Titel:
Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls
Normenkette:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7, § 112c Abs. 1
Leitsätze:
1. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (Anschluss BGH BeckRS 2014, 6891). (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts ist nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck gekommenen Wertung des Gesetzgebers grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen des Rechtssuchenden, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger, verbunden (Anschluss BGH BeckRS 2018, 3217). (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rechtsanwalt, Widerruf, Zulassung, Vermögensverfall, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, Gefährdung der Interessen des Rechtssuchenden
Rechtsmittelinstanzen:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 18.08.2021 – AnwZ (Brfg) 3/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 22.11.2021 – AnwZ (Brfg) 3/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 17.03.2022 – AnwZ (Brfg) 3/21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 52189
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
V. Die Berufung wird nicht zugelassen
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über den Widerruf der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft.
2
Der am … geborene Kläger wurde am 02.08.1993 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Er ist seitdem Mitglied der Rechtsanwaltskammer München. Seine Kanzlei unterhält er in der … Die Beklagte hatte bereits 2018 ein Verfahren zur Überprüfung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO gegen den Kläger geführt. Mit Schreiben der Beklagten vom 15.11.2018 wurde das Widerrufsverfahren wegen Vermögensverfalls „derzeit“ eingestellt.
3
Mit Schreiben der Beklagten vom 09.05.2019, zugestellt per Postzustellungsurkunde am 11.05.2019, wurde der Kläger zum Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO angehört.
4
In dem Anhörungsschreiben führte die Beklagte aus, dass aufgrund einer Vielzahl neuer Mitteilungen über Schuldtitel und Vollstreckungsmaßnahmen, die gegen den Kläger erwirkt worden seien, sie das Widerrufsverfahren wegen Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wieder aufgreife. Nach wie vor seien die finanziellen Verhältnisse des Klägers ungeordnet. Es lägen zwei Eintragungen im Schuldnerverzeichnis des Vollstreckungsportals gegen den Kläger vor. Beim Finanzamt München hätte der Kläger Säumniszuschläge in Höhe von 1.841,95 €. Die beim Obergerichtsvollzieher S. bekannten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die Verfahren vor dem Amtsgericht Leipzig, beim Amtsgericht München sowie beim Landgericht München I wurden im Einzelnen aufgelistet. Die Beklagte gewährte dem Kläger eine Stellungnahmefrist bis 27.05.2019.
5
Der Kläger teilte mit Schreiben vom 27.05.2019 mit, dass beide Einträge im Schuldnerverzeichnis zu den Aktenzeichen DR II 1… (€ 5.344,86) und DR II 2… (€ 308.165,18) gelöscht worden seien. Falls noch ein Gläubiger- und Schuldnerverzeichnis benötigt werde, bat der Kläger um Verlängerung der gesetzten Frist bis zum 27.06.2019, da sie [der Kläger und seine Ehefrau] bis zu diesem Zeitpunkt die Umfinanzierung ihrer Immobilien mit zwei ihnen gewährten Darlehen in Höhe von gesamt T€ 17.300 abgeschlossen hätten.
6
Mit Schreiben vom 31.05.2019 kam die Beklagte zurück auf die Stellungnahme des Klägers vom 27.05.2019. Zwischenzeitlich lägen keine Eintragungen mehr im Schuldnerverzeichnis vor. Auch ohne eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis könne Vermögensverfall gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vorliegen. Beweisanzeichen seien dann insbesondere offene Forderungen sowie das Erwirken von Schuldtiteln und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Gegen den Kläger bestünde eine Vielzahl von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen. Auf den Inhalt des Anhörungsschreibens vom 09.05.2019 wurde Bezug genommen und dem Kläger zur Vorlage entsprechender Nachweise, dass er sich nicht mehr im Vermögensverfall befinde, sondern in geordneten finanziellen Verhältnissen lebe, die Stellungnahmefrist antragsgemäß bis zum 27.06.2019 verlängert.
7
Der Kläger bat mit Schreiben vom 27.06.2019 unter Hinweis auf ausstehende Gerichtsentscheidungen, die bis spätestens 14.07.2019 ergehen würden, um nochmalige Fristverlängerung bis zum 19.07.2019. Bis zu diesem Zeitpunkt würden auch die beiden Darlehen der Sparkasse D. und Sparkasse B. i.H.v. gesamt T€ 17.300 ausbezahlt sein. Die entsprechenden Darlehensverträge (zwischen der Firma M. Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG, MW Hellip GmbH & Co. KG bzw. CW Hellip GmbH & Co. KG und den genannten Banken) wurden in Kopie vorgelegt.
8
Mit Schreiben vom 19.07.2019 teilte der Kläger dann mit, dass die Auszahlung der mit der Sparkasse D. geschlossenen Darlehen nun zum 31.07.2019 vereinbart sei.
9
Mit Bescheid vom 01.08.2019, Aktenzeichen P …, widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft. Dies begründete sie damit, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vorlägen. Der Kläger sei in Vermögensverfall geraten und die Interessen der Rechtssuchenden seien gefährdet.
10
Bei Obergerichtsvollzieher S. lägen 34 Zwangsvollstreckungsaufträge vor. Darüber hinaus habe auch das Amtsgericht Leipzig Zwangsversteigerungsbeschlüsse gegen den Kläger erlassen. Den Zwangsvollstreckungsaufträgen lägen eine Vielzahl von Schuldtiteln zugrunde. Darüber hinaus seien sowohl beim Landgericht München I als auch beim Amtsgericht München weitere Schuldtitel gegen den Kläger erwirkt worden.
11
Im Einzelnen handele es sich um folgende Schuldtitel bzw. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen:
OGVr S.
|
lt. Auskunft vom: 20.03.19
|
Aktenzeichen
|
Gläubiger
|
Titel
|
Forderungshöhe
|
DR …1
|
B. für J.
|
Vollstreckungsauftrag v.
17.05.19, Az.: …
|
2537,00 €
|
DR …2
|
Dr. D. …
|
KFB des LG München I v.
12.03.19, Az.: …
|
212,66 €
|
DR …3
|
Gemeinde G.
|
Ausstandsverzeichnis d. Gläub.
v. 06.08.18, Az.: …
|
12,95 €
|
DR …4
|
U. Consulting M.
S.
|
Vergleich des LG München I v.
17.02.14, Az.: …
|
2.126.340,32 €
|
DR …5
|
F. E.
|
KFB d. LG München I v.
11.03.16, Az.: …Haftbefehl
13.04.18, AG Mün chen, …
|
21,40 €
|
DR …6
|
B. L., R.
S., R. G., F. E.r, H.J.
M.-G.
|
KFB des LG München I v.
11.03.2016, Az.: …
|
625,87 €
|
DR …7
|
L. B.
|
Vollstreckungsauftrag d. Landesjustizkasse Bamberg v.
10.08.18, Az.: KSB …
|
7.944,89 €
|
DR …8
|
B. für J.
|
Vollstreckungsauftrag d. Bundesamt für Justiz v. 02.01.19, Az.: …
|
9.578,05 €
|
DR …9
|
Rechtsanwälte
H. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
|
Urteil LG München I v.
27.07.18, Az.: … KFB des LG München I v. 11.10.18, Az.: …
|
13.745,92 €
|
DR …10
|
G.
bau e.K.
|
Urteil des LG München I v. 05.07.13, Az.: …
KFB des LG München I v. 02.10.13, Az.: … Urteil des OLG München v
21.04.15, Az.: …
KFB des LG München I v. 02.09.18, Az.: …
|
155.992,36 €
|
DR …11
|
L. B.
|
Vollstreckungsersuchen d. Gläubigerin v. 10.09.15, Az.: KSB …
|
2.857,50 €
|
DR …12
|
S. P.
|
Schreiben/Willenserklärung v.
26.01.16, Az.: … Beschluss des LG München v. 26.01.16, Az.: …
|
60,70 €
|
DR …13
|
S. P.
|
Schreiben/Willenserklärung v 08.02.16, Az.: …
|
15,90 €
|
DR …14
|
M. E.
|
KFB des LG München I v. 24.03.14, 16.04.16, 13.11.15, Az.: …
|
56.838,87 €
|
DR …15
|
M. GbR
|
Urkunde des Notars Dr. Vollrath vom 26.03.12, Az.: …
|
7.283,09 €
|
DR …16
|
S. P. und K. P.
|
PfÜB d. AG München v. 04.08.16, Az.: …
|
74,00 €
|
DR …17
|
T. S.
|
KFB d. LG München I v.
12.02.16, Az.: … KFB d. LG München I v.
12.01.16, Az.: …
|
4.566,12 €
|
DR …18
|
G. G.
|
PfÜB d. AG München v.
08.11.16, Az…
|
101,50 €
|
DR …19
|
Firma F. Bank
|
Urkunde d. Notars Dr. Hans Kraus v. 19.12.08, …
|
36,22 €
|
DR …20
|
Gemeinde G.
|
Ausstandsverzeichnis der Gläub. v. 16.01.17, Az.: …
|
54,11 €
|
DR …21
|
Dr. F. M.
|
Vergleich d. LG München I v.
28.07.16, Az.: …
|
34,27 €
|
DR …22
|
U. Consulting M.
|
Urkunde d. Notars Dr. HansKrauß v. 03.01.2014, …
|
16,25 €
|
DR …23
|
RAe L. & O.
|
KFB d. AG München v.
27.02.16, Az.: …
|
1,12 €
|
DR …24
|
Firma F. Bank
|
Urkunde d. Notars Dr. Hans Krauß v. 26.02.14, …
|
42,44 €
|
DR …25
|
U. Consulting M.
|
KFB d. AG München v.
11.07.17, Az.: …
|
0,80 €
|
DR …26
|
Raiffeisenbank W.
|
Urkunde d. Notars Dr. Hans Krauß v. 3.3.2011 …; v. 28.01.13 …; v. 23.04.14 …
|
100,05 €
|
DR …27
|
Firma F. Bank
|
Urkunde d. Notars Dr. Hans Krauß v. 11.05.10, …
|
48,25 €
|
DR …28
|
P. Bank AG Oberosterreich
|
Urkunde d. Notars Dr. Dieter Mayer v. 20.07.05, …
|
3.237.488,76 €
|
DR …29
|
Firma F. Bank
|
Urkunde d. Notars Dr. Gerrit Brachvoge v. 02.09.97 …; v. 02.09.17 …
|
35,22 €
|
DR …30
|
Firma F. Bank
|
Urkunde d. Notars Dr. Hans Krauß v. 15.12.10 …
|
21,72 €
|
DR …31
|
Gemeinde G.
|
Ausstandsverzeichnis der
Gläub. v. 16.01.18, Az.: …
|
3.761,07 €
|
DR …32
|
Bayerische R. und S.
|
Ausstandsverzeichnis der Gläub. v. 27.02.18, Az.:
…
|
35,05 €
|
DR …33
|
Firma F. E.
GmbH Co KG
|
Urteil d. OLG München v. 06.02.18, Az.: …
|
20,25 €
|
DR …34
|
Firma Dr M. u. Partner
|
VB d. AG Coburg v. 28.03.18, Az.: 1…
|
0,03 €
|
AG Leipzig Zivilabteilung II
|
lt. Auskunft vom: 22.01.19
|
Aktenzeichen
|
Kläger
|
Titel
|
Forderungshöhe
|
152 C …
|
W.
|
VU des AG Leipzig v. 27.09.18, Az.: …
|
26.348,00 €
|
AG Leipzig Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsabteilung lt. Auskunft vom: 22.01.19
|
Aktenzeichen
|
Gläubiger
|
Titel
|
Forderungshöhe
|
454 K …1
|
W.
|
Beschluss im Zwangsversteigerungsverfahren v. 14.01.19 (wegen Hausgeld Beitritt zur ZV)
|
6.299,00 €
|
454 K …2
|
W.
|
Beschluss im Zwangsversteigerungsverfahren v. 14.01.19 (wegen Hausgeld Beitritt zur ZVL
|
5.957,00 €
|
454 K …3
|
W.
|
Beschluss im Zwangsversteigerungsverfahren v. 14.01.19 (wegen Hausgeld Beitritt zur ZV)
|
3.243,00 €
|
454 K …4
|
W.
|
Beschluss im Zwangsversteigerungsverfahren v. 14.01.19 (wegen Hausgeld Beitritt zur ZV)
|
4.436,00 €
|
454 K …5
|
W.
|
Beschluss im Zwangsversteigerungsverfahren v. 14.01.19 (wegen Hausgeld Beitritt zur ZV)
|
6.413,00 €
|
AG München
|
lt. Auskunft vom: 05.03.19
|
Aktenzeichen
|
Kläger
|
Titel
|
Forderungshöhe
|
159 C …
|
Der D. GmbH
|
Endurteil d. AG München v.
08.01.19, Az.: …
|
3.315,20 €
|
172 C …
|
S.
GmbH
|
VB d. AG Coburg, zugestellt am 11.01.19, Az.: …
|
1.897,16 €
|
LG München I
|
It. Auskunft vom: 26.03.19
|
Aktenzeichen
|
Kläger
|
Titel
|
Forderungshöhe
|
4 O …
|
V. GmbH & Co. KG
|
Anerkenntnisurteil d. LG München I v. 12.03.19, Az.:
…
|
90.809,72 €
|
12
Darüber hinaus bestünden beim Finanzamt München gemäß Mitteilung des Bayerischen Landesamtes für Steuern vom 29.03.2019 bzw. 08.04.2019 Säumniszuschläge in Höhe von 1.841,95 €.
13
Die Schuldenhöhe belaufe sich somit insgesamt auf über 5 Millionen Euro.
14
Der Bescheid wurde dem Kläger per Postzustellungsurkunde am 03.08.2019 zugestellt.
15
Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger mit seiner per Telefax am 30.08.2019 beim Bayerischen Anwaltsgerichtshof eingegangenen Klage, die er nach Verlängerung der Klagebegründungsfrist mit Schriftsatz vom 16.12.2019 und ergänzend mit Schriftsatz vom 29.01.2020 begründete.
16
Der Kläger trägt vor, dass dem antragsgegenständlichen Verfahren bereits ein Widerrufsverfahren wegen angeblichen Vermögensverfalls vorausgegangen sei, das mit Schreiben vom 02.11.2016 eingeleitet und am 15.12.2018 eingestellt worden sei.
17
In diesem Verfahren habe die Kammer von folgenden Umständen Kenntnis erlangt:
18
Der Vermögensaufstellung vom 26.03.2018 sei zu entnehmen gewesen, dass er (teils in GbR mit seiner Ehefrau) über Immobilien mit einem Verkehrswert von mind. T€ 55.000 verfüge, die mit Grundschulden belastet gewesen seien, die damals i.H.v. max. T€ 25.000 valutiert hätten.
19
Die beiden größten Forderungspositionen der U. i.H.v. T€ 2.200 und der P. Bank AG i.H.v. angeblich T€ 3.200 seien streitbefangen. In den diesbezüglich anhängigen Prozessen werde die Feststellung begehrt, dass diese Forderungen nicht mehr bestünden.
20
Die Forderungen beider Gläubiger seien durch Grundschulden abgesichert, die an der … eingetragen seien.
21
Sie würden über schriftliche Darlehenszusagen der Sparkasse B./W. i.H.v. T€ 9.900 zur Ablöse der angeblichen Forderungen verfügen. Die Ablöse sei bislang nur daran gescheitert, dass die P. Bank AG die Rechtsfolgen der diesseitigen Darlehenswiderrufe trotz eindeutiger Urteile des BGH negiere.
22
Unabhängig von der Ablöse/Umschuldung könnten sie durch einen jederzeit möglichen Verkauf der … einen Überschuss i.H.v. mind. T€ 14.000 nach Steuern erzielen, weil die Einheiten einen Verkehrswert i.H.v. mind. T€ 24.000 aufwiesen.
23
Abgesehen davon, dass die Immobilie der Alterssicherung dienen sollte, habe er bisher von einem Verkauf auch deshalb abgesehen, weil sich der Verkehrswert der Immobilie jährlich um ca. T€ 2.500 gesteigert habe.
24
Zudem sei spätestens Ende 2018 absehbar gewesen, dass die Rückgewährsforderungen der Banken verjähren und sich die Belastungen damit deutlich verringern würden.
25
Aus diesen vorgenannten Gründen habe letztlich die Kammer am 15.11.2018 festgestellt, dass kein Vermögensverfall vorliege. Das Wiederaufgreifen des Verfahrens sei nicht nachvollziehbar, weil sich die Vermögenslage in keinster Weise verschlechtert habe. Im Gegenteil hätten sich die Belastungen aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Verjährung alleine bei der … um mindestens T€ 6.000 verringert.
26
Dem jederzeit möglichen Verkauf der … seien sie zwischenzeitlich näher getreten, weil ihnen der Käufer ein Rückkaufsrecht eingeräumt habe und sie nunmehr die Rechtsstreite ohne Vollstreckungen fortsetzen könnten.
27
Mit dem Verkauf hätten sie auch im worst case einen steuerfreien Überschuss i.H.v. mind. T€ 14.000 generiert. Da der Verkauf jederzeit möglich gewesen wäre, habe zu keinem Zeitpunkt die Gefahr eines Vermögensverfalls bestanden.
28
Die beiden bei Anhörung des Klägers noch bestehenden Einträge im Schuldnerverzeichnis vor Erlass des Bescheides vom 01.08.2019 seien „nachweislich gelöscht“ worden.
29
Der Kläger meint, ein Vermögensverfall könne nicht vermutet werden, wenn weder eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis noch ein eröffnetes Insolvenzverfahren vorliege.
30
Es bleibe daher zu prüfen, ob „[…] aufgrund der Vielzahl der Zwangsvollstreckungsaufträge sowie hohen Steuerrückstände beim Finanzamt München, tatsächlicher Vermögensverfall vorliegen könnte.“ Diese Frage sei zu verneinen.
31
Seit der Entscheidung vom 15.11.2018 hätten sich die Vermögensverhältnisse des Klägers nicht nur nicht verschlechtert, sondern vielmehr deutlich verbessert. Der Kläger verfüge über ein Immobilienvermögen in Höhe von EUR 43.500.000 (Anlage 7), das die (behaupteten) Verbindlichkeiten deutlich überschreite und in einem Umfang liquidierbar gewesen sei, um diese vollumfänglich zu bedienen. So hätte die Immobilie in der … 2018 für mindestens EUR 25 Mio. verkauft werden können; der Staat Indien habe die gegenständliche Immobilie unbedingt erwerben wollen. Wenn der Kläger gewollt hätte, hätte er zu diesem Zeitpunkt die Immobilie für EUR 25 Mio. verkaufen können. Auch nach Ablösung der im Grundbuch eingetragenen Belastungen hätte ein Überschuss in Höhe von mindestens EUR 14 Mio. bestanden. Für die Umsetzung des Kaufvertrages samt Abwicklung wären nicht mehr als 4 Wochen erforderlich gewesen, so dass maximal binnen 4 Wochen sämtliche im Widerspruchsbescheid angeführten (angeblichen) „Forderungen“ hätten beglichen werden können. Die E-Mail des Konsuls, Herrn V., vom 08.08.2018 belege, dass der Staat Indien die Immobilie sogar dringend für EUR 26,9 Mio. habe erwerben wollen. Damit habe die Regierung von Indien dem Kläger einen Kaufpreis in Höhe von EUR 26,9 Mio. geboten, den dieser nur noch habe anzunehmen brauchen. Dass der Kläger überdies grundsätzlich bereit und willens gewesen sei, die Immobilie zu veräußern, sei durch den als Anlage K6 vorgelegten Kaufvertrag bereits nachgewiesen.
32
Die Beklagte habe nicht in den Blick genommen, dass es sich bei den von ihr angeführten Verbindlichkeiten im Wesentlichen um hochstreitige Verbindlichkeiten handele, die Gegenstand diverser Zivilprozesse seien. Die Einbeziehung dieser „Verbindlichkeiten“ in die Betrachtung der Vermögenslage des Klägers würde dazu führen, dass bestrittene Forderungen vor einer rechtskräftigen Entscheidung über deren Bestand zu Lasten des Klägers Berücksichtigung finden würden. Dies sei unzulässig. So seien die „Forderungen“ der U. Consulting M. Schertleib in Höhe von EUR 2.126.340,32 und der P. Bank AG der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich in Höhe von EUR 3.237.488,76 hoch streitig und es würden über deren Bestand nach wie vor die vom Kläger bereits genannten Prozesse geführt werden.
33
Der Kläger vertritt die Auffassung, die (bestrittenen) Forderungen der U. und der P. Bank dürften bis zur einer gerichtlichen Klärung nicht in den Vermögensverhältnisses des Klägers berücksichtigt werden. Alleine die Möglichkeit dieser Gläubiger aufgrund der grundbuchrechtlichen Absicherung die Zwangsvollstreckung betreiben zu können, ändere an dem Vorgesagten nichts.
Der Bescheid über den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gem. § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vom 01.08.2019 wird aufgehoben.
35
Die Beklagte beantragt,
die Klage wird abgewiesen.
36
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass ihr Bescheid rechtmäßig sei, weil sich der Kläger zum Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung im Vermögensverfall befunden habe. Dieser sei in der Zwischenzeit nicht widerlegt worden.
37
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sei allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerrufsbescheids, abzustellen. Die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen sei einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten. Der Abschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens bewirke auch hier eine - im gerichtlichen Verfahren zu beachtende - Zäsur, durch die eine Berücksichtigung danach eintretender Umstände einem späteren Wiedererteilungsverfahren zugewiesen werde.
38
Darauf, dass ein vorangegangenes Überprüfungsverfahren wegen Vermögensverfall eingestellt worden sei, könne sich der Kläger vorliegend nicht berufen.
39
Zum einen handele es sich um ein vorhergehendes Überprüfungsverfahren aus dem Jahr 2018, dem nicht die gleichen Tatsachen zugrunde gelegen haben, insbesondere seien liquide Mittel zuletzt nicht nachgewiesen worden. Zum anderen heiße es ausweislich des Wortlauts des Schreibens der Beklagten vom 15.11.2018, dass „das Widerrufsverfahren wegen Vermögensverfalls derzeit eingestellt wird“; auch im Anhörungsschreiben der Beklagten zum Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfall vom 09.05.2019, sei der Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass aufgrund einer Vielzahl neuer Mitteilungen über Schuldtitel und Vollstreckungsmaßnahmen, die gegen den Kläger erwirkt worden seien, die Beklagte das Widerrufsverfahren gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wieder aufgreife.
40
Maßgeblich für die Bejahung des Vermögensverfalls sei die Erwirkung von aktuellen Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger.
41
Die Beklagte ist der Ansicht, es komme nicht darauf an, ob es sich um „streitige Verbindlichkeiten“ handele. Vielmehr sei von einer Tatbestandswirkung der Titel und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auszugehen. Im Widerrufsverfahren nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO würden Titel und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht auf ihre inhaltliche und verfahrensrechtliche Richtigkeit geprüft. Behauptete Fehler seien in den jeweils vorgesehenen Verfahren geltend zu machen.
42
Darüber hinaus hätten zum Zeitpunkt des Bescheids zahlreiche weitere Vollstreckungstitel gegen den Kläger vorgelegen, deren Forderungshöhe ebenfalls beträchtlich gewesen sei.
43
Vermögensverfall sei trotz Vorliegens von etwaigen Immobilienvermögen zu bejahen. Immobilienvermögen eines Rechtsanwalts sei nur dann von Relevanz, wenn es dem Betroffenen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs als liquider Vermögenswert zur Tilgung von Verbindlichkeiten zur Verfügung stehe. Ausweislich des Grundbuchauszugs sei nicht der Kläger, sondern vielmehr die M. Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG Eigentümerin der benannten Immobilie …, in … Im Verwaltungsverfahren vor Bescheiderlass sei hingegen überhaupt nicht vorgetragen worden, dass die benannte Immobilie veräußert werden solle. Im Ergebnis sei vorliegend die maßgebliche Liquidität zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses nicht gegeben.
44
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, auf die den Kläger betreffenden Personal- und Zulassungsakten der Beklagten (Az. P …) und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2020 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
45
Der Senat konnte ohne den nicht erschienenen Kläger verhandeln. Er wurde mit der Ladung bzw. Umladung auf die Folgen seines Fernbleibens hingewiesen, § 112c Abs. 1 BRAO, § 102 Abs. 2 VwGO (zu Bl. 35 und 42 d. A.).
46
In der Sitzung am 16.11.2020 konnte auch in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden werden, da der Kläger in der Umladung vom 20.10.2020 unter Hinweis darauf, dass die Anordnungen mit der bisherigen Ladung (vom 13.07.2020) ihre Gültigkeit behalten, darauf hingewiesen worden war, dass auch bei seinem Nichterscheinen zur mündlichen Verhandlung ohne ihn verhandelt und entschieden werden wird, § 112c Abs. 1 BRAO, § 102 Abs. 2 VwGO.
47
Die vom Kläger beantragte Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung war nicht geboten, da der Kläger keinen erheblichen Grund für sein angekündigtes Ausbleiben dargelegt und glaubhaft gemacht hat (§ 112 c Abs. 1 BRAO, § 173 VwGO, § 227 Abs. 1 und 2 ZPO). Wegen der durch einen Vermögensverfall indizierten Gefährdung der Interessen der rechtsuchenden Mandanten sind dabei an den Verhinderungsgrund und dessen Glaubhaftmachung strenge Anforderungen zu stellen (BGH, Beschluss vom 28.11.2016 - AnwZ (Brfg) 23/16, juris Rn. 10, m.w.N.). Der Kläger hat in seinem Antrag vom 10.11.2020 und ergänzender Begründung des Antrags mit Schriftsatz vom 13.11.2020 nicht substantiiert unter Angabe der Gründe dargelegt, weshalb er an der Teilnahme an dem Verhandlungstermin gehindert ist. Der pauschale Hinweis, er befinde sich noch in Italien, weil nach einer Autopanne die Reparatur längere Zeit in Anspruch genommen habe, reichte nicht aus, um vor dem Hintergrund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geltenden Beschleunigungsgrundsatzes dem Antrag stattzugeben. Der Kläger hat insbesondere nicht dargelegt, weshalb er sich in das Risikogebiet Italien begeben bzw. nach der Autopanne dort verblieben ist, um auf die Reparatur in Italien zu warten. Er selbst hat vorgetragen, dass ihm am 27.10.2020 mitgeteilt worden sei, dass das Auto binnen einer Woche wieder fahrbereit sei, tatsächlich habe das Fahrzeug erst am 10.11.2020 wieder abgeholt werden können. Schon bei einer Reparaturdauer von 1 Woche erschließt sich nicht, weshalb der Kläger persönlich vor Ort bleiben musste. Dies gilt umso mehr, als er sich in Begleitung seiner Mitarbeiterin V. S., der er das Fahrzeug Audi SQ5 mit dem amtlichen Kennzeichen M - … zur Nutzung überlassen hat, befand.
48
1. Die gemäß § 112a Abs. 1, § 112c Abs. 1 BRAO, § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthafte Anfechtungsklage ist zulässig. Die Klage ist insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden, § 112c Abs. 1 BRAO, § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO.
49
2. Die Klage ist jedoch unbegründet und war abzuweisen. Der streitgegenständliche Widerrufsbescheid vom 01.08.2019 ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 112c Abs. 1 BRAO, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
50
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.
51
Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10.03.2014 - AnwZ (Brfg) 77/13, juris Rn. 3, m.w.N.).
52
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also - da in Bayern die Durchführung eines Vorverfahrens entbehrlich ist - auf den Ausspruch des Widerrufsbescheids abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (st. Rspr; vgl. BGH, Beschluss vom 18.02.2019 - AnwZ (Brfg) 65/17, juris Rn. 4, m.w.N.).
53
a) Ausgehend davon liegt Vermögensverfall hier vor. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheides am 01.08.2019 lagen bei Obergerichtsvollzieher S. 34 Zwangsvollstreckungsaufträge gegen den Kläger vor. Darüber hinaus hatte auch das Amtsgericht Leipzig Zwangsvollstreckungsaufträgen liegen eine Vielzahl von Schuldtiteln zugrunde. Zudem wurden sowohl beim Landgericht München I als auch beim Amtsgericht München weiterer Schuldtitel gegen den Kläger erwirkt. Die Schuldenhöhe beläuft sich insgesamt auf über 5 Millionen Euro.
54
Zwangsversteigerungsbeschlüsse gegen den Kläger erlassen. Den Mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts ist nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck gekommenen Wertung des Gesetzgebers grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen des Rechtssuchenden, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger, verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt hierfür die Feststellungslast trifft (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 21.02.2018 - AnwZ (Brfg) 72/17, juris Rn. 12, m.w.N.; BGH, Beschluss vom 20.11.2017 - AnwZ (Brfg) 46/17, juris Rn. 11, m.w.N.). Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern (BGH, Beschluss vom 21.02.2018 - AnwZ (Brfg) 72/17, juris Rn. 12, m.w.N.).
55
b) Eine solche Ausnahmesituation ist hier nicht gegeben. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger derartige Schutzmaßnahmen ergriffen hat. Der Kläger konnte das Vorliegen des Vermögensverfalls auch im Übrigen nicht widerlegen.
56
aa) Um die Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen, muss er seine Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darlegen. Insbesondere muss er eine Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobenen Forderungen vorlegen und im Einzelnen darlegen, ob diese Forderungen inzwischen erfüllt sind oder in welcher Weise er sie zu erfüllen gedenkt (BGH, Beschluss vom 15.09.2008 - AnwZ (B) 70/07, juris Rn. 5, m.w.N.). Eine derartige auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids bezogene substantiierte Vermögensaufstellung unter Angabe aller bestehenden Verbindlichkeiten sowie gegebenenfalls der Vorlage eines entsprechenden Tilgungsplans ist der Kläger schuldig geblieben. Eine solche Darstellung hatte der Kläger weder der Beklagten im Verwaltungsverfahren noch dem Senat im Klageverfahren vorgelegt. Er hat auch nicht dargelegt, dass die den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zugrunde liegende Forderungen gegen ihn erfüllt oder in anderer Weise erledigt waren. Sein Einwand, dass die beiden größten Forderungspositionen der U. in Höhe von „angeblich“ 2..200.000 € und der P. AG i.H.v. „angeblich“ 3.200.000 € streitbefangen seien und er in den diesbezüglichen anhängigen Prozessen die Feststellung begehre, dass diese Forderungen nicht mehr bestünden, vermag das Vorliegen eines Vermögensverfalls nicht zu widerlegen. Denn maßgeblich ist, dass insofern rechtskräftige Entscheidungen und damit Schuldtitel vorliegen, die die Grundlage von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bilden. Es ist von einer Tatbestandswirkung der Titel und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auszugehen (st.Rspr.; BGH, Beschluss vom 29.03.2019 - AnwZ (Brfg) 24/18, juris Rn. 8; BGH, Beschluss vom 29.05.2018 - AnwZ (Brfg) 71/17, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 05.09.2016 - AnwZ (Brfg) 39/15, juris Rn. 16, m.w.N.). Im Widerrufsverfahren nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO werden Titel und Vollstreckungsmaßnahmen nicht auf ihre inhaltliche und verfahrensrechtliche Richtigkeit überprüft (BGH, a.a.O.). Fehler sind in den jeweils vorgesehenen Verfahren geltend zu machen, nicht im Widerrufsverfahren (BGH, a.a.O.).
57
bb) Auch der Einwand, dass die Forderungen beider Gläubiger durch Grundschulden abgesichert seien, die an der … eingetragen seien, verhilft seiner Klage nicht zum Erfolg. Der Kläger ist bereits nicht persönlich als Eigentümer des 395/1000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück … eingetragen, sondern vielmehr die M. Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG (Anlage K5); er hat nicht einmal behauptet, sich insofern der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen zu haben. Doch unabhängig davon ist allein maßgeblich, dass die Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses bestanden und vom Kläger nicht bedient werden konnten (BGH, Beschluss vom 29.06.2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, juris Rn. 6).
58
cc) Der Hinweis auf bestehendes Immobilienvermögen ist unerheblich. Immobilienvermögen ist bei der Beurteilung der Vermögensverhältnisse nur dann von Bedeutung, wenn es dem Betroffenen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs als liquider Vermögenswert zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung stand (st.Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 09.02.2015 - AnwZ (Brfg) 46/14, juris Rn. 10). Auf die Liquidität entsprechender Mittel kommt es insoweit nach ständiger Senatsrechtsprechung entscheidend an (BGH, a.a.O., m.w.N.).
59
Soweit der Kläger vorträgt, die Immobilie in der … „hätte“ zum Zeitpunkt des Widerrufsbescheides für mindestens 25.000.000 € verkauft werden können, führt dies gerade nicht zu einer Liquidität. Unabhängig von den übrigen Umständen - im Grundbuch eingetragene Belastungen, Kläger nicht persönlich Eigentümer der Immobilie - ist allein maßgeblich, dass es nicht zu einem Verkauf des Grundstückes kam und keine Rede davon sein kann, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses über liquide Mittel verfügte.
60
Die Kostenentscheidung folgt aus § 112c Abs. 1 S. 1 BRAO, § 154 Abs. 1 VwGO.
61
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 112c Abs. 1 S. 1 BRAO, § 167 VwGO, § 709 S. 2 ZPO.
62
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 194 Abs. 2 S. 1 BRAO.
63
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung sind nicht gegeben, § 112e BRAO, § 124 Abs. 2 VwGO.