Titel:
Darlehensvertrag, Darlehensnehmer, Widerruf, Widerrufsrecht, Widerrufsfrist, Leistungen, Widerrufsbelehrung, Vertragsschluss, Bank, Pflichtangaben, Frist, Annahmeverzug, Darlehen, Anspruch, wichtiger Grund, Kosten des Rechtsstreits, negative Feststellungsklage
Schlagworte:
Darlehensvertrag, Darlehensnehmer, Widerruf, Widerrufsrecht, Widerrufsfrist, Leistungen, Widerrufsbelehrung, Vertragsschluss, Bank, Pflichtangaben, Frist, Annahmeverzug, Darlehen, Anspruch, wichtiger Grund, Kosten des Rechtsstreits, negative Feststellungsklage
Rechtsmittelinstanz:
OLG Bamberg, Urteil vom 28.04.2021 – 8 U 191/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 52431
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers, die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen sowie die örtliche Zuständigkeit des Gerichts.
2
Der Kläger, dessen Verbrauchereigenschaft nicht im Streit steht, erwarb im Februar 2016 einen … zum Kaufpreis von 25.500,00 € bei der Firma Autohaus K. & S. GmbH in …. Auf den Kaufpreis sollte der Kläger eine Anzahlung i.H.v. 16.000 € zu leisten. Zur Finanzierung des darüber hinausgehenden Betrages schlossen die Parteien mit Datum vom 02.02.2016 einen Darlehensvertrag über 10.307,00 € mit einem gebundenen Sollzinssatz von 2,462% p.a. und einer Laufzeit von 84 Monaten. Im Darlehensnettobetrag enthalten war eine Prämie zur Ratenschutzversicherung über 807,00 €. Zins- und Tilgungsleistungen sollten in 83 Monatsraten zu jeweils 134,00 € und einer ersten Rate von 111,20 € erbracht werden.
3
Über sein Widerrufsrecht informierte die Beklagte den Kläger im Darlehensantrag auf Seite 9 wie folgt:
Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. Der Darlehensnehmer hat alle Pflichtangaben erhalten, wenn sie in der für den Darlehensnehmer bestimmten Ausfertigung seines Antrags oder in der für den Darlehensnehmer bestimmten Ausfertigung der Vertragsurkunde oder in einer für den Darlehensnehmer bestimmten Abschrift seines Antrags oder der Vertragsurkunde enthalten sind und dem Darlehensnehmer eine solche Unterlage zur Verfügung gestellt worden ist. Über in den Vertragstext nicht aufgenommene Pflichtangaben kann der Darlehensnehmer nachträglich auf einem dauerhaften Datenträger informiert werden; die Widerrufsfrist beträgt dann einen Monat. Der Darlehensnehmer ist mit den nachgeholten Pflichtangaben nochmals auf den Beginn der Widerrufsfrist hinzuweisen. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs, wenn die Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. Brief, Telefax, E-Mail) erfolgt. Der Widerruf ist zu richten an:
Besonderheiten bei weiteren Verträgen
Wenn dem Darlehensnehmer für den weiteren Vertrag ein Rückgaberecht an Stelle eines Widerrufsrechts eingeräumt wurde, steht die Rückgabe im Folgenden dem Widerruf gleich.“
- Widerruft der Darlehensnehmer diesen Darlehensvertrag, so ist er auch an den KFZ-Kaufvertrag, den Vertrag über die Erbringung von Händler-Service-Leistungen, den Beitritt zur Ratenschutzversicherung, den Beitritt zur …Versicherung und den Beitritt zur … (im Folgenden: verbundener Vertrag) nicht mehr gebunden.
- Steht dem Darlehensnehmer in Bezug auf den verbundenen Vertrag ein Widerrufsrecht zu, so ist er mit wirksamem Widerruf des verbundenen Vertrags auch an den Darlehensvertrag nicht mehr gebunden. Für die Rechtsfolgen des Widerrufs sind die in dem verbundenen Vertrag getroffenen Regelungen und die hierfür erteilte Widerrufsbelehrung maßgeblich.
Soweit das Darlehen bereits ausbezahlt wurde, hat es der Darlehensnehmer spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung. Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 0,69 Euro zu zahlen. Dieser Betrag verringert sich entsprechend, wenn das Darlehen nur teilweise in Anspruch genommen wurde.
Besonderheiten bei weiteren Verträgen
- Steht dem Darlehensnehmer in Bezug auf den verbundenen Vertrag ein Widerrufsrecht zu, sind im Fall des Widerrufs des verbundenen Vertrags Ansprüche des Darlehensgebers auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags gegen den Darlehensnehmer ausgeschlossen.
- Ist der Darlehensnehmer aufgrund des Widerrufs dieses Darlehensvertrags an den verbundenen Vertrag nicht mehr gebunden, sind insoweit die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren.
- Der Darlehensnehmer ist nicht verpflichtet, die Sache zurückzusenden, wenn der an dem verbundenen Vertrag beteiligte Unternehmer angeboten hat, die Sachen abzuholen. Grundsätzlich trägt der Darlehensnehmer die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Dies gilt nicht, wenn der an dem verbundenen Vertrag beteiligte Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen, oder er es unterlassen hat, den Verbraucher über die Pflicht, die unmittelbaren Kosten der Rücksendung zu tragen, zu unterrichten. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung Verbrauchers geliefert worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können. Wenn der Darlehensnehmer die aufgrund des verbundenen Vertrags überlassene Sache nicht oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren kann, hat er insoweit Wertersatz zu leisten. Dies kommt allerdings nur in Betracht, wenn der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war.
- Wenn der Darlehensnehmer infolge des Widerrufs nicht mehr an den weiteren Vertrag gebunden ist oder infolge des Widerrufs des weiteren Vertrags nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden ist, gilt ergänzend Folgendes: Ist das Darlehen bei Wirksamwerden des Widerrufs dem Vertragspartner des Darlehensnehmers bereits zugeflossen, tritt der Darlehensgeber im Verhältnis zum Darlehensnehmer hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Vertragspartners aus dem weiteren Vertrag ein.
Einwendungen bei verbundenen Verträgen
- Der Darlehensnehmer kann die Rückzahlung des Darlehens verweigern, soweit ihn Einwendungen berechtigen würden, seine Leistung gegenüber dem Vertragspartner aus dem verbundenen Vertrag zu verweigern. Dies gilt nicht, wenn das finanzierte Entgelt weniger als 200 Euro beträgt oder wenn der Rechtsgrund für die Einwendung auf einer Vereinbarung beruht, die zwischen dem Darlehensnehmer und dem anderen Vertragspartner nach dem Abschluss des Darlehensvertrags getroffen wurde. Kann der Darlehensnehmer von dem anderen Vertragspartner Nacherfüllung verlangen, so kann er die Rückzahlung des Darlehens erst verweigern, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist.
Auf Seite 5 des Antragsformulars heißt es unter Punkt C)
IV. Darlehensbedingungen unter Ziffer 1 a. :
„Zustandekommen des Darlehensvertrages aa) Dieser Darlehensvertrag kommt durch Antrag der Darlehensnehmer und Annahme der Bank zustande.
ab) Die Darlehensnehmer stellen ihren Antrag und die Bank erklärt im Falle einer Annahme diese unter der auflösenden Bedingung, dass die Darlehensvertragsurkunde im Original mit den einzureichenden Unterlagen innerhalb von bis zu 180 Tagen der Bank zur Verfügung gestellt wird. Die Bank bestätigt die Annahme des auflösend bedingten Darlehensantrages. Die Bestätigung der Annahme durch die Bank enthält das Datum, bis zu dem der Bank die Darlehensvertragsurkunde im Original mit den einzureichenden Unterlagen vorliegen muss. Das Datum bestimmt sich hierbei in Abhängigkeit des voraussichtlichen Liefertermins des mit diesem Darlehensvertrag finanzierten KFZ. Die Annahmeerklärung bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.
ac) Sofern die Darlehensnehmer keine Bestätigung der Bank über die Annahme des Darlehensantrags gem. ab) erhalten, stellen die Darlehensnehmer ihren Antrag unter die auflösende Bedingung, dass der Darlehensvertrag der Bank im Original mit den zu dem Darlehen einzureichenden Unterlagen innerhalb von 180 Tagen ab Antragstellung (Datum der Darlehensvertragsurkunde) zur Verfügung gestellt wird. Der Abschluss des Darlehensvertrages ist in diesem Fall spätestens unter dem Buchungsdatum der Belastung der 1. Darlehensrate auf dem Kundenkonto (Lastschrift-Einzugskonto) der Darlehensnehmer bestätigt.
ad) Diese Vertragsurkunde stellt die Abschrift des Darlehensvertrags i.S.d. § 492 Abs. 3 Satz 1 BGB dar.“
4
Auf Seite 6 des Antragsformulars heißt es unter Punkt C)
IV. Darlehensbedingungen unter Ziffer 1 d.:
„db) Kündigungsmöglichkeiten von Bank und Darlehensnehmern Der Darlehensvertrag kann von beiden Vertragspartnern (Bank/Darlehensnehmern) aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer vertraglichen Pflicht (zum Beispiel Pflichten der Darlehensnehmer gemäß C)
IV. 1.c.) ist die Kündigung erst nach Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig, es sei denn, dies ist wegen der Besonderheiten des Einzelfalles entbehrlich.
Kündigungserklärungen haben schriftlich zu erfolgen. Eine Kündigungserklärung der Darlehensnehmer gilt als nicht erfolgt, wenn sie den geschuldeten Betrag nicht binnen 2 Wochen zurückzahlen.“
5
Weiter heißt es auf Seite 7 des Antragsformulars unter Ziffer 1 gb):
„Kommen die Darlehensnehmer mit einer oder mehreren Tilgungsraten ganz oder teilweise in Verzug (Zahlungsverzug) berechnet die Bank bei Verbrauchern den konkret durch den Zahlungsverzug entstandenen Schaden. Verzugszinsen werden während der Vertragslaufzeit nicht berechnet.“
6
Unter Ziffer 1h) Bestehen eines Widerrufsrechts heißt es zudem:
„Als Verbraucher haben die Darlehensnehmer das Recht, den Darlehensvertrag zu widerrufen. Verbraucher gem. § 13 BGB ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. (…)“
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Weiter heißt es auf Seite 7 des Antragsformulars unter Punkt 2.e. Vorfälligkeitsentschädigung:
„Im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung kann die Bank gemäß § 502 BGB von den Darlehensnehmern eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen. In diesem Fall wird die Bank diesen Schaden nach den vom Bundesgerichtshof für die Berechnung vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen berechnen, die insbesondere
- ein zwischenzeitlich verändertes Zinsniveau,
- die für das Darlehen ursprünglich vereinbarten Zahlungsströme,
- den der Bank entgangenen Gewinn,
- den mit der vorzeitigen Rückzahlung verbundenen Verwaltungsaufwand (Bearbeitungsentgelt) sowie
- die infolge der vorzeitigen Rückzahlung ersparten Risiko und Verwaltungskosten berücksichtigen.
Die so errechnete Vorfälligkeitsentschädigung wird, wenn sie höher ist, auf den niedrigeren der beiden folgenden Beträge reduziert:
- 1 Prozent beziehungsweise, wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung weniger als 1 Jahr beträgt, 0,5% des vorzeitig zurückgezahlten Betrages,
- den Betrag der Sollzinsen, den die Darlehensnehmer in dem Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung entrichtet hätten.“
8
Weiter heißt es unter Punkt 2.f. Anspruch auf einen Tilgungsplan:
„Die Darlehensnehmer können von der Bank jederzeit einen Tilgungsplan verlangen.“
9
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Darlehensvertrag sowie die Bestellung des Fahrzeugs Bezug genommen.
10
Das Darlehen wurde im Monat Februar 2016 vollständig an den Verkäufer des Fahrzeugs ausgekehrt. Der Kläger nahm im März 2016 die Ratenzahlung auf.
11
Mit Schreiben vom 19.12.2018 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung und forderte die Beklagte zur Rückabwicklung und Rückabtretung der bestellten Sicherheiten unter Fristsetzung bis zum 04.01.2019 auf. Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 02.01.2019 zurück. Mit anwaltlichem Schreiben vom 18.02.2019 forderte der Kläger die Beklagte erneut auf, den Darlehensvertrag rückabzuwickeln und die abgetretenen Lohn- und Gehaltsansprüche rückabzutreten. Ferner stellte er die Zahlung der weiteren Raten unter den Vorbehalt der Rückforderung.
12
Der Kläger zahlte die monatlichen Darlehensraten in Höhe von 134,00 € auch nach erfolgtem Widerruf weiter an die Beklagte, zuletzt im Februar 2020.
13
Der Kläger meint, er sei nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert worden und ihm seien bei Vertragsschluss nicht alle Pflichtangaben mitgeteilt worden, weshalb die Widerrufsfrist im Dezember 2018 noch nicht abgelaufen sei. Eine fehlerhafte Angabe sei zudem wie eine fehlende Angabe zu behandeln. Der Widerruf sei daher wirksam.
14
Der Kläger wendet sich mit folgenden Argumenten gegen die Wirksamkeit der Widerrufsinformation:
15
Entgegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB fehle eine Angabe des Verzugszinssatzes für den Fall der Vertragskündigung. In Ziffer 1 lit. gb) werde nur darüber belehrt, dass Verzugszinsen während der Vertragslaufzeit nicht berechnet werden.
16
Entgegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 13 EGBGB habe die Beklagte nicht hinreichend über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts belehrt. Die Beklagte habe das Bestehen des Widerrufsrechts von dem Vorliegen einer Verbrauchereigenschaft abhängig gemacht, über welche sie in den Darlehensbedingungen unter der Überschrift „Bestehen eines Widerrufsrechts“ fehlerhaft belehrt habe. Die dort mitgeteilte Definition des Verbraucherbegriffes weiche von der gesetzlichen Regelung in § 13 BGB ab.
17
Entgegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB werde nicht klar und verständlich auf den Anspruch des Darlehensnehmers auf einen Tilgungsplan hingewiesen. Es werde nicht darauf hingewiesen, dass der Tilgungsplan unentgeltlich zu erteilen ist.
18
Entgegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB werde nicht ausreichend über das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung des Vertrages aufgeklärt. Der Vertragstext enthalte lediglich den Hinweis, wonach das Recht des Darlehensnehmers zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund unberührt bleibe. Die konkrete Vorschrift des § 314 BGB werde nicht genannt, weshalb es an der notwendigen Pflichtangabe und damit an einer ordnungsgemäßen Widerrufsinformation fehle. Zudem sei zu nennen, wohin die Kündigung zu senden ist.
19
Entgegen Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB werde nicht hinreichend über den Beginn der Widerrufsfrist aufgeklärt. In der Widerrufsinformation werde zwar belehrt, dass die Widerrufsfrist nach Abschluss des Vertrages, aber erst nach Mitteilung aller Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB beginne. Die Formulierungen in dem Abschnitt „Darlehensbedingungen“ unter der Überschrift „Zustandekommen des Vertrages“ seien für den durchschnittlich verständigen Verbraucher unverständlich. Für diesen sei daher nicht mit hinreichender Sicherheit bestimmbar, wann es zum Vertragsschluss und somit zum Beginn der Widerrufsfrist komme.
20
Entgegen Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB werde nicht ausreichend über die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung aufgeklärt. Ein durchschnittlich verständiger Darlehensnehmer könne anhand der lediglich globalen Angaben eine eventuelle Vorfälligkeitsentschädigung im Vorfeld einer vorzeitigen Darlehensablösung unmöglich selbst ausrechnen oder grob abschätzen. Es sei beispielsweise anzuführen, ob von der Aktiv-Aktiv-Methode oder der Aktiv-Passiv-Methode Gebrauch gemacht werde.
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Die Beklagte habe zudem die Gestaltungshinweise der Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge zu verbundenen Geschäften fehlerhaft umgesetzt, da sie über nicht abgeschlossene Zusatzverträge belehrt habe bzw. unzutreffend darüber belehrt habe, dass die zusätzlichen Leistungen verbundene Verträge seien. Die Beklagte könne sich aufgrund der durchgeführten Veränderungen nicht auf den Schutz des gesetzlichen Musters gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen.
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Die Beklagte habe auch fehlerhaft über die Widerrufsfolgen belehrt. Da der Darlehensvertrag und der KFZ-Kaufvertrag verbundene Verträge sind, schulde der Verbraucher nur noch Herausgabe des Fahrzeugs und gegebenenfalls Wertersatz, eine Rückzahlung der Darlehensvaluta könne der Darlehensgeber aber im Verhältnis zum Darlehensnehmer nicht verlangen. Auch bestehe keine Pflicht Sollzinsen bis zur Rückzahlung zu entrichten.
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Das Darlehensverhältnis hätte sich daher auf Grund des wirksamen Widerrufs in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt. Die Beklagte trete gemäß § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB im Verhältnis zum Kläger hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein. Die Beklagte schulde dem Kläger sowohl Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen als auch der an den Verkäufer geleisteten Anzahlung. Zudem schulde die Beklagte die Herausgabe des zur Restschuldversicherung geleisteten Beitrags. Die Beklagte könne vom Kläger die Herausgabe des Fahrzeugs verlangen, wobei der Kläger insoweit einen Wertersatz im Hinblick auf die gefahrenen Kilometer nicht zu leisten habe.
24
Die Klägerseite ist der Ansicht, die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bayreuth folge sowohl hinsichtlich der negativen Feststellungsklage als auch hinsichtlich der weiteren Anträge aus § 29 ZPO. Betreffend die Rückabwicklung eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrags sei ein einheitlicher Erfüllungsort an dem Belegenheitsort der Kaufsache, dem Wohnsitz des Klägers, gegeben.
25
Mit der am 10.05.2019 eingereichten und der Beklagten am 06.07.2019 zugestellten Klage hat der Kläger zunächst beantragt, festzustellen, dass die Beklagte infolge des wirksamen Widerrufs aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag keinen Anspruch mehr auf Zahlung der Zins- und Tilgungsleistungen hat.
26
Nur hilfsweise, für den Fall der Zulässigkeit und Begründetheit des Hauptantrags, hat der Kläger beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 20.533,20 € nebst Zinsen binnen sieben Tagen nach Übergabe des Fahrzeugs … sowie zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.358,86 € zu verurteilen sowie festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
27
Mit Schriftsatz vom 19.02.2020 hat der Kläger zudem weiter hilfsweise geltend gemacht, die Beklagte zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.742,00 € zu verurteilen und somit Rückzahlung der im Zeitraum Februar 2019 bis Februar 2020 weiter an die Beklagte gezahlten Darlehensraten gefordert.
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Mit Schriftsatz vom 05.03.2020 hat der Kläger die innerprozessuale Bedingung aufgegeben.
29
Der Kläger beantragt zuletzt,
- 1.
-
Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 02.02.2016 mit der Darlehensnummer … über ursprünglich 10.307,00 € ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 19.12.2018 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht.
- 2.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 20.533,20 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 01.02.2019 binnen sieben Tagen nach Übergabe des Fahrzeugs …, Fahrgestellnummer …, zu zahlen.
- 3.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen weiteren Betrag in Höhe von 1.742,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus jeweils 134,00 € seit dem 16.02.2019, seit dem 16.03.2019, seit dem 16.04.2019, seit dem 16.05.2019, seit dem 16.06.2019, seit dem 16.07.2019, seit dem 16.08.2019, seit dem 16.09.2019, seit dem 16.10.2019, seit dem 16.11.2019, seit dem 16.12.2019, seit dem 16.01.2020 sowie seit dem 16.02.2020 zu zahlen.
- 4.
-
Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zu 2) in Annahmeverzug befindet.
- 5.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 1.358,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
30
Die Beklagte beantragt,
31
Die Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit. Die Zuständigkeit sei grundsätzlich für jede Schuld gesondert zu bestimmen. Bei den Zahlungsanträgen handele es sich um eine Geldforderung, welche gemäß §§ 269, 270 Abs. 4 BGB am Sitz des vermeintlichen Schuldners zu erfüllen ist. Jedenfalls hierfür sei das angerufene Gericht nicht zuständig. Auch für den negativen Feststellungsantrag bestehe keine Zuständigkeit am Wohnsitz des Darlehensnehmers, insbesondere könne eine Zuständigkeit auch nicht mit einem in der ZPO nicht vorgesehenen Spiegelbildprinzip konstruiert werden. Überdies bestehe für die Rückabwicklung eines Darlehensvertrages nach Widerruf kein einheitlicher Erfüllungsort. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass ein Verbundgeschäft vorliege. Die negative Feststellungsklage diene zudem lediglich der Vorbereitung der Zahlungsanträge.
32
Die Beklagte meint zudem, ein Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrags sei im Dezember 2018 nicht mehr möglich gewesen, da die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war.
33
Im Darlehensantrag der Klagepartei und der ihr vorliegenden Abschrift hierin seien sämtliche Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 §§ 6-13 EGBGB in der maßgeblichen Fassung enthalten. Insbesondere seien hinreichende Angaben zu dem Anspruch auf einen Tilgungsplan, das Verfahren bei Kündigung, der Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung als auch hinreichende Angaben zum Fristbeginn enthalten. Für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung komme es nur auf diese und nicht auf Umstände an, die außerhalb dieser liegen. Auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zum sog. Kaskadenverweis führe nicht dazu, dass die Beklagte nicht hinreichend über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt habe.
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Die Beklagte ist zudem der Ansicht, hinreichend und zutreffend über die Widerrufsfolgen belehrt zu haben. Auch bei einem mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrag könne die Belehrung über die Rückzahlungspflicht der Darlehensvaluta zutreffend sein. Auf die Ausnahme für den Fall, dass das Darlehen dem Vertragspartner des Darlehensnehmers bereits zugeflossen sei, weise die Belehrung zutreffend unter „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ hin. Auch stehe der Bank im Grundsatz ein Zinsanspruch zu.
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Die Beklagte meint weiter, sie habe auch hinreichend über das Bestehen eines Widerrufsrechts an sich aufgeklärt.
36
Ein Verzugszinssatz sowie die Art und Weise seiner Anpassung sei nicht anzugeben gewesen, weil die Beklagte vorliegend auf die Geltendmachung von Verzugszinsen verzichtet hat. Der maßgeblichen Vorschrift (Art. 247 §§ 3 Nr. 11, 6 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB) in der maßgeblichen Fassung sei auch nicht zu entnehmen, dass ein solcher für die Zeit nach dem Vertrag anzugeben ist.
37
Die Beklagte ist zudem der Ansicht, es sei unschädlich, dass über Rechtsfolgen des Widerrufs bei verbundenen Verträgen informiert werde, auch wenn solche nicht vorlägen. Eine Sammelbelehrung sei nicht unzulässig. Formularverträge müssten für verschiedene Vertragsgestaltungen offen sein.
38
Die Beklagte beruft sich zudem auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3, § 12 Abs. 1 Satz 3 EGBGB Die Beklagte hat für den Fall des wirksamen Widerrufs hilfsweise die Aufrechnung in Höhe von 4.970,15 € sowie 330,21 € betreffend eines ihr behaupteten zustehenden Wertersatzanspruchs (§§ 357 VII analog, 358 BGB) sowie in Höhe von 573,85 € (Zinsanspruch) sowie in Höhe von 6.375,00 € (Wertverlust) in der genannten Reihenfolge erklärt.
39
Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2020 wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
40
Die Klage ist nur teilweise zulässig (A.) Im Übrigen ist sie unbegründet (B.)
41
Die Klage ist nur teilweise zulässig.
42
Hinsichtlich der negativen Feststellungsklage (Klageantrag zu 1.) ist die Klage zulässig, insbesondere ist das Landgericht Bayreuth örtlich zuständig (I.). Hinsichtlich der Klageanträge zu 2. bis 4. ist das Landgericht Bayreuth örtlich unzuständig (II.).
43
Bei mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen i.S.v. § 260 ZPO ist die örtliche Zuständigkeit für jeden Anspruch gesondert zu prüfen (BeckOK ZPO/Bacher, 36. Ed. 1.3.2020, ZPO § 260 Rn. 4,19; Thomas/Putzo/Seiler, 41. Aufl. 2020, § 260, Rn. 11).
44
I. Eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bayreuth hinsichtlich der negativen Feststellungsklage ergibt sich aus § 29 ZPO (1.) Auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist vorliegend gegeben (2.).
45
1. Gemäß § 29 Abs. 1 ZPO besteht für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen, eine Zuständigkeit des Gerichts des Ortes, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Die Vorschrift gilt sowohl für Leistungsklagen als auch für positive und negative Feststellungsklagen (OLG Celle, Urt. v. 26.02.2020 - 3 U 157/19, BeckRS 2020, 6552, Rn. 17 mwN; Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 29 Rn. 25.43). Gegenstand der negativen Feststellungsklage (Klageantrag zu 1.) sind die streitigen Ansprüche der Beklagten auf Zins- und Tilgungsleistungen aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Erfüllungsort bestimmt sich nach materiellem Recht. Nach § 270 Abs. 4 BGB i.V.m. § 269 BGB sind Geldschulden im Zweifel am Wohnsitz des Schuldners zu erfüllen. Erfüllungsort für die mit der negativen Feststellungsklage vorliegend bekämpften Zahlungsansprüche der Beklagten nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ist demnach der Wohnsitz des Klägers, welcher sich im hiesigen Landgerichtsbezirk befindet. Auf die Anwendbarkeit des sogenannten Spiegelbildprinzips kommt es insoweit vorliegend nicht an (OLG Celle, Urt. v. 26.02.2020 - 3 U 157/19, BeckRS 2020, 6552, Rn. 26).
46
2. Für die erhobene negative Feststellungsklage besteht auch ein Feststellungsinteresse, weil sich die Beklagte der genannten Ansprüche berühmt, indem sie die Wirksamkeit des Widerrufs bestreitet (BGH, Urteil vom 02. April 2019 - XI ZR 583/17 -, Rn. 10 - 12; OLG Celle Urt. v. 26.2.2020 - 3 U 157/19, BeckRS 2020, 6552 Rn. 41).
47
Das Feststellungsinteresse entfällt auch nicht deshalb, weil der Kläger zugleich Ansprüche auf Rückabwicklung geltend macht. Die auch gegen eine künftige Erfüllungsleistung gerichtete negative Feststellungsklage weist einen von der Leistungsklage unterschiedlichen Streitgegenstand auf (BGH, Urt. v. 16.05.2017 - XI ZR 586/15, NJW 2017, 2340; Urt. v. 02.04.2019 - XI ZR 583/17; OLG Stuttgart, Urt. V. 02.07.2019 - 6 U 193/16; OLG Hamm, Urt. v. 27.11.2019 - 31 U 114/18; OLG Celle Urt. v. 26.2.2020 - 3 U 157/19, BeckRS 2020, 6552 Rn. 42). Der Feststellungsantrag geht zudem auch über den Zahlungsantrag zu 3., mit welchem der Kläger Rückzahlung der bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung weiter gezahlten Darlehensraten geltend macht, hinaus, da dieser auch die streitigen künftigen Ansprüche des Darlehensgebers umfasst (vgl. auch OLG Hamm, Urt. v. 27.11.2019 - 31 U 114/18, Rn. 64).
48
Daher liegt auch nicht lediglich eine Zwischenfeststellungsklage vor.
49
II. Hinsichtlich der Klageanträge zu 2. bis 4. besteht weder eine Zuständigkeit des Landgerichts Bayreuth aus § 29 ZPO noch gemäß § 29 c ZPO noch kraft Sachzusammenhangs.
50
1. Eine örtliche Zuständigkeit ergibt sich insbesondere nicht aus § 29 ZPO.
51
a. Mit dem Antrag zu 2. macht der Kläger Ansprüche aus Rückabwicklung des streitgegenständlichen Darlehensvertrags nach Widerruf gem. §§ 358 Abs. 4 Satz 1, 5, 355 Abs. 3 BGB geltend.
52
Bei Rückabwicklung eines Darlehensvertrags nach Widerruf ist je nach streitiger Verpflichtung ein unterschiedlicher Erfüllungsort maßgeblich (Zöller/Schultzky, 33. Aufl. 2020, ZPO, § 29, Rn. 25 Rückabwicklung mwN). Hinsichtlich des Antrags zu 2. liegt die maßgebliche Verpflichtung in der Zahlung von 20.533,20 € nebst Zinsen hieraus. Die Pflicht des Darlehensgebers zur Rückgewähr der empfangenen Leistung stellt eine Geldschuld dar. Der diesbezügliche Erfüllungsort liegt nach § 270 Abs. 1, 4 BGB i.V.m. § 269 Abs. 1 BGB am Sitz der Beklagten.
53
Auch das Vorliegen eines verbundenen Vertrags ändert hieran nichts (LG Aachen, Urt. v. 19.12.2019 - 1 O 133/19, Anlage B7; LG München II, Beschluss v. 28.01.2020 - 11 O 4647/19 Fin, Anlage B 8; a.A. OLG Hamm, Urt. v. 27.11.2019 - 31 U 114/18, juris Rn. 78). Zwar tritt die kreditgewährende Bank nach erfolgreichem Widerruf in die Position des Verkäufers gemäß § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB ein, wenn das Darlehen dem Unternehmer bereits zugeflossen ist. Auch besteht für die Rückabwicklung eines Kaufvertrags ein einheitlicher Erfüllungsort dort, wo sich die veräußerte Sache vertragsgemäß befindet (BGH NJW 1983, 1479 Rn. 14; Zöller/Schultzky, 33. Aufl. 2020, ZPO, § 29, Rn. 25 Kaufvertrag). Soweit das finanzierte Geschäft in die Rückabwicklung des Darlehensvertrags miteinbezogen ist, handelt es sich jedoch um einen reinen Annex des Darlehenswiderrufs (vgl. auch LG Aachen, Urt. v. 19.12.2019 - 1 O 133/19, Anlage B7). Für die Rückabwicklung eines Darlehensvertrags besteht - auch bei mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrag i.S.d. § 358 BGB - kein einheitlicher Erfüllungsort. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Rückabwicklung sich insoweit bei Vertragsschlüssen seit dem 13.06.2014 - wie vorliegend - nicht mehr nach den §§ 346 ff. BGB, sondern alleine nach § 355 Abs. 3 BGB richtet, welcher eine synallagmatische Verknüpfung der wechselseitigen Rückgewährpflichten durch eine Zugum- ZugVerpflichtung gerade nicht mehr vorsieht (vgl. auch LG Aachen, Urt. v. 19.12.2019 - 1 O 133/19, Anlage B7).
54
b. Gegenstand des Klageantrags zu 3. sind streitige Ansprüche des Darlehensnehmers auf Rückzahlung der nach Widerruf unter Vorbehalt der Rückforderung an die Beklagte gezahlten Darlehensraten. Anspruchsgrundlage sind insoweit die §§ 812 ff. BGB (OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.4.2018 - I-9 U 89/17, BKR 2019, 35). Angesichts der vorstehenden Ausführungen kann dahinstehen, ob die Vorschrift des § 29 ZPO bei einem Anspruch aus § 812 BGB überhaupt Anwendung findet, denn es besteht gerade kein einheitlicher Erfüllungsort am Belegenheitsort der Kaufsache. Ansprüche aus § 812 BGB sind am Wohnsitz des Rückgewährschuldners zu erfüllen (Palandt, 79. Auflage, 2020, BGB, § 269, Rn. 14). Erfüllungsort ist demnach der Sitz der Beklagten.
55
2. Eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bayreuth folgt auch nicht aus § 29 c ZPO.
56
Gemäß § 29 c Abs. 1 Satz 1 ZPO ist für Klagen aus außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (§ 312b BGB) das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Verbraucher zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz hat.
57
Ein Fall des § 312b BGB ist vorliegend nicht gegeben.
58
3. Eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bayreuth besteht auch nicht kraft Sachzusammenhangs.
59
Der Kläger stellt einen negativen Feststellungsantrag hinsichtlich künftiger Verpflichtungen als auch Leistungsanträge (Antrag zu 2. und 3.) hinsichtlich bereits bezahlter Raten. Zwar beruhen alle Anträge auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt, dennoch handelt es sich bei den klägerseits gestellten Anträgen um verschiedene Streitgegenstände (vgl. auch LG Stuttgart, Beschluss v. 20.02.2020 - 8 O 11/20, Anlage B 5). Eine objektive Klagehäufung begründet keinen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs (Zöller/Schultzky, ZPO, § 12, Rn. 21). Wie bereits ausgeführt ist bei mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen i.S.v. § 260 ZPO die örtliche Zuständigkeit für jeden Anspruch gesondert zu prüfen.
60
Auch die Vorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG führt zu keinem anderen Ergebnis. Hierin ist lediglich geregelt, dass ein Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten entscheidet, (vgl. auch LG München II, Beschluss v. 28.01.2020 - 11 O 4647/19 Fin, Anlage B 8).
61
4. Das Landgericht Bayreuth ist für die Klageanträge zu 2. und 3. - und somit auch den Nebenantrag zu 4. - örtlich nicht zuständig.
62
Die Klage ist unbegründet.
63
Das streitgegenständliche Vertragsverhältnis besteht fort, da der zwischen den Parteien abgeschlossenen Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen wurde.
64
Dem Kläger steht zwar grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu (I.), dieses hat er jedoch nicht fristgerecht ausgeübt (II.).
65
Gemäß Art. 229 §§ 38 Abs. 1, 40 Abs. 1 EGBGB finden die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften von BGB und EGBGB in ihrer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 02.02.2016 gültigen Fassung Anwendung. Zitierungen von BGB und EGBGB im Folgenden beziehen sich auf die Vorschriften in dieser Fassung, soweit nichts anderes vermerkt.
66
I. Gemäß § 495 Abs. 1 BGB steht dem Darlehensnehmer bei einem Verbraucherdarlehensvertrag das Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Ein solches Darlehen i.S.d. § 491 Abs. 1 BGB ist vorliegend auch gegeben, da der Kläger bei Abschluss des Vertrags unstreitig als Verbraucher gehandelt hat.
67
II. Das dem Kläger zustehende Widerrufsrecht war bei Erklärung des Widerrufs im Dezember 2018 verfristet.
68
Dem Kläger wurde bei Vertragsschluss eine Abschrift des Darlehensantrags nach § 356b Abs. 1 BGB zur Verfügung gestellt und die dem Kläger zur Verfügung gestellte Abschrift enthält alle für die Ingangsetzung der Widerrufsfrist erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB. Damit lief die 14-tägige Widerrufsfrist gemäß §§ 355 Abs. 2 Satz 2, 356b Abs. 1, 2 BGB mit Vertragsschluss an.
69
1. Zu den Pflichtangaben gehört nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsinformation. Gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB müssen im Vertrag Angaben zur Frist und zu anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs sowie ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten sein, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 2 EGBGB ist der pro Tag zu zahlende Zinssatz anzugeben. Die Vorschrift erfordert eine umfassende Information über das Widerrufsrecht des Darlehensnehmers (BeckOGK/Knops, § 492, Rn. 26). Die Angaben zum Widerrufsrecht müssen klar und verständlich sein (MüKoBGB/Schürnbrand/Weber, 8. Aufl. 2019, § 492, Rn. 29; Palandt/Weidenkaff, 79. Aufl. 2020, EGBGB 247, § 6, Rn. 2). Abzustellen ist auf einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher (BGH, Urteil vom 23.02.2016 - XI ZR 101/15, NJW 2016, 1881; Palandt/Weidenkaff, 79. Aufl. 2020, EGBGB 247, § 6, Rn. 2).
70
Dem ist die Beklagte nachgekommen. Sie hat ihre aus Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB resultierende Verpflichtung, klar und verständlich über das nach § 495 BGB bestehende Widerrufsrecht zu informieren, erfüllt.
71
Eine Vorlage an den EuGH ist nicht veranlasst.
72
a. Die vorliegende Widerrufsinformation unterrichtete den Kläger ausreichend klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB.
73
aa. Die in Rede stehende Widerrufsbelehrung wird nicht dadurch unklar und unverständlich, dass die Beklagte außerhalb der eigentlichen Widerrufsbelehrung im sonstigen Vertragstext unter Punkt C IV Ziffer 1a einzelne Modalitäten des Zustandekommens des Darlehensvertrags regelt.
74
Soweit die Klägerseite vorträgt, dass aufgrund der in dem Abschnitt „Darlehensbedingungen“ unter der Überschrift „Zustandekommen des Vertrags“ enthaltenen Formulierungen nicht bestimmbar sei, wann es zum Vertragsschluss und somit zum Beginn der Widerrufsfrist kommt, weil die dortigen Formulierungen unverständlich seien, dringt sie damit nicht durch.
75
Zum einen sind Angaben zum Zustandekommen des Darlehensvertrags keine Pflichtangaben. Zum anderen sind die Ausführungen unter Punkt C IV Ziffer 1a nicht geeignet, einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist irrezuführen, wenn dort erläutert wird, dass der Vertrag durch Antrag der Darlehensnehmer und (auflösend bedingte) Annahme der Bank zustande kommt.
76
Im Übrigen wird eine inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerrufsbelehrung nicht dadurch undeutlich, dass die Vertragsunterlagen an anderer, drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten (BGH Beschluss vom 2.4.2019 - XI ZR 463/18, BeckRS 2019, 7830).
77
bb. Die Widerrufsinformation ist auch klar und verständlich, als dort steht, die Widerrufsfrist beginne „nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat“. Dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher ist die Ermittlung der für den einschlägigen Vertragstyp jeweils relevanten Pflichtangaben anhand des Gesetzes zuzutrauen (vgl. BGH, Beschluss vom 19.03.2019 - XI ZR 44/18, BKR 2020, 30, Rn. 15 ff.).
78
Eine andere Auslegung des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB ist auch nicht deshalb geboten, weil der Europäische Gerichtshof den sog. Kaskadenverweis als nicht ausreichend klar und prägnant i.S.d. Art. 10 Abs. 2 lit. p der RL 2008/48/EG erachtet (Urteil vom 26.03.2020 - C-66/19).
79
Die Formulierung zum Fristbeginn in der Widerrufsinformation stimmt wortgleich mit dem vom Gesetzgeber selbst geschaffenen Muster für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge in der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB überein. Unabhängig davon, ob die streitgegenständliche Widerrufsinformation insgesamt gem. Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB der Gesetzlichkeitsfiktion unterliegt, ist eine Information, die dem Wortlaut des Musters entspricht, jedenfalls nicht unklar oder unverständlich im Sinne des Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB, denn dass der Gesetzgeber ein Muster für eine Widerrufsinformation schaffen wollte, das seinen eigenen Anforderungen nicht genügt, kann ausgeschlossen werden. Deshalb kann Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass über die im Muster der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB enthaltenen Angaben hinaus weitere Informationen erforderlich wären, denn auch dies würde bedeuten, dass der Gesetzgeber ein Muster schaffen wollte und auch geschaffen hat, das seinen eigenen Anforderungen nicht genügt (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss v. 04.02.2019 - 6 U 88/18, BeckRS 2019, 3514, Rn. 9). Eine andere, richtlinienkonforme Auslegung ist nicht möglich, da dies im Ergebnis eine Auslegung contra legem wäre (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.02.2019 - 6 U 88/18, BeckRS 2019, 3514, Rn. 15).
80
b. Der Kläger ist auch nicht deshalb fehlerhaft über sein Widerrufsrecht informiert worden, weil unter Punkt C) IV. Darlehensbedingungen unter Ziffer 1 h des streitgegenständlichen Vertrags nicht der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aktuelle Wortlaut des § 13 BGB enthalten ist.
81
Die in Rede stehende Passage ist nicht in der eigentlichen Widerrufsinformation enthalten, sondern in den davon zu unterscheidenden sonstigen Darlehensbedingungen. Eine für sich genommen ordnungsgemäße Widerrufsinformation wird aber nicht dadurch undeutlich, dass die Vertragsunterlagen an anderer, nicht als Bestandteil der Widerrufsinformation gekennzeichneten Stelle einen inhaltlich unzutreffenden Zusatz enthalten (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.11.2019 - I-17 U 4/19, Anlage B 6).
82
Zwar ist gemäß Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 13 EGBGB darüber aufzuklären, ob ein Widerrufsrecht besteht (MüKoBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a, Rn. 33). Die Wiedergabe des Verbraucherbegriffes ist insoweit jedoch nicht erforderlich und fällt auch nicht unter die sonstigen Pflichtangaben im Sinne von Art. 247 §§ 6 bis 13 BGB. Im Übrigen hat sich der Verbraucherbegriff, d.h. die Rechtslage, durch die Einführung von „überwiegend“ in den Gesetzestext nicht geändert (Palandt/Ellenberger, 79. Aufl. 2020, § 13, Rn. 1).
83
c. Der Kläger ist desweiteren nicht deshalb unrichtig über sein Widerrufsrecht belehrt worden, weil in der Widerrufsinformation der Beklagten nicht nur der KfZ-Kaufvertrag, sondern auch vom Kläger nicht abgeschlossene Verträge (Händler-Service-Leistungen, … Versicherung, …) bzw. der Vertrag über eine Ratenschutzversicherung als verbundene Verträge i.S.d. § 358 BGB behandelt werden, obwohl es sich insoweit nur um zusammenhängende Verträge handeln würde bzw. handelt.
84
Die Belehrung ist nicht deshalb fehlerhaft, weil Verträge genannt sind, die der Kläger unstreitig nicht abgeschlossen hat. Der durchschnittliche Verbraucher weiß, was er abgeschlossen hat und was somit einschlägig ist.
85
Es schadet auch nicht, dass der vom Kläger erklärte Beitritt zur Ratenschutzversicherung als verbundener Vertrag behandelt wird. Durch die in der Widerrufsinformation verwandte Formulierung hat die Beklagte angeboten, den benannten Vertrag im Falle der Rückabwicklung des Darlehensvertrags wie einen verbundenen Vertrag i.S.d. § 358 BGB zu behandeln (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 07. Juni 2019 - 17 U 158/18 -, Rn. 52, juris; Urt. v. 08.11.2019 - I -17 U 4/19, Anlage B6), was eine Erweiterung des klägerischen Rechtskreises darstellt (vgl. LG Heilbronn, Urt. v. 30.01.2018 - 6 O 358/17 Bm, BeckRS 2018, 738).
86
d. Der Kläger ist auch nicht deshalb unrichtig über sein Widerrufsrecht belehrt worden, weil in dem Abschnitt „Widerrufsfolgen“ der Widerrufsinformation zunächst darauf hingewiesen wird, dass der Darlehensnehmer das Darlehen für den Fall, dass es zum Zeitpunkt des Widerrufs schon ausbezahlt wurde, spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen ist und dass er für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins in Höhe von 0,69 € pro Tag zu entrichten hat.
87
Die dahingehende Belehrung des Verbrauchers ist für den Grundfall eines allgemeinen Verbraucherdarlehens ohne damit verbundene Verträge gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB gesetzlich vorgeschrieben.
88
Auch im vorliegenden Fall verbundener Verträge besteht im Ausgangspunkt eine Verpflichtung des Darlehensnehmers zur Rückzahlung des Darlehens (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 15.10.2019 - 6 U 225/18, BeckRS 2019). Der Verbund ändert nicht grundsätzlich etwas an der rechtlichen Selbständigkeit von Finanzierungs- und finanziertem Geschäft (Palandt, 79. Augl. 2020, § 358, Rn. 19).
89
Auch steht dem Darlehensgeber auch im Verbund für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ein Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Sollzinses zu (vgl. auch OLG Stuttgart, Urt. v. 15.10.2019 - 6 U 225/18, BeckRS 2019; OLG Stuttgart, Urt.v. 28.05.2019 - 6 U 78/18, NJW-RR 2019, Rn. 47 ff.). Die Vorschrift des § 358 Absatz 4 Satz 4 BGB, wonach Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags ausgeschlossen sind, gilt nur für den Fall des § 358 Abs. 1 BGB, das heißt bei Widerruf des finanzierten Vertrags (vgl. auch OLG Stuttgart, Urt.v. 28.05.2019 - 6 U 78/18, NJW-RR 2019, Rn. 49).
90
Vorliegend wird unter dem letzten Spiegelstrich zu der nachfolgenden Zwischenüberschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ in der Widerrufsinformation der Beklagten darauf hingewiesen, dass dann wenn der Darlehensnehmer infolge des Widerrufs des Darlehensvertrags auch an den weiteren Vertrag nicht mehr gebunden ist und das Darlehen bereits ausgezahlt wurde, der Darlehensgeber im Verhältnis zu dem Darlehensnehmer hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Vertragspartners aus dem weiteren Vertrag eintritt.
91
Durch diesen Zusatz wird für einen aufmerksamen und verständigen Verbraucher, von dem erwartet werden kann, dass er den Vertragstext sorgfältig durchliest (BGH, Urteil vom 23.02.2016, XI ZR 101/15, Rn. 34), hinreichend deutlich, dass die zuvor als allgemeiner Grundsatz aufgeführte Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers im konkreten Fall nicht gilt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07. Juni 2019 - 17 U 158/18 -, Rn. 51, juris).
92
Der von der Beklagten gewählte Aufbau der Widerrufsinformation entspricht zudem dem Aufbau des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Musters gemäß Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und 12 Abs. 1 EGBGB. Ein Unternehmer ist nicht gehalten, genauer als der Gesetzgeber selbst zu formulieren (OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.11.2019 - I -17 U 4/19, Anlage B6).
93
e. Es kann dahinstehen, ob die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 bzw. § 12 Abs. 1 Satz 3 EGBGB eingreift, da die Widerrufsinformation der Beklagten auch schon unabhängig hiervon keine Fehler aufweist.
94
2. In dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag waren auch die sonstigen gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 -13 EGBGB als Voraussetzung für das Inlaufsetzen der Widerrufsfrist erforderlichen Pflichtangaben enthalten.
95
a. Gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB gehört zu den vorgeschriebenen Pflichtangaben, von deren Erteilung der Beginn der Widerrufsfrist abhängt, die Angabe des Verzugszinssatzes sowie die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung.
96
Nachdem die Beklagte auf die Geltendmachung von Verzugszinsen verzichtet (vgl. Seite 7 des Antragsformulars unter Ziffer 1 gb)) musste sie auch nicht über einen Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner Anpassung aufklären.
97
Der Vorschrift des Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB kann zudem nicht entnommen werden, dass ein Verzugszinssatz auch für die Zeit nach Ende des Vertrags anzugeben ist. Nach Sinn und Zweck und nach dem Sachzusammenhang dieser Regelung sollen nur die Folgen eines Verzuges mit der Erfüllung der vertraglichen Pflichten des Darlehensnehmers aus dem Kreditvertrag während der Vertragslaufzeit erfasst sein und ein Verzug des Darlehensnehmers mit der Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen außerhalb dieser Laufzeit - wie insbesondere auch für den Fall einer vorzeitigen Kündigung des Darlehensvertrags - deshalb den sich aus dieser Vorschrift ergebenden Informationspflichten von vornherein nicht unterliegen (vgl. OLG Düsseldorf v. 08.11.2019 - I-17 U 4/19, Anlage B 6).
98
b. Auch die Pflichtangabe nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB (Hinweis auf den Anspruch des Darlehensnehmers auf einen Tilgungsplan) ist erteilt.
99
Der Wortlaut des Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB ist eindeutig. Die Vorschrift fordert einen Hinweis auf das Bestehen des Anspruchs auf einen Tilgungsplan. Ihr kann nicht entnommen werden, dass für eine klare und verständliche Information eine weitere Erläuterung dahingehend, dass ein Tilgungsplan gegebenenfalls unentgeltlich zur Verfügung zu stellen sei, erforderlich ist.
100
Zum anderen ergibt sich aus der von der Beklagten verwendeten Formulierung (“ … können… jederzeit … verlangen“) für den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher, auf den abzustellen ist, ohne weiteres, dass der Anspruch ohne weitere Voraussetzungen besteht und der Tilgungsplan für ihn unentgeltlich wäre (OLG Stuttgart, Urt.v. 15.10.2019 - 6 U 225/18, BeckRS 2019, 24594, Rn. 46).
101
c. Auch die Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB in dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag begegnen keinen Bedenken.
102
aa. Die Beklagte hat auf Seite 6 des Antragsformulars unter Punkt C) IV. Darlehensbedingungen unter Ziffer 1 d darauf hingewiesen, dass beide Vertragspartner den Darlehensvertrag aus wichtigem Grund kündigen können, unter welchen Voraussetzungen ein wichtiger Grund vorliegt und wann eine Fristsetzung oder Abmahnung erforderlich ist. Entgegen dem klägerischen Vorbringen ist die Belehrung nicht deshalb fehlerhaft, weil die Norm des § 314 BGB nicht benannt ist. Zu den Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags gehört bei befristeten Verträgen schon nicht die Information über das außerordentliche Kündigungsrecht des § 314 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 - XI ZR 650/18, NJW 2020, 461 (463)).
103
bb. Nicht erforderlich ist zudem, dass explizit im Zusammenhang mit dem Hinweis auf die Kündigungsmöglichkeiten dort zu nennen ist, wohin die Kündigung zu senden ist. Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher kann die Anschrift der Beklagten der ersten Seite des Darlehensantrags entnehmen.
104
d. Soweit der Kläger meint, gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB erforderliche Angaben zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung seien ungenügend erteilt, greift auch das nicht durch.
105
Die nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB erforderliche Information über die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung ist klar und verständlich, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parametern in groben Zügen benennt (BGH, Urt. v. 05.11.2019 - XI ZR 11/19, BeckRS, 33010). Die Beklagte hat in der Belehrung unter nicht nur auf die „vom Bundesgerichtshof vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen“ Bezug genommen, sondern auch eine Aufzählung der wesentlichen, für die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung maßgeblichen Faktoren mit einer Kappungsgrenze nach oben vorgenommen. Es bedarf nicht der Darstellung einer finanzmathematischen Berechnungsformel (BGH, aaO; OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.06.2019 - 17 U 158/18, juris Rn. 58f). Dies entspräche zum einen nicht Sinn und Zweck der Regelung des Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB (OLG Düsseldorf, aaO) zum anderen trüge es zu Verständlichkeit und Klarheit nicht bei (BGH, aaO).
106
Da bereits kein Hauptantrag durchdringt, besteht auch kein Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten (Antrag zu 5.)
107
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 Satz 1, 2 ZPO.