Titel:
Bebauungszusammenhang im Gemeindegebiet
Normenkette:
BauGB § 34, § 35 Abs. 3 Nr. 5, Nr. 7
Leitsätze:
1. Unter dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil iSd § 34 BauGB ist jede Bebauung im Gemeindegebiet zu verstehen, die – unabhängig von möglicherweise vorhandenen Baulücken – den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt, nach Anzahl der (für den ständigen Aufenthalt von Menschen dienenden) Gebäuden ein gewisses Gewicht aufweist und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenzen endet der Bebauungszusammenhang in der Regel hinter dem letzten Gebäude, wobei nur ausnahmsweise eine sich hieran anschließende Fläche noch Teil des Bebauungszusammenhangs sein kann. Entscheidend ist, ob vorhandene unbebaute Grundstücke einen Bestandteil des Bebauungszusammenhangs bilden, also am Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnehmen, wie dies beim Vorliegen topografischer Besonderheiten der Fall sein kann. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Bebauungszusammenhang kann durch Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Flüsse und dergleichen) beeinflusst werden und die Berücksichtigung solcher äußerlich erkennbarer Umstände kann dazu führen, dass der Bebauungszusammenhang im Einzelfall abweichend von der Regel nicht am letzten Baukörper endet, sondern noch ein oder mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze mit einschließt. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
4. § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB hat – neben dem ästhetisch-optischen Schutzzweck – auch den funktionalen Landschaftsschutz zum Gegenstand, der vor allem dann beeinträchtigt ist, wenn ein Vorhaben der naturgemäßen Nutzungsweise der Landschaft widerspricht und deshalb am vorgesehenen Standort wesensfremd ist. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
5. Eine ausufernde Bebauung mit der Entwicklung unorganischer Siedlungsstrukturen (unerwünschte Splittersiedlung) im Außenbereich soll durch § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB verhindert werden, wobei dieser Grundsatz jedoch nicht ausnahmslos der Errichtung nichtprivilegierter Gebäude im Außenbereich entgegengehalten werden kann, da andernfalls § 35 Abs. 3 BauGB zu einem gesetzlich nicht beabsichtigten generellen Bauverbot führen würde. Eine Ausnahme kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das streitgegenständliche Bauvorhaben in eine organische Beziehung zu einer bereits vorhandenen Bebauung tritt, die selbst keine unerwünschte Splittersiedlung darstellt. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abgrenzung Innenzu, Außenbereich, topografische Besonderheit, Splittersiedlung, Vorbescheid, Innenbereich, Bebauungszusammenhang, Landschaftsschutz, Erschließung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 01.03.2022 – 9 ZB 21.85
Fundstelle:
BeckRS 2020, 55694
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Vorbescheides im Hinblick auf eine geplante Errichtung eines Einfamilienhauses mit zwei Stellplätzen.
2
Der Kläger ist Eigentümer des 2.503 qm großen, unbebauten Grundstücks Fl.Nr. 42/10 der Gemarkung …, das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegt. Im Jahr 2018 ließ der Kläger hiervon eine Teilfläche von 500 qm abteilen. Diese Teilfläche grenzt punktförmig an die … straße an. Mit am 18. Juni 2018 bei der Beigeladenen eingegangenem Schreiben beantragte der Kläger für diese Teilfläche die Erteilung eines Vorbescheides nach Art. 71 BayBO hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nach Art und Maß der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche sowie hinsichtlich der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Erschließungssituation (Wasser, Strom, Kanal und Zuwegung). Der Kläger reichte einen Erschließungsbeitragsbescheid der Gemeinde … vom 26. Februar 1976 zur Behördenakte, wonach die frühere Grundstückseigentümerin aus Anlass des Ausbaus der … straße zu Erschließungsbeiträgen für die 500 qm große Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. 42/10 herangezogen wurde.
3
Die notwendig Beigeladene verweigerte mit Gemeinderatsbeschluss vom 17. Juli 2018 ihr Einvernehmen.
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Mit Schreiben vom 14. August 2018 teilte das Landratsamt … dem Kläger mit, dass es sich um ein nichtprivilegiertes Vorhaben im Außenbereich (§ 35 Abs. 2 BauGB) handle, das öffentliche Belange beeinträchtige, insbesondere die Entstehung und Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse. Die … straße könne darüber hinaus nicht noch mehr Verkehr aufnehmen, weshalb das Baugrundstück nicht hinreichend erschlossen sei. Da die Beigeladene zu Recht ihr gemeindliches Einvernehmen verweigert habe, könne dieses auch nicht ersetzt werden. Der Kläger wurde zur geplanten negativen Verbescheidung seines Antrags angehört.
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Mit Schreiben vom 24. September 2018 zeigte sich der Klägerbevollmächtigte an und führte aus, dass das Baugrundstück durchaus erschlossen sei. Das die fünf Meter breite … straße in nordwestliche Richtung fortsetzende Weggrundstück Fl.Nr. 42/16 stehe ebenfalls im Eigentum des Klägers. Dort befänden sich auch Wasser- und Abwasser-, Stromsowie Gasanschluss. Da die gegenüber des Baugrundstücks liegenden Grundstücke Fl.Nr. 42/12 und 42/13 trotz identischer Erschließungssituation bebaut sind, müsse auch das Klägergrundstück als erschlossen angesehen werden. Dies ergebe sich auch aus dem Umstand, dass für das Grundstück bereits Erschließungsbeiträge erhoben wurden. Seit der Erhebung dieser Erschließungsbeiträge hätten sich keine wesentlichen Änderungen wie etwa der Erlass eines Bebauungsplanes ergeben, sodass die Beigeladene das Grundstück auch heute noch als erschlossen ansehen müsse. Das Grundstück - jedenfalls die zu bebauende Teilfläche - liege zudem im Innenbereich (§ 34 BauGB): Das Grundstück sei seit 1976 mit einem gewerblich genutzten Treibhaus und einem Haus für die Heizungsanlage der Gärtnerei … bebaut gewesen, was diese mit Schreiben vom 6. März 2017 bestätigt habe. Diese Bebauung vermittle bis heute eine nachwirkende Prägung. Auch ende der Innenbereich vorliegend nicht mit den letzten vorhandenen Bauten, sondern nach natürlicher Betrachtungsweise erst mit dem Ende der … straße (und dem diese fortsetzenden Weggrundstück), welche bis zum Klägergrundstück beidseitig bebaut ist. Insbesondere die gegenüberliegende Bebauung der Grundstücke Fl.Nr. 42/12 und 42/13 vermittle einen Eindruck der Geschlossenheit und des Bebauungszusammenhangs. Der Flächennutzungsplan stelle das Vorhabensgrundstück sowie die angrenzenden bebauten und unbebauten Grundstücke als für Wohnbebauung und nicht störende Gewerbebetriebe nutzbar dar. Sofern die Beigeladene behaupte, dass die Erhebung von Erschließungsbeiträgen im Jahr 1976 vor diesem Hintergrund rechtswidrig gewesen sein könnte, sei dies nicht nachvollziehbar und nicht näher dargelegt worden. Das Landratsamt habe entweder diesen Beitragsbescheid zu beanstanden oder der damaligen Wertung der beigeladenen Gemeinde Rechnung zu tragen, indem es das klägerische Bauvorhaben genehmigt.
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Das Landratsamt … erwiderte hierauf unter dem 18. Oktober 2018, dass das Vorhabensgrundstück seit spätestens 2005 nicht mehr bebaut sei, nie mit einem Wohnhaus bebaut gewesen sei und eine nachwirkende Prägung der früheren Bebauung ausscheide. Das erkennende Gericht habe bezüglich des südlich gelegenen Grundstücks festgestellt, dass die Bebauung in nördlicher Richtung eine Splittersiedlung darstelle. Das Landratsamt halte daher an der Rechtsauffassung, dass das nichtprivilegierte Außenbereichsvorhaben die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse, fest.
7
Der Klägervertreter verwies mit Schreiben vom 31. Oktober 2018 darauf, dass im Rahmen des vom Landratsamt angesprochenen Ortstermins des erkennenden Gerichts die frühere Bebauung nicht berücksichtigt worden sei.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 5. Dezember 2018 (Gz. …), dem Klägervertreter zugestellt am 17. Dezember 2018, lehnte das Landratsamt den Antrag auf Erteilung des Vorbescheids ab. Die Behörde begründete die Entscheidung damit, dass das gemeindliche Einvernehmen für das Bauvorhaben zu Recht verweigert worden sei und nicht ersetzt werden könne. Es handle sich nämlich nicht um ein Innenbereichsgrundstück, weshalb das Bauvorhaben als nichtprivilegiertes im Außenbereich zu behandeln sei (§ 35 Abs. 2 BauGB). Insbesondere stelle der sich westlich des Grundstücks befindliche Erdwall keine topografische Besonderheit dar, die ausnahmsweise dazu führen könnte, dass der Außenbereich nicht schon an der Hauskante des letzten Gebäudes beginne. Der Erdwall sei nicht ausreichend hoch, um eine solche Betrachtungsweise begründen zu können. Zudem handle es sich dabei um eine ungenehmigte und somit baurechtswidrige Aufschüttung. Eine nachwirkende Prägung der früheren Bebauung sei ebenfalls nicht anzunehmen: Die früheren Bauwerke seien spätestens seit dem Jahr 2005 nicht mehr vorhanden. Zudem habe es sich dabei um Gewächshäuser gehandelt, die womöglich im Außenbereich privilegiert gewesen seien (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 BauGB), während der Kläger die Errichtung eines Wohnhauses beabsichtige.
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Das nichtprivilegierte Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange, insbesondere die natürliche Eigenart der Landschaft. Die Entstehung bzw. Verfestigung einer Splittersiedlung sei zu befürchten. Dies gelte vor allem vor dem Hintergrund, dass die nördlich gelegene Bebauung auf den Fl.Nrn. 42/12 und 42/13 eine solche Wirkung bereits habe. Ein früher entwickelter Bebauungsplanentwurf für den Bereich … straße, dem der Klägervertreter städtebauliche Ziele der Gemeinde entnehmen will, führe nicht dazu, dass eine unorganische Siedlungsentwicklung ausgeschlossen sei. Der ursprüngliche Entwurf des Bebauungsplanes … sei ohnehin bereits wegen der Gebäude auf den Grundstücken Fl.Nrn. 42/12 und 42/13 nicht mehr umsetzbar und könne daher nicht als Grundlage für die von der Gemeinde gewünschte Siedlungsentwicklung herangezogen werden. Die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom Rechtsvorgänger des Klägers sei für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich nicht von Belang, zumal diese von der Gemeinde erhoben worden seien und keine rechtliche Einordnung der Bauordnungsbehörde erfolgt sei.
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Mit am 17. Dezember 2018 beim Landratsamt eingegangenem Schriftsatz nebst geändertem Lageplan gab der Klägervertreter an, dass sich das Baugrundstück nunmehr aus der besagten Teilfläche der Fl.Nr. 42/10 sowie dem Grundstück Fl.Nr. 42/16, welches sich als Fortsetzung der Fl.Nr. 42/9 (Verkehrsfläche … straße) in westliche Richtung darstellt, zusammensetze.
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Der Kläger ließ am 7. Januar 2019 Klage erheben. Der Klägervertreter begründete die Klage unter dem 29. April 2019 dahingehend, dass das Vorhabensgrundstück nach Norden, Süden und Westen von Bebauung umgeben und daher dem Innenbereich zuzuordnen sei. Auf dem südlich gelegenen Grundstück Fl.Nr. 40/19 befände sich ein großer Parkplatz eines Gewerbebetriebs. Von diesem grenze das Vorhabensgrundstück nur das schmale Grundstück Fl.Nr. 45 ab, welches den Bebauungszusammenhang nicht unterbreche. Es sei erkennbar, dass die Bebauung nördlich der … straße eine Einheit mit der Bebauung südlich der … straße bilde. Dabei handle es sich nicht um eine Splittersiedlung, sondern um eine vorgegebene Entwicklungsstruktur nach der Planung der Beigeladenen. Das streitgegenständliche Bauvorhaben füge sich nach Art und Maß in diese nähere Umgebung ein. Auch habe die Beigeladene zu Unrecht ihr Einvernehmen verweigert; die Ausführungen zur Erschließungssituation des Klägergrundstücks und einer nachwirkenden Prägung früherer Bauwerke wurden wiederholt.
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Bei der Beurteilung, ob es sich um eine organische Siedlungsstruktur handelt, sei auf die Entwicklung im gesamten abzustellen. Die beidseitige Bebauung von Anbaustraßen wie der … straße sei üblich, wie sich etwa an der parallel verlaufenden … straße zeige. Die Beigeladene habe eine solche Entwicklung ausdrücklich beabsichtigt, wie der Bebauungsplanentwurf „…“ zeige. Es entstehe bei der Verwirklichung eines derartigen Planentwurfes der Gemeinde gerade keine unorganische Siedlungsstruktur. Dem Vorhaben könne insbesondere nicht die Befürchtung der Entstehung bzw. Verfestigung einer Splittersiedlung entgegengehalten werden: Eine Splittersiedlung bedeute immer eine Abweichung von der planerischen Konzeption der Gemeinde, was vorliegend gerade nicht der Fall sei, wie die Erhebung der Erschließungsbeiträge für das Vorhabensgrundstück zeige.
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Zudem stelle der sich im Westen befindliche Erdwall eine topografische Besonderheit dar, welche die Grenze des Innenbereichs festlege.
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Das Landratsamt hätte der Beigeladenen die Bauvoranfrage erneut zu einer Entscheidung über die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens vorlegen müssen, da die Beigeladene ausweislich der Bekanntmachung vom 14. September 2018 offensichtlich von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei. Der beantragte Vorbescheid habe folglich auch nicht unter Berufung auf das fehlende und nicht ersetzbare gemeindliche Einvernehmen verweigert werden dürfen. Mit Beschluss vom 5. April 2005 habe die beigeladene Gemeinde ihr Einvernehmen für die Bebauung einer Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. 42/11, welches zwischen dem letzten Wohnhaus und dem Erdwall gelegen habe, mit einem Doppelwohnhaus erteilt, und sei ausweislich der zur Gerichtsakte gereichten Sitzungsniederschrift (Bl. 102 der Gerichtsakte) von einer gesicherten Erschließung und einer Innenbereichslage ausgegangen. Für diese Teilfläche von 1.250 qm von insgesamt 1.846 qm seien im Jahr 1976 ebenfalls Erschließungsbeiträge erhoben worden. Im Jahr 2013 sei dieses Grundstück entsprechend eines Bauantrags aus dem Jahr 2010 mit einer Doppelhaushälfte bebaut worden; die Beschlussfassung der Beigeladenen sei insoweit gleichlautend. Für das streitgegenständliche Vorhabensgrundstück habe dasselbe zu gelten.
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Des Weiteren führte der Klägervertreter aus, dass das Klägergrundstück vom Voreigentümer gewerblich genutzt worden sei. Entlang der Bahnlinie sei im Jahr 1976 ein gewerblich genutztes Treibhaus errichtet worden, daneben sei in etwa 16 Metern Entfernung zur Fl.Nr. 42/11 ein Haus für die Heizungsanlage gebaut worden und im Übrigen seien die Grundstücke gewerblich genutzt worden. Die Voreigentümerin bestätigte mit Schreiben vom 6. März 2017 die beschriebene Grundstücksnutzung (Bl. 108 der Gerichtsakte). Einzelne Fundamente dieser Gebäude seien erst im Jahr 2016 entfernt worden. Die Nachbarn hätten die Baupläne aus dem Jahr 1971, welche ebenfalls zur Gerichtsakte gereicht wurden, unterschrieben.
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In der … straße, insbesondere in dem im Eigentum des Klägers stehenden Bereich, sei zudem die Wasserversorgung neu angelegt worden. Es wurde Bezug genommen auf einen Zeitungsbericht aus dem Jahr 2018.
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Zur historischen Situation des streitgegenständlichen Bereichs ergänzte der Klägervertreter Folgendes: In den Jahren 1975 und 1976 sei die … straße von der Gemeinde … erneuert worden. In diesem Zusammenhang seien mehrere Grundstücke an das Kanalnetz angeschlossen worden. Die Straße sei auch verbreitert worden, wofür mehrere Grundstückseigentümer Grund hätten abtreten müssen. Im Jahr 2018 habe die notwendig Beigeladene die … straße ausgebaut, neu geteert und sie mit stärkeren Wasserleitungen, einem neuen Kanal und neuer Beleuchtung versehen. Auf dem Grundstück Fl.Nr. 55 befänden sich S-Bahn-Gleise und eine Haltestelle, auf Fl.Nr. 45/2 und 45/3 habe früher ein Bahnhofsgebäude gestanden, später sei dort ein Parkplatz errichtet worden. Das Grundstück Fl.Nr. 44/3 sei seit dem Jahr 1908 mit einem Wohnhaus mit Scheune bebaut. Dementsprechend habe der Kläger das Vorhabensgrundstück als Bauland erworben. Selbst wenn das Vorhabensgrundstück im Außenbereich liege - wie nicht - sei es mit einem sonstigen Vorhaben bebaubar, da der Kläger einen Anspruch auf Gleichbehandlung habe und wie dargestellt mehrere Bauvorhaben in der Umgebung genehmigt worden seien. Sofern dies anders gesehen werde, habe die notwendig Beigeladene nach pflichtgemäßem Ermessen über eine Aufhebung des Erschließungsbeitragsbescheids aus dem Jahr 1976 zu entscheiden. Der zuständige Sachbearbeiter habe jedoch die Auskunft gegeben, die Beitragsbescheide auch heute noch für rechtmäßig zu halten.
1. Der Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2018, Gz. …, auf Antrag auf Vorbescheid hinsichtlich Art und Maß: Errichtung eines Einfamilienhauses mit 2 Stellplätzen in … …, …, wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, den beantragten Bescheid zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt
Klageabweisung und erwiderte am 31. Mai 2019 auf die Klage, dass der Vorbescheid zu Recht nicht erteilt worden sei.
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Die klägerischen Ausführungen zu einer Innenbereichslage der bereits bebauten benachbarten Grundstücke griffen schon deshalb zu kurz, weil der Innenbereich an der Hauskante des letzten Hauses ende. Der vorgenannte Parkplatz präge die Umgebung wegen der fehlenden Bebauung mit Gebäuden weniger stark, sei aber jedenfalls vom Klägergrundstück derart weit entfernt, dass kein Bebauungszusammenhang mehr bestehe. Zudem handle es sich bei der Nutzung als Parkfläche um eine andere Nutzungsart im Sinne der BauNVO, die nicht geeignet sei, das Baugrundstück auf die vom Klägervertreter angenommene Art und Weise zu prägen.
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Wie im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt, sei auch eine nachwirkende Prägung der früheren Bebauung auf dem Vorhabensgrundstück zu verneinen, selbst wenn die Fundamente erst im Jahr 2016 abgebrochen worden sein sollten. Der vorgenannte Erdwall ändere an der Außenbereichslage nichts. Zum einen sei er künstlich erzeugt und daher keine topographische Besonderheit. Zum anderen sei er nicht ausreichend hoch, um als eine derartige Begrenzung wirken zu können.
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Die vom Klägervertreter vorgebrachte Entstehungsgeschichte des Umgebungsbereichs sei unbeachtlich, da es bei der Abgrenzung von Innen- und Außenbereich alleine auf die vorhandene Bebauung ankomme. Aus diesem Grund seien auch bloße Planungsabsichten der Gemeinde nicht von Belang, zumal diese einem Wandel unterworfen sein können. Auch könne der bloße Ausbau von Versorgungsleitungen keinen Bebauungszusammenhang herstellen; er bereite eine spätere Bebauung höchstens vor und verschiebe noch nicht die Grenzen des Innenbereichs. Die frühere Erhebung von Erschließungsbeiträgen stehe zu dieser Argumentation nicht im Widerspruch, da das Vorhabensgrundstück zum damaligen Zeitpunkt bebaut gewesen sei. Bereits im Jahr 2014 sei das Landratsamt bezüglich des Nachbargrundstücks (Fl.Nr. 45) im Rahmen eines Vorbescheidsverfahrens von einer Außenbereichslage ausgegangen (AN 3 K 16.01438). Das beabsichtigte Bauvorhaben sei unstrittig nicht privilegiert und deshalb nach § 35 Abs. 2 BauGB zu behandeln. Es lasse die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten. Dieser Eindruck werde dadurch verstärkt, dass auch der Kläger bereits vorhandene Wohnhäuser auf den umliegenden Grundstücken als Vorbild heranziehe. Darüber hinaus entstehe eine unerwünschte Gemengelage als Ausdruck einer unorganischen Siedlungsentwicklung, wenn weitere Wohnbebauung an das südlich gelegene Gewerbegebiet heranrücke.
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Mit Schriftsatz vom 11. November 2020 verwies der Klägervertreter darauf, dass für das Grundstück Fl.Nr. 42/16 (vormals zur Fl.Nr. 42/11 gehörend) mit Bescheiden der Beigeladenen vom 12. Januar 2020 Herstellungsbeiträge für die Entwässerungs- und Wasserversorgungseinrichtung erhoben wurden.
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Die Kammer hat gemäß Beschluss vom 6. Oktober 2020 Beweis erhoben über die örtlichen Verhältnisse des Grundstücks Fl.Nr. 42/10 durch Einnahme eines gerichtlichen Augenscheins. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte sowie auf die Niederschrift zum Augenschein und zur mündlichen Verhandlung am 17. November 2020.
Entscheidungsgründe
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Streitgegenstand vorliegender Klage ist die Erteilung eines Vorbescheides für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit zwei Stellplätzen mit den Fragen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens und der hinreichenden Erschließung des Grundstücks Fl.Nr. 42/10 der Gemarkung …
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheids. Entsprechend wird er durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 5. Dezember 2018 nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Nach Art. 71 Satz 1 BayBO ist auf Antrag des Bauherrn vor Einreichung des Bauantrags zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen. Gemäß Art. 71 Satz 4 i.V. m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 i.V. m. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO, §§ 29 ff. BauGB können im Rahmen des Bauvorbescheides Fragen, die in einer Baugenehmigung zu entscheiden sind, in antizipierter Weise einer Klärung zugeführt werden. Die Frage einer bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Einfamilienhauses mit zwei Stellplätzen auf dem Grundstück Fl.Nr. 42/10 der Gemarkung …, insbesondere eine solche nach § 34 BauGB (Innenbereich) oder § 35 BauGB (Außenbereich), ist insoweit ein zulässiger Gegenstand des Bauvorbescheidsverfahrens.
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Der beantragte Bauvorbescheid wurde seitens des Beklagten zu Recht abgelehnt, da sich das Bauvorhaben als bauplanungsrechtlich unzulässig erweist. Das Vorhabensgrundstück liegt nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB, sondern im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 BauGB (I.). Als sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtigt es öffentliche Belange und ist daher bauplanungsrechtlich unzulässig (II.).
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Mangels Vorhandenseins eines Bebauungsplans, der das streitgegenständliche Grundstück erfasst, ist die planungsrechtliche Einordnung des Baugrundstücks auf Grund einer durchzuführenden Abgrenzung von Innenbereich (§ 34 BauGB) zu Außenbereich (§ 35 BauGB) vorzunehmen. Unter Zugrundelegung der hierfür von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (1.) sowie des Eindrucks, den die Kammer bei der Augenscheinseinnahme gewonnen hat, ist das streitgegenständliche Grundstück dem Außenbereich zuzuordnen (2.).
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1. Unter dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinn des § 34 BauGB ist jede Bebauung im Gemeindegebiet zu verstehen, die - unabhängig von möglicherweise vorhandenen Baulücken - den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt, nach Anzahl der (für den ständigen Aufenthalt von Menschen dienenden) Gebäuden ein gewisses Gewicht aufweist und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, B.v. 06.11.1968 - IV C 47.68 - BVerwGE 31, 22).
31
Unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenzen endet der Bebauungszusammenhang in der Regel hinter dem letzten Gebäude (BayVGH, U.v. 16.06.2015 - 1 B 14.2772 - juris). Nur ausnahmsweise kann eine sich hieran anschließende Fläche noch Teil des Bebauungszusammenhangs sein. Entscheidend ist, ob vorhandene unbebaute Grundstücke einen Bestandteil des Bebauungszusammenhangs bilden, also am Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnehmen, wie dies beim Vorliegen topografischer Besonderheiten der Fall sein kann (BVerwG, U.v. 12.06.1970 - IV C 77.68 - juris; U.v. 12.10.1973 - IV C 3.72 - juris). Danach kann der Bebauungszusammenhang durch Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Flüsse und dergleichen) beeinflusst werden. Die Berücksichtigung solcher äußerlich erkennbarer Umstände kann dazu führen, dass der Bebauungszusammenhang im Einzelfall abweichend von der Regel nicht am letzten Baukörper endet, sondern noch ein oder mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze mit einschließt (VG Ansbach, U.v. 24. Juli 2014 - 3 K 13.01992 - BeckRS 2014, 55430).
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2. Für den vorliegenden Fall ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles, wie sie sich der Kammer aus den Verfahrensakten und den beim durchgeführten Augenschein gewonnenen Erkenntnissen darstellen, von einer Außenbereichslage des streitgegenständlichen Grundstücks auszugehen.
33
Der Innenbereich endet am Ortsrand den oben beschriebenen Grundsätzen entsprechend hinter dem letzten Gebäude, d.h. in nördliche und südliche Richtung schließt das auf Fl.Nr. 42/12 und 42/13 errichtete Doppelhaus den Innenbereich ab, nach Westen hin die Doppelhaushälfte auf Fl.Nr. 42/12 sowie das Wohngebäude auf Fl.Nr. 42/8. Dabei ist nicht wie vom Klägerbevollmächtigten vertreten die an der Ortsrandseite gelegene Gartenfläche westlich der Doppelhaushälfte auf Fl.Nr. 42/12 noch dem Bebauungszusammenhang zuzuordnen (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 10.01.2013 - 1 ZB 12.24 - BeckRS 2013, 46975), wobei auch eine solche Betrachtungsweise jedenfalls zu keinem anderen Schluss in Bezug auf das Klägergrundstück führen würde. Die unbebauten Fl.Nrn. 45, 40, 42, 42/11 sowie die Restfläche von Fl.Nr. 42/10 schaffen nach dem beim Augenschein gewonnenen Eindruck einen weitläufigen, sich nach Westen bis zur Schallschutzwand erstreckenden Außenbereich. Das Vorhabensgrundstück gehört zu dieser natürlichen Landschaft.
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Der sich auf Fl.Nr. 40/19 befindliche Parkplatz vermag ebenfalls keinen Bebauungszusammenhang herzustellen: Den Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, sodass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt werden oder in einem weiteren Sinn „Nebenanlagen“ zu einer landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind, sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen (BVerwG, B.v. 16.07.2018 - 4 B 51.17 - NVwZ 2018, 1651; B.v. 05.04.2017 - 4 B 46.16 - ZfBR 2017, 471; U.v. 19.04.2012 - 4 C 10.11 - BauR 2012, 1626; BayVGH, B.v. 08.10.2020 - 1 ZB 17.2319 - BeckRS 2020, 26747; B.v. 13.05.2020 - 1 ZB 19.1663 - juris; B.v. 31.03.2020 - 1 ZB 19.1961 - juris).
35
Nach diesen Maßstäben ist deutlich ersichtlich, dass die geschotterte Parkfläche keinen Bebauungszusammenhang vermitteln kann, da sie zum einen nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dient und zum anderen nach dem im Rahmen der Ortseinsicht gewonnenen Eindruck nicht wie ein für die Siedlungsstruktur prägendes, hinreichend gewichtiges Element wirkt.
36
Soweit klägerseits vorgetragen wird, das bereits beseitigte Gewächshaus mit Nebengebäude für die Heizungsanlage auf Fl.Nr. 42/10 entfalte eine prägende Nachwirkung, die einen Bebauungszusammenhang herstellen könne, steht einer solchen Argumentation bereits entgegen, dass im Außenbereich privilegierte Bauwerke zwar grundsätzlich zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles beitragen können (BVerwG, B.v. 02.04.2007 - 4 B 7/07 - juris), jedoch nur, wenn sie dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, was bei dem Gewächshaus und der dazugehörigen Heizungsanlage nicht der Fall ist (VG München, U.v. 17.06.2013 - M 8 K 12.3424 - IBRRS 2014, 0776). Ob nach der Verkehrsauffassung überhaupt noch mit einer Wiederbebauung zu rechnen ist, kann daher dahinstehen (zu den Voraussetzungen einer nachwirkenden Prägung: BayVGH, B.v. 12.05.2017 - 15 ZB 16.1568 - BeckRS 2017, 111609).
37
Schließlich nimmt das Klägergrundstück auch nicht aufgrund topografischer Besonderheiten ausnahmsweise am Bebauungszusammenhang teil. Es fehlt an einer markanten und auf Dauer angelegten Trennlinie, einem begrenzenden Geländehindernis, durch das eine Bebauung dieser Teilfläche vorgezeichnet wäre (BayVGH, B.v. 10.01.2013, a.a.O.; VG Ansbach, U.v. 24.07.2014, a.a.O.).
38
Wie der Augenschein ergab, liegen derartige topographische Besonderheiten nicht vor. Die mit einem Abstand von etwa einem halben Meter parallel zur südlichen Grenze des Klägergrundstücks verlaufende, aus elf Nadelbäumen bestehende Bepflanzung verschiebt die Grenze des Innenbereichs nicht, da sie jederzeit beseitigt werden könnte (VG Ansbach, U.v. 24.07.2014, a.a.O.). Auch die sich auf dem Klägergrundstück befindliche Aufschüttung - ein wohl seit mehreren Jahrzehnten vorhandener, mit Unkraut bewachsener Erdhügel nahe der westlichen Grundstücksgrenze - stellt keine auf Dauer angelegte Trennung zwischen Innen- und Außenbereich dar. Die Aufschüttung formt schon keine klare, markante Linie. Vielmehr erstreckt sie sich in wechselnder Breite und Höhe auf dem Klägergrundstück, ohne dass ein definierter Verlauf erkennbar ist. Die Aufschüttung zieht sich auch nicht über die volle Länge des Klägergrundstücks. Nach dem Eindruck des Augenscheins ist der bewachsene Erdhügel zudem nicht derart markant, dass er das Klägergrundstück ausnahmsweise noch am Eindruck der baulichen Geschlossenheit teilnehmen ließe. Darüber hinaus ist die Aufschüttung - mag sie auch wie klägerseits vorgetragen seit 60 bis 70 Jahren bestehen - nicht auf Dauer angelegt, da sie jederzeit beseitigt werden könnte.
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Die im Westen liegende Lärmschutzwand entlang der Bahnlinie ist vom Ortsrand und dem klägerischen Grundstück derart weit entfernt, dass sie den an sie angrenzenden Grundstücken ebenfalls nicht den Eindruck einer sich zur Bebauung anbietenden Baulücke gibt (vgl. auch VG Ansbach, U.v. 22.01.2020 - AN 9 K 18.01437 - juris).
40
Damit verbleibt es bei dem Grundsatz, dass am Ortsrand der Bebauungszusammenhang hinter dem letzten Gebäude endet und somit das streitgegenständliche Grundstück Fl.Nr. 42/10 dem Außenbereich zuzuordnen ist.
41
Das nichtprivilegierte Außenbereichsvorhaben ist bauplanungsrechtlich unzulässig, da es öffentliche Belange beeinträchtigt, § 35 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 5, Nr. 7 BauGB: Die Errichtung des Einfamilienhauses mit zwei Stellplätzen würde den funktionalen Landschaftsschutz beeinträchtigen (1.) sowie die Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen (2.). Dass für das Vorhabensgrundstück im Jahr 1976 Erschließungsbeiträge erhoben wurden, ist für diese bauplanungsrechtliche Betrachtung nicht von Bedeutung (3.).
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1. Das geplante Bauvorhaben beeinträchtigt die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert, mithin den öffentlichen Belang des funktionalen Landschaftsschutzes (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB).
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§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB hat - neben dem ästhetischoptischen Schutzzweck - auch den funktionalen Landschaftsschutz zum Gegenstand. Dieser ist vor allem dann beeinträchtigt, wenn ein Vorhaben der naturgemäßen Nutzungsweise der Landschaft widerspricht und deshalb am vorgesehenen Standort wesensfremd ist (BayVGH, B.v. 21.11.2002 - 14 B 96.305 - juris).
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Durch diese Vorschrift soll der Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung für die Allgemeinheit erhalten werden. Deshalb sollen bauliche Anlagen abgewehrt werden, die der Landschaft wesensfremd sind oder der Allgemeinheit die Möglichkeit der Erholung entziehen. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob es sich um eine besonders reizvolle Landschaft mit besonderer Schutzbedürftigkeit oder gesteigertem Erholungswert handelt (BayVGH, U.v. 13.10.2000 - 2 B 96.1246 - juris). Selbst das Vorhandensein in der Nähe gelegener Bebauung lässt keine andere Beurteilung zu, denn eine vereinzelte Abweichung - wie etwa die Bebauung des Grundstücks Fl.Nr. 42/12 - beraubt die Landschaft nicht ihrer natürlichen Funktion (BayVGH, B.v. 21.11.2002, a.a.O.; VG Ansbach, U.v. 12.05.2016 - AN 3 K 16.00283 - BeckRS 2016, 46578).
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Das vom Kläger geplante Einfamilienhaus mit zwei Stellplätzen ist als nicht gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes Vorhaben der umgebenden freien Landschaft nicht wesensgemäß und beeinträchtigt daher ihre natürliche Eigenart. Nach dem im Rahmen des Ortstermins gewonnenen Eindruck von der Umgebung des Vorhabensgrundstücks ist insbesondere trotz der bereits vorhandenen Bauwerke durchaus noch eine in ihrem Wesen schützenswerte Landschaft von nicht unwesentlicher Fläche vorhanden, deren natürliche Eigenart beeinträchtigt werden würde.
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2. Des Weiteren ist zu befürchten, dass das streitgegenständliche Bauvorhaben die Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung zur Folge hätte, § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB.
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Eine ausufernde Bebauung mit der Entwicklung unorganischer Siedlungsstrukturen (unerwünschte Splittersiedlung) im Außenbereich soll durch § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB verhindert werden. Dieser Grundsatz kann jedoch nicht ausnahmslos der Errichtung nichtprivilegierter Gebäude im Außenbereich entgegengehalten werden, da andernfalls § 35 Abs. 3 BauGB zu einem gesetzlich nicht beabsichtigten generellen Bauverbot führen würde. Eine Ausnahme kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das streitgegenständliche Bauvorhaben in eine organische Beziehung zu einer bereits vorhandenen Bebauung tritt, die selbst keine unerwünschte Splittersiedlung darstellt (BVerwG, U.v. 26.05.1967 - IV C 25/66 - BVerwGE 27, 137; BayVGH, B.v. 12.10.1999 - 14 B 94.2945 - BeckRS 1999, 18881).
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Das ist bei dem vom Kläger geplanten Wohngebäude jedoch nicht der Fall. Es würde die auf dem nördlich angrenzenden Grundstück endende Bebauung noch weiter nach Süden verschieben und zu einer weiteren Zersiedelung des Außenbereichs am Ortsrand führen. Die vom Kläger geplante Bebauung eröffnet nicht nur die bloße Möglichkeit, dass sich dem Bauvorhaben in späterer Zeit weitere Gebäude anschließen. Vielmehr würde die Ausführung des klägerischen Vorhabens den bereits begonnenen Vorgang der zu missbilligenden Zersiedelung fortsetzen.
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3. Für diese baurechtliche Betrachtung ist ohne Belang, dass vom Rechtsvorgänger des Klägers mit Bescheid der Beigeladenen vom 26. Februar 1976 Erschließungsbeiträge erhoben wurden und dabei von einer Erschließung der streitgegenständlichen Teilfläche von 500 qm ausgegangen wurde. Diese erschließungsbeitragsrechtliche Betrachtungsweise ist - unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides - nicht geeignet, verbindliche Feststellungen für die bauplanungsrechtliche Einordnung des Grundstücks zu treffen oder das Gewicht öffentlicher Belange zu mindern, die durch Außenbereichsvorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beeinträchtigt werden (BVerwG, U.v. 25.01.1985 - 4 C 29/81 - NVwZ 1985, 747; VG Ansbach, U.v. 11.07.2001 - AN 18 K 01.00405 - BeckRS 2001, 27712).
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4. Nach alledem ist das geplante Bauvorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig und der beantragte Vorbescheid bereits aus diesem Grund zu versagen. Auf die weitere im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens gestellte Frage der Erschließungssituation des Grundstücks kommt es daher nicht an.
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Die Klage war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da sich die Beigeladene nicht durch eigene Antragstellung am Prozesskostenrisiko beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, § 162 Abs. 3 VwGO.