen. 2/84, NJW 1985, 819). Notwendig sei die positive Kenntnis der Behörde (vgl. BVerwG, U.v. 24.1.2001 - 8 C 8/00, NJW 2001, 1440; B.v. 19.12.1984 - Gr. Sen.1/84, Gr. Sen. 2/84, NJW 1985, 819). Positive Kenntnis habe weder zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 16. Dezember 2011 noch zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 24. April 2014 vorgelegen. Eine grundsätzliche Überprüfung der Hinterbliebenenversorgung bei der Klägerin habe erst im Rahmen der Innenrevision im März 2017 stattgefunden. Hier habe die nach behördeninterner Geschäftsverteilung zuständige Sachbearbeiterin positive Kenntnis über die Rechtswidrigkeit des Witwengeldbescheides erhalten. Kenntnis aller entscheidungserheblichen Tatsachen habe ab 22. August 2017 vorgelegen. Der Verwaltungsakt vom 12. März 2018 sei innerhalb der Rücknahmefrist ergangen.
14
Hierzu teilte die Klägerseite mit Schreiben vom 31. Oktober 2018 im Wesentlichen mit, aus Bl. 66 ff. der Originalakte ergebe sich, dass im April 2014 in einer Reihe von Fällen der Gewährung auch von Witwengeld die Frage der Rechtfertigung der Gewährung von Leistungen des Beklagten geprüft worden sei. Im Rahmen dieser Prüfung habe eine Korrektur zum Nachteil der Betroffenen entsprechend Art. 48 BayVwVfG im Raum gestanden. Die Prüfung habe auch die rechtlich streitgegenständliche Frage, ob ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine laufende Geldleistung betreffe, zurückgenommen werden könne, umfasst. Der Bescheid vom 24. April 2014 habe einen besonderen Vertrauensbestand an die Fortgewährung geschaffen. Die Klägerin habe für die Neuwahl 2014 von einer weiteren Kandidatur abgesehen aus dem Anlass, dass durch das gewährte Witwengeld im wesentlichen Umfang die finanzielle Versorgung der Klägerin gewährleistet sei. Für die Klägerin sei bei der Deutschen Rentenversicherung Bund angefragt worden, wie sich die Altersrente für den Fall ergeben hätte, dass die Klägerin weitere sechs Jahre ab April 2014 als ehrenamtliche Bürgermeisterin für die Marktgemeinde L. tätig gewesen wäre, dies bei einem durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalt von 2.900,00 €. Laut Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 24. September 2018 hätte bei einem Rentenbeginn ab 1. Mai 2020 die monatliche Altersrente 2.179,38 € betragen. Die aktuelle monatliche Altersrente zum 1. Juli 2018 ergebe 1.537,77 €. Die maßgebliche Erhöhung der Altersrentenbezüge berücksichtige der Beklagte nicht, wenn er davon ausgehe, dass ab 1. April 2020 ein monatlicher Unterhaltsbetrag von 131,00 € zu zahlen sei. Der Vortrag zur Kandidatur ab 2020 stelle keine bloße Spekulation dar. Kommunalpolitische Ämter seien nicht abhängig von der aktuellen gesamtpolitischen Lage. Es stünden Person, Eigenschaften und Fähigkeiten des Amtsinhabers im Vordergrund. Soweit die Klägerin zwölf Jahre ein solches Amt geführt habe und dazu im Jahr 2002 und 2008 erfolgreich Wahlen bestritten habe, zeige dies nachhaltig, dass die Klägerin auch weiterhin erfolgreich für das Amt der ehrenamtlichen Bürgermeisterin zur Verfügung gestanden wäre. Der Neuabschluss einer Pflegerentenversicherung bzw. Pflegeversicherung sei mit veränderten Konditionen versehen. Die Höhe der Beiträge werde dem Lebensalter bei Vertragsschluss angepasst. Die von der Klägerin nach Erkundigung ersparten Beiträge oder der Rückvergütungsbetrag stünden außer Verhältnis zu den verloren gegangenen Leistungen, wenn man berücksichtige, welche Leistungen der Klägerin im Pflegefall entgingen. Auch der Ehrensold hätte sich bei einer weiteren Amtszeit der Klägerin als ehrenamtliche Bürgermeisterin wesentlich erhöht. Die Klägerin habe mit einem Verzicht auf eine weitere Kandidatur die Bedingungen ihres finanziellen Umfelds und auch die finanzielle Situation bis an ihr Lebensende festgesetzt. Es sei ja nicht die Klägerin, die die Grundlage für ihre aktuelle persönliche und wirtschaftliche Situation gesetzt habe. Die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsaktes sei auch entsprechend Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG unzulässig. Es werde nochmals auf Bl. 66 ff. der Originalakten des Beklagten verwiesen. Im April 2014 habe eine umfängliche Prüfung der Höhe des der Klägerin gewährten Witwengeldes stattgefunden. Der Beklagte habe ein etwaig bestehendes Rücknahmerecht und die Grundsätze von Treu und Glauben verwirkt.
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Hierzu teilte der Beklagte mit Schreiben vom 18. Dezember 2018 mit, die durch die Klägerin eingeholte Auskunft bei der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 24. September bestätige den Vortrag des Beklagten. Die Beantragung der Altersrente bei Erreichen der Regelaltersgrenze habe, wie ausgeführt, den Vorteil, dass eine Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die Altersrente ab diesem Zeitpunkt nicht mehr stattfinde. Dies werde durch die Deutsche Rentenversicherung Bund auf S. 4 der fiktiven Rentenauskunft ausdrücklich bestätigt, indem hervorgehoben werde, dass die Klägerin ab 1. Juni 2014 zu ihrer Altersrente unbegrenzt hätte dazu verdienen können. Es sei daher unrealistisch, dass die Klägerin im Jahr 2014 bei weiterer Amtszeit als Bürgermeisterin auf den Bezug der Altersrente verzichtet hätte. Voraussetzung für die Verwirkung sei, dass im Hinblick auf die Möglichkeit zur Geltendmachung eines Rechtsanspruchs längere Zeit verstrichen sei, Zeitmoment und besondere Umstände hinzuträten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen ließen (Umstandsmoment). Es müsse eine rechtsmissbräuchliche Rechtsausübung vorliegen. Da der Beklagte im gesamten Verfahren unter strengster Beachtung der verwaltungsrechtlichen Vorschriften gehandelt habe, sei eine solche rechtsmissbräuchliche Rechtsausübung nicht ersichtlich. Würde man sie in diesem Fall annehmen, würde man damit die Vorschrift des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG leerlaufen lassen.
16
Mit Schreiben vom 14. Januar 2020 wurden die Beteiligten dazu angehört, ob Einverständnis bestehe mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO bzw. - falls nicht -, dass das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid in Betracht ziehe.
17
Mit Schreiben vom 27. Januar 2020 teilte der Beklagte mit, er sei mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO wie auch mit dem Erlass eines Gerichtsbescheids einverstanden.
18
Mit Schreiben vom 12. Februar 2020 ließ die Klägerin im Wesentlichen mitteilen, dass sie seit Dezember 2018 schwer an Krebs erkrankt sei. Sie sei in der Klinik für Urologie in M., B., in Behandlung und werde durch die Verlegung des Wohnsitzes nach M. auch laufend nicht unerhebliche zusätzlich Kosten haben. Die Gesundheitssituation der Klägerin lasse befürchten, dass demnächst die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen aus der Pflegeversicherung vorlägen. Durch Kündigung der Pflegeversicherung habe die Klägerin eine monatliche Rente von 595,10 € verloren. Aus der gesundheitlichen Situation der Klägerin ergebe sich ein zusätzliches schutzwürdiges Interesse an der Fortgewährung des Witwengeldes. Es bestehe Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil.
19
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20
Über die Klage konnte gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört, § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
21
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 12. März 2018 ist, soweit er die Fortgewährung von Witwengeld unter Zurücknahme der bisher ergangenen Festsetzungsverwaltungsakte ab 1. April 2020 verwehrt, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, auch über den 1. April 2020 hinaus Witwengeld zu erhalten.
22
Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 12. März 2018 ist vorliegend Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG. Nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 zurückgenommen werden.
23
Bei dem Bescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2011 handelt es sich um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt.
24
Denn der Klägerin steht das mit Bescheid vom 16. Dezember 2011 in der Fassung des Bescheids vom 24. April 2014 gewährte Witwengeld als Form der Hinterbliebenenversorgung nicht zu.
25
Nach Art. 19 BayAbgG sind, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, für die Versorgung die Vorschriften des Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz sinngemäß anzuwenden. Nach Art. 35 Abs. 1 BayBeamtVG erhalten Witwer oder Witwen eines Versorgungsurhebers Witwengeld. Die Klägerin ist die Witwe des am … 2011 verstorbenen ehemaligen Abgeordneten O. B. Nach Art. 35 Abs. 2 Nr. 2 BayBeamtVG besteht kein Anspruch auf Witwengeld, wenn der Versorgungsurheber - vorliegend der verstorbene Ehegatte der Klägerin, Herr O. B. - sich zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits im Ruhestand befand und die Altersgrenze nach Art. 62 Satz 1, Art. 143 Abs. 1 BayBG erreicht hatte. Der verstorbene Ehegatte der Klägerin bezog seit 1. Januar 1992 und damit vor der Eheschließung am … 1997 bereits eine Altersentschädigung nach dem Bayerischen Abgeordnetengesetz. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Ruhestand. Er hatte auch die Altersgrenze nach Art. 62 Satz 1, Art. 143 Abs. 1 BayBG bzw. Art. 12 Abs. 2 BayAbgG erreicht. Nach Art. 12 Abs. 2 BayAbgG erreichen Mitglieder des Bayerischen Landtags, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Der am … 1929 geborene O. B. hatte diese Altersgrenze bereits vor der Eheschließung am … 1997 im Jahr 1994 erreicht. Anstelle der Witwenversorgung sieht Art. 38 BayBeamtVG einen Unterhaltsbeitrag für die nachgeheiratete Witwe vor.
26
Gemessen hieran ist der Bescheid vom 16. Dezember 2011 in der Fassung des Bescheids vom 24. April 2014 insoweit rechtswidrig, als für die Klägerin in Ziffer 3 ein monatliches Witwengeld nach dem Bayerischen Abgeordnetengesetz festgesetzt wird.
27
Mit Bescheid vom 24. April 2014 wurde eine Neuberechnung der Höhe des Witwengelds insoweit vorgenommen, als ein Kürzungsbetrag hinsichtlich des Witwengelds aufgrund eines erfolgten Versorgungsausgleichs der geschiedenen Ehe des verstorbenen O. B. erhöht wurde. Nachdem dieser Bescheid indes ebenfalls von der Gewährung von Witwengeld ausgeht, ist auch dieser Bescheid rechtswidrig.
28
Grund der Regelungen in Art. 35 Abs. 2 Nr. 2, Art. 38 BayBeamtVG ist, dass der Gesetzgeber der Witwe im Falle einer Verheiratung nach dem Bezugsbeginn der Altersversorgung des Versorgungsurhebers zwar einen Anspruch auf Versorgung einräumt. Der Versorgungsträger soll hierzu aber nur insoweit verpflichtet werden, als die Witwe nicht bereits anderweitig wirtschaftlich abgesichert ist. Dementsprechend orientiert sich zwar der Unterhaltsbeitrag am Witwengeld, allerdings sieht Art. 38 Satz 2 BayBeamtVG vor, dass Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen in angemessenem Umfang anzurechnen sind. Es handelt sich beim Unterhaltsbeitrag nicht um eine alimentationsrechtliche Versorgung. Der Unterhaltsbeitrag dient lediglich dem Ausgleich von Härten, die sich daraus ergeben, dass das Gesetz der nachgeheirateten Witwe die volle Witwenversorgung versagt.
29
Die Berechnung des Unterhaltsbeitrags ergibt sich aus II. Nr. 2 des Bescheids vom 12. März 2018. Dass insofern Berechnungsfehler vorliegen, wurde klägerseits nicht geltend gemacht und Fehler sind auch nicht ersichtlich. Die Klägerin wendet sich im Übrigen nicht gegen die Höhe des Unterhaltsbeitrags, sondern begehrt die Zahlung des Witwengelds über den 1. April 2020 hinaus. Dieser Anspruch besteht aber gemessen an obigen Ausführungen nicht.
30
Der Bescheid vom 16. Dezember 2011 in der Fassung des Bescheids vom 24. April 2014 durfte auch insoweit aufgehoben werden als Witwengeld gewährt wird. Demgemäß wurde in Nr. 2 des Bescheids vom 12. März 2018 verfügt, dass die bisher ergangenen Festsetzungsbescheide zurückgenommen werden, soweit sie dem - d.h. der Gewährung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags - entgegenstehen, was der Fall ist, wenn die Gewährung den Unterhaltsbeitrag übersteigt.
31
Gemäß Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt auch nach Unanfechtbarkeit ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Im vorliegenden Fall erfolgte die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts mit Wirkung für die Zukunft, nämlich zum 1. April 2020.
32
Gemessen an Art. 48 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BayVwVfG ist die Rücknahme im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden.
33
Nach Art. 48 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG konnte die Rücknahme (hier von Nr. 3 des Bescheids vom 16.12.2011 in der Fassung des Bescheids vom 24.4.2014) nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 des Art. 48 BayVwVfG erfolgen, weil es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, der eine laufende Geldleistung gewährt bzw. hierfür Voraussetzung ist, nachdem hierin zugunsten der Klägerin Witwengeld festgesetzt worden war.
34
Nach Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG ist die Rücknahme ausgeschlossen, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an eine Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist nach Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht hat oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann.
35
Art. 48 Satz 2 BayVwVfG steht vorliegend der Rücknahme nicht entgegen.
36
Die Voraussetzungen von Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG liegen im vorliegenden Fall zwar nicht vor, denn die Klägerin hat den begünstigenden Verwaltungsakt weder durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt, auch nicht durch Angaben, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, und sie kannte auch die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht bzw. kannte diese nicht deshalb nicht, weil sie grob fahrlässig handelte. Wie im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt, ist nicht zu unterstellen, dass die Klägerin das Schreiben vom 15. Januar 1997 an ihren verstorbenen Ehegatten kannte.
37
Aber das Vertrauen der Klägerin in den Bestand der Gewährung von Witwengeld über den 1. April 2020 hinaus ist vorliegend nicht derart schutzwürdig, dass es einer Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft entgegenstünde.
38
Der Verbrauch gewährter Leistungen nach Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG scheidet vorliegend aus, da es um die Gewährung des Witwengelds für die Zukunft ab 1. April 2020 geht. Auch liegt keine von der Klägerin getroffene Vermögensdisposition vor, die sie nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könnte.
39
Hinsichtlich des Vertrauensschutzes beruft sich die Klägerin im Wesentlichen zum einen darauf, dass sie ihre Lebensführung auf die gewährte Leistung ausgerichtet habe. Sie macht geltend, dass sie das Amt als ehrenamtliche Bürgermeisterin weiter ausgeübt hätte, zunächst bis 2020, ferner sogar darüber hinaus.
40
Dies hätte jedoch vorausgesetzt, dass die Klägerin sowohl bei der Kommunalwahl 2014 als auch bei der Kommunalwahl 2020 wieder zur ehrenamtlichen Bürgermeisterin gewählt worden wäre. Zwar hat der Beklagte der Klägerin insoweit einen Vertrauenstatbestand zugestanden, als unterstellt wurde, dass die Klägerin aufgrund ihres klaren Wahlsiegs im Jahr 2008 mit gewisser Wahrscheinlichkeit auch im Jahr 2014 wiedergewählt worden wäre. Allerdings ist diese Wertung rein spekulativ, da derartige Entscheidungen des Wählers von vielfältigen unwägbaren Faktoren, insbesondere auch der Popularität anderer Kandidaten und dem rein subjektiven Wählerwillen abhängen.
41
Bereits für die Wahl im Jahr 2014 kann daher nicht mit Sicherheit ausgesagt werden, dass dann, wenn sich die Klägerin zu einer Kandidatur entschieden hätte, sie auch gewählt worden wäre. Der Bescheid vom 24. April 2014 konnte zudem kaum einen Vertrauenstatbestand für die Kommunalwahl schaffen, die am 16. März 2014 stattfand.
42
Noch unsicherer wäre ein Wahlausgang im Jahr 2020. Denn zu diesem Zeitpunkt wäre die Klägerin zudem bereits über 70 Jahre alt gewesen, so dass fraglich ist, ob sie tatsächlich nochmals kandidiert hätte bzw. ob sie tatsächlich nochmals - gerade auch in Anbetracht ihres fortgeschrittenen Alters - gewählt worden wäre. Insofern bewegen sich die Überlegungen dazu sehr weit im Bereich der Spekulation. Bezieht man die Ausführungen im Schreiben der Klägerseite vom 12. Februar 2020 mit ein, erscheint bereits eine Kandidatur der Klägerin im Jahr 2020 aufgrund ihrer schweren Erkrankung und der Umzugspläne eher unrealistisch.
43
Es unterlag mithin dem Willen der Klägerin, im Jahr 2014 im Alter von rund 65 Jahren, und damit im Rentenalter, nicht mehr zu kandidieren, des Weiteren in Kenntnis des Bescheids vom 12. März 2018 nicht erneut bei der Kommunalwahl 2020 als Bürgermeisterkandidatin anzutreten. Eine schutzwürdige Vermögensdisposition kann daher schon nicht (zwingend) darin gesehen werden, dass die Klägerin im Jahr 2014 nicht mehr zur Wahl angetreten ist. Erst recht überzeugt nicht, weshalb das Vertrauen auf den Bestand der Witwengeldgewährung im Zusammenhang mit der Entscheidung, nicht mehr als ehrenamtliche Bürgermeisterin zur Verfügung zu stehen, derart schutzwürdig sein sollte, dass über den 1. April 2020 hinaus Witwengeld zu gewähren wäre. Zudem hatte die Klägerin seit Erlass des Bescheids vom 12. März 2018 hinreichend Zeit, ihre Lebensgestaltung an veränderte Umstände anzupassen. Dass ihr das aufgrund tatsächlich getroffener finanzieller Verpflichtungen unzumutbar sei, mithin sie ohne die streitige Witwenversorgung zwingend in eine finanzielle Schief- oder Notlage käme, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, insbesondere nicht im Hinblick auf die bei der Klägerin bestehende finanzielle Situation auch ohne Witwengeld. Die Klägerin erhält eine Altersrente (Stand: 1.7.2017) in Höhe von 1.489,76 €, ferner eine Witwengeld von 314,88 € (ebenfalls Stand: 1.7.2017), gesamt: 1.804,64 € (vgl. Bl. 162 der Akten des Beklagten). Ferner erhält die Klägerin Ehrensold in Höhe von rund 952,00 € (Stand: 05/2017, Bl. 171 der Akten des Beklagten). Mithin ist die Klägerin mit rund 2.750,00 € wirtschaftlich abgesichert. Zudem ist unstreitig, dass ihr ein Unterhaltsbeitrag - nach Aktenlage in Höhe von 131,00 € - zusteht. Damit erscheint die Klägerin mit Bezügen von nahezu 3.000,00 € monatlich wirtschaftlich im Rahmen einer angemessenen Lebensführung hinreichend abgesichert.
44
Soweit die Klägerin weiter geltend macht, sie habe ihre Pflegerentenversicherung im Hinblick auf ihre Versorgung als Witwe von Herrn O. B. gekündigt, da sie sich sicher gewesen sei, diese nicht mehr zu benötigen, kann auch dies nicht als schützenswerte Vermögensdisposition gewertet werden, zumal sie nicht nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden könnte. Mithin hätte die Klägerin seit dem Rücknahmebescheid vom 12. März 2018 erneut eine Versicherung abschließen können. Soweit diese mit anderen oder höheren Beiträgen verbunden wären, ist nicht zu unterstellen, dass es sich hierbei um unzumutbare Nachteile handelt, insbesondere im Hinblick auf die erfolgte Rückzahlung von 10.625,91 €, die ihrem Vermögen zugeflossen ist. Zudem hat die Klägerin sich weitere Versicherungsbeiträge infolge der Kündigung erspart.
45
Bei der Frage des Vertrauensschutzes darf zudem berücksichtigt werden, inwieweit die Klägerin ohne das streitige Witwengeld ausreichend abgesichert ist. Dies ist bei der Klägerin wie bereits ausgeführt in nicht unerheblichem Umfang der Fall. Demgegenüber hat die Klägerin, die im Ruhestand ist, bis zum 13. Februar 2020 (Eingang des Schreibens vom 12.2.2020 bei Gericht) keine ungewöhnlichen oder erhöhten Kosten für ihre private Lebensführung geltend gemacht.
46
Soweit mit Schreiben vom 12. Februar 2020 geltend gemacht wird, es entstünden erhöhte Kosten der Lebenshaltung und Lebensführung durch eine schwere Erkrankung und damit zusammenhängend einen Umzug nach M., ist darauf hinzuweisen, dass dieser Wohnortwechsel nicht zwingend ist, zumal der Klägerin Behandlungsmöglichkeiten grundsätzlich auch in der Nähe ihres Wohnorts zur Verfügung stünden. Ferner ist davon auszugehen, dass die Behandlungskosten durch die Krankenversicherung der Klägerin getragen werden. Für die Pflegeversicherung wird auf vorstehende Ausführungen verwiesen.
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Es ergibt sich nicht, weshalb der Klägerin in Kenntnis der strittigen Rechtslage Vertrauensschutz zustehen sollte, wenn sie durch eigenen Entschluss - Umzug nach und Wohnsitznahme in M. - höhere Kosten von Lebenshaltung und Lebensführung verursacht. Zudem sind diese Umstände erst nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids vom 12. März 2018 eingetreten.
48
Selbst wenn die Klägerin in gewissem Umfang Vertrauensschutz genießen mag, hat dies der Beklagte hinreichend dadurch berücksichtigt, dass eine Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsakts nur für die Zukunft erfolgt und der Klägerin hierbei zwei Jahre Zeit gelassen wurde, um ihre Lebensführung auf die Einkommenssituation ohne das Witwengeld nach ihrem verstorbenen Ehegatten O. B. umzustellen. Von einer Rücknahme des rechtswidrig an die Klägerin ausbezahlten Witwengelds für die Vergangenheit hat der Beklagte abgesehen und hierbei hinreichend etwaige bei der Klägerin bestehende Gründe des Vertrauensschutzes berücksichtigt.
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Für die Zukunft durfte der Beklagte indes darauf abstellen, dass das Vertrauen des von einem rechtswidrigen Verwaltungsakt Begünstigten auf dessen Fortbestand dann gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände zurückzutreten hat, wenn der Verwaltungsakt regelmäßige Bezüge aus öffentlichen Mitteln regelt. Es ist der Öffentlichkeit nicht zuzumuten, dass der Beklagte auch in Zukunft sehenden Auges aufgrund eines als rechtswidrig erkannten Verwaltungsakts monatlich öffentliche Gelder an die Klägerin bezahlt, welche dieser von Gesetzes wegen her nicht zustehen. Der Beklagte ist gehalten, seine Mittel sparsam und wirtschaftlich zu verwenden. Insbesondere kann er diese nicht an private Dritte entgegen gesetzlicher Regelungen ausgeben. Unter dem in Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG genannten öffentlichen Interesse an der Rücknahme ist in Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung nicht nur das Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (BVerwGE 92, 81 = NJW 1993, 2764) zu verstehen. Erfasst wird auch das allgemeine fiskalische Interesse an der Vermeidung nicht gerechtfertigter öffentlicher Ausgaben und Aufwendungen bzw. der Rückführung der zu Unrecht durch den in Frage stehenden Verwaltungsakt erfolgten Leistungen gemäß Abs. 2 Satz 4 in den öffentlichen Haushalt (vgl. Kopp/Ramsauer, Rn. 99 zu § 48 VwVfG). Insofern unterliegt der Beklagte dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Verwendung öffentlicher Mittel und seinem gesamten Verwaltungshandeln. Das Vertrauen des von einem rechtswidrigen Verwaltungsakt Begünstigten auf dessen Fortbestand hat jedenfalls dann gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände zurückzutreten, wenn der Verwaltungsakt den dauernden regelmäßigen Bezug von Leistungen aus öffentlichen Mitteln zum Gegenstand oder zur Folge hat (vgl. BayVGH U.v. 21.7.1982 - 3 B 81 A.401 - juris - mit Verweis u.a. auf die Entscheidungen v. 27. 9. 1979 - 30 III 78 - und v. 30. 6. 1982 - 3 B 81 A.190). Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Zahlung von Witwengeld nicht um eine einmalige Leistung, sondern um eine laufende Leistung bis zum Lebensende der Klägerin handelt. Den ebenfalls gewichteten Interessen der Klägerin wurde sonach im Rahmen der Frage, wie die Rücknahme des Witwengeldbescheids zu erfolgen hat, nämlich der Frage der Rücknahme für die Vergangenheit oder die Zukunft hinreichend Rechnung getragen. Hierbei wurde auch hinreichend dem Umstand Rechnung getragen, dass der Wegfall des Witwengelds erst zum 1. April 2020 erfolgt. Hiermit wird der Klägerin hinreichend Gelegenheit gegeben, ihre Vermögensdispositionen auszurichten. Ferner hat der Beklagte zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die Klägerin tatsächlich eine Kandidatur 2014 im Hinblick auf ihre Versorgungslage durch Witwengeld nach dem Versorgungsurheber O. B. nicht durchgeführt hat. Stehen Gründe des Vertrauensschutzes der Rücknahme - hier jedenfalls für die Zukunft - nicht entgegen, hat der Beklagte keine Ermessensfreiheit, von der Rücknahme abzusehen (vgl. BVerwGE 92, 81 = NJW 1993, 2764).
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Die Rücknahmeentscheidung ist auch verhältnismäßig. Sie dient dem legitimen Zweck der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns, um die öffentliche Hand vor erheblichen finanziellen Einbußen zu schützen. Sie ist auch geeignet, um diesen Zweck zu erfüllen. Sie ist auch geboten, denn nur durch Rücknahme des Verwaltungsaktes können gesetzmäßige Zustände hergestellt werden. Die Rücknahme ist auch angemessen. Ein Eingriff in Art. 14 GG liegt nicht vor, da dadurch das bloße Vermögen nicht geschützt wird (vgl. BVerfG, U.v. 20.7.1954 - 1 BvR 459/52 - BVerfGE 4, 7). Das Ziel, dass die öffentliche Hand vor nicht rechtmäßigen finanziellen Einbußen geschützt wird, ist hochrangig und steht in seinem Wert nicht außer Verhältnis zur Rücknahme des Witwengeldbescheids. Die Klägerin hat hinreichende Zeit, ihre Lebensführung auf die veränderten Umstände einzustellen und diese anzupassen.
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Auch die Voraussetzungen von Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG sind eingehalten. Die Rücknahme fand innerhalb eines Jahres nach Kenntniserlangung durch den Beklagten statt. Diese Jahresfrist beginnt erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr sämtliche für die Rücknahme erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Hierbei ist die positive Kenntnis der Behörde bezüglich der Tatsachen notwendig, die die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigen. Fahrlässige Unkenntnis der Umstände genügt nicht. Erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Entscheidung der Behörde über die Rücknahme relevant sind oder sein können, einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen setzt nach der Rechtsprechung die Frist in Lauf (vgl. Kopp/Ramsauer, Rn. 153 zu § 48 VwVfG m.w.N.). Zur Kenntnis der die Rücknahme begründenden Tatsachen gehören vorliegend auch die Argumente, die die Klägerin vorgetragen hat, um für sich Vertrauensschutz in Anspruch zu nehmen. Dieser Vortrag erfolgte im Rahmen eines Anhörungsverfahrens mit Schreiben vom 19. August 2017, welches am 22. August 2017 beim Beklagten einging. Der Bescheid vom 12. März 2018 ist somit innerhalb der Jahresfrist erlassen worden.
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Davon zu unterscheiden ist die Fallgestaltung, dass zusätzlich Umstände eintreten, aus denen der (die Rechtswidrigkeit kennende) Begünstigte berechtigterweise den Schluss ziehen durfte, der Verwaltungsakt werde nicht mehr zurückgenommen, obwohl die Behörde dessen Rücknehmbarkeit erkannt hat, der Begünstigte ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass die Rücknahmebefugnis nicht mehr ausgeübt werde und dieses Vertrauen in einer Weise betätigt hat, dass ihm mit der sodann gleichwohl erfolgten Rücknahme ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Eine derartige Verwirkung der Rücknahmebefugnis ist unbeschadet der Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG möglich; sie kann als Ausprägung des allgemeinen Rechtsprinzips von Treu und Glauben in besonderen Ausnahmefällen zu bejahen sein (BVerwG, U.v. 20.12.1999 - 7 C 42/98 -, BVerwGE 110, 226-237, Rn. 27; BVerwG,U.v. 15.3.2017 - 10 C 1/16 -, Rn. 27, juris).
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Dass der Beklagte nach Kenntnis der Rücknehmbarkeit der Gewährung von Witwengeld einen besonderen Vertrauensschutz gesetzt hätte, von der Rücknahme abzusehen, ergibt sich nicht. Vielmehr hat der Beklagte seit August 2017 keinen Zweifel mehr gegenüber der Klägerin daran gelassen, dass die Gewährung von Witwengeld für die Zukunft eingestellt werden müsse.
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Gemessen an obigen Ausführungen war auch eine Beweiserhebung nicht geboten.
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Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO.