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VG Würzburg, Urteil v. 29.01.2020 – W 2 K 19.1220
Titel:

zur Nichtigkeit einer Beitrags und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung

Normenketten:
BayKAG Art. 5 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
BGS-EWS 2011 § 16 Abs. 1
Leitsatz:
Der in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Gleichbehandlungsgrundsatz lässt es nicht zu, bei mehreren vorangegangen, nichtigen Satzungen in einer Beitrags- und Gebührensatzung eine Differenzierung nach diesen Satzungen zu treffen; es bedarf vielmehr einer mit höherrangigem Recht vereinbaren Regelung, die sich auf alle von den nichtigen Satzungen erfassten Fälle erstreckt.  (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Herstellungsbeitrag für die öffentliche Wasserversorgungsanlage, Nacherhebung eines bereits veranlagten bebauten Grundstücks, nichtige Abgabesatzung wegen nichtiger Übergangsregelung (teilweise Nacherhebung, teilweise Schlussstrich für Altanschließer), Ausschlussfrist nach vorangegangenem nichtigen Satzungsrecht, Eintritt der Vorteilslage bei Wechsel des Beitragsmaßstabs von tatsächlicher zu zulässiger Geschossfläche, Gebührensatzung, Gleichbehandlungsgrundsatz, Nichtigkeit, Nacherhebung, Übergangsregelung, Schlussstrich, Ausschlussfrist
Fundstelle:
BeckRS 2020, 5597

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.
1
Die Parteien streiten um einen Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung, die die Klägerin als öffentliche Einrichtung in ihrem Gemeindegebiet betreibt.
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Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks Flurnummer …5 im Altortbereich der Gemarkung der Klägerin.
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Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus und verschiedenen Nebengebäuden bebaut. In den Jahren 2003/2004 wurden das Obergeschoss und das Dachgeschoss des Wohnhauses um- bzw. ausgebaut.
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Die Klägerin erhob mit Bescheid vom 10. November 2016, zugestellt am 12. November 2016, für dieses Grundstück vom Beigeladenen einen Herstellungsbeitrag für die öffentliche Entwässerungseinrichtung in Höhe von 665,88 EUR. Dabei wurde eine Geschossfläche von 186 m² nachveranlagt. Diese Fläche habe sich aus der aktuell tatsächlich vorhandenen Geschossfläche von 668 m² abzüglich 97 m Fläche beitragsfreier Gebäude und abzüglich der bereits vorhandenen Geschossfläche von 385 m² errechnet. Von der tatsächlichen Geschossfläche müsse ausgegangen werden, weil bei einer sich aus der Umgebungsbebauung ergebenden Geschossflächenzahl von 0,66 die zulässige Geschossfläche 308,22 m² betrage und damit geringer sei als die tatsächliche Geschossfläche. Als Beitragsmaßstab wurde dabei 3,58 EUR pro m² angesetzt. Als Grund für die Nacherhebung wurde angegeben, dass das Grundstück bislang noch nicht nach dem Maßstab „zulässige Geschossfläche“ veranlagt worden sei.
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Mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 legte der Beigeladene gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass die Klägerin bereits im Jahr 1983 einen Herstellungsbeitrag in Höhe der Differenz zwischen tatsächlicher und zulässiger Geschossfläche erhoben habe. Eine Umbaumaßnahme, die eine erneute Beitragsveranlagung rechtfertigen würde, sei seitdem nicht erfolgt. Die Umbaumaßnahmen im Jahr 2004 hätten zu keiner Veränderung bzw. Vergrößerung der Geschossfläche geführt und könnten somit keine neue Veranlagung auslösen. Zudem sei das Grundstück bereits im Jahr 1968 zu Herstellungsbeiträgen herangezogen worden und die von der Gemeinde angesetzte tatsächliche Geschossfläche von 668 m² sei zu hoch berechnet. Diese betrage nur 552 m², wie es der Baugenehmigung aus dem Jahr 2004 zu entnehmen sei. Außerdem seien die bereits bezahlten Herstellungsbeiträge anzurechnen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2018 hob der Beklagte durch das Landratsamt Würzburg den Bescheid der Klägerin vom 10. November 2016 auf. Die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Erhebung des Herstellungsbeitrages sei die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 19. Dezember 2011 (BGS-EWS 2011), in Kraft getreten am 1. Januar 2012, da alle vorangegangenen Beitrags- und Gebührensatzungen zur Entwässerungssatzung nichtig gewesen seien. Erst mit dieser neuen gültigen Satzung sei die Beitragsschuld erstmals entstanden. Bis dahin gebe es keine abgeschlossenen Tatbestände, in die nicht mehr eingegriffen werden dürfe. So sei auch die Umstellung des Beitragsmaßstabes von der tatsächlichen auf die zulässige Geschossfläche erst mit dem Inkrafttreten der BGS-EWS 2011 mit Beginn des Jahres 2012 rechtswirksam geworden. Der Festsetzung eines Herstellungsbeitrags stünde jedoch die Ausschlussfrist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b bb Spiegelstrich 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) i.d.F. d. Bek. vom 4. April 1993 (GVBl S. 264) entgegen. Danach sei die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig. Dies sei auch dann anzuwenden, wenn ein Wechsel zum Maßstab zulässige Geschossfläche bei vorangegangenem nichtigem Satzungsrecht erfolgt sei. Dazu werde auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juli 2017 - 20 B 16.1695 - verwiesen. Dies gelte auch im Fall einer Übergangsregelung, wonach Altanschließer erst zu einem Beitrag für die zulässige Geschossfläche herangezogen werden könnten, wenn eine Veränderung der baulichen Ausnutzung vorgenommen werde. Denn dies habe als rein rechtlicher Aspekt des Entstehens der Beitragsschuld keinen Einfluss auf das Entstehen der Vorteilslage. Nach Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes sei bei leitungsgebundenen Einrichtungen diese Voraussetzung ohne weiteres dann erkennbar, wenn das Grundstück tatsächlich an die Einrichtung angeschlossen sei und die Einrichtung funktionsgerecht und hygienisch einwandfrei arbeite. Nach der Drucksache des Landtages 17/370, S. 13 f, sei eine Einrichtung der Wasserversorgung in diesem Sinne dann betriebsfertig, wenn diese in der Lage sei, das Grundstück zulässigerweise mit ordnungsgemäßem Trinkwasser dauernd, d.h. nicht nur vorübergehend, zu versorgen. Aus den Bauakten ergebe sich, dass das Wohnhaus auf dem veranlagten Grundstück bereits im Jahr 1964 umgebaut worden sei. Die Gemeinde habe zumindest ab dem Jahr 1964 bereits über eine betriebsfertige Wasserversorgunganlage verfügt.
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Bezüglich des Umbaus des Obergeschosses mit Neubau eines Wintergartens und Ausbau des Dachgeschosses im Jahr 2004 sei zu bemerken, dass hier die 20-jährige Ausschlussfrist zwar noch nicht abgelaufen sei. Allerdings komme diese nur dann zur Anwendung, wenn ein Nacherhebungstatbestand gemäß Art. 5 Abs. 2 a Satz 1 KAG vorliege. Dies sei hier nicht der Fall, da die Beitragsschuld für das Grundstück zuvor noch nicht entstanden gewesen sei.
II.
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Die Klägerin ließ mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 12. Juni 2018 eingegangen bei Gericht am selben Tag, gegen diesen Widerspruchsbescheid Klage erheben.
9
Das Verfahren wurde zunächst mit Beschluss vom 6. August 2018 ruhend gestellt, weil beide Parteien dies beantragt hatten und es im Anbetracht eines anhängigen Berufungsverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (20 ZB 18.882) sachdienlich war, denn eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage war Gegenstand dieses Berufungsverfahrens. Als der bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 3. Juni 2019 - 20 ZB 18.882 - seine Rechtsprechung bekräftigt hat, wurde mit Beschluss vom 18. September 2019 das ruhend gestellte Verfahren unter dem neuen Aktenzeichen W 2 K 19.1220 fortgesetzt.
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Mit Schreiben vom 8. Januar 2020 führte die Klägerpartei als Klagebegründung an, dass die Annahme der Ausschlussfrist gegen den Gleichbehandlungssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoße. Alt- und Neuanschließer würden im Hinblick auf die Veranlagung zu den Herstellungsbeiträgen unterschiedlich behandelt, ohne dass dafür eine Rechtfertigung vorliege. Grundlage der Beitragserhebung bilde die Übergangsregelung in Art. 16 Abs. 1 Satz 3 BGS-EWS 2011, wonach im Fall der Nacherhebung eines Herstellungsbeitrags die Grundstücks- und Geschossflächen, die zum Zeitpunkt der (früheren) Veranlagung bereits vorhanden waren, als abgegolten betrachtet würden, so dass nur der Unterschiedsbetrag zwischen der zulässigen und der tatsächlichen Geschossfläche (bzw. bei einer Grundstücksvergrößerung nur die hinzugekommene Grundstücksfläche) berechnet würden. Wenn nun der Ansicht gefolgt werde, dass eine Erweiterung der Geschossfläche keine neue Vorteilslage begründe, und der Lauf der Ausschlussfrist mit dem erstmaligen Eintritt der Vorteilslage (meist mit dem erstmaligen Anschluss an die Einrichtung) beginne, würden die Altschließer anderes als die Neuanschließer von der Entrichtung des Differenzbetrages bis zur zulässigen Geschossfläche generell freigestellt. Ein bloßer Zeitablauf könne eine solche Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Auf den weiteren Inhalt dieses Schreibens wird verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die beigezogenen Akten der Klägerin und des Beklagten und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 29. Januar 2020 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 28. Mai 2016 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die klagende Gemeinde nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1.1 Die Erhebung des Herstellungsbeitrags vom Beigeladenen durch Bescheid vom 10. November 2016 schon deswegen rechtswidrig, weil sie sich auf keine gültige Rechtsgrundlage stützen kann. Auf die Begründung im Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2018 kommt es insoweit nicht an.
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Die im Bescheid vom 10. November 2016 als Rechtsgrundlage angegebene Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung 2011 in der Fassung der Änderungssatzung vom 15. Mai 2012 (BGS-EWS 2011) ist nichtig, weil die in dieser Satzung normierte Übergangregelung in § 16 Abs. 1 und Abs. 2 gegen höherrangiges Recht verstößt.
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§ 16 BGS-EWS 2011 hat folgenden Wortlaut:
„Abs. 1:
Beitragstatbestände, die von der BGS-WAS v. 26.06.1981 erfasst werden sollten, werden als abgeschlossen behandelt, sobald auf deren Grundlage bestandskräftige Veranlagungen vorliegen. Wurden Beitragstatbestände nach der genannten Satzung nicht oder nicht vollständig veranlagt oder sind Beitragsbescheide noch nicht bestandskräftig, bemisst sich der Beitrag nach den Regelungen der vorliegenden Satzung. Dabei werden die Grundstücks- und Geschossflächen als abgegolten betrachtet, die bereits bestandskräftig erhoben wurden. Die Sätze 1-3 gelten entsprechend für Beitragstatbestände, die von der Übergangsregelung gemäß § 3 Abs. 3 der BGS-EWS v. 26.06.1981 erfasst werden sollten.
Abs. 2:
Bei Grundstücken, die aufgrund einer Satzung vor dem Inkrafttreten der BGS-EWS v. 26.06.1981 zu einem Herstellungsbeitrag herangezogen wurden, findet eine Nacherhebung erst statt, wenn sich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände nach Inkrafttreten dieser Satzung ändern. Im Falle der Nacherhebung gilt, dass die Grundstücks- und Geschossflächen, die zum Zeitpunkt der (früheren) Veranlagung bereits vorhanden waren, als abgegolten betrachtet werden, sodass nur der Unterschied zwischen der zulässigen Geschossfläche und der vorhandenen Geschossfläche bzw. bei einer Grundstücksvergrößerung nur die hinzugekommene Fläche berechnet wird.“
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Wie der Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2018 zutreffend ausführt und auf den insoweit verwiesen wird, waren alle bisher erlassenen Beitrags- und Gebührensatzungen zur Entwässerungssatzung nichtig: Die Beitrags- und Gebührensatzungen vom 15. Dezember 1967 und vom 1. Juni 1971 wegen eines einheitlichen Grundbetrages für alle Grundstücke; die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 25. Juni 1981, mit der der Beitragsmaßstab „zulässige Geschossfläche“ eingeführt werden sollte, wegen einer unzulässigen Regelung für Außenbereichsgrundstücke.
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Nach dem Wortlaut von § 16 Abs. 1 BGS-EWS 2011 werden Beitragstatbestände, die von der Beitrags- und Gebührensatzung vom 26. Juni 1981 erfasst werden sollten und für die bestandskräftige Veranlagungen vorliegen, als abgeschlossen behandelt, während nach § 16 Abs. 2 BGS-EWS 2011 die Beitragstatbestände, die auf Grundlage einer der Beitrags- und Gebührensatzungen vom 15. Dezember 1967 oder vom 1. Juni 1971 zu Herstellungsbeiträgen herangezogen wurden, noch nachveranlagt werden können.
19
Obwohl alle Vorgängersatzungen wegen Verstoßes gegen das Äquivalenzprinzip, das Vorteilsprinzips sowie den Gleichheitssatz ungültig waren, werden durch diese Bestimmungen je nach zeitlicher Geltung der einzelnen Satzungen unterschiedliche Übergangsregelungen für die Nacherhebungstatbestände, nämlich teilweise Nacherhebung und teilweise Schlussstrich für Altanschließer, eingeführt. Nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Januar 2013 - 20 N 12.1060 - juris, lässt es der in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz der Gleichbehandlung jedoch nicht zu, bei mehreren nichtigen Satzungen eine Differenzierung nach diesen Satzungen zu treffen. Vielmehr bedarf es einer mit höherrangigem Recht vereinbaren Regelung, welche sich auf alle von den nichtigen Satzungen erfassten Fälle erstreckt (vgl. BayVGH, B.v. 2.6.2002 - 23 ZB 02.552 - juris).
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Konkrete Anhaltspunkte für eine Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung sind nicht ersichtlich. Auch auf entsprechender Nachfrage des Gerichts konnte die klagende Gemeinde hierfür keine Gründe nennen; insbesondere können dem Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 24. Januar 2020 und dem Protokoll über die nichtöffentliche Gemeinderatssitzung vom 10. November 2011 mit dem Top „Information und evtl. Entscheidung zur Entwässerungssatzung - EWS, sowie Wasserabgabesatzung - WAS, jeweils mit Beitrags- und Gebührensatzung und Festlegung der Übergangsregelungen“ diesbezüglich keine Anhaltspunkte entnommen werden.
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Die Übergangsregelungen in § 16 BGS-EWS 2011 sind deswegen rechtsunwirksamen und führen zur Rechtsunwirksamkeit der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabensatzung 2011 im Beitragsteil, weil nicht anzunehmen ist, dass die Klägerin ihre - aus ihrer Sicht erstmals gültige - Abgabesatzung ohne Übergangsregelung hätte erlassen wollen (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2002 - 23 B 02.2252 - juris)
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1.2 Ohne dass es hier entscheidungserheblich darauf ankommt, wird nur ergänzend darauf hingewiesen, dass die Ausschlussfrist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b, Doppelbuchst. bb KAG im vorliegenden Fall nicht ohne Weiteres hätte angenommen werden können. Dies hätte eine weitere Aufklärung der folgenden rechtlichen und tatsächlichen Umstände gefordert.
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Wie dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Juli 2017 (20 B 16.1695 - juris) und dem Beschluss vom 3. Juni 2019 (20 ZB 18.882 - juris) entnommen werden kann, ist bei vorangegangenem nichtigen Satzungsrecht und bei einem Maßstabswechsel von tatsächlicher zu zulässiger Geschossfläche die Vorteilslage für das veranlagte Grundstück bereits mit der tatsächlichen Anschlussmöglichkeit an eine ordnungsgemäße Wasserversorgung eingetreten und zwar im Umfang der jeweils zulässigen Geschossfläche, weil die erstmals gültige Satzung auf diesen Zeitpunkt zurückwirkt. Das veranlagte Grundstück des Klägers hatte diese Vorteilslage zumindest ab dem Jahr 1964 inne, und zwar grundsätzlich bereits seit diesem Zeitpunkt in dem Umfang der jeweils zulässigen Geschoßfläche. So hätte zumindest die im Jahr 1964 zulässige Geschossfläche und deren Änderungen im Laufe der Zeit ermittelt werden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin in ihrem Bescheid vom 28. Dezember 1983 für die Festsetzung von Beiträgen für die Entwässerungsanlage von einer zulässigen Geschossfläche von 466 m² ausgegangen ist. Dies würde einer Geschossflächenzahl von 1,0 entsprechen.
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Darüber hinaus liegt hier der Sonderfall vor, dass die tatsächliche Geschoßfläche zumindest seit einer geraumen Zeit über der zulässigen Geschossfläche liegt, die sich mangels gültigen Bebauungsplans nach der umgebenden Bebauung richtet. Da wohl schon vor dem Bauvorhaben im Jahr 2004 die tatsächliche Geschossfläche über der zulässigen Geschossfläche lag, begründet die Erweiterung der Geschossfläche durch das Bauvorhaben im Jahr 2004 eine neue Vorteilslage. Dabei tauchen allerdings rechtliche Bedenken gegen die von der Klägerin anhand der umgebenden Bebauung ermittelten zulässigen Geschossflächenzahl von 0,66 auf.
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2. Der Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.