Titel:
Erneuerung Grundstücksanschluss, keine vollständige Zuordnung der Wasserzählereinbaugarnitur zum Grundstücksanschluss (=Hausanschluss), da aufteilbar
Normenketten:
KAG Art. 9 Abs. 1
TrinkwV
Schlagworte:
Erneuerung Grundstücksanschluss, keine vollständige Zuordnung der Wasserzählereinbaugarnitur zum Grundstücksanschluss (=Hausanschluss), da aufteilbar
Fundstelle:
BeckRS 2020, 53340
Tenor
1. Der Bescheid des Beklagten vom 24. Oktober 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. März 2018 wird aufgehoben, soweit ein höherer Erstattungsbetrag als 155,28 EUR festgesetzt worden ist.
2. Insoweit wird auch der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Ansbach vom 26. Juni 2018, Az. … aufgehoben.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Der Kläger trägt 45/100, der Beklagte 55/100 der Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
5. Der Kläger und der Beklagte können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger und seine Ehefrau sind Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. … der Gemarkung … (…).
2
Der Kläger wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen den Bescheid des Beklagten vom 24. Oktober 2017 in der Form des Teilabhilfebescheides vom 16. März 2018, mit welchem eine Kostenerstattung für die (teilweise) Erneuerung des Grundstücksanschlusses des genannten Grundstückes an die öffentliche Wasserversorgung in Höhe von 341,66 EUR festgesetzt wird.
3
Der Beklagte betreibt nach § 1 der Satzung für die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung des Kommunalunternehmens Markt … (KM*) vom 19. November 2001 (Wasserabgabesatzung - WAS) eine öffentliche Einrichtung zur Wasserversorgung für das Gebiet …, …, …, … und … Die Wasserversorgungseinrichtung wird seit dem Jahr 2012 vom Zweckverband zur Wasserversorgung der …-Gruppe betriebstechnisch betreut.
4
Nach § 9 WAS stehen die Grundstücksanschlüsse vorbehaltlich abweichender Vereinbarung im Eigentum des Beklagten. § 9 Abs. 3 WAS bestimmt, dass der Grundstücksanschluss von dem Beklagten hergestellt, unterhalten, erneuert, geändert, abgetrennt und beseitigt wird.
5
§ 8 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung des Kommunalunternehmens Markt … vom 22. März 2012 (BGS/WAS) legt fest, dass der Aufwand für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie die Unterhaltung der Grundstücksanschlüsse im Sinne des § 3 WAS mit Ausnahme der Kosten, die auf die im öffentlichen Straßengrund liegenden Teile der Grundstücksanschlüsse entfallen, in der jeweils tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten ist.
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Der Erstattungsanspruch entsteht mit Abschluss der jeweiligen Maßnahme. Schuldner ist, wer im Zeitpunkt des Entstehens des Erstattungsanspruchs Eigentümer des Grundstücks oder Erbbauberechtigter ist. Der Erstattungsanspruch wird einen Monat nach Zustellung des Erstattungsbescheides fällig.
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Am 25. Mai 2016 unterzeichnete die Ehefrau des Klägers einen formularmäßig durch den Beklagten erstellten Vordruck eines Antrags zur kostenpflichtigen Änderung/Erneuerung des vorhandenen Wasseranschlusses durch den Beklagten.
8
Der Antrag enthält den Hinweis, für die Änderung/Erneuerung des Hausanschlusses würden die Bestimmungen der Beitrags- und Gebührensatzung des Beklagten gelten.
9
Unter dem 27. Juni 2017 übersandte der Beklagte dem Kläger eine Rechnung für Bauarbeiten Hausanschlüsse - privater Grund - in Höhe von 380,00 EUR.
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Dem Schreiben beigefügt war folgende, vom Zweckverband zur Wasserversorgung der …-Gruppe gefertigte Kostenaufstellung vom 11. Januar 2017 über die durchgeführten Maßnahmen:
Position Beschreibung Menge Einh EP GP
03 Nebenanlagen und Leistungen für Dritte
03.02 Material, Armaturen, Rohrleitung für
03.02.0001 Druckrohr PE100-RC für Hausanschluss DN/ID 25; SDR 11; DA 32 x 3,0 (Ringbund)
03.02.0043 Messingkupplungen liefern und einbauen; DA 40 mm
03.02.0060 Übergangsmuffennippel PE/Stahl, DA 40 „1“, MUN liefern und einbauen
03.02.0068 EWE Wasserzähler-Armaturen-Anlage Qn 2,5 x Rp 1“ x Rp 1“ aus Silicium-Messing
03.02 Material, Armaturen, Rohrleitung für 319,33
03 Nebenanlagen und Leistungen für Dritte 319,33
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Der Kläger erhob mit Schreiben vom 22. Juli 2017 gegen die Rechnung „Widerspruch“.
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Nach eingehender Prüfung habe er festgestellt, dass er dem Beklagten keinen Auftrag zur Ausführung der genannten Arbeiten erteilt habe.
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Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass Arbeiten an der Wasserversorgungsanlage (Hausanschluss) im zeitlichen Zusammenhang mit den Sanierungsarbeiten der Straße, hier der …, nicht an Wasserabnehmer verrechnet werden könnten.
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Eigentümer und Verantwortlicher für den Hausanschluss - Trinkwasser - sei der Beklagte. Dies sei in den TRWI, DIN 1988, DIN 18012-05.08, ATV-WVU wie folgt definiert:
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Bis einschließlich zum Wasserzähler ist das Wasserversorgungssystem Eigentum des Versorgers und somit hat er alle Kosten für Wartung und Instandhaltung zu tragen.
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Dies gilt für die Medien Gas, Strom und Wasser.
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Erschließungskosten können auf die Grundstückseigentümer umgelegt werden. Sobald aber die Leitungen vorhanden sind, trägt der Versorger stets die Kosten. Genau dafür sind entsprechende Gebühren für den Betrieb der Anschlüsse fällig, mit denen werden alle künftigen Kosten für Reparaturen mit Wartung und Instandhaltung bezahlt.
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Der sogenannte Hausanschluss liegt bis zur Messeinrichtung, hier Wasserzähler, in der alleinigen Verantwortung des zuständigen Wasserversorgungs-Unternehmen (WVU); hier KMB. Siehe hierzu das Urteil des OLG Koblenz vom 17. April 2014, Az.: 1 U 1281/12.
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Daraus könne entnommen werden, dass die Leitung zwischen Trinkwasserversorgungsleitung und Hauptabsperreinrichtung bzw. Wasserzähler Eigentum des Beklagten sei. Dieser sei prinzipiell verpflichtet, diesen Teil der Wasserversorgungsleitung in einem ordentlichen Zustand zu halten (s. auch Trinkwasserversorgung 2015).
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Erdarbeiten könnten innerhalb der Grundstücksgrenze selbst ausgeführt werden in Eigenleistung.
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Des Weiteren werde darauf hingewiesen, dass die „Rechnung“ des Subunternehmers, des Zweckverbandes zur Wasserversorgung der …-Gruppe, nicht den Vorschriften der Finanzverwaltungen entspreche. Bei Rechnungen von Handwerkern und Dienstleistern seien die Preisangaben für Material und Lohnkosten separat aufzuführen. Im Weiteren seien die aufgeführten Preise erheblich überzogen. Die Rechnung sei ohne gültigen Mehrwertsteuersatz ausgestellt worden.
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Zum Punkt „EWE-Wasserzähler-Armaturen-Anlage“ wolle er noch darauf hinweisen, dass der eingebaute Wasserzähler die gesetzliche Eichgültigkeit von sechs Jahren überschritten gehabt habe. Der Wasserversorger sei daher verpflichtet, diesen unentgeltlichen und zeitnah auszutauschen. Hierfür bezahle der Anschlussnehmer/Eigentümer monatliche Gebühren.
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Der verrechnete Preis in Höhe 202,00 EUR sei erheblich überzogen. Man könne unter Umstände auch den Begriff „Wucherpreis“ anführen.
- Mehrstrahl-Flügelrad-Nassläufer Typ MNR, QN 2,5 m³ / DN 25: 34,57 EUR
- Wasserzählerbügel für waagerechten Einbau, verzinkt, DN 25: 23,64 EUR
- 2 Stück Plombierschellen, 2-teilig, DN 25: a 1,71 EUR = 3,42 EUR
Kosten Wasserzähler (ohne Gewinnaufschlag): 61,63 EUR
Eich- und Konformitätsentgeld, steuerbefreit: 8,40 EUR
Materialkosten: 70,03 EUR
Lohnkosten: ??? Ihre Verrechnung: 202,00 EUR
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Der Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 3. August 2017, gegen die Rechnung auf privatrechtlicher Basis sei ein Widerspruch nicht möglich. Die Kosten seien von der …-Gruppe dem Beklagten übermittelt worden. Sollte die Rechnung nicht bis zum 15. September 2017 beglichen werden, werde ein Inkassoverfahren eingeleitet.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 24. Oktober 2017 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger für das Grundstück … … eine Kostenerstattung für die Erneuerung des Grundstückanschlusses im Wasserbereich in Höhe von 380,00 EUR fest.
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Zur Begründung wurde auf die Regelungen des § 3 WAS und § 8 Abs. 1 BGS/WAS verwiesen.
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Die Erstattungshöhe ergebe sich aus der (dem Bescheid beigefügten) Rechnung des Zweckverbandes zur Wasserversorgung der …-Gruppe vom 11. Januar 2017. Hieraus könne der Betrag in Höhe von 380,00 EUR entnommen werden.
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Der Kläger ließ mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 27. November 2017, eingegangen bei den Beklagten per Telefax am selben Tag, gegen den Bescheid vom 24. Oktober 2017 Widerspruch einlegen.
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Notwendige Arbeiten auf privatem Grund seien nicht erbracht worden. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, weshalb hier ursprünglich eine - nicht vom Kläger beauftragte - Maßnahme privatrechtlich gefordert worden sei und jetzt auf einmal ein öffentlicher Anspruch vorliegen solle.
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Inhaltlich habe der Kläger bereits mit Schreiben vom 22. Juli 2017 ausführlich Stellung genommen. Die wesentlichen Einwendungen seien:
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1. Nach der einschlägigen DIN stehe der Hausanschluss bis zum Wasserzähler im Eigentum des Beklagten. Damit seien alle laufenden Kosten für Reparaturen, Wartung oder Instandsetzung vom Beklagten zu tragen. Eine Kostenerstattung sei nur für den Erstanschluss vorgesehen.
32
2. Die Eichfrist des Wasserzählers sei bereits abgelaufen, sodass der Austausch in den Aufgaben- und Kostenbereich des Beklagten falle. Denn mit den gezahlten Gebühren seien diese Kosten bereits abgegolten worden.
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3. Außerdem erscheine hier ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorzuliegen. Es bestünden deshalb Zweifel, dass die Vergabegrundsätze für Aufträge im kommunalen Bereich eingehalten worden seien.
34
Der Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn unter dem 1. Februar 2018 dem Landratsamt … zur Entscheidung vor.
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Im Vorlageschreiben wird ausgeführt, gemäß § 8 Abs. 1 BGS/WAS könne bei Erneuerung eine Kostenerstattung gefordert werden. Die Kostenerstattung werde auf die Materialkosten beschränkt, die Arbeitsleistung übernehme der Beklagte.
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Der Wasserzähler sei nicht in Rechnung gestellt worden, sondern die Wasserzählerarmaturenanlage.
37
Der Kläger habe früher eine eigene Firma auf dem Sektor des Sanitärwesens geführt und vergleiche die in Rechnung gestellten Preise wahrscheinlich mit seinen damaligen Einkaufspreisen. Der Beklagte habe zwei technische Angestellte im Haus, die die Preise für das Material als angemessen ansähen.
38
Unter dem 16. März 2018 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid und reduzierte den angesetzten Mehrwertsteuersatz von 19% auf 7%. Der Kostenerstattungsbetrag reduzierte sich damit auf 341,78 EUR.
39
Die Bevollmächtigte des Klägers teilte mit Schreiben vom 16. April 2018 mit, dass der Widerspruch trotz des Änderungsbescheides vom 16. März 2018 aufrechterhalten bleibe.
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Mit E-Mail vom 11. April 2018 bat die Widerspruchsbehörde den Beklagten um Mitteilung, weshalb der Hausanschluss des Klägers habe erneuert werden müssen.
41
Unter dem 19. April 2018 übermittelte der Beklagte der Widerspruchsbehörde eine Stellungnahme des Zweckverbands zur Wasserversorgung der …-Gruppe vom gleichen Tag.
42
Trinkwasserleitungen aus PE-HD, PE80, Stahl oder Guss seien hochgradig bruchgefährdet und entsprächen nicht mehr dem Stand der Technik. Teilweise könnten die Leitungen aufgrund von Materialermüdung nicht mehr an die neuen Leitungen angebunden werden. Durch die erhöhte Bruchwahrscheinlichkeit sei durch Fremdstoffeintritt die Qualität des Trinkwassers gefährdet. Deswegen empfehle der Zweckverband diese zu erneuern. Stahlleitungen würden nach 30 Jahren aufgrund der Erfahrung des Zweckverbandes, abgestimmt mit der Rechtsberatung des Bayerischen Gemeindetages, im Rahmen der satzungsgemäßen Unterhaltspflicht des Versorgers erneuert bzw., wenn der Anschlussnehmer dies nicht durchführen lassen wolle, werde ein Abgabeschacht an der Grundstücksgrenze errichtet, da sonst bei Rohrbruch die Wasserverluste zu Lasten des Versorgers gingen. Weiterhin sei es notwendig, dass die Netzsicherungsarmatur mindestens in der Stufe 4 nach DIN-EN 1712 als Systemtrenner mit jährlicher Wartung auszuführen sei, damit keine schädlichen Rückwirkungen ins Netz entstehen könnten. Dadurch werde die Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser für die restlichen Anschlussnehmer im Wasserversorgungsgebiet sichergestellt.
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Alle Ersatzmaßnahmen im Vergleich zu der Erneuerung der Hausanschlussleitung seien in der Regel deutlich teurer und deshalb in der Regel nicht wirtschaftlich. Dahingehend werde der Kunde aufgeklärt und, um spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden, werde ein Vertrag mit dem Kunden geschlossen. Sowohl satzungsrechtlich als auch privatrechtlich sei die Leitungserneuerung des Klägers aus Sicht des Zweckverbandes nicht anfechtbar und müsse zur Not vollstreckt werden.
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Das Landratsamt … stellte mit Bescheid vom 26. Juni 2018 das Widerspruchsverfahren insoweit ein, als der Beklagte mit Teilabhilfebescheid vom 16. März 2018 dem Widerspruch teilweise abgeholfen und die zu zahlende Kostenerstattung zur Erneuerung des Grundstücksanschlusses der öffentlichen Wasserversorgung auf dem Flurstück Nr. …, Gemarkung …, von 380,00 EUR auf 341,68 EUR herabgesetzt hat.
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Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
46
Der Widerspruch gegen den geänderten Kostenerstattungsbescheid sei nicht begründet.
47
Der Beklagte habe dem Kommunalunternehmen … (Art. 84 GO) die Aufgabe der öffentlichen Wasserversorgung übertragen (Art. 89 GO, § 2 Abs. 1 der Unternehmenssatzung des Beklagten vom 28.4.1999 in der Fassung der ersten Änderungssatzung vom 12.6.2013). Bei der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung handle es sich um eine öffentliche Einrichtung im Sinne des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO. Zur Regelung der Benutzung habe der Beklagte die Wasserabgabesatzung (WAS) vom 19. November 2001 und die Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserversorgung (BGS/WAS) vom 22. März 2012 nach Art. 23 und 24 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 und 3 GO i.V.m. Art. 1, 2 Abs. 1 Satz 1, Art. 5, 8 und 9 KAG erlassen. Die vom Beklagten getroffenen satzungsrechtlichen Regelungen entsprächen grundsätzlich dem Muster für eine gemeindliche Wasserabgabesatzung (vgl. Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 13.7.1989, Az.: IB 1-3003-16/6 (86), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 29.3.2010 (AllMBl S. 112) und einer gemeindlichen Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (vgl. Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Innern über Muster einer Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabensatzung vom 1.12.2008, AllMBl S. 824).
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Gemäß Art. 9 Abs. 1 KAG könnten Gemeinden (hier durch das Kommunalunternehmen des Marktes …*) satzungsrechtlich bestimmen, dass ihnen der Aufwand für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung des Teils des Grundstückanschlusses an Versorgungs- und Wasserversorgungseinrichtungen, der sich nicht im öffentlichen Straßengrund befindet, in der tatsächlichen Höhe oder nach Einheitssätzen zu erstatten ist.
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Dementsprechend habe der Beklagte in § 8 Abs. 1 BGS/WAS bestimmt, dass der Aufwand für Grundstücksanschlüsse der öffentlichen Wasserversorgung, welcher nicht auf öffentlichen Straßengrund entstanden ist, in der tatsächlichen Höhe zu erstatten sei. Dies stelle die Finanzierung in Form des „Erstattungsmodels“ dar. Die damit einher gehende Bewirtschaftung erfolge auf Basis der „Kommunalregie“ (§ 9 WAS), was bedeute, dass der Beklagte die Grundstücksanschlüsse selbst herstelle, unterhalte, erneuere, ändere, abtrenne und auch beseitige.
50
Grundstücksanschlüsse seien gemäß § 3 WAS die Wasserleitungen von der Abzweigstelle der Versorgungsleitung bis zur Übergabestelle. Sie begännen mit der Abschlussvorrichtung und endeten mit der Hauptabsperrvorrichtung. Gemäß Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Juli 1998 - 23 ZB 98.1395 sei die Hauptabsperrvorrichtung die erste Armatur auf dem Grundstück, mit der die gesamte nachfolgende Wasserverbrauchsanlage einschließlich Wasserzähler abgesperrt werden könne. Der Wasserzähler sei nach ständiger Rechtsprechung nicht Teil des Grundstücksanschlusses.
51
Mit Schreiben vom 25. Mai 2016 habe der Kläger beim Beklagten den Antrag zur kostenpflichtigen Änderung/Erneuerung des vorhandenen Wasseranschlusses gestellt.
52
Gemäß Stellungnahme vom 19. April 2018 sei der bisherige Grundstücksanschluss hochgradig bruchgefährdet und habe nicht mehr dem Stand der Technik entsprochen. Eine Erneuerung werde seitens des Beklagten und des Zweckverbandes zur Wasserversorgung der …-Gruppe bei derartigen Zuständen empfohlen. Durch die Erneuerung habe die Qualität des Trinkwassers gehalten werden können.
53
In § 9 Abs. 3 WAS habe der Beklagte geregelt, dass die Grundstücksanschlüsse von dem Beklagten selbst und somit nicht vom Grundstückseigentümer erneuert würden. Bei der streitgegenständlichen Erneuerung des Grundstücksanschlusses habe der Beklagte eine Fremdfirma (Zweckverband zur Wasserversorgung der …-Gruppe) zur Erneuerung des Grundstücksanschlusses auf dem Grundstück beauftragt. Bei dieser Auftragsvergabe handle es sich um ein Geschäft des Anlagenbetreibers (Thimet, Kommunalabgaben- und Ortsrecht in Bayern, Teil IV, Art. 9, Frage 11 Nr. 2.1) und nicht um eine zivilrechtliche Beauftragung zwischen dem Grundstückseigentümer und der bauausführenden Firma.
54
Von seinem Recht zur Kostenerstattung habe der Beklagte mit Bescheid vom 24. Oktober 2017 Gebrauch gemacht und die Kostenerstattung unter Berücksichtigung des Teilabhilfebescheides vom 16. März 2018 in Höhe von 341,68 EUR festgesetzt. Es seien Kosten zur Erneuerung eines Druckrohrs mit 0,32 m Länge, dem Liefern und Einbauen einer Messingkupplung, eines Übergangsmuffennippels und einer Wasserzählerarmaturenanlage geltend gemacht worden. Die Festsetzungen entsprächen ausschließlich den Materialkosten, welche dem Beklagten mit der Bauausführung auf dem streitgegenständlichen Grundstück entstanden seien.
55
Da der Grundstücksanschluss von einer Fremdfirma und nicht vom Beklagten selbst erneuert worden sei, seien deren, dem Beklagten in Rechnung gestellten Kosten erstattungsfähig (Thimet, a.a.O., Teil IV, Art. 9, Frage 11, Nr. 3.1). Die Zusammensetzung der Kosten könne dem Rechnungsblatt der …-Gruppe entnommen werden, welches dem Kostenerstattungsbescheid beigefügt worden sei (vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b KAG i.V.m. § 121 Abs. 1 AO). Es seien hierbei nur Leistungen aufgeführt, die im Zusammenhang mit der Erneuerung des Grundstücksanschlusses des Klägers ausgeführt worden seien. Insbesondere seien keine Leistungen, die im Zusammenhang mit einem Wasserzähler stünden, aufgeführt.
56
Insbesondere die Erneuerungsarbeiten und die daraus resultierte Kostenerstattung der Position „03.02.0068“ beträfen die Wasserzählerarmaturenanlage, welche laut Rechtsprechung zum Grundstücksanschluss gehöre.
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Seitens des Beklagten sei bestätigt worden, dass die Kostenhöhe branchenüblich und somit als angemessen anzusehen sei.
58
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs würde der angeführte mögliche Verstoß gegen Vergaberecht allein nicht dazu führen, dass schon deshalb von einer Rechtswidrigkeit des Kostenerstattungsbescheides auszugehen sei (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2007 - 6 BV 04.496).
59
Als Grundstückseigentümer sei der Kläger gemäß Art. 5 Abs. 6 KAG, § 8 Abs. 2 BGS/WAS der rechtmäßig Bescheidsadressat. Mehrere Grundstückseigentümer hafteten gesamtschuldnerisch (Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i.V.m. § 44 AO).
60
Der Widerspruchsbescheid wurde der Bevollmächtigten des Klägers am 27. Juni 2018 zugestellt.
61
Der Kläger ließ mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 27. Juli 2018, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am selben Tag, Klage erheben und beantragen,
den Bescheid vom 24. Oktober 2017 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2018 aufzuheben.
62
Zur Begründung der Klage wurde mit Schriftsatz vom 27. August 2018 ausgeführt, es werde bestritten, dass der Kläger am 25. Mai 2016 oder zu einem anderen Zeitpunkt einen Antrag gestellt habe, den vorhandenen Grundstücksanschluss der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung zu ändern oder zu erneuern.
63
Des Weiteren werde bestritten, dass der bisherige Grundstücksanschluss hochgradig bruchgefährdet gewesen sei und dass nur durch die Erneuerung die Qualität des Trinkwassers hätte gehalten werden können.
64
Ebenso werde die Höhe der Kostenerstattung gerügt. Es sei bereits fraglich, ob der Auftrag an das eingesetzte Fremdunternehmen nach den Vergabegrundsätzen erteilt worden sei.
65
Der Kläger verbleibe im Übrigen bei seiner Auffassung, dass § 8 BGS/WAS keine Grundlage für den vorliegenden Erstattungsanspruch der angeblich angefallenen Kosten darstelle. Die Bestimmung widerspreche höherrangigem Recht und entspreche nicht mehr dem allgemeinen Rechtsempfinden.
66
Nach den einschlägigen DIN-Normen stehe der Hausanschluss bis zum Wasserzähler im Eigentum des Beklagten als Wasserversorger. Dieser habe deshalb die Kosten zu tragen.
67
Die Bevollmächtigten des Beklagten beantragten mit Schriftsatz vom 10. September 2019,
68
Der Kläger habe unter dem 25. Mai 2016 bei dem Beklagten den Antrag zur kostenpflichtigen Erneuerung/Änderung des vorhandenen Wasseranschlusses beantragt.
69
Die Leitungen insgesamt, einschließlich des Grundstücksanschlusses, seien hochgradig bruchgefährdet gewesen und hätten nicht mehr dem Stand der Technik entsprochen. In den Monaten vorher habe es eine Vielzahl von Rohrleitungsbrüchen gegeben. Die vorhandene Trinkwasserleitung sei zwischenzeitlich mehr als 50 Jahre alt.
70
Die erhöhte Bruchwahrscheinlichkeit gefährde zudem auch die Qualität des Trinkwassers durch entsprechende Fremdstoffeintritte.
71
Zudem sei darauf zu verweisen, dass nach der Rechtsprechung der Einrichtungsträger bei der Projektierung und Ausführung von Grundstücksanschlüssen durchaus auch einen eigenen Einschätzungsspielraum habe.
72
Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die …, in der sich die Wasserversorgungsleitung befinde, neu ausgebaut worden sei, sei es absolut sinnvoll gewesen, vor allem auch unter Beachtung des Alters der Wasserversorgungsleitung, diese insgesamt zu erneuern.
73
Auch die Tatsache, dass der Grundstücksanschluss von einer Fremdfirma erneuert worden sei, ändere nichts an der Erstattungsfähigkeit der Kosten.
74
Der Beklagte habe nach dem Grundsatz von Treu und Glauben auch seine Schutzpflicht zu Gunsten der Anschlussnehmer nicht verletzt. Die Auftragsvergabe und Abrechnung sei unter Beachtung der VOB erfolgt, die Baumaßnahme sei öffentlich ausgeschrieben worden, sie habe den Vorgaben der VOB entsprochen.
75
Wenn klägerseits bestritten werde, dass die bisherigen Versorgungsleitungen einschließlich der Grundstücksanschlüsse nicht bruchgefährdet gewesen seien, werde darauf verwiesen, dass im Bereich des Marktes … im Jahr 2013 im dortigen Bereich insgesamt 26 Störfälle aufgetreten seien. Das verbaute Rohrmaterial sei stark angegriffen und korrodiert gewesen, wie sich aus anliegenden Bildern ergebe.
76
Wenn der Kläger bestreite, dass nur durch die Erneuerung die Qualität des Trinkwassers gehalten werden könne, so möge dies richtig sein. Aber eine intakte Versorgungsleitung sei Grundvoraussetzung dafür, dass qualitativ einwandfreies Trinkwassers zum Verbraucher gelange und sei damit unabdingbar, wenn die Versorgungssicherheit und Versorgungsqualität aufrechterhalten werden müssten.
77
Kosten im Zusammenhang mit dem Wasserzähler seien im Erstattungsbescheid nicht enthalten.
78
Es werde auf die vergleichbare Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 4. Oktober 2018 - AN 1 K 17.02460 verwiesen. Der seitens der Bevollmächtigten des Klägers gegen diese Entscheidung gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung sei mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. August 2019 - 20 ZB 18.2418 verworfen worden.
79
Mit gerichtlichem Schreiben vom 15. Oktober 2019 wurden die Bevollmächtigten des Beklagten darauf hingewiesen, dass ausweislich der vorliegenden Akten lediglich ein 32 cm langes Teilstück des Hausanschlusses (Druckrohr PE 100-RC) erneuert worden sei, so dass möglicherweise (nur) eine Umbindung des bestehenden Grundstücksanschlusses an die neu verlegte Trinkwasserleitung in der … erfolgt sein könnte. Zu der Erstattungsfähigkeit der Kosten einer solchen Umbindung sei bereits im rechtskräftigen Urteil der Kammer vom 12. September 2018 - AN 1 K 17.02460 - Stellung genommen worden.
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Um überprüfen zu können, ob die abgerechnete Maßnahme außerhalb des öffentlichen Straßengrundes durchgeführt worden ist, werde um die Vorlage eines entsprechenden Lageplans gebeten.
81
Die Bevollmächtigten des Beklagten erwiderten unter Vorlage eines Lageplans mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2019, der Hausanschluss sei vorliegend nicht erneuert worden, er sei lediglich an der Grundstücksgrenze umgebunden worden. Die Kosten für die Umbindung übernehme der Beklagte, die insoweit notwendigen 0,32 m Rohrleitung seien erforderlich gewesen, um eine ordnungsgemäße Umbindung vorzunehmen. Insoweit sei es notwendig gewesen, die bestehende Leitung im Grundstück des Klägers zu verlängern.
82
Im Zuge der Erneuerung der Hausanschlussleitung habe die verbaute Wasserzählerbügelanschlussgarnitur im Gebäude demontiert werden müssen. Die Erneuerung der verzinkten Hausanschlussleitung sei notwendig gewesen, da im Bereich des Wandüberganges häufig Kontaktkorrosion aufträte, die zum Rohrbruch an dieser Stelle in der Wand führten. Aufgrund der Erfahrung und einer Bewertung durch den Wassermeister, Herrn …, habe das Rohr in diesem Bereich ersetzt werden müssen um einen Rohrbruch im Verantwortungsbereich des Wasserversorgers zu verhindern.
83
Die alte Wasserzählerbügelgarnitur habe nicht mehr verwendet werden können, da sowohl die Verrohrung als auch die Messingarmaturen bleihaltig gewesen seien und somit nicht mehr den allgemeinen Regeln der Technik entsprochen hätten. Bleihaltiges Messing sei nicht mehr in der Materialliste des Umweltbundesamtes gelistet und dürfe deshalb nicht in Kontakt mit Trinkwasser gelangen, das zum menschlichen Verzehr bestimmt sei. Somit hätte auch aus diesem Grund die alte Wasserzählerbügelgarnitur nicht mehr Verwendung finden können.
84
Am 24. Oktober 2019 fand die erste mündliche Verhandlung in der Streitsache statt. Seitens des Beklagten wurde ausgeführt, dass lediglich die Kosten für den Austausch der Wasserzählerarmaturenanlage im Gebäude einschließlich des Übergangsstücks in Richtung Außenwand abgerechnet worden seien. Der Austausch sei erforderlich gewesen, da die seit 1984 bestehende Anlage nicht mehr den technischen Anforderungen entsprochen habe. Es habe sich um ein bleihaltiges Zinkrohr gehandelt. Die Wasserzählerarmaturenanlage habe aus Messing bestanden und sei ebenfalls bleihaltig gewesen.
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Seitens des Klägers wurde vorgetragen, die Behauptungen des Beklagten seien unzutreffend. Die ausgetauschten Leitungen hätten kein Blei enthalten. Er verweise insoweit auf die DIN-Norm 1988-200, wonach schmelztauverzinkte Eisenwerkstoffe weiterhin verwendet werden dürften.
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Dem Beklagten wurde aufgegeben, zu der Frage der Notwendigkeit des Austausches der Wasserzählerarmaturenanlage und des anschließenden Verbindungsstücks zur Außenwand unter Darlegung der einschlägigen technischen Regelungen Stellung zu nehmen.
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Die Verhandlung wurde zur weiteren Sachverhaltsaufklärung vertagt.
88
Mit Schriftsatz vom 21. November 2019 trugen die Bevollmächtigten des Beklagten vor, maßgeblich sei die Bewertungsgrundlage für metallene Werkstoffe in Kontakt mit Trinkwasser (Metallbewertungsgrundlage) des Umweltbundesamtes in der vierten Änderung vom 21. November 2018.
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Dort sei vorgegeben, dass Werkstoffe und Materialien, die für die Neuerrichtung oder Instandhaltung von Anlagen für die Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser verwendet werden und Kontakt mit Trinkwasser haben, nicht den nach der Trinkwasserverordnung vorgesehenen Schutz der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar mindern, den Geruch oder den Geschmack des Wassers nachteilig verändern oder Stoffe in Mengen ins Trinkwasser geben dürfen, die größer sind als dies bei der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik unvermeidbar ist.
90
Diese Vorgabe finde sich in § 17 der Trinkwasserverordnung (TrinkwV).
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Als Bewertungsgrundlage liege nach § 17 TrinkwV eine abschließende Positivliste der metallenen Werkstoffe vor, angeführt in der Anlage.
92
Metallene Werkstoffe im Anwendungsbereich der Bewertungsgrundlage entsprächen den Anforderungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 TrinkwV, wenn sie die in der Positivliste beschriebenen Anforderungen erfüllten. Diese Bewertungsgrundlage würden nach § 17 Abs. 3 TrinkwV zwei Jahre nach ihrer Veröffentlichung gelten, somit also ab dem 10. April 2017. Seitdem seien diese Änderungen verbindlich.
93
Diesen Vorgaben hätten die zunächst eingebauten Wasserzählerarmaturenanlagen aus den Jahren 1983/1984 im Versorgungsbereich des Beklagten nicht entsprochen. Es habe sich um Messinglegierungen mit Bleizugabe (Bleigehalt 6%) gehandelt.
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Schutzziel sei insoweit unbestreitbar die menschliche Gesundheit, was bedeute, dass vermeidbare Belastungen so gering wie möglich gehalten würden, wie dies nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik möglich sei.
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Die jetzt eingebaute Wasserzählerarmaturenanlage bestehe aus bleifreiem Siliziummessing, einem Werkstoff, der entsprechend der Liste „trinkwasserhygienisch geeignete metallene Werkstoffe“ des Umweltbundesamtes den anerkannten Regeln der Technik entspreche.
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Blei sei ein Nervengift, das möglichst nicht in den menschlichen Körper gelangen dürfe. Insoweit habe die …-Gruppe, die mit der Betriebsführung der Trinkwasserversorgung im Bereich des Beklagten beauftragt sei, deshalb schon frühzeitig auf die gesetzlichen Änderungen des Bleigrenzwertes im Jahr 2013 reagiert. Sie habe alle ihr bekannten metallischen Komponenten, die direkt mit Trinkwasser in Kontakt kämen, und auch ihr bleiabsorbierendes Verhalten bewertet und bei einer möglichen Bleiabgabe in das Trinkwasser konsequent nicht mehr eingesetzt.
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Der zulässige Grenzwert für Blei in Trinkwasser sei mehrfach herabgesetzt worden, zuletzt sei er zum 1. Dezember 2013 in der Trinkwasserverordnung auf 0,010 mg/Liter bestimmt worden.
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Der Gesetzgeber habe den Wasserversorgern eine Übergangsfrist bis 30. November 2013 eingeräumt, um bleihaltige Materialien entsprechend auszutauschen.
99
Der seit dem 1. Dezember 2013 geltende Grenzwert sei in Trinkwasser, das durch bleihaltige Armaturen und Rohre fließe, nicht mehr einzuhalten. Insoweit sei anerkannt, dass auch kleine Teilabschnitte aus Blei bzw. bleihaltigen Materialien nicht tolerierbar seien, denn durch den Kontakt mit anderen metallenen Werkstoffen könnten sie durch galvanische Korrosion unverhältnismäßig viel Blei ins Trinkwasser abgeben.
100
Das Siliziummessing in der neuen Armatur entspreche den gesetzlichen Anforderungen. Es sei zudem sehr entzinkungs- und korrosionsbeständig und weise eine hohe Festigkeit auf.
101
Der Hinweis des Klägers auf die DIN-Norm 1988-200 gehe fehl, da diese lediglich die Installation beschreibe und auf die zulässigen Materialien nicht näher eingehe.
102
Die Bevollmächtigte des Klägers erwiderte mit Schriftsatz vom 1. März 2020, der Kläger rücke von seiner Position nicht ab. Die Maßnahmen des Beklagten seien nicht notwendig gewesen. Die Beratung der Anwohner sei absolut mangelhaft gewesen. Dies zeige sich letztlich auch in der Abwicklung und in den ständig wechselnden Begründungen. Interessant sei, dass der Beklagte sich jetzt auf eine Änderung der Metallbewertungsgrundlage beziehe, die ca. zwei Jahre nach dem fraglichen Austausch erfolgt sei. Es werde bestritten, dass die ausgetauschte Wasserzählerarmaturenanlage einen Bleigehalt von 6% gehabt haben solle. Bestritten werde auch, dass alle bekannten metallischen Komponenten bewertet und nicht mehr eingesetzt worden seien.
103
Auf gerichtliche Anfrage teilten die Bevollmächtigten des Beklagten unter dem 14. April 2020 mit, die ausgetauschte Armaturenanlage sei bei dem Beklagten nicht mehr vorhanden. Ausgebaute Wasserzählerbügelarmaturen würden sofort entsorgt, da sie nicht mehr dem Stand der Technik entsprächen und in aller Regel eine Nutzungsdauer von teilweise bis zu 35 Jahren hinter sich hätten.
104
Mit weiterem Schriftsatz vom 6. Mai 2020 teilten die Bevollmächtigten des Beklagten mit, dass der Mitarbeiter Herr … vor etwa einem Jahr bei der Ortseinsicht im Keller des Klägers die ausgetauschte Wasserzählerarmaturenanlage noch gesehen habe. Diesbezüglich sei die Klägerseite angeschrieben worden. Eine Rückäußerung sei nicht erfolgt.
105
Auch gegenüber dem Gericht erfolgte diesbezüglich keine Rückäußerung.
106
Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2020 trugen die Bevollmächtigten des Beklagten vor, es sei nunmehr gelungen, einen vergleichbaren Zählerbügel ausfindig zu machen. Dieser könne in der mündlichen Verhandlung vorgelegt werden.
107
Auf gerichtliche Frage, weshalb anlässlich der Umbindung des Hausanschlusses des Grundstückes des Klägers an die neue Trinkwasserleitung in der … der Hausanschluss nicht erneuert worden sei, teilten die Bevollmächtigten des Beklagten unter dem 19. August 2020 mit, der Hausanschluss des Klägers sei 1983 im Zuge des Hausbaus verlegt worden. Aufgrund des Einbaualters habe angenommen werden können, dass zu diesem Zeitpunkt bereits PE 80 -Rohrleitungsmaterial verwendet worden sei. Aus diesem Grund seien nur die verzinkten Stahlteile im Haus und der alte Zählerbügel erneuert worden.
108
Der Hausanschluss aus dem Verfahren AN 1 K 17.02460 sei bereits vor 1980 verlegt worden, so dass habe angenommen werden müssen, dass diese Hausanschlussleitung insgesamt aus Stahl sei.
109
Mit gerichtlichem Schreiben vom 31. August 2020 wurde der Bevollmächtigte des Beklagten darauf hingewiesen, das Bundesumweltamt habe zur Bleibelastung von Trinkwasser in Hausinstallationen ausgeführt, dass sich die Problematik der Einhaltung des ab 1. Dezember 2013 gültigen Grenzwertes für Blei im Trinkwasser nur bei vor 1973 errichteten Häusern stelle, da danach keine Bleirohre mehr verwendet worden seien. In der Broschüre „Blei im Trinkwasser“ finde sich folgende Aussage:
„Bleirohre und damit bleihaltiges Trinkwasser kann es höchstens noch in älteren Gebäuden geben (Baujahr vor 1973)“.
110
Soweit sich der Beklagte auf § 17 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 TrinkwV berufe, sei darauf hinzuweisen, dass bestehende Anlagen, die beanstandungsfrei betrieben worden sind, einem Bestandsschutz unterlägen (vgl. BeckOK Mietrecht, Schach/Schultz/Schüller, Rn. 6 zu § 17 TrinkwV; vgl. auch Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Rn. 12 zu § 17 TrinkwV bei beck-online sowie Verordnungsbegründung, BRDrucksache 525/12 abgedruckt bei Zipfel/Rathke, a.a.O.).
111
Es sei deshalb zu hinterfragen, ob die Notwendigkeit des Austausches der Wasserzählerarmaturenanlage mit den Vorgaben des § 17 Abs. 2 Satz 2 TrinkwV begründet werden könne, zumal die maßgebliche Bewertungsgrundlage des Umweltbundesamtes erst seit dem 10. April 2017, also nach der Erneuerungsmaßnahme, verbindlich geworden ist (§ 17 Abs. 3 Satz 4 TrinkwV, siehe Ziffer 1 - Einleitung - der Bewertungsgrundlage für metallene Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser vom 2.4.2015).
112
Unter dem 4. Dezember 2020 teilte die Bevollmächtigte des Klägers mit, die ausgebaute Wasserzählerarmaturenanlage sei nicht mehr im Besitz des Klägers. Zudem wurde erneut gerügt, die abgerechneten Kosten für die neue Wasserzählerarmaturenanlage seien völlig überhöht.
113
Die Bevollmächtigten des Beklagten trugen mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2020 vor, die Beklagte, aber ebenso der Zweckverband zur Wasserversorgung, sähen ihre Aufgabe darin, negative, gesundheitliche Belastungen im Trinkwasser so weit wie irgend nur möglich zu reduzieren und zu vermeiden.
114
Auch wenn dies für den Anschlussnehmer mit hier vorliegend nur geringen Kosten verbunden sei, sehe man dieses Agieren als absolute Notwendigkeit und Selbstverständlichkeit. Würde man sich darüber hinwegsetzen, käme es dazu, dass vermeidbare Belastungen eben nicht vermieden oder auch nur reduziert würden.
115
Dies könne bei einem derartigen lebenswichtigen Lebensmittel keinesfalls akzeptiert werden.
116
Auf die Ausführungen in anliegender Stellungnahme werde Bezug genommen. Außerdem würde zu diesem Thema die weitergehende Einvernahme des bereits geladenen Zeugen, Herrn Diplom-Ingenieur … …, angeboten.
117
Weiter würde zu dieser Thematik „Schwermetalle im Trinkwasser“ eine Veröffentlichung vom 25. September 2013 übermittelt, woraus hervorgehe, dass entsprechende bleihaltige Bauteile in der Trinkwasserversorgung einschließlich Wasserzähler dafür verantwortlich seien, dass Bleigrenzwerte für Trinkwasser überschritten würden.
118
Die Beklagte, aber ebenso der Wasserversorgerzweckverband …-Gruppe sehe sich veranlasst, um jegliches gesundheitliches Risiko zu minimieren, alles zu unternehmen, dass weder von Trinkwasserleitungen noch von Armaturen oder Formstücken Blei an Trinkwasser abgegeben werde.
119
Durch Wasseruntersuchungen sei nicht absolut sichergestellt, dass die verwendeten Bauteile kein Blei an das Trinkwasser abgeben.
120
Unter diesen Gegebenheiten sollte es deshalb dem Beklagten, aber ebenso dem Wasserversorger, hoch angerechnet werden, alles zu tun, um jegliche Schadstoffbelastung für den Verbraucher, der Wasser ja auch direkt als Lebensmittel nutze, so gering wie möglich zu halten.
121
Zudem sei darauf hinzuweisen, dass aus Sicht der Beklagten und des Wasserversorgers vorliegend hier kein Bestandsschutz greifen könne, da eine Änderung der Anlage durchgeführt worden sei. An der Anlage sei ein entsprechender Umbau notwendig gewesen, denn die Verrohrung habe ab der „Durchführung“ getauscht werden müssen. Dies letztlich stelle einen sogenannten „Umbau“ dar.
122
Entsprechende Veranlassung sei gegeben gewesen, denn im Bereich des Marktes …, auch im Ortsteil …, seien mehrfach bei Trinkwasseruntersuchungen im Ergebnis Bleigrenzwertüberschreitungen festgestellt worden.
123
Es sei selbstverständlich eine Ausschreibung bei der Anschaffung der EWE-Wasserzähler-Armaturen-Anlagen vorgenommen worden. Es seien drei Lieferanten angeschrieben worden, der günstigste habe den Zuschlag erhalten.
124
In der in Bezug genommenen Stellungnahme des Zweckverbandes zur Wasserversorgung der …-Gruppe vom 31. August 2020 ist ausgeführt, Blei sei ein Nervengift, das soweit irgend möglich nicht in den menschlichen Körper gelangen dürfe. Die …-Gruppe, die mit der technischen Betriebsführung der Trinkwasserversorgung im Markt … beauftragt sei, habe schon frühzeitig auf die gesetzliche Änderung des Bleigrenzwertes im Jahr 2013 reagiert. Sie habe alle dem Zweckverband bekannten metallischen Komponenten, die direkt mit Trinkwasser in Kontakt kommen, auf ihr bleiabsorbierendes Verhalten bewertet und bei einer möglichen Bleiabgabe an das Trinkwasser konsequent nicht mehr eingesetzt. Nach der Trinkwasserverordnung sollten vermeidbare Belastungen so gering gehalten werden wie dies nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik möglich sei, auch weit unterhalb einer möglichen oder messbaren Schädigungsschwelle. Da das bleiabsorbierende Verhalten von alten Anlagenbestandteilen nicht wirklich bekannt sei, könnten nur Indikatoren zur Bewertung herangezogen werden. So sei vor dem Jahr 2013 Messing in Berührung mit Trinkwasser eingesetzt worden (z.B. in Wasserzählern, Armaturen, usw.), das bis zu 6% Bleianteil gehabt habe. Die Abgabe von Blei aus verzinktem Rohr sei sogar heute noch möglich, wenn der KB8.2 ≤ 0,20 mmol/l sei und für die der Neutralsalzquotient (S1) nach DIN EN 12502-3 folgende Bedingung erfülle: S1 < 1. Unter einem pH-Wert von 7,8 werde Blei aus dem Zink gelöst. In der Wasserversorgung … werde der pH-Wert technisch mittels Belüftung eingestellt. Der notwendige pH-Wert für ein stabiles, nicht aggressives Trinkwasser müsse dabei über 7,5 liegen. Eine Entsäuerung auf pH 7,8 sei technisch aber nicht immer möglich.
125
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
126
Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet.
127
Der Bescheid des Beklagten vom 24. Oktober 2017 in der Fassung vom 16. März 2018 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes … vom 26. Juni 2018 sind nur insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, als eine Kostenerstattung von mehr als 155,28 EUR festgesetzt worden ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
128
Die genannten Bescheide finden (nur) in der bezeichneten Höhe in Art. 9 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (BayRS 2024-1-I), in der vorliegend maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 13. Dezember 2016 (GVBl. S. 351), und in den Bestimmungen der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung des Beklagten vom 22. März 2012 (BGS/WAS) eine Rechtsgrundlage.
129
Gemäß Art. 9 Abs. 1 KAG können die Gemeinden, Landkreise und Bezirke bestimmen, dass ihnen die Kosten für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung des Teils eines Grundstücksanschlusses an Versorgungs- und Entwässerungsleitungen, der sich nicht im öffentlichen Straßengrund befindet, vom Grundstückseigentümer in der tatsächlich entstandenen Höhe oder nach Einheitssätzen (§ 130 BauGB) erstattet werden.
130
Soweit sich der Kläger darauf beruft, der Grundstücksanschluss stehe bis einschließlich der Hauptabsperrvorrichtung im Eigentum des Beklagten, weshalb dieser nach zivilgerichtlicher Rechtsprechung die Kosten der durchgeführten Maßnahme zu tragen habe, ist darauf hinzuweisen, dass die vom Kläger zitierte Rechtsprechung (OLG Koblenz, U.v. 17.4.2014 - 1 U 1281/12) keinen abgabenrechtlichen (öffentlich-rechtlichen) Kostenerstattungsanspruch des Trägers der öffentlichen Wasserversorgung betraf.
131
Wie sich der Regelung des § 35 Abs. 1 AVBWasserV entnehmen lässt, bleiben gemeinderechtliche Vorschriften zur Regelung des Abgabenrechts von den Bestimmungen der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser unberührt. Art. 9 Abs. 1 KAG kann deshalb einen öffentlich-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch für die Verbesserung, Erneuerung und Unterhaltung von Grundstücksanschlüssen festlegen (vgl. BVerwG, U.v. 6.10.1989 - 8 C 2/88 - juris Rn. 21 ff.), obwohl diese im Eigentum des Einrichtungsträgers stehen.
132
Der Markt … hat durch § 2 der Unternehmenssatzung für das Kommunalunternehmen Markt … (Anstalt des öffentlichen Rechts der Marktgemeinde …*) vom 28. April 1999, zuletzt geändert durch Satzung vom 6. Dezember 2016 (nachfolgend: Unternehmenssatzung), dem Beklagten u.a. die Aufgaben der Versorgung von …, …, …, … und … mit Wasser sowie die Beseitigung des Abwassers im Gemeindebereich … übertragen. In der Unternehmenssatzung wurde dem Beklagten allerdings nicht ausdrücklich auch die Befugnis übertragen, Abgabenbescheide zu erlassen.
133
Zwar enthält Art. 89 GO keine dem Art. 22 Abs. 1 KommZG entsprechende Regelung, wonach ausdrücklich auch die Befugnis, Abgaben zu erheben, auf einen Zweckverband übergeht. Auch gibt es keine allgemeine Regel, dass die Befugnis immer der Aufgabe folgt. Bei der Gründung von Kommunalunternehmen ist aber eine ausdrückliche Übertragung der Befugnisse, Abgaben zu erheben, neben der Aufgabenübertragung nicht erforderlich. Art. 91 Abs. 4 GO bestimmt, dass das Unternehmen zur Vollstreckung von Verwaltungsakten in demselben Umfang berechtigt ist wie die Gemeinde, wenn es aufgrund einer Aufgabenübertragung nach Art. 89 Abs. 2 GO hoheitliche Befugnisse ausübt und bei der Aufgabenübertragung nichts Abweichendes geregelt wird. Damit geht die Vorschrift stillschweigend davon aus, dass bei Kommunalunternehmen mit der Aufgabe auch die Befugnis übergeht (BayVGH, U.v. 16.2.2017 - 20 BV 16.90 - juris).
134
Der Markt …, dem gemäß § 6 Abs. 5 der genannten Unternehmenssatzung die Satzungshoheit hinsichtlich der dem Beklagten übertragenen Aufgaben verblieben ist, hat von der Ermächtigung des Art. 9 Abs. 1 KAG Gebrauch gemacht und in § 8 Abs. 1 BGS/WAS bestimmt, dass der Aufwand für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung der Grundstücksanschlüsse im Sinne des § 3 seiner Wasserabgabesatzung vom 19. November 2001 (WAS) mit Ausnahme der Kosten, die auf die im öffentlichen Straßengrund liegenden Teile der Grundstücksanschlüsse entfallen, in der jeweils tatsächlich entstandenen Höhe vom Grundstückseigentümer (§ 8 Abs. 2 Satz 2 BGS/WAS) zu erstatten ist.
135
Korrespondierend hierzu bestimmt § 9 Abs. 3 der Wasserabgabesatzung vom 10. November 2001, dass die Grundstücksanschlüsse vom Beklagten hergestellt, unterhalten, erneuert, geändert, abgetrennt und beseitigt werden.
136
Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen der Wasserabgabesatzung und der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch materiell-rechtlich ist gegen die Regelung des § 8 BGS/WAS nichts einzuwenden. Sie entspricht der Ermächtigungsgrundlage des Art. 9 Abs. 1 KAG.
137
Es ist rechtlich unschädlich, dass der Beklagte mit dem Kläger nur einen Miteigentümer für die Kostenerstattung in Anspruch genommen hat. Zahlungspflichtig ist, wer im Zeitpunkt des Entstehens des Erstattungsanspruchs Eigentümer des Grundstücks oder Erbbauberechtigter ist. Mehrere Zahlungspflichtige sind Gesamtschuldner (Art. 9 Abs. 2 KAG).
138
Der Beklagte konnte deshalb den Kläger als Gesamtschuldner für den Erstattungsanspruch in der im Tenor bezeichneten Höhe in Anspruch nehmen. Der Abgabenbescheid musste keinen ausdrücklichen Hinweis auf die sich aus dem Gesetz ergebende gesamtschuldnerische Haftung enthalten (BayVGH, B.v. 29.8.2003 - 23 CS 03.2169 -).
139
Der vom Beklagten mit Bescheid vom 24. Oktober 2017 in der Fassung vom 16. März 2018 geltend gemachte Aufwand für den Austausch der Wasserzählerarmaturenanlage und des nachfolgenden Anschlusses zur Außenwand ist nur in Höhe von 155,28 EUR erstattungsfähig.
140
Der Beklagte hat in § 3 WAS in Übereinstimmung mit der Mustersatzung bestimmt, das Grundstücksanschlüsse (= Hausanschlüsse) die Wasserleitungen von der Abzweigstelle der Versorgungsleitung bis zur Übergabestelle sind; sie beginnen mit der Anschlussvorrichtung und enden mit dem Hauptabsperrventil.
141
Die von der Beklagten über § 8 Abs. 1 BGS/WAS abgerechneten Kosten für die Wasserzählereinbaugarnitur erfassen jedoch nicht nur das Hauptabsperrventil, sondern auch den Wasserzählerbügel für die Aufnahme des Wasserzählers und das Ausgangsventil mit Entleerung, die jedoch Teil der Verbrauchsleitungen im Gebäude (Hausinstallation) sind.
142
Aufwendungen für die Erneuerung von Teilen der Wasserverbrauchsanlage im Gebäude können nicht durch einen auf Art. 9 Abs. 1 KAG i.V.m. § 8 Abs. 1 BGS/WAS gestützten Kostenerstattungsbescheid, sondern nur im Wege der Leistungsklage in entsprechender Anwendung des § 670 BGB geltend gemacht werden (vgl. BayVGH, B.v. 20.7.1998 - 23 ZB 98.1395 - BeckRS 1998, 25398; U.v. 16.3.2009 - 20 B 09.314 - juris Rn. 29; Thimet, Kommunalabgaben- und Ortsrecht in Bayern, Teil IV, Art. 9 Frage 1 Nr. 4).
143
Soweit die Kammer in ihrem Urteil vom 12.9.2018 - AN 1 K 17.02460 - die Auffassung vertreten hat, eine Wasserzählereinbaugarnitur unterfiele vollständig dem Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 1 KAG, da sie mit der Hauptabsperrvorrichtung als Einheit geliefert werde, wird an dieser Rechtsauffassung im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 20.7.1998, a.a.O.) nicht mehr festgehalten.
144
Da der genaue Kostenanteil der Hauptabsperrvorrichtung an den geltend gemachten Gesamtkosten der Wasserzählereinbaugarnitur (216,40 EUR) nicht bekannt ist und von der Beklagten nicht ermittelt werden konnte, ist er in Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) aa) KAG i.V.m.
§ 162 Abs. 1 AO zu schätzen. Art. 13 KAG findet auch auf den Erstattungsanspruch des Art. 9 Abs. 1 KAG, einer öffentlichen Abgabe eigener Art, Anwendung (BayVGH, U.v. 22.6.1999 - 23 B 98.3202 - juris).
145
Die Schätzung ist ein Hilfsmittel zur Tatsachenfeststellung, das nur zu einem vertretbaren Ergebnis führen muss (BayVGH, U.v. 16.3.2009 - 20 B 08.3295 - juris Rn. 31).
146
Die Kammer übernimmt die Angaben des Beklagten, wonach für das Hauptabsperrventil Kosten in Höhe von ca. 30.- EUR anzusetzen seien. Im Internet finden sich Preisangaben im Rahmen bis zu 35.- EUR, so dass sich die Schätzung im vertretbaren Bereich bewegt.
147
Soweit es die Erstattung der Kosten für die Erneuerung des Hauptabsperrventils und des angrenzenden Anschlusses zur Außenwand als Teile des Grundstücksanschlusses betrifft, gilt, dass dem Einrichtungsträger bei der Entscheidung, ob eine Verbesserung oder Erneuerung erforderlich ist, ein Einschätzungsspielraum zukommt (vgl. BayVGH, U.v. 29.7.1996 - 23 B 90.776 - BayVBl 1997, 83; B.v. 29.11.2011 - 20 ZB 11.451 - juris Rn. 4; Nitsche/Baumann/Schwamm-berger, Satzungen zur Abwasserbeseitigung, Rn. 5 zu § 8 BGS; Eckstein in Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, Rn. 20 zu Art. 8), wobei dem Einrichtungsträger nach dem Grundsatz von Treu und Glauben eine Schutzpflicht zugunsten des Grundstückseigentümers obliegt, die Kosten für die Herstellung, Instandsetzung und Erneuerung einer Hausanschlussleitung möglichst gering zu halten; er hat darauf zu achten, dass diese Kosten einen vertretbaren Umfang nicht überschreiten (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2000 - 23 ZB 00.1083 - unter Hinweis u. a. auf U.v. 21.3.1997 - 23 B 93.509 - GK 1997/187; B.v. 31.1.2000 - 23 ZB 99.3481 - unter Hinweis auf B.v. 28.8.1990 - 236 XXIII 76 - VGH n. F. 33, 146/148; U.v. 24.7.1996 - 23 B 90.776 - BayVBl 1997, 83 = VGH n. F. 49, 138 ff.; B.v. 3.4.1997 - 23 BZ 93.727 -; Eckstein in: Schieder/Happ, a.a.O., Rn. 20 zu Art. 9).
148
Dieser Einschätzungsspielraum ist vorliegend nicht überschritten worden. Der Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass die aus dem Jahr 1983 stammende, aus Zink bestehende Hausanschlussleitung korrosions- und damit bruchgefährdet war und zudem nicht auszuschließen war, dass in der zum Zeitpunkt des Austausches 33 Jahre alten Wasserzählerarmaturenanlage bleihaltiges Messing verwendet worden war. Über die Möglichkeit des Bleiaustritts aus älteren Wasserzählerarmaturenanlagen finden sich verschiedene Berichte im Internet (z.B. https://www. …de/ …web.nsf/id/li_austausch_wasserzaehler.html; https://www.ewe-armaturen.de/fileadmin/ewe-downloads/pressemitteilungen/pm-d_si-messing-2012.pdf).
149
Der Beklagte trägt die Verantwortung dafür, dass die in seinem Eigentum stehenden Anlagenteile der Wasserversorgung, also auch die Hausanschlüsse, den Vorgaben der Trinkwasserverordnung entsprechen. Der Geltungsbereich der Trinkwasserverordnung umfasst sowohl Wasserversorgungsanlagen als auch Trinkwasser-Installationen (§ 3 Nr. 2 und 3 TrinkwV).
§ 6 Abs. 3 TrinkwV gibt im sog. Minimierungsgebot vor, dass Konzentrationen von chemischen Stoffen, die das Trinkwasser verunreinigen oder seine Beschaffenheit nachteilig beeinflussen können, so niedrig gehalten werden sollen, wie dies nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik mit vertretbarem Aufwand unter Berücksichtigung von Einzelfällen möglich ist.
150
Die beiden genannten Gesichtspunkte (Erhebliches Alter der vorhandenen Anlagenteile und das Minimierungsgebot der TrinkwV) tragen die Entscheidung des Beklagten für den Austausch des Hauptabsperrventils und des Anschlusses zur Außenwand als ermessensgerecht, zumal eine schriftliche Zustimmungserklärung der Ehefrau des Klägers als Miteigentümerin vorlag.
151
Ob der Kläger bzw. seine Ehefrau sich hinsichtlich der in ihren Verantwortungsbereich fallenden Anlagenteile nach dem Hauptabsperrventil, die von dem Beklagten erneuert worden sind, auf Bestandsschutz nach § 17 Abs. 2 Satz 2 TrinkwV hätten berufen können, bedarf vorliegend keiner Klärung, da der Beklagte - wie oben dargelegt - ohnehin rechtlich nicht befugt ist, die ihm diesbezüglich entstandenen Aufwendungen über § 8 Abs. 1 BGS/WAS geltend zu machen.
152
Die dem Einrichtungsträger durch den Zweckverband der …-Gruppe in Rechnung gestellten Beträge, die der Beklagte über § 8 Abs. 1 BGS/WAS geltend gemacht hat, können grundsätzlich dann als angemessen gelten, wenn bei der Auftragsvergabe und -abrechnung die VOB beachtet wurde, was nach Angaben des Beklagten der Fall war.
153
Selbst wenn vergaberechtliche Bestimmungen nicht beachtet worden sein sollten, stünde dies der Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen in (der verbliebenen) Höhe von 155,28 EUR nicht entgegen, da dieser Betrag unter Berücksichtigung, dass der Beklagte keine - grundsätzlich erstattungsfähigen - Arbeitskosten abgerechnet hat, keine in jeder Hinsicht unverhältnismäßige Höhe erreicht (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2007 - 6 BV 04.496 - juris Rn. 25).
154
Dem Beklagten steht demnach ein Erstattungsanspruch auf der Grundlage des Art. 9 Abs. 1 KAG i.V.m. § 8 Abs. 1 BGS/WAS nur in Höhe von 155,28 EUR zu (125,28 EUR + 30.- EUR) zu.
155
Demnach waren der Bescheid des Beklagten vom 24. Oktober 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. März 2018 sowie der Widerspruchsbescheid in dem im Tenor bezeichneten Umfang aufzuheben und im Übrigen die Klage abzuweisen.
156
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 161 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO sowie § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
157
Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.