Titel:
Mindestnotenkriterium als konstitutive Voraussetzung für Bewerbung in den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2
SGB IX § 165 S. 4
DRiG § 5 Abs. 1
BLV § 21 Abs. 2
Leitsätze:
1. In einer Stellenausschreibung können eine bestimmte Mindestnote oder andere besondere Qualifikationen gefordert werden, um schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung anhand bestimmter Kriterien als ungeeignet angesehene Bewerber aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber auszuschließen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Eingrenzung des Bewerberkreises durch ein Mindestnotenerfordernis als Eignungskriterium verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, da dieses Freiheitsrecht keine Ansprüche des Klägers statuiert, die über diejenigen aus Art. 33 Abs. 2 GG hinausgehen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Regelung einer Mindestnote als Eignungskriterium unterliegt nicht dem Parlamentsvorbehalt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Recht der Bundesbeamten, Einstellungskonkurrenz, höherer nichttechnischer Verwaltungsdienst, Zulassung zum Auswahlverfahren, Bestenauslese, Mindestnotenniveau Staatsexamen, Parlamentsvorbehalt, keine (durchgreifende) Ungleichbehandlung zulasten der Klagepartei
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 16.02.2022 – 6 ZB 21.193
Fundstelle:
BeckRS 2020, 55236
Tenor
1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Zulassung zum Auswahlverfahren der Beklagten über die Einstellung von Volljuristinnen und Volljuristen in die Laufbahn des höheren nichttechnischen Verwaltungsdienstes des Bundes.
2
Der am … geborene Kläger hat die Erste Juristische Staatsprüfung am … 2007 mit der Prüfungsgesamtnote „ausreichend (5,30)“ und die Zweite Juristische Staatsprüfung am … 2010 mit der Prüfungsgesamtnote „ausreichend (5,32)“ bestanden. Er steht seit … 2016 als Beamter im gehobenen Dienst der Beklagten und ist beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge tätig.
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Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) schrieb unter der Kennziffer … für seinen Geschäftsbereich und nachfolgende Geschäftsbereichsbehörden mehrere Stellen für Volljuristinnen und Volljuristen für eine Einstellung in die Laufbahn des höheren nichttechnischen Verwaltungsdienstes des Bundes aus. Ausweislich des Anforderungsprofils wird für eine Bewerbung der Abschluss des Ersten und Zweiten Juristischen Staatsexamens mit mindestens der Note befriedigend gefordert. Es müsse in beiden juristischen Staatsexamina zusammen mindestens die Gesamtpunktzahl von 13 Punkten erreicht worden sein. Zum Bewerbungsverfahren wurde ausgeführt, dass neben der favorisierten Behörde auch bis zu zwei weitere Behörden angegeben werden können.
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Mit E-Mail vom 2. August 2019 teilte das Bundesverwaltungsamt dem Kläger mit, dass seine Bewerbung im Auswahlverfahren keine Berücksichtigung finden konnte, da er nicht über zwei juristische Staatsexamina mit mindestens einer Gesamtpunktzahl beider Staatsexamina von zusammen 13 Punkten verfüge.
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Hiergegen erhob der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 15. August 2019 Widerspruch. Zu dessen Begründung trug der Klägerbevollmächtigte vor, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers verletzt sei. Der Ausschluss des Klägers aus dem Bewerbungsverfahren sei nicht zulässig, weil es sich bei dem Einzelkriterium der Gesamtpunktzahl von 13 Punkten in beiden juristischen Staatsexamina vorliegend um ein sachfremdes, fehlerhaftes Anforderungskriterium handele. Schon die öffentliche Ausschreibung sei daher formal fehlerhaft gewesen. Der Kläger sei Beamter in der Laufbahn des gehobenen Dienstes und verfolge das Ziel einer Beförderung in ein Amt des höheren Dienstes. Die streitige Ausschreibung ziele wohl in erster Linie auf Berufsanfänger ab, die an einer Prüfungsnote gemessen werden könnten. Bei Volljuristen, die sich bewährt hätten, sei jedoch auf zusätzliche Kriterien zur Einschätzung der fachlichen Leistung wie etwa dienstliche Beurteilungen oder Leistungsprämien abzustellen. Für den Kläger als verbeamteten Volljuristen im gehobenen Dienst läge an sich ein Aufstieg in die Laufbahn des höheren Dienstes nach § 24 BLV nahe, den das Ministerium allerdings ausschließe. Verbeamtete Volljuristen im gehobenen Dienst würden ausschließlich auf das sogenannte juristische Auswahlverfahren (JAV) verwiesen, dort würde ausnahmslos das Anforderungskriterium von mindestens 13 Punkten in beiden juristischen Staatsexamina gelten. Aufgrund dieser Verfahrensweise des Bundesministeriums des Innern bzw. des BAMF stehe beim BAMF im gehobenen Dienst verbeamteten Volljuristen keine andere Möglichkeit offen als mit Bewerbern für die Ersteinstellung um Stellen im höheren Dienst zu konkurrieren. Auch der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats des BAMF sehe diese Situation als kritisch an. Hochmotivierte und leistungsstarke Volljuristen des gehobenen Dienstes beim BAMF hätten keinerlei berufliche Perspektive und seien in einer Sackgasse gelandet. Das starre Kriterium der Mindestpunktzahl in den juristischen Staatsexamina wirke wie eine subjektive Zulassungsvoraussetzung gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf Art. 12 GG. Zudem widerspreche es klar der inhaltlich eindeutigen Vorschrift des § 21 Abs. 2 BLV. Mit Befähigung zum Richteramt besitze man die Laufbahnbefähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst. Von einer Mindestpunktzahl sei dort nicht die Rede. Der Kläger habe einen Anspruch auf Zulassung zum Auswahlverfahren, Examensergebnisse seien im Rahmen der durchzuführenden Bestenauslese zwar bedeutsam, sie schlössen aber keinesfalls weitere maßgebliche Auswahlkriterien aus. Auch die Verwaltungspraxis beim BAMF dahingehend, dass viele Referentenstellen des höheren Dienstes mittlerweile mit nichtjuristischen Akademikern besetzt würden, zeige, dass das starre Kriterium der Mindestpunktzahl jedenfalls überholt sei. Nichtjuristische Akademiker seien über das Aufstiegsverfahren des § 24 BLV auf diese Referentenstellen gelangt. Die Verwaltungstätigkeit des BAMF sei allerdings überwiegend rechtlich geprägt. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, dass nichtjuristisch ausgebildete Akademiker als Referenten den Volljuristen im gehobenen Dienst vorgezogen würden. Volljuristen des gehobenen Dienstes würden damit gegenüber anderen Bewerbern ungleich behandelt, die Zugangsvoraussetzungen zu Ämtern des höheren Dienstes würden verzerrt. Der Kläger verfüge über fundiertes Fachwissen und einen reichen praktischen Erfahrungsschatz im Ausländer- und Asylrecht, sei … Muttersprachler und damit besonders geeignet für einen Einsatz auf einer Referentenstelle beim BAMF. Außerdem habe er sich seit Beginn des Jahres 2016 beim BAMF hervorragend bewährt. Ihm seien durchgängig Leistungsprämien von seinem Dienstherrn gewährt worden, durch die sein weit überdurchschnittlicher Einsatz vom BAMF honoriert worden sei. Auch seine dienstlichen Beurteilungen seien dementsprechend überdurchschnittlich ausgefallen. Zudem sei der Kläger im zweiten Halbjahr 2017 befristet als Führungsunterstützung/Referent im Referat … eingesetzt worden, daher sei ihm auch der Aufgaben- und Tätigkeitsbereich eines Referenten beim BAMF bestens vertraut. Der Aufstieg des Klägers innerhalb von nicht einmal vier Jahren seit Beginn der Aufnahme seiner Tätigkeit beim BAMF zeuge vom Vorliegen einer gereiften, pflichtbewussten und starken Führungspersönlichkeit. Der Kläger habe weit überdurchschnittlichen Einsatz und Engagement bewiesen und scheue die Übernahme von Verantwortung nicht. Er erfülle damit sämtliche Punkte des Anforderungsprofils der streitigen Stellenausschreibung mit Ausnahme der Gesamtpunktzahl hinsichtlich der Staatsexamina.
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Ein am 15. August 2019 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach unter dem Az. AN 16 E 19.01581 anhängig gemachtes Verfahren zum Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO wurde aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten beendet, nachdem die Beklagte sich bereit erklärt hatte, eine ausgeschriebene Stelle für Volljuristinnen und Volljuristen (Kennziffer: …*) nicht zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Klägers in der Hauptsache bestandskräftig entschieden ist.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2020 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte in den Gründen hierzu in rechtlicher Hinsicht aus, dass der Widerspruch zwar zulässig, aber unbegründet sei. Die Ablehnung der Bewerbung des Klägers sei recht- und zweckmäßig. Zunächst sei zu berücksichtigen, dass sich das Auswahlverfahren des BMI nicht ausschließlich auf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bezogen habe, sondern auf das Ministerium selbst und neun seiner Geschäftsbereichsbehörden. Der Kläger selbst habe sich für drei Behörden beworben, 1. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2. Bundespolizei, 3. Bundesamt für Verfassungsschutz. Die Bewerbung des Klägers sei bereits in der Erstbewertung durch das Bundesverwaltungsamt abgelehnt worden, weil der Kläger in seinen Staatsexamina insgesamt 10,62 Punkte und damit nicht die erforderliche Gesamtnote von 13 Punkten vorweisen habe können. Er sei deshalb nicht in das weitere Auswahlverfahren einbezogen worden. Die Erfüllung des Anforderungsprofils sei Voraussetzung für die Teilnahme am Auswahlverfahren. Das vorliegende Anforderungsprofil der zu besetzenden Stellen sei angemessen und gewährleiste eine Auswahl- und Besetzungsentscheidung nach dem Prinzip der Bestenauslese, da die Fähigkeiten der Bewerbenden an den aufgestellten Kriterien gemessen worden seien, um dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gerecht zu werden. Dabei sei die Vorgabe einer Mindestnote in den Staatsexamina im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG zulässig, da die Prüfungsnote ein ausschließlich sachliches Kriterium sei zur geeigneten Beurteilung der fachlichen Eignung. In einem Auswahlverfahren seien alle Bewerbende an denselben Maßstäben zu messen, eine Berücksichtigung zusätzlicher Kriterien bei internen Bewerbenden würde eine nicht vertretbare Ungleichbehandlung zu Lasten externer Bewerbender darstellen. Das streitgegenständliche Anforderungsprofil verlange gerade keine Berufserfahrung, es seien Berufsanfänger für eine Ersteinstellung im Bundesdienst gesucht worden. Wenn sich auch berufserfahrene interne Bewerber für diese Stellen interessieren, müssten sie sich an denselben Kriterien messen lassen wie externe Bewerber. Auch wenn mit dem Bestehen des Zweiten Juristischen Staatsexamens die Befähigung zum Richteramt erworben werde, könne der Dienstherr ein Anforderungsprofil festlegen, welches nicht alle Volljuristen, sondern nur solche ab einer bestimmten Examensnote erfasse. Dies stelle eine sachliche Einschränkung des Bewerberkreises dar, um die ausgeschriebene Stelle aus dem Kreis der besten Absolventen des Staatsexamens zu besetzen. § 21 Abs. 2 BLV stehe der Einengung des Bewerberkreises mittels Notenvorgabe nicht entgegen, da diese Vorschrift lediglich die Laufbahnbefähigung, aber keinerlei Aussage zur Ausgestaltung und Anforderungen eines Auswahlverfahrens für zu besetzende Stellen treffe. Es stehe dem Dienstherrn frei, den Kreis potenzieller Bewerber durch die Aufstellung eines Anforderungsprofils für die ausgeschriebenen Stellen zusätzlich zu den durch die Laufbahnvorschriften allgemein aufgestellten Voraussetzungen einzuengen. Eine solche Einengung liege in seinem organisatorischen Ermessen. Bei konstitutiven Anforderungen müssten diese zwingend erfüllt sein, um am Bewerberauswahlverfahren teilnehmen zu können. Es gehe im vorliegenden Auswahlverfahren auch nicht um die Prüfung der Frage, welche Personalentwicklungsmöglichkeiten ein Volljurist im gehobenen Dienst generell beim BAMF habe oder haben sollte. Rein vorsorglich werde aber darauf hingewiesen, dass auch bei einem Aufstiegsverfahren nach § 24 BLV der Dienstherr berechtigt wäre, eine bestimmte Mindestpunktzahl im Staatsexamen zu verlangen; dies gelte bereits deshalb, weil Bewerberinnen und Bewerber nicht gegenüber externen Ausschreibungen bessergestellt werden dürften. Die behauptete Verwaltungspraxis, die den Zugang nichtjuristischer Akademiker zu Stellen im höheren Dienst betreffe, beziehe sich nicht auf das streitgegenständliche Auswahlverfahren, mit dem ausschließlich Volljuristen gesucht würden. Mangels erreichter Mindestpunktzahl in den beiden Staatsexamina seien weitere Eignungsvoraussetzungen nicht mehr zu prüfen gewesen. Insbesondere stelle das Anforderungsprofil nicht auf Berufserfahrung ab. Der Kläger könne auch nicht als schlichter Beförderungsbewerber betrachtet werden. Es würden nicht die für Beförderungen entwickelten Grundsätze gelten, denn dienstliche Beurteilungen seien insoweit nur im Binnensystem eines Dienstherrn aussagekräftig. Zudem seien Beurteilungen aus dem gehobenen Dienst nur eingeschränkt für die Bewertung der Eignung in einem Auswahlverfahren im höheren Dienst berücksichtigungsfähig. Im Übrigen sei bei einem Abstellen auf berufliche Leistungen jedenfalls für jeden Bewerber eine dienstliche Beurteilung oder aussagekräftige Leistungseinschätzung zu erstellen, dies sei allerdings bei Berufsanfängern gar nicht möglich. Deshalb habe zulässigerweise auf andere Auswahlkriterien abgestellt werden dürfen. Auch die Behauptungen zur Personalgewinnung der Beklagten dringen nicht durch. Es handle sich vorliegend um eine öffentliche Ausschreibung, würden sich interne Bewerber auf diese bewerben, seien ihre Bewerbungen gleichermaßen auf das Vorliegen der Anforderungskriterien zu prüfen wie die Bewerbungen externer Bewerber. Die Nichtberücksichtigung des Klägers stelle sich auch nicht als ermessensfehlerhaft dar, da keine Anhaltspunkte für einen bewussten Ausschluss aus dem Bewerbungsverfahren vorlägen. Vielmehr sei die Mindestnote im Anforderungsprofil als sachlicher Grund für die Beschränkung des Bewerberkreises rechtmäßig. Das Ermessen sei auch nicht durch die Verwaltungspraxis der Beklagten gebunden worden, da die vom Kläger angeführten Verfahren keine Relevanz hätten bzw. nicht vergleichbar seien.
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Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. März 2020, per Telefax beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am selben Tag, hat der Kläger Klage erhoben gegen die Ablehnung seiner Bewerbung im Stellenbesetzungsverfahren mit der Kennziffer … Zur Klagebegründung verweisen die Prozessbevollmächtigten auf ihr Vorbringen im Verfahren AN 16 E 19.01581 sowie im Widerspruchsverfahren. Ergänzend führen sie aus, dass keinesfalls von einer Ausschreibung des BMI für alle Geschäftsbereichsbehörden auszugehen sei, sondern von einer speziellen Ausschreibung des BAMF. Daher sei speziell die dortige Situation in den Blick zu nehmen und zu bewerten. Die Praxis des BAMF zur Besetzung von Referentenstellen sei nicht nachvollziehbar. Von einer Bestenauslese und einer am Leistungsprinzip angelehnten Auswahl von Bewerbern könne schlicht nicht mehr gesprochen werden. Es sei auch im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG eine Gesamtbetrachtung der Aufstiegssituation von Volljuristen des gehobenen Dienstes beim BAMF notwendig, auch wenn es vordergründig vorliegend nur um eine Ausschreibung im juristischen Auswahlverfahren gehe. Die Einstellungspraxis sei schließlich auch verfassungswidrig, weil die isolierte Forderung einer Mindestnote bei Volljuristen, während bei nichtjuristischen Akademikern nur ein Hochschulabschluss verlangt werde, als wesentlicher, grundrechtsrelevanter Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG zu werten sei, der durch Parlamentsgesetz geregelt werden müsste. Die Anforderung der streitigen Mindestpunktzahl sei jedoch vorliegend nicht einmal in einer Verwaltungsvorschrift geregelt. Weiter sei das Kriterium einer Mindestnote von 13 Punkten als subjektive Berufswahlbeschränkung oder jedenfalls Berufsausübungsbeschränkung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen. Vernünftige Gemeinwohlerwägungen dafür, den Zugang von Volljuristen des gehobenen Dienstes ohne Mindestnote zu Referentenstellen des höheren Dienstes zu verhindern, nichtjuristischen Akademikern jedoch Zugang auch ohne Mindestnote zu ermöglichen, seien schlicht nicht ersichtlich. Andere Ressorts der Bundesverwaltung, etwa das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, würden eine solche Mindestpunktzahl auch nicht fordern. Es könne auch nicht angehen, dass schwerbehinderte Volljuristen ohne Erreichen der Mindestpunktzahl zum Auswahlverfahren oder Aufstieg gemäß § 24 BLV zugelassen würden. Diese würden damit aus sachfremden Gründen bevorzugt.
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Der Kläger beantragt zuletzt,
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 2. August 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19. Februar 2020 verpflichtet, den Kläger zur Teilnahme am Auswahlverfahren hinsichtlich der unter der Kennziffer … vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ausgeschriebenen Stellen für Volljuristinnen und Volljuristen zuzulassen.
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Die Beklagte beantragt,
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Zur Klageerwiderung wiederholte die Beklagte im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2020. Soweit der Klägerbevollmächtigte eine Ausschreibung vorlege, die er dem BAMF zuordne, handle es sich um dieselbe Ausschreibung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat unter der Kennziffer …, lediglich in verschiedenen Formaten. Da der Kläger schließlich nicht schwerbehindert sei, könne er sich auch nicht auf eine Ungleichbehandlung gegenüber schwerbehinderten Bewerbern nach Art. 3 Abs. 1 GG berufen. Die Ausführungen des Klägers zu § 24 BLV gingen am Streitgegenstand vorbei, außerdem sei diese Vorschrift auf Volljuristen bereits nicht anwendbar.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Gerichtsakte zum Verfahren AN 16 E 19.01581, die Gerichtsakte AN 16 K 20.00549 und die Behördenakten Bezug genommen. Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe
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1. Die zulässige Klage ist unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Zulassung zum Auswahlverfahren der Beklagten im Rahmen der Stellenausschreibung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat unter der Kennziffer … hat. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 2. August 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19. Februar 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Das in Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 Satz 1 BBG statuierte Leistungsprinzip, welches für sämtliche Ernennungen gilt, dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes und vermittelt zum anderen Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Art. 33 Abs. 2 GG begründet einen Anspruch des Bewerbers, dass über seine Bewerbung in fehlerfreier Weise entschieden und sie nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (vgl. BVerwGE 124, 99 - NVwZ 2006, 212). Wird dieses subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Einstellung, Beförderung oder Vergabe des begehrten Dienstpostens; der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 - NJW 2008, 194). Die Prognoseentscheidung über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung erfolgt in der Auslegung und Anwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe, bei denen dem Dienstherrn ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht. Das Gericht kann nur überprüfen, ob der Dienstherr die Begriffe Eignung, Befähigung und fachliche Leistung verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Tatbestand ausgegangen ist, ob er das vorgeschriebene Verfahren eingehalten hat, ob er allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (BVerwG, U.v. 13.5.1965 - II C 146/62 - juris Rn.40; BVerfG, B.v. 20.9. 2016 - 2 BvR 2453/15 - juris Rn. 18).
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b) Nach diesen Maßgaben erweist sich die Ablehnung der Bewerbung des Klägers durch die Beklagte als rechtsfehlerfrei und verletzt den Kläger nicht in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG. Denn der Kläger erfüllt das von der Beklagten geforderte, rechtlich nicht zu beanstandende Mindestnotenkriterium von 13 Punkten in der Summe beider Staatsexamina deutlich nicht. Er erzielte in der Ersten und Zweiten Juristischen Staatsprüfung in der Summe lediglich eine Punktzahl von 10,62.
16
aa) Die Beklagte durfte die Einstellung in den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes rechtsfehlerfrei an die notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung knüpfen, dass Bewerber in der Ersten und Zweiten Juristischen Staatsprüfung ein bestimmtes Mindestnotenniveau erreicht haben. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass in einer Stellenausschreibung eine bestimmte Mindestnote oder andere besondere Qualifikationen in zulässiger Weise gefordert werden können, um schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung anhand bestimmter Kriterien als ungeeignet angesehene Bewerber aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber auszuschließen (BVerwG, B.v. 14.11.1986 - 2 B 123.86 - juris Rn. 5; U.v. 3.3.2011 - 5 C 16.10 - juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 7.5.2019 - 3 ZB 17.557 - juris Rn. 6; OVG NRW - B.v. 12.11.2019 - 1 A 1112/17 - juris Rn. 8; B.v. 16.7.2020 - 1 A 438/18 - juris Rn. 19 ff., VG Ansbach, U.v. 17.1.2017 - AN 1 K 16.00995 - juris Rn. 35 ff.). Ein Spielraum des Dienstherrn zur Festlegung des Anforderungsprofils besteht jedoch nur insoweit, als das Prinzip der Bestenauslese für die zu besetzenden Stellen gewährleistet ist. Das Anforderungsprofil muss jedenfalls diskriminierungsfrei und der zu besetzenden Stelle angemessen sein. Bei einem rechtmäßigen Anforderungsprofil werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber an den aufgestellten Kriterien gemessen. Um dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gerecht zu werden, darf und soll die Beklagte zur Besetzung der Stellen ihres höheren Dienstes höhere Anforderungen stellen als lediglich die zum Bestehen der juristischen Staatsprüfungen geforderte Mindestnote. Die Vorgabe einer solchen Mindestnote ist gemessen am Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG zulässig, weil die Prüfungsnote als ausschließlich sachliches Kriterium geeignet ist, die fachliche Eignung zu beurteilen. Mit der Festlegung einer solchen Notenuntergrenze übt der Dienstherr den ihm zustehenden Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Eignung der Bewerber in typisierender Weise aus. Dem liegt die nicht zu beanstandende Annahme zugrunde, dass eine oberhalb der festgesetzten Grenze liegende Benotung in der Regel auf eine bessere Qualifikation hindeutet als eine Benotung, die die Grenze nicht überschreitet, weil die in dieser Prüfung erzielte Gesamtnote für die im Rahmen der Bestenauslese erforderliche Beurteilung der fachlichen und persönlichen Eignung der Bewerber besonders aussagekräftig ist.
17
bb) Die Eingrenzung des Bewerberkreises durch ein Mindestnotenerfordernis als Eignungskriterium verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, da dieses Freiheitsrecht keine Ansprüche des Klägers statuiert, die über diejenigen aus Art. 33 Abs. 2 GG hinausgehen (BVerfG, B.v. 28.2.2007 - 2 BvR 2494/06 - juris Rn. 14). Denn das grundrechtsgleiche Recht des Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistet das Maß an Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG), welches angesichts der von der jeweils zuständigen öffentlichrechtlichen Körperschaft zulässigerweise begrenzten Zahl von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst möglich ist. Die freie Berufswahl wird mithin nach Maßgabe der staatlichen Organisationsgewalt eingeschränkt bzw. besteht nur in deren Rahmen (Scholz in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 91. EL April 2020, Art. 12 Rn. 212). Funktionell gilt das Gleiche für das Verhältnis von freier Berufsausübung und öffentlicher Diensttätigkeit. Deshalb ist allein das Gleichheitsrecht des Art. 33 Abs. 2 GG und nicht das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG maßgebend; eine Ausnahme bildet lediglich - hier nicht betroffenes - ausschließlich im öffentlichen Dienst angesiedeltes Ausbildungsrecht. Die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Bewerbung des Klägers ist mithin maßgeblich am Prinzip der Bestenauslese zu bewerten (Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 44. Auflage, Stand: 15.8.2020 - Art. 12 GG Rn. 43; OVG Münster, B.v. 16.7.2020 - 1 A 438/18 - juris Rn. 8).
18
cc) Die Regelung einer Mindestnote als Eignungskriterium für die Einstellung in den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst der Beklagten unterliegt auch nicht dem Parlamentsvorbehalt. Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip verpflichten den Gesetzgeber dazu, für die Grundrechtsverwirklichung maßgebende Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen, wobei wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte Regelungen sind, die insoweit erhebliche Bedeutung haben und sie besonders intensiv treffen. Über die Festlegung einer Mindestnote wird der Grundsatz der Bestenauslese aus Art. 33 Abs. 2 GG allerdings bereits nicht eingeschränkt, sondern lediglich im Sinne einer Grenzziehung konkretisiert. Die Note stellt ein ausschließlich sachliches Kriterium zur Beurteilung der fachlichen Eignung eines Bewerbers dar, welches die Beklagte rechtsfehlerfrei in der Stellenausschreibung zum hier streitigen Einstellungsverfahren aufstellen durfte (ebenso OVG NRW, B.v. 16.7.2020 - 1 A 438/18 - juris Rn. 13 ff.).
19
dd) Der Dienstherr darf das hier streitige Mindestnotenkriterium schließlich auch vor dem Hintergrund der Berufserfahrung des Klägers als Beamter im gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes fordern, ohne dabei den ihm zustehenden Einschätzungsund Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Eignung der Bewerber zu überschreiten. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat sucht mit der streitgegenständlichen Stellenausschreibung Volljuristinnen und Volljuristen für eine Einstellung in den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst. Die Ausschreibung richtet sich ausweislich ihres Wortlautes zuvorderst an Bewerber, die eine Einstellung in den Bundesdienst anstreben. Das BMI und seine Geschäftsbereichsbehörden bieten eine Verbeamtung in die Laufbahn des höheren nichttechnischen Verwaltungsdienstes oder eine unbefristete Einstellung in die Entgeltgruppe E 13 TVÖD Bund. Daneben sind auch Beamtinnen und Beamte bis zur BBesGr. A 14 bewerbungsberechtigt. Sie müssen als Versetzungsbewerber die geforderte Mindestnote von 13 Punkten in der Summe beider juristischer Staatsexamina jedoch ebenso nachweisen wie neu einzustellende Bewerber. Die Ausschreibung setzt weiter keinerlei Berufserfahrung voraus, sondern richtet sich zuvorderst an Berufsanfänger. Das Einstellungskonzept der Beklagten, alle Bewerber einzubeziehen und dabei einheitlich auf die in den beiden juristischen Staatsexamina erzielten Ergebnisse abzustellen, erweist sich deshalb als sachgerecht. Denn insbesondere beim Fehlen vorheriger praktisch erbrachter fachlicher Leistungen bietet diese Note eine diskriminierungsfreie fachliche Eignungsvoraussetzung. Der gewählte Vergleichsmaßstab bleibt auch aussagekräftig, wenn manch Bewerbender berufliche Erfahrungen vorweist (ebenso OVG Koblenz, B.v. 11.7.2000 - 2 B 11038/00.OVG - juris Rn. 4). Weiter durfte das BMI dabei bestimmen, dass eine Gesamtnote, die die Mindestpunktzahl von 13 Punkten in beiden juristischen Staatsexamina unterschreitet, bei der zulässigen typisierenden Betrachtung längerfristig eine belastbare Aussage über die mangelnde fachliche und persönliche Eignung trifft. Im hier zu entscheidenden Fall zwingt die mehrjährige Berufserfahrung des Klägers die Beklagte bereits deshalb zu keiner anderen Bewertung, weil der Kläger diese nach Abschluss der Zweiten Juristischen Staatsprüfung nicht im höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes, sondern im gehobenen Dienst gesammelt hat.
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Die nachträglich erworbenen beruflichen Fähigkeiten des Klägers sind damit schon nicht gleichwertig. Vielmehr lassen die in einer niedrigeren Laufbahngruppe gezeigten Leistungen des Klägers nur bedingt Schlüsse auf seine Eignung für ein Amt einer höheren Laufbahngruppe zu. Zudem konnte der Kläger dort ersichtlich eindeutig keine eignungsrelevanten fachlichen und persönlichen Komponenten in derselben Qualität erwerben, wie sie regelmäßig durch das Erreichen einer Mindestnote in der für den höheren Dienst befähigenden Zweiten Juristischen Staatsprüfung belegt werden (zu Berufserfahrung im höheren Dienst: OVG NRW, B.v. 12.11.2019 - 1 A 1112/17 - juris Rn. 23). Anhaltspunkte dafür, dass sich einzig die Möglichkeit eines Ausgleichs nicht hinreichender Examensnoten durch später erworbene vergleichbare berufliche Fähigkeiten als beurteilungsfehlerfrei erweist, hat der Kläger somit weder vorgebracht noch sind sie sonst ersichtlich. Der Dienstherr durfte bei seiner Vorauswahl maßgeblich auf die in den Jahren 2007 und 2010 erzielten Ergebnisse des Klägers in den beiden juristischen Staatsexamina abstellen. Eine Schlechterstellung des Klägers als interner Bewerber gegenüber externen Bewerbern geht damit nicht einher. Die Beklagte misst vielmehr sämtliche Bewerber am hier streitigen Mindestnotenkriterium. Soweit der Kläger eine Zulassung zum Auswahlverfahren begehrt, obwohl er keine 13 Punkte in der Summe seiner Staatsexamina nachweisen kann, beansprucht er für sich eine Ausnahme von den allgemeinen Einstellungskriterien und erstrebt eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu seinen Gunsten.
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ee) Der Kläger hat auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine Diskriminierung vorgebracht. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten verletzt den Kläger nicht in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG.
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(1) Ausweislich einer anonymisierten Aufstellung bewarben sich neben dem Kläger 49 weitere Personen auf die unter der Kennziffer … ausgeschriebenen Stellen im Geschäftsbereich des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, von denen im Rahmen einer formalen Vorauswahl lediglich denjenigen eine formale Eignung zugesprochen worden ist, die in der Summe ihrer beiden Staatsexamina mindestens 13 Punkte erreicht haben. Die Beklagte hat die Eignung der Bewerber damit einheitlich an ihrem aufgestellten Mindestnotenkriterium gemessen. Sollte die Beklagte außerhalb des Geschäftsbereichs des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge schwerbehinderte Bewerber, die das geforderte Mindestnotenkriterium von 13 Punkten nicht erreichen, zum Auswahlverfahren zugelassen haben, begründet dieser Umstand keinen Anspruch des Klägers auf Zulassung zum Auswahlverfahren.
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Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt dem Kläger zwar einen Anspruch darauf, dass über seine Bewerbung fehlerfrei entschieden wird und diese nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind. Er kann damit sowohl geltend machen, selbst in rechtswidriger Weise benachteiligt worden zu sein, als auch eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung von Konkurrenten rügen. Indem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wohl aufgrund einer ministeriellen Weisung (E-Mail des …, Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, v. 29.9.2020) schwerbehinderte Bewerber zum juristischen Auswahlverfahren zulässt, ohne diese im Ansatz am Mindestnotenkriterium zu beurteilen, dürfte eine unzulässige Bevorzugung schwerbehinderter Konkurrenten naheliegen. Denn § 165 Satz 4 SGB IX entbindet öffentliche Arbeitgeber nicht von jedweder Eignungsprüfung, sondern regelt lediglich, dass eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bei offensichtlichem Fehlen der fachlichen Eignung entbehrlich ist. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Bewerber bei Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG jedoch nur dann eine neue Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl bei rechtsfehlerfreiem Verlauf ernsthaft möglich erscheint (vgl. etwa BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16.09 - juris Rn. 32; BVerfG, B.v. 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 - juris Rn. 19). Demgemäß vermag eine sachgrundlose Bevorzugung schwerbehinderter Bewerber keinen Klageerfolg zu begründen. Denn bei fehlerfreier Wiederholung der Vorauswahl durch die Beklagte scheitert die Bewerbung des Klägers am zulässigen Mindestnotenkriterium. Fehlerfrei müsste die Beklagte nämlich sämtliche, auch schwerbehinderte Bewerber hieran messen.
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(2) Dass die Beklagte die Zulassung zum Auswahlverfahren vorliegend an den Nachweis des Erreichens von mindestens 13 Punkten in der Summe beider juristischer Staatsexamina knüpft, stellt sich auch im Übrigen nicht als willkürlich dar.
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Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet das Begehren des Klägers auf Zulassung zum Auswahlverfahren der Beklagten hinsichtlich unter der Kennziffer … ausgeschriebenen Stellen für Volljuristinnen und Volljuristen. Eine ungerechtfertigte Bevorzugung nichtjuristischer Akademiker mit Masterabschlüssen gegenüber Volljuristen, die die geforderte Mindestnote nicht nachweisen können, ist im streitgegenständlichen Auswahlverfahren bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger dort lediglich mit anderen Volljuristinnen und Volljuristen konkurriert. Der klägerische Verweis auf andere Stellenausschreibungen erweist sich deshalb als unbehelflich. Auch der Einwand des Klägers, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge würden zahlreiche Referentenstellen des höheren Dienstes mit nichtjuristischen Akademikern besetzt, die an keiner Mindestnote gemessen würden, führt zu keiner Sachwidrigkeit des hier streitigen Mindestnotenkriteriums für Volljuristinnen und Volljuristen. Denn die Beklagte ist aus Gründen der Gleichbehandlung keineswegs verpflichtet, sämtliche Bewerber mit Hochschulabschlüssen an denselben Einstellungskriterien zu messen. Dass eine differenzierte Betrachtung geboten ist, ergibt sich bereits daraus, dass Juristinnen und Juristen im Gegensatz zu nichtjuristischen Akademikern mit Abschluss der Ersten und Zweiten Juristischen Staatsprüfung die Befähigung zum Richteramt (§ 5 Abs. 1 DRiG) und damit die Laufbahnbefähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst (§ 21 Abs. 2 BLV) erwerben. Ihre Ausbildung unterscheidet sich grundlegend von anderen, nichtjuristischen Ausbildungen. Zudem ist in den Blick zu nehmen, dass es bei der hier streitigen Einstellungskonkurrenz um statusrechtliche Ernennungen geht, mit welchen erst in einem weiteren - vorliegend nicht streitgegenständlichen - Schritt Dienstpostenübertragungen einhergehen. Damit geht auch der Einwand des Klägers, dass beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Volljuristen besetzte Referentenstellen teilweise mit nichtjuristischen Akademikern nachbesetzt würden, fehl. Schließlich begründet auch die Kritik des Klägers bezüglich fehlender Möglichkeiten beruflichen Fortkommens von Volljuristinnen und Volljuristen im gehobenen Dienst der Beklagten keine Sachwidrigkeit des Mindestnotenkriteriums im vorliegenden Einstellungsverfahren. Denn der Dienstherr ist nicht verpflichtet, dem Kläger einen Ausgleich seiner nach dem Anforderungsprofil nicht hinreichenden Examensnote durch berufliche Erfahrung einzuräumen (vgl. 1. b) dd). Im Übrigen ist anzumerken, dass der Kläger als Volljurist die Laufbahnbefähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst besitzt und damit weder einer Zulassung zum höheren Dienst gemäß § 24 BLV noch eines Aufstiegsverfahrens gemäß § 22 Abs. 5 BBG, §§ 35 ff. BLV bedarf.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens trifft die Kammer nicht, weil sie davon ausgeht, dass die Beklagte vor Rechtskraft der Entscheidung nicht vollstreckt.