Titel:
Rechtsweg für Regress des Unfallversicherungsträgers wegen fehlerhafter Heilbehandlung durch einen Durchgangsarzt
Normenketten:
GG Art. 34 S. 1
GVG § 17
SGG § 51 Abs. 1 Nr. 3
BGB § 839
Leitsätze:
1. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist eröffnet, soweit ein Sozialversicherungsträger einen Schadensersatzanspruch auf Regress aus auf ihn übergeleiteter Amtshaftung geltend macht. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine rechtswegüberschreitende Sach- und Entscheidungskompetenz nach § 17 Abs. 2 S. 1 GVG ist nur dann eröffnet, wenn ein Klageanspruch als solcher auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete, Anspruchsgrundlagen gestützt werden kann (Anschluss an BGH BeckRS 2013, 22405 Rn. 14). (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rechtsweg, Sozialversicherungsträger, Regress, Amtspflichtverletzung, öffentlich-rechtlicher vertrag, Durchgangsarzt, rechtswegüberschreitende Entscheidungskompetenz
Vorinstanzen:
OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 06.08.2020 – 4 W 46/20
LG Aschaffenburg, Beschluss vom 27.05.2020 – 33 O 9/18
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 09.01.2023 – VI ZB 82/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 56155
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Aschaffenburg vom 27.05.2020, Az. 33 O 9/18, wie folgt abgeändert:
1. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird nur hinsichtlich des Antrags III. der Klage vom 20.12.2017, Zahlung von 78.984,07 €, für unzulässig erklärt und der diesbezügliche Rechtsstreit an das Sozialgericht Würzburg verwiesen.
1.1. 2. Im Übrigen, hinsichtlich der Ziffern I., II. und IV. der Klageschrift vom 20.12.2017, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.
2. Die sofortige Beschwerde wird im Übrigen zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 50,3% und der Beklagte 49,7%.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
5. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 52.985,52 € festgesetzt.
Gründe
1
Die Parteien streiten um die Eröffnung des Zivilrechtswegs für den Regress aus fehlerhafter Heilbehandlung durch einen Durchgangsarzt seitens der Trägerin einer Unfallversicherung.
2
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Klägerin) ist eine Trägerin einer gesetzlichen Unfallversicherung. Mit dem Beklagten und Beschwerdegegner (im Folgenden: Beklagter), einem für die Klägerin tätig werdenden Durchgangsarzt, hat die Klägerin einen Vertrag über die Behandlung von bei ihr versicherten Patienten zum Zwecke der Durchführung der Heilbehandlung i. S. d. § 34 Abs. 3 SGB VII geschlossen.
3
Ein nicht am vorliegenden Rechtsstreit beteiligter Versicherungsnehmer der Klägerin (im Folgenden: Patient) war nach einem Arbeitsunfall am xx.xx.2010 in ärztlicher Behandlung in einem Klinikum, wo der Beklagte als vertraglich mit der Klägerin als Durchgangsarzt tätig werdender Durchgangsarzt die Behandlung des Patienten hätte übernehmen sollen; tatsächlich erfolgte die Behandlung auf Veranlassung des Beklagten durch einen Assistenzarzt.
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Im rechtskräftig durch Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 17.05.2017 abgeschlossenen Rechtsstreit hatte der Patient als Kläger gegenüber der gegenwärtigen Klägerin als vormaligen Beklagten [zu 2]) Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund ärztlicher Fehlbehandlung eingeklagt. In dem vorgenannten Urteil sind dem Kläger aufgrund der Feststellung eines groben Befunderhebungsfehlers ein Zahlungsanspruch in Höhe von 40.120,72 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 40.000,00 € seit dem 06.03.2012 sowie ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,34 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.03.2012 zugesprochen worden. Daneben ist die weitere Haftung der gegenwärtigen Klägerin für alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus der fehlerhaften Behandlung am xx.xx.2010 festgestellt worden.
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Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin gegenüber dem Beklagten aufgrund des Vorwurfs der Verletzung des Anstellungsvertrags als Durchgangsarzt wie auch aus Regress nach vorheriger eigener Inanspruchnahme aus Amtshaftung neben der Feststellung der Haftung für alle weiteren Aufwendungen, die der Klägerin aus dem ärztlichen Behandlungsfehler des Beklagten vom xx.xx.2010 entstehen (Antrag IV.) auch Schadensersatz in Höhe von insgesamt 133.956,55 €. Die Klägerin trägt vor, dass sich der Beklagte das Verschulden des von ihm mit der Durchgangsbehandlung des Patienten beauftragten Assistenzarztes als Erfüllungsgehilfe zurechnen lassen müsse.
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Die Klägerin beziffert ihren Schaden zum einen in Höhe von 51.048,13 € als unmittelbar aus der vorgenannten Verurteilung resultierend, nachdem sie aufgrund dessen dem Patienten als ihrem Versicherungsnehmer ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000,00 € nebst Zinsen hieraus, die sich auf 9.448,37 € belaufen hätten, sowie 1.196,43 € Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung nebst Zinsen hieraus, die sich auf 282,61 € belaufen hätten, und schließlich 120,72 € an Attestkosten habe zahlen müssen (Antrag I.).
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Daneben begehrt die Klägerin Ersatz für die ihr in dem vorgenannten Rechtsstreit auferlegten Verfahrenskosten des Patienten in Höhe von 3.992,36 €, welche sie dem Patienten ebenfalls habe erstatten müssen (Antrag II.).
8
Als weiteren Schadensersatz begehrt die Klägerin von dem Beklagten Behandlungsmehrkosten, die aus der fehlerhaften Behandlung des Patienten in Gegenüberstellung zu einer ordnungsgemäßen Behandlung ihr, der Klägerin, entstanden seien und welche die Klägerin auf - weitere - 78.987,07 € beziffert. Zu diesen führt die Klägerin aus, dass ihr zunächst infolge der Fehlbehandlung ein „Mehr“ an Heilbehandlungskosten in Höhe von 13.440,11 € entstanden seien. Daneben habe sie an den Patienten unter Orientierung an den Leitfaden zur Heilverfahrenssteuerung ein Verletztengeld in Höhe von 33.616,27 € und eine Verletztenrente bis zur Klageeinreichung in Höhe von 31.927,69 € gezahlt (Antrag III.).
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Zur Begründung ihrer Ansprüche führt die Klägerin aus, dass diese zum einen auf eine Schlechterfüllung des zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Vertrag und damit auf die Rechtsgrundlage des § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 34 Abs. 3 SGB VII gestützt werde sowie daneben auf den Innenregress aus Amtshaftung infolge ihrer Inanspruchnahme als „Dienstherr“ i. S. d. Art. 34 Satz 1 GG durch den Patienten. Die Schlechterfüllung ergebe sich dadurch, dass der Beklagte nicht selbst und persönlich tätig geworden sei, sondern ein hierzu weder befähigter noch befugter Assistenzarzt auf Veranlassung des Beklagten.
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Auf Anregung der Beklagtenseite hat das Landgericht Aschaffenburg die Eröffnung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten geprüft und mit verfahrensgegenständlichem Beschluss vom 27.05.2020 unter Verweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht Würzburg vollständig verneint.
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Das Landgericht Aschaffenburg führt zur Begründung aus, dass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten durch § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG eröffnet sei, nachdem streitgegenständlich die vertragliche Verletzung eines öffentlichrechtlichen Vertrags i. S. d. § 53 SGB X, hier des Vertrags zwischen der Klägerin als Unfallversicherungsträgerin und dem Beklagten als Durchgangsarzt i. S. d. § 34 Abs. 3 SGB VII, in Rede stehe. Demgegenüber komme weder eine abdrängende Sonderzuweisung zu den ordentlichen Gerichten nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 VwGO noch, da es sich insoweit nicht um eine Rechtswegzuweisung, sondern nur um eine Rechtsweggarantie handle, über Art. 34 Satz 3 GG eine Zuweisung zu den ordentlichen Gerichten in Betracht.
12
Die Klägerin hat mit sofortiger Beschwerde vom 08.06.2020, beim Landgericht Aschaffenburg am 09.06.2020 eingegangen, Rechtsmittel gegen den ihr am 02.06.2020 zugestellten Beschluss erhoben und beantragt, diesen aufzuheben.
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Mit Beschluss vom 17.06.2020 hat das Landgericht Aschaffenburg der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
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Mit Hinweisbeschluss vom 06.08.2020 hat das Beschwerdegericht den Parteien unter Darlegung seiner vorläufigen Rechtsauffassung, wonach eine Eröffnung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten nur für den auf die Klägerin als vormalige Beklagte nach Art. 34 Satz 1 GG übergeleiteten Schaden durch Art. 34 Satz 3 GG anzunehmen sei und im Übrigen der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet sein dürfte, Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
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Die Klägerin hat hierauf vorgetragen, dass ihrer Ansicht nach für alle von ihr geltend gemachten Anspruchspositionen nur der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet sei, weil es insoweit keinen Unterschied machen könne, ob einzelne (Vermögens-)Schäden erst vom unmittelbar Geschädigten, dem Patienten, ihr gegenüber geltend gemacht worden oder diese unmittelbar bei ihr selbst als Trägerin der Unfallversicherung eingetreten sind. Schließlich folge dies auch aus § 116 SGB X und einer entsprechenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs hierzu, wonach beispielsweise eine Unfallversicherung gegenüber dem fehlerhaft handelnden Durchgangsarzt einen Schaden nur dann geltend machen könne, wenn sie selbst gegenüber dem Geschädigten selbst zur Erbringung von Leistungen verpflichtet gewesen sei.
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Der Beklagte hat vorgetragen, dass auch seiner Ansicht nach allenfalls ein „gespaltener“ Rechtsweg eröffnet sei, nämlich zu den ordentlichen Gerichten für die auf die Klägerin übergegangenen Ansprüche, welche der Patient im vorherigen Verfahren ihr gegenüber geltend gemacht und zugesprochen bekommen habe, und im Übrigen zu den Sozialgerichten, soweit es sich um sogenannte „Mehrkosten“ handle, die der Klägerin unmittelbar aufgrund des Behandlungsfehlers entstanden sein sollen. Mangels einer diesbezüglichen Leistungspflicht der Klägerin gegenüber dem Patienten könnten derartige Ansprüche weder nach Art. 34 Satz 2 GG noch nach § 116 SGB X auf diese übergehen und damit auch nicht im Regresswege entsprechend Art. 34 Satz 3 GG vor den ordentlichen Gerichten eingeklagt werden.
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Ergänzend wird zu den Einzelheiten der angeführten Entscheidungen als auch dem weiteren Sachvortrag sowie insbesondere den vertretenen Rechtsauffassungen der Parteien nebst den diesbezüglich ausgetauschten Argumenten auf die zur Akte genommenen Schriftsätze nebst den zugehörigen Anlagen Bezug genommen.
18
Die zulässige sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.
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1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
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Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 17a Abs. 4 Satz 3 GVG i. V. m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und sowohl form- als auch fristgerecht (§ 569 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO) eingelegt. Der Beschluss ist der Klägerin am 02.06.2020 ordnungsgemäß (§ 172 Abs. 1, § 174 Abs. 3 ZPO) zugestellt worden. Die am 09.06.2020 eingegangene sofortige Beschwerde ist fristwahrend eingelegt worden (§ 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB).
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2. Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.
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Die sofortige Beschwerde ist insoweit begründet, als sie sich gegen die Verweisung des gesamten Rechtsstreits durch das Landgericht Aschaffenburg an das Sozialgericht Würzburg richtet und somit auch diejenigen Ansprüche umfasst, welche die Klägerin aus auf sie übergeleiteter Haftung als „Fremdschaden“ im Wege des Regresses auch nach Art. 34 Satz 2 GG geltend macht (a).
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Im Übrigen, also in Bezug auf die von der Klägerin geltend gemachten „Mehrkosten“, welche die Klägerin als „Eigenschaden“ mit ihrer Klage gegenüber dem Beklagten verfolgt, ist die sofortige Beschwerde unbegründet (b).
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a) Die sofortige Beschwerde ist begründet, soweit durch den angegriffenen Beschluss des Landgerichts Aschaffenburg der Rechtsstreit auch in Bezug auf den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatz für auf sie nach Maßgabe von Art. 34 Satz 1 GG übergeleiteter Haftung erfasst wird.
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Für diese Streitgegenstände, die sich als abtrennbare und eigenständige Prozessansprüche auf insgesamt auf 55.040,49 € beziffern lassen (Anträge I. und II.), ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten durch Art. 34 Satz 3 GG eröffnet. Dies gilt ebenso auch für den Feststellungsantrag (Antrag IV.).
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aa) Es trifft zwar zu, dass es sich bei der von der Klägerin anfänglich selbst herangezogenen Anspruchsgrundlage, § 280 BGB i. V. m. § 34 Abs. 3 SGB VII, und der rechtlichen Natur eines solchen Schadensersatzanspruchs aus der Verletzung eines öffentlichrechtlichen Vertrags, um welchen es sich bei der Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beklagten handelt (vgl. etwa nur BSG, Urt. v. 12.01.2020 - B 2 U 28/08 R -, juris, Rn. 9, m. w. N.), für sich genommen um einen zur Eröffnung des Sozialgerichtsweges gem. § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG führenden Streitgegenstand handelt (vgl. insoweit grundlegend BSG, Beschluss vom 22.04.2009 - B 13 SF 1/08 R -, juris, Rn. 11; BSG, Beschluss vom 06.09.2007 - B 3 SF 1/07 R -, juris, Rn. 9; jew. m. w. N.).
27
bb) Allerdings greift im vorliegenden Fall die verfassungsrechtlich höherrangige Sonderzuweisung des Art. 34 Satz 3 GG und die damit verbundene Eröffnung des ordentlichen Rechtsweges ein, soweit die Klägerin einen Schadensersatzanspruch auf Regress aus auf sie übergeleiteter Amtshaftung (Art. 34 Satz 1 GG i. V. m. § 839 Abs. 1 BGB), wenn auch ebenfalls im Rahmen der Schlechterfüllung ihres mit dem Beklagten geschlossenen öffentlichrechtlichen Vertrags durch diesen (§ 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 34 Abs. 3 SGB III), begehrt.
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(1) In der Literatur wird lediglich vereinzelt vertreten, dass es sich dabei „nur“ um eine verfassungsrechtliche prozessuale Garantie in Gestalt einer Rechtswegregelung handeln soll (so Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 34 Rn. 305 <Stand: Januar 2009>; insoweit widersprüchlich dann aber ders., in: Maunz/Dürig, GG, Art. 34 Rn. 307 <Stand: Januar 2009>: „<…> Sonderzuweisungen traditionsbedingter Art und damit auch die Regelung des Art. 34 Satz 3 <ebenso wie die des Art. 14 Abs. 3 Satz 4> <…>), die, wie dies etwa bei institutionellen Garantien, beispielsweise der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 1 und 2 GG) des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) der Fall ist, vom einfachen Gesetzgeber auszufüllen wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.01.2020 - 2 BvR 2055/16 -, juris, Rn. 31, m. w. N. - zu Art. 33 Abs. 5 GG; BVerfG, Urt. v. 21.11.2017 - 2 BvR 2177/16 -, juris, Rn. 77, m. w. N. - zu Art. 28 Abs. 1 und 2 GG). Diese Ansicht stützt sich, soweit aus der vorgenannten Fundstelle unmittelbar erkennbar, allerdings nur auf eine weitere, vom Erstgericht nicht weiter in den Blick genommene, Kommentarfundstelle (Dagtoglou, BK-GG, Art. 34 Rn. 357; zitiert nach Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 34 Rn. 305 <Stand: Januar 2009>).
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(2) Demgegenüber wird in der überwiegenden (Kommentar-)Literatur die Auffassung vertreten, wonach Art. 34 Satz 3 GG - ebenso wie Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG -, eine verfassungsunmittelbare und damit jedenfalls vom einfachen (Bundes-)Gesetzgeber unverrückbare Rechtswegeröffnung für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus Amtshaftung wie aber auch für den Regress des Staates gegenüber dem die Amtshaftung auslösenden Beamten im staatshaftungsrechtlichen Sinne darstellt (vgl. etwa Antoni, in: Hömig/Wolf, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 12. Aufl. 2018, Art. 34 Rn. 9; Detterbeck, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 34 Rn. 86; Grzeszick, in: Epping/Hillgruber, BeckOK-GG, Art. 34 Rn. 34, 40). Auch außerhalb der Kommentarliteratur wird von namhaften Stimmen eine verfassungsunmittelbare Rechtswegeröffnung durch Art. 34 Satz 3 GG angenommen (etwa Ossenbühl/Cornils, in: Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, 2. Teil Rn. 122). Über die Eröffnung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten - genauer zu den Zivilgerichten - durch Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG besteht, auch seitens der insoweit zu Art. 34 Satz 3 GG anderslautenden vorgenannten Literaturstimmen keine abweichende Ansicht (vgl. Papier/Shirvani, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 750 ff. <Stand: April 2018>).
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(3) Dem steht auch nicht die unterschiedliche Wortwahl des Verfassungsgesetzgebers entgegen, der in Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG einerseits den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten ausdrücklich für „offen“ erklärt, in Art. 34 Satz 3 GG dagegen - scheinbar - nur einen „Ausschluss“ des ordentlichen Rechtswegs seinerseits ausgeschlossen hat.
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Bei näherer Betrachtung - und Rückgriff auf die allgemein vom Gesetzgeber geregelte Ausschließlichkeit eines Rechtsweges für ein und denselben Streitgegenstand (§ 17 Abs. 1 Satz 2 GVG) - regeln Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG und Art. 34 Satz 3 GG das Gleiche, nämlich die - ausschließliche - Eröffnung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten (für Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG ausdrücklich auch Papier/Shirvani, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 750). Dies ergibt sich zunächst schon daraus, dass, gerade auch im Hinblick auf die in Rede stehende Eröffnung des Sozialgerichtsrechtswegs über § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG, nach Maßgabe von § 202 Satz 1 SGG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG die Eröffnung des Sozialgerichtsweges die Eröffnung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten, nach § 13 GVG letztlich zu den Zivilgerichten, jedenfalls vorübergehend (arg. e. § 17a GVG), „sperren“ würde und umgekehrt.
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(4) Diese Annahme findet ihre, wenn auch „nur“ einfachgesetzliche, Stütze unmittelbar in der Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG, wonach durch die Bestimmung des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG die - ohnehin in der Normenhierarchie höherrangigeren - Vorgaben der Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG und Art. 34 Satz 3 GG unberührt bleiben (so auch BGH, Urt. v. 12.03.2020 - I ZR 126/18 -, juris, Rn. 22).
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(5) Schließlich hat auch der Gesetzgeber im Zuge der Neufassung der §§ 17 und 17a GVG durch Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 4. VwGOÄndG (Gesetz zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens <Viertes Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung - 4. VwGOÄndG> vom 17.12.1990, BGBl I S. 2809 <2816>), sowohl in Art. 14 Abs. 3 Satz 4 als auch in Art. 34 Satz 3 GG, jeweils eine unmittelbare Eröffnung des ordentlichen Rechtswegs erblickt (vgl. BT-Drs. 11/7030, S. 37: „Eine Ausnahme gilt für die Fälle, in denen das Grundgesetz (Art. 14, 34) den ordentlichen Rechtsweg vorschreibt.“).
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cc) Vor diesem Hintergrund ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten jedenfalls für diejenigen Schadensersatzansprüche der Klägerin gegenüber dem Beklagten unmittelbar durch Art. 34 Satz 3 GG eröffnet, welche die Klägerin aus zuvor auf sie gem. Art. 34 Satz 1 GG übergegangener Haftung geltend macht. Dies ergibt sich unschwer aus der Zusammenschau von Art. 34 Satz 2 GG und Art. 34 Satz 3 GG. Letzterer bestimmt die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte sowohl für den Anspruch auf Schadensersatz i. S. d. Art. 34 Satz 1 GG als auch für den Rückgriff i. S. d. Art. 34 Satz 2 GG, auch wenn dieser seinerseits nur eine Haftungsprivilegierung für einfachgesetzliche Rückgriffsansprüche voraussetzt (vgl. Antoni, in: Hömig/Wolff, GG, 12. Aufl. 2018, Art. 34 Rn. 8 f.; Detterbeck, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 34 Rn. 82 ff.; Grzeszick, in: Epping/Hillgruber, BeckOK, GG, Art. 34 Rn. 37 f. <Stand: 15.05.2020>). Gleichwoh dd) Die notwendigen Darlegungen der Klägerin zu dem Vorliegen eines jedenfalls möglicherweise grob fahrlässigen Fehlverhaltens des Beklagten, welches Voraussetzung für einen amtshaftungsrechtlichen Rückgriff wäre (e contrario Art. 34 Satz 2 GG; vgl. aber zudem auch BVerwG, Urt. v. 26.08.2010 - 3 C 35/09 -, juris, Rn. 19 ff., m. w. N.: keine Erstreckung der Haftungsprivilegierung von Art. 34 Satz 2 GG auf Beliehene; BGH, Urt. v. 14.10.2004 - III ZR 169/04 -, juris, Rn. 18: keine Haftungsprivilegierung für selbstständige private Unternehmer), sind nach den Maßstäben, die an die Darlegung doppelrelevanter Tatsachen, hier nämlich einerseits für die Rechtswegeröffnung und sodann für die Begründetheit der Klage, zu stellen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 21.10.2015 - VII ZB 8/15 -, juris, Rn. 25; grundlegend BGH, Beschluss vom 27.10.2009 - VIII ZB 42/08 -, juris, Rn. 13 ff., m. w. N.), vorliegend gegeben.
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Überdies soll es, allerdings auch in der Annahme, dass Art. 34 Satz 2 GG selbst die Anspruchsgrundlage des Dienstherrn für den „Innenregress“ sei (so dem Grunde nach z. B. BGH, Urt. v. 15.08.2019 - III ZR 18/19 -, juris, Rn. 44: „<…> tritt im Innenverhältnis die Ersatzpflicht des Beamten nach § 48 BeamtStG, die auch das Rückgriffsrecht gemäß Art. 34 Satz 2 GG einschließt <…>“), für die Rechtswegeröffnung nicht auf Fragen eines etwaigen Anspruchsausschlusses nach Maßgabe von Art. 34 Satz 2 GG ankommen (BGH, Urt. v. 05.07.1990 - III ZR 166/89 -, Rn. 20).
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Soweit es somit „nur“ auf einen schlüssigen Vortrag der Klägerin hierzu ankommt, darf, namentlich vor dem Hintergrund der wirksamen Streitverkündung im Vorverfahren, auf die Ausführungen des Gerichts im Urteil des Vorverfahrens (LG Aschaffenburg, Urt. v. 17.05.2017 - 33 O 218/12 -) Bezug genommen werden, wonach nicht nur ein einfacher Behandlungsfehler, sondern ein grober Behandlungsfehler, welcher zur Beweislastumkehr zu Gunsten der vormaligen Klägerin gegenüber der damaligen Beklagten und gegenwärtigen Klägerin hinsichtlich der Kausalität geführt hat, festgestellt worden ist. Die Klägerin hat dies zudem expressis verbis in ihrer Klageschrift unter Rekurs auf § 630h Abs. 5 BGB ausgeführt.
37
Der Beklagte selbst tritt, wie seine Stellungnahme vom 10.09.2020 zeigt, dem nicht entgegen.
38
ee) Im vorliegenden Fall bedeutet ist, dass der Beschluss des Landgerichts Aschaffenburg vom 27.05.2020 insoweit aufzuheben bzw. abzuändern ist, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten jedenfalls für den Leistungsklageantrag auf Zahlung von 51.048,13 € eröffnet ist, nachdem die Klägerin als Beklagte zur Zahlung vorgenannten Betrags durch Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 17.05.2017 ihrerseits aus auf sie übergeleiteter Haftung verurteilt worden ist und diesen Schaden gegenüber dem Patienten auch ausgeglichen hat.
39
Zu diesem Schaden aus übergeleiteter Haftung ist auch der dem Patienten im Vorprozess gegenüber der Klägerin als dortigen Beklagten zustehende Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten, mithin der vorliegend von der Klägerin geltend gemachte Antrag II., zu zählen. Bei den vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten handelt es sich dem Grunde nach um eine - weitere - Schadensposition, welche der Patient infolge der Haftungsüberleitung des Art. 34 Satz 1 GG auf den Dienstherrn nicht gegenüber dem handelnden Beamten, sondern dessen Dienstherrn verfolgen kann und für welche die Klägerin als entsprechend passivlegitimierte Dienstherrin sodann einerseits haften und andererseits, bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 34 Satz 2 GG, Regress nehmen kann. Auch wenn es sich insoweit nicht um einen Rückgriffsanspruch im eigentlichen Sinne, nämlich eines Anspruchs auf Ersatz für vom Dienstherrn selbst geleisteten Schadensersatz, handelt, gebietet jedenfalls der enge sachliche Zusammenhang die „Miteröffnung“ des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten auch hierfür (vgl. BayObLG, Urt. v. 19.03.1984 - RReg 2 Z 361/82 -, BayObLGZ 1984, 77 <81>).
40
Weiterhin wird auch der von der Klägerin gestellte Feststellungsantrag, Antrag IV., auf künftige Haftung für alle weiteren Aufwendungen jedenfalls auch deshalb von der Rechtswegeröffnung des Art. 34 Satz 3 GG, miterfasst, weil die Klägerin durch das vorgenannte Urteil des Landgerichts Aschaffenburg ihrerseits einer entsprechenden Haftungsfeststellung zu Gunsten des Patienten unterworfen ist, was wiederum Folge der Haftungsüberleitung auf sie nach Maßgabe von Art. 34 Satz 1 GG und damit Gegenstand des Regresses nach Maßgabe von Art. 34 Satz 2 GG ist.
41
Dem steht vorliegend nicht entgegen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Feststellungsanspruch selbst nicht zwischen denjenigen Aufwendungen differenziert, für welche die Klägerin nur aus auf sie übergegangener Haftung haftet (Art. 34 Satz 1 GG), und denjenigen Aufwendungen, die der Klägerin unmittelbar selbst in ihrer Eigenschaft als Unfallversicherungsträgerin entstehen, auch wenn für letztere nur der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist (vgl. unten).
42
Die Klägerin trägt, auf der Ebene der Rechtswegeröffnung unter Berücksichtigung der auch insoweit vorliegenden doppeltrelevanten Tatsachen, ausreichend vor, dass sie selbst gegenüber ihrem Versicherungsnehmer als Patienten für alle ihm künftig noch aus der Fehlbehandlung erwachsenden materiellen und immateriellen Schäden aufzukommen hat, ohne dass sich von vornherein ein hinreichender Ausschluss für die Wahrscheinlichkeit des Eintritts solcher Schäden und, damit verbundenen, weiterer Ansprüche ergibt. Dies führt, nachdem sich der Feststellungsanspruch in der vorliegenden Form nicht aufteilen lässt, aber dazu, dass jedenfalls auch die ordentlichen Gerichte für die Prüfung des Feststellungsanspruchs zuständig sind (im Ergebnis ebenso OLG Hamm, Beschluss vom 26.06.2020 - 11 W 23/20 -; im dortigen Verfahren wurde der an das Sozialgericht mitverwiesene Feststellungsanspruch allein mit möglicherweise weiteren Mehrbehandlungskosten aus dem sozialrechtlichen Bereich und gerade nicht mit möglicherweise weiteren und nach Art. 34 Satz 1 GG überzuleitenden Haftungsschäden begründet).
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b) Die sofortige Beschwerde hat demgegenüber keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Verweisung des Rechtsstreits in Bezug auf den - abtrennbaren - Prozessanspruch richtet, welcher vom Landgericht Aschaffenburg dem Sozialgericht Würzburg infolge angenommener vollständiger Eröffnung des Sozialrechtswegs diesem ebenfalls zugewiesen worden ist.
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aa) Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist vorliegend für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch, soweit dieser als „Eigenschaden“ der Klägerin, also aus eigener erbrachter Leistung gegenüber ihrem oder zumindest für ihren Versicherungsnehmer, dem Patienten, geltend gemacht werden, nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG eröffnet. Dies betrifft den vorliegenden Klageantrag III. mit einem (Gesamt-)Betrag bei Klageerhebung in Höhe von 78.984,07 €.
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(1) Die Geltendmachung von Behandlungsmehrkosten durch die Klägerin gegenüber dem Beklagten als Folge dessen ärztlicher Fehlbehandlung ihres Versicherungsnehmers, des Patienten, wird von der Klägerin selbst auf eine Schlechterfüllung des öffentlichrechtlichen Vertrags zwischen ihr und dem Beklagten als Durchgangsarzt gestützt (§ 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 34 Abs. 3 SGB VII). Die in dem Schriftsatz vom 19.08.2020 als Stellungnahme auf den Hinweisbeschluss des Beschwerdegerichts vom 06.08.2020 eingebrachte Annahme, dass diese Kosten - auch - aus übergegangenem Recht nach Maßgabe von § 116 SGB X verfolgt werden könnten, verkennt, dass durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur rechtlichen Qualifikation des Durchgangsarztes (BGH, Urt. v. 10.03.2020 - VI ZR 281/19 -, juris, Rn. 13, m. w. N.; BGH, Urt. v. 29.11.2016 - VI ZR 208/15 -, juris, Rn. 19, 24; BGH, Urt. v. 20.12.2016 - VI ZR 395/15 -, juris, Rn. 12 f.) der Anwendbarkeit des § 116 SGB X schon tatbestandlich die Grundlage entzogen wurde (so auch OLG Hamm, Beschluss vom 26.06.2020 - 11 W 23/20 -, II.4.a).
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(2) Einer Zuweisung des Rechtsstreits zu den Sozialgerichten, soweit es allein um bei der Klägerin unmittelbar aus der Verletzung des öffentlichrechtlichen Vertrags mit dem Beklagten bei ihr selbst entstandenen (Vermögens-)Schäden geht, steht die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Eröffnung einer rechtswegüberschreitenden Sachkompetenz des Gerichts des zulässigen Rechtswegs durch § 17 Abs. 2 GVG nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2020 - I ZR 126/18 -, juris, Rn. 22).
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Der Umstand, dass ein im eröffneten Rechtsweg zuständiges Gericht über Normen zu befinden hat, die für sich allein die Zuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit begründen würden, erzwingt für sich alleine eine anderweitige Rechtswegeröffnung nicht (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2020 - I ZR 126/18 -, juris, Rn. 22; BGH, Beschluss vom 04.12.2003 - I ZB 19/03 -, juris, Rn. 25 ff.). Anders ist dies allerdings zu beurteilen, wenn verschiedene prozessuale Ansprüche, also Streitgegenstände, vorliegen, über die gegebenenfalls auch etwa durch ein Teilurteil entschieden werden könnte (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2020 - I ZR 126/18 -, juris, Rn. 19 ff.).
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bb) Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den „Mehrkosten“ nicht um einen materiellrechtlich geltend gemachten Anspruch, der auf zwei alternative Anspruchsgrundlagen, Amtshaftung (Art. 34 Satz 1 GG i. V. m. § 839 Abs. 1 BGB) und Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 34 Abs. 3 SGB VII), gestützt werden könnte. Vielmehr lassen sich die „Mehrkosten“ von vornherein nur als Schadensersatz wegen Pflichtverletzung eines sozialrechtlichen Vertragsverhältnisses begründen, wohingegen allein der daneben geltend gemachte „Regressschaden“, der aus dem Vorprozess stammt, in welchem die gegenwärtige Klägerin qua Haftungsüberleitung Beklagte gewesen war, ein echter „Amtshaftungssschaden“ aufgrund der diesbezüglichen Anspruchsgrundlage des Geschädigten gegenüber dem Dienstherrn (§ 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 Satz 1 GG) ist. Nur für diesen letztgenannten Anspruch besteht aber die - verfassungsrechtlich zwingende - Eröffnung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten nach Art. 34 Satz 3 GG (wie hier auch OLG Hamm, Beschluss vom 26.06.2020 - 11 W 23/20 -; OLG Dresden, Beschluss vom 27.08.2019 - 4 W 497/19 -, juris, Rn. 3; OLG Dresden, Beschluss vom 22.07.2019 - 4 W 497/19 -, juris, Rn. 9; Wagner, in: NZS 2020, S. 410 <415>; Zimmerling, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl. 2020, § 839 Rn. 33 <Stand: 01.02.2020>).
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Die Eröffnung einer rechtswegüberschreitenden Sach- und Entscheidungskompetenz nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG erfordert einen einheitlichen Streitgegenstand im Sinne eines einheitlichen prozessualen Anspruchs und nicht nur einen bestimmten materiellrechtlichen Anspruch (vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2013 - III ZB 59/13 -, juris, Rn. 13 ff., m. w. N.). Der somit in den Blick zunehmende zweigliedrige Streitgegenstand bestimmt sich durch Klageantrag einerseits und Lebenssachverhalt andererseits (vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2013 - III ZB 59/13 -, juris, Rn. 16, m. w. N.). Die vorgenannte Kompetenz wird durch den 1991 neu gefassten § 17 Abs. 2 GVG aber nur dann eröffnet, wenn ein Klageanspruch als solcher auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete, Anspruchsgrundlagen gestützt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2013 - III ZB 59/13 -, juris, Rn. 14).
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Fehlt es in Bezug auf einen Klagegegenstand an einer solchen alternativen Anspruchsbegründbarkeit, die ihrerseits wiederum zur Eröffnung verschiedener Rechtswege führen würde, kommt unter anderem auch deshalb keine „Verklammerung“ über § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG in Betracht, weil anderenfalls eine gänzlich zur Disposition der Parteien stehende Befassung eines bestimmten Gerichtszweiges allein nach Maßgabe der Ausgestaltung der konkreten Klage trotz Vorliegens mehrerer abtrennbarer Klagegegenstände möglich wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2013 - III ZB 59/13 -, juris, Rn. 20 ff., m. w. N.).
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cc) Das Beschwerdegericht teilt die Auffassung anderer Obergerichte, wonach es für die gebotene Differenzierung zwischen mittelbarem (Fremd-)Schaden, der nach Art. 34 Satz 1 GG auf den Dienstherrn i. S. d. der Norm übergeleitet wird, und dessen unmittelbaren (Eigen-)Schaden, der gerade nicht als Folge einer einfachgesetzlich zu bejahenden Amtshaftung aus § 839 Abs. 1 BGB, für welche der Dienstherr nur mittelbar (Art. 34 Satz 1 GG) in Anspruch genommen werden kann, maßgeblich darauf ankommt, ob dem Geschädigten selbst durch den Dienstherrn ein Schaden ersetzt werden musste.
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Der Senat hält zudem die Eröffnung des Zivilrechtswegs durch Art. 34 Satz 3 GG, sowohl aus der Systematik des Art. 34 GG insgesamt als auch aus dem Wortlaut heraus, „Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff (…)“, nur für Schadensersatzansprüche unmittelbar aus und wegen Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 BGB) für sachlich einschlägig, auch wenn es für den Rückgriffsanspruch selbst einer einfachgesetzlichen Anspruchsgrundlage, hier § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 34 Abs. 3 SGB VII, bedarf (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.1993 - III ZR 67/92 -, juris, Rn. 7; BGH, Urt. v. 26.09.1985 - III ZR 61/84 -, juris, Rn. 10: Rückgriff nach § 91 Abs. 2 HBG i. d. F. 21.03.1962). Dem steht nicht entgegen, dass der Rückgriff selbst in Art. 34 Satz 2 GG lediglich unter eine Haftungsprivilegierung zu Gunsten des Amtswalters, hier des Beklagten, gestellt wird.
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Der Senat sieht schließlich auch in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach Art. 34 Satz 3 GG für einen gesamtschuldnerischen Innenausgleich zwischen zwei oder mehreren Dienstherren den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet (vgl. BGH, Urt. v. 19.02.1953 - III ZR 31/51 -, juris, Rn. 16 ff.), keinen Anlass, im vorliegenden Fall, wo die Klägerin neben den unzweifelhaft dem ordentlichen Rechtsweg unterfallenden mittelbaren Schäden auch unmittelbare eigene Schäden, die ihr wiederum ausschließlich aufgrund sozialrechtlicher Bestimmungen entstanden sein sollen, geltend zu machen versucht, den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten insgesamt zu eröffnen und den sachnäheren, durch § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG eröffneten, Sozialrechtsweg für die nach sozialrechtlichen Bestimmungen dem Grunde wie der Höhe nach zu bestimmenden (Eigen-)Schadensbereich zu verschließen.
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c) Die vorliegende Aufspaltung des Rechtsweges, einerseits zu den ordentlichen Gerichten und andererseits zu den Sozialgerichten, stellt für die Klägerin auch keine Unzumutbarkeit dar und ist damit hinzunehmen.
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Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass durch die „Doppelbefassung“ zweier Eingangsgerichte nebst etwaig zugehöriger Rechtsmittelgerichte eine Doppelung gegebenenfalls notwendiger Beweiserhebungen eintreten würde, die durch eine rechtswegübergreifende „Konzentration“ auf einen Rechtsweg vermieden werden könnte.
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So ist insbesondere die Höhe des Regressschadens, der aus der vorherigen Haftungsüberleitung nach Art. 34 Satz 1 GG der Klägerin als vormalige Beklagte im „Primärprozess“ der Inanspruchnahme aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 Satz I GG) durch entsprechende Zahlungen unmittelbar an den Geschädigten entstanden ist, aus der Rechtskraft des diesbezüglichen Urteils des Landgerichts Aschaffenburg heraus feststehend.
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Die sodann im Streit stehenden Mehrkosten, die der Klägerin als Eigenschaden entstanden sind und ihren Rechtsgrund allein in sozialrechtliche Normen finden, bedürfen zwar möglicherweise einer Beweiserhebung. Hier ist aber nichts dafür ersichtlich, dass diese bei den ordentlichen Gerichten weniger aufwändig oder für die Klägerin „günstiger“ verlaufen könnte als vor den - sachnäheren - Sozialgerichten, die anzunehmend auch nicht weniger Sachkunde für die Beurteilung von medizinisch notwendigen und sozialrechtlich anzuerkennenden Aufwendungen haben werden als die ordentlichen Gerichte (ebenso auch OLG Hamm, Beschluss vom 26.06.2020 - I1 W 23/20 -, II.4.b).
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1. Die Entscheidung über die Kostentragung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO.
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2. Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren beruht §§ 2-5 ZPO i. V. m. §§ 40, 43 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, wobei das Beschwerdegericht, insoweit ausgehend vom Streitwert der Hauptsache, ein Drittel hiervon ansetzt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 26.06.2020 - 11 W 23/20 -; OLG Dresden, Beschluss vom 27.08.2019 - 4 W 497/19 -, juris, Rn. 4M OLG Nürnberg, Beschluss vom 15.07.2015 - 12 W 1374/15 -, juris, Rn. 61).
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3. Die Rechtsbeschwerde wird vor dem Hintergrund ihrer Zulassung durch das Oberlandesgericht Hamm wegen dort angenommener grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage trotz hinreichender höchstgerichtlicher Klärung der rechtlichen Qualifikation eines Durchgangsarztes einerseits und den klaren Vorgaben des Grundgesetzes sowie des einfachen Rechts andererseits auch im vorliegenden Verfahren gem. 574 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen, damit für den Fall einer von der im Ergebnis gleichlautenden Rechtsauffassung der bekanntermaßen bislang mit dieser Frage aktuell befassten Obergerichte (OLG Bamberg; OLG Hamm; OLG Dresden) abweichenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der offenbar mittlerweile mit der Klärung dieser Frage befasst ist (Az. III ZB 32/20), zugleich einer dann drohenden „nachträglichen“ Divergenz i. S. d. § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zum Nachteil der hiesigen Parteien vorgebeugt werden kann, sofern die mit der vorliegenden Entscheidung eröffnete Rechtsbeschwerde ihrerseits auch eingelegt werden wird.