Titel:
Fahrzeug, Streitwert, Software, Pkw, Herausgabe, Beweisaufnahme, Sicherheitsleistung, Klage, Rechtsverfolgung, Anspruch, Zinsen, Protokoll, Beklagte, Normalbetrieb, Kosten des Rechtsstreits
Schlagworte:
Fahrzeug, Streitwert, Software, Pkw, Herausgabe, Beweisaufnahme, Sicherheitsleistung, Klage, Rechtsverfolgung, Anspruch, Zinsen, Protokoll, Beklagte, Normalbetrieb, Kosten des Rechtsstreits
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Hinweisbeschluss vom 30.10.2020 – 21 U 2877/20
OLG München, Beschluss vom 30.12.2020 – 21 U 2877/20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 51830
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 37.645,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte wegen des Erwerbs eines von der Beklagten hergestellten Gebrauchtfahrzeugs durch den Kläger.
2
Am 20.05.2016 erwarb der Kläger von der VW AG, ..., einen Pkw Audi Q 5 2.5 TDI Quattro zu einem Preis von 42.365,69 €. Der Motor des Fahrzeugs ist mit einem Thermofenster ausgestattet. Die Software des Fahrzeugs ist dabei so programmiert, dass die Abgasrückführung bei bestimmten Temperaturen deaktiviert ist, sodass sich in diesen Fällen der Ausstoß von Stickoxiden erhöht.
3
Die Klägerin trägt vor, an Motoren wie dem in dem klägerischen Fahrzeug eingebauten, seien Manipulationen vorgenommen worden, aufgrund derer die im Fahrzeug verbaute Software zu erkennen vermöge, ob der Pkw auf dem Prüfstand oder bei einer Fahrt im realen Straßenverkehr betrieben werde. Im Prüfstandbetrieb würde dabei der Schadstoffausstoß gegenüber dem realen Fahrbetrieb verringert.
4
Der Kläger meint, ihm stünden daher gegenüber der Beklagten deliktische Schadensersatzansprüche zu. Die Beklagte sei Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs zum Ersatz des von der Klägerin entrichteten Kaufpreises verpflichtet.
- 1.
-
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 37.645,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zug-um-Zug gegen die Übereignung und Herausgabe des Pkw Audi Typ Q5 FIN: …71.
- 2.
-
Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.832,01 € freizustellen.
6
Die Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
7
Die Beklagte trägt vor, das Thermofenster diene dem Motorschutz. Die entsprechende Programmierung des Motors des klägerischen Fahrzeugs sei durch die Regelungen des Art. 5 Abs. 2 a EGVO 715/2007 gedeckt.
8
Daneben ist die Beklagte der Auffassung, der klägerische Vortrag zu etwaigen weiteren Abschaltvorrichten sei einer Beweisaufnahme nicht zugänglich.
9
Das Gericht hat den Kläger angehört. Wegen des Inhalts der Angaben des Klägers wird auf das Protokoll der Sitzung des Landgerichts Ingolstadt vom 20.03.2019 Bezug genommen. Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
10
Die zulässige Klage ist unbegründet.
11
Dabei kann dahinstehen, ob das klägerische Vorbringen, wie dies die Beklagte meint, jedenfalls zum Teil präkludiert ist. Ein klägerischer Anspruch aus § 826 BGB gegenüber der Beklagten lässt sich nicht daraus herleiten, dass das von der Klägerin erworbene Fahrzeug in der Motorsteuerung über ein Thermofenster verfügt.
12
Nicht entscheidungserheblich ist dabei, ob das Thermofenster objektiv eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn von Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 EGVO 715/2017 ist und welchen genauen Temperaturbereich das Thermofenster umfasst. Insoweit fehlt es an einer für den Bestand eines Anspruchs nach § 826 BGB erforderlichen sittenwidrigen Handlung der
13
Beklagten. Das Gericht schließt sich dabei unter Aufgabe der im Hinweisbeschluss vom 31.05.2019 vertretenen Rechtsmeinung der Auffassung des OLG München in den Beschlüssen vom 23.01.2020 (21 U 5123/19) und 07.01.2020 (21 U 6084/19) an. Wegen „der kontrovers geführten Diskussion über Inhalt und Reichweite der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a VO 2007/715/EG kann aus einer möglicherweise fehlerhaften Gesetzesauslegung und -anwendung durch die Organe der Beklagten“ kein Rückschluss auf subjektiv vorsätzlich sittenwidriges Handeln der Beklagten gezogen werden.
14
Entsprechend besteht auch kein klägerischer Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 BGB.
15
Weiter folgt das Gericht der Rechtsauffassung des OLG München auch darin, dass §§ 6, 27 Abs. 1 EG-FGV kein Schutzgesetz im Sinn des § 823 BGB darstellen und damit den geltend gemachten klägerischen Anspruch nicht zu begründen vermögen.
16
Der weitere klägerische Vortrag zum Vorhandensein von Abschalteinrichtungen in dem streitgegenständlichen Motor ist im konkreten Fall nicht geeignet, eine entsprechende Beweisaufnahme auszulösen. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist nicht mit einem Motor des Typs EA 189, bei dem das Vorliegen einer Abschaltvorrichtung gerichtsbekannt ist, ausgestattet. Allein aus der klägerischen Behauptung, das Emissionsverhalten des klägerischen Fahrzeugs unterscheide sich zwischen Prüfstandbetrieb und Normalbetrieb erheblich, kann nicht in einer einer Beweisaufnahme zugänglichen Weise gefolgert werden, in dem Motor des Fahrzeugs bzw. 31 O 1476/18 - Seite 6 - dessen Steuerung sei eine illegale Abschalteinrichtung verbaut.
17
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.